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Regionen (OPAC): Elsaß-Lothringen
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
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Elsaß-Lothringen aber ist wie Baden das Land der Klein- und
Mittelbauern. Die kleinbäuerlichen Güter umfassen bei uns rund 35 vom
Hundert der gesamten landwirtschaftlichen Fläche, die mittelbäuerlichen rund
39 vom Hundert. (Kleinbäuerliche Güter bis 5 Im Größe, mittelbäuerliche
5—20 da.) Noch deutlicher wird der Unterschied, wenn wir die Zahl der
Bauern, nicht die Fläche ihrer Güter ansehen. Von 100 selbständigen
Besitzern haben bei uns 62 nicht über 2 da, weitere 22 besitzen Zwischen
2 und 5 da; 14 zwischen 5 und 20 da, der Rest ist Eigentümer von
größeren Gütern.
Der Kleinbauer aber sieht nicht im Getreidebau seine Hauptaufgabe,
weil dabei kein sehr großer Gewinn zu erzielen ist. Er verlegt sich meist
auf die Viehzucht, er zieht Handelspflanzen, Hopfen, Tabak, Hanf, Flachs
oder auch verschiedene Gemüsearten. Dabei verdient er mehr. Ein solcher
Ackerbetrieb aber fordert verhältnismäßig viele Hände, darf auch keinen Lohn
kosten. Dieser Betrieb ist nur den Kleinbauern möglich. Seine ganze Fa-
milie muß mit zugreifen, dann kann er Knechte und Tagelöhner entbehren.
In den Ländern mit vorherrschendem Großgrundbesitz verteilt sich der
Grund und Boden auf sehr wenige Besitzer, während die größere Masse der
Bevölkerung in fremde Dienste treten muß, um sich ernähren zu können.
Wo der Kleinbauer die Mehrheit hat, gedeiht ein Geschlecht selbständiger,
unabhängiger Menschen, die zwar schwer arbeiten müssen um ihren Lebens-
unterhalt, dafür aber frei um sich blicken dürfen. Mag darum der Ernte-
ertrag unserer Heimat etwas geringer sein, als man erwartet, dafür ist unser
Bauernstand umso gesünder. Wer ein Besitztum, und sei es auch klein, sein eigen
nennt, wird ein ruhiger Bürger sein. Das Reich darf sich nur Glück wünschen
zu dem Zuwachs an selbständigen Besitzern, den es 1871 erhalten hat.
Einen Augenblick noch müssen wir bei den Großbetrieben verweilen.
Nicht ganz Elsaß-Lothringen ist Kleinbauernland. Lothringen, das von
jeher in viel engerer Beziehung zu Frankreich gestanden hat als das Elsaß,
weist auch in der Verteilung seines Bodens noch Verhältnisse auf, die an
französische Einrichtungen erinnern. Wohl sind von 100 lothringischen Be-
sitzern nur 3—4 Großgrundbesitzer; doch nimmt der Großgrundbesitz 35 vom
Hundert der gesamten landwirtschaftlichen Fläche ein. Demnach scheint
Lothringens Landwirtschaft mehr der norddeutschen zu gleichen. Wenn wir
aber nach den Besitzern ausschauen, werden wir eines andern belehrt. Die
meisten dieser großen Güter beflnden sich heute noch in den Händen von
Franzosen, die ihre Güter verpachtet haben. Das Pachtwesen entspricht aber
französischen Gewohnheiten. Während in Deutschland der allergrößte Teil
der Besitzer selber wirtschaftet, ist in Frankreich weit über die Hälfte des
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verschwunden. Dagegen hat sich das alte deutsche Recht, das aus den
Anfängen unserer Geschichte stammende Recht der Gemeinden an den
Wäldern bei uns anscheinend am besten erhalten. Dieses deutsche Recht
verschafft unsern Gemeinden ihren Waldbesitz. Zeugen deutscher Vergangenheit
sind demnach unsere Wälder.
Unsere Privatwaldungen wären noch kleiner, als sie es ohnedies sind,
wenn man nicht in der Revolutionszeit Teile des Staatswaldes kurzsich-
tigerweise verkauft hätte. (Andere Teile unseres Privatwaldes sind ehe-
maliges Kloster- und Kirchengut, das in der Revolutionszeit reiche Leute
für wenig Geld erwerben konnten.)
