130
Neue Geschichte.
die Lehren und Einrichtungen Calvins. Auch sie wurden, ähnlich wie
in Spanien, mit Grausamkeiten aller Art verfolgt; aber ihre Zahl war
trotzdem gewachsen. Ja, es kam zu offenem Kriege zwischen den beiden
Religionsparteien, und als die Katholiken — die Partei des Hofes —
mit Gewalt nichts ausrichten konnten, nahmen sie ihre Zuflucht zur
Verstellung und zum Meuchelmord.
b. Die Bartholomäusnacht; Pariser Bluthochzeit. Der Hof
stellte sich freundlich gegen die Hugenotten, man bewilligte ihnen freie Reli-
gionsübung, und die Mutter König Karls Ix., Katharina von
Medici, vermählte sogar ihre Tochter, Margarete von Valois
(spr. Waloa), mit einem der Häupter der reformierten Partei, Heinrich
von Navarra. Die Häupter der Hugenotten, Admiral Coligny
(spr. Kolinji) und der Prinz Conds (spr. Kongdee), nebst einer großen
Zahl ihrer Glaubensgenossen wohnten der Feierlichkeit bei und wurden
von der königlichen Familie mit Auszeichnung empfangen. Aber man
hatte sie nur nach Paris gelockt, um sie mit einem Schlage vernichten zu
können. Der junge König war von Herzen wohlwollend, aber leicht
heftig und gereizt. Seine Mutter Katharina erfüllte seine Seele mit
gräßlichen Bildern von den geheimen Plänen der Hugenotten und drang in
ihn, in eine allgemeine Ermordung der Hugenotten zu willigen. Anfangs
sträubte er sich'; als man ihm aber beteuerte, Coligny habe eine Ver-
schwörung gegen den Thron und gegen alle Katholiken eingeleitet, rief
er: „Man töte den Admiral, aber nicht ihn allein, sondern alle Huge-
notten, damit auch nicht einer übrig bleibe, der mir darüber Vorwürfe
machen könnte!"
Die Vorbereitungen zu diesem grauenvollen Blutbade wurden mit
aller Verschwiegenheit getroffen; die Nacht vom 23. auf den 24. August
15)72 ward zur Ausführung bestimmt. Nur Heinrich von Navarra und Prinz
Conds sollten verschont bleiben, aber gezwungen werden, die katholische
Religion anzunehmen. Die Glocke des Schlosses sollte das Zeichen geben,
ein weißes Band am linken Arm das Kennzeichen der Katholiken sein.
Als es dunkel geworden, erwartete der König mit klopfendem Her-
zen die bestimmte Stunde. Seine Mutter verließ ihn keinen Augenblick,
sondern sprach ihm Mut ein. Dennoch mußte man ihm endlich den
unheilvollen Befehl zum Läuten der Glocke abnötigen. Mit der Unruhe
eines Verbrechers lief der König zum Fenster und sah zitternd in die
Nacht hinaus. Dasselbe thaten'seine Mutter und sein Bruder; auch sie
zitterten in ängstlicher Erwartung des zweifelhaften Ausganges. Endlich
fiel ein Pistolenschuß, darnach war es wieder still. In der Angst wünschten
sie den unheilvollen Befehl zurück, aber zu spät: das Blutbad hatte be-
reits begonnen.
Gleich nach dem gegebenen Zeichen hatten 300 Geharnischte das
Haus Colignys besetzt.' Auf den Zuruf: „Im Namen des Königs!"
wurde die Pforte geöffnet, und die Verwegensten stürzten die Treppe
hinauf, ermordeten die Wache und drangen in das Schlafzimmer des
Admirals. Dieser war gleich bei dem ersten Lärm aufgesprungen und
stand mit dem Rücken an die Wand gelehnt, als die Mörder eindrangen.
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Extrahierte Personennamen: Karls_Ix. Katharina_von
Medici Margarete_von_Valois Heinrich
von_Navarra Heinrich Admiral_Coligny Katharina Coligny August Heinrich_von_Navarra Heinrich Conds
Extrahierte Ortsnamen: Spanien Karls Paris Haus_Colignys
Mittelalterliche Zustände.
65
Während dieser fortwährenden Kriege des Kaisers in Italien riß
in Deutschland Gesetzlosigkeit ein; Raub und Fehden nahmen überhand.
