32
Deutschland.
Grenzgebieten mit vorwiegend polnisch sprechender Bevölkerung sind
jedoch die Städte meistens deutsche Gründungen, wie überhaupt
alle Kultur dem Lande durch die Deutschen gebracht wurde. Um das
Deutschtum der Ostmark zu stärken, ist ein großartiges Ansiedelung^
werk im Gange. Bisher wurden etwa 20000 deutsche Bauernsamilieu
neu augesiedelt.
An der West- und Nord grenze Deutschlands ist die fremd-
sprachige Greuzbevölkeruug viel weniger zahlreich als an der Ost-
grenze. In Elsaß-Lothringen gaben nur 200 000 Bewohner das
Französische und in Schleswig-Holstein 140000 das Dänische als
Muttersprache an.
Im Deutschen Reiche halten sich ferner fast 1 Mill. Ausländer
auf, während die Zahl der Deutschen im Auslande etwa 35 Mill.
beträgt. Zusammeu mit deu 60 Mill. Deutschen im Deutscheu Reiche
darf die Gesamtzahl aller Deutschredenden auf der Erde zu 95 Mill.
angenommen werden.
5. Die Staatenbilöung.
§11. Natürliche Einflüsse. Trotz einer großen Willkür läßt die
deutsche Staatenbildung auch starke natürliche Einflüsse der Land-
schastsränme erkennen. In deu beiden größten Flachlandschasteu,
im Norddeutscheu Tieflande und in der Süddeutschen Hochebene, sind
mich die beiden größten deutscheu Staaten, dort Preußen, hier Bayern
eutstauden. Mitteldeutschland mit seiner reichen Gliederung der
Oberfläche ist dagegen das Gebiet der deutschen Kleinstaaterei
geworden und geblieben. Als geographische Einheiten könneu
außer Preußeu und Bayern ferner Badeu, Elsaß-Lothringeu, die Rhein-
psalz, das Königreich Sachsen, die thüringischen Staaten als Gesamtheit
und Mecklenburg-Schweriu gedeutet werdeu. Dagegen sind Württemberg,
das durch deu Schwäbischen Jura in zwei Gebiete geteilt ist, Hessen,
das in zwei völlig verschiedene Gebiete zerrissen ist, die noch mehr
zerrissenen Staaten Braunschweig und Oldenburg und die meisten
thüringischen Staaten im einzelnen künstliche Staateugebilde.
Die Staaten des Deutschen Reiches. Der „ewige Bund" des
Deutschen Reiches umfaßt 26 deutsche Staaten. Diese haben zusam-
men eine Größe von 540000 qkm und zählten im Jahre 1910
65 Mill. E. (auf 1 qkm 120 E.). Davou waren */s Protestanten,
etwa 1/s Katholiken und 600000 Israeliten.
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land]]
TM Hauptwörter (100): [T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T44: [Sachsen Provinz Preußen Königreich Hannover Bayern Staat Hessen Baden Land], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T139: [Donau Rhein Main Tiefebene Teil Jura Alpen Tiefland Gebiet Fluß], T174: [Preußen Sachsen Hannover Holstein Provinz Königreich Staat Oldenburg Braunschweig Dänemark], T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß], T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land]]
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Nord Deutschlands Elsaß-Lothringen Schleswig-Holstein Deutscheu Norddeutscheu_Tieflande Elsaß-Lothringeu Sachsen Hessen Oldenburg
Das Europäische oder Kaukasische Weltwirtschaftsreich.
53
völlig in den Vordergrund. Namentlich die Fulbe, die früher als
Hirtenadel viele Völkerschaften beherrschten, haben die Verbreitung der
Viehzucht gefördert. Das Hauptgewicht wird auf die Rinder- und
Pferdezucht gelegt, in den Randsteppen der Wüste Sahara auch auf
die Kamelzucht. Der Betrieb der letzteren steht in engstem Zusammen-
hang mit dem Karawanenverkehr durch die Wüste. Im Kongogebiete
spielt die Viehzucht keine Rolle, dagegen liefert die Jagd auf Elefanten
das wertvolle Elfenbein. Von Bedeutung ist der Reichtum des riesigeil
Kongo und seiner riesigen Nebenflüsse an Fischen.
e) Der Bergbau. Auf das Vorkommen von Bodenreichtümern
hin sind die meisten Gebiete noch nicht genügend durchforscht worden;
der Mangel an Verkehrseinrichtnngen würde eine Ausbeutung derselben
auch meist unmöglich machen. Nur bei sehr reichen Funden können
diese Schwierigkeiten überwunden werden. Solche sind in dem südöst-
lichsten Teile vou Belgisch-Kongo, im Katangagebiet, gemacht worden.
