301
Anstatt auf der Eisenbahn über Croydon nach Brighton
zu fahren, wählen wir den langem, aber viel interessantem Weg
an der Küste hin; das Meer hat hier bedeutende Veränderungen
hervorgerufen, mehrere sonst bedeutende Häfen sind im Laufe der
Zeit versandet und verschlammt und die einst berühmten Fünf-
Häfen (Cinque Ports) an der Südküste: Hastings (fpr. Hehstings),
Rye (fpr. Nei), Hythe (fpr. Heith'), Dover und Deal sind, mit
Ausnahme von Dover, jetzt unbedeutend; an andern Stellen
haben Sturmfluten Stücke der Küste hinweggerissen. Das Land
sieht hier im ganzen kahl und unfruchtbar aus und gewinnt erst
weiter gegen Westen nach Portsmouth zu in der anmuthigen
Grafschaft Hampshire ein behäbigeres und fruchtbareres Ansehen.
Wir passieren die etwas verfallenen Städte Hythe, Rye und
dann die alte, als Badeort berühmte Stadt Hastings, wornach
die bekannte Schlacht benannt wird, welche 1066 der sächsischen
Königslinie ein Ende machte und Englands Krone einem Nor-
mann auf das Haupt fetzte. Die Schlacht fand jedoch nicht in
unmittelbarer Nähe von Hastings statt, sondern etwa 7 englische
Meilen nordwestlich von diesem Orte, da. wo der Marktflecken
Battle (Schlacht) durch seinen Namen das Ereigniß verewigt;
von der berühmten Abtei (Battle Abbey), die von Wilhelm
dem Eroberer in Folge eines Gelübdes gestiftet wurde, und de-
ren Abt Sitz im Parlamente hatte, sind nur noch Ruinen übrig;
die noch vorhandene Stiftungsurkunde (Carla fundationis abba-
tiae Sancti Martini de bello), nach welcher der Ort selbst Bel-
lum (Krieg) genannt werden soll, ist aber erst vom Jahre 1087
datiert. Ucber Pcvenfey, wo Wilhelm der Eroberer, von St.
Valery an der Mündung der Somme kommend, landete, an
Beachy-Head, der höchsten Felsenklippe dieser Küste (573 Fuß
hoch) vorbei gelangen wir nach der schön gelegenen und höchst -
fashionablen Meeresstadt Brighton, gegenüber dem ebenfalls
von der vornehmen Welt sehr besuchten französischen Seebade
Dieppe, wohin regelmäßig Dampfschiffe gehen. Mehr als die
glänzende Stadt fesselt uns auch hier der Anblick des schönen
blauen Meeres, das uns sogar Ersatz bieten kann für rauschende
deutsche Wälder, die in England fast gar nicht zu finden sind.
Wohl der einzige Wald von Bedeutung ist der New Forest,
angelegt von Wilhelm dem Eroberer im Jahre 1079; dieses große
Waldland mit Dörfern und Städten in seiner Mitte dehnt sich in
Gestalt eines unregelmäßigen Dreiecks von etwa 50 engl. Mei-
len im Umfange, westlich und südwestlich von Southampton (spr.
Sauth'hämten) in Hampshire aus. An der Seeküste aber sind
TM Hauptwörter (50): [T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Carla Sancti_Martini Ucber_Pcvenfey Wilhelm Valery Wilhelm
269
aus Venedig, Genua, Konstantinopel konnte man zu gleicher Zeit
hier ausladen sehen, die Warenhäuser seufzten unter der Last
englischer Wollballen, flandrischer Leinwand und persischer Seide.
Als im Jahre 1301 Johanna von Navarra mit ihrem Gemahl,
dem König von Frankreich Philipp Iv. (Philippe le Bel) zu
Brügge den Aufwand und die Kleiderpracht sah, äußerte sie:
„Ich glaubte allein Königin zu sein, hier aber sehe ich deren
Tausende." Lange war Brügge Residenz der Grafen von Flandern;
den Höhenpunkt seines Glanzes aber erreichte es in der ersten
Hälfte des 15. Jahrhunderts, als die Herzoge von Burgund
hier Hof hielten. In dieser Zeit (1429) wurde hier von Philipp
dem Guten bei seiner Vermählung mit Isabelle von Portugal
der berühmte Orden des goldnen Vließes (Toi8on d’or) gestiftet.
