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f 9. Friedrichs Kreuzzug und Tod.
t Jahre 1188 drang plötzlich die Trauerkunde ins bendland: „Jerusalem ist gefallen/die Hl. Orte nd in den Händen der Ungläubigen/' Saladm,
. Sultan von Aegypten, hatte Arabien, Syrien, Mesopotamien und das hl. Land erobert. In Jerusalem wurden die Kirchen wieder in Moscheen verwandelt, nachdem sie 88 Jahre den Christen gedient hatten. Die Nachricht von dresem Ereignise erregte die größte Bestürzung in der ganzen Christenheit. Der Papst forderte alle christlichen Fürsten und Völker auf, die heilige Stadt zum zweiten Male den Händen der Ungläubigen zu entreißen. Ueberall zogen Mönche umher und predigten das Kreuz. Cs entstand eine allgemeine Bewegung, aller Orten wurde zum Kreuzzuge gerüstet, in Italien und Deutschland, in Frankreich und England, -i ie mächtigsten Fürsten Curopa's wollten die Kreuzfahrer selbst anführen. Friedrich Barbarossa, der römische Kaiser und cchutzherr der Kirche, Philipp August König von Frankreich, und Richard Löwenherz, König von Englands sammelten ihre Schaaren zum Zuge nach Asien. Einige fürsten Deutschlands schlugen Friedrich vor, statt seiner seine -Lohne nach Palästina ziehen zu lassen: doch "nedrich erwiederte: „Obgleich 67 Jahre alt, habe ich doch noch Kraft genug, wie es mein Berus fordert, mich als üellen"^o^t ^Ct rc^e nn ^te spitze der Christenheit zu
Friedrich war schon früher im Hl. Lande gewesen und kannte dre Gefahren des Zuges. Cr schloß deshalb vorher vertrage mir dem Könige von Ungarn und dem griechischen Karl er wegen des Durchzuges und trat dann im Man 1189 den Zug an. Die Regierung des Reiches überließ er seinem coönc Heinrich. Das ganze Heer der Deutschen zählte 150,000 Mann wohlgerüsteter Krieger. Dasselbe erreichte^ glücklich Kleinanen, gerieth aber dort in wüste wasserlose Gegenden; es brach ein solcher Mangel ein' daß man Pferdefleisch aß und Pferdeblut tranf Rudern umschwärmten leichte türkische Reiter das Heer Tag und
Klein, Bilder a. d. uatcrl. Geschichte. Ii. 9
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Extrahierte Personennamen: Friedrichs Friedrichs Friedrich_Barbarossa Friedrich Barbarossa Philipp_August_König_von_Frankreich Philipp August Richard_Löwenherz Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Karl Karl Heinrich Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Syrien Mesopotamien Jerusalem Italien Deutschland Frankreich England Englands Asien Deutschlands Palästina Ungarn
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Religionsspaltung auf irgend eine Weise zu beseitigen. Er schloß Frieden mit den protestantischen Fürsten, und am Ende des Jahres 15.^5 kam der Augsburger Religionsfriede zu Stande, in welchem den Protestanten freie Uebung ihrer Religion gestattet wurde.
