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1. Bd. 6 - S. 214

1846 - Braunschweig : Westermann
214 Zweites Kap. Religion. Krieg dcr Hussiten, dann die einheimische Entzweiung derselben, die Unter- handlung mit den basier Vätern und die endliche Wiederaufnahme der ge- mäßigten Partei oder der Calixtiner in den Schooß der Kirche (durch die pragcr Kompaktaten [1433]), so wie die gewaltsame Unterdrückung der fanatischen Taboriten und Orphauiten, haben wir oben in der teutschen Historie erzählt. Reicher an allen Gräueln der Wuth, der un- menschlichsten Barbarei und der fanatischen Verrücktheit, als diese hussitischen Zeiten, sind keine andere in der Geschichte. Aber nach mühsam gelöschter Flamme glimmten unter der Asche die geheimen Funken fort, der Wieder- erweckung zu noch größerem Brande gewärtig. §. 8. Die Zeiten des Kirchen-Schisma. Dir kehren zum Concil von Kostniz zurück, als dem wichtigsten unter den kirchlichen Begebenheiten dieses Zeitraumes, hochmerkwürdig durch seine Anlässe wie durch seine Folgen und nicht minder durch was cs that, al» durch was es versäumte. Der Hauptanlaß seiner Versammlung war die große Kirchenspaltung, welche selbst eine Folge der Rückkehr des Papstes nach Rom gewesen. Wir haben der merkwürdigsten Päpste, welche in Avignon saßen, meist in der teu tsch en G cschicht e gedacht, zumal Io hann's Xxii. und Clemens Vi., der bitteren Feinde Ludwig's Iv. des Baiern. Dieselben Päpste fielen noch mehr als ihre Vorgänger durch Erpressungen aller Art den christlichen Völkern schwer. Das Vermögen der Privaten wurde durch erhöhte Taxen der römischen Kanzlei und durch vermehrte Anwendung der Zndulgentien, besonders aber durch den vielarmigen Ablaßhandel in die päpstlichen Kassen gebracht, während über die Kirchengüter insbesondere oder deren Nuznicßer eine oft wiederholte Besteuerung unter dem Namen der Annalen, Spolien, Reservationen, Provisionen, Exspektativen re. erging, ja Beneficien und Präbenden mit steigender Anmaßung zulezt förmlich verkauft wurden*). Jnnocentius Vi. (1382) und Urban V. (1362), welche auf Clemens Vi. folgten, waren in Grundsäzen und Sitten besser; doch änderten sie in den •) Johann Xxii. hinterließ einen Schaz von 18 Millionen Goldgulden, dazu andere Kostbarkeiten, 7 Millionen werth. Sein Haß gegen die Kranzl«kauer, die Prediger der Armuth, wird erklärbar dadurch.

