636
Sechstes Hauptstück.
fo getaugte Keiner in den Besitz des Erzbisthums, ohne
der Bürgerschaft Zugeständnisse zu machen. Die Folge
war, daß nach und nach alle Hoheitsrechte auf die Kon-
suln übergiengen, daß zuletzt der Vorsitz des Vicecomes
gänzlich aufhörte, und an dessen Stelle ein Richter oder
Schultheiß (causidicus) aus der Mitte der Konsuln trat,
auf ähnliche Weise, wie in Deutschland Vögte, Schult-
heissen und Ammänner der Dienstherrn durch Zugeständ-
nisse, welche Noth oder Gunst bewirkten, mit der Zeit
städtisch wurden. Hatte nun aber in Mailand die könig-
liche Parthei gesiegt, so gewann in andern Städten Ober-
italiens der Anhang des Pabstes die Oberhand, und
die so eben bezeichneten Erfolge hatten, wenn auch unter
etwas veränderten Umständen, nichts destowenigcr Statt.
Aus Unteritalien hatte Robert Guiscard, nachdem
einmal Bari genommen war, schon 1071 die Griechen
gänzlich verdrängt, hierauf, um Siciliens Eroberung
fortzusetzen, mit seinem tapfern Bruder Robert gemein-
schaftliche Sache gemacht, den Titel eines Herzogs von
Apulien und Sicilien angenommen, und sich geweigert,
die Lehenspfiicht gegen den römischen Stuhl fernerhin zu
erfüllen. Gregor, obgleich schon in Kämpfe verwickelt
und größern Kämpfen entgegensehcnd, hatte dennoch auf
dem Eoncile von 1074 gegen seinen bisherigen Bundes-
genossen den Bannstrahl geschleudert, und noch war die Sache
nicht völlig ausgeglichen, als er, im Vertrauen auf die
Sache, welche er verfocht, und auf die geistige Ucberle-
gcnheit, der er sich bewußt war, Botschaft nach Deutsch-
land ergehen ließ, daß König Heinrich Iv. in Rom
vor einem C o n c i l w e g e n der ihm zur Last
gelegten V c r b r e ch c n Rede stehen, oder des
Ba uns gewärtig se.yn solle. Dieß war mehr, als
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Extrahierte Personennamen: Robert_Guiscard Robert Gregor Gregor Heinrich_Iv Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Mailand Unteritalien Bari Apulien Sicilien Rom
Beginn des Kampfes zwischen Kaiser und Pabst. 645
Hier hatte nämlich Jsaakkomnenus, Michaels Vi.
Nachfolger, nach kurzer, aber löblicher Regierung von
1057 — 1059, die Herrschaft niedergelegt, und sodann
Konstantin Dukas bis 1068 mit Gerechtigkeit das
Scepter geführt und den Untergang der wilden, über die
Donau gedrungnen Uzen erlebt; der edle Krieger Ro-
manus Iv. Diogenes, durch des Dukas Wittwe Eu-
dokia auf den Thron erhoben, und durch Verrath in die
Hände der Seldschucken gefallen, war nach der Rückkehr
1071 ermordet, und Michael Vii., des Dukas unfähi-
ger Sohn, 1078 durch Nikephorus Botoniates
gestürzt worden. Dem Letztgenannten stellte Robert Guis.