5. Karls V. Abdankung und Tod.
ach so vielfach getäuschten Wünschen und Hoffnungen, nach so vielen schmerzhaften Erfahrungen > wurde der Kaiser gleichgültig gegen die trügerischen Reize der irdischen Macht und Hoheit. Er seh Me sich nach Ruhe, welche er während der ganzen Dauer seiner Regierung nicht genossen hatte, um jetzt, eint Abend seines Lebens, fern vom Getümmel der Welt, in stiller Einsamkeit zum nahen Uebertritte in das Jenseits sich vorzubereiten. Vielleicht war schon damals, in jener schauerlichen Nacht auf den tyroler Felsenhöhen, als alles, was irdische Größe zu geben vermag, wie eine abgestreifte Hülle zu seinen Füßen lag, dieser Wunsch in ihm rege geworden. Auch zunehmende körperliche Leiden mahnten ihn an sein nahes Ende. Deshalb übergab er im Oktober 1555 zu Brüssel in einer feierlichen Versammlung seinem Sohne Philipp die Regierung der Niederlande. Mailand und Neapel hatte er ihm schon früher abgetreten. Es war ein rührender Anblick, und Männer weinten, die nie eine Thräne vergossen hatten, als der kranke, lebensmüde Kaiser mit Mühe, auf die Schulter Wilhelm's von Oranien gestützt, aus seinem Sessel sich erhob und die Thaten seines Lebens kurz auseinandersetzte. Seit seinem siebenzehnten Jahre habe er neun Züge nach Deutschland, sechs nach Spanien, sieben nach Italien, vier nach Frankreich, zehn nach den Niederlanden, zwei nach England und eben so viele nach Afrika gemacht; eilfmal sei er über die See geschifft, habe viele Kriege geführt, viele Friedens- und Freundschaftsverträge geschlossen und viele Siege erfochten. Dies alles habe er der Religion und des Glaubens wegen
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Extrahierte Personennamen: Karls_V. Karls Philipp Philipp
Extrahierte Ortsnamen: Niederlande Mailand Neapel Deutschland Spanien Italien Frankreich England Afrika
4. Oesterreich verliert abermals 2000 Quadrat-
apoleon stand auf dem Gipfel seiner Macht; er r - verschenkte Länder und Kronen wie Waaren an seine.
Verwandten und Generäle. Sein Bruder Joseph war bereits König von Neapel, sein Bruder Ludwig König von Holland, sein Schwager Mürat Großherzog von Berg und Kleve, sein Bruder Hieronymus König von Westpha-len. Im Jahre 1807 eroberte er Portugal, nahm den Kirchenstaat weg und führte den Papst gefangen nach Frankreich. Dann stürzte er 1808 die königliche Familie in Spanien vom Throne und gab das Land seinem Bruder-Joseph.
Während dieser Zeit hatte Kaiser Franz von Oesterreich gegen ihn gerüstet, weil er bemerkte, daß der Eroberer mit dem Gedanken umging, die ganze österreichische Monarchie zu vernichten. Die Rheinbundstaaten waren bereits Vasallen Napoleons, Preußen um die Hälfte seiner Länder verkürzt, jetzt sollte an Oesterreich die Reihe kommen. Aber der österreichische Kaiser beschloß, den Plänen Napoleons zuvorzukommen und rief im Jahre 1809 sein Volk zum Kampfe auf. Bald standen 400000 Mann unter den Waffen. ^ Die Welt erstaunte, als sie diese furchtbaren Heermassen erblickte. Der österreichische Erzherzog Karl erließ einen Aufruf an die ganze deutsche Nation und sagte: ,Mr kämpfen für Deutschlands Freiheit und Ehre. Unsere Sache ist die Sache Deutschlands." Aber die Stunde der Erlösung hatte noch nicht geschlagen. Napoleon gebot den Fürsten des Rheinbundes, ihre Armee gegen Oesterreich zu führen, und sie gehorchten schmachvoll dem fremden Eroberer. Preußen lag darnieder von den letzten Schlägen, und so stand Oesterreich allein gegen den Erbfeind.
Zwar drang der Erzherzog Karl siegreich gegen die Rheinbundfürsten vor; aber schnell eilte Napoleon selbst herbei und warf sich mit seinen Heeren den Oesterreichern entgegen. Fünf Tage, vom 19. bis 23. April 1809, wurde schrecklich gekämpft und endlich der Erzherzog Karl
meilen.