2. Bd. 6 - S. 215

1846 - Braunschweig : Westermann
215 Zweites Kap. Religion. Hauptverhältnisscn wenig. Nach Urban bestieg Gregor Xi. (1370) den Stuhl, ein frommer und, wie es scheint, einfältiger Mann, der, was höhere Grünte längst vergebens forderten. Len Bitten zweier begeisterter Weiber ge- währte, die Rückkehr nach Nom. Katharina von Siena und Bri- gitta von Schweden, zwei berühmte Volksheilige jener Zeit (die eine Gönncrin der Dominikaner, die andere der Franziskaner), waren es, die durch himmlische Beweggründe solchen Entschluß bewirkten. Greg o rxi. kam nach Rom (1376). Nach seinem Tode wurden die im Conclave versammelten, meist fran- zösischen, Kardinäle durch eiuen Volks - Tumult gezwungen, ihm einen Italiener zum Nachfolger zu geben, auf daß der Siz des Papstthums nicht abermals nach Avignon käme. Zitternd thaten die Kardinäle den Willen des Volkes und wählten (9. April 1378) Barth olomäus von Prig na no, Erzbischof von Bari, zum Papste, unter dem Namen Urban's Vi. Der- selbe, anstatt durch kluge Mäßigung sein zweifelhaftes Recht zu befestigen, erhöhte den Haß der französischen Partei durch übermüthige Behandlung der Kardinäle, welche unwillig ihn erkoren hatten, und beleidigte die Königin von Neapel, Johanna I. (aus dem französischen Hause Anjou), durch feind- seligen Troz. Da entfernten sich viele Kardinäle von Nom, versammelten sich zu Fon di im Reiche Neapel, und wählten aus ihrer Mitte Robert Grafen von Genf, Bischof von Cambray, zum Papste (20. September 1378), die gezwungene Wahl Urban's Vi. vernichtend. Der Neugewählte nannte sich Clemens Vii. und ging nach Avignon. Bannflüche von beiden Seiten ertönten, die Christenheit ging in neun und dreißigjährige Spaltung. 8. 9. Fortsezung. Denn auch mit dem Tode der beiden Päpste*) endete sie nicht. Die Ansprüche der Verstorbenen wurden fortgcsezt durch beiderseits gewählte Nach- folger Also wurde an Urban's Vi. Stelle der stolze und habsüchtige Bonifacius Ix., für Clemens Vii. aber Peter von Luna, der sich Benedikt Xiii. nannte, gewählt, der Leztc zwar gegen die eidliche Zusage, das Papstthum niederzulegen, falls die Mehrheit der Kardinäle solches für nöthig erachten würde zur Wiederherstellung der kirchlichen Einigkeit. Aber ') Urban Vi. j- 1389, Oktober. Clemens Vii. f 1394, September. >

3. Bd. 6 - S. 216

1846 - Braunschweig : Westermann
216 Zweites Kap. Religion. nach seiner Erhöhung gedachte er der Zusage nur, um sic listig zu vereiteln oder ihr trozig entgegen zu handeln. Auch die römische Partei, welche nach Bonifacius Ix. Tode (1404) zuerst Jnnocentius Vii. und hieraus Gregor Xii. (1406) wählte, machte demselben zur Pflicht, der Papstwürde zu entsagen, falls der Kirchenfriede es fordere. Allein die Ge- neigtheit zur Erfüllung war gering, auch blieb schwer zu bestimmen, ob der Fall wirklich eingetreten und wie die gegenseitige Abdankung einzuleiten. Indessen wurden die Nationen mehr und mehr durch die Fortdauer der Spaltung betrübt, auch sehr fühlbar bedrückt, weil die gedoppelte päpstliche Hofhaltung, oder jede einzelne bei verringertem Gebiete, um die alte Pracht zu behaupten, eine doppelte Besteuerung heischte. Dabei riß große Verwir- rung im Kirchenregiment und beim Volke hier leidenschaftliche Parteiung, dort Gcringschäzung gegen Kirche und Religion ein. Denn wiewohl überhaupt nur Frankreich, Neapel, Savoyen und Spanien mit dem Papste zu Avignon, die übrigen europäischen Länder alle mit jenem zu Nom hielten; so fehlte es doch an Umtrieben und cinzcluen Entzweiungen in den meisten Nationalkirchen nicht. Auch die wechselnde Politik der Höfe machte die Verhältnisse schwankend, und durch die gegenseitigen Schmähungen der beiden Päpste und ihrer Anhänger wurden zum Aergerniß der frommen Gemeinden manche sonst verborgene Gebrechen oder tadelnswerthe Seiten des Papstthums kund. Daher vereinten sich frühe die Wohlgesinnten in dem Wunsche und in thätigen Bestrebungen zur Heilung so großen Uebels. Die französische Kirche zumal — deren Kardinäle freilich die Spaltung angefangen — bemühten sich schon unter Clemens Vii. um Wiederherstellung der Einigkeit. Drei Mittel wurden in Vorschlag gebracht: Freiwillige Abdankung beider Päpste, schieds- richterlicher Ausspruch, und Entscheidung eines Conciliums. Aber Clemens so wenig als sein Nachfolger war zu Nachgiebigkeit geneigt, und die römische Partei, auf das Uebergewicht des äußeren Rechtes pochend, verschmähte die Zumuthung eines Vergleiches. Zwar erklärten sich Benedikt Xih. (dessen Obedienz die französische Nation schon 1398 ans Betreiben der Universität Paris sich entzogen, doch bald daraufwieder unterworfen hatte) und Gregor Xu., den Schein der Persönlichkeit behauptend, zu einer Zusammenkunft bereit, um durch persönliche Verhandlung den Streit zu schlichten; aber gegen- seitiges Mißtrauen, wohl auch Falschheit der beiden Päpste vereitelte den

