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1. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 56

1911 - Erfurt : Keyser
- 56 — dem Erfurter Waibmarkt, Nr. 33, 3. Erfurt als Hanbels- und Marktstabt, Nr. 34; Weitergasse = Waibgasse). Erwerbung eines ausgedehnten Landgebietes: Auf Grund ihres Reichtums war es der Stadt möglich, sich ein großes Laub-gebiet zu erwerben. Das erste auswärtige Torf, das in Erfurter Besitz kam, war Stotternheim. Es würde 1268 erobert und mit Erlaubnis des Lanbgraseu Albrecht behalten. Ritter Lubolf von Stotternheim kaufte sich für bte erhaltene Summe Gruubftücke in Erfurt. Seine Nachkommen haben lange als eine der angesehensten Patrizierfamilie der Stadt geblüht und das prächtigste Gebäube Erfurts, den Stotternheimschen Palast, gebaut (1612, Anger 65 und Schlösserstraße 1—8; abgebrannt 1660). 1270 verpfänbete Laubgraf Albrecht die Grafschaft an der Schmalen Gera an bte Stadt. 1343 kaufte Erfurt von bett Grafen von Gleichen die Grafschaft Vieselbach mit 19 Dörfern, barunter Vieselbach, Kerspleben, Liuberbach, Winbifchholzhaufen, Urbich, Nieberniffa u. a.; 1346 erftanb es auf Wieberkauf die festen Schlösser Tonn borf und Mühlburg (s. Auf der Mühlburg, Nr. 25), 1348 das Amt Kapellenborf, bestehenb aus dem Schlosse gleichen Namens und 13 Dörfern, 1385 Groß-Vargnla und 1387 Schloß Vippach. — Kapellenborf, Vippach, Vargula und Vieselbach waren der Stolz der ^tabt, ihre Herrschaften und ihr persönliches Eigentum, andere Besitzungen bagegen waren ihr nur vom Reich, von bett Erzbischöfen tt. a. zu Lehen gegeben. Bei einigen teilte sie ihre Rechte gar mit attberen Besitzern nnb bei vielen besaß sie nur das Anrecht am Gericht und an dessen Gefälle. Die Wappen1) der vier genannten Orte würden mit in das Stabtwappen gefetzt, wie wir es noch im Rathaushof erblicken. — Die Erwerbungen hatten vor allem den Zweck, eine allzeit hinreichend, von frember Znfnhr unabhängige Nahritngsversorgnng zu ermöglichen; benn in kriegerischen Seiten war oft jebe Ernte in Frage gestellt. Da war es bettn von großem Nutzen, wenn die Speicher der Stadt gefüllt waren, und tatsächlich haben die aufgehäuften Vorräte oft genug die Bürger vor Hunger und Entbehrungen geschützt. — Einige der Erwerbungen bienten auch militärischen Zwecken, z. B. die Schlösser Kapellenborf, Tonnborf, Mühlberg, Vippach und Var-gula. Sie waren in frieblichen Zeiten von einem Vogt und einer geringen Zahl Knechte bewohnt. In kriegerischen Zeiten bagegen waren sie stark mit Bürgern und Sölbnern besetzt. Zu jeber Zeit aber stauben sie den Kaufleuten offen. — Anwerbern hatte die Stadt zu ihrem Schutze rings um ihr Gebiet Wachttürme errichten ’) Kapellenborf — drei schwarze senkrechte Balken in silbernem Feld; Vieselbach — ein silberner, mit roten Balken belegter Abler auf blauem Grunb; Vippach — sechs schachbrettartig geordnete, abwechselnb rote und silberne Felber; Vargula — ein schwarzes Rab in silbernem Felb.

2. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 225

1911 - Erfurt : Keyser
— 225 on fohle ganz barsch: „Foi Däibel, Hai abber das Deng a schlachten Hosten!" Dr. Ollo Kürsteu. 83. Der Strci^enkcimpf in Erfurt. 24. Rovember 1848. Vor dem Ausstand: Zu derselben Zeit, zu welcher in Ber- lin 1848 die Revolution ausbrach, begannen auch in Ersurt die Unruhen. Die Stadl war als sester Platz Mitteldeutschlands und Mittelpunkt der Thüringer Kleinstaaten zum Vorort der allgemeinen deutschen Revolution besonders geeignet. Von Ersurt aus konnten leicht alle Thüringer Staaten zu einer Republik ausgerufen werden. Darum gehörte damals das sonst so sriedliche Thüringen zu den Ländern, in welchen das aufrührerische Treiben mit am lautesten tobte. Von einem Ende zum andern, von der Werra bis zur Saale, ertönte von Stadt zu Stadt, von Dors zu Dorf auf Volksversammlungen der Ruf: „Republik", da freche Wortführer den Aufruhr predigten. In Erfurt selbst war es nur eine kleine, von gesetzlosen Ausrührern geleitete Partei, welche die unteren Klassen der Bevölkerung gegen die besseren Schichten aushetzte, in ihnen das Vertrauen gegen die Behörden untergrub und Beamte und ^oldcittit als Feinde der Freiheit und Gegner der Bürger hinstellte. Die meisten, dem wohlhabenden Bürgerstande angehörenden Bewohner waren jedem gewaltsamen Umsturz der Ordnung seind, sie liebten die Ruhe und Bequemlichkeit. Durch die Schonung aber, mit welcher man von oben dem stechen Treiben der Umstürzler zusab, wurden diese von Tag zu Tag dreister. Die ersten Tumulte: Am 14. März erfolgte der erste Ausbruch der Volksleideuschast. Ihm folgten weitere Tumulte am 1. Mai und 3. und 4. Juni. Um diesen Ausständen gewachsen zu sein, hatten die gemäßigten Bürger mit Ermächtigung der Regierung einen Schutzverein oder eine Schutzwebr gegründet. Da sie mit starken Stöcken bewaffnet war, führte sie den Namen „Knüppelgarde". Sie wurde nach dem Beispiel von Berlin und andern großen Städten später in eine bewaffnete Bürgerwehr umgewandelt. Jeder Bürgerwehrmann trug eine weiße Binde mit dem Stadtwappen am Arm und hatte sich verpflichtet, sein Gewehr nur nach Vorschrift des Hauptmannes zu gebrauchen. Anfangs tat auch die Bürgerwehr ihre Schuldigkeit, bald aber hielt sie es immer mehr mit dem niederen Volke. Kein Wunder also, daß unter dem Schutze einer solchen Bürgerwehr die Besitzlosen eine immer trotzigere Haltung gegen die höheren Stände und gegen das Militär annahmen. Es kam zuletzt soweit, daß Höherstehende abends nur noch mit Stockdegen und eisernen Stäben bewaffnet auszugehen wagten. 15

3. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 18

1911 - Erfurt : Keyser
— 18 — Werden 9 Untergaue genannt, die wohl ans den alten Hundert schäften gebildet wurden und an deren Spitze eigene Grafen standen. Erphesfnrt lag im Ostgan. Auch in dieser Zeit dauerte der Kampf zwischen den Deutschen und Slawen fort. Auf deutscher Seite wurde er von dem Adel Thüringens, Sachsens und Frankens geführt, jedoch ohne großen Erfolg. Erst durch das Eingreifen der neuerstarkten Königsgewalt wurde dem erobernden Vordringen der Slawen ein Ziel gesetzt und altgermanischer Boden den Deutschen zurückgewonnen. Von besonderer Bedeutung für Thüringen ist Karl der Große. „Wie in anderen Teilen seines Reiches hat Karl auch in Thüringen das alte Volksrecht aufzeichnen lassen. Vermutlich aus dem Reichstage zu Aachen (802) ist die lex Angliorum et Werinorum hoc est Thuringorum (f. S. 15) veröffentlicht worden. Sie enthält in 61 Paragraphen das Straf- und Erbrecht, und die Gel tung der darin niedergelegten Rechtsgrundsatze reicht jedenfalls in die heidnische Zeit zurück. Wir finden wie bei den Sachsen drei Stände, den Adaling, den Friling und den Knecht, aber etwas anders gegeneinander gestellt: der Edle hat das dreifache Wergeld (Manngeld) des Freien (in Sachsen das sechsfache), der Knecht aber nur 3/20 (in Sachsen l/2). Leibesstrasen scheinen unbekannt, zur Reinigung dienen Schwur mit Zeugen und für gewisse Fälle der Zweikampf." Unter Karls Regierung geschah in Thüringen die Markensetzung, d. H. die Einteilung des Landes in Husen (eine Hufe hatte 30 Acker) und die Inanspruchnahme eines Teiles der Ländereien für den König als sogenanntes Königsgut. Nachdem dann Karl in dreißigjährigem Kampfe die Sachsen mit den Franken unter dem Zeichen des Kreuzes zu einem Volke vereinigt hatte, richtete er seine Aufmerksamkeit auf den Schutz der Ostgrenze des Reiches. 805 kämpften seine Heere glücklich gegen die böhmischen Slawen, und ein Jahr später zog sein Sohn abermals zum Kampfe aus, aber diesmal gegen die Sorben. Bei dem thüringischen Waladala, vielleicht dem heutigen Wallbausen, sammelten sich die Heere. Der König der Sorben, Milito, wurde erschlagen, und andere sorbische Fürsten mußten Karl Gehorsam versprechen und Geiseln stellen. Um aber in Zukunst gegen etwaige neue Einfülle gesichert zu sein, wurden zwei seste Plätze errichtet, der eine an der mittleren Elbe, Magdeburg gegenüber, und der andere an der Saale in der Nähe von Halle. Die Saale galt fortan als Grenze zwischen den Thüringern und Sorben, und Karl setzte bestimmte Orte fest, bis zu welchen die Kaufleute von Deutschland aus in die den Slawen benachbarten Gebiete mit ihren Waren reisen dursten. Durch diese Bestimmung, eine „Polizeiverfügung", suchte er zu verhindern, daß seine Feinde von Deutschland aus mit Waffen versehen wurden. Die Maßnahme schien umsomehr geboten, als der Handel sich zumeist in den Händen der Slawen selbst befand. Die thüringische Stadt, die als Grenzpunkt der Handels-

4. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 51

1911 - Erfurt : Keyser
— 51 — dem Petersberge seinen Sitz fyatte, verwaltet worden. Er nahm die Zinsen und Abgaben in Empfang und regelte die mancherlei Dienste, zu denen die Ortschaften verpflichtet waren. An seine Stelle trat unter der neuen Regierung ein erzbischöflicher Beamter, der Viztum (vice dominus). Er schlug seinen Sitz nach Vollendung der erzbischöflichen Burg (Krummhaus) in dieser auf. Der Erzbischof besaß in dem neuen Gebiete auch die Rechte eines Grafen. Mit ihrer Ausübung betraute er einen Vogt und ernannte dazu die Grafen von Tonna oder Gleichen. Ihnen wurde vom Kaiser zugleich der Blutbann oder die hohe Gerichtsbarkeit (das echte oder ungebotene Ding) übertragen. Die niedere Gerichtsbarkeit (das unechte oder gebotene Ding) übte der Vom Erzbischof ernannte Stadtschultheiß aus. Aus dem gebotenen Ding entwickelte sich wie in anderen Städten das Marktgericht. Es wurde nur mit Bürgern oder, was dasselbe war, mit Kaufleuten besetzt, weil die bäuerlichen Schöffen nichts von kaufmännischen Geschäften verstanden. Als die Stadt später eine eigene Hundertschaft bildete, verfchmolz das Vogtsding mit dem Marktgericht zum Stadtgericht. Seine Vorsitzenden Richter blieben die Grafen Gleichen. Sie ließen sich aber, wenn es sich nicht um Fälle des Blutbannes (Kriminalsachen) handelte, vom Stadtschultheißen oder auch vom Viztum vertreten. Die Schöffen wurden aus den reichen Bürgern gewählt. Aus ihnen ging später der Rat hervor. Das Stadtgericht war schon zu Anfang des 13. Jahrhunderts vollständig ausgebildet. Es war zuständig für alle Bürger in allen bürgerlichen Angelegenheiten. Besiedlung der Stadt: Der Vertreter des Erzbifchofs, der Viztum, ließ sich das Wohl Erfurts sehr angelegen fein. Er sorgte besonders für die Besiedlung des städtischen Grund und Bodens. Dadurch wurde der Marktverkehr belebt und dem Erzstift eine bedeutende Einnahme an Marktzoll zugeführt. Gegen eine geringe jährliche Abgabe von unveränderlicher Höhe, einen Erb-zins, konnte jeder eingewanderte Fremde in Erfurt zum freien Manne werden. Der Zins wurde, da er am Martinstag fällig war, Martinszins genannt. Seine Einnahme gehörte zu den Geschäften des Schultheißen im Brühl, eines noch außerhalb der Stadtmauern gelegenen mainzischen Dorfes. Infolge der überaus günstigen örtlichen Verhältnisse Erfurts ging die Besiedlung schnell vor sich. Angelockt durch die fruchtbare Umgebung, den Wasserreichtum und die gute Handelslage an einer Furt im Kreuzpunkt zweier wichtiger Straßen (s. Erfurter Handel und Handelsstraßen, Nr. 32) kamen Ackerbauer, Handwerker und Kaufleute in großer Zahl herbei. Schon um die Wende des 12. Jahrhunderts fehlte es dem Erzbischof an Grund und Boden für seine Ministerialen, d. s. unfreie Leute im erzbischöflichen Dienst. Auch ihnen gab er gegen die geringe Abgabe des Freizinfes die Erlaubnis zur Ansiedlung. Sie wurden dadurch für ihre Person und ihren Besitz innerhalb der Stadt frei.

5. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 52

1911 - Erfurt : Keyser
— 52 — Handwerk und Innung: Schon früh taten sich die Handwerker mit erzbischöflicher Erlaubnis zu Innungen zusammen. Anfangs war ihre Zahl klein, später aber unterschied man 9 große: Krämer, Bäcker, Löber, Wollweber, Schuhmacher, Schmiede, Wilt-worcher (Kürschner), Fleischhauer, Schneider, und 9 kleine: Weißgerber, Senkler (Schnürbandmacher), Büttner, Schilderer, Hüter, Pergamenter, Färber, Häringer, Reußen (Schuhflicker). — Die Handwerker durften ihre Waren nur auf Bänken und in Gaden und Buden gegen eine bestimmte Abgabe verkaufen. Die Errichtung der Stände ufw. war anfangs das alleinige Recht des Erzbischofs, später teilte er es mit dem Rat. Der besseren Aufsicht wegen lagen die Verkaufsstände derselben Innung beisammen; Fleisch- und Brotbäuke aber gab es in jedem der vier Stadtviertel, um den Einkauf der wichtigsten Nahrungsmittel nicht unnötig zu erschweren. Die gleichen Handwerksbetriebe selbst lagen nicht beisammen, nur wo ein Zusammensein nicht zu umgehen war, wie z. B. bei den Gerbern, die denselben Wassergraben benutzten, wohnten die Meister in derselben Straße oder Gasse (s. Erfurt im 14. Jhrhdl., Nr. 31). Juden: Sie bildeten einen beträchtlichen Teil der Bevölke- rung und lebten nach eigenem Recht unter dem Judenmeister dichtgedrängt in bestimmten Gassen, in der Rathaus- (Judenfchule) und Kreuz gaffe, in der Michaelisstraße bis zur Lehmannsbrücke und in der Marktstraße. Sie mußten dem Erzbischof eine jährliche, veränderliche Abgabe zahlen und dursten keinen bürgerlichen Beruf ausüben; Geldausleihen war fast ihr einziges Geschäft. Als äußeres Erkennungszeichen trugen sie spitze, gelbe Hüte (s. Judenmord usw., Nr. 27). Einteilung der Bürger: Außer den hörigen Knechten und Mägden, den Gesellen, Lehrlingen und Juden hießen alle Bewohner cives — Bürger. Die reichen und vornehmen aber, besonders die ritterlichen Ministerialen und die Kaufleute, wurden burgenses = Vollbürger genannt. Sie bildeten die durch Verwandtschaft geschlossene Sippe der Gesrunden, d. h. Befreundeten, oder der Reichen. Die übrigen Bürger teilten sich in Zünfte und „Viertel". Zu jenen, dem oberen Mittelstände, gehörten die neun großen und die neun kleinen Handwerke, zu diesen, dem niederen Mittelstände, gehörte der Rest der Zünfte und die zunftlosen Leute in den vier Stadtvierteln, z. B. die Ackerbürger. Bürger war jeder 13 Jahr alte, männliche Einwohner, der dem Rate den Bürgereid geschworen, Hausbesitzer war und selbst in der Stadt wohnte. Stadtverwaltung bis zum Aufkommen des Rates: Bis zum Aufkommen des Rates lag die Verwaltung der Stadt in den Händen der mainzischen Beamten. Der Viztum verwahrte das Stadtsiegel und galt als der eigentliche Regent. Ihm zur Seite standen noch der Kämmerer, d. i. der Kassenverwalter des