Das Wort Vließ oder Fließ bedeutet ein Fell mit feiner Wolle.
Mit diesem Ordenszeichen gewährte der Herzog dem Fleiße der
Weber von Flandern die Anerkennung, daß zu dem blühenden
Wohlstände dieser Lande nicht wenig der hohe Grad von
Vollkommenheit beigetragen habe, zu welchem es die Weber in
Verfertigung von Wollenwaren gebracht hatten. Ganz passend
also wurde das Vließ als ein Zeichen der Macht und des
Glanzes von den Beherrschern Flanderns gewählt mit der Or-
densdevise: pretium laborum non vile (kein geringer Preis der
Muhen). Der Orden des goldnen Vließes ist noch jetzt der vor-
nehmste Spaniens.
Daß in einer Handelsstadt wie Brügge die kaufmännische
Börse der Sache, wie dem Namen nach, ihren Ursprung hat,
ist nicht zu verwundern. Der alte Merian in seiner Topographie
von Niederdeutschland um 1650 nennt als eine Merkwürdigkeit
von Brügge „der Kauffleut Platz, da sie umb den Mittag und
Abend zusammenkommen, und Bursa genannt wird von deß
nunmehr abgestorbenen Geschlechts der Beursen (spr. Börsen),
ansehnlichen Häusern daselbst, so drei Seckel, Beuttel oder Bursas
in dem Wappen geführet, solche auch über den Hausthüren zu
sehen seyn, welcher Nahm hernach auch anderswo der Kauffleute
Zusammenkünften und Häusern ist gegeben worden. Ob aber
wol noch eine ziembliche Kauffmannschaft, sonderlich mit Tüchern
und Woll allhier getrieben wird, so ist doch solches nichts gegen
die vorigen Zeiten, da diese Statt das vierthe Conthor oder
vierte Niederlags-Stadt der Hansehe-Stätt vom Jahr ungefehr
1262 bis 1387 gewesen ist." — Die drei andern Waren-
Niederlagen der Hansa oder Hanse waren: Nowgorod in Ruß-
land, Bergen in Norwegen und London.
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Extrahierte Personennamen: Johanna_von_Navarra Philipp_Iv Philipp Philippe_le_Bel Philipp Philipp Isabelle_von_Portugal Seckel
Extrahierte Ortsnamen: Venedig Genua Konstantinopel Frankreich Flandern Burgund Flandern Flanderns Spaniens Niederdeutschland Bursa Ruß- Norwegen London
114
nahm; aber die Franzosen herrschten hier bald mit solchem
Uebermuth, plünderten und beraubten das Land, das sie als
ein erobertes und besiegtes ansahen, so sehr, daß die Ein-
wohner bald die ehemals so verhaßte hohensiausische Herr-
schaft wieder zurück wünschten.
Als nun Conradin zum herrlichen, kräftigen Jüngling
herangewachsen war, glaubte er, da ihm die Stimmung
der Jtalianer nicht unbekannt geblieben war, den Versuch
wagen zu dürfen, das ihm geraubte väterliche Erbtheil wie-
der zu fordern. Er zog daher in seinem 17. Jahre, mit
seinem Freunde, den ungefähr in gleichem Alter mit ihm ste-
henden Friedrich von Baden, an der Spitze eines Heeres,
worin sich viele Freunde seines Hauses befanden, nach Jta-
lien. Auch hier fand er ebenfalls viele Anhänger, und er-
warb sich deren noch mehrere durch seine Freundlichkeit, wie
durch sein redliches Gemüthe. Selbst die Römer bewillkomm-
tcn ihn, zum großen Verdrusse des Papstes, mit lautem
Jauchzen, und so erschien er denn voll Hoffnung glücklichen
Erfolgs in Neapel. Hier aber scheiterten seine Plane; die
etwaige Neigung der Bewohner sich ihm anzuschließen, ward
durch die strengsten Maßregeln Carls von Anjou, unterdrückt.
Er verlor eine Schlacht, und fiel selbst mit seinem Fretmde
dem gefühllosen Sieger in die Hände. Dieser, welcher sich
in dem Besitze der geraubten Lander nicht sicher glaubte, so
lange Conradin lebte, beschloß ihn zu tödten, und ward in
diesem grausamen Entschlüsse durch das Zureden des Pap-
stes bestärkt. Zum Schein ward daher ein Gericht versam-
melt, vor welches man die beiden Jünglinge stellte, deren
bestochene oder eingeschreckte Richter sie als Räuber zum
Tode verurtheilten, und so wurden beide in der von Trauer
erfüllten Stadt Neapel öffentlich enthauptet. 1268. So
endete das Haus der Hohenstaufen.