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Extrahierte Personennamen: Joseph Ludwig_König_von_Holland Ludwig Mürat_Großherzog_von_Berg Hieronymus_König Franz_von_Oesterreich Franz Napoleons Napoleons Karl Karl Napoleon Karl Karl Napoleon Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Oesterreich Neapel Kleve Portugal Frankreich Spanien Rheinbundstaaten Napoleons Oesterreich Napoleons Deutschlands Deutschlands Oesterreich Oesterreich Rheinbundfürsten
— 140 —
dem kaiserlichen Paläste zu Aachen ein großer metallener Adler, und zur Zeit, als die Herrschaft Lothringens streitig war, blickte der Abler nach der Seite hin, wo das Reich lag, W dem Lothringen gehörte. Also ließ auch Lothar den Adler von Osten nach Westen brehen, bamit jedermann erkennen sollte, Lothringen gehöre zum fränkischen und nicht zum deutschen Reiche. Ueber den Angriff des Franzosen auf ihren Kaiser waren alle deutsche tief empört. Otto berief die Fürsten und Völker nach Dortmunb und schilderte in gewaltiger Rebe die ganze Begebenheit und forderte sie auf zum Zuge gegen Lothar. Alle begrüßen laut des Karlers Entschluß, zürnenb rufen sie, auch ihnen sei bte Dchmach wiberfahren, und alle schwören wie ein Mann, die Unbill zu rächen. Am 1. Oktober desselben wahres zog Otto mit 60,000 Mann nach Frankreich bis vor Paris und zwang Lothar auf Lothringen zu verzichten — Die Eintracht baut das Haus!
Achtzig Jahre später finben wir in Deutschland Sailer Heinrich Iii. und in Frankreich König Robert. Beibe Regenten hatten 1056 zu Jvois an der Maas eine Zusammenkunft. Bei berselben erneuete König Robert die Ansprüche auf Lothringen. Aber Heinrich war einer der thatkräftigsten Kaiser, die Deutschland regiert haben, und alle Fürsten Deutschlanbs folgten seinen Befehlen', wie kaum einem andern nach ihm. Er war nicht der Mann, die Beleidigung des französischen Königs ungeahndet hin» zunehmen. Nach Sitte der bamaligen Zeit warf er dem Könige Robert den Hanbschnh hin und forberte ihn bamit zum Zweikampf, um durch benselben zu entscheiben, ob die Ansprüche des französischen Königs auf Lothringen gegrünbet seien ober nicht. Aber König Robert machte sich in der nächsten Nacht stille davon. — Die Eintracht baut das Haus!
Deutschland hatte von nun an beinahe 400 Jahre Ruhe, bis zum Jahre 1444. Damals war Kaiser Friedrich der Iii. im streite mit den Schweizern, und unvorsichtig bat er den französischen König Karl Vii., ihm 4000 Söldner zu überlassen. Karl kam, aber nicht mit 4000,
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Extrahierte Personennamen: Lothar Otto Lothar Otto Lothar Heinrich Robert Heinrich Heinrich Robert Robert Friedrich Friedrich Karl_Vii Karl Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Aachen Lothringen Lothringen Dortmunb Frankreich Paris Lothringen Deutschland_Sailer_Heinrich_Iii Frankreich_König_Robert Lothringen Deutschland Lothringen Deutschland
70 7. Die Revolutionen in den romanischen Staaten Süd-Enropa's.
lalion mit dem österreichischen Heere abgeschlossen war, denn jene
würde den Carbonari neuen Muth und der Revolution einen neuen
Aufschwung gegeben haben. Stachelte diese Nachricht doch jetzt
selbst noch, als sie nach Messina kam, den dortigen Commandanten
Rossaroli, die Fahne des Aufstandes zu erheben und die Republik in
Sicilien zu proclamiren. Doch eine Landung, die er in Calabrien
versuchte, ward vereitelt und Messina verschloß ihm nun die Thore;
er mußte, gleich W. Pepe und andern Compromittirten, nach Spa-
nien flüchten. Ferdinand I. kam am 15. Mai wieder in Neapel an,
Sicilien erhielt eine getrennte Verwaltung unter einem besondern
Statthalter, das neapolitanische Heer ward aufgelöst und das öster-
reichische Heer sollte drei Jahre im Königreiche bleiben, um Alles in
Schranken zu halten, ein Theil desselben ging nach Sicilien hinüber,
wo die Nationalgarden ebenfalls entwaffnet wurden.
e. Die dreißigtägige Revolution in Piemont 1821.