Da brachen 1241 aus den Wüsten Hochasiens die Mongolen, heid-
nische Barbaren, nach Deutschland herein. Der Kaiser kümmerte sich
um dieses drohende Unheil nicht; da stellten sich ihnen die schlesischen
Fürsten unter Führung Heinrichs des Frommen auf der Wahl- 1241
statt (bei Liegnitz) entgegen. Zwar konnten sie gegen die Unzahl der
Feinde den Sieg nicht erringen; diese halten aber vor der deutschen
Tapferkeit solche Achtung bekommen, daß sie umkehrten.
d. Konrad Iv. und Konradin. Friedrichs Sohn Konrad Iv.
(1250 — 1254) vermochte sich in Deutschland gegen seinen, vom Papste
unterstützten Gegenkönig, Wilhelm von Holland, nicht zu halten;
er ging nach Italien, wo er schon 1254 starb. Er hinterließ einen
Sohn, Konrad, von den Italienern Konradin genannt, der in Deutsch-
land erzogen wurde. Als dieser zum Jüngling herangewachsen, wollte
er seine italienischen Erblande wieder erobern, mit denen der Papst den
Bruder des Königs von Frankreich, Karl von Anjou (spr. Angju),
belehnt hatte. Er ward aber nach einer siegreichen Schlacht überfallen,
gefangen genommen und ungerechter Weise zum Tode verurteilt. Nebst
seinem Freunde Friedrich von Baden ward er 1268 bei Neapel ent-
hauptet. So endete das einst so glänzende hohenstaufische Geschlecht!
X. Mittelalterliche Zustände.
1) Das Rittertum.
g. Die ritterliche Erziehung. Schon in den deutschen Heeren der
Völkerwanderung galt der Dienst zu Pferde für ehrenvoller als der zu
Fuß. Der Reiter war ganz in Eisen gehüllt; diese Bewaffnung aber,
sowie die Anschaffung und Unterhaltung des Streitrosfes konnten nur
wenige beschaffen. So kam es, daß die Fußgänger aus den unteren
Ständen waren, die Reiter oder Ritter dagegen aus den Adeligen.
Die Ritter bildeten die Hauptstärke eines Heeres; denn sie waren den
Fußgängern nicht nur durch bessere Rüstung überlegen, sondern auch da-
durch, daß sie für den Kriegsdienst erzogen wurden.
Schon mit dem siebenten Jahre ward der Knabe von adeliger Her-
kunft in das Schloß eines anderen Ritters gebracht, um hier als Edel-
knabe mit anderen Altersgenossen im Dienste seines Herrn und in ehr-
furchtsvollem Umgänge mit Edelfrauen die ersten Anfänge der Rittersitte
zu lernen. Er wartete bei der Tafel auf, säuberte seinem Herrn die
Waffen und übte sich im Reiten, Fechten und Schießen; so härtete er
seinen Körper ab und lernte Gehorsam und Zucht. Mit dem vollendeten
vierzehnten Jahre ward er durch Umgürtung mit einem vom Priester
geweihten Schwerte wehrhaft. Er hieß jetzt.knappe oder Junker
(Jungherr) und lernte die Waffenkunst in strengen Übungen. Er legte seinem
Herrn die Waffen an und begleitete ihn zu jeder Zeit, zu der Lust der
Jagd, der Feste und Waffenspiele, sowie in die ernste Schlacht. Treue
Anhänglichkeit und Sorge für seinen Herrn war seine höchste Pflicht;
Hosfmeyer und Hering, Hülfsbuch Ii. r
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Heinrichs Konrad_Iv Konrad Konradin Friedrichs Konrad_Iv Konrad Wilhelm Konrad Konrad Konradin Karl_von_Anjou Karl Friedrich_von_Baden Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Italien Deutschland Deutschland Liegnitz Friedrichs Deutschland Holland Italien Deutsch- Frankreich Neapel
Die Bartholomäusnacht.