Nicht in allen drei Bezirken finden wir Gemeinde- und Staatswald
gleichmäßig verteilt. Über 41% aller Gemeindewaldungen liegen im Ober-
Elsaß, wo sie über 65% der gesamten oberelsässischen Waldfläche aus-
machen. Die starke Hand der Landgrafen vom Ober-Elsaß ist bis auf
unsere Zeit in dieser Verteilung zu erkennen. Die Landgrafen haben den
oberelsässischen Adel unterdrückt, seiner Unabhängigkeit beraubt. Die Ge-
meinden fanden dort am Landgrafen einen Schirmer ihres Waldrechts. So
wurde ihr Besitz gewahrt. Verhältnismäßig sehr wenig Gemeindewald
findet sich dagegen in Lothringen. Hier herrschte ja ein selbständiger
Herzog, und die lothringischen Herzöge haben den größten Teil des Waldes
an sich gebracht. Rund 48% der lothringischen Waldfläche sind Staats-
wald, stammen also meist aus dem ehemaligen herzoglichen Besitze. (Von
den 139 000 Im Staatswald in Elsaß-Lothringen kommen allein 75 000 ha,
also weit über die Hälfte, auf Lothringen allein.) Ein weiteres Viertel
des lothringischen Waldes ist Privatwald, der wohl aus dem Besitze der
einst so zahlreichen Stifter und Klöster des lothringischen Landes herrührt.
Nur 271/2 °/o gehören den Gemeinden. Im Unter-Elsaß endlich haben die
Gemeinden wieder den größeren Teil inne, rnnd 46°/o der gesamten unter-
elsässischen Waldfläche. Dem Staate gehören etwa 26%. Dieser Staats-
wald ist das ehemalige Besitztum der kleinen Herren des Unter-Elsaß. —
So läßt sich auch an der Waldverteilung innerhalb der drei Bezirke ein
Stückchen Landesgeschichte abbuchstabieren.
An die wechselvolle Vergangenheit des Landes erinnern die Besitzver-
hältnisse unseres Waldes ganz besonders. Was der Wald für die Gegen-
wart bedeutet, müssen uns ein paar Zahlen sagen. Auch sie reden uns
erfreulicherweise von einem Fortschritt. 1873 sind in den Staats- und
ungeteilten Waldungen 464 000 km oder 3,09 km auf 1 ha Holzboden, im
Jahre 1909 aber 626 000 km oder 4,07 km auf 1 ha Holzboden gehauen
worden. 1873 waren 153 000 km jener Holzmasse Nutzholz; 1909 dagegen
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Forderungen feindselig gegenüber. Es kam zu Kämpfen zwischen den Zünften
und den vornehmen Herren. Jene blieben Sieger. Die Adeligen aber
wanderten aus, meist sogar aus dem Lande. Sie gingen „ins Reich". Solche
Kämpfe haben an vielen Orten unseres Landes stattgefunden. (Hat man
doch nicht weniger als 46 Städte im Elsaß gezählt. In der Nähe des
größten und wichtigsten Handelswegs des Reiches, des Rheins, mußten ja
die Städte emporblühen.)
In späterer Zeit hat dann besonders die französische Revolution den
Adel hart mitgenommen, so daß heute nur noch wenige Familien erhalten
sind. Während darum in andern deutschen Staaten in der Ersten und auch
in der Zweiten Kammer, sowie unter den höheren und höchsten Beamten
adelige Namen häufig vorkommen, trägt bei uns der Landtag wie das
Beamtentum, wie das ganze Volksleben einen bürgerlichen Charakter.
Was wir jetzt so kurz aufgezählt haben: Einrichtung unseres Landtags,
Wahlrechte des elsaß-lothringischen Volkes, das bildet den Hauptinhalt des
vielgenannten Wortes „Verfassung". Seit der französischen Revolution ist
auch in den deutschen Landen der Ruf nach einer Verfassung nicht mehr
verstummt, bis alle deutschen Staaten die ihre besaßen.
