Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Beschreibung der Preußischen Rheinprovinzen - S. 33

1829 - Crefeld : Funcke
33 \ die Viehzucht Werth legen. Jeder Bauer hat seine Kühe im Stalle; in der Regel außerdem auch eine oder meh- rere Ziegen; die größeren Bauern haben Schaafheerden, und auch der kleinste mästet im Herbste ^ sein Schweln, so daß er nicht viel Fleisch zu kaufen nöthig hat. Auf den Rheinwiesen weiden Schaaren von Ochsen und Kühen, meist von bunter Farbe, selten einfarbig und roth, gewöhnlich schwarz und weiß. In den Städten werden außerdem städtische Gewer- be getrieben, Handwerke und Künste. Auch blühen in einigen Gegenden Fabriken: in Mörs Baumwollspinne- reien und Flanellfabriken, in Vluyn und andern Orten Webereien, Baumwollfabriken und dgl. Auch werden in vielen Orten des Kreises wollene Tücher, Leinwand, Hüte, Lichter und Seife, Porzellanwaaren, Töpfe und andere Sachen verfertigt. Aber den eigentlichen Reichthum des Landes machen die Fabriken nicht aus, und man hat nicht Ursache, die Verbreitung und Vermehrung derselben auf dem Lande zu wünschen. Denn mit ihnen verbreitet sich der ver- dorbene Geist der Fabrikarbeiter, wie er in allen Fa- brikgegenden der Erde angetroffen wird: Leichtsinn, äu- ßere und innere Rohheit und Gemeinheit, Religions- schwärmerei und Mysticismus, und damit verbünden: Armuth, körperliche Schwäche, besonders Brustschwäche, und Siechthum überhaupt. Die Fabrikarbeiter sind in der Regel die unglücklichsten, ärmsten, bedauernswürdig- sten Menschen. Gott wolle unsern Landleuten ihren stillen Fleiß, ihre Genügsamkeit, ihre Sittsamkeit, ihren einfachen Sinn und ihre Gesundheit erhalten, und deß- wegen die Fabriken von ihnen entfernt halten! Ausgeführt werden: Früchte, Branntewein, Butter, Vieh und manche der oben angeführten Erzeugnisse. Ein- geführt: Metalle aller Art, Metallwaaren, Salz, Stein- kohlen, Porzelan, Pottasche, Wolle, Seide, Baumwolle, Leder, Papier, sogenannte Cotonialwaaren, als Kaffee, Thee, Zucker, dann Wein, Käse, Seefische und andere Gegenstände. Der Durchgangshandel ist nicht unbedeu- tend, besonders auf dem Rheine. Die Waaren, welche aus dem Auslande kommen, müssen an der Gränze ver- zollt werden. Deßwegen werden die westlichen Gränzen von Zollbeamten (Douanen) bewacht, deren Aufmerksam- keit ungeachtet — manche Wauren eingeschwärzt (einge- schmuggelt) werden. Deßhalb wohnen in den Gränzorten m der Regel viele schlechte Menschen. ">iesterw. Geogr. 3

2. Beschreibung der Preußischen Rheinprovinzen - S. 42

1829 - Crefeld : Funcke
42 4. Sitten und Gebräuche, Temperament und Cha- rakter der Bewohner. Es ist immer schwer, den Charakter der Bewohner eines Landes unbefangen, treu und wahr aufzufassen, und noch schwerer, ihn also in Worten darzustellen. Ich kann daher hier auch kein vollkommenes Gemälde der Bewohner des Kr. Geldern aufstellen wollen. Ueberdieß ist es ein mißliches Geschäft. Die meisten Menschen er- tragen eher einen Tadel, der ihre Person trifft, als einen Tadel über^ ihre ganze Familie, und diesen eher, als einen, der über den ganzen Volksstamm, dem sie ange- hören, ausgesprochen wird. Wenn man die Vorzüge eines Volksstammes auch noch so vollständig und gebüh- rend anerkennt und herausstellt, dem Gemälde aber ei- nige Schattenstriche beimischt, so erregen letztere ein Ge- fühl, welches leicht die heitere Stimmung, in welche jene Anerkennung der Vorzüge versetzte, übertäubt, und gegen den, der es wagt, seine Meinung offen zusagen, zur ungerechten Beurtheilung verleitet. Welcher West- pbale z. B. würde gern über seinen Stamm das Urtheil Horen: derselbe sei brav, tüchtig, offen, bieder, gastfrei, freiheitliebend, und wie die übrigen guten und preiswür- digen Eigenschaften des Westphaten 'weiter heißen, aber zugleich auch etwas breit, langsam und träge. Doch wir sehen von dieser Unart der menschlichen Natur und des engherzigen landschaftlichen Geistes ab und sagen offen unsere Meinung, wenn es uns, was in der Regel dem Fremdling eher zu glücken pflegt, anders gelungen ist, das Gemeinsame unserer jetzigen Landsleute aufzu- fassen. Wir wollen mit den schlimmen Eigenschaften be- ginnen, und das Beste, wie die Kinder beider Mahlzeit, bis zu Ende verschieben. 1. Langsamkeit und Bedächtigkeit. Der Gugerner thut Alles, was er thut, bedächtig und langsam; nirgends äußert er rasche Thatkraft und rührige Lebendigkeit. Er ist daher das gerade Gegentheil des lebendigen Franzosen. Dieser geht tanzend, jener in abgemessenem Schritte über die Straße und zu der Arbeit. Er theilt diese Eigenschaft mit dem Bewohner des Cle- vischen Landes überhaupt, und steht in diesem Stücke den Bewohnern des Bergischcn Landes gerade gegenüber. Dieser ist feurig, rührig., behende, rasch und kräftig ; kaum hat man ihn gesehen, so ist er auch schon um die Ecke. 'Der Gugerner nimmt sich Zeit. Mit diesem phleg-

