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1. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 36

1906 - München : Oldenbourg
36 9. Der Sturz Tassilos. ihm gegen Karl keine Hilfe geschickt. Sicher beglaubigt aber sind die Reibereien zwischen dem herzoglichen Hose und den fränkisch gesinnten Mitgliedern des höheren Klerus, namentlich dem Bischof Arbeo von Freising. Sein Nachfolger aus dem bischöflichen Stuhl von Freising hat später nach der Katastrophe von 788 den Schleier etwas gelüstet: „Tassilo und seine Gemahlin Liutbirga hätten der Freisinger Kirche viele Gotteshäuser entzogen aus Unwillen über den Bischos Arbeo, den sie beschuldigten, daß er dem König Karl und den Franken treuer sei als ihnen." Der Grund lag tiefer. Als Ausfluß des germanischen Begriffes vom Eigentum an Grund und Boden hatte sich in Bayern das Eigenkirchensystem, das Eigentum des Grundherrn an den von ihm gegründeten Kirchen, herausgebildet und im Zusammenhang damit das Recht den Vorstand der Kirche zu bestellen. Bischof Arbeo von Freising suchte dieses Eigenkirchensystem zu zerstören und der alten kirchenrechtlichen Anschauung, daß die Bischöfe Eigentümer des gesamten Kirchenvermögens ihrer Diözese seien, Geltung zu verschaffen. Der Bischof zwang die Eigenkirchenpriester die Kirchen an die Kathedralkirche zu übertragen. Auch die Grundherren selbst wurden veranlaßt ihre Eigenkirchen an die Kathedralkirche zu schenken. In vielen Fällen wurde das Ziel erreicht. Schwieriger war der Kamps gegen die Klöster. Die Bischöfe forderten Übergabe auch der klösterlichen Eigenkirchen in das bischöfliche Eigentum. Sie forderten von den Mönchen namentlich Herausgabe der öffentlichen Kirchen und Eiustelluug [ihrer Seelsorgetätigkeit. Die Bischöse suchten und fanden in dem Streite eine Stütze im Frankenreich, die Klöster suchten und fanden einen Rückhalt an der heimischen Dynastie. Darüber kam es bei der politischen Spannung zu einem schweren Konflikt. Die bischöfliche Partei beschuldigte den Herzog, namentlich aber die Herzogin Liutbirga der Feindseligkeit gegen die Bischöfe, der Begünstigung der Klöster. Das herzogliche Haus beschuldigte deu Bischof von Freising fränkischer Gesinnung. Es kam ebenso zu Reibereien zwischen dem Herzog und den ins fränkische Interesse gezogenen, dem Herzog zu Aufseheru gegebenen königlichen Vasallen in Bayern. Das ist nicht bloß zu schließen aus der warmen Fürsorge, mit der Karl deren Interesse gegen das Herzogtum im Jahre 781 vertrat, sondern auch aus den späteren Ereignissen des Jahres 788. Vermutlich strebten diese Vasallen eine Stellung außer oder über der bayerischen Stammesverfassung an und wurden in diesem Bestreben von den Franken ermuntert, die sichtlich ihre Aufgabe nicht in einer Versöhnung, sondern in einer Verschärfung der Gegensätze erblickten. Zugleich scheint die Forderung unbedingter Heeresfolge auf den Widerstand des Herzogs gestoßen zu sein, dessen Interessen wie früher so auch damals auf dem avarisch-slavischen Kriegsschauplätze im Südosten lagen. Unter diesen Verhältnissen ist es begreiflich, daß sich Tassilo zu Äußerungen hinreißen ließ: selbst wenn er zehn Söhne hätte, würde er sie lieber opfern

2. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 155

1906 - München : Oldenbourg
31. Nürnberg und seine Kunst. 155 Nürnbergs dem eintretenden Wanderer die richtige Stimmung mit auf den Weg geben, schaffen in der Phantasie ein gutes Abbild von der einstigen Kraft der alten Reichsstadt, deren Bewohner gegen ernste Kriegsnot sich wohlbedacht sichern mußten. Auch iu der inneren Stadt erzählt noch manches Haus von St. Lorenz, Westansicht. der Wehrhaftigkeit seiner vormaligen Besitzer, wie das Nassauerhaus nächst der Loreuzkirche. Die Notwendigkeit die Stadt so stark zu befestigen ward hervorgerufen durch ihren mehr und mehr steigenden Reichtum. Was die große Republik Venedig für den Süden bedeutete, einen Mittelpunkt, welchen wichtige Handelsbeziehungen mit den fernsten Ländern verbanden, das wurde Nürnberg für

3. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 224

1906 - München : Oldenbourg
224 42. Charakterbild des Kurfürsten Maximilian I. 42. Charakterbild des Kurfürsten Maximilian I. Von Siegmund von Riezler?) Maximilian ist der einzige unter den deutschen Fürsten, der Beginn und Ende des Dreißigjährigen Krieges erlebte, der einzige, der in allen Phasen des Kampfes mit im Vordergründe steht. Und in seiner Politik im Kriege spiegelt sich getreu der Charakter des großen deutschen Bürgerkrieges: hier wie dort vermengen sich die religiösen Triebfedern mit Besitz- und Machtfragen, hier wie dort geben die ersteren den Anstoß zum Kampfe und behalten während des Kampfes das Übergewicht. Als treuer und gehorsamer Sohn seiner Kirche ist Maximilian trotz seiner Friedensliebe einer von jenen geworden, welche die Fackel zum Brande des großen Krieges anlegten. Selbst seine anfängliche Zurückhaltung in deu konfessionellen Streitigkeiten im Reiche ist zum guten Teil durch das religiöse Motiv zu erklären, daß ihm die Abwehr der mohammedanischen Türken noch wichtiger und vordringlicher erscheint als die der Protestanten. Dann aber gibt er durch sein Eingreifen zum Schutze der katholischen Einrichtung der Prozessionen in Donauwörth das Signal zum Zusammenschlüsse der Protestanten in einem Bündnisse. Der katholische Gegenbund, der dessen natürliche Wirkung i]t, wird von ihm ins Leben gerufen und geleitet. Er rät dem Kaifer Matthias davon ab in Böhmen religiöse Zugeständnisse zu machen, zu beuert sich dieser in seiner Notlage einen Augenblick fast gezwungen sieht und die den Ausbruch des Krieges wahrscheinlich verhindert hätten. Er selbst, der jede Einmischung in die inneren Wirren Österreichs vordem so entschieden ablehnte, hätte dann in den böhmischen Krieg nicht eingegriffen, Hütte es nicht gegolten dem gut katholischen Kaiser zu helfen, den kalvinischen Fürsten zu vertreiben, der Gefahr einer protestantischen Mehrheit im Kursürsteurate und damit der Möglichkeit einer protestantischen Kaiserwahl für die Zukunft vorzubeugen. Auch die ehrgeizigen Ziele, die er dabei sogleich ins Auge faßt, sind nicht frei vou religiöser Färbung: die Kur und die pfälzischen Lande als Preise davonzutragen erscheint als Gewissenspflicht, da die katholische Mehrheit im Kurfürstenrate gesichert und die pfälzische Bevölkerung dem Katholizismus zurückgewonnen werden foll. Als endlich die Ohnmacht der besiegten Protestanten dem Kriege ein Ende zu bereiten scheint, dringt Maximilian darauf, daß als Siegespreis die Zurückstellung der säkularisierten Stifter und Güter an die katholische Kirche gefordert und durchgeführt werde — und sieht sich nun gezwungen auch den Kampf mit Gustav Adolf aufzunehmen, der nicht nur als politischer Rivale Habsburgs um die Ostseeherrschaft sondern auch als Schirmer und Befreier feiner bedrängten Glaubensfreunde in Deutschland landet. Da die Religion unvergleichlich höher steht als die Nationalität, 2) Geschichte Bayerns, V. Band, S. 673 ff. Gotha 1903, A. Perthes.

4. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 595

1906 - München : Oldenbourg
125. Vormarsch gegen die Loire. 595 und Mitteln sich neu organisieren, weil Frankreich eben ein alter, zentralisierter Staat mit einer gleichmäßig über seine Territorien verteilten Kultur und — folgerichtig in diesem Falle — Kriegsmitteln war. Südfrankreich kann z. B. noch beträchtliche Streitfrage aufstellen und erheblichen Widerstand leisten, wenn ganz Nordsrankreich, Paris eingeschlossen, unterworfen sein sollte. Die Gründe hiesür sind recht mannigfaltig, zustatten kommt Frankreich hiebei seine maritime Machtstellung und Lage, seine Rücken- und Flankensicherheit sowie für die Organisation des Widerstandes die Möglichkeit einer Verteidigung nach großen strategischen Abschnitten. Der Krieg an der Loire bedeutete für die Deutschen gewissermaßen einen neuen, zweiten Krieg und dieser zweite Teil des ganzen Feldzuges ist dadurch besonders eigentümlich, daß die Ungewißheit über Stärke und Absichten des Gegners etwas lange vorhielt, daß man die Anstrengungen der Republik anfangs unterschätzte, seit Conlmiers an manchen Stellen von Gewicht überschätzte. 125. Vormarsch gegen die Loire. Einnahme von Orleans (11. Oktober). Der Tag von Conlmiers (9. November). Von Theodor Lindner.l) Als die eiserne Sperrkette um Paris ihre Glieder schloß, besaß Frankreich an Trnppen nur eine unvollständige Division bei Bonrges, einige Abteilungen im Osten und Scharen bretonischer Mobilgarden im Westen. Durch das Land, soweit es von den Deutschen berührt war, ging ein ziemlich allgemeiner, wenn auch zerstreuter Widerstand, der nicht unbeachtet bleiben durste. Ihn hatte schon die kaiserliche Regierung hervorgerufen und die Republik sofort nach besten Kräften bestärkt und verstärkt. Die Behörden verteilten Waffen, soweit sie nicht schon vorhanden waren, um allenthalben Scharen von unregelmäßigen Kämpfern auszurüsten. Diese nannten sich Franktireurs, Freischützen oder Freischärler und führten neben den in die Mobilgarde und in die Marfchregimenter gestellten Mannschaften den Krieg ans ihr eigenes Glück und Wagen, freilich für nicht geringen Sold. Die meisten trugen eine Kleidung, die sie als Miliz kennzeichnete, kurze, schwarze Blusen, Pluderhosen mit roten Streifen und farbige Schärpen und vereinigten sich zu geschlossenen Hansen. Ihr Zweck war der kleine, der Guerillakrieg. Sie umschwärmten die Deutschen auf den Märschen und schnitten Zurückgebliebene ab, suchten kleine Abteilungen oder Wagenkolonnen zu überfallen, kurz, taten Abbruch, wo es ging. Meist der Gegend genau kundig, mit der A) „Der Krieg gegen Frankreich", S. 102 ff. Berlin 1895, Asher. 38*

5. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 599

1906 - München : Oldenbourg
125 Einnahme von Orleans. 599 Der Krieg, der vielen schon fast beendet schien, trat in völlig neue Verhältnisse ein und verlängerte sich ins Ungewisse. Wieder nahm er einen dramatischen Zug an, der seit Metz und Sedan geschwunden war, die Entwickelung erregte aufs nene erwartungsvolle Spannung. Ganz Europa, dessen Völker die unerhörten Siege der bisher gering geachteten Deutschen nicht ohne einige Mißgunst gesehen hatten, verfolgte mit höchstem Interesse den wiederbelebten Wasfengang. ■V V X f~i 0 N!\! Bayerische Artillerie im Kampfe bei (Eoulmiers. Da der Feind über die Loire bis nach Salbris gewichen war, beschränkte sich Tann bei der geringen Zahl seiner Truppen darauf den Flußabschnitt bei Orleans zu halten, während die 22. Division und die 4. Kavalleriedivision die zahlreichen Freischaren im Nordwesten vertreiben sollten. Am 18. Oktober fanden sie die offene Stadt Chateau dun durch Barrikaden verschlossen und von Franktireurs, denen sich die Einwohner kämpfend zugesellten, hartnäckig verteidigt. Die Division stürmte die in Brand geschossene Stadt noch spät abends in gräßlichem Handgemenge; Chäteaudun, großenteils ein rauchender Schutthaufen, büßte mit fast völligem Ruin. Durch sein grausiges Schicksal gewarnt, ergab sich am 21. Chartres, wo den regulären Truppen Abzug gewährt wurde. Der von Gambetta ernannte neue Oberbefehlshaber, General d'aurelle de Paladines, der in kurzer Zeit durch Strenge und fleißige Übung seine

6. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 225

1906 - München : Oldenbourg
42. Charakterbild des Kurfürsten Maximilian I. 225 wenden sich die Protestanten zu ihrem Schutze gegen andersgläubige Volksgenossen unbedenklich an den fremden Glaubensgenossen. Zu spät entschließt sich der Bayernfürst zu gewissen Zugeständnissen — der schwere Fehler, der in der Überspannung der Ansprüche nach dem Siege lag, ist nicht wieder gnt-znmachen. Gegenüber der neuen politischen Gestaltung versagt der französische Rückhalt, den er sich vorsorglich für Notfälle sichern wollte: Richelieu wie feinem Nachfolger Mazarin liegt die Schädigung Habsbnrgs noch mehr am Herzen als der Schutz der katholischen Sache. Bayerns Ringen mit Frankreich ist der einzige Abschnitt des großen Krieges, in dem das religiöse Motiv nicht direkt wirksam war. Vorher aber war dem Kampse in keinem Lager der Charakter als Religionskrieg so stark aufgeprägt wie im bayerischen. Maximilians Hauptziele in der inneren Politik waren Erhaltung der Glaubenseinheit wenigstens in seinem eigenen Lande, da sie im Reiche nicht mehr möglich war, und eine religiös-sittliche Erziehung der Untertanen, wie sie deu Geboten seiner Religion entsprach; im Reiche: die Erhaltung der geistlichen Fürstentümer und ihres Besitzstandes und Sicherung des katholischen Charakters des Kaisertums auch für die Zukunft. Diese Ziele wurden nur teilweise erreicht und nur um den Preis eines mörderischen Bruderkrieges, der das eigene Land wie die ganze Nation dem tiefsten Elende preisgab. Und auf die Dauer ließ sich das Errungene doch nicht festhalten: mit ehernem Fuße über alles, was Maximilian anstrebte, hinwegschreitend hat die Zeit seine konfessionelle Politik als unfruchtbar verurteilt. Wie sein Anteil am Kriege überwiegend durch religiöse Gründe bestimmt ist, so wurzelt in seiner Religiosität auch seine Treue und ehrerbietige Unter-Ordnung gegen das Reichsoberhaupt. Gewiß war er gut deutsch gesinnt — oft genug hat er seiner Abneigung gegen das Vordringen des ausländischen, besonders spanischen Wesens in Deutschland lebhaften Ausdruck gegeben; entscheidender aber als seine nationale Gesinnung ward für sein Verhältnis zu Kaiser und Reich, daß ihm Gehorsam und Treue gegen diese von Gott gesetzten Ordnungen als religiöse Pflicht erschien. Der heilige Charakter des Reiches war es, was den sonst so klar Blickenden noch in den Zeiten des tiefsten Verfalles von dem „herrlichen Korpus des Römischen Reiches" sprechen ließ. Neben aller Ergebenheit gegen das katholische Reichsoberhaupt machten sich doch in seinem Verhältnis zu diesem auch sein starkes, leicht verletztes Selbstgefühl und seine hohe Auffassung von den Rechten der deutschen Fürsten nachdrücklich geltend. Johann von Werth hat an ihm außer seiner hohen Klugheit und anderen großen Tugenden gerühmt, daß er der einzige sei, der die Hoheit und Autorttät eines deutschen Fürsten gegen den Kaiser wie gegen männiglich zu „manntememt" wisse. In seinem Widerwillen gegen die habsburgische Unersättlichkeit und in seiner starken Betonung des fürstenaristokratischen Charakters des Reiches berührte sich der Retter der habsbnrgifchen Monarchie sogar einigermaßen mit dem habsburgfeindlichsten Publizisten, dem Kronseder, Lesebuch j\ur Geschichte Bayerns. 15

