472
etruskischen Städten Clusium (dem heutigen Chiusi), Cortona, Ar-
retium (Arezzo),'Perusia (Perugia), Volsinii (Bolseua) und anderen.
In Clusium stand ein labyriuthartiges Grabmal des Königs Por-
senna, welches ^fünf Pyramiden von je 70 Fuß Breite und Tiefe
und 150 Fuß Höhe enthalten haben soll. Zu Tarquinii (in der
Nähe des heutigen Corueto) findet man unterirdische Gewölbe von
erstaunlichem Umfange, bei Fiesole, dem alten Fäsulä, sind noch
die Trümmer einer Stadtmauer und eines kolossalen Theaters übrig.
In anderen Gegenden Etruriens haben sich Neste von alten Kanä-
len, Mauern und Wohngebäuden erhalten. Diese Ruinen gehören
zum Theil einer Zeit an, in welcher Nom noch nicht gegründet war;
sie zeigen, daß Etrurien in sehr früher Zeit eine hohe Kultur und
einen großen Wohlstand besaß.
Die Verfassung der Etrusker war aristokratisch-hierarchisch; die
Lukumonen, welche zugleich die Priester und der Adel waren,
herrschten über die leibeigenen Bauern. Jede Stadt bildete mit
einigen unterthäüigen kleineren Orten einen besonderen Staat. Der
gesammte Priesteradel der Stadt war die regierende Behörde, ein
Mitglied desselben hatte auf Lebenszeit die königliche Würde. Spä-
ter traten an die Stelle der Könige jährlich wechselnde Magistrate,
welche vorzugsweise Lukumonen hießen. Der König bewirkte die
Vollziehung der im Senate gefaßten Beschlüsse, berief und leitete
die Versammlungen der herrschenden Kaste, hatte den Vorsitz bei
allen Festen und heiligen Handlungen, war Anführer im Kriege
und entschied mit mehreren Räthen an jedem neunten Tage (Nun-
dinen) die Rechtsstreite. Die Abzeichen der königlichen Würde wa-
ren das Purpurkleid, der goldene Kranz, das mit einem Adler ge-
schmückte Scepter, eine besondere Art von Sessel, von den Römern
der curuliscke Sessel genannt, und 12 den König begleitende öffent-
liche Diener oder Lictoren, von denen jeder einen Bündel Stäbe
mit einer Art trug.
Zwölf Städte bildeten einen Staatenbund, und deren gab es
vor der römischen Zeit drei. Die berühmtesten von den zwölf Städ-
ten des eigentlichen Etruriens waren Clusium (Chiusi), Perusia
(Perugia), Cortona, Arretium (Arezzo), Volaterrä (Volterra),
Tarquinii, Volsiuii (Bolsena), Cäre und Veji. In einem Tempel
der Göttin Voltumna nahe bei Volsinii wurden die Versammlungen
des Bundes gehalten, welche aus den 12 Vorstehern oder Lukumo-
nen der 12 Städte bestanden. Zu dem in Oberitalien bestehenden
etruskischen Bunde gehörten Felsina oder Bononia (Bologna), Ve-
rona, Mantua, Adria, Jguvium und andere Städte. Der südliche
etruskische Bund umfaßte Kampanien und enthielt Capua, Pompeji,
Herculanum, Atella. Der etruskische Städtebund in Oberitalien
erlag den Angriffen der Gallier wie der Bund in Kampanien den
Samniten, so daß nur der mittlere Bund in Etrurien sich behaup-
tete. Die Verbindungen der etruskischen Staaten hatten den Zweck
der Vertheidigung gegen äußere Feinde; jede Bundesstadt blieb so
selbständig, daß sie sogar besondere Büudnisie schließen durfte, wenn
diese nur den Grundsätzen des Bundes nicht zuwider liefen. Die
12 Lukumonen der 12 Städte eines Bundes beriethen auf einer-
allgemeinen Versammlung die Angelegenheiten des Bundes und faß-
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473
ten Beschlüsse,- die Mehrzahl der Stimmen entschied; allein wenn
ein allgemeiner Kriegszug beschlossen wurde, scheint es jeder Stadt
freigestanden zu haben, an demselben Theil zu nehmen oder nicht.