11.
Die Kreuzzüge.
Seit der ersten Ausbreitung des Christenthums hegten
viele fromme Christen den Wunsch die Statte zu sehen, wo
Jesus Christus geboreit wurde, wo er lehrte, litt, starb und
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_von_Baden Friedrich Carls_von_Anjou Jesus_Christus
122
sechszchn Jahr nachher in einem von ihm gestifteten Klo-
ster.
Diesem ersten Kreuzzuge folgten bis zum Jahre 1270
noch sechs andere große Kreuzzüge, ungerechnet der einzelnen
Haufen Bewaffneter, die von Zeit zu Zeit dahinzogen. Die
Christen kamen nämlich im gelobten Lande bald wieder in
große Bedrangniß, ja im Jahre 1187 eroberte der türkische
Sultan Sa ladin Jerusalem wieder. Bei dieser Gelegen-
heit ward ein besonders glänzender, vielversprechender Kreuz-
zug, es war der dritte, verabredet. Es verbanden sich dazu
der deutsche Kaiser Friedrich I., der König von England
Richard Löwenherz, und der König Philipp August
von Frankreich. Allein auch dieser Kreuzzug erreichte seinen
Zweck nicht, ja dw Kreuzheere sahen nicht einmal die hei-
lige Siadt. Friedrich starb auf dem Hinmärsche, Franzosen
und Engländer wurden sich uneins, und bei der Eroberung
der Festung Ptolemais erzürnten sich Richard Löwenherz und
Leopold von Oestreich, der nach Friedrichs Tode das deutsche
Heer befehligte, so sehr, daß die Deutschen wieder heimkehr-
ten; Richard war nun nicht im Stande Jerusalem anzu-
greifen, und gab daher das Unternehmen auf. Der deutsche
Kaiser Friedrich Ii. befreite die Stadt vermittelst eines mit
den Türken geschlossenen Vertrages; aber wenige Jahre nach-
her bemächtigten sich die Türken derselben wieder, und seitdem
(1242) ist sie nie wieder in die Hände der Christen gekom-
men. Den letzten Kreuzzug unternahm der König von
Frankreich Ludwig Ix. oder der Heilige.
38.
Das Nrtter wesen.
Der kriegrische Sinn, der die deutschen Völker immer
auszeichnete, erhielt im Mittelalter eine besondere Richtung,
wodurch die Beschäftigung mit den Waffen, die außerhalb
der Städte von den freien Männern immer noch als die
TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_I. Friedrich_I. Philipp Philipp August Friedrich Friedrich Richard_Löwenherz Leopold_von_Oestreich Leopold Friedrichs Friedrich_Ii Friedrich Ludwig_Ix Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Jerusalem Frankreich Friedrichs Jerusalem Frankreich
113
deutschen Kaiser, die Letzten aber Philipp von Schwaben,
so daß nun zwei Kaiser sich lim das Regiment stritten. Für
Otto war der Papst, denn dieser, jetzt Innocenz Iii.
hatte, wie seine Vorgänger und Nachfolger den festesten
Vorsatz der Herrschaft der, für die Päpste gefährlichen Ho-
henstaufen, in Italien ein Ende zu machen.
Als nun Philipp von Schwaben von Otto von Wittels-
bach, einem Brudersfohne des ersten Herzogs von Baiern
dieses Namens, atis Rache über dessen gegen ihn bewiesene
Treulosigkeit und Falschheit, ermordet worden war, wählte
die hohenstaufische Parthei Heinrichs Vi. Sohn, den 17 jäh-
rigen Friedrich, einen Jüngling von großen vielversprechenden
Geistesgaben, zum großen Verdrusse des Papstes, der sich
denn auch bemühte, demselben so viele Hindernisse in den
Weg zu stellen, daß sein ganzes Leben ein fortwährender, und
nicht immer glücklicher Kampf gegen den Papst und die
Geistlichkeit war. Bei diesem Fürsten kam noch ein anderer
Grund hinzu, warum der Papst ihn haßte. Friedrich selbst,
für seine Zeit hoch gebildet, war ein Freund der Künste
und der Wissenschaften, die er möglichst begünstigte. Es
konnte nun nicht fehlen, daß an seinem Hofe die damalige
Unwissenheit der Geistlichen, so wie die Anmaßung des
Papstes oft verspottet wurden, woher nun der Papst die Ge-
legenheit entnahm, Friedrich als emen Religionsverächter, ja
als einen Heiden vor dem Volke anzuschwärzen, und es gelang
ihm wirklich, die öffentliche Meinung gegen diesen Fürsten
atlfzubringen. Sein Tod erfolgte 1250, und ihm folgte
sein Sohn Kon rad, doch nicht ohne heftiges Widerstreben
der Gegner seines Hauses, die einen Gegenkaiser aufstellten.