6. Heimatkunde des Stadt- und Landkreises Erfurt - S. 73

1916 - Erfurt : Keyser
Abbild. 18. Der Dom. 1123 zum Schutze gegen die Bewohner Erfurts und Thüringens errichtet. Sie hatten sich gegen ihn empört, als er von neuem die Abgabe des Zehnten verlangte. Das Haus war eine Burg und der heutige Über- reft, der fälschlich als Bonifacinskapelle bezeichnet wird, ein alter Wehr- türm. Erzbischof Adalbert hat viel Gntes für Erfurt getan. Er förderte Gartenbau und Mühlenbetrieb dnrch Ansiedler aus den Niederlanden, Auch gründete er die Schule zu Skt. Sever und nahm sich der zu Skt. Marien an. Besonders merkwürdig ist das Schicksal der Nonnen des Stiftes des heiligen Severus. Als nämlich der Erzbischof Adalbert das

7. Heimatkunde des Stadt- und Landkreises Erfurt - S. 74

1916 - Erfurt : Keyser
— 74 — Krummhaus baute, mußten sie nach dem Cyriaksberg übersiedeln. 350 Jahre später verwandelte der Rat den Berg in ein festes Bollwerk. Da wichen die Nonnen abermals der Gewalt und bauten sich am Abhang des Petersberges cm. Ihr Kloster lag der Andreaskirche gegenüber und war mit ihr dnrch einen Gang verbunden. Als dann aber der Peters- berg zur Festung wurde, siedelten sie nach Hügelgasse 1 über. Doch schon nach der Jenaer Schlacht wurde ihnen ihr Kloster genommen und in ein Lazarett verwandelt. Stets waren sie der militärischen Gewalt im Wege. — Ehe wir den Domberg verlassen, werfen wir noch einen Blick auf die Rose, das kunstvolle Rundfenster, anf der Nordseite der Severi- kirche. Unter ihm hnldigte die Stadt dem neugewählteu Erzbischof, wenn er zum ersteu Male in Erfurt eiurttt. Ehe das geschah, mußte er aber erst alte alten Rechte und Freiheiten der Stadt bestätigen. Der Erzbischof wohnte während seines Aufenthaltes im Peterskloster. Der letzte Einritt geschah 1440 unter Erzbischof Dietrich I. — Wir wandern nun zur Peterstraße hinab. Sie ist teils die alte Lauengasse, die zum Lauentor führte. Es lag am Südfuße des Petersberges hinter der heutigen Ge- wehrfabrik. Das Lauentor unterftaub dem Schutze der Grafen von Gleichen oder Touna, welche die Vogtei der Stadt erblich besaßen. Als Vögte hatten sie für den Schutz und die Verteidigung der Stadt zu sorgen und mußten mit den erzbischöflichen Ministerialen (unfreie Leute im erz- bischöflichen Dienste) die Tore überwachen. Das Lauentor führte seinen Namen nach dem Wappenlöwen der Grafen, der an ihm angebracht war. Die Grafen besaßen das Recht des freien Einrittes und Ausrittes durch das Tor bei Tag und Nacht. Das konnte der Stadt sehr gefährlich werden. Der Rat ließ darum (um 1324) das Tor zumauern. Bis zu dieser Zeit ging der größte Teil des lebhaften Wagenverkehrs nach und von Westen durch das Tor. Der Hauptstraßenzug hatte seine Fortsetzung dnrch die Pergamentergasse nach der Augustiuer- und Johauucsstraße. Nach der Zumaueruug des Laueutores trat das Krumme Tor an seine Stelle — Nun lenken wir unsere Schritte zum Petersberg. Der An- stieg ist ziemlich steil, denn der Petersberg erhebt sich fast 30 m über dem Friedrich Wilhelmsplatz Zuerst fesselt das Eingangstor des Petersberges uusern Blick. Das reichgestaltete Torwappen zeigt das Mainzer Rad und den Schlüssel, das Zeichen der erzbischöflichen Gewalt. Wir erkennen am Tore noch die Anlage der Zugbrücke und sehen in der Decke zwei Spalte, durch welche Balken herabgelassen wurden, um den stürmenden Feiud abzuhalten. Haben wir das Tor durchschritten, so stehen wir auf der Hochebene des Petersberges. Die alten Baulichkeiten, besonders die Kirche, sind für den Zutritt gesperrt, da sie auf dem Ge- biet liegen, das die Truppen benutzen. — Wir wenden uns darum sofort nach Westen zur Rudolfstraße und der mit ihr durch Querstraßen ver- buudeuen Heinrichstraße. Hier liegt das erste Ansiedlungsgebiet auf Erfurter- Grund und Boden. Schon 4000 Jahre vor der heutigen Zeit bauten sich dort Hirten an. Ihre Abstammung ist uns unbekannt. Sie hatten die Vorzüge der Gegend erkannt. Der trockene Berg bot ihnen eine gnte

