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Inhalt Raum/Thema: Reformation
172 Die Reformation in andern Landern.
gier: von jenem Reiche losriß und i85o an dem Prinzen Leo-
pold von Coburg seinen eignen König erhielt.
§. 38.
Fortsetzung. Frankreich.
6. Frankreich hatte sich den Anmaßungen des Papstes
oft muthig entgegen gesetzt; Philipp der Schöne hatte sogar
inor dem übcrmüthigen Papste Vonifacius geschrieben:
„Eure Thorhcit soll wissen, daß ich Niemandem unterwor-
fen bin" und ihn endlich mit Schimpf ins Gefängniß brin-
gen lassen. Auch manche Gelehrte eiferten gegen die Miß-
bräuche in der herrschenden Kirche, aber sie richteten nichts
auch. Zur Zeit der Reformation regierte der König Franz,
ein einsichtsvoller und selbst nicht ungelehrter Fürst, den aber
sein Ehrgeiz unaufhörlich in Kriege verwickelte. Um den
Kaiser Karl V. zu demüthigen, schmeichelte er den Prote-
stanten in Deutschland und unterstützte sie auch wohl, aber
in seinem Reiche ließ er die Bekenner der Reformation ver-
folgen und hinrichten, weil er ebenfalls den Wahn hegte,
ihre Lehre führe zum Aufruhr. Viele flüchteten nach Na-
varra, wo sie von der Königin, Franzens Schwester, ge-
schützt wurden. Heinrich ll., sein Sohn, ein Cpielball der
Weiber und Mönche, sähe mit Lust der Verbrennung der
Ketzer zu. Zu seiner Zeit entstanden in Frankreich die zwei
Hauptparteien unter den Großen des Reichs: die Guisen,
Prinzen aus dem Hause Lothringen, mit ihren Anhängern
waren katholisch und galten am Hofe am meisten. Hingegen
die Prinzen von Bourbon, verwandt mit dem königlichen
Hause, bekannten sich mit ihren Freunden zur lutherischen,
nachher zur reformirten Kirche. Man nannte sie auch mit
einem Spottnamen Hugonottcn, nach der gewöhnlichen
Meinung von einem alten Könige Hugo, der zu Tours, an
einem abgelegenen Orte, wo die Protestanten ans Furcht
zur Nachtzeit Gottesdienst hielten, herumwandern und spu-
ken sollte, mit welchen Sagen man Kinder schreckte. Beide
Parteien rangen nun um die höchste weltliche Macht, wozu
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Extrahierte Personennamen: Philipp_der_Schöne Philipp Vonifacius Franz Franz Karl_V. Karl_V. Franzens Heinrich_ll. Heinrich Hugo
Extrahierte Ortsnamen: Coburg Frankreich Frankreich Deutschland Frankreich Lothringen
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174 Die Reformation in andern Ländern.
aus seinem Schlosse auf seine Unterthanen, die bei ihm Schutz
suchten. So rühmte sich ein Fleischer, mit eigner Hand i5o
Menschen getödtet zu haben, und dieses ganze Ereigniß, das
mau die Pariser Bluthochzeit nennt, gehört zu den größten
Abscheulichkeiten in der Geschichte. In Paris sollen auföooo,
im ganzen Reiche gegen 3o,ooo Menschen umgekommen seyn.
In Rom freuete man sich über diese Nachricht außerordent-
lich, es wurden die Kanonen abgefcucrt und ein großes Ju-
beljahr ausgeschrieben. Was würde wohl Christus zu sei-
nem angeblichen Statthalter gesagt haben? Doch fehlte cs
auch nicht an Besserdenkenden, welche die greuelvolle That
verabscheuten; selbst manche katholische Befehlshaber in den
Städten hatten den Muth, an den König zu schreiben, als
auch sie zu gleicher Grausamkeit aufgefordert wurden: Sie
waren bereit seinen Willen in Allem zu erfüllen, aber zu
Meuchelmördern ließen sie sich nicht gebrauchen. Es ent-
standen dennoch neue Kriege nach Karls Tode, der durch
schreckliche Bilder und Vorwürfe des Gewissens gequält die
Erde verließ, und es wurde unter Heinrich Iii. den wieder
mächtigen Protestanten fast unbeschränkte Religionsfreiheit
und selbst Antheil an weltlichen Acmtern zugestanden. Allein
dagegen errichteten die Katholiken einen Bund, den sie den
heiligen nannten, und der träge, ausschweifende König
mußte zu Heinrich von Navarra fliehen, wo er auch Bei-
stand fand, aber durch einen von dem heiligen Bund erkauf-
ten Mönch ermordet wurde; denn so lohnt häufig der blinde
Religionseifer den Mächtigen, wenn sie nicht nach seinem
Verlangen verfolgen und tödten. Nun kam Heinrich von
Navarra unter dem Namen Heinrich Iv. und durch ihn das
Haus Bourbon zur Regierung 1z09. Er hatte sich nach der
Bluthochzcit noch durch die Flucht retten müssen, und sah
sich jetzt genöthiget, sein Reich erst zu erobern, darr ein Ketzer
hieß, viele Große auf eigne Besitzungen dachten und Spa-
nien seine Gegner unterstützte. Jedoch Heinrich, ein wahr-
haft ausgezeichneter Mann, besiegte einen Theil durch Ta-
pferkeit, einen andern durch Klugheit, Güte und Großmuth.