Namentlich sehr reiche Kupfer-, Zinn-, Eisen- und Manganerz-
lag er wurden festgestellt, deren Ausbeutung in nächster Zeit, nach
Fertigstellung der nötigen Eisenbahnverbindungen beginnen soll. Auch
Gold und Platina kommt in diesem Gebiete vor. Als Bergbaugebiet
dürfte Kautauga bald eine große Bedeutung erlangen, namentlich sein
fabelhafter Reichtum an Kupfer auf dem Weltmarkte bald eine
große Rolle spieleu.
ä) Die Gewerbtätigkeit. Die Sudan Völker sind in den
Gewerben, da sie von N her dem Einfluß der höheren Kultur des
Islams ausgesetzt waren, viel weiter fortgefchritten als die Be-
wohner des Kongogebiets, die der riesige Urwald vom Völkerverkehr
abschloß. Besonders in der Töpfer-, Schmiede- und Webekunst
sind sie ziemlich erfahren. Durch die Einfuhr europäischer Waren
ist die Entwicklung der einheimischen Gewerbe meist zum Still-
stand gekommen. Da die Europäer, die zurzeit alle Gebiete des tropischen
Westafrika als Kolonien besitzen, die Landeserzeugnisse als Rohstoffe
zur Ausfuhr bringen, ist eine weitere Entwicklung der Gewerbtätigkeit
nicht zu erwarten.
e) Die Beteiligung am Welthandel. Zur Anknüpfung von
Handelsbeziehungen stand zwar eine lange Küste zur Verfügung.
Durch Urwälder, Gebirgsterraffen und durch die Stromschnellen aller
Flüsse und Ströme war aber der Zugang in das Innere Afrikas
so erschwert, daß gerade die reichen Gebiete des tropischen Westafrika
bis in die jüngste Zeit den Europäern fast unbekannt blieben (der Kongo
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner]]
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Das Ostasiatische oder Mongolische Weltwirtschaftsreich. 69
Lager meist sehr weit von der Küste entfernt sind. In jüngster Zeit
hat eine deutsche Gesellschaft den Kohlenbergbau im westlichen Schantung
begonnen (siehe Kiautschou). Japan liefert schon ziemlich viel Kohlen
und an Erzen besonders Kupfer. Sowohl Chiua als auch Japan
sind ferner reich an Kaolin oder Porzellanerde.
d) Die Gewerbtätigkeit. Der große Reichtum au gewerblichen
Rohstoffen im Besitze eines Volkes, das durch eiue alte Kultur und
lange Friedensarbeit einen starken Erwerbssinn ausgebildet hat, ließ in
China manche Gewerbe frühzeitig zu hoher Eutwickeluug gelaugeu.
Wie die Chinesen das Pulver erfanden, das sie aber zu Feuerwerks-
zwecken gebrauchten, so sind sie auch die Erfiuder des Porzellans,
Glases, Papiers, der Seidenweberei, des Buchdrucks mit beweg-
lichen Lettern. Sie leisten ferner Bedeutendes in der Elfenbein-,
Holz- und Steinfchnitzerei. Hauptsitz dieser und anderer Gewerbe
ist Canton, der Seiden- sowie der Baumwollweberei Nanking.
Durch schwache Herrscher und große Kriege ist aber die hohe Blüte der
Gewerbe vernichtet worden. In manchen Zweigen des Kunsthandwerks,
so der Lack-, Porzellan-, Bronze- und Email-Jndnstrie, sind
die Chinesen von ihren Schülern, den Japanern weit überholt worden.
Dnrch geschickte Nachahmung europäischer Fabrikationsweise und rastloses
Streben haben diese sich eine neuzeitliche Industrie gegründet.
Hauptsitz derselben, besonders derbaumwollspiuuerei und Teppich-
Weberei, ist Osaka. Erwähnt sei noch die Verwendung des Bam-
busrohrs zu unzähligen Gebrauchsgegenständen.
e) Die Beteiligung am Welthandel. Erst seit verhältnismäßig § 30.
kurzer Zeit hat Ostasien sich an den Welthandelsbeziehungen stärker
beteiligt. Durch seine Lage, seine großen Naturreichtümer und seine
große Bevölkerung ist es aber beruseu, ähnlich wie Europa ein großes
Weltwirtschaftsreich, das Ostafiatische oder Mongolische (vergl.