7. Länderkunde Europas: Mittel- und Westeuropa unter besonderer Berücksichtigung von Deutschland - S. 96

1909 - Berlin : Oldenbourg
96 Westeuropa. Großbritannien als Weltmacht. Durch die Entdeckung Amerikas wurde der Atlantische Ozean die wichtigste Verkehrsstraße und jetzt strebten die Briten nach der Seeherrschaft, namentlich unter der Regierung der Königin Elisabeth in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts. Sie verdrängten die Hansen, deren Seemacht keinerlei Unterstützung vom Deutschen Reiche genoß, und gründeten in allen Erdteilen Kolonien. Heute ist Großbritannien die erste Kolonialmacht der Erde. Sein überseeischer Besitz umfaßt 29 Mill. qkm mit 350 Mill. Einw. 3 mal die Größe Europas und nahezu dessen Einwohnerzahl). Die wichtigsten Kolonialgebiete Englands sind' Indien, der ganze Kontinent Australien, Britisch-Nordamerika und Britisch-Südafrika, endlich eine Menge von Inseln in allen Meeren, welche entweder Kolonialprodukte liefern, oder welche als Flottenstationen dienen und dadurch zur Beherrschung der Meere beitragen. Großbritannien besitzt ferner reiche Lager von Steinkohlen und Eisen. Zufolge seines gewaltigen Kolonialbesitzes und des starken Handels nimmt auch Englands Handelsflotte den ersten Rang ein. Sie ist mehr als viermal so groß als die deutsche. Dem Schutze der größten Handelsflotte dient die größte Kriegsflotte. Diese übertrifft die deutsche ebenfalls um das 4 fache. Großbritannien ist sonach die erste Kolonial-, Handels- und Seemacht der Erde. Verfassung. Der Verfassung nach ist das Vereinigte Königreich Großbritannien und Irland eine konstitutionelle Monarchie, in welcher indes der König oder die Königin geringe Herrscherrechte besitzen; fast alle Gewalt kommt dem Parlament zu, das aus dem Ober- und Unter häufe besteht. Die Krone ist in männlicher und weiblicher Linie des Herrscherhauses erblich.