card, dessen Tochter mit Konstantin, dem schönen Sohne
des geflüchteten Michael Dukas verlobt war, einen ge-
meinen Griechen entgegen, und ließ ihn die Rolle Mi-
chaels spielen. Indessen mußte Nikephorus Botoniates
einem andern Kronprätendenten, Alexius Kom nenus,
weichen, und dieser zog zum Entsätze der durch Guiscard
belagerten Stadt Durazzo mit einem Heere von 70,000
Mann herbei. Das Heer bestand aus thracischeu Pauli-
ciauern, aus Turkopulen oder türkischen Miethsvldaten,
vvruämlich aber aus Wärtngern, wie man die skan-
dinavische Leibwache am byzantinischen Hofe nannte, welche
besonders durch landflüchtige Dänen und Angelsachsen aus
England verstärkt wurde. Denn Wäringer (warag, wearg,
longobardisch: Warengangi, griechisch: Baranger) soll
mit dem Wort Recke Zusammenhängen, und ursprünglich
einen Landflüchtigen, dann einen Kriegsmann bedeutet
haben. Als Robert den Feind anrücken sah, sprach er
zu den Seinigen: „laßt uns unsre Schiffe und unser Ge-
päck verbrennen, und hier eine Schlacht liefern, als
Bauer's Gcsch. Ii. Bd. 40
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Extrahierte Personennamen: Michaels Konstantin_Dukas Michael_Vii Robert_Guis Konstantin Michael_Dukas Alexius_Kom Robert
Extrahierte Ortsnamen: Pabst Donau Nikephorus_Botoniates Nikephorus_Botoniates England
Beginn des Kampfes zwischen Kaiser und Pabst. 649
Daraus ergab sich nothwendig der weitere Schluß: ist er
denn erster Fürst der Christenheit, sv müssen auch alle andern
Könige und Fürsten ihre Kronen als Lehen des römischen
Stuhls anerkennen. Und wirklich strebte Gregor nicht
blos im deutschen Reiche ein solches Lehensverhältniß zu
begründen, oder die Normannen Unteritaliens in demsel-
den zu erhalten, sondern noch viel weiter haben seine
kühnen Plane gegriffen.
Philipp I., Sohn Heinrichs I. und der rus-
sischen Prinzessin Anna, der Tochter des Großfürsten
Jaroslaw, von 1060 bis 62 durch den Grafen Bal-
duin von Flandern bevormundet, dann seit seinem fünf-
zehnten Jahre bis 1108 Selbstregent, wurde der in Frank-
reich herrschenden Simonie wegen mit dem Banne be-
droht und lediglich deßhalb verschont, weit die franzö-
sischen Angelegenheiten dem Pabst als Nebensache erschie-
nen. Sogar über den Kanal hinüber nach England reichte
Gregors gewaltiger Arm, wiewohl nicht ohne Wider-
stand bei dem Regenten dieser Insel zu finden. Auf Ka-
nut den Großen war nämlich dessen Sohn Harald Ha-
refovt (1056-1039) und nach dessen Tode Kannts mit
Emma, der Wittwe Ethelreds, der Tochter Richards Ii.
von der Normandie erzeugter Sohn Hardiknut, schon
seit 1056 König in Dänemark, zur Regierung gelangt.
Da er 1041 ohne Erben starb, sv riefen die Engländer
Ethelreds jüngsten Sohn Eduard Ii. aus der Norman-
die herbei, dessen Negierung (1041—1066) ein trauriges
Bild von Schwäche darbietet. Der übermächtige Graf
Godwin, der unter Harald Harefoot Eduards Bruder
Alfred hatte ermorden lassen und damals auch ihm das
gleiche Schicksal zugedacht hatte, mußte nichtsdestoweniger
mit Rücksicht behandelt werden, weil seine Stimme am
meisten zu Eduards Erhebung beigetragen hatte. Uebri-
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Extrahierte Personennamen: Gregor Gregor Philipp_I. Philipp_I. Heinrichs_I. Heinrichs_I. Anna Jaroslaw Gregors Harald_Ha- Emma Richards Eduard_Ii Eduard Godwin Harald_Harefoot_Eduards_Bruder
Alfred Eduards Eduards Eduards
Extrahierte Ortsnamen: Pabst Flandern Frank- England Dänemark
Beginn des Kampfes zwischen Kaiser und Pabst. 651
den Thron zugesagt haben. Wir sehen sogleich ein Wort
über die Abstammung Wilhelms bei. Die Reihe der
normannischen Herzoge war folgende gewesen: Hrolf oder
Robert I. bis 917, Wilhelm I. Langschwert bis 943,
Richar I. Langbein bis 996, Richard Ii. der Gute, ein
Bruder Emmas, bis 1026, und Richard Hl. Diesen er-
mordete 1028 Robert Ii., genannt der Teufel, bemäch-
tigte sich des Herzogthums, bestimmte seinem Sohne Wil-
helm von der Concubino Herleva die Nachfolge, wallfar-
thete 1055 in das gelobte Land, und starb zu Nicäa.