Den Zweck der Verfassung kennen wir bereits. Er heißt: Regierung
des Volkes durch das Volk, Mitregierung des Volkes. Wie diese gehand-
habt wird, wollen wir nun genauer betrachten.
Aufgaben des Landtags.
Für die eigentliche Regierung sind die Regierungsbeamten da.
Die Landtagsabgeordneten sollen also nicht etwa selber befehlen an irgend
einer Stelle. Und doch ist der Teil der Regierung, bei dem sie mithelfen
dürfen, der wichtigste und schwierigste. Gesetze sollen sie machen helfen.
Das ist eine hohe und wichtige Sache, und das Volk hat durch seine Wahl,
der Kaiser durch seine Ernennung eine schwere Arbeit auf die Schultern
der Landtagsmitglieder gelegt. Gesetze sollen für alle Bürger im Staate
gelten. Wir haben aber früher schon gesehen (Weinbau, Eisenindustrie),
wie schwer es ist, es allen Leuten recht zu machen, das wirkliche Wohl aller
herauszufinden. Gesetze wirken auch nicht nur für die Gegenwart, sondern
ebenso sehr in die Zukunft. Ein gutes Gesetz kann die Wohlfahrt eines
Berufes auf Jahrzehnte hinaus sichern. Denken wir nur wieder au unsere
Landwirtschaft, an das Reichsweingesetz. Noch tiefer wirken die Gesetze,
die das geistige und sittliche Wohl des Volkes zu fördern suchen. Je
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armen Mannes sein. Auch eine kleine Steuer spürt er schon ganz empfind-
lich. Die Lebensmittelpreise und noch manches andere sind ja für alle
Menschen gleich hoch. Soll der Arme seine Familie ernähren können, so
muß er jedes Jahr eine bestimmte Summe Geldes zum Lebensunterhalt für
sich und die Seinen ganz frei und sicher haben. Auch nur einige Mark
weniger an dieser Summe, und die Familie muß sich die Opfer für den
Staat am Munde absparen. Jene Summe, die zum Lebensunterhalt un-
bedingt nötig ist, nennt man gerne mit einem Fremdworte das Existenz-
minimum. Wie groß diese Summe sein muß, läßt sich nicht allgemein
sagen. Sie wird in der Stadt höher sein als auf dem Dorf, verschieden
je nach der Gegend und ihren Teuerungsverhältnissen, verschieden auch nach
der Zahl der Familienmitglieder. Der Staat wird deshalb nur eine Durch-
schnittssumme als Existeuzminimum annehmen können, und hier eben liegt
eine erste Schwierigkeit bei der Steuerfestsetzung. Wollte man für jede
einzelne Familie das Existenzminimum ganz genau ausrechnen, so gäbe das
eine derart umfassende Arbeit, daß die Kosten derselben wohl den größten
Teil der Steuer aufzehren würden. Der Staat hätte dann wenig von
diesen Steuern.
Das aber muß eine Hauptsorge bei jedem Steuergesetz sein: Die
Unkosten bei der Einziehung müssen möglichst niedrig sein. Sonst
trägt der Bürger Lasten, und der Staat hat nicht den entsprechenden Nutzen
davon. In den einzelnen Staaten ist darum das Existenzminimum ver-
schieden festgesetzt. Auf jeden Fall sind alle Bürger mit weniger Ein-
kommen als das Existenzminimum beträgt, in der Regel steuerfrei. So
will es wieder das Wohl des Landes. Nimmt man den Armen von der
Summe, die sie zum Lebensunterhalte unbedingt brauchen, etwas weg, so
schädigt man ihre Gesundheit und schafft dem Staate untaugliche Bürger,
oder aber der Staat wird genötigt, Unterstützungen zu zahlen an die Armen,
die nicht mehr genug zum Leben haben.
Gerecht ist demnach die Besteuerungsart, welche die ganz Armen
völlig frei läßt. Es muß ein Bürger schon eine gewisse Höhe des Ein-
kommens nachweisen, wenn er Steuer zahlen soll. Aber auch wer etwas mehr
einnimmt als das Existenzmiuimum, kann nicht sofort die volle Last der
Steuer tragen. Daher beginnt die Steuerzahlung mit einem recht niedrigen
Satze und steigt mit dem wachsenden Einkommen allmählich an.