4. Bd. 6 - S. 217

1846 - Braunschweig : Westermann
217 Zweites Kap. Religion. Plan*). Da ermannte sich Frankreich —entrüstet über so viele Selbstsucht und Anmaßung und zumal durch Dcncdikt's unerhörte Erpressungen aufgebracht — zur Verwerfung beider Päbste. Ein allgemeines Concil sollte der Kirche ein rechtmäßiges Haupt geben. Also versammelte sich ein solches Concil zu Pisa (1409), welchem sofort die beiden Päpste jeder eine eigene Synode zu Perpignan und zu Udine entgegcnsczten. Aber die Väter von Pisa (wiewohl in Deutschland König Rupert sich wider dieselben erklärte, während der verlassene Wenzel von dem Concil als rechtmäßiger römischer König erkannt ward) sprachen die Ab- sczung Bcnedikt's und Gregor's aus, und erkoren an deren Stelle A l e x a n d e r V. (26. Juni). Rupert's Voraussagung, daß das Concil die Spaltung noch größer machen werde, ging nun — freilich meist durch seine eigene Schuld — in Erfüllung. Die Abgesehen behaupteten ihre Würde und cs waren jezt drei Päpste. Alexander, der gleich das folgende Jahr starb, erhielt zuni Nachfolger Johann Xxiii. (Balthasar Cossa), einen kühnen, geschickten, aber unsitt- lichen Mann (17. Mai 1410). §■ 10. Das Concil von Kostniz. Der Mangel an persönlicher Würde verschlimmerte die schwierige Lage dcs neuen Papstes. Er gab den Gegcnpäpsten eine willkommene Waffe und stärkte den Muth der weltlichen Feinde. Unter diesen war der gefährlichste der König Ladislaus von Neapel, welcher auf die Verwirrung Italiens und der Christenheit die Hoffnung eigener Größe baute. Er eroberte Nom mit dem größten Theile des Kirchenstaates und blickte verlangend nach der Herrschaft des ganzen Italiens, nach dem Kaiserthum, auch nach Ungarn, dem früheren Bcsizthum seines Hauses. Johann Xx1il, in so großer Bedrängnis', wurde von Kaiser Sigiömund vermocht, eine allgemeine Kirchenvcrsamm- lung nach Kostniz auszuschreiben (1413), wiewohl er lange damit gezaudert und zumal eine italische Stadt zum Size des Concils gewünscht hatte. Der erste November des folgenden 1414ten Jahrs ward für dessen Anfang bestimmt. Nach Kostniz richteten sich jezt die Blicke der gcsammten Christenheit *) Beiie - ikt fslm Iiberr Meer nach Savo na, Gregor zog zu Lcind nach Lncca; aber tann, wie Leonh. Nretinns, der im Gefolgegregor'- war. sich aiisdruckt: ,,Noster Unquam terrestre animal ad litus accedere , ille tanquam aquaticum a mari discedere recusabat.“