3. Beschreibung der Preußischen Rheinprovinzen - S. 48

1829 - Crefeld : Funcke
48 Volkes anderwärts zu suchen, nämlich theils in den Er- fahrungen, welche das Volk zur Zeit der französischen Herrschaft gemacht hat, lheis in dem von Natur leicht entstehenden Mißtrauen des ungewandten Menschen ge- gen den gewandteren und gebildeteren. Es ist allgemein bekannte Thatsache, daß, außer einigen vorzüglichen und trefflichen Meuschen, die Mehrzahl der französischen Be- amten verderbliche Künste ausübte und sich der Bestech- lichkeit preisgab. Ihrer Lebensgewandtheit und Schlau- heit wurde es nur allzuleicht, das gutmüthige deutsche Volk zu berücken. Dessen wird aber seder Mensch durch schmerzliche Erfahrungen bald inne, und er geht dann, wenn auch schwer, endlich zu völligem Mißtrauen über, das sich eben so schwer, als es entstanden ist, wieder vertilgen läßt. Daher vermuthet das Landvolk auf der linken Rheinseite bei den Handlungen der Beamten und Vornehmen leicht überall versteckte eigennützige Absichten. Wir machen ihm dieß nicht gerade zum Vorwurfe, beklagen aber die Allgemeinheit dieser Eigenschaft außer- ordentlich. Denn sie verbittert dem Einzelnen die Freude an dem gesellschaftlichen Leben, und sie wirft allen Ver- besserungsversuchen schwer zu besiegende Schwierigkeiten entgehen. Nur lange Gewohnheit und viele Erfahrungen ei- nes bessern Sinnes von oben her, können das weit ver- breitete Mißtrauen, besonders gegen die gebildeteren Stände, allmählig bannen, und gewissenhafte, ihrem Amte gewachsene Beamten, welche in der nächsten Berührung mit dem Landvolke stehen, nämlich Richter, Advokaten, Aerzte und Prediger, werden allmählig das Vertrauen der Bewohner zu den Vorgesetzten und zu den gebildete- ren Ständen wieder Herstellen und das nur noch zu häu- fige Vertrauen zu Winkeladvokaten (Winkelkonsulenten), medicinischen und religiösen Quaksalbern vermindern und vernichten. In den Städten, wo, der Natur der Sache nach, eine größere Rührigkeit und Gewandtheit herrscht, haben die Leute von den Franzosen theilweise die Verschmitzt- heit , Schlauheit und Gewandtheit gelernt. Dem Cha- rakter des Landvolkes widerstrebten diese Eigenschaften allzusehr, als daß sie unter ihm hätten Platz greifen können. Dieser Umstand hat aber das (deßwegen nicht „überall" ungegründete) Mißtrauen der Landleute gegen die Städter nur noch gesteigert. Offenbar sind die Land- leute des Kr. Geldern im Allgemeinen einfachere und bessere Menschen, als die Bewohner der kleinen Städte