§ 28) wirtschaftlich zu beherrschen. Ob hierbei das Riesenreich
China oder das viel kleinere Jnselreich Japan, das einstweilen einen
bedeutenden Vorsprung hat, die Führerrolle übernehmen wird, läßt sich
noch nicht übersehen. Die Angliederuug Chinas an den neuzeitlichen
Welthandelsverkehr wurde sowohl durch die ablehnende Haltung des
chinesischen Volkes als auch durch die Natur des Landes gehemmt.
Dnrch ein mehrtausendjähriges Fernhalten fremder Einflüsse hatte sich
die hohe chinesische Kultur so eigenartig entsaltet und war so erstarrt,
daß alle fremden Neueruugeu in Haß abgewiesen wurden. Dieses
Verhalten des chinesischen Volkes wnrde begünstigt und im letzten
Grunde wohl auch hervorgerufen durch die schwere Zugäuglichkeit
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein]]
TM Hauptwörter (200): [T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T1: [Maschine Fabrik Herstellung Industrie Papier Leder Wolle Leinwand Fabrikation Art], T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T186: [Stadt Insel Hauptstadt Tunis Handel Afrika Land Hafen Küste Algier]]
Extrahierte Personennamen: Chiua
Extrahierte Ortsnamen: Japan Japan China Osaka Ostasien Europa China Japan Chinas
Die Menschenwelt,
145
Kolonien bieten noch andere Vorteile. Sie bilden einen sichern
Markt für industrielle Erzeugnisse des Mutterlandes.
Am wertvollsten sind in dieser Hinsicht besiedelungssühige Kolonien,
in denen sich ein gleiches Volkstum wie im Mutterlande entwickelt.
Manche Kolonien bilden ferner wichtige Stützpunkte für die Handels-
und Kriegsflotte.
3. Die Menschheit im allgemeinen und Hie
Gliederung des Menschengeschlechts.
Zahl der Erdenbewohner. Die Erde ist zur Zeit von fast 1600
Mill. Menschen bewohnt. Davon entfallen auf Asien etwa 850, auf
Europa fast 400, auf Afrika etwa 160, auf Amerika 145 und auf
Australien 7 Mill. Da die Landgebiete der Erde zusammen 144,5
Mill. qkm groß sind, wohnen auf 1 qkm durchschnittlich elf Menfchen.
Wären alle Länder so dicht bewohnt wie Deutschland, so würde die
Gesamtzahl der Menschen 9^1600 — 14400 Mill. betragen.
Heimat und Ausbreitung des Menschengeschlechts. Für die
Heimat des Menschengeschlechts hält man Asien. Von dort
konnten sich die Menschen leicht über alle Landgebiete der Erde verbreiten.
(Zeige dies!) Fast überall fanden sie andere Lebensverhältnisse, und
indem sie echte Kinder ihrer neuen Heimat wurden, nahmen sie bestimmte
Eigenschaften an. Sie wurden, trotz der bleibenden Übereinstimmung
in den Hauptmerkmalen, in Nebenmerkmalen sich sehr unähnlich, z. B.
in Schädelbau, Haut- und Gesichtsfarbe, im Haar usw., so daß man
sie in Rassen einteilen kann. Als die Erde schon ziemlich bevölkert
war, begegneten sich die Rassen; der Verkehr mischte sie immer mehr,
und fo entstanden zahlreiche Mischvölker.
Unterscheidungsmerkmale der Menschenrassen. Die Einteilung der Menschen
in Rassen kann geschehen:
a) nach der Farbe in 1. hellfarbige (Kaukasier), 2. gelbe (Mongolen),
3. schwärzliche (Neger), 4. rötlich-brauue (Rothäute) und 5. braune (Malaien)-
b) nach der Schädelgestalt in 1. Langköpse (Neger), 2. Mittelköpfe
(Kaukasier) und 3. Kurzköpse (Mongolen):
c) nach dem Gesichtswinkel, wobei die Europäer mit 85° am höchsten
stehen;
6) nach der Haarbildung, in 1. wollhaarige und zwar büschel-
haarige (Hottentotten) und vließhaarige (Neger, Kaffern), 2. schlichthaarige
und zwar straffhaarige (Mongolen, Australier) und lockenhaarige (Kaukasier);
ej nach der Sprache;
f) nach verschiedenen körperlichen und sprachlichen Kennzeichen.