5. Bd. 6 - S. 218

1846 - Braunschweig : Westermann
218 Zweites Kap. Religion. mit sehnsuchtsvoller Erwartung. Durch die lange Verhandlung des großen Streites hatte die öffentliche Meinung sehr wichtige Ausschlüsse über das Wissen, hiernach auch Bestimmtheit des Wollens gewonnen. Einsichtsvolle, muthigc Männer, zumal Johann Gerson, Kanzler der Universität zu Paris, und Nikolaus Clemangis, Lehrer der Beredsamkeit daselbst, hatten durch gründliche und geistreiche Schriften Ideen in Umlauf gebracht, welche kräftig in's Leben traten: über das Wesen der Kirchcngewalt, über das Ver- hältniß des Papstthums zur gesammten Kirche, über daö tiefgehende Vcrdcrbniß beider und über die dringende Nothwendigkeit einer „Reform der Kirche in Haupt und Gliedern." Diese leztcn, dcutungsvollcn Worte waren die Losung aller Guten geworden, der Geist der Zeit forderte eine voll« ständige Abhilfe Das Concil begann. Eine zahlreiche, glänzende Versammlung der Kir- chcnhäupter und berühmtesten Lehrer aus allen Ländern Curopa's, nicht min- der ausgezeichnet durch die Gegenwart vieler Fürsten und Herren, auch des Kaisers und durch einen unermeßlichen Zusamemfluß des Volkes. Johann Xxiii. Selbst erschien in Kvstniz (28. Okt. 1414), nicht ohne Ahnung böser Dinge. Als er die ungünstige Stimmung des Conciliums wider seine Person erkannte und dagegen seine äußeren Verhältnisse durch den Tod des gefürchteten K. Ladislaus wesentlich gebessert sah; so bereute er den ge- thanen Schritt und bereitete sich, ihn möglichst unschädlich zu machen oder zurückzunehmen. Als man ihm die Bestätigung der Pi sän er - Schlüsse verweigerte, mehr noch, als man fcstsezte, daß die Stimmen auf dem Concil nicht einzeln, sondern nach den Nationen sollten gezählt werden*), und zugleich unverhohlen erklärte, eö würde zur gründlichen Herstellung des Kir- chcnfriedens und zur Bewirkung einer eingreifenden Reform zuvörderst die Ab- sezung aller drei Päpste heilsam seyn**); so beschloß er die Flucht und richtete sic in's Werk durch Uutcrstüzung des Herzogs Friedrich von Oestreich (20. März 1418). Die Entsagungsurkunde, die er kurz zuvor — mit »fr« *) Die Nationen waren außer der italischen, deren Mehrzahl an Personen sonach uiinnz ward, die teutsche, die französische und die englische. Die spanische kam erst später dazu. Die kleineren Kirchen, wie die skandinavischen, die po l»ischcn rc. wurden den Hauptkirchen beigesellt. **) Der Cardinal Peter von Ailly zumal war es, welcher (nächst dem Kanzler Gerson, seinem Schüler und Freund) solche Meinung mit Nachdruck aussprach.

6. Bd. 6 - S. 219

1846 - Braunschweig : Westermann
Zweites Kap. Religion. 210 Pcllter Bereitwilligkeit — unterzeichnet hatte, widerrief er jezo, hoffend, durch Unterstüzung seiner italischen Freunde, auch Burgunds und vielleicht Englands (als welches im Kriege wider Frankreich stand) seine Wurde zu retten. Aber das Concil, zumal crmuthigt durch Kaiser Sigismund, Verfolgte standhaft seinen Zweck; es kannte den Herzog Friedrich (welchen auch der Kaiser ächtete)*), und entsezte den Papst Johann seiner vielen Sün- den und Verbrechen willen des Papstthums. Derselbe war indessen von Schaffhausen, seiner ersten Zufluchtsstätte, nach Freiburg im Brcisgau geflohen, dann aber gefangen nach Radolfzell gebracht worden. Das Con- cilinm gab ihn in die gefängliche Haft des Kurfürsten von der Pfalz, aus welcher er 1418 entlassen und von Martin V. zum Kardinal-Bischof von Frascati ernannt ward, in welcher Eigenschaft er bald nachher starb. Von den beiten andern Päpsten hatte Gregor Xii. freifwillig seine Gewalt niedergelegt: Benedikt Xiii. aber, wiewohl Sigismund selbst die Reise nach Spanien unternahm, um ihn zu gleichem Entschlüsse zu bewegen, verharrte in seinem Widerstande und ward abgesezt durch den Spruch des Concilinms **). §. 11. Fortsezung. Nach also gehobener Spaltung schien kein Haupthinderniß mehr der ge- wünschten Reformation der Kirche in Haupt und Gliedern entgegen zu stehen. Die Kirche Selbst, in der Person ihrer versammelten Repräsentanten, mochte das Gcftz der Reform geben, ohne Einsprache eines etwa übelgesinnten oder wenigstens betheiligten Hauptes. Die teutsche Nation, und an ihrer Spize Kaiser Sigismund, auch die englische verlangten solches: aber die itali- sche, welcher bald die französische und spanische, ja endlich selbst die englische bcitratcn, protestirte gegen diesen vernunftgemäßen Plan und for- derte vor Allem die Erwählung eines neuen Papstes. Sonach wurde, unter einigen wenig bedeutenden Vorbehalten, allsogleich zur Wahl geschritten und der Kardinal Otto von Colonna als Martin V. auf den päpstlichen Stuhl erhöhet (11 Nov. 1417). Derselbe verkündete sofort seine Kanzlei- ') S. hievon die tentsche Geschichte. *) 26. Juli 1417. Er ¡vielte jedoch in seiner kleinen Obedienz Aragonien die päpstliche Rolle fort.