131
„Bist du Coligny?" schrie ihm einer entgegen. „Ich bin's", erwiderte
der Admiral rlchig, „junger Mann, habe Achtung vor meinen grauen
Haaren." Aber dieser stieß dem alten Manne den Degen in den Leib;
viele andere Stöße und Hiebe folgten nach. Den Leichnam warf man
zum Fenster hinaus. Zu derselben Zeit hatte auch das Morden auf
den Straßen begonnen. So heftig der König vor dem Anfange des
Blutbades gezittert hatte, um so wütender wurde er nachher. Mehrmals
rief er zum Fenster hinaus: „Tötet, tötet!" Ja, er soll selbst auf die
Fliehenden geschossen haben. Seinen neuen Schwager, Heinrich von
Navarra, und den Prinzen Conde ließ er in der Nacht zu sich kommen
und erklärte ihnen mit wilder Miene: „Die Häupter der Hugenotten
werden soeben auf meinen Befehl getötet. Euch will ich, in Anbetracht
eurer Jugend, verschonen; doch verlange ich, daß ihr zur katholischen
Kirche zurückkehrt." Heinrich versprach in der Angst alles; Prinz Conde
weigerte sich und erhielt drei Tage Bedenkzeit. Noch zwei Tage währte
das Morden. Dann durchzog der König mit seiner Höflingsschar die
leichenerfüllten Straßen und weidete sich an dem gräßlichen Anblick. Auch
Colignys Leichnam fand man; der Pöbel hatte ihn auf alle Art ver-
stümmelt und endlich bei den Beinen an einen Galgen gehängt. Als
nun einige Höflinge vor dem Gerüche der Leiche sich abwandten, "trat der
König noch näher hinzu und sprach: „Ein toter Feind riecht immer gut!"
Aber nicht nur in Paris, sondern in fast allen Provinzen wurden
in diesen Tagen die Hugenotten ermordet. Nur wenige Statthalter hatten
den Mut, sich zu widersetzen; einer vernichtete den Befehl auf der Stelle,
ein anderer schrieb, er habe in der Stadt gute Bürger und mannhafte
Soldaten, aber keinen Henker gefunden. 'Beide stürben bald darauf,
man vermutete, an Gift. Die furchtbare Mordnacht nennt man wegen
des darauf folgenden Bartholomäustages die Bartholomäusnacht,
oder auch, weil sie bald nach der Hochzeit des Königs Heinrich von Na-
varra stattfand, die Pariser Bluthochzeit. Das Ereignis erregte
im Auslande teils Freude, teils Abscheu.
Der „heilige Vater", Gregor Xiii., ließ ein Dankfest feiern, die Kanonen lösen
und eine Münze auf die Vernichtung von mindestens 35 000 Ketzern schlagen; ebenso
triumphierte Philipp Ii. von Spanien; England und Deutschland aber äußerten laut
ihren Abscheu, und Kaiser Maximilian Ii., Karls Ix. Schwiegervater, sprach: „Wollte
Gott, mein Tochtermann hätte mich um Rat gefragt; wollte ihm treulich als ein
Vater geraten haben, daß er solches nimmer gethan hätte."
c. Edikt von Nantes. Schon zwei Jahre nachher starb Karl Ix.,
von Gewissensbissen gequält, an einer unheilvollen Krankheit, die ihn bald
nach der Buthochzeit überfallen hatte. Nach dem Tode seines Bruders,
Heinrichs Iii. (1589), folgte jener Heinrich von Navarra als Heinrich Iv.
Dieser erließ das Edikt von Nantes (spr. Nangt), durch welches die 1598
Hugenotten gleiche Rechte mit den Katholiken erhielten, und machte so
den blutigen Religionskriegen ein Ende. Dafür fiel er aber durch Mörder-
hand. (1610.)