Ein Beispiel: In Preußen sind alle Bürger mit weniger als 900 Mk.
Jahreseinkommen steuerfrei (Existenzminimum). Wer 900—1050 Mk. ein-
nimmt, zahlt einen ganz geringen Prozentsatz seines Einkommens. (Mit
0,62 °/o fängt es an.) Je höher das Einkommen, desto höher der Prozent-
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sonders bei den gelehrten Mönchen in den Klöstern, noch lange die lateinische
Sprache in hohem Ansehen. Als sich endlich die Einsicht regte, daß die
Volkssprache, die deutsche Sprache, nicht minder schön sei, da blitzte diese
Erkenntnis zuerst auf elsässischem Boden auf. Aus der stillen Klosterzelle
in Weißenburg kam das erste Gedicht in deutscher Sprache, „der Crist" des
Mönches Otfried. Ein Franke hat es geschaffen, edler Frankenstolz redet
aus ihm.
Wie alle andern deutschen Landschaften setzte sich im Mittelalter
unsere Heimat aus einer Menge größerer oder kleinerer Herrschaften zu-
sammen. In den Besitzern dieser Herrschaften und ihren reisigen Dienern
lebte die fränkische und alamannische Kriegslust fort. Endlose Fehden und
Händel füllen die Geschichte dieser Zeit für das Elsaß wie für Lothringen.
Der Bauer aber arbeitete schwer und hatte unter den ewigen Kriegen viel
zu leiden.
Doch auch Schönes blühte aus diesem trotzigen, kriegslustigen Herren-
stande empor. Als in den Burgmauern, die jetzt als Ruinen von unseren
Bergen niederschauen, noch volles Leben herrschte, klang durch unsere Gaue
die Harfe des Sängers, der zugleich Ritter war. Nennt man in Deutsch-
land die berühmtesten Namen der „Minnesänger", so müssen auch ein
paar elsässische genannt werden: Gottfried von Straßburg, Reinmar von
Hagenau und Heinrich der Gleißner.
Zwischendurch ertönt wieder das Loblied der alamannischen Tapfer-
keit. Im Gefolge der deutschen Kaiser hat mancher elsässische und lothringische
Ritter das Kreuz getragen, und alte Chroniken wissen genug von ihren
kühnen Kriegstaten zu erzählen, so von Kuno von Rappoltstein. J) Das
fromme „Gott will es" hat besonders in den elsässischen Gauen offene
Ohren und tapfere Herzen gefunden, und von den vielen „Kreuzpredigten"
aus jener Zeit ist die des Abtes Martin von Pairis (bei Kaysersberg) die
einzige, die der Nachwelt erhalten geblieben ist. Als aber die großen
Kriegsfahrten nach dem heiligen Lande aufhörten, da machte sich die elsässische
Kriegslust wieder in kleinen Händeln Luft. Die Ritter auf ihren Berg-
burgen wurden Wegelagerer, und in unsern Städten artete die Rauflust des
Adels in Straßenkämpfen aus, und so wurde allenthalben die Arbeit des
friedlichen Bürgers und Bauern gestört.
Drunten in den zahlreichen Städten des Landes — nicht weniger
als 46 zählte das Elsaß im Mittelalter — begann es auch sich zu regen.
Nicht nur, daß Handwerker und Kaufleute reich wurden und ihre Waren
*) Berger-Stehle, Erzählungen aus der Weltgeschichte. S. 256 u. 257.
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Extrahierte Personennamen: Gottfried_von_Straßburg Reinmar_von
Hagenau Heinrich_der_Gleißner Heinrich Kuno_von_Rappoltstein Martin_von_Pairis
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ladungen nach Norden zu, um über das Meer in die nordischen Länder
gebracht zu werden. Straßburgs berühmter Handel im Mittelalter be-
schäftigte sich hauptsächlich mit dem Verkaufe des Elsässer Weines, und
die Kölner Kaufleute sahen den Vertrieb desselben als das gewinnbringendste
und bestlohnendste unter allen ihren Geschäften an. An solchen Glanz ist
der elsässische Winzer von heutzutage nicht mehr gewöhnt. Das alles mag
ihm wie eine schöne Sage klingen.