7. Bd. 6 - S. 220

1846 - Braunschweig : Westermann
220 Zweites Kap. Religion. regeln, welche in Geist und Inhalt wenig von jenen seiner Vorgänger ver- schieden waren, und hob nach einigen sehr unbefriedigenden Vcrwilligungcn und einzelnen Konkordaten, die nur auf fünf Jahre geschlossen wurden, die Kirchcnvcrsammlung auf (22. April 1418) nach deren 43stcr Sizung. Also waren die Hoffnungen der Guten vereitelt. Außer den früher ver- kündeten Grundsäzen, daß ein allgemeines Concilium über dem Papst, daher dieser den Erkenntnissen jenes unterworfen sey, und außer der am Schluffe des Concils gemachten Verordnung, daß nach fünf, dann nach sieben, dann je nach zehn Jahren wieder allgemeine Kirchenvcrsammlungen sollten gehalten werden, war nichts Wesentliches für die Reformation geschehen. Das allge- meine Interesse war gescheitert an dem bösen Willen mächtiger Einzelner. Ja es ward selbst die Berufung von dem Papst an eine allgemeine Kirchen- versammlung durch Martin V. und bestimmter durch Pius Ii. wieder verboten. §. 12. Das Concil zu Basel. Noch eine Aussicht öffnete sich den Wohldenkenden durch das, in Be- folgung der kostnizer Verordnung, nach Basel ausgeschriebene Concil, als welches, nachdem zwei frühere, die Martin V. nach Pavia (1423) und nach Siena ausgeschrieben, erfolglos sich getrennt hatten, unter günstigeren Auspicien zusammen trat (1431). Die fortdauernden Schrecken der Hussiteu forderten dringend eine durchgreifende Abhilfe, die nur ein Concil bewirken zu können schien; und das Verlangen einer kirchlichen Reformation in Haupt und Gliedern war so laut und so allgemein ertönt, daß selbst der päpstliche Legat, der Kardinal Julian Cesarini, derselben Nothwendigkeit erkannte. Daher, als Papst Eugen Iv., welcher nach Martin's V. Tode (f 20. Febr. 1431), den Stuhl bestiegen, die kaum eröffnete Kirchenversammlung wieder aufzuheben begehrte, eine andere in Bononien zu haltende dafür verheißend, das Concil einmüthig beschloß, versammelt zu bleiben, und seine Arbeiten fortzusezcn. Gestüzt auf die kostnizer Verordnungen von der Gewalt der Concilien über den Papst, behaupteten die basler Väter nach- drücklich und kühn ihr selbstständiges Recht, und daß Niemand befugt sey, ihre Versammlung aufzuheben, zu verlegen oder zu verschieben, ohne ihre eigene Einwilligung; ja sic forderten den Papst zur persönlichen Erscheinung auf, erklärten ihn, bei fortwährender Weigerung als einen „Hartnäckigen", und bedrohten ihn mit Suspensation, ja Absczung