9 *
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Extrahierte Personennamen: Coligny Heinrich_von
Navarra Heinrich Heinrich Heinrich Colignys Heinrich_von_Na- Heinrich Gregor_Xiii Gregor Philipp_Ii Philipp Maximilian_Ii Maximilian Karls Karl_Ix. Karl_Ix. Heinrichs Heinrichs Heinrich_von_Navarra Heinrich Heinrich_Iv Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Paris Spanien England Deutschland Karls Nantes Nantes
120
Die Weltgeschichte»
hatte sich an einem schwülen Tage in den Fluß Cydnus
(jetzt Salcph genannt) gestürzt, um sich abzukühlen,
bekam aber durch die plötzliche Verkältung einen Schlag-
fluß, der seinem berühmten Leben ein Ende machte. Sein
Sohn Heinrich 6 folgte ihm. Dieser Fürst hat in der
Geschichte den Namen der Grausame t den er auch mit
Recht verdient. Eö war nemlich sein Schwager, Wil-
helm , König von Sicilien, ohne Erben verstorben, und
er wollte dies Reich in Besitz nehmen, als die Sicilianer
einen «eigenen König ^ancred wählten. Bald darauf starb
jedoch auch dieser ^ancrcd, und die Gemali» desselben,
Stdylle, übergab dem Kaiser Sicilien willig, bat sich
aber für ihren jungen Prinzen Wilhelm das Fürstenthum
Darcnt aus. Heinrich versprach dem Prmzen dieses
Land; als er sich aber im Besitze von Sicilien sähe, ließ
er dem schuldlosen, einzigen Sohne der Mutter die Augen
aussiechen, ihn entmannen und in einen Kerker werfen,
die Mutter aber sammt ihrer Tochter in ein Kloster sper-
ren. Als er diese unmenschliche Grausamkeit verübt hat-
te, unternahm er einen Kreuzzug. Cs giengcn zu glei-
cher Zeit drey große Heere nach Asien, wovon er eins
rommandirte» Er führte das seinige durch Italien, um
auf dicsim Wege sich an den Sicilianern zu rachen, die
sich gegen ihn empört hatten. Er überwand zwar die
Aufrührer, wüthete aber wie ein Tieger gegen sie. Ei-
nen Nachkömmling des normannischen Fürstens, Na-
mens Jornarrdl, ließ er nackend auf einen glücnden
eisernen Thron fesseln, und ihm eine glüende Krone auf
den Kopf nageln, weil dieser unglückliche Mann sich den
Verdacht zugezogen hatte, als strebe er nach der Krone
von Sicilien» Diese teufelische Grausamkeit empörte das
Herz jedes seiner Unterthancn gegen ihn; ehe es jedoch
Zum vollen Ausbruche des Aufruhrs kam, starb er im
Jahr 1197 Zu Mssrrm plötzlich, wie man glaubt, an
Gift.
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_6 Heinrich Wilhelm Heinrich Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Sicilien Sicilien Asien Italien Sicilien
Llß Die Weltgeschichte.
lung Rudolphs von Hadsburg das große Zwischen-
reich. Diesen unseligen Instand nützten jetzt die italiä-
nischcn Staaten, sich ganz vom deutschen Reiche loszu-
reißen. In Deutschland selbst machten sich viele Städte
und Gebiete srey; denn eö bildete sich jetzt die Reicbs-
tittcrfdbcift, auch entstanden die meisten Reichsstädte
und selbst das Hcrzogthum Schwaben wollte unter kei-
uem Herzoge mehr stehen. In diesem Erblande der
Hohenstaufischen Kaiser regierte jetzt als Herzog Conradin,
Friedrichs z Enkel, ein Jüngling, der seines Groö-
vaterö Geist, aber auch dessen Feinds geerbt hatte. Die
Schwaben vertrieben ihn, weil sie, wie gesagt, keinen
Herzog mehr haben wollten, und der unglückliche Prinz
floh nach Sicilien, das ihm noch zugehörte. Allein der,
der sich den Stellvertreter des Allgükigen nennt, hatte
dies Reich an Carl Von Anjou, Prinzen von Frankreich,
verschenkt. Zwar suchte Conradin sein Eigenthum mit
den Waffen zu erfechten; allein Carl bekam ihn gefangen
und ließ diesen siebenzehnjährigen, bofnungsvollen Prinz
am 29. Oct. 1269 zu Neapel öffentlich enthaupten.
Und so war denn also mit dem unschuldigen Blute des
letzten Abkömmlings auö dem Hohenstaufischen Hause die
Rache-des heiligen Vaters gegen die Glbellincn gesättigt.
Der Prinzenmörder Carl setzte sich nun auf den Thron
von Sicilien, und das deutsche Erbtheil des Hingerichte-
ten, das Herzogthum (Schwaben, rissen die benachbar-
ten Fürsten an sich. Auch Franken, das bisher den
Kaisern gehört hatte, wurde ihnen genommen, viele
Reichsstädte hörten auf, den Kaisern Abgaben zu zahlen,
die meisten deutschen Fürsten siengen an, sich die llan-
deshvhclt in ihren Landern anzumaßen, und sieben der
Vornehmsten unter ihnen, nemlich die Erzbischöfe von
Mavnz, Trier und Köln, der König von Böhmen,
der Herzog von Sachsen, der Markgraf von Bran-
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Extrahierte Personennamen: Hadsburg Friedrichs Carl_Von_Anjou Carl Carl
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Hohenstaufischen Friedrichs Sicilien Frankreich Neapel Hohenstaufischen Sicilien Schwaben Sachsen
Die Geschichte nach Christi Geburß. 24s
ftr große Kaiser starb im Jahr 1z19 im sechzigsten Jahre
seines Alters»
Ursprung des Königreichs deyder Sicilien.