8. Heimatkunde des Stadt- und Landkreises Erfurt - S. 195

1916 - Erfurt : Keyser
— 195 — Noch mehrmals hat Erfurt im 7 jährigen Kriege Preußen in seinen Mauern beherbergt und hohe Kriegsstenern zahlen müssen, bis endlich der Frieden von Hubertusburg 1763 den Leiden der Stadt und ihres Gebietes ein Ende machte. Sie haben vor allem in der Aufbringung großer Geldsummen bestanden. Der Schaden wird auf 3 Millionen Reichstaler geschätzt. Erst 30 Jahre nach dem Kriege hörte die Bezahlung der Beiträge zu deu Kriegsschulden auf. Mancher Bürger hat den größten Teil seiner Habe, mancher Handwerker sein Handwerksgerät nud mancher Bauer sein Vieh und sein Land verkaufen müssen, um seinen Anteil zu zahlen. Nach der schlimmen Zeit war der Statthalter v. Dalberg (seit 1772) Ersnrt ein treuer Helfer und Berater. Heute noch gilt die Dalbergsche Zeit als eine reich gesegnete. Trotzdem muß gesagt werden, daß auch er keinen dauerudeu Aufschwung herbeiführen konnte. Damals umfaßte der erfurtische Teil des Mainzer Gebietes das Fürstentum Erfurt mit 2 Städteu, Erfurt und Sömmerda, 3 Marktflecken, 72 Dörfern und 4 Schlössern und die Grafschaft Blankenhain (seit 1794) mit 1 Stadt, 1 Marktflecken, 19 Dörfern und 1 Schloß. Die Landesregierung war in Mainz, in Erfurt aber waren besondere Ortsbehörden. In der Zeit des ersten Bundeskrieges, deu die französische Revolution hervorrief, wurde der rheinische Teil des Mainzer Gebietes hart heimgesucht. Die Hauptstadt Mainz wurde von den Franzosen er- obert, und der Kurfürst Friedrich Karl Joseph von Erthal mußte nach Erfurt fliehen. Ihm hatten die dankbaren Bürger zum Gedächtnis an seinen frühereu Aufenthalt die Spitzsäule auf dem Platze „vor den Graden" errichtet. Damals weilten auch französische Flüchtlinge in großer Zahl in Erfurt. Im Frieden von Luneville, der den zweiten Bundeskrieg beschloß, wurde die Abtretung des linken Rheinufers bestätigt. Der Friede aber gab den weltlichen Fürsten Deutschlands das Recht, sich für den verlorenen links- rheinischen Besitz durch Wegnahme geistlicher Landgebiete auf der rechten Rheinseite zu entschädigen. So erhielt Preußeu durch den Vertrag vom 23. Mai 1802 für einen Verlust vou 48 Quadratmeilen mit 140000 Ein- wohnern einen Gewinn von 220 Quadratmeilen mit 520 000 Eiuwohueru. Darunter war das Mainzer Eichsfeld und das Erfnrter Land. Durch einen Erlaß vom 6. Juni 1802 erklärte König Friedrich Wilhelm Iii. die Gebiete für preußischen Besitz. In den Tagen vom 12. bis 15. August 1802 erfolgte der Abmarsch des kaiserlichen Bataillons aus Erfurt. Die preußische Besatzung rückte bereits am 21. August ein. Sie kam dnrch das Krämpfer- tor und wurde durch eine Abordnung des Rates empfangen. Auf dem Platze „vor den Graden" schwur die alte kurmaiuzische Besatzung den Treueid und wurde dann unter die preußischen Truppen verteilt. In- zwischen waren auch die Tore und die Zitadellen Petersberg und Cyriaksburg besetzt worden. Nun wurde noch auf der Statthalterei, dein Rathaus und an allen Toren der preußische Adler angebracht und die Urkunde über die Besitzergreifung durch Preußen überall angeschlagen. 13*