Bekam er Unterthancn gefangen, so behandelte er sie mit
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Extrahierte Personennamen: Christus Karls Heinrich_Iii Heinrich Heinrich_von_Navarra Heinrich Heinrich_von
Navarra Heinrich Heinrich_Iv Heinrich Heinrich Heinrich
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Die Reformation in andern Ländern. 185
und die dortigen Katholiken suchten diese Meinung gern zu
verbreiten, wodurch aber sein Ansehen immer mehr litt. Es
kam zu einem schrecklichen Bürgerkriege. Karl wurde besiegt,
übergab sich den Schotten, aber diese überlieferten ihn den
Engländern; er wurde, von der Parteiwuth und Rachsucht
1649 enthauptet, starb aber heldenmüthig. In diesen Un-
ruhen bemächtigte sich ein Freund der Presbyterianer, Oli-
ver Cromwell, unter dem Namen eines Protektors oder Be-
schützers, der Regierung. Er hatte zur Hinrichtung des Kö-
nigs viel beigetragen, stellte jedoch durch seine Kraft und
Einsicht bald Ruhe und Ordnung her und brachte England
wieder in einen blühenden Zustand. Er erleichterte den alten
Waldensern, die in Savoyen und Piemont so verfolgt wurden,
ihr Schickfal. Unter ihm lebte der berühmte Dichter Milton,
der durch sein ausgezeichnetes Gedicht: das verlorne Para-
dies, wo er den Fall der ersten Eltern mit mancherlei anzie-
henden Ausschmückungen schildert, bekannt ist. Cromwell
starb 1658, oft schrecklich beunruhigt durch sein Gewissen
und durch Argwohn gegen alle Menschen, da man in shm nur
einen Unterdrücker der Freiheit sähe, und die vorige Regie-
rung noch genug Anhänger, er aber keinen wahren Freund,
nicht einmal die Liebe seiner Kinder hatte. Sein schwacher,
ruheliebender Sohn legte daher diese Würde nieder.
Karls I. Sohn, Karl Ii. wurde aus dem drückendsten
Elende auf den Thron gerufen, war aber ein träger, schwel-
gerischer Fürst und heimlich den Katholiken zugethan, doch
ohne eigentlich religiösen Sinn zu haben. Er stellte die bi-
schöffliche Verfassung in allen drei Reichen her, die Dissen-
ters verloren alle Rechte und wurden vielfach gekrankt, da
die Versuche, beide Parteien zu vereinigen, mißlangen. Sein
Sohn Jakob Ii. begünstigte die Katholiken weit mehr, unter-
warf sich dem Papste, zog Mönche und einen päpstlichen Ge-
sandten ins Land und handelte sehr unüberlegt. Da beriefen
1688 die Engländer Jakobs Schwiegersohn, den Prinzen
Wilhelm von Oranicn aus Holland zu ihrer Errettung. Er
wurde freudig empfangen; Jakob, von allen, selbst von
seinen zwei Töchtern verlassen, mußte nach Frankreich cnr-
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Cromwell Cromwell Karls_I. Karl_Ii Karl Jakob_Ii Jakobs_Schwiegersohn Wilhelm Jakob
Extrahierte Ortsnamen: England Savoyen Holland Frankreich
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man aber leider die Verschiedenheit des Glaubens mißbrauch-
te, und besonders die Katholiken, was bei ihrer Unwissenheit
leicht war, zur höchsten Wuth gegen Andersglaubende ent-
flammte. Die Hugenotten ließen sich viel gefallen, aber es kam
schon 1662 zu einem bürgerlichen Kriege, wo unter schrecklichen
Grausamkeiten bald die eine, bald die andre Partei siegte, bis
man doch endlich den Protestanten gewisse Rechte cinraumen
mußte. Indeß hielten auch hier die Katholiken den Ketzern
nur so lauge Wort, als sie es für gut fanden, und cs wurde
bald darauf der Prinz Conde, ein Anführer der Protestanten,
ermordet.
Nun nahmen die Guisen ihre Zuflucht zu einer schänd-
lichen List. Der schwache König Karl Ix. und seine abscheu-
liche Mutter Katharina lockten die Häupter der Protestan-
ten an den Hof, besonders den König von Navarra Heinrich
und seinen edeln tapfer« Admiral Coligny. Heinrich wurde
mit der Schwester des Königs vermahlt, und der ganze
protestantische Adel zu der Feierlichkeit eingeladen. Ver-
geblich warnte der weise Coligny; man traute jedoch dem
Hofe nicht die Schändlichkeit zu, welche erfolgte. Eines
Tages wird auf Coligny geschossen, Karl Ix. eilt zu ihm
und verspricht ihn zu rachen. Aber unterdessen wird ein
Blutrath gehalten und beschlossen, daß die Protestanten in
der Nacht vom 26-26. August 1672 untergehcn sollen. Nach
der Mitternachtsstunde wird mit der Glocke ein Zeichen gege-
den, und nun fallen die Katholiken mit Tigerwuth über die
Hugenotten her, und morden sie im Schlafe oder im Erwa-
chen. Der Admiral sinkt mit am ersten unter den Streichen
und stirbt im Gebet. Heinrich und ein junger Prinz Condö
werden kaum dadurch gerettet, daß sie schnell zur katholischen
Kirche treten. Die trefflichsten Menschen kamen um, da
sich das Blutbad auch auf die Provinzen verbreitete, wo es
60 Tage dauerte. Man schonte nicht Greise, nicht Kinder,
nicht schwangere Frauen, man dachte nur auf Morden, er-
schoß, erstach, stürzte aus den Fenstern hinab und erschlug
mit Aexten und Holzschlägeln. Nirgends war Sicherheit;
der König, auf dessen Versprechen man gebauet hatte, schoß
TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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Extrahierte Personennamen: Karl_Ix Karl Katharina Heinrich Admiral_Coligny Heinrich Heinrich Coligny Coligny Karl_Ix Karl August Heinrich Heinrich