Damals aber zog man auch nur die edelsten Sorten. Klöster,
Stifter und einzelne vornehme Herren des Landes waren die Weinberg-
besitzer. Was kundige Winzerhände in dieser Zeit pflanzten und
kelterten, sollte nur den vornehmen Gaumen letzen. Der berühmte Rangen-
berg bei Thann gehörte dem Domkapitel, und der Sonnenberg bei
Reichenweier den Grafen von Württemberg. (Württemberg hatte ja im
Oberelsaß Besitzungen.) Die alte deutsche Zeit mit ihren vornehmen und
edeln Äbten, Domherren, Grafen und Rittern ist die Zeit des Edelwein-
baues im Elsaß gewesen.
Dann kam die Revolution. Neue Berggelände wurden von bäuer-
lichen Besitzern mit Wein bepflanzt. In des Besitzers Wirtschaft selber
sollte der Wein verbraucht oder vom einfachen Handwerker und Arbeiter
in der Stadt genossen werden. Man zog deshalb nicht mehr so viele
feine Sorten. Bald kam ein Zwang von außen dazu, so daß die edeln
Weine die Ausnahme, die gewöhnlichen die Regel wurden. Diesen Zwang
brachten Südfrankreich und die Eisenbahnen. Die billigen südfranzösischen
Weine fingen an, in Elsaß-Lothringen viele Käufer zu finden. An Edel-
weinen hatte aber Frankreich selber genug. Die elsässischen durften also
nicht auf einen Verkauf nach Frankreich zählen. So mußten denn die
elsässischen Winzer danach trachten, auch möglichst billige Weine zu ziehen,
um wenigstens ihre Käufer im eigenen Lande nicht zu verlieren. Nur
einzelne Besitzer hielten den Bau von Edelwein aufrecht. — So standen
die Dinge, als unser Land wieder deutsch wurde.
Mit Edelweinen konnte also unser Winzer nach 1870 auf dem deutschen
Markte nur in sehr beschränktem Maßstabe auftreten. Es blieben in der
Hauptsache die billigeren Sorten. Wenn wir nun daran Üb er fl uß gehabt
hätten, so hätte sich doch ein Verkauf von Elsässer Wein nach Altdeutschland
entwickeln können. Aber auch von Überfluß war keine Rede. Oft herrschte
sogar empfindlicher Mangel. Auch zu französischer Zeit hat das Elsaß
seinen Bedarf an Wein nicht selbst erzeugen können; ganz ist daher die
Einfuhr der südfranzösischen Weine nie zu entbehren gewesen.
Zwei Hindernisse standen somit dem elsässischen Winzer schon im
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Extrahierte Personennamen: Thann Reichenweier
Extrahierte Ortsnamen: Sonnenberg Württemberg Elsaß-Lothringen Frankreich Frankreich Altdeutschland
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Ackerlandes verpachtet. Sicherlich ist das französische Pachtwesen mit ein
Grund dafür, daß der Wert der französischen Ernte weit hinter dem der
deutschen zurückbleibt, obwohl die landwirtschaftliche Fläche Frankreichs größer
ist als die deutsche.
Jedenfalls kann man die Pachtgüter Lothringens nicht als einen Vor-
teil für den Ertrag seines Bodens ansehen. Was diese Güter an Gewinn
abwerfen, fließt ins Ausland und kommt unserer Heimat nicht zugute. Das
ist schon ein Verlust. Aber auch der Ertrag des verpachteten Landes wird
in der Regel nicht so groß sein, wie ihn ein Gut ergibt, das von seinem
Besitzer selber bewirtschaftet wird. Dieser wird auch einmal für ein Jahr
oder gar für mehrere Jahre auf einen Gewinn verzichten, wenn es gilt,
Verbesserungen einzuführen, Maschinen zu kaufen usw. Die Ausgaben sind
ja nicht verloren. Sie kommen den Nachkommen zugute. Der Besitzer, der
sein Gut verpachtet hat, will jedes Jahr seine „Rente" sehen. Für kost-
spielige Verbesserungen und Neuanschaffungen ist er viel schwerer zu haben.