Die drei Hauptrassen. Mau unterscheidet heute neun Menschen-
rassen, aus denen wieder drei große Gruppen gebildet werden können:
Kerp, Lehrbuch der Erdkunde, Ausgabe C Iii. 10
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
TM Hauptwörter (100): [T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T109: [Europa Asien Afrika Amerika Australien Insel Erdteil Land Zone Klima], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
Extrahierte Ortsnamen: Asien Europa Afrika Amerika Australien Deutschland Asien Schädelbau
368
Die deutschen Landschaften.
hängende Ortschaften. Im Baustile der Wohnhäuser tritt zwi-
schen den einzelnen Gegenden eine grosse Verschiedenheit hervor.
Drei Bauarten können unterschieden werden. Das südlich der Schlei
vorkommende holsteinische Bauernhaus ähnelt dem nie-
dersächsischen (s. S. 252 u. 253) und vereinigt wie dieses alle Gebäude
unter einem Dache. Nördlich der Schlei findet sich häufig
eine andere Bauart, bei der Stallungen und Scheune von dem meist
niedrigen Wohnhause getrennt sind und mit diesem den Hof-
raum umschliessen (ähnlich wie die fränkische Hofanlage). Letz-
teres enthält neben mehreren kleineren einen grössern Raum, der
den Namen Päsel führt. Wieder ganz verschieden ist die Anlage
eines Haubergs, wie ein grösserer Marschhof genannt wird.
Dessen Hauptbau ist ,,de Veerkant"; er liegt in der Mitte und dient
zur Unterbringung des Heus und Getreides. Um ihn herum liegen
noch 4 langgestreckte Vierecke, unter diesen das gewöhnlich nach
Süden gerichtete Wohnhaus, das ebenfalls den Namen Päsel
führt. Ein breiter Wassergraben umgiebt den Erdhügel, auf dem
der Marschhof errichtet ist.
Von den Städten hat Hamburg über 1/a Mill. E., Altona über 100 000 E.,
Kiel und Lübeck zählen mehr als 50 000 E., Flensburg .und Harburg mehr als
25 000 E. und nur im ganzen 11 Städte mehr als 10 000 E.
Die Bevölkerung setzt sich aus den nämlichen Volksstämmen
wie im Mündungsgebiete der Ems und Weser zusammen. Die Be-
wohner der Westküste und der friesischen Inseln sind Nachkommen
der Friesen (s. S. 253), fast die ganze übrige Bevölkernng ist nie-
dersächsisch nach Sprache und Sitte. Nur die Bewohner
einiger Marschgebiete an der Elbe sind anderer und zwar hol-
ländischer Abstammung; ihre säubern, in buntem Anstriche
prangenden, oft auch mit Schnitz werk reich gezierten Wohnhäuser
verraten dies schon. Ferner wohnen im nördlichen Grenzbezirke
der Landschaft Dänen. Dort herrscht auch die dänische Sprache vor.
Die Bewohner der meerumbrausten Landschaft sind von statt-
lichem Wüchse, die flachshaarigen und blauäugigen
Friesen insbesondere sehr hoch und schlank gewachsen. Alle
sind von einer grossen Anhänglichkeit an das engere
Vaterland beseelt, daneben sind sie aber auch, in hervorragen-
dem Masse die Bewohner der Hansastädte,fg'ute Deutsche.
3. Die* Betrachtung der staatlichen Verhält-
nisse in der Landschaft.
a. Die staatliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Gebiete.
Der grösste Teil der Landschaft bildet die preussische Pro-
vinz S c h 1 e s w i g - H o 1 s t e i n. Ausgeschlossen sind nur die Städte
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
TM Hauptwörter (100): [T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer]]
TM Hauptwörter (200): [T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T38: [Weser Elbe Hannover Land Stadt Lüneburg Leine Nordsee Aller Bremen], T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm]]
Extrahierte Ortsnamen: Marschhof Hamburg Altona Kiel Flensburg Harburg
102
Die deutschen Landschaften.
hat eine Einwohnerzahl von 2 917 754*). Von der Bevölkerung
gehören etwa 3/ö dem protestantischen und etwa 2/ö dem
katholischen Glaubensbekenntnisse an.
b. Die staatliche Ordnung und Einrichtung.