Als die österreichische Armee nach Mittel- und Unteritalien zog,
glaubten auch die Liberalen in Piemont, der rechte Augenblick zur
Erkümpfung der Einheit und Selbständigkeit Italiens sei gekommen,
indem man die Oesterreicher zum Rückzuge zwinge oder einschließe;
auf den Widerstand der Neapolitaner, den Beifall der Lombarden,
der Venetianer, der Marken und Legationen glaubte man rechnen
zu dürfen. Die jungen verschwörenden Officiere ersahen sich zu
ihrem Führer den Prinzen Karl Albert von Carignau, aus der jün-
gern savoyischen Linie, welcher, bei der Kinderlosigkeit des Königs
Victor Emanuel und seines Bruders Karl Felix (des Herzogs von
Genevois), der voraussichtliche Thronerbe war und später (1831)
wirklich König von Sardinien wurde. Diesen hielten sie für einen
Gesinnungsgenossen und sahen in ihm das natürliche Werkzeug zur
Wiedergeburt Piemonts, die dann zur Wiedergeburt Italiens führen
sollte. Auch lehnte er die Anträge der Verschwornen nicht ab, um
ihre Pläne zu erfahren, warnte aber den König und die Minister.
Während die turiner Verschwornen mißtrauisch wurden und den Aus-
bruch des Aufstandes verschoben, proclamirten Graf Palma in Ales-
sandria und Graf Lisio in Pignerol, beide an der Spitze eines Re-
giments, die spanische Constitution (10. März), drei Tage später
(13. März) pflanzte auch die Citadelle von Turin die dreifarbige
italienische Fahne auf. In dieser Bedrängniß griff König Victor
Emanuel zu dem Auskunftsmittel, welches in diesem Hause eine
Art Familien-Ueberlieferung ist: er dankte zu Gunsten seines Bru-
ders Karl Felix (reg. 1821—1831) ab, welcher ganz der öster-
reichischen Partei ergeben und damals in Modena, also außerhalb
der Gewalt der Aufständischen, war. Der Prinz von Carignan war
bis zur Ankunft des neuen Königs zum Regenten ernannt worden.
Dieser letztere ward durch Volks-Tumulte zur Bewilligung und Be-
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Extrahierte Personennamen: Muth Rossaroli Ferdinand_I. Karl_Albert_von_Carignau Karl Karl_Felix Karl Felix Graf_Palma Victor
Emanuel Karl_Felix_( Karl Felix Carignan
24. Die Parteikämpfe in Spanien.
251
rung der Einberufung der Stände (erst auf den 31. Mai, dann auf
den 16. März) ließ man sich nicht beruhigen, bis die denselben zu
machenden Vorlagen bekannt wurden. Die Armee mußte sofort die
Verfassung beschwören und die Ruhe schien hergestellt, die Stadt
war mehrere Abende beleuchtet und Feste reihten sich an Feste. Aber
der böse Dämon, „die maurische Gräfin", wie sie der Volkswitz
nannte, erschien nochmals in München. Das kaum beschwichtigte
Mißtrauen regte sich wieder und man sprach öffentlich von der Noth-
wendigkeit der Abdankung des Königs. Ueberdies sollte ihm ein
volksthüniliches Ministerium aufgedrungen werden, dem man den
ernsten Willen zutraute, die gegebenen Versprechnngen auszuführen.
Diese und andere Gründe, welche in der financiellen Lage des Landes
beruhen, bewogen endlich Ludwig am 20. März zu Gunsten des
Kronprinzen Maximilian auf die Krone zu verzichten, welcher als
Maximilian Ii. (reg. 1848—1864) folgte.
24. Die Parteikämpfe in Spanien.*)
(Nach „Spanien seit dem Sturze Espartero's, nebst einer Uebersicht der politischen
Entwicklung Spaniens seit 1808", bearbeitet vom Herausgeber.)
Der Tod der dritten Gemahlin Ferdinand's Vii. (1829) und
die schon sechs Monate darauf vollzogene vierte Vermählung des
45 Jahre alten, aber bereits hinsiechenden Königs mit Marie Chri-
stine von Bourbon, Prinzessin von Neapel, deren Schwester Luisa
*) Karl Iv. dankt ab 1808,
Gem. Maria Luisa von Parma.