In einem gemeinschaftlichen Kriege wurde einem von den Lukumo-
nen der zwölf Staaten durch Wahl der Oberbefehl übertragen. Die
Mythologie der Etrusker war sehr eigenthümlich. Die Götter hie-
ßen Aesar, und deren Wohnung wurde im Norden des Himmels
gedacht. Man nahm drei Ordnungen der Götter an; die erste hie-
ßen eingehüllte (involnti) und deren waren nur zwei, eine männ-
liche und eine weibliche Gottheit; die zweite Ordnung nannte man
untere Götter und deren waren zwölf; die dritte Ordnung begriff
die der Zahl nach nicht bestimmten Genien, welche sich dualistisch
in gute und böse schieden. Die heiligen Ceremonien und die mit
überlieferten Schöpfungssagen verbundenen Grundlehren des etrus-
kischen Glaubens waren ein Geheimniß des Priesteradels. Die Re-
ligion hatte etwas Düsteres. Ein aus der Erde emporgestiegener
Zwerg, Tages, sollte in uralter Zeit gelehrt haben, den Willen der
Götter und die Zukunft aus den Eingeweiden der Opferthiere, aus
dem Vögelfluge und dem-Blitze zu erkennen. Die Weissagekunst
und Zeichendeuterei war die höchste Weisheit der Etrusker. Alte
Bücher enthielten die Kunst des Wahrsagcns und das hierarchische
Staatsrecht. Obgleich die Etrusker die Heilkuust und Astronomie
trieben und eine geordnete Zeitrechnung hatten, fehlte ihnen doch
ein selbständiges geistiges Leben und jede wahre Wissenschaft. Von
den Etruskern entlehnten die Römer ihre ganze Priesterweisheit,
die meisten religiösen und bürgerlichen Ceremonien, viele Staats-
einrichtungen, die Musik, die Zahlzeichen und andere Eigenthümlich-
keiten. Die Schrift der noch nicht enträthselten etruskischen Sprache
wurde von der Rechten zur Linken geschrieben. Die etruskischen
Bauwerke waren zwar, wie die ägyptischen, das Werk eines Vol-
kes, welches unter der Leitung einer für edler gehaltenen Kaste im
Frohndienste arbeitete, aber mit seltenen Ausnahmen halten sie alle
einen auf das Wohl der gesammten Bevölkerung gerichteten Zweck.
Die Etrusker waren ausgezeichnete Töpfer und Thonarbeiter; sie
fertigten nicht nur -Gefäße, sondern auch erhabene Arbeiten und
Statuen aus Thon. Auch leisteten sie Bedeutendes im Erzguß und
verstanden sehr gut die Mischung und Behandlung des Metalls.
Die etruskische Kunst schloß sich nicht gegen den Einfluß der griechi-
schen Kunst ab, wie Malereien und Bildhauerarbeiten beweisen, ja
es stellten die Etrusker auf ihren bemalten thönernen Gefäßen grie-
chische Sagen und Mythen dar. Es wurden in Etrurien sehr schöne
und verschiedene Arbeiten von Gold, Silber und Elfenbein verfer-
tigt; die Goldarbeiter lieferten goldene Eichenkränze, goldene Bullen
für vornehme Kinder, mannigfachen Schmuck der Frauen, silberne
Becher und silberne Brustschilde der Rosse. Weniger scheint die
Sculptur in Holz und Stein betrieben worden zu sein. In der
Musik wurde besonders das Flötenspiel geübt; Musik begleitete alle
gottesdienstlichen Feierlichkeiten. Anlage zur Poesie aber scheint den
Etruskern gefehlt zu haben; doch hatten sie Lieder, welche beim
Gottesdienst gesungen wurden. Die Fruchtbarkeit des von Leibeige-
nen bebauten Bodens, ein blühender Handel und die wie ein Ge-
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474
Die kreische
Lnsiedlung.
Lavinium.
Älba.
werbe getriebene gewinnreiche Seeräuberei brachten der gebietenden
Kaste großen Reichthum. Dieser aber hatte Prachtliebe und Hossär-
tigkeit, Verweichlichung und Sittenverderbniß zur Folge. Die prie-
sterlich adeligen Herren liebten die Freuden der Tafel, die Barbarei
blutiger Kampfspielc, die orientalische Pracht des Hauswesens und
die rauschenden Genüsse des Tanzes und der Musik. Die Kraft des
Abels erlag der sittlichen Entartung, zumal da'kein freier Bürger-
und Bauernstand erfrischend und kräftigend auf den Adel wirkte.
Die Erschlaffung geschah um so schneller, weil das streng hierar-
chische Negierungssystem sich nicht nach den Bedürfnissen der Zeit
mildern ließ. Noch ehe Rom sich zu einer für seine Nachbarn ge-
fährlichen Größe erhoben hatte, war die Kraft der Etrusker gebro-
chen. Während der römischen Königszeit zeigte sich das etruskische
Volk als ein gefährlicher Feind des jungen Staates.; später erscheint
es im Vergleich mit anderen italischen Völkern als eine unkräftige
Nation. Noch früher als Latiner und Samniten mußten sich die
Etrusker unter das römische Joch beugen.
Eine alte Ueberlieferung berichtete, daß ein Theil der Troer
Troja's Untergang überlebt und unter Aeneas Leitung ein neues
Troja gegründet habe. Und als nun Rom große Macht erlangt
hatte, da war in Italien und sogar außer seinen Grenzen der
Glaube verbreitet, daß in der Tiberstadt jene Verheißung ihre Er-
füllung gefunden habe. Mit seinem vom Blitz gelähmten Vater
Anchises, mit den irdenen und steinernen Götterbildern und 600
'Troern besteigt Aeneas ein Schiff, um neue Wohnsitze zu suchen.