Wilhelm, geboren 1050, war mit M a t h i l d i s , der
Tochter Balduins von Flandern, vermählt, und inso»
fern'e ein Anverwandter Alfreds des Großen; denn durch
Ethelswitha stammte das flandrische Grafenhaus von die-
sem gefeierten Beherrscher Englands ab. Kaum hatte
er daher im Jahre 1066 vernommen, daß Eduard der
Bekenner gestorben und der durch das Volk begünstigte
Harald als König ausgerufen worden sey, so traf er An-
stalt zur Eroberung des englischen Thrones; wobei es
ihm nicht wenig zu Statten kam, daß sein Schwager
Balduin Vi. Vormund des französischen Königs war.
Auch munterten die Grafen von Anjou und der Bretagne
ihre Uuterthanen zur Theilnahme auf; Heinrich Iv. gab
seinen Vasallen in Lothringen und Friesland die Erlaub-
niß, Wilhelms Streitmacht zu verstärken, und Pabst Alexan.
der Ii. crtheilte durch schiedsrichterlichen Ausspruch dem
Unternehmen einen Schein von Rechtmäßigkeit, schleuderte
den Bann auf Harald, und schickte Wilhelm ein geweih-
tes Banner und einen Ring mit einem Haare des h. Pe-
trus. 60,000 Mann auf 5000 Schiffen, wie erzählt
wird, führte der Eroberer den 29. Scptbr. 1066 bei
Pevensey an die brittische Küste. Da er, hastig ans
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Extrahierte Personennamen: Wilhelms Wilhelms Robert_I. Wilhelm_I. Robert_Ii Concubino_Herleva Wilhelm Balduins_von_Flandern Eduard Eduard Harald Balduin Anjou Heinrich_Iv Heinrich Wilhelms Wilhelms Pabst_Alexan Harald Wilhelm
Beginn des Kampfes zwischen Kaiser und Pabst. 653
Brüder Gurth und Leosmine und fast der ganze sächsische
Adel nach hartem Streit erschlagen wurden. Seit diesem
Siege führt Wilhelm den Namen des „Eroberers."
Zwar versuchten die Londner, Edgard Atheling, den Sohn
des Prinzen Eduard, unter der Leitung des Erzbischoffs
Stigand von Canterbury, dem Sieger entgegen zu stel-
len. Allein die noch übrigen Großen des Reichs trau-
ten einander selbst nicht recht, Stigand leistete sogar die Hul-
digung, und Wilhelm war König. Um die neuen Un-
terthanen zu gewinnen, ließ er anfänglich Jedem, der
den Vasalleneid schwur, sein Eigenthum, und vergabte
nur Güter der Gefallnen und Krondomänen an die Rit-
ter ans der Normandie. Da aber in England eine
Empörung nach der andern ausbrach, und die Angel-
sachsen mit dem Dänenkönige Swen Iii. Estrithson in
Verbindung traten, so beschloß er die Nation durch
Strenge zu bändigen, schlug die Insurgenten, verwan-
delte Porkshire und Durham in eine Einöde, gab alle
Reichsämter erblich an französische Ritter, setzte englische
Prälaten und geringere Geistliche ab und Ausländer an
ihre Stelle, drang bis Aberuethy in Schottland vor und
zwang den König Malcolm von Schottland, welcher den
Edgar Atheling unterstützt hatte, sein Vasalle zu wer-
den. Hierauf blieb zwar das Volk ziemlich unvermischt,
aber die Prälaten-, Grafen- und Vasallcnstellen waren
fast ausschließlich mit Franzosen besetzt. Die Umgebung
der Ausländer bestand wieder aus Ausländern, und fast alle
Individuen höhern Standes gehörten zu den Eingewan-
derten. Verachtung und Bedrückung war das Loos der
Eingebornen, und froh durfte Einer oder der Andre der-
selben seyn, welcher gegen die Anmaßung der Eindringlinge