Ferdinand Vii., ch 1833.
Gemahlinnen:
1. Antoinette v. Neapel,
1- 1806.
2. Maria Jsabella von
Portugal, ch 1818.
3. Josepha, Prinzessin von
Sachsen, ch 1829.
4. Christine von Neapel.
Jsabella Ii., Luisa"
Gem. König Gem. Herzog
Franz. von Mont-
! penster.
Don Carlos, ch 1865.
2. Gem. Therese von
Portugal.
Karl, Johann.
Graf von Gem. Maria
Montemolin, v. Modena.
+ 1861- '¥«—
Alfons.
Jsabella, Alfons. Maria Maria Eulalia.
Prinzessin bet Pilar, della Paz.
v. Asturien.
Franz de Paula, ch 1865,
Gem. Luisa Carlotta von
Neapel, ch 1844.
Franz,
verm. mit
Königin
Jsabella Ii.
Heinrich.
Heinrich.
Franz.
Albert.
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Extrahierte Personennamen: Ludwig Ludwig Maximilian Maximilian Maximilian_Ii Maximilian Marie_Chri- Luisa Karl_Iv Karl Maria_Luisa_von_Parma Maria Ferdinand Antoinette Maria_Jsabella Maria Josepha Christine_von_Neapel Jsabella Franz Franz Carlos Therese_von
Portugal Karl Karl Johann Johann Maria
Montemolin Maria Alfons Jsabella Alfons Maria_Maria_Eulalia Maria Maria Pilar Franz_de_Paula Franz Luisa_Carlotta_von
Neapel Franz Franz Königin
Jsabella Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Franz Franz
Extrahierte Ortsnamen: Spanien München Spanien Spaniens Neapel Neapel Portugal Sachsen Modena Asturien
7. Die Revolutionen in den romanischen Staaten Süd-Europa's. 63
Herzogs von Angoulöme, der sofort nach Paris zurückkehrte, und des
Königs Ludwig Xviii. blieben unbeachtet, denn der Einfluß Frank-
reichs war bereits durch Rußland ausgestochen, seit der Ankunft des
Grafen Pozzo di Borgo als außerordentlichen russischen Gesandten.
Wo der König in seinen Zugeständnissen an die Fanatiker nicht weit
genug zu gehen schien, obgleich er sich zuletzt (1825) gegen jede Be-
schränkung seiner Souverainetät durch „Kammern oder ähnliche Ein-
richtungen" erklärte, da fanden die blutigsten und schroffsten Mei-
nungen eine Stütze an seinem Bruder, dem Thronerben Don Carlos,
den die Apostolischen schon jetzt auf den Thron zu erheben gedachten,
und der Köiüg ließ diesen Anschlägen lange ihren Lauf, um sich
mit ihren Wühlereien der Zumuthungcn Frankreichs, ein gemäßigtes
System zu befolgen, erwehren zu können. Militärisch Sieger, sah
Frankreich politisch seine vollständige Niederlage, denn alle Versuche
(des Herrn von Chateaubriand), der Wiederkehr jener Zustände vor-
zubauen, welche die Revolution in Spanien hervorgerufen hatten, blie-
den vergebens. Und als der König von Spanien mit Frankreichs
Hülfe auf seinem absoluten Throne fester saß als zuvor, hob er
(29. März 1830) zum Dank das salische Gesetz auf, welches die
weibliche Thronfolge ausschließt, und vernichtete so die Rechte, welche
dieses Hausgesetz dem französischen Zweige der bourbonischen Familie
auf die Nachfolge in Spanien gab. Die Legitimität in Frankreich
ließ sich durch ihre Erfolge in Spanien bienben; sie glaubte, „in
Spanien Frankreich erobert zu haben", und nachdem sie dort die
Verfassung vernichtet habe» auch zu Hause die Charte beseitigen zu
können — und sie fiel durch die Juli-Revolution.
o. Die portugiesisch-brasilianische Revolution 1820—1821.