Dem Pächter muß auch der Eifer und die Schaffensfreude etwas fehlen,
die den Besitzer in der Regel beseelen. Ob der Pächter viel oder wenig
arbeitet, sein Gewinn ist nicht größer; er erhält ja seinen Lohn.
Soviel steht auf jeden Fall fest, daß sich der Vorteil der großen
Güter in Lothringen nicht so stark in einem höheren Ernteertrage bemerkbar
macht, wie dies in Norddeutschland zutage tritt. Das lothringische Acker-
land ist z. B. doppelt so groß wie das unterelsässische; seine Getreideernte
macht jedoch nicht das Doppelte der unterelsässischen aus. Der Wert der
Getreideernte des Unter-Elsaß belief sich im Jahre 1910 (nach den Durch-
schnittswerten auf S. 15 berechnet) auf rund 28 Millionen Mk., während
die lothringische nur etwa 46^2 Millionen Mk. wertete. Allerdings darf
man nicht vergessen, daß der schwere lothringische Boden nicht so ertragreich
ist wie der fruchtbare Löß der elsässischen Tiefebene.
So ruht also die Kraft unserer Landwirtschaft in unsern Klein- und
Mittelbauern, und wir wollen uns freuen, daß dem so ist. Doch darf auch
eine Gefahr nicht übersehen werden. Zu kleine Güter vermögen eine Fa-
milie nicht mehr zu ernähren. Von Geschlecht zu Geschlecht müssen aber
die Güter kleiner werden durch die Teilung beim Übergange derselben vom
Vater aus die Kinder. Schon jetzt sind zahlreiche sehr kleine Güter vor-
handen, deren Besitzer um Tagelohn arbeiten oder in die Fabrik gehen müssen,
um den nötigen Lebensunterhalt für sich und ihre Familie erwerben zu
können. Sie sind dann nicht mehr die freien, selbständigen Bauern, die sie
sein könnten, wenn ihr Gut groß genug wäre. Viele unter ihnen verlieren
oft ganz die Lust zum Ackerbau, verkaufen ihre wenigen Äcker und ziehen
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tretet entsenden: der Landwirtschaftsrat von Unterelsaß, Oberelsaß und
Lothringen und die Handwerkskammer zu Straßburg. Von den vom Land-
wirtschaftsrat gewählten Mitgliedern muß aus jedem Bezirke einer ein klein-
bäuerlicher Besitzer sein. (Kleinbauern nennt man die Landleute mit weniger
als 5 da Ackerbesitz). Wenn einmal durch Reichs- oder Landesgesetz Arbeiter-
vertretungen geschaffen sind, d. h. Körperschaften, die die Wünsche und das
Anliegen der Arbeiter vorzubringen haben, so sollen auch drei Vertreter des
Arbeiterstandes gewählt werden. Außerdem hat der Kaiser das Recht, noch
von sich aus eben soviel Mitglieder zu ernennen, als kraft des Amtes oder
infolge der genannten Wahlen darinsitzen.
So soll also die Erste Kammer in gewissem Sinne ein Abbild des
ganzen Volkes sein. Die Obersten und Höchsten sollen darin vertreten sein,
Männer, denen jeder allein schon des hohen Amtes wegen, das sie bekleiden,
Achtung entgegenbringt; Männer in Stellungen, für die nur auserlesene
Menschen sich wirklich eignen, Männer endlich, die gewöhnt sind, andere
zu regieren, von denen jeder eigentlich ein kleiner Herrscher ist, gewöhnt, für
das Wohl vieler zu denken und zu handeln. Aber auch die einfachen Leute
dürfen nicht fehlen. Der schlichte, einfache Handwerksmeister, der Kleinbauer
und hoffentlich bald auch der Arbeiter, sitzt neben dem hohen Bischof oder
Kirchenpräsidenten und dem gelehrten Herrn von der Universität. Und es
sind alle wichtigen Berufe vertreten: der Großgrundbesitzer, der Kleinbauer,
der reiche Fabrikherr, der kleine Handwerker, bald vielleicht auch der Ar-
beiter, von den studierten Berufen so ziemlich alle Arten.