Das Schiff geleitet der Stern der Venns, der auch bei Tage nicht
erbleicht und erst verschwindet, als an dem laurentischen Ufer das
Ziel der Fahrt erreicht ist. Aeneas erkennt dies Zeichen seiner gött-
lichen Mutter, und als er das Ufer betritt, bestätigen- ihm neue
Zeichen, daß er das Land der Verheißung erreicht hat. Die erste
Ansiedelung ist ein festes Lager, 4 Stadien vom Meere entfernt
und Troja genannt. Damals herrschte zu Laurentum über das Volk
der Aboriginer der mächtige König Latinus; neben ihm als lästiger
Nebenbuhler über das ganze Uferland von Ardea bis Circeji Tur-
nus über Rutnler und Aurunker. Aeneas steht dem Latinus im
Kampfe gegen Turnus bei, erhält von Latinus einen Landstrich zwi-
schen Laurentum und seinem ersten Lager und die Hand der Königs-
tochter Lavinia und gründet die Stadt Lavinium. In erneutem
Kampfe fallen Turnus und Latinus, und Aeneas herrscht nun drei
Jahre unangefochten über Latiner und Rntuler. Turnus, der Ru-
tulerfürst zu Ardea, war ein tyrrhenischer Lehnsfürst gewesen/ und
auch Latinus hatte in Abhängigkeit von den Tyrrhenern gestanden.
Alles Land von den Sümpfen des Mineius in Öberitalien bis nach
Kampanien war den Tyrrhenern unterlhänig, und der Mittelpunkt
der tyrrhenischen Macht war Cäre. Hier herrschte als Gebieter des
großen tyrrhenischen Reiches Mezentius. Die Kämpfe des Latinus
gegen Turnus scheinen die Befreiung Latiums vom tyrrhenischen
Joche zum Zwecke gehabt zu haben. Auch nach dem Tode der bei-
den Könige erneuerten sich die Kriege, Aeneas stellt sich an die Spitze
der nach Freiheit ringenden Latiner, Mezentius fällt im Kampfe
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Extrahierte Personennamen: Älba Lavinia
Extrahierte Ortsnamen: Rom Italien Troja Kampanien
475
und es gelingt das tyrrhenische Joch abzuschütteln; die Tiber wird
als Grenze zwischen Latium und Etrurien festgesetzt. Nach des
Aeneas Tode gründete sein Sohn Askanius die Stadt Alba, wäh-
rend in Lavinium, wo die Penaten, die troischen Götter, verblieben,
Lavinia regierte. Die junge Stadt Alba gelangte rasch zu Macht
und Ansehen und unterwarf sich die latiniseben Städte. Es sandte
Theile seiner eigenen Bürgerschaft in die unterworfenen Orte und
sicherte sich dadurch nicht nur die Herrschaft, sondern verminderte
auch seine unbegüterte Volksmasse und bereicherte seine ärmeren
Bürger auf Kosten der Unterworfenen. Dreißig Orte, die dreißig
albanischen Kolonien genannt, gehorchten als Unterthanen dem Herr-
scherworte Alba's. Außerdem standen aber auch noch andere latini-
sche Städte zu Alba in verschiedenen Verhältnissen der Abhängigkeit.
In Alba regierten Könige, die Nachkommen des Aeneas; die Ge-
meinde. zerfiel in edle Geschlechter und das Volk, in Patricier und
Plebejer. Askanins vereinigte in seiner Person die höchste weltliche
und priesterliche Würde, er war König und Oberpriester zugleich.
Nach seinem Tode stritten sich um den Thron sein Sohn Julus,
Aeneas Enkel, und Silvins, Aeneas nachgeborner Sohn von der
Lavinia. Das Volk entschied zu Gunsten des Silvius; dieser erhielt
die Königsgewalt, Julus das Oberpriesterthum. Das hieratische
Königthum wird in zwei Bestandtheile aufgelöst, die weltliche und
die geistliche Macht in verschiedene Hände gelegt. Nach dieser Tren-
nung ninimt das Pontifikat die zweite Stelle ein; der Oberpriester
ist aber der nächste nach dem König und sein Verwandter. Drei
Jahrhunderte regierten die Nachkommen des Silvius in Alba; mit
Numitor und Amulius schloß sich die Reihe der albanischen Könige,
und ein jährlich gewählter Diktator trat an die Stelle des Königs.