Er starb schon im vierten Jahre seiner Regierung, und
hinterließ ein Söhnlein, von den Jtaliänern Konradino
genannt, der die Reihe der Hohenstaufen auf eine traurige
Art beschloß. Ward er auch nicht zum Kaiser erwählt,
so hatte er doch gerechte Ansprüche auf die von Friedrich I.
erworbenen Länder, Neapel und Sicilien. Dieses Erbe hatte
der Papst Clemens Iv. der um jeden Preis die Hohenstau-
fen aus Italien verdrängen wollte, als erledigt ausgeboten,
doch wagte es kein Fürst die Hand nach solchem unrecht-
mäßigen Besitze auszustrecken, bis es Carl von Anjou, des
französischen Königs, Ludwigs des Heiligen, Bruder, that,
der, unterstützt von einer großen Anzahl französischer Edel-
leute, die der Beute wegen, mitzogen, diese Länder in Besitz
Straus Kinderfr. 2ter Th. 8
TM Hauptwörter (50): [T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Philipp_von_Schwaben Philipp Otto Innocenz_Iii Innocenz Philipp_von_Schwaben_von_Otto_von_Wittels- Philipp Otto Heinrichs Heinrichs Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Jtaliänern_Konradino Friedrich_I. Clemens_Iv Carl_von_Anjou Ludwigs
285
kraft, welcher jedoch nur das Recht gegen Andre mit
Strenge handhabte, desto weniger streng aber gegen seine
eigne, selbstsüchtige Natur war. Die innren Zerrüt-
tungen des Landes erreichten unter Stephan, Hein-
richs Neffen (von 1135 — 1154), eine hohe Stufe,
da kam Heinrichs I. Enkel, von seiner zuerst an
Kaiser Heinrich V., dann an den Grafen Gott-
fried vonanjou vermählten Tochter Mathilde
zur Regierung. Mit diesem König Heinrich Ii.
(von 1154—1189) beginnt in England die Linie
der Herrscher aus dem Hause Plantage net, das
den Thron in männlicher Nachkommenschaft über 3
Jahrhunderte besessen hat. Heinrich Ii. glich sei-
nem Großvater an Klugheit und Kraft, jedoch nicht
minder durch den Mangel an Selbstbeherrschung und
Mäßigung. Seine Söhne hatten sich gegen ihn em-
pört, unter ihnen kam Richard Löwenherz (von
1189 —1199) zur Regierung. Dieser persönlich
tapfere, dabey aber übermüthig stolze, rachsüchtige
und grausame Herr war es, welcher mit Philipp
August, dem Könige von Frankreich, im I. 1190
den Zug nach dem heiligen Lande antrat. Im I.
1191 ward vyn dem vereinten Heere der Deutschen,
wie der neu hinzu gekommenen Engländer und Fran-
zosen die Festung Acre wieder erobert, bald nachher
verließ Herzog Leopold von Oestreich, durch Ri-
chards verachtenden Uebermuth aufs Tiefste gekränkt,
mit seinen Deutschen die Stadt, auch Philipp Au-
gust, von des englischen Königes Stolz beleidigt,
kehrte heim in sein Land, ließ jedoch eine Schaar von
10,000 Franzosen für den gemeinsamen Krieg zurück.