Nachdem wir uns etwas lange im deutschen Vater-
lande verweilt haben, wollen wir nun auch, jedoch ganz
kürzlich, die Schicksale der übrigen Staaten kennen ler-
nen. Erinnert Euch jetzt, daß zu Ende des vorigen Zeit-
raums der Normann Roger von Neapel aus die Insel
Sicilien eroberte und sich Grasen von Sicilien nannte»
Sein Sohn Roger 2. vereinigte beyde Lander mit ein-
ander und nahmim Jahr 1229 den Titel: König bey-
der Sicili n an. Hierauf kamen beyde Länder durch,
eine Vermahlung an die Schwäbischen Kaiser; und
als der letzte Zweig dieses Stammes, Conmdin - En«
kel Kaisers ^riedrid) 2, dieser Reiche beraubt, und
sogar hingerichtet wurde, eignete sich im Jahr 1263 der
französische Herzog, Carl von Anjou, dies Königreich
zu. Da aber dieser Prinzenmörder auch mit fernem
neuen Volke sehr strenge verfuhr, so bekamen die Sicn
lianer einen solchen Abscheu gegen ihn und seine Franzo-
sen, daß sie sich insgeheim zu einem Lkufruhx gegen ihre
Tyrannen verschworen. Ein sicrlianischer Edelmann,
Johann von Proewa, siand an der Spitze dieser Ver-
schwornen, und ein ungefährer Zufall brachte den Aufruhr
zum schleunigen Ausbruch. Am Osterabende des Jahrs
1282 hielten nemllch die Franzosen und Neapolitaner ge-
meinschaftlich eine große Proeeffion nach einer Kirche nicht
weit von Palermo. Emo Braut kam mit ihrem Gefol-
ge vor dem Zuge vorbey und einer der Franzosen be-
schimpfte sie. Hierüber erzürnt stach ein junger Ncapo«
lttaner den Frevler durchs Herz» Dies diente zum Sig-
nal der Empörungdenn schon auf der Stelle wurden
20q Franzosen erschlagen. Hierauf lief der Pöbel wü-
Q 3 theyd
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Extrahierte Personennamen: Christi_Geburß Normann_Roger_von_Neapel Carl_von_Anjou Johann_von_Proewa Johann
24 6
Die Weltgeschichre.
thend durch die Stadt und ermordete ohne Unterschied der
Alters und Geschlechts alles, was von der französischen
Nation in derselben war. Eben diese Wuth verbreitete
sich über die ganze Insel und es geschah ein allgemeines
Blutbad. Dies unmenschliche Würgen, wobey die er--
feüterten Sicilianer selbst der Säuglinge nicht' verschon-
ten, heißt die Sicilianische Vesper, weil eine aus
der Trauungs - Vesper zurückkehrcnde Braut dazu die
zufällige Gelegenheit gegeben hatte. Da der spanisch-
arragonische König Peter Anspruch auf Sicrlien machte,
so öfneten ihm die Sicilianer willig ihre Thore; Neapel
aber behielt der grausame Carl noch einige Zeit, worauf
auch dieses Reich an Arragonien kam. Und als der spa-
nische König Ferdinand der Catholische ganz Spanien
eroberte, so gelangte im Jahr 1504 das Königreich bey-
der Sicilien gleichfalls unter seinen Scepter.
Ursprung des Königreichs Portugall.
Als wir im vorigen Zeitraum in Spanien waren, sähet
Ihr, daß Heinrich, Prinz von Burgund, nach einem
glücklichen Feldzuge gegen die Araber das ehemalige
Tusitamett oder Portugall vom König von Spanien un-
ter dem Titel einer Grafschaft geschenkt bekam. Dieses
H Ulrichs Sohn, Alphonsu , nahm im Jahre 1139
zuerst den Titel eines Königs von Portugall an, tnib er
und seine Nachkommen erhielten sich in dieser Würde,
auch machten sie einige Eroberungen gegen die Araber;
doch als ein kleines Königreich hatte es fürs erste noch
keinen Einfluß auf die übrigen Staaten von Europa.