8. Bd. 6 - S. 221

1846 - Braunschweig : Westermann
Zweites Kap. Religion. 221 Nach langen Verhandlungen und erschöpften Hilfsmitteln italischer List, erkannte endlich der selbst in Nom durch einheimische Feinde bedrängte Papst die Rechtmässigkeit der Kirchenverflrmmlung nach der von derselben vorge- schriebenen Formel an (1434); worauf seine Legaten ohne Widerspruch den Vorsiz in der Dcrsamnilung nahmen. Schon früher hatten die basier Väter den größten Theil der Hussiten durch die Prager Kompaktatcn (1433, s. o. S. 214) beschwichtigt, wodurch endlich Teutsch land zum Frieden und Sigismund zum böhmischen Throne gelangte. Aber die Einigkeit des Concils mit dem Papste war von kurzer Dauer. Was Königen, die nach Uneingeschränkthcit streben, eine Versammlung freier Reichöstände, dasselbe ist natürlich dem Papste ein allgemeines Concil: ein Gegenstand des Mißtrauens und der Besorgniß, und ob ein Nothmittel in Zeiten der Bcdrängniß und mitunter anerkannt — freilich nur von den vor- trefflichsten der Fürsten — als ihnen natürlich befreundet, als vielfach hilfreich und zuverlässig, doch der Regel nach denselben verdächtig und verhaßt. Und gleichwie eine Versammlung allgemeiner Reichsstände natürlich freigesinntcr ist, als eine der Notablen: also nahm das Concil von Basel, worauf neben den Bischöfen eine große Zahl von gemeinen Priestern und Doktoren mit entscheidender Stimme saß, einen freieren und höheren Schwung, als alle früheren, worauf Kirchenhäupter allein oder doch mit vorherrschendem Gewichte gesessen. Die basier Väter, ihren großen Zweck, Reform der Kirche in Haupt und Gliedern, mit stätem Blicke verfolgend, traten (mit der 21. Session (1436) und den folgenden) durch die Aufhebung der An- nalen, Palliengelder und Reservationen von Neuem wider Eugen in die Schranken, und bald wurde der Bruch so entschieden, daß der Papst rin anderes Concil nach Ferrara ausschrieb, jenes zu Basel aber in der 28. Session den Papst suspendirte (1. Oktober 1437). §. 13. Fortsezung. Folgen. Lange und wechsclvoll war die Fortführung Dieses großen Streitet Für das Concilium stritten das Recht der Sache und der durch die Ztce desselben erhöhte, begeisterte Muth der Väter, die gründliche Wissenschaft^ die glänzende Beredsamkeit ihrer Leiter und Wortführer *), die offenbare *) Unter welchen zumal der unverzagte Panormitanus (Nikolaus Tudcschi, Erzbischof von Palermo) berühmt ist.

9. Bd. 6 - S. 222

1846 - Braunschweig : Westermann
222 Zweites Kap. Religion. Wohlthätigkeit ihrer Beschlüsse, die laute Stimme der Nationen. Für den Papst waren die Künste einer schlauen Politik, die Trennung der Gemüther durch vielfach widerstreitende Privatintereffen, die Allianz, hier mit der schnö- den Selbstsucht, dort mit der Beschränktheit einzelner geistlicher oder welt- licher Häupter, der dreifachen Krone blendender Glanz und zu allem Dem noch eine besondere Gunst der Umstände, zumal der treffliche Vorwand, welchen die damals von den Griechen angebotene Wiedervereinigung zur Verlegung des Concils nach einer italischen Stadt gab, und dann der Ruhm, welchen das zu Ferrara und zu Florenz (1438, 1439) scheinbar vollbrachte Vercinigungswcrk (s. oben S. 147) dem Papste brachte. Also geschah, daß, nachdem mehrere Nationen *), insbesondere die teutsche, auf dem Konvent zu Frankfurt und Mainz (1439) die basier Dekrete, in sofern sie ihren Interessen zusagten, feierlich angenommen (nur mit einigem Vorbehalte wegen der dem römischen Stuhle zu gewährenden Provision oder nöthigen Beisteuer), die basler Väter aber den Papst seines unbeugsamen Widerstandes willen endlich förmlich entsezt**) und an dessen Stelle Amadäus, ehemals Herzog von Savoyen, unter dem Namen Felix V. gewählt hatten (5. November 1439), gleichwohl der größte Theil der Mächte Eugen fortwährend anerkannte, wenigstens neu- tral zwischen ihm und dem Concil sich erklärte; woraus der Papst in be- sonderen Unterhandlungen mit einzelnen Nationen sein Heil suchte, und zumal die teutsche — troz des von den Kurfürsten wider ihn geschlossenen Vereins — durch Aeneas Sylvius ***) unredliche Kunst und Kaiser Friedrich's Iii. engherzige Geneigtheit zur demüthigen Unterwerfung brachte. Eugen Selbst zwar empfing erst auf dem Todbette die Huldigung der *) Die französis cheration nahm die basler Dekrete auf der Versammlung zu B o u r ge» 1438 an, und erhob sie zur pragmatischen Sanktion. K. Franz I. in seinem Kon- kordat mit Papst Leo X. 1516 hob sie wieder auf. *") Sie erklärten ihn als „schismatisch, kczerisch, der Simonie und des Meineides schuldig, aller Würden und Ehren unwerth." Er dagegen schalt die Bäter: „Rasende Thoren, wilde Bestien", und nannte den Gegcnpapst einen „Hvllcnhund, ein güldenes Kalb, einen Mohammed und Antichrist." Was mußten die Wohlgesinnten dabei denken? — Aber in noch viel späterer» Zeiten treffen wir eine ähnliche Sprache an. Der Rost der Barbarei wich nur langsam der Verfeinerung. Piccolomini, K. Friedrichs Iii. Gcheimschrciber ehevor dem Concil ergeben, nachmals abtrünnig, als er glänzendere Aussichten ans der Gegenseite erkannte.