Das albanische Reich scheint stch von der Tiber im Norden bis nach
Circeji im Süden, von Laurentum im Westen bis in die Querthäler
der Apenninen im Osten erstreckt zu haben. Zu dem albanischen
Reiche gehörten die Städte: Tibur, Bola, Präneste, Kora, Pometia,
Satrikum, Kameria, Medullia, Lavinium, Laurentum, Aricia, Tel-
lene, Tuskulum, Labiknm, Skaptia und Gabir. Zur Gründung
ihrer Städte wählten die Latiner gewöhnlich solche Punkte, an de-
nen sich eine Burg auf einer Höhe anbringen-ließ, am liebsten iso-
lirt stehende Tushügel, deren Plateaus, um sie unzugänglicher zu
machen, an den Seiten künstlich abgeschrofft wurden. Auch suchte
man solche Hügel aus, die am Zusammenstusse zweier Gewässer la-
gen. In der latinischen Baukunst ist der altgriechische oder pelas-
gische Charakter nicht zu verkennen. Alle altlatinischen Städte,
von denen sich noch Ueberreste finden, zeigen jene riesigen, aus Po-
lygonen Steinen zusammengesetzten, sogenannten cyklopischen Mauern,
welche in Quadratform das Pomörium umschließen.
Von dem großen Gebiete, welches Alba beherrschte, ging zur
Zeit von Roms Gründung das Meiste an die Sabiner, Etrusker,
Aequer, Volsker und Herniker verloren. Die Volsker besetzten die
ganze südliche Mark des albanischen Reiches, die Ebene, welche sich
zwischen dem tyrrhenischen Meere und der äußersten Parallelkette
der Apenninen von den südlichen Abfällen des Albanergebirges bis
Volsker,
Lcrniker,
Aequer, Sa-
biner.
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Extrahierte Personennamen: Lavinia Askanins Lavinia Kora
476
zu dem Felsen von Circeji ausdehnt. Von hier breiten sie sich er-
obernd immer weiter aus, in Latium bis nach Vcliträ, im Süden
bis zur Mündung des Lins und landeinwärts bis auf die Hochehene
des Fucinus. Wo jetzt der Pesthauch der poutinischen Sümpfe über
die fruchtbare Ebene verbreitet ist, da standen einst 33 reiche und
blühende Städte. Den Volskern gehörten die Städte: Pontia,
Veliträ, Korioli, Antium, und auf der Hügelkette, welche die pon-
tinische Ebene im Osten begrenzt, Ecetra, Artena, Kora, Norba,
Privernum und Anxur, das spätere Terraeiua. In der Ebene süd-
lich von Terracina sind volskisch die Städte Fnudi und Formiä, im
inneren Lande Fregellä, Ferentinum, Arpinum und Atina.
Die Herniker wohnten vor Zeiten bis tief in die latinische Ebene
hinein; in den ersten Zeiten der römischen Republik sind sie auf das
reiche Tolerusthal und die umliegenden Gebirge mit den Städten
Anagnia, Alatrium, Frusinum und einige andere beschränkt. —
Aus den Hochthälern der Apenninen drangen die kriegerischen und
raubsüchtigen Aeguer in das Flachland südlich und nördlich von der
Tiber. In der Hochebene des Fucinus grenzten die Aeguer an die
Volsker, und Alba Fucentia wird eine äguische Stadt genannt.
Auf dem rechten Tiberufer gehörten den Aeguern die Städte Faliska,
Falerii und Fescennium, geriethen aber später unter etruskische
Herrschaft. Diese nördlichen Aeguer hielten alljährlich ihre Bundes-
versammlung beim Heiligthum der besonders von den sabiuischen
Stämmen verehrten Feronia am Sorakte.
In der Reihe der Bergvölker, welche kurz vor Roms Grün-
dung immer weiter in Latium vordringen, nehmen die Sabiner
durch den Einfluß ihres frischen, unverdorbenen, frommen Wesens
auf das schon weiter vorgeschrittene latinische Volksthum und durch
die weite Verbreitung ihrer Abkömmlinge über das mittlere und
einen großen Theil des südlichen Italien die erste Stelle ein. Sie
begleiten Rom von der Wiege bis zum Untergange seiner Freiheit,
bald mit ihm vereinigt, bald cs bekämpfend, noch zu Strabo's Zeit
tapfer und fromm wie ehedem. In dem prächtigen Thale des Ater-
nus bei Amiternum finden sich noch jetzt gewaltige Mauerreste, welche
man für die Trümmern von Testrina hält, dem Hauptorte des alten
kleinen Sabinerstammes. Von hier aus eroberten die Sabiner zu-
erst das Land um Rente, dann Lista, die Hauptstadt der Aboriginer.