Man wird darum wohl sagen dürfen, daß die Erste Kammer neben
der Zweiten durchaus nötig ist. Alle andern größeren deutschen Staaten
besitzen gleich uns eine solche Erste Kammer.
In einem Punkte allerdings zeigt unsere Erste Kammer ein etwas
anderes Gesicht, als sie es sonstwo wohl hat. Wir finden darin sehr wenig
adelige Namen, während in andern deutschen Staaten der hohe Adel eine ziemlich
starke Zahl von Vertretern zu stellen pfiegt. Vor allem sind bei uns äußerst
wenige vom einheimischen Adel vorhanden. Das will deswegen beachtet werden,
weil hier wieder ein Stück unserer Geschichte zum Vorschein kommt.
Wohl hat Elsaß-Lothringen in der alten deutschen Zeit einen zahl-
reichen Adel besessen wie jede andere deutsche Landschaft auch. Die Burg-
ruinen aus unsern Bergen find redende Zeugen dafür bis auf den heutigen
Tag. Doch sehen wir schon ziemlich frühe die Zahl der adeligen Geschlechter
unseres Landes abnehmen. Als gegen Ausgang des Mittelalters hin die
Bürger in den Städten teilhaben wollten an der Verwaltung ihrer Stadt,
standen die adeligen Geschlechter, die bisher die Herrschaft geführt hatten, ihren
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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das die Herrschaften rechts vom Rheine selbständig machte, nicht für sie. Der
französische König sah sich als ihren Herrn, sie selber als französische Städte
an. Jedenfalls hätte er es nie zugelassen, daß sie sich ähnliche Rechte an-
geeignet hätten, wie die Staaten rechts des Rheins sie durch Gesetz erhielten.
Er zwang sogar noch andere Gebiete unter seine Herrschaft, die unzweifel-
haft zum deutschen Reiche gehörten (Reunionen).
Unterdessen ging man aber in den rechtsrheinischen Landen noch
weiter. Die Zahl der Staaten wurde allmählich kleiner. Aus der Menge
der großen und kleinen Landesherren schwangen sich einzelne empor, welt-
liche Herren, meist solche, deren Land an und für sich schon ziemlich um-
fangreich war. Sie unterwarfen sich nach und nach die kleineren und beerbten
sie. Zuletzt (1803) hat Napoleon I. namentlich die drei süddeutschen Staaten
(Baden, Württemberg, Bayern) groß gemacht, indem er die zahllosen kleinen
Herren und die geistlichen Fürsten ihres Landes entsetzte und die erledigten
Güter jenen Großen schenkte, zugleich mit einem Titel.
So entstanden langsam die deutschen Staaten, die wir heute kennen.
Alles das ging aber Elsaß-Lothringen nichts an. Bis zum Jahre
1801 besaßen noch einzelne Fürsten auf linksrheinischem Boden Güter und
Landschaften. Auch einige einheimische Herrschaften haben sich ihre Selb-
ständigkeit gewahrt selbst in jenen Gegenden, die seit 1648 französisch waren.
Mit dem Jahre 1801 hörte dies alles auf. Ganz Elsaß und Lothringen war
nun französisch. In Provinzen wurde es abgeteilt, die man Departemente
nannte. Nicht etwa einheimischen Herren wurde die Verwaltung derselben
übertragen. Der französische Kaiser setzte seine Beamten, die „Präfekten"
als Herren, als Regenten über sie. Von Paris aus wurden diesen die
Befehle zuerteilt. Von dort aus wurden sie eingesetzt und abberufen, wie
es der Regierung in Paris gut schien. So war Elsaß-Lothringen denn ein
Teil des großen französischen Reiches, genoß alle Freiheiten, deren sich Frank-
reich erfreute; aber von einzelnen selbständigen Staaten in Elsaß-Lothringen
oder gar von einem einzigen selbständigen Staate Elsaß-Lothringen selber
konnte keine Rede mehr sein.
Und nun nochmals einen Blick auf die deutschen Staaten. Im Jahre 1806
wurden sie völlig selbständig; bis dahin hatten die deutschen Fürsten, wie wir
sahen, wenigstens noch unter dem Kaiser gestanden, waren ihm dem Namen
nach untertan gewesen, wenn sie ihm auch oft genug nicht gehorcht haben.