Durch seine Grausamkeit, an 2500 tapfren Gefan-
genen verübt, zeigte Richard von neuem, wie wenig
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Extrahierte Personennamen: Stephan Heinrichs_I. Heinrich_V. Heinrich_V. Mathilde Heinrich_Ii Heinrich Heinrich_Ii Heinrich Richard_Löwenherz Philipp
August Philipp August Leopold_von_Oestreich Leopold Philipp_Au-
gust Philipp
286
er das Kreuz, dessen Zeichen an sein Gewand ge-
heftet war, im Herzen trage. Darum war auch kein
Glück noch Segen bey allen Thaten seiner leiblichen
Stärke und Tapferkeit. Ohne einen wesentlichen
Vortheil gewonnen, ja ohne nur Jerusalem, das Ziel
seiner Fahrt betreten zu haben, mußte er umkehren,
gerieth auf der Heimfahrt in die Gefangenschaft des
von ihm schwer beleidigten Herzogs von Oestreich,
dann in die Kaiser Heinrichs Vi. und endigte in
seinem Lande nach kurzer Regierung sein Leben, ge-
troffen von dem Pfeile eines Feindes. Er hatte noch
zuletzt in einen mit schwachen Kräften, aber von bey-
den Seiten grausam geführten Krieg mit seinem un-
versöhnlichen Feinde, dem Könige Philipp August
von Frankreich sich verwickelt. Philipp August, ein
staatskluger Fürst, überlebte seinen Feind bis 1223; es
gelang ihm, namentlich unter Richards Nachfolger,
dem Johann ohne Land, alle Besitzungen, auf
welche die Könige von England in Frankreich erb-
schaftliche Ansprüche machten, mit Ausnahme von
Aquitanien unter seine Herrschaft zu bringen.
Kaiser Heinrich Vi. und Friedrich Ii.
H. 231. Kaiser Heinrich Vi., des großen
Barbarossa Sohn, befleckte den Ruf seines Hauses
durch ungerechte, grausame Thaten, welche er in sei-
nem Erbreiche Sizilien und Neapel begieng. Er
starb schon 1197. Sein Bruder Philipp endigte
durch Mörderhand (1208>; Otto Iv., Heinrichs
des Löwen Sohn, vermochte den deutschen Herr-
scherthron nicht zu behaupten; Barbarossas Enkel,
Friedrich Ii., ward aus Italien, das ihn erzogen
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Extrahierte Personennamen: Oestreich Heinrichs Heinrichs Philipp_August Philipp August Philipp_August Philipp August Richards Johann Heinrich_Vi Heinrich Friedrich_Ii Friedrich Heinrich_Vi Heinrich Barbarossa Barbarossa Philipp Philipp Otto_Iv. Otto_Iv. Heinrichs Heinrichs Barbarossas Barbarossas Friedrich_Ii Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Jerusalem Frankreich England Frankreich Sizilien Neapel Italien
288
alle heiligen Orte des Landes übergeben wurden.
Im I. 1229 war der Kaiser nach Italien zurück
gekehrt. Hier dauerten seine Kämpfe fort, bis er
im I. 1250 starb. Bald nach seinem Tode fand
das ganze Geschlecht der Hohenstaufen seinen Unter-
gang.' Karl von Anjou, ein finstrer Barbar, der
für jedes edlere Gefühl verschlossen schien, hatte sich
des Thrones von Sizilien bemächtigt; er ließ den
letzten Sprößling des thatenreichen Kaiserhauses, den
sechszehnjährigen Konradin, am 29. Dkt. 1268
gleich einem Missethäter enthaupten.
Frankreich unter Ludwig dem Heiligen.
233. Frankreich hatte während dieser für
Deutschland unglücklichen Zeit einen seiner größesten,
besten Könige an Ludwig Ix., genannt der Hei-
lige (von 1226 —1270). Ein Herr von kindlich
frommen Gemüth, von wahrhaft erleuchtetem Geiste.
Auch er unternahm zwey Kreuzzüge, bey deren
erstem Damiette und ein Theil des Nildelta von
dem ritterlich tapfren Heere der Franzosen schon
erobert war, als dieses Heer bey weitrem Vordrin-
gen den Gefahren und Beschwerden des fremden
Klimas und dem beständigen Andrang der Feinde
unterliegend, in die Gefangenschaft gerieth. Nur der
König und ein kleiner Rest seines Heeres kehrten,
aus der Gefangenschaft gelöst, zurück, doch hatte
Ludwig vor seiner Heimkehr alle Seestädte Palä-
stinas in bessern Vertheidigungsstand gesetzt. Noch
unglücklicher war der Ausgang eines zweyten Kreuz-
zuges des edlen Königes, zunächst gegen Tunis.