Der sabinische Stamm wohnte nördlich vom Fucinersee, in den schön-
sten Hochebenen der Centralapenninen, im Thale des Aternus und
in denl ganzen Flußgebiete des Velinus. Von hier aus breiten sie
sich erobernd nach allen Seiten hin aus. Die äguische Stadt Nur-
sia und im äußersten Osten die früher umbrische Stadt Ravenna
werden von ihnen erobert. Ein anderer Zug wendet sich nach Süd-
west und erobert das Land zwischen der Tiber und dem Anio, und
von diesem westlichen Reiche war Kures die Hauptstadt. Sie war,
wie alle Städte der Sabiner, unbefestigt. Tibur, Eretum, Nomen-
tum und Fidenä, ja selbst Kollatia und Antemnä in der Nähe von
Rom fallen in die Gewalt der Sabiner. Diese erscheinen als die
Stammväter einer großen Zahl von Völkerschaften, welche, unter
sich und mit dem Heimathlande nur locker verbunden, unter ganz
verschiedenen Namen die Thäler und Höhen der inneren Apenninen
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Extrahierte Personennamen: Kora Testrina Lista Kollatia
477
und zu beiden Seiten hie Abdachungen nach dem Meere hin, im
Osten vom Aesis bis zum Frento, im Westen von den Südgrenzen
Latiums bis zum Flusse Laus inne haben. Diese große Verbreitung
eines in seinen Ursprüngen unansehnlichen Stammes wird der Aus-
sendung geweihter Lenze zugeschrieben. Drohte nämlich Uebervölke-
ruug oder eine Gefahr, so wurde ein heiliger Lenz (ver sacrum)
gelobt, d. h. es wurde bestimmt, daß alles im folgenden Frühling
Geborene, Menschen und Vieh, nach Ablauf einer gewissen Anzahl
von Jahren das Vaterland als Kolonie verlassen und sich, einem
im Frühling ausziehenden Bienenschwärme gleich- einen neuen Wohn-
sitz erkämpfen solle. Die auszusendende Kolonie wurde zum Zuge
gehörig ausgerüstet. Kämpfte sie sich durch, so war sie selbständig
und mündig, gleichsam vollkommen emancipirt und stand in keinem
abhängigen Verhältnisse zum Mutterstaate, der sich ihrer auch sonst
nicht annahm. Bei dieser Art der Verbreitung ist es erklärlich, daß
der sabinische Volksstamm in eine Anzahl Völkerschaften zerfiel: die
Sabiner, Samniten, Vestiner, Marser, Marruciner, Peligner, Fren-
taner, Hirpiner, Picenter und Lukaner. Auch die Aequer und die
Herniker gehörten zu dem großen sabinischen oder sabellischen Volks-
stamm. Gebirgslandschaften sind der Ausbildung verschiedener Völ-
kerindividualitäten günstiger als weite einförmige Ebenen. In der
Abgeschlossenheit ihres Thales bilden die Einwohner eine Welt für
sich. Daher waren auch die Völker des sabinischen Stammes nicht
zu einem großen-Staate verbunden, und auch die einzelnen Völker
hatten nur die patriarchalische Staatsform. Die Stämme und Fa-
milien sind allein das hervortretende Element dieses Urstaates. Die
Einrichtungen beruhten auf Aristokratie und Kultus; allein die Aristo-
kratie war nicht drückend, weil diese rüstigen und arbeitsamen Berg-
völker keinen Luxus kannten. Die Priester waren die eigentlichen
Leiter des locker verbundenen Staates. Es scheint, daß wer zum
Priester bestimmt war, in die Lehre kam in ein uraltes Heiligthum.
Die Wissenschaft der sabinischen Priester bestand in der Lehre von
den Angurten, zu welcher die Fulgurallehre gehörte. In dieser
Wissenschaft galten besonders die Marser als Meister. Nur im
Kriege wurde ein Feldherr mit unumschränkter Gewalt gewählt,
welchen die Römer Diktator nennen. Ackerbau und Viehzucht war
die allgemeine Beschäftigung. Alle, Vornehme und Geringe, trieben
den Ackerbau mit eigener Hand, und dieser gedieh bei ihnen, wie
bei den Latinern in hohem Grade. Laudbau und Rechtskunde wa-
ren seit der ältesten Zeit eine eigenthümliche Beschäftigung der Be-
wohner Italiens. Wegen der allgemeinen Betreibung des Landbaues
war die Bevölkerung in zahlreiche Dörfer zerstreut, und nur wenige
Städte in den unzugänglicheren Gegenden des Landes dienten zum
Schutz gegen einbrechende Feinde. Der Fleiß der Samniten war
so groß, daß in ihrem gebirgigen Lande nur äußerst wenige Strecken
unbenutzt blieben. Auch die Entstehung des Weinbau's wurde>von
den Römern den Sabinern zugeschrieben, und die Viehzucht wurde
bei den sabinischen Völkern das ganze Alterthum hindurch auf eine
so vortreffliche Weise betrieben, daß selbst das spätere Rom seine
Rinder, Maulthiere und Schweine vorzugsweise aus den samnitischen
Gebirgen bezog.
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478
Sage von der
Gründung
Roms.
Mit dem Landbau hing die Religion eng zusammen; die reli-
giösen Ceremonien und die Volksfeste dienten dazu, den Anbau des
Landes unter obrigkeitlicher Aufsicht zu erhalten und den Fleiß des
Landmannes anzuspornen. Auch die Wälder des Gebirges waren
wegen des Einflusses auf -das Klima unter öffentliche Aussicht gestellt.