Aber seit dem Jahre 1415 entdeckten pvrtugi sische
Seefahrer viele Lander und Inseln an der afncanlschen
Küst ; auch gelang cs ihnen, verschiedene dieser Inseln
zu erobern. Die wichtigsten waren Porftnmto und
Madera, die sie mit Weinreben und Zuck-.-rohr der
pst-n-.»-
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Extrahierte Personennamen: Peter_Anspruch Carl Ferdinand Heinrich Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Neapel Spanien Sicilien Spanien Burgund Spanien Alphonsu Europa
Die Geschichte nach Christi Gebmt. L - ■,
zöslscheu Geistlichkeit, dem König auch nicht einen rochen
Heller zu reichen. Philipp ward böse und schickte ein
Heer Truppen nach Italien, um den kecken Römer zu
züchtigen, der sich unterstanden hatte, in Frankreich be-
fehlen zu wollen. Wirklich bekam das Heer den Pabst ge-
fangen, und einer der Anführer, Namens (Acilm'u, ver-
grif sich sogar an dessen Person durch Schlage, obgleich
E>d»nichcius in seinem pabstlichen Schmucke war und die
dreyfache Krone trug. Dieser Schimpf kränkte ihn so
sehr, daß er zwey Tage darauf starb. So vielen Ruhm
sich jedoch Philipp durch die Demüthrgung der Päbste
erwarb, so großen Mscheu zog er sich von ganz Europa
durch eine mörderische Handlung zu, die nicht leicht ihres
gleichen har. Die Tempelherren, deren Ursprung ich Euch
genannt habe, hatten nach dem Ende der Kreuzzüae nicht
mehr Lust, gegen die Türken zu streiten, zumal, da sie
mit ihren durch Tapferkeit erworbenen Reichthümern be-
quem genug leben konnten. Sie verbreiteten sich also
durch Frankreich, Spanien, Italien und Deutschland
und verzehrten ihre Güter in Ruhe. Diese Gemächlich»
feit, worin sie lebten, und der Aufwand, den sie machten,
zogen ihnen vornemlich in Frankreich Neider und bald
darauf Ankläger zu. Philipp, der nach ihren Gütern
strebte, hörte die Anklagen ihrer Feinde gern; und weil
er mit dem Nachfolger des Bonifacius vertraglicher
umgieng, so bewog er diesen, mit ihm gemeinschaftlich
auf den Untergang des angeklagten Ordens loszuarbeiten»
Obgleich ein Krnd den Ungrund und die Lächerlichkeit der
Anklagen hatte begreifen können — denn man beschuldig-
te unter tausend andern läppischen Dingen die Tempel-
herren, daß sie eine Katze göttlich verehrten — so reichte
der heilige Vater dem allerchristlichen König doch gern die
Hand. Nun gieng Philipp sogleich voll barbarischen
Eifers ans Werk, und ließ einige hundert dieser Ru'ter, wor-
unter
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Extrahierte Personennamen: Philipp Philipp Philipp Philipp Philipp Philipp
Extrahierte Ortsnamen: Christi Italien Frankreich Europa Frankreich Spanien Italien Deutschland Frankreich
Die Weltgeschichte.
25$
sucht befriedigte er durch Erlangung der Herzogthums
Buraund; aber seinen Wunsch, lange zu leben, muß-
te er unbefriedigt lassen, denn er hatte eine so entsetzliche
Furcht vor dem Tode, daß er sich von nun an in eines
seiner Schlösser verbarg, um daftlbss, wo möglich, den
Anfallen desselben fürs erste zu entgehen. Allein er war
ja ein Mensch und mußte sterben. Es geschah im Jahr
1483. Sein Sohn, Carl 8, brachte das Herzogthum
Bretagne an Frankreich. Der Nachfolger desselben,
Ludwig 12, machte zwar keine Eroberungen, aber er war
für seine Unterthanen ein wohlthäriger Fürst, und wurde
deswegen der Vater des Volks genannt. Er sta b zu
Ende dieses Zeitraums, im Jahre lziz.
Verfolg der Geschichte von Cnglaud.