Die Schweiz ist eine Republik. Man nennt die Verfassung
eines Staates eine republikanische, wenn in ihm nicht ein Fürst,
der aus einem zur Thronfolge berechtigten Fürstenhause stammt,
die höchste Regierungsgewalt ausübt, sondern ein Präsident,
der auf eine bestimmte Zeit gewählt wird. In der Schweiz ge-
schieht dessen Wahl nicht unmittelbar durch das Volk, sondern er
wird aus der Mitte der Bundesversammlung bezeichnet und
zwar immer nur auf ein Jahr. Letztere wird zur Gesetzeslesung,
d. h. zur Beratung über den Erlass neuer oder über die Abände-
rung bestehender Gesetze einberufen. Sie besteht aus zwei
K a m m e r n , aus dem National rat und dem S t ä n d e r a t. In
ersterer sind die Schweizer Kan tone verhältnismässig, in
letzterer gleichmässig vertreten. Jedes Bundesgesetz muss ferner
der Volksabstimmung unterbreitet werden, wenn hierzu der
Antrag durch 30 000 Bürger oder acht Kantone gestellt wird. Die
Ausübung der Regierungsgewalt ist dem Bundesrat
übertragen. Dieser besteht aus sieben Mitgliedern, welche von
der Bundesversammlung auf je 3 Jahre gewählt werden. Den Vor-
sitz in ihm führt der Bundespräsident. Bundeshauptstadt
ist Bern.
Die republikanische Verfassung erklärt sich aus der geschicht-
lichen Entwicklung des Landes. In früherer Zeit zerfiel die Schweiz, wie das
übrige Deutschland, in viele kleine Herrschaften, sowohl weltliche als auch geist-
liche. Als die Habsburger in den Besitz der deutschen Kaiserkrone kamen,
suchten sie zur Vergrösserung ihrer Hausmacht auch schweizerische Gebiete zu
erwerben. Die kaiserlicheu Vögte stiessen aber in den drei um den Vierwald-
stätter See gelegenen, fast nur von Hirtenvölkern bewohnten Waldstätten Uri,
Schwyz und Unterwaiden auf grossen Widerstand. Zur Wahrung ihrer
Freiheit und ihrer alten Rechte schlössen letztere am 1. Aug. 1291 einen Bund.
Die Schweizer bemächtigten sich der in ihrem Lande erbauten Zwingburgen
(1308) und errangen bei Morgarten über das Heer Leopolds von Oesterreich
einen glänzenden Seeg. Dem Bunde der drei Waldstätten oder Urkan-
tone, der nach dem Ländchen Schwyz benannt wurde, schlössen sich noch
im 14. Jahrhundert 5 andere, nämlich Luzern, Zürich, Glarus, Zug und
B e r n an, so dass ihre Zahl jetzt 8 betrug (darunter 4 Länder und 4 Städte).
Bis zum Anfange des 16. Jahrhunderts vermehrte sich die Zahl auf 13, indem
noch Freiburg, Solothurn, Basel, Sc h äff hausen und Appenzell
hinzutraten. Sie bildeten die 'Eidgenossenschaft. Mit den später noch
hinzugekommenen, teils durch Krieg erworbenen, teils freiwillig zugetretenen
Gebieten zählt der Staat jetzt 22 Kantone, von welchen 15 eine vorwiegend
deutsch und 7, nämlich die westlichen, eine vorwiegend französisch redende Be-
völkerung haben. Im Jahre 1815 hatte er seinen jetzigen Umfang erreicht. Die
Verwaltung dieses schweizerischen Bundesstaates erwies sich als sehr schwierig,
*) Zählung vom Jahre 1888; nach einer Zusammenstellung kantonaler
Aufzeichnungen betrug sie am Ende des Jahres 1894 2 984 800.
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T44: [Alpen See Stadt Schweiz Italien Meer Berg Insel Fuß Inn], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T58: [Kloster Jahr Mönch Kirche Schweiz Bischof Abt Zürich Bonifatius Bern], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung]]
TM Hauptwörter (200): [T68: [Schweiz Zürich Kanton Bern See Stadt Genf Basel Schweizer Schwyz], T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat], T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen]]
150 Die deutschen Landschaften.
Das Bildungswesen : Unterriclitsanstalten.
Auf dem Gebiete der Wissenschaft hat Stuttgart eine
grosse Bedeutung als Mittelpunkt des süddeutschen Buch-
handels. Es ist zugleich Sitz einer technischen Hochschule
und gilt wegen seiner herrlichen Lage und seiner vielen Kunst-
bauten für eine der schönsten Städte Deutschlands. Universi-
tätsstädte in der Landschaft sind Tübingen am Neckar,
W ü r z b u r g am Main und Erlangen im Thale der Rednitz.
In Aschaffenburg am Main ist eine F orstlehranstalt
eingerichtet.
Rückblick auf frühere Kulturzeiten.
Die ältesten Kulturzeiten haben in der Landschaft nur
geringe Spuren hinterlassen. Wenige Funde weisen auf sie hin.