Die Brüderschaft des Feldbaues (frätres arvale.s) beschäftigte sich
neben ihren gottesdienstlichen Verrichtungen auch mit dem Feldbaue
in wissenschaftlicher Beziehung. Das vortrefflich angebaute samnitische
Gebirgsland vereinigte bei dem ausgezeichneten Klima alle Vortheile
der von der Natur am meisten begünstigten Länder. Es war in
einem fast unglaublichen Grade bevölkert, zumal da öfters unbebau-
tes Land unter die Bevölkerung vertheilt wurde, um es urbar zu
machen.
Auf eine eigenthümliche Art wurden unter obrigkeitlicher Auf-
sicht die Ehen geschlossen. Zu gewissen Zeiten wurden die jungen
Männer geprüft und dann denen, welche für die Besten erkannt
worden waren, die Wahl unter den heirathsfähigen Jungfrauen
überlassen, den anderen von Staatswegen die Frauen zugetheilt.
So diente die Ehe als ein Mittel die Jugend zur Thätigkeit an-
zuspornen.
Von Kunstwerken ist bei diesem einfachen Volke nicht die Rede.
Dagegen ging von den Samniten eine Ärt strenger Sittenlehre zu
den Römern über und entwickelte bei diesen in früherer Zeit eine
besondere Gattung won Poesie. Dnrch die Vereinigung mit den
alten Samniten, namentlich mit dem wackeren Volke der Sabiner,
erhielten die Römer die strengen und unverdorbenen Sitten und den
genügsamen Sinn der alten Sabiner, deren moralische Festigkeit,
Frömmigkeit und Gerechtigkeit und durch diese Tugenden Macht und
Ansehen bei den italischen Völkern. Auch bei den späteren Römern
galten die Sabiner für Muster der Einfachheit und Biederkeit, und
die sabinische Tugend war sprichwörtlich. Die einzelnen sabinischen
Völkerschaften waren theils gar nicht, theils nur in geringer Zahl
mit einander verbunden; die Gemeinden jedes Volkes bildeten ent-
weder einen Bund unter sich, oder nahmen doch nur einige wenige
andere Völkerschaften in ihre Vereinigung auf. Aber selbst bei die-
ser Zersplitterung zeigte sich die gediegene Kraft der Sabiner und
die Stärke des zwischen den Gliedern jeder Völkerschaft bestehenden
Bandes; denn auch vereinzelt leisteten die sabinischen Völker gegen
äußere Feinde einen furchtbaren Widerstand.
I. Rom unter der Herrschaft der Könige. 153 bis 510 v. Chr.
Dreihundert Jahre hatte das albanische Reich geblüht, seine
Herrschaft weit über das fruchtbare Latium ausgedehnt und eine
Menge blühender Städte theils gegründet, theils dnrch Kolonisten
erweitert; da entstand Zwiespalt im königlichen Hause und zugleich
drohten von allen Seiten mächtige Feinde, von Norden die Elrus-
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal]]
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483
„en. Er übertrug das Gericht zwei Richtern (Questores parricidii),
und von diesen wurde Horatius zum Tode verurtheilt. Er appellirte
aber an die Volksversammlung, und diese milderte aus Rücksicht auf
seine dem Vaterlande geleisteten Dienste und auf Fürbitten seines
Vaters den Spruch. Zwei Pfähle wurden in die Erde eingesenkt
und durch einen Querbalken verbunden. Unter diesem Joche mußte
Horatius wie ein besiegter Feind hindurchgehen. Der Mord wurde
durch Qpfer gesühnt, der Juno Sororia und dem Janus Curiatius
zwei Altare errichtet und dem horatiscken Geschlechte auferlegt, auf
diesen jährliche Sühnopfer darzubringen.
Nach dem glücklich beendigten albanischen Kriege wandte sich
Tullus Hostilius gegen die Fidenaten und Vejenter, und der alba-
nische Diktator Mettus Fuffetius leistete ihm dabei als Unterthan
die Heeresfvlge, verband sich aber insgeheim mit den Feinden. Beim
Beginne der Schlacht zog sich Fuffetius auf eine Anhohe zurück, um
sich nach dem Ausgange des Kampfes für die eine oder andere Par-
tei zu entscheiden. Tie dadurch erschreckten Römer beruhigte der
Zuruf des Tullus Hostilius, daß der Rückzug der Albaner auf seinen
Befehl geschehe, um die Feinde zu umgehen. Als sich der Sieg für
die Römer entschied, griff auch Mettus Fuffetius die stichenden Feinde
an. Am folgenden Tage rief Tullus Hostilius beide Heere unbewaff-
net zusammen, angeblich um die Belohnungen auszutheilen. Die
Albaner wurden von den Römern, welche ihre Schwerter unter den
Kleidern versteckt hatten, umstellt, und dann verkündete ihnen der
König, daß Alba Longa als ein Sitz der Verrätherei dem Boden
gleich gemacht, Mettus Fuffetius, weil er treulos zwischen den Rö-
mern und deren Feinden geschwankt, von Pferden zerrissen, alle Al-
baner aber nach Rom versetzt werden sollten. Alba Longa wurde zer-
stört, die Bewohner nach Rom verpstanzt und ihnen dort der cölischehügel
als Wohnsitz angewiesen. Die folgende Negierungszeit des Tullus
Hostilius erfüllen glückliche Kriege gegen die Fidenaten, Vejenter
und Sabiner. Zuletzt aber wandten die Götter wegen Vernachläs-
sigung ihres Dienstes ihre Gunst von ihm; Steinregen, Seuchen
und eine schwere Krankheit des Königs zeigten den göttlichen Zorn.