Nun hörte auch diese Schein-Untertänigkeit auf. Das alte Reich löste sich
auf. Das war ein Unglück für Deutschland. Aber darauf kommt es hier
jetzt nicht an. Wir wollen ja nur verfolgen, wie die deutschen Staaten zu
unumschränkter Selbständigkeit auftückten. Seit 1806 war jeder deutsche
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Extrahierte Personennamen: Napoleon_I.
Extrahierte Ortsnamen: Rheine Rheins Baden Württemberg Bayern Lothringen Paris Paris Elsaß-Lothringen Elsaß-Lothringen Deutschland
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Kochsalz liefert: eine Solbadeanstalt, die schon vielen Tausenden von
schwächlichen Kindern Heilung brachte. Und nun ist zu allem diesen in
neuester Zeit noch ein gewaltiges Kaliwerk hinzugekommen, das mit seinen
qualmenden Schloten zwar nicht so recht in das liebliche Waldbild passen
will, das aber Leben und Verkehr, Arbeit und Verdienst und damit dem
Orte eine größere Entwickelung gebracht hat.
2. Wer hätte nicht schon von Kali gehört! Alle Zeitungen sind voll
davon: da findet man allwöchentlich den Preis der Kaliknxe verzeichnet,
mit denen die reichen Geldmenschen Handel treiben, wie andere Leute mit
Waren. Man liest, wie Gesellschaften mit den Grundbesitzern Verträge
abschließen, um auf deren Besitz nach Kali bohren zu dürfen, und wie
Besitzer und Gemeinden wohlhabend dabei werden, da die Gesellschaften
tüchtig zahlen müssen. Man hört, wie dieses oder jenes Werk, mit meist
wunderschönem Namen, Salz gefunden hat, andere schon Schächte bauen,
noch andere einen gewaltigen Kampf gegen das eindringende Wasser zu
führen haben und wieder andere ganz „ersoffen" sind. Wir erfahren, daß
sich die meisten Werke zum „Kalisyndikat" zusammengeschlossen haben, um
Gewinnung, Preis und Ausfuhr zu regeln; wie im Abgeordnetenhause
heiße Kümpfe um das Kali geführt werden, und wie der Staat durch
Ankauf und durch die Gesetzgebung eingreift. Da muß man sich das
Kali schon einmal genauer anschauen.
3. Was ist Kali? Das Kalium ist ein hellglänzendes Metall, mit
dem man im Leben nicht viel anfangen kann. Desto wichtiger aber sind
seine Verbindungen mit anderen Stoffen, die Kalisalze, von denen die be-
kanntesten Kaimt, Sylvin und Carnallit sind; denn sie liefern dem Land-
manne die wertvollsten Düngemittel. Nun wußte man schon lange, daß
die Pflanzen zu ihrer Ernährung Kalium nötig haben und daß das dem
Ackerboden entzogene Kalium wieder ersetzt werden muß; aber das bequemste
und beste Mittel dazu, die Kalisalze, kannte man nicht. Ja, als man sie
im Jahre 1856 in Staßfurt 300 m tief in der Erde entdeckte, da ahnten
die guten Leute nicht, welchen Fund sie gemacht, und daß sie eine der
reichsten Quellen für Deutschlands wachsenden Wohlstand entdeckt hatten.
Man war sogar sehr ärgerlich über das unansehnliche, rötliche, bitter-
schmeckende Salzgemisch und warf es verächtlich aus den „Abraum" zum
Schutt; denn man wollte ja das edle, köstliche Kochsalz erbohren. Und
heute? Das verachtete Aschenputtel mit dem häßlichen Namen „Abraum-
salz" ist zur Königin geworden und schüttelt von seinem Bäumchen Gold
und Silber über das Land; denn kein anderes Land der Welt hat bislang
diesen Schatz gezeigt, und die Ausländer müssen bei uns kaufen, und
ihr Geld wandert in unser Land.
4. Wie sind nun diese Kalisalze dahin gekommen? Ganz genau
weiß man's nicht, denn es ist keiner dabeigewesen. Aber die Gelehrten
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