8. Der moderne Geschichtsunterricht - S. 91

1900 - München : Oldenbourg
Die soziale und wirtschaftliche Seite der Kreuzzüge. 91 sozialen Verhältnisse des antiken Staatslebens von Grund aus umstürzte. Der Ausgang des mit allen staatlichen Machtmitteln rücksichtslos geführten Kampfes beweist aber für den, der Augen hat zu sehen, klar und deutlich, wie erfolglos ein Kampf des Polizeispiefses gegen Ideen ist. Trotz aller Umsturzgesetze sank das antike Leben' unrettbar in sich selbst zusammen. Auf und aus seinen Trümmern baute sich das Christentum eine neue Welt. b) Die soziale und wirtschaftliche Seite der Kreuzzüge. Dass die Kreuzzüge zunächst eine kirchlich-religiöse, also geistige Bewegung sind, ist klar. Um die Wende des 1. Jahrtausends glaubte man allgemein an das bevorstehende Weitende. Eine Stelle aus der Apokalypse, wo vom 1 ooojährigen Reiche, nach dessen Ablauf der Antichrist und das Weltgericht kommen werden, die Rede ist, gab dazu den Anlass. Nun geht es der Menschheit wie dem einzelnen Menschen; wenn es ans Sterben geht, wird auch der hartgesottene Sünder fromm; man weiss ja nicht recht, was hinter dem Vorhang ist; sicher ist sicher. Also fing das Abendland an, frömmer zu werden als bisher; die alte Weltfluchtsidee der Anachoreten und Augustins kam wieder in Mode und zeigte sich in der zunehmenden Zahl der Ordensgründungen strengerer und strengster Observanz. Die cluniacensische Bewegung, der Gottesfriede (treuga dei) haben hier ihre Ursache. Besonders der letztere schädigte aber die Ritter sehr. Die Unterbrechung der Fehdezeit von Mittwoch abend bis Montag früh machte natürlich die meisten Fehden unmöglich. Davon lebten sie aber grösstenteils, indem sie für die Aussicht auf Beute und eventuell zu erwerbenden Grundbesitz ihren tapferen Arm vermieteten. Dazu kam noch etwas Anderes. Infolge der allmählich sich entwickelnden Geldwirtschaft, die den Wert der landwirtschaftlichen Produkte naturgemäss herabdrückte, verringerte sich die Rente landwirtschaftlicher Betriebe ohnehin. Umgekehrt stieg der Luxus des verfeinerten Rittertums (siehe kulturgeschichtliche Bemerkungen z. B. im Nibelungenliede !) und stellte an die kleiner werdenden Geldmittel grössere Anforderungen. Was sollten also die Ritter thun ? Da eröffnete sich ihnen nun in den Kreuzzügen ein ebenso willkommener Abzugskanal für überschüssige Kräfte, wie früher unter den Ottonen in der gewaltsamen Kolonisation des slavischen Ostens. Also »auf nach Jerusalem U Das war die Losung der notleidenden Agrarier.

9. Der moderne Geschichtsunterricht - S. 156

1900 - München : Oldenbourg
156 Religiöse Fragen. letztere fällt die erstere in sich selbst zusammen. Diese Dogmen kann man aber nicht alle mit der Vernunft ergründen, auch nicht mathematisch beweisen; deswegen sind es eben Glaubenssätze. Würde der Mensch die Geheimnisse der Religion so ohne weiteres ergründen können, so würde seine Scheu und Ehrfurcht vor ihr kaum gesteigert werden. Das verschleierte Bild zu Sa'i's wirkt und reizt, das enthüllte würde auf die Dauer jedenfalls weniger wirken und reizen. Also nochmals, Dogmen muss es geben. Haben wir aber Dogmen , so haben wir auch Konfessionen. Bis hierher wäre das alles sehr schön und ideal, wenn nicht Dogmen und Konfessionen naturgemäfs den Grundsatz der Ausschliesslichkeit in sich trügen. Wer aber von der Wahrheit seines Glaubens überzeugt ist, kann unmöglich einem anderen Glauben logische und ethische Gleichberechtigung zuerkennen. Weil aber der subjektiv richtige Glaube nach der festen Überzeugung des Gläubigen die conditio- sine qua non für die ewige Seligkeit, also für den Haupt-, ja ausschliesslichen Zweck des irdischen Daseins bildet, so folgt naturgemäfs, dass er Andersgläubige in der besten Absicht zu bekehren sucht. Da aber Menschen keine Engel sind, so geht dies nicht immer auf friedliche und liebevolle Weise vor sich, und damit sind wir bei einer sehr bedenklichen Konsequenz angelangt. Die bisher sogenannten Religions- und Konfessionskriege, die thatsächlichen Ketzer- und Hexenverbrennungen sind geschichtliche Erscheinungen, vor denen die Humanität ihr Haupt verhüllt. Wenn das Wort Christi wahr ist: »An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen«, so möchte man fast verzweifelt das Haupt schütteln und ausrufen : »Herr, so das geschieht am grünen Holze, was soll am dürren iv er den ?« Aber hier eröffnet sich für den wirklich modernen Geschichtsunterricht, der sich mit keiner Partei oder Konfession identifiziert, eine ernste, ja heilige Pflicht, nämlich aufzuräumen mit der bisherigen unwahren und ungerechten Geschichtsdarstellung (wenigstens in den meisten Lehrbüchern). Eigentliche Religions- oder Konfessionskriege gibt es fast gar keine, oder wenigstens sehr wenige. Was man bisher dafür hielt oder richtiger ausgab, waren Bewegungen mit meist ganz anderen Zwecken und Absichten, bei denen man aber die Religion oder Konfession als Mantel und Aushängeschild vorschützte. Der Dreissig-jährige Krieg war in erster Linie ein Kampf der Territorialmächte gegen die kaiserliche Zentralgewalt, und gerade unsere