noch einen schwachen Theil seines Besitzes, als Vasall
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Extrahierte Personennamen: Brüder_Gurth Wilhelm Edgard_Atheling Eduard Eduard Erzbischoffs
Stigand_von_Canterbury Wilhelm Swen_Iii Edgar_Atheling
Extrahierte Ortsnamen: Pabst England Schottland Schottland
Beginn des Kampfes zwischen Kaiser «nd Pabst. 655
die Ritterlehensbesitzer in Mitleidenschaft gezogen wur-
den. Bei der Erbfolge war man ungewiß, ob sie dem
Sohn oder dem Bruder zukomme, weßwegen sich bei der
Thronfolge die Wahl der Barone oft nach den Umstän-
den für den Einen oder den Andern entschied. War der
Erbe eines Lehens minderjährig, so übernahm der Le-
hcnsherr die Vormundschaft, das heißt, er besorgte seine
Erziehung und bezog, weil derselbe den Kriegsdienst nicht
leisten konnte, seine Einkünfte, mußte aber, sobald der-
selbe 21 Jahre alt war, das ganze Vermögen ohne Re-
licf verabfolgen lasten. Die Lehen giengen auch auf Wei-
der über. Ehe die Erbin das fünfzehnte Jahr erreicht
hatte, stand sic unter Vormundschaft des Lehensherren,
und dieser konnte sie nach seiner Wahl verhcirathen oder
ihre Derheirathung hindern, was der Gcitz oft auf die em-
pörendste Weise mißbrauchte, indem man die Erbin dem
meistbietenden Brautwerber überließ. Alle Mitglieder des
königlichen Gerichtshofes, sowie die Präsidenten und ersten
Beisitzer der untergeordneten Tribunale mußten Normannen
seyn, und hatten die schwierige Obliegenheit, in den meisten
Fällen nach den Gesetzen der Eingebornen zu entscheiden, de-
ren Sprache sie nicht verstanden. Es wurden daher die angel-
sächsischen Gesetze ins Normannische übersetzt, die Vorträge
jedoch, wenn der Richter des Sächsischen unkundig war, nvr-
männisch gehalten, und am höchsten Gerichtshöfe sollte dicß
durchaus der Fall seyn, weßhalb man die französische
Sprache als einen nothwendigen Zweig der Erziehung
betrachtete. Die durch Eduard den Bekenner gesammel-
ten angelsächsischen Gesetze waren schon überreich an Geld-
bußen , die Nvrmänner aber führten gegen den Befehl
des Königs noch das bei ihnen übliche Amerciament
ei», wodurch das bewegliche Vermögen eines Schuldigen
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656
Sechstes Hauptstück.
der Gnade des Lehensherrn anheim fiel, der nach Gut-
dünken das Ganze oder nur einen Theil davon nehmen
konnte. Da jedoch durch das Umsichgreifen der Normän-
ner oft auch königliche Rechte verletzt wurden, so mußte
endlich der Ungewißheit des Besitzstandes ein Ende ge-
macht werden. Dieß sollte durch das Domcsday- oder
U r t h e i l s b u ch bewerkstelligt werden , welches eine ge-
naue Beschreibung jeder Hufe Landes enthält. Wilhelm
war ein so eifriger Jäger, daß er, um aussev seinen Parks
und Thiergärten und 38 Forsten in verschiednen Gegenden
Englands noch einen „neuen" Forst anzulegcn, mehr als
30 O.uadratmeilen Landes zwischen Winchester und dem
Meere zur Wildniß machen, die Bewohner vertreiben und
Hütten und Kirchen niederbrennen ließ. Daher die auf-
fallende Strenge der Jagdgesetze: einen Mord konnte man
mit 46 Mark büßen; wer aber im königlichen Forste
ein Wildpret erlegt hatte, ward ohne Gnade geblendet.