Verlassen von der Hülfe, welche Karl von Anjou
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Extrahierte Personennamen: Karl_von_Anjou Karl Konradin Ludwig Ludwig Ludwig_Ix. Ludwig_Ix. Ludwig Ludwig Karl
Extrahierte Ortsnamen: Italien Sizilien Frankreich Frankreich Deutschland Tunis
1
273
Reiche der Mauren und Westgothen in Spanien und
Portugal.
H. 222. In Spanien hatten sich die Araber
seit dem ersten Jahrzehend des 8. Jahrhunderts fest
gesetzt und fast das ganze Land, sammt den galli-
schen Provinzen des Gothenreiches erobert. Doch
fanden die Westgothen, unter ihrem Könige Pelayo,
in den Gebirgen von Oviedo einen festen Bergungs-
ort, und ihr kleines Reich hatte sich schon unter Al-
fons Ii., der 842 ft., erweitert; König Ordogno
Ii. machte Leon zu seiner Hauptstadt. An vielen
Punkten des Landes erhub sich jetzt von neuem, den
unter sich uneinigen und hierdurch geschwächten Ara-
bern gegenüber, die Macht der Christen; das Ge-
schlecht der Grafen von Burgos gründete den Kö-
nigsthron von Kastilien, mit welchem unter Fer-
dinand 1. auch Leon vereint ward. Auch in
Navarra, das unter den ersten Karolingern von
Frankreich beherrscht war, erhub sich ein eignes Kö-
nigshaus, welches zugleich unter Sancho Major
(im I. 1000) Kastilien ererbte, während ein Sohn
jenes Sancho: Ramiro, das anfangs kleine Reich
von Aragonien (1035) erwarb und im I. 1109
Heinrich von Burgund, der Schwiegersohn Al-
fons Iv. von Kastilien, zuerst die Statthalterschaft,
sein Sohn Alfons aber durch viele Eroberungen
maurischer Besitzungen das Königreich Portugal
(1128) begründete.
Andere europäische Reiche zur Zeit der Kreuzzüge.
H. 223. In Frankreich regierte beym Beginn
der Kreuzzüge Philipp I., aus dem Hause der
Lehr-u. Lesebuch Iii. Abth. 18
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276
zu begründen gesucht: das Reich des ächten, durch
Werke der Liebe zu Gott und den Brüdern thätigen
Christenglaubens. Mit den bürgerlichen Gesetzen, die
er seinem Volke gab, bestrebte er sich zugleich das Gesetz
Gottes in ihre Herzen zu schreiben; er selber fertigte
heilsame Schriften zum Unterrichte seines Volkes,
begründete Schulen» suchte auf jede Weise die Er-
kenntniß des Wahren und Guten zu fördern. Alfred
war Alles, was er war: siegreicher Held, weiser
Regent, einsichtsvoller Lehrer, so wie Vater seines
Volkes, durch den Christenglauben, der sein ganzes
Wesen durchdrungen, sein Leben geheiligt hatte. Er
starb schon in seinem 52. Jahre (901).
Auch Alfreds Sohn, Eduard I., bekämpfte
die Feinde des Landes tapfer und mit Dlück (bis
924); nach diesem that dasselbe Athelstan (von
924 — 940), Eduards Sohn. Auf Edmund und
Ed red war der durch sinnliche Leidenschaft unglück-
liche Edwy gefolgt, dann Edgar und der auf
Anstiften seiner Stiefmutter ermordete, edelsinnige
Eduard Ii., der Märtyrer (978). Ethelred,
zu dessen Gunsten der Mord verübt war, brachte
nur Elend über das Land, welches von den Dänen
unter ihrem Könige Sven erobert und von seinem
Nachfolger Kanut dem Großen von 1017 —1035
mit Milde und Schonung regiert ward. Kanuts
Söhne, Harold und Hardikanut, schalteten als
wilde Tyrannen im Lande. Nach ihnen regierte
wieder ein Sohn Ethelreds, Eduard der Beken-
ner, von 1041—-1066, dann Harald aus dem
Hause der Grafen Godwin. Das schwache, viel-
fach bedrängte Reich bedurfte von neuem eines Man-
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Extrahierte Personennamen: Alfred Eduard_I. Eduard_I. Eduards_Sohn Eduards Edgar Eduard_Ii Eduard Kanuts
Söhne Harold Eduard_der_Beken- Eduard Harald Godwin