9. Heimatkunde des Stadt- und Landkreises Erfurt - S. 186

1916 - Erfurt : Keyser
— 186 — Sie ließen sogar zu, daß das Erfurter Gebiet von Plackern und Friedens- störern heimgesucht wurde. Bald darauf sperrten die sächsischen Fürsten durch ihre Reiter noch die Erfurter Straßen. Dadurch hörte der Handel vollständig auf. Die Lebensmittel wurden teurer. Vou dieser Teurung wurde besonders die arme Bevölkerung der Stadt betroffen. Es kam zu einem Aufruhr. Da blieb dem Rat nichts anderes übrig, als nachzugeben. Er schloß mit Mainz und Sachsen 1483 Frieden. Der Kaiser hatte sein Ziel nicht erreicht. Im Frieden von Amorbach erkannte Erfurt das Erz- bistum Mainz als „rechten Erbherrn" an und zahlte 40000 Gulden Kostenersatz. Bezüglich der Rechte und Freiheiten der Stadt blieb alles beim alten. Der Vertrag hatte aber doch festgelegt, daß der Erzbischof von Mainz der Landesherr war. Mit Erfurts Entwicklung zur Unab- hängigkeit war es nun vorbei. Durch den Frieden von Weimar stellte sich die Stadt unter den Schutz Kursachsens. Sie verpflichtete sich außer- dem zur Zahlung von 150000 Gulden Kriegskosten und zur Zahlung eines jährlichen Schutzgeldes von 1500 Gulden. Ferner mußte sie die früher vom Landgrafen von Thüringen verpfändete Grafschaft an der Schmalen Gera herausgeben und Sachsen Heeresfolge leisten. Dafür versprach Sachsen der Stadt die Freiheit ihrer Handelsstraßen und gab ihr die Erlaubnis zum Bau der Cyriaksburg. Beide Verträge haben Erfurt eine große Schuldenlast gebracht. Sie wurde noch erhöht durch die bedeutenden Ausgaben für den Bau der Cyriaksburg und des Andreasklosters, das den Nonnen des Cyriaks- klosters zugewiesen wurde. Wegen der Schulden lastete ein großer Steuer- druck auf den Bürgern. Besonders hart wurde das Ungeld, die Abgabe auf die Lebensmittel, empfunden. So mußte z. B. jeder Käufer für ein Pfund Fleisch einen Pfennig zahlen. Trotz der hohen Steuern wuchs die Schuldenlast der Stadt immer mehr. Im Jahre 1509 hatte sie die Höhe von 500000 Gulden erreicht. Sie betrug genan soviel wie das Vermögen aller Bürger. Dazu kam noch, daß der Rat gezwungen gewesen war, das Reichslehen Kapellendorf für 8000 Gulden an Kursachsen zu verpfänden. Als die Bürger von all diesem Unglück Kenntnis erhielten, ge- rieten sie in große Aufregung. Nun war schon seit langer Zeit durch Mainz die Unzufriedenheit der ärmeren Bürger mit der Wirtschaft des Rates, einer Anzahl der reichsten Bürger, genährt worden. So kam es denn zum offenen Aufruhr. Unter Führung der kleineren Handwerker rottete sich 1509 das niedere Volk zusammen und begehrte vom alten Rate Rechenschaft. Im Verlauf des „Tollen Jahres" wurde der alte Rat abgesetzt, und ein neuer trat an seine Stelle. Der Obervierherr Heinrich Kellner fiel der Volkswut zum Opfer. Um sich angenehm zu machen, schaffte der neue Rat sofort die dem Volke so verhaßten Steuern, das Fleisch-, Mahl-, Fisch- und Weingeld, ab. Die Preise für die Lebens- mittel fielen, und das Volk frohlockte. Die Freude war aber nur von kurzer Dauer. Der alte Rat fand Schutz beim Kurfürsten von Sachsen, während das niedere Volk sich des Mainzer Schutzes erfreute. Der Kurfürst wollte die Stadt nicht ganz an Mainz ausliefern. Er griff darum ein.