Sogar den Siegern dünkte Wilhelms Regierung allzu
gewaltig, weßwegen sie mehr als einmal die Fahne
des Aufruhrs erhoben, und sein eigner Sohn Robert
1079 einen Krieg in der Normandie erregte. Bei der
Belagerung von Gerberoy in Beanvoisis geriethen Vater
und Sohn, durch die Visire einander unkenntlich, in Zwei-
kampf; der König ward in den Arm verwundet, und vom
Pferde geworfen. An des Gefallnen Hülferuf erkannte
der Sohn die Stimme des Vaters, und sank ihm reue-
voll zu Füßen; doch brachte die Mutter in Rouen nur
mit Mühe die Versöhnung zu Stande. Wilhelm starb
1087 auf einem Rachezuge gegen König Philipp von
Frankreich, der ihn durch ein Witzwort über seine Wohl-
beleibtheit gereitzt hatte. Gegenüber von einem solchen
Fürsten mußte natürlich selbst Gregor Vh. seine Anfor-
derungen in etwas mäßigen. Wilhelm erklärte keine
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Wilhelms Wilhelms Robert Gerberoy Wilhelm Philipp_von
Frankreich Philipp Gregor_Vh Gregor Wilhelm
666
Sechstes Hanptstück.
und In Dcstitur erneuert, und Klemens Hl. mit dem
Banne belegt wurde. Dann begab er sich nach Cler-
mont in der Auvergne, wo er auf einer großen Kir-
chenver fammlnng den schon 1004 zu Autun durch einen
Legaten^ über den elenden König Philipp I. von Frank«
reich crusgesprochnen Bannfluch wiederholte; denn Phi-
lipp hatte 1092 seine rechtmäßige Gattin Bertha ver-
stoßen, und mit Bertrada, des Grafen Fulco von An-
jou en tsührter Gemahlin, sich trauen lassen. Doch un-
gleich wichtiger war ein andrer Zweck, den Urban eben-
falls Zn Clermvnt mit Kraft und Klugheit ins Werk
fetzte. Langst erschollen aus Palästina bittre Klagen über
das U.urecht, welches nach Jerusalem wallfahrende Pilger
von den Ungläubigen erdulden mußten. Vorüber waren
die T.age Harun al Raschids, der dem großen Karl zu
lieb den Christen freien Zutritt ans heilige Grab ver-
gönnt hatte. Don seiner Höhe gesunken war das Chali-
fat in Bagdad, und ein andres Volk hauste an der Ara-
der Statt im gelobten Lande: seldschuckische Türken bc-
dräncsten, thcils aus Raubsucht, theils aus blindem Re-
ligionshasse unter empörenden Greueln die Pilger, for-
derten von ihnen, welche gewöhnlich schon durch die Ko-
sten der Reise erschöpft waren, gegen die Erlaubnis;, am
Grabe Jesu zu beten, den lästigen Tribut eines Gold-
stückes, überfielen sie während der Hin - oder Herreise,
plünderten und ermordeten ganze Schaaren, drückten die
arme Gemeinde der Christen zu Jerusalem, entweihten
geflissentlich, was den Christen als das Heiligste galt,
und waren frech genug, den ehrwürdigen Patriarchen von
Jerusalem aufs gröbste zu mißhandeln. Schon Gregor Vh.
hatte daher ernstlich alle Gläubigen zum Beistände der
Christen im Morgenlande aufgcfvrdert, und was damals
der Kampf mit Heinrich Iv. verhindert hatte, kam nun desto
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Extrahierte Personennamen: Klemens_Hl Philipp_I._von_Frank« Philipp_I. Bertha Bertrada Urban Harun Karl Karl Gregor_Vh Gregor Heinrich_Iv Heinrich
\
Die Zeit der Karolinger. 471
sein Land. Scheidend ermahnte er seine Umgebungen,
Karl sich zu unterwerfen, und so kam wieder ein Karo»
linger auf den Thron, aber ein solcher, dem cs ebenso-
wohl an Kraft fehlte, die Großen im Gehorsam zu er-
halten , welche ihren Vätern gegebne Lehen wie ein Ei-
genthnm betrachteten, als auch an Reichthnm, um seine Ge-
treuen zu belohnen und andern an ihn ergehenden Forde-
rungen Genüge zu leisten. Die Hauptfeinde des Reichs,
die Normannen, setzten daher unaufhörlich ihre Plünde-
rungen fort. Insonderheit machte sich Hrolf als An-
führer furchtbar, der, um nicht sein freies Haupt unter
eines Königs Herrschaft beugen zu müssen, sein Vater-
land verlassen hatte.