Als gegen Ende des Jahres 1807 ein französisches Heer unter
Junot in Portugal einrückte, weil die Regierung sich weigerte, ihrem
alten Bundesgenossen, England, die portugiesischen Häfen zu verschlie-
ßen (s. Bd. Iii, S. 728), entschloß sich der Prinz-Regent (der nach-
herige König Johann Vi.), nach peinlichem Schwanken, beit Sitz
des Königthums nach Brasilien zu übertragen — ein Schritt, eben
so bedeutungsvoll für die Zukunft Brasiliens, als unheilvoll für das
Mutterland. Denn von dem Augenblicke der Uebersiedlung an
wandte sich die Sorgfalt der Regierung in dem Maße von Portugal
ab, wie sie sich der neuen Heimat Brasilien zuwandte, während Eng-
land das preisgegebene Mutterland für seine kriegerischen und com-
merciellen Zwecke ausbeutete (im Jahre 1811 stellte das kleine Por-
tugal 335,000 Mann an Soldaten, Milizen und Landsturm). Schon
im Januar 1808 öffnete ein königlicher Beschluß von Bahia aus
die bisher allem fremden Handel verschlossenen Häfen Brasiliens,
auf Betreiben der Schutzmacht, allen befreundeten Nationen, wodurch
Portugal nicht nur die Zölle (1 Mill. Pfund) verlor, sondern auch
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Xviii Ludwig Carlos Chateaubriand Johann
Extrahierte Ortsnamen: Paris Frank- Frankreichs Frankreich Spanien Spanien Frankreichs Spanien Frankreich Spanien Spanien_Frankreich Portugal England Brasilien Brasiliens Portugal Brasilien Bahia Brasiliens Portugal
7. Die Revolutionen in den romanischen Staaten Süd-Europa's. 67
nichts festgesetzt (vielleicht um noch immer eine Aussicht auf die
Wiedervereinigung mit Brasilien zu lassen), als Johann Vi. starb
(10. März 1826). Vier Tage vor seinem Tode hatte er seine dritte
Tochter, die Infantin Jsabella Maria, die den Ränken ihrer Mutter
und ihres jüngern Bruders fremd geblieben war, an die Spitze einer
Regentschaft gestellt, bis der gesetzliche Erbe der Krone seine Befehle
werde gegeben haben. Nach dem Wunsche der königlichen Familie,
nach den Erwartungen Brasiliens verzichtete Dom Pedro aus den
portugiesischen Thron, unter vorläufiger Beibehaltung der von seinem
Vater eingesetzten Regentschaft, zu Gunsten seiner siebenjährigen
Tochter Maria da Gloria, die sich künftig mit ihrem Oheim Dom
Miguel vermählen sollte.
(1. Die neunmonatliche Revolution in Neapel 1820—1821.