Die Römer hatten ihre Herrschaft nur über den südwest-
lichen Teil der Landschaft ausgebreitet, weshalb auch bloss
dieses Gebiet, also das Neckar gebiet, einst römisches
Kulturgepräge annahm, dessen Ueberreste sich noch viel-
fach vorfinden. Die Grenze der römischen Herrschaft bezeichnet
der schon früher (s. S. 124) erwähnte Grenz wall. Der ober-
germanische Teil desselben ging von Lorch, östlich von Stutt-
gart, zuerst etwa 80 km in gerader Linie über Berg und Thal nach
Norden bis vor Walldörn und zog sich von dort in mehreren
Krümmungen bis Miltenberg am Main, welcher Fluss nun 4g km
lang die Grenze bildete.
Zur Römerzeit war der grösste Teil der Landschaft von
den S u e V e n bewohnt, einem germanischen Volke, das wieder
in mehrere Stämme zerfiel. Sie drangen im 2. Jahrhundert weiter
zum Rheine vor und wurden jetzt meistens Allemannen ge-
nannt. Später nahmen sie aber wieder ihren alten Namen an, der
sich allmählich in das Wort „Schwaben" verwandelte. Wäh-
rend dieser Volksstamm nach Westen zum Rheine vordrang,
breitete sich ein anderer germanischer Volksstamm, der der Franken,
umgekehrt vom Rheine aus immer mehr im Ma in gebiet e aus.
Die Nachkommen der beiden Volksstämme bewohnen noch heute
die Landschaft.
Das Städteleben nahm in der Landschaft ebenso wie in
dem Gebiete südlich von der Donau einen grossen Aufschwung zu
der Zeit, als der de utschehandelinltalien den Anschluss
an den Welthandel fand. Die Stadt N ü r n b e r g war es be-
sonders, die im Mittelalter zu hoher Blüte gelangte und
mit Augsburg an Einfluss und Reichtum fast wetteiferte. Noch
heute erinnert es durch viele altertümliche Bauten, durch
seine Burg, seine schönen gotischen Kirchen, und seine erkerge-
schmückten Wohnhäuser an diese frühere Glanzzeit. Von den
andern Städten, wie Esslingen, Heilbronn, Reutlingen.
Nördlingen, Hall u. s. w., die damals zu Bedeutung gelangten,
TM Hauptwörter (50): [T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
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Extrahierte Personennamen: Grenz
Extrahierte Ortsnamen: Stuttgart Deutschlands Main Aschaffenburg_am_Main Lorch Miltenberg Main Rheine Rheine Rheine Donau Esslingen Heilbronn Reutlingen
334
Die deutschen Landschaften.
rung und namentlich die Ansiedelung der Deutschen in den Städten
stark bekämpft wurde. Trotzdem nahm die deutsche Bevöl-
kerung stetig zu. Sie hat sich in dem Gebiete der Warthe,
seitdem dieses als preussische Provinz ein deutsches Land gewor-
den ist, so vermehrt, dass sie gegenwärtig etwa die Hälfte aus-
macht. Unterstützt wird die deutsche Besiedelung des Landes
staatlicherseits durch die Ansiedelungskom mission, die grosse
polnische Güter ankauft, in kleinere Bauerngüter zerlegt und diese
dann an Ansiedler aus dem Süden und Westen Deutschlands wie-
der verkauft.
Kultureigentiimlichkeiten: Art der Besiedelung und Bauart
der Wohnungen, Abstammung und Sprache der Bewohner,
ihre körperlichen und geistigen Eigenschaften.
Die Dörfer haben sich wie in Schlesien und Brandenburg
vielfach um die Gutshöfe angesiedelt. Grössere Städte sind
selten ; dagegen trifft man kleine Ackerbaustädte häufig an.
Unter den Städten zählt nur Posen mehr als. 50 Öoü E. und Bromberg
mehr als 25 000 E., und nur 8 Stàdie im ganzen haben mehr als 10 000 E.