Noch herrschte zu Anfang dieser Periode der Normarm
Wilhelm über England und er drückte die Nation mit
äußerster Harte. Ihre ansehnlichsten Geschlechter genetherr
Ln den tiefsten Verfall und das Volk sank in Armuth und
Verachtung, so daß der Name Engländer eine -Zeitlang
nicht viel besser, als ein Schimpfwort war. Auch gegen
seine eigenen normannischen Unterthanen war er streng bis
zur Grausamkeit, vornemlich aber war das Jagdrecht,
das er übte, unmenschlich: denn er ließ jedem Wilddieb
die Augen ansstechen. Mit seinen Söhnen starb der
männliche Stamm der normannischen Könige in England
aus, aber seine Tochter Mathilde, die anfänglich Kai-
ser Heinrichs 5. Gemalin gewesen, nachher aber mit ei-
nem Grasen von Pvüou in Frankreich vermahlt war,
hatte einen Sohn, und dieser, kam unter dem Namen
Heinrich 2. auf den englischen Thron. Dieser Fürst war
unter den bisherigen Königen von England der mächtigste:
dennvon seinem Vater, dem Grafen von Poitou, hatte er
vrele Lander in Frankreich geerbt und in der Folge unter-
warf
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Extrahierte Personennamen: Carl_8, Ludwig_12 Ludwig Cnglaud Wilhelm Mathilde Heinrichs Heinrichs Heinrich Heinrich Poitou
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich England England Frankreich England Frankreich
Die Geschichte nach Christi Geburt. Esk
warf er sich auch ganz Jrcland, das bisher unter vielen
kleinen inländischen Regenten.gestanden hatte. Hrinnch
verdiente es, ein mächtiger König zu ftyn r denn er wsx
ein weiser, gerechter, tapferer und gütiger Fürst und ein
sehr zärtlicher Vater seiner Kinder. Diese letzteren miss
brauchten seine Güte: denn sie vermogten ihn Zu dem uns
überlegten Schritt, ihnen noch bey seinen Lebzeiten ihr
küuftlges Erbtheil anzuweisen. Hierdurch entstand e'n
Unglück, was in solchen Fällen gemeiniglich zu entstehen
pflegt: die Brüder geriethen in blutige Streitigkeiten un-
ter sich und mit dem Vater, und ein jüngerer derselben,
Johasttt, trachtete dem letzterer sogar nach Krone und Le-
den. Bey diesem Jammer vergieng sich der unglückliche
Vater so weit, daß er seine Söhne verfluchte, auch Zog
er sich sein Leiden so sehr zu Herzen, daß er im Jahr
ii89 vor Gram starb. Ihm folgte der beste unter sei-
nen Söhnen, Richard, ein vortreflichcr Prinz, der das
seinem Vater angethane Herzeleid nunmehr aufrichtig be-
reuete, und alle Diener seines Vaters, die bisher von
den Brüdern verfolgt worden waren, in ihren Würden
und Aemtern bestätigte. Zur vollkommenen Büßung sei-
ner Vergehungen übernahm er in Gesellschaft des Königs
von Frankreich , Philipp August, einen Kreuzzug. Je-
der von ihnen führte ein Heer von 50,020 wvhlgcübten
Truppen nach Aegypten gegen den berühmten Sultan
Saladin. Der englische Anführer verrichtete große Thar
ten und zwang unter andern die Stadt Pwlemais, sich
ihm zu ergeben. Er machte die ganze starke Besatzung
zu Kriegsgefangenen, und eroberte bey dieser Gelegenheit
das wahre Kreuz Christi wieder. Durch diesen Ruhm
zog sich Richard den Neid seines Bundesgenossen, des
Königs Philipp August, in so hohem Grade zu, daß der
französische König unter dem Vorwand einer Schwächlich-
keit nach Frarckreich zurückgieng. Richard, welcher
R 3 , vlele
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp]]
TM Hauptwörter (100): [T67: [Kaiser Türke König Jahr Ungarn Heer Land Friedrich Kreuzzug Jerusalem], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T64: [Vater Sohn Jahr Tod Mutter Regierung König Kind Heinrich Bruder], T16: [König Heinrich Karl Frankreich Neapel Sohn England Philipp Herzog Bruder], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk]]
Extrahierte Personennamen: Hrinnch Philipp_August Philipp August Saladin Richard Philipp_August Philipp August