Als sich Tullus Hostilius nun mit ängstlicher Sorgfalt den versäum-
ten religiösen Pstichten zuwandte und eines Tages Jupiter durch
geheimnißvolle Ceremonien beschwören wollte, dabei aber ein Ver-
sehen beging, wurde er mit Weib und Kindern von dem erzürnten
Gotte durch einen Blitzstrahl getödet (642 v. Chr.).
Nun wurde Ancus Marcius, ein Tochtersohn des Numa Pom-
pilius, zum König erwählt. Er brachte den vernachlässigten Dienst
der Götter zu neuem Ansehen, führte aber auch glückliche Kriege,
hauptsächlich mit den Latinern. Er besiegte die Latiner, eroberte
einige ihrer Städte und siedelte die Bewohner auf dem aventinischen
Hügel an. Auch Fidenä wurde von ihm erobert; Veji erlitt eine
Niederlage und mußte das Land um die Mündung der Tiber den
Römern abtreten. Ancus Marcius legte daselbst Ostia, den Hafen
von Rom an. Auch faßten die Römer auf der rechten Seile der
Tiber festen Fuß; Ancus befestigte den daselbst gelegenen Hügel
Janiculum und verband ihn durch eine hölzerne Brücke mit der
Stadt. Ancus zeigte eine große Sorge für die bürgerlichen Ver-
31 *
Ancus Mar-
cius und
Tnrquinius
Pciscus.
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493
gewünschten Unterwerfung; es wurde bestimmt, daß das Oberhaupt
des römischen Volkes bei dem jährlichen Bundesfeste auf dem alba-
nischen Berge das Opfer darbringen sollte, und dadurch wurde Rom
als Haupt des latinischen Bundes anerkannt und die Verbindung
durch die Religion geweiht. Siebenundvierzig Städte beschickten
das Fest, welches den Namen der latinischen Feiertage (feriae lati-
nae) erhielt. Auch wurden die römischen Legionen seitdem nicht
nur aus den Römern, sondern auch aus den Bundestruppen der
Latiner zusammengesetzt.
Targuinius erweiterte seine Macht durch glückliche Kriege; er
besiegte die Volsker, legte in deren Lande einige Kolonien an und
führte viele Gefangene und unermeßliche Beute nach Rom. Auch
die Sabiner mußten sich dem römischen Könige unterwerfen und
wurden ihm zinsbar. Dann wandte sich Targuinius gegen die la-
tinische Stadt Gabii, weil diese sich weigerte die römische Ober-
herrschaft anzuerkennen. Mehrere Jahre leistete die gut befestigte
Stadt erfolgreichen Widerstand, bis sie durch eine schändliche Hin-
terlist in die Gewalt des Targuinius fiel. Mit blutigem Rücken erschien
Sertus Targuinius, der Sohn des Königs, vor dem Thore von
Gabii und bat um Aufnahme, indem er vorgab, sein Vater habe
ihn wegen eines geringen Vergehens mißhandeln lassen. Tie Ga-
biner schenkten ihm Glauben und stellten ihn an die Spitze kleiner
Schaaren. Durch glückliche Ausfälle, bei welchen er nach getroffener
Verabredung mit seinem Vater die römischen Truppen besiegte, stieg
er immer höher und wurde endlich zum Oberbefehlshaber ernannt.
Jetzt frug er durch einen Boten seinen Vater, was er weiter thun
solle. Targuinius führte den Boten in den Garten, schlug vor sei-
nen Augen die höchsten Mohnküpfe ab und entließ ihn dann ohne
Antwort. - Sextus verstand den Wink seines Vaters; er verdächtigte
und beseitigte die angesehensten Bürger. Es entstand Mißtrauen
und Spaltung in der Stadt, und Gabii fiel durch einen nächtlichen
Ueberfall in die Gewalt der Römer.
Wie schon der ältere Targuinius, so hat auch Targuinius Su-
perbus nicht nur durch Kriege und Eroberungen, sondern auch durch
bedeutende Bauten seinen Namen groß gemacht. Das großartigste
seiner Bauwerke war der kapitolinische Tempel, dessen Bau bereits
der ältere Targuinius begonnen und Servius Tullius wahrscheinlich
fortgesetzt hatte. Auf einem hohen Unterbau von 800 Fuß im Um-
fang war der Tempel im etruskischen Stile aufgeführt. An der
Vorderseite, die gegen Mittag gerichtet war, erhob sich eine drei-
fache, und an jeder der beiden Seiten eine doppelte Reihe von
Säulen. Der mittlere Raum enthielt drei Heiligthumer, das mitt-
lere war für den Jupiter, das zur Linken für die Inno, das zur
Rechten für die Minerva bestimmt, alle drei unter derselben Dachung.