Das Kulturgepräge des Slaventums hat sich in der
Landschaft noch ziemlich erhalten. Das Eindringen des deutschen
Volks wesens wird aber erleichtert durch die geringere wirt-
schaftliche Tüchtigkeit der polnischen Bevölkerung. Nachlässig-
keit, Hang zum Nichtsthun, sowie zur Verschwendung
und vielfach auch zum Trünke sind die schlechten Züge des
polnischen Volkscharakters. „P o 1 n i s c h e W i r t s c ha f t"
ist eine sprichwörtliche Bezeichnung für nachlässigen Geschäftsbe-
trieb. Die armseligen Dörfer mit ihren kleinen Lehmhütten, wie wir
sie in den rein polnischen Gegenden fast durchweg antreffen, geben
Zeugniss von der herrschenden, zum teil selbst verschuldeten Ar-
mut der Bevölkerung. Anderseits haben die Polen auch manche
rühmenswerte Eigenschaften. Aus ihrem grossen National-
stolze ist die Zähigkeit zu erklären, mit der sie als unterjochtes
Volk an ihrer Sprache festhalten und ihr ganzes Volkswesen zu
retten suchen. Im Verkehr zeigt sich der Pole liebenswürdig
und gastfreundlich. Sein Geist ist lebhaft und bekundet
eine schnelle Auffassungsgabe. Auch in körperlicher
Hinsicht ist der polnische Volksstamm als ein schöner zu be-
zeichnen. Auf die ärmern Volksschichten wirken aber die schlechten
Wohnungs- und Ernährungsverhältnisse schädlich ein.
3. Betrachtung der staatlichen Verhältnisse
in der Landschaft.
a. Die staatliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Gebiete.
An der Landschaft hat nur Preussen Anteil. Das Gebiet
der Warthe bildet die Provinz Posen. Diese grenzt im Norden
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser]]
TM Hauptwörter (100): [T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T78: [Polen Rußland Preußen Land Orden Russe Stadt Reich Warschau Weichsel], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T130: [Elbe Stadt Sachsen Provinz Saale Kreis Schlesien Elster Neiße Magdeburg], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König], T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land]]
390
Die Balkanhalbinsel.
war der ganze Osten der Halbinsel von Slaven überflutet. Ums
Jahr 500 folgten den Slaven die Bulgaren, ein finnisch-tatarisches
Reitervolk, das von der Wolga kam. Sie schweiften unruhig um-
her und Hessen sich erst 679 im untern Donaulande fest nieder.
Gleich nach ihnen fluteten wieder Slavenvölker in die Halbinsel
hinein. So' stark wuchs der slavische Einfluss, dass auch die
Bulgaren eine slavische Sprache annahmen. Allmählich be-
kehrten sie sicli auch zum Christentume. Im 13. Jahrhundert
erstreckte sich ihr Reich bis nach Philippopel. Vor dem Anstürme
der Slaven und Bulgaren wichen die Thraker aus ; ihre Reste
flüchteten in die Gebirge. Die Namen der thrakischen Stämme
aber verschwanden völlig. Um die Mitte des 14. Jahrhunderts
erschienen die Türken am Hellespont. 1353 gelang ihnen der
Ubergang. Ihren Eroberungszug vermochte kein Volk der Halb-
insel aufzuhalten. 1430 fiel Saloniki und 1453 Konstant in o pel,
die alte Stätte der Kunst und Wissenschaft, die das Erbe von
Athen angetreten hatte, in ihre Hände. Die berühmte Sophien-
kirche in Konstantinopel wurde in eine Moschee umgewandelt, und
eine Schar von Gelehrten flüchtete mit ihren wertvollen Schriften
nach Italien, dort den Humanismus und die Renaissance, die Wieder-
geburt der Kunst, hervorrufend. Das ganze Abendland zog Nutzen
aus dieser Flucht der christlichen Bildung vor dem Halbmond.
Die Illyrier im Nw der Balkanhalbinsel wurden ebenfalls
von slavischen Völkern und zwar von den Serben, verdrängt. Sie
wichen in die unzugänglichen Gebirge, wo ihre Nachkommen, die
Albanesen oder Arnauten, noch heute wohnen. Die Serben,
die im 9. Jahrhundert unter eine Herrschaft kamen, aber bildeten
ein mächtiges Reich, und der grossserbische König Stephan
Dus eli an eroberte die Länder bis zum Ägäischen Meere hin. Doch
auch ihr Land wurde von den Türken unterworfen und erst in
jüngster Zeit wieder frei.
Schauen wir endlich hinüber nach Griechenland. Die
günstigen Vorbedingungen für ein reiches Kulturleben
wurden frühzeitig wirksam. Anbau, Gewerbe und Handel blühten
und brachten Wohlstand. Ein Hauptsitz der Kunst und Wissen-
schaft wurde Athen. Seine Glanzzeit erlebte es unter Perikles,
um das Jahr 430 v. Chr., zu einer Zeit, wo es längst aus den
nötigsten Lebenssorgen herausgetreten war. Die Stadt wurde mit
grossartigen und prächtigen Kunstbauten geschmückt, und viele
grosse Männer lebten in ihr. Wie eine helle Morgenröte strahlten
griechische Kunst und Wissenschaft von Athen und andern Städten
über die Mittelmeerländer und später auch über Westeuropa, überall
den Menschengeist wie aus einer dunkeln Nacht zum Leben weckend.