Dem Ausbruche der portugiesischen Bewegung war der Umsturz
der bestehenden Ordnung in Neapel schon vorausgegangen. Nicht
oft hat ein Land einen grellern Wechsel der Schicksale erfahren, als
Neapel unter der Regierung Ferdinands Iv. (reg. 1759—1825),
der, zweimal durch die Franzosen vertrieben (1798 und 1806), nach
der Flucht Murat's noch einmal (Juni 1815) zurückkehrte und sich
nun Ferdinand I., König beider Sicilien, nannte. Im Gegensätze zu
der früheren Restauration (seit Juni 1799), die, besonders unter
dem Einflüsse der Königin Caroline, der Schwester der Hingerichteten
Königin Marie Antoinette, eine Zeit gräßlicher Rache war und das
Land um die Blüthe seiner Bürger, Gelehrten und Krieger brachte,
hatte die zweite Restauration (nach dem 1814 erfolgten Tode der
Königin Caroline) mehr als irgendwo sonst in Italien die franzö-
sischen Einrichtungen geschont; doch verstand die Regierung weder
das Heer für sich zu gewinnen, indem sie die sicilischen Truppen vor
den neapolitanischen (Muratisten) bevorzugte, noch dem über alle
Provinzen ausgebreiteten Räuberwesen zu steuern, ja, sie schloß mit
einzelnen Bandenführern Verträge, um deren Schaaren im Dienste
und Solde des Staates gegen „die öffentlichen Uebelthäter" zu ver-
wenden. Diese verächtliche Schwäche der Regierung machte die
Selbsthülfe unerläßlich und als Mittel dazu diente die Verbindung
der Carbonari, welche von den Unterrichteten immer als ein
Schößling der Freimaurerei angesehen worden ist, nur daß sie ihre
Symbole und ihr Ritual statt von der Maurerei, von der Köhlerei
nahm; aber darin glich sie wieder den Maurern, daß sie der Kirche
gegenüber die Grundsätze der Aufklärung, dem Staate gegenüber die
Grundsätze der Freiheit vertrat. Diese friedliche Verbindung, welche
bis zur Herstellung der Bourbonen im Wesentlichen gegen die Fremd-
herrschaft gerichtet, dann aber gleichsam eingeschlummert war, er-
wachte 1817 zunächst als Gegensatz zu den Räuberverbindungen
in den Provinzen. Aber noch war die Carbonarie der Furcht vor
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Extrahierte Personennamen: Johann Johann Jsabella_Maria Maria Pedro Maria_da_Gloria Maria Ferdinands Ferdinand_I. Ferdinand_I. Caroline Marie_Antoinette Caroline
Zweiter Zeitraum: Von der Juli-Revolution 1830
bis zur Februar-Revolution 1848.
13. Frankreich unter Ludwig Philipp- 1830—1848.
(Nach Aug. Ludw. v. Roch au, Geschichte Frankreichs vom Sturze Napoleon's bis
zur Wiederherstellung des Kaiserthums, bearbeitet vom Herausgeber.)
Da der Zweck der Juli-Revolution nicht der Umsturz der Ver-
fassung, sondern die Vertheidigung derselben gewesen war, so konnte
von Einführung der Republik nicht die Rede sein, sondern es han-
delte sich nach Beendigung der Revolution nur darum, die Verfassung
gegen künftige Verletzungen sicher zu stellen und den erledigten Thron
wieder zu besetzen. Nach dem Sturze der alten bourbonischen Dy-
nastie, der auch den Herzog von Bordeaux unmöglich gemacht hatte,
war das Haupt der jüngeren bourbonischen Dynastie, der Herzog
Ludwig Philipp von Orleans, der nächste Thronfolger. Dieser
übernahm am 1. August 1830 aus den Händen der Mnnicipal-
Commission die provisorische Regierung, bis eine sog. „Erklärung"
der zweiten Kammer ihm auch die definitive Negierung als „König
der Franzosen" übertrug. Zugleich enthielt diese „Erklärung"
eine Reihe mehr oder minder wichtiger Abänderungen der Charte
von 1814, so: das Verbot der Wiedereinführung der Censur, die
Bestimmung, daß der König niemals die Gesetze suspendiren oder
deren Vollziehung hindern dürfe, die Anerkennung des Rechtes beider
Kammern zu Gesetzes-Vorschlägen, welche die Charte von 1814 aus-
schließlich der Krone Vorbehalten hatte, die Oeffentlichkeit der (bisher
geheimen) Sitzungen der Pairskammer, die Herabsetzung des die
Wählbarkeit bedingenden Alters von 40 auf 30 Jahre, die Verkür-
zung der Legislatur-Perioden von 7 auf 5 Jahre u. s. w. Diese
„Erklärung" der zweiten Kammer wurde erst, nachdkn sie vom
General-Statthalter Ludwig Philipp (am 7. August) angenommen
war, nachträglich, gleichsam aus bloßer Höflichkeit, auch der Pairs-
kammer mitgetheilt, welche den im Palast Bourbon gefaßten Be-
schlüssen ohne Widerrede und fast ohne Berathung beitrat. Selbst
die darin verlangte Ungültigkeit aller während der Regierung Karl's X.