Zn den beiden nordischen Reichen Dänemark und
Norwegen hatte nämlich in der Mitte des neunten
Jahrhunderts eine merkwürdige Revolution Statt gefun-
den. In Dänemark war im Jahre L11 Gottfrieds Nach-
folger Hcmmnig gestorben, und nach seinem Tode
ein heftiger Krieg wegen der Nachfolge unter den jüti-
schen Völkern ausgebrochen. Gottfrieds Söhne vertrie-
den den König Harald, welcher Ludwig den From-
men um Schutz ansprach. Ludwig hoffte von dieser
Verbindung Vortheil für den Anbau der Kirche im Nor-
den zu ziehen, und sandte mit den Grafen Theotar
und Nodmund, welche Haralds Sache unterstützen
sollten, den Erzbischvff E bb0 von Rheims und Ha-
lit gar von Cambray nach Jütland. Große Schwie-
rigkeiten stellten sich den Glaubensboten in den Weg.
Doch reiste Harald, obwohl wahrscheinlich mehr durch
die Geschenke angelockt, welche man den Neugetauften
Zu machen pflegte, als durch seine Ueberzeugung getrie-
den, zu Ludwig, und ließ sich taufen (826), wobei er
29 *
/
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Gottfrieds Gottfrieds_Söhne Harald Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Cambray Harald Ludwig Ludwig
476
Zweites Hauptstück.
den Namen Robert an; er hcirkthete, obgleich schon
60 Jahre alt, die vierzehnjährige Gisela und besetzte al-
les Land von der Andelle und Enre bis zum Meere, und
auch über die Bretagne wurde ihm das Oberlehnsrecht
gegeben. Er selbst sollte den König von Frankreich als
seinen Oberlehensherrn anerkennen. Aber bei der Huldi-
gung zeigten sich Schwierigkeiten. Denn Robert wei-
gerte sich bestimmt, als Vasall dem Könige die Füße zu
küßen. Endlich gab er zu, daß diese Cercmonie durch
einen seiner Leute vorgenommen werde, aber dieser, statt
sich auf das Knie niederzulassen, wie es die Sitte for-
derte, hob den Fuß des Königs so ungeschickt zu sich in
die Höhe, daß Karl rücklings nicderstürzte. Frankreich
war nun durch die Normandie (so nannte man Ro-
berts Gebiet) gegen die Einfälle der Normannen ge-
schützt, und in seinem Lande führte Robert (j- 917)
eine so strenge Ordnung ein, daß er drei Jahre lang
goldne Armbänder an Eichen aufhieng, ohne daß Je-
mand sie wegzunehmen wagte. — Ehe noch Frank reich
durch Vertrag gegen die Norm an neu sich schützte, hatte
Deutschland dieselben mit den Waffen nachdrücklich zu-
rückgewicsen. Denn König Arnulf war ein streitbarer Held,
würdig seiner großen Ahnen, dem Geiste nach ein ächter
Karolinger, dem, wo er sich hinbegab, der Sieg folgte.
Er schlug 891 die Normannen bei Löwen, wo sie sich,
nach schrecklicher Verheerung Lotharingens und der Rhein-
gegenden bis Mainz, auf die Kunde von seinem Anzug
verschanzt hatten, so entscheidend, daß vom Jahre 892
an, wo ihre Neste, weil Arnulf anderweitig in Anspruch
genommen war, noch einen Ranbzug wagten, Deutsch-
land von diesen Feinden frei blieb. Aber nicht blos mit
den Normannen, auch mit den slavischen Völkern im
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Extrahierte Personennamen: Robert Gisela Robert_wei- Karl Karl Robert_( Frank
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich Deutschland Lotharingens Rhein- Mainz