10. Der moderne Geschichtsunterricht - S. 44

1900 - München : Oldenbourg
44 Stoffauswahl und Gedankengang. Burgen u. s. w. Hebung der Bedeutung der Städte und damit des Bürgerstandes auf Kosten des Ritterstandes. Stehende Heere und ihre Bedeutung für die Territorialmacht. Überseeische Entdeckungen. Bereicherung der Wissenschaft, besonders der Geographie, Ethnographie u. s. w. Besonders wichtig die wirtschaftlichen Folgen; z. B. die neuentdeckten Länder bieten Platz für die überschüssige Bevölkerung der alten Welt (Amerika), liefern neue, billige Rohprodukte, sind bereitwillige Abnehmer der europäischen Industrieprodukte (Indien mit seiner zahlreichen Bevölkerung), bewirken damit — neben anderen Ursachen natürlich (Maschinen) — einen grossen Aufschwung der europäischen Industrie. Der Geldwert sinkt, zum Teil durch die reiche Gold-und Silberproduktion der neuentdeckten Länder. Hauptschauplatz für den Handel ist nicht mehr das Mittelmeer, sondern der Atlantische Ozean; der alte Weltverkehrsweg (Indien, Syrien-Ägypten, Italien, Rheingebiet, England) weniger bedeutend (gewinnt in aller-neuester Zeit wieder durch den Suezkanal). Hauptrolle im Welthandel geht nacheinander über auf Spanier und Portugiesen, Franzosen, Holländer, Engländer. Max I. Der letzte Ritter, halb noch im Mittelalter stehend (ritterlich-romantisch, Sagen, Dichtungen), halb in der Neuzeit (Freund der Städte, Künste u. s. w.). — Reichsreform, vereitelt durch die bereits zu sehr erstarkte Territorialmacht. Besonders die Rechtspflege und Finanzwirtschaft, in erster Linie aber das Militärwesen werden allmählich der Zentralgewalt von den Fürsten ganz entwunden ; deshalb grosse Hausmacht immer unentbehrlicher für die Kaiser; damit hängt zusammen die Heiratspolitik der Habsburger, sehr bedenklich, weil dadurch ein Konglomerat von Staaten und Nationen zusammenkommt, die weder geographisch, noch ethnographisch, noch politisch eine Einheit bilden können, noch auch Ideen- und Interessengemeinschaft haben (so ist z. B. das Kolossalreich Karls v., in dem bekanntlich »die Sonne nicht unterging«, ein Koloss mit thönernen Füssen, der dem kleinen, aber rücksichtslos energischen und schlauen Moriz Von Sachsen (Schmalkaldischer Krieg) gegenüber vollständig versagt. Sehr lehrreich dabei die Gegenüberstellung Brandenburg-Preussens mit seinem allmählichen Hineinwachsen in Deutschland (Blut und Eisen!) Bayern. Unselige Teilungen. Landshuter Erbfolgekrieg. Primogeniturgesetz (für die Machtstellung Bayerns im Reiche leider etwas zu spät). Pfalz.
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