vorgenommenen Pairs-Ernennungen wurde nur schwach beanstandet
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Philipp- Ludwig Ludwig_Philipp_von_Orleans Ludwig Philipp August Ludwig_Philipp_( Ludwig Philipp August
18. Die revolutionären Bewegungen in Deutschland.
201
aus diesen sechsmonatlichen Verhandlungen hervorgegangenen Be-
schlüsse waren, theils Früheres bestätigend, theils Neues festsetzend,
im Wesentlichen folgende: in allen deutschen Bundesstaaten bleibt
die oberste Gewalt ungetheilt in der Person des Regenten vereinigt,
welcher nur bei einzelnen Negierungshandlungen an die Mitwirkung
der ständischen Versammlungen gebunden ist. — Die Stände dürfen
die Bewilligung der Steuern nicht an Bedingungen knüpfen, nicht
bestimmte Summen für vorkommende Ausgabeposten festsetzen, son-
dern können das Budget nur im Allgemeinen aufstellen. In keinem
Falle können der Regierung die Mittel zur Erfüllung ihrer Bundes-
pflichten verweigert werden. — Die Stünde dürfen nicht über die
Gültigkeit der Bundesbeschlüsse berathen oder sie gar verwerfen. —
Alle Verordnungen der Regierung haben für die Unterthanen ver-
bindliche Kraft und hangen weder von der Einsprache der Gerichte
noch der Anerkennung der Stände ab. Um die unter solchen Um-
ständen einzig möglichen Streitigkeiten, welche zwischen den Regie-
rungen und Ständen sich erheben konnten, nämlich über den Betrag
der Steuern, zu schlichten, so weit diese rein innere Ausgaben zum
Zwecke hatten, ward ein Schiedsgericht eingesetzt. Dieses sollte aus
34 von sämmtlichen Bundesregierungen ernannten Mitgliedern be-
stehen. Da die 34 von den Regierungen, ohne Zuziehung der
Stände, eingesetzt wurden, welche ersteren, wie sich von selbst ver-
steht, nur ihre erklärten Anhänger zu einer solchen Stellung beriefen,
so mußte es diesem Schiedsgerichte an der nöthigen Unabhängigkeit
seiner Mitglieder fehlen. Die beschränkenden Preßgesetze wurden noch
verschärft, und unter Anderem festgesetzt, daß auch die Mittheilung
der ständischen Verhandlungen und der Geschwornengerichte der Cen-
sur unterliegen sollte. Diese Bestimmungen wurden von der Bun-
desversammlung angenommen und auf sechs Jahre hinaus für alle
Bundesstaaten verbindlich erklärt. Die Beschlüsse der Wiener Con-
ferenz vollendeten die Maßregeln der Reaction, welche auf dem Mi-
nister-Congreß in Karlsbad (1819) begonnen hatten.
Eine neue Bewegung verursachte der hannöver'sche Verfas-
sung s st reit. Wilhelm Iv. von England, der zugleich über Hanno-
ver herrschte, war am 20. Juni 1837 gestorben. Da in den
Stammlanden des guelfischen Hauses das salische Gesetz galt, so
ward Hannover von Großbritannien, wo die Krone an eine Frau
fiel, getrennt, und Ernst August, Herzog von Cumberland, ein Sohn
Georg's Iii. und Oheim der Königin Victoria, bestieg den hannö-
ver'schen Thron. Dieser war in England nicht nur, wie sein Bru-
der Georg Iv., unvolksthümlich, sondern sogar verhaßt. Er war
einer der Führer des Torysmns im Oberhause gewesen und darüber
mit seinen Brüdern Clarence und Sussex oft in Streit gerathen.
Aber selbst die Tories waren dem Herzoge von Cumberland nie
recht hold gewesen, da sie in ihm mehr einen Absolutisten als Ari-
stokraten sehen wollten. Obgleich er sich in seiner Jugend, während
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Hannover_von_Großbritannien Ernst_August Ernst August von_Cumberland Georg_Iv. Cumberland
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Karlsbad England England Sussex