Indem der König den Bau zu Ehren des höchsten Gottes mit Ernst
und Eifer betrieb, beschwichtigte er für den Augenblick die Stimme
seines Gewipens. Eine seltsame Begebenheit bestärkte ihn in dem
Glauben, daß die Götter seiner Herrschaft ihre Huld zugewendet
hätten. Eines Tages erschien im Palaste des Königs ein fremdes
Weib, welche neun Bücherrollen für einen sehr hohen Preis zum
Verkauf anbot. Mit ihrer ungemessenen Forderung abgewiesen,
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Extrahierte Personennamen: Sertus_Targuinius Servius_Tullius Ernst
516
Verhältnisse
der Patricier
und Plebejer.
indem nicht nur viele aus der Niederlage vor Aricia entkommene
Etrusker nach Rom flüchteten und daselbst blieben, sondern auch ein
sabinischer Patricier. Attins Clausus mit seinen 5000 Klienten nach
Rom auswanderte. Er wurde unter die römischen Patricier aufge-
nommen, änderte seinen Namen in Appius Claudius um und wurde
der Stammvater eines berühmten Geschlechtes, welches sich stets durch
seinen Adelstolz ausgezeichnet hat.
Tarquinius erhielt, nachdem ihn Porsenna aufgegeben hatte,
von der latinischen Stadt Tusculum, wo sein Schwiegersohn Octa-
vius Mamilius Herrscher war, und von den übrigen Staaten des
latinischen Bundes Unterstützung. Doch war es den Latinern weni-
ger darum zu thun, den vertriebenen König wieder nach Rom zu-
rückzuführen, als die Hegemonie Rom's über den latinischen Bund
streitig zu machen. In der entscheidenden Schlacht am See Regillus
blieben die Römer Sieger (496 v. Chr.), schlossen aber einige Jahre
nachher (493 v. Chr.) einen Frieden, in welchem die Abhängigkeit
der Latiner in ein Verhältniß der Gleichheit zwischen ihnen und
dem römischen Staate umgewandelt wurde. Beide Theile gelobten
einander, sich weder gegenseitig zu bekriegen, noch auch einer des
anderen Feinde durch sein Gebiet ziehen zu lassen. Sie vereinigten
sich, gemeinschaftliche Kriege unter wechselndem Oberbefehle zuführen
und die Beute zu gleichen Loosen zu vertheilen. Der von den La-
tinern aufgegebene König Tarquinius zog sich nach der griechischen
Kolonie Kumae in Kampanien zurück, wo er 496 v. Chr. starb.
In der nach der Vertreibung des Tarquinius wieder hergestell-
ten Verfassung des Servius Tullius bestand eine Vereinigung der
Patricier und Plebejer nur in den Centuriatcomitien, deren Be-
schlüsse jedoch die Bestätigung der Curien bedurften, und in denen
überdies die -Patricier durch ihre zahlreichen Klienten das Ueberge-
wicht hatten. Außerdem waren beide Stände noch scharf von ein-
ander geschieden, und es fand zwischen ihnen noch kein Connubium
statt. Zu allen obrigkeitlichen Stellen waren nur Patricier wählbar.
Durch das Gesetz des Valerius war den Einzelnen zwar die Be-
rufung auf die Gemeinde gegen Strafurtheile der Consuln gewährt:
allein die Provocation des armen Plebejers scheint häufig nicht be-
achtet worden zu sein. Noch -härter aber als die verweigerte Theil-
nahme an der Negierung des Staates waren andere Verhältnisse,
welche namentlich die ärmeren Plebejer trafen. Gewerbe und Han-
del waren in Rom gering, Ackerbau hingegen hoch geachtet. Daher
galten auch bei der Besiegung eines Volkes die Ländereien desselben
als der Preis des Sieges, und regelmäßig wurde ein Theil dersel-
den, gewöhnlich der dritte, dem besiegten Volke entrissen. Diese
eroberten Ländereien wurden zum Theil den armen Plebejern nach
angestellter Vermessung und genauer Eintheilung als Eigenthum an-
gewiesen, zum Theil den Patriciern als blvßex Besitz, welchen der
Staat zurücknehmen konnte, gegen Entrichtung einer geringen Ab-
gabe in größeren Strecken überlassen. So hätte es wenigstens dem
Rechte nach sein sollen: allein die Patricier, welche die Macht in
Händen hatten, brachten es öfters dahin, daß die Vertheilungen der
eroberten Ländereien lange Zeit unterblieben und die Aecker, von
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Extrahierte Personennamen: Claudius Porsenna Servius_Tullius
Extrahierte Ortsnamen: Rom Clausus Rom Rom Kampanien Rom