10. Heimatkunde des Stadt- und Landkreises Erfurt - S. 197

1916 - Erfurt : Keyser
— 197 — nominert habe. Die preußischen Adler wurden von den öffentlichen Ge- bäuden und Plätzen entfernt, und bald erinnerte nichts mehr an die frühere Zugehörigkeit. Am 30. September 1807. also erst nach dem Tilsiter Frieden, verabschiedete sich Friedrich Wilhelm Iii. mit bewegten Worten von seinen Erfurter Landeskindern. — Die nun folgenden 7 Jahre waren für die Stadt und ihr Gebiet eine ununterbrochene Reihe drückender Einquartierungen, Erpressungen, Zerstörungen und anderer Beschwernisse. In der schweren Zeit sah Erfurt eine besonders erlanchte Gesellschaft in seinen Mauern, denn Kaiser Napoleon hielt vom 27. September bis zum 14. Oktober 1808 den „Fürstenkongreß" hier ab. Zwei Kaiser, vier Könige und eine große Zahl von Fürsten waren die Teilnehmer an den vielen Festen, die in stetem Wechsel einander folgten. Die Kaiser des Westens und Ostens befestigten in jenen Tagen den in Tilsit ge- schlossenen Bund und faßten den Plan über die Teilung der Welt. Danach sollte Alexander den Norden und Osten, Napoleon aber die Mitte, den Westen und Süden erhalten. Am 27. September hielt Napoleon durch das Brühler Tor seinen Einzug. Als Leibgarde ritt ihm ein Zug junger Erfurter Kaufleute voraus. Am Tore waren unter Auführung des Stadthauptmannes der Magistrat, die Abgesandten der Bürgerschaft, der Universität und der Geistlichkeit zur Begrüßung versammelt. Auf einem goldenen Becken wurden dem Kaiser die Schlüssel der Stadt über- reicht. Napoleon wohnte im „Gouvernement", dem Regierungsgebäude, wo er bei seiner Ankunft vom König von Sachsen begrüßt wurde. Er machte dann dem Könige, der im „breiten Herd" wohnte, einen Gegen- besuch. Am Nachmittag ritt er dem Kaiser Alexander von Rußland, der von Weimar herüberkam, entgegen. Vorher besichtigte Napoleon die vor dem Krämpfertor am Schwemmbach*) zum Empfang des Kaisers auf- gestellten Truppen. Bei dem Einzug in die Stadt herrschte in der Krämpferstraße ein gewaltiges Gedränge. Unter dem Geläute der Glocken, dem Donner der Kanonen beider Festungen und dem Jubelgeschrei der Truppen und des Volkes langte man auf dem Anger an. Hier stiegen die Kaiser vom Pferde und traten Hand in Hand in das für Alexander zur Wohnung bestimmte Haus des Kaufmannes Triebel (Anger 6). Vor dem Hause waren zwei riesige Schilderhäuser für Kavalleriewachen auf- gestellt. In dem Gefolge des Zaren waren sein Bruder Konstantin, der Herzog von Weimar mit dem Erbprinzen und zahlreiche Generale. Als der Abend hereinbrach, hüllte sich die Stadt in ein glänzendes Lichtmeer». Auch hatte man überall Inschriften angebracht, die Napoleons Größe priesen. Doch fand sich manches Wort, in dem ein Erfurter Bürger seinem Mißmut freien Lauf ließ. So hatte ein Obsthändler den köstlichen Einfall gehabt, an seinem Hanse ein von Lampen gebildetes, riesiges „Ach" anzubringen. Als man ihn nach der Bedeutung der sehr zweifel- haften Inschrift fragte, gab er die Versicherung, er hätte damit seiner Frende Ausdruck geben wollen. — Was auf dem Kongreß eigentlich vor- ^)Der Schwemmbach floß früher um die Ostseite der Stadt.
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