Doch nach dem hellen Tage, der nun andern Ländern und Völkern
leuchtet, wurde es wieder dunkle Nacht. Nur noch in den Trümmern
können wir die Werke, die griechische Künstler geschaffen haben,
bewundern als das Schönste, was bisher der Menschenhand gelungen
ist. Auch über Griechenland brauste, nach einer Zeit der
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Geistesleben, Bildungswesen und Religion.
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Auf vielen Gebieten des Geisteslebens haben die Italiener grosse Leistungen
zu verzeichnen. Nicola Pisano schuf die Plastik der Vorrenaissance,
während Donatello der eigentliche Begründer der Kunstblüte wurde, die
wir als Renaissance, als Wiedergeburt der alten Kunst, schätzen. Giotto
(spr. schotto), der Vater der florentinischen Malerei, Leonardo da Vinci
(spr. vintschi), der das berühmte Abendmahlsbild malte, Michel Angelo,
sowie Raffael, der grösste Maler aller Zeiten, von dem auch das in Dresden
befindliche Bild der Sixtinischen Madonna stammt, und Tizian waren die
Hauptförderer der Malerei, und einige von diesen, wie Leonardo da Vinci,
Michel Angelo und Raffael zusammen mit Brunellesco und Bramante zu-
gleich hervorragende Baukünstler. Den italienischen Meistern verdanken
wir den Palaststil, der sich über die ganze Erde verbreitet hat. Sie
schufen ferner herrliche Vorbilder der kirchlichen Baukunst, als den herrlichsten
Bau die P e t e r ski r c h e in Rom, den Bramante begann, Raffael und andere
fortsetzten und Michel Angelo mit einer Kuppel schmückte, wie sie grossartiger
und schöner auf Erden nicht vorhanden ist. Auf dem Gebiete der Dicht-
kunst verdient, von den römischen Dichtern abgesehen, Dante genannt zu
werden, der der italienischen Sprache Form und festen Rahmen gegeben hat.
Er gehört zu den am tiefsten denkenden Dichtern, die es auf Erden gegeben hat.
Italien ist ferner das Heimatland der neuzeitlichen Musik und des Kunst-
gesanges. Endlich haben die Italiener sich grosse Verdienste um die Förde-
rung der Naturwissenschaften, der Völkerkunde und des Seewesens
erworben. Auf dem letztgenannten Gebiete wurden sie die Lehrmeister der
Spanier, Portugiesen, Holländer und Engländer.
Wie in der Vergangenheit Kunst und Wissenschaft mehr in
Mittel- und Norditalien als in Süditalien blühten, so ist dort, be-
sonders in Norditalien, auch die allgemeine Volksbildung stets eine
grössere als im übrigen Lande gewesen.
1871 betrug die Zahl der Analphabeten in Norditalien etwa 50, in Süd-
italien aber 80—90 % der Bevölkerung. Die Einführung des Schulzwanges hat
nur eine geringe Besserung gebracht, da 2/3 der schulpflichtigen Kinder den
Unterricht nicht besuchen.
Es bestehen 17 königliche und 4 freie Universitaten.
Beinahe die ganze Bevölkerung bekennt sich zur römisch-
katholischen Kirche, deren Oberhaupt, der Papst, im Vatikan
zu Rom seinen Sitz hat. Derselbe wird von dem Kollegium der
Kardinäle aus deren Mitte auf Lebenszeit gewählt.
12. Rückblick auf frühere Kulturzeiten.
In der Zeit, wo im Altertum das Dämmerlicht der römischen
Geschichte auftaucht, bewohnten den Boden Italiens vielerlei
Völkerschaften. Den Norden hatten gallische Stämme und
die Etrusker inne, im S hatten sich überall an der Küste grie-
chische Kolonisten festgesetzt, und in der Mitte sassen die
lateinischen Völker. Der im Gebiete der letztern entstandene
römische Staat erweiterte sich allmählich nicht bloss bis zu
den natürlichen Grenzen der Halbinsel, sondern schuf über diese
hinaus ein Weltreich, das alle Mittelmeerländer und das west-
liche Europa umfasste. In alle Länder ihres Machtkreises trugen die
Römer, nachdem sie selbst die Segnungen des griechischen Kultur-
lebens empfangen hatten, eine hohe geistige und materielle
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