10. Bd. 6 - S. 223

1846 - Braunschweig : Westermann
223 Zweites Kap. Religion. Ncichögesandten (7. Februar 1447) und mußte zuvor die auf dem Kur- fürstcntag zu Frankfurt entworfenen Konkordate (die man die römischen nennt) unterzeichnen. Aber Nikolaus V., sein Nachfolger, brachte durch denselben Aeneas Sylvins die Entlastung jener (zwar unbefriedigenden und zweideutigen, doch immer erträglichen) römischen oder Fürsten- Konkordate mittelst der von K. Friedrich eigenmächtig geschlossenen, oder vielmehr hinterlistig eingeschwärzten, aschaffenburger oder wiener Konkordate zu Wege. Anstatt einer mäßigen Provision, welche in jenen bedungen worden, erhielt nunmehr der päpstliche Stuhl eine völlige Wiedererstattung der durch die basier Dekrete verlorenen Rechte, theils nach alter Uebung, theils im Aequivalent oder mit unwesentlicher Verände- rung, also daß die Annalen und andere Besteuerungen von Neuem be- stätigt, bei den Reservationen der Wechsel nach Monaten statt nach einzelnen Bcncficien eingeführt und überall statt der Aufhebung der alten Beschwerden blos einige Milderung erlangt ward. In solcher Lage der Dinge, und da nunmehr K. Friedrich dem basler Concilium Schnz und Geleit aufsagte; blieb demselben keine Hoffnung dcs Triumphes mehr. Es verlegte sich nach Lausanne, und nachdem auch Felix V., vermöge Vertrags mit Nico laus V., die Papstwürde (unter guten Bedingungen) niedergelegt hatte; so erklärten die Väter den Stuhl für erledigt, wählten Nikolaus V. zum Papste, und hoben ihre langgedauerte — nach Geist und Eifer edle und preiswürdige, ob auch mit Erfolg nicht gekrönte — Versammlung würdevoll aus (23. April 1449). Keine Hoffnung blieb jezt mehr zur friedlichen, gcsezmäßigcn Reform. Dem Geiste der Zeit war entschieden Troz geboten. Man erkannte ihn also gar nicht vom geistlichen Throne herab, oder vermaß sich in stolzer Verblendung, den ver- haßten zu ersticken. ... Er machte sich später gewaltsam Luft. §. 14. Von den späteren Päpsten. Von der Kirchenversammlung zu Basel bis zur Reformation Luther's 1'lieb die päpstliche Gewalt in der Hauptsache unangefochten. Die Bedrückun- gen der Nationalkirchen, die vielnamigcn Besteuerungen der Völker dauerten fort, und vermehrten sich. Zugleich ward die weltliche Herrschaft des Papste- durch glückliche Unternehmungen erweitert. Schon Martin V. hatte die
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