4. Beschreibung der Preußischen Rheinprovinzen - S. 49

1829 - Crefeld : Funcke
in welchen sich bei dem Mangel großartiger städtischer Gewerbe, bei dem unseligen Mangel aller Verbindungen rn Innungen, Zünften und Gilden und bei dem Mangel aller und jeder geschlossenen Korporationen der kräftige und edle Bürgersinn, den wir in den größeren Städ- ten unter dem wohlhabenden Bürgerstande treffen, nicht hat ausbilden können. Auch wollen wir es mit wahrer Freude anerkennen, daß es noch einfache und biedere Landleute giebt, die einander aufsein bloßes Wort und ein ehrliches Gesicht hin Geld leihen, und daß wenig- stens noch Fälle vorkommen, wo das altdeutsche Sprich- wort : ,,ein Wort, ein Wort — ein Mann, ein Mann" seine Geltung findet. Freilich sind diese Fälle selten, und sie scheinen immer seltener zu werden. Nachdem wir nun die Schattenseite der Bewohner des Kreises Geldern bezeichnet haben, wenden wir uns mit Vergnügen zu der Hellen Seite des Charakters der Bewohner. Es ist nicht zu verkennen, daß derselbe mehr in negativen, als positiven Eigenschaften besieht, ganz gemäß dem pflegmatischen Temperamente der Einwohner, Wir wollen sie auf einmal aufzählen. Der Bewohner des Kreises Geldern zeichnet sich durch sanften, bescheidenen Sinn, durch Zufrie- denheit mir seiner Lage und seinem Geschick, durch stillen Fleiß und durch die Unbekannt- schaft mit allen Versuchen zur Widerspenstig- keit und zur Auflehnung gegen die Absichten der Regierung aus. Er haßt die Reibungen; er liebt dagegen die Beibehaltung des, nach seiner Meinung be- währten besseren Alten; ihm kommt die Möglichkeit einer Verbesserung des gesellschaftlichen Zustandes durch Um- formung und Reformationen nicht in den Sinn; er ist gehorsam und treu der Obrigkeit und dem Könige. Da- bei sorgt er mit stillem Fleiße für die Bedürfnisse seiner Familie und Angehörigen. Er ist ein guter Vater und anhängliches Familienglied, und bringt für die, welche er die Seinigen nennt, gern ein Opfer. Natürlich hat er dagegen wenig Sinn für die Gemeinschaft des öffent- lichen Lebens. Die Zeitverhältnisse, welche die Vernich- tung aller lebendigen Gemeinschaft im Leben verwirk- lichten, waren der Bildung des öffentlichen Gemeinsinnes nicht günstig. Es haben sich daher in dem Bewohner mehr die häusliche stille Tugenden ausgebildet. In den meisten Familien kettet wahrer Familiensinn die Glieder an einander, der allerdings fast überall mit Spießbür- Diesterw. Geogr. 4

5. Beschreibung der Preußischen Rheinprovinzen - S. 56

1829 - Crefeld : Funcke
56 daher zur Erhaltung des Ganzen beitragen durch Sten- ern und andere Leistungen. Ein tüchtiger Mensch ist daher nicht bloß ein gutes Mitglied seiner Familie, son- dern auch ein guter Bürger, und er trägt als solcher Alles, was in seinen Kräften steht, dazu bei, daß in sei- ner Gemeinde und in seinem Staate Alles wohl bestellt sei. ^ Er achtet und respectirt Alles, was der Gemeinde gehört: öffentliche Gebäude und Anstalten, öffentliche Anlagen; er wird sich daber eben so wenig an öffentli- chem oder gemeinsamem Gute vergreifen, wie an Privat- besitzthum. Er wird nicht nur durch Fleiß und Thätigkeit dafür sorgen, daß die Glieder seiner Familie mit allen Bedürf- nissen des Lebens hinreichend versorgt werden, sondern auch bemüht sein, das Beste seiner Gemeinde und des Staates mit Rath und That zu fördern, und dahin zu wirken, daß die Wohlfahrt allgemein werde. Woran läßt es sich nun erkennen, daß es in einer Gemeinde gut stehe? Außer andern Dingen auch an folgenden: 1) daran, daß Kirchen und Schulen und andere Er- ziehungs- und Unterrichtsanstalten gedeihen und blühen; 2) daran, daß jedes Kind ohne Ausnahme den nöthi- gen Unterricht, überhaupt allgemeine, menschliche und die erforderliche Bildung zu seinem Berufe voll- ständig empfange; 3) daran, daß emsiger Fleiß und rege Thätigkeit un- ter allen Klassen der Bürger verbreitet ist; 4) daran, daß es außer den gebrechlichen Alten und Kranken keine Armen gibt, ein jeder Arme und Kranke mit Nahrung und Kleidung, mit Arznei und Krankenkost um der" Gerechtigkeit und Liebe willen, reichlich versorgt werde; 5) daran , daß Redlichkeit, Rechtschaffenheit und gegen- seitiges Vertrauen die wahren Stützen des öffentlichen Lebens sind; 6) daran, daß überhaupt Alle wetteifern, zum Flor aller, das Gemeinbeste fördernder Anstalten und Zwecke alles Mögliche beizutragen. Die Erstrebung aller dieser großen, ja heiligen Güter hängt zunächst von den öffentlichen Beamten ab, und es wird gewiß in jeder Gemeinde ein lebendiges, reges, schönes und edles Leben herrschend werden, in welcher alle Beamten in patriotischem Gcmeiusinnc mit einander

6. Beschreibung der Preußischen Rheinprovinzen - S. 145

1829 - Crefeld : Funcke
145 de; das reinste Deutsch wird unter den Gebildeten in Kleve gesprochen. Während der 20jährigen französischen Negierung, die vor den Gerichten Alles in französischer Sprache ver- handeln ließ, wurde in den Häusern der gebildeteren Volksklasse viel französisch gesprochen. Seit 1814 aber ist dieses eine Seltenheit geworden, und wenn vor die- sem Jahre fast jedes Burgermädchen französisch lernte, so verschwindet diese Sitte immer mehr; nur in den Gränzprevinzen gegen Frankreich und in Fabrikgegendcn wird auf die Erlernung der französischen Sprache ein besonderer Werth gelegt. Doch ist die französische Sprache in neuerer Zeit wieder als öffentlicher Lehrgegcnstand in tue, Gymnasien und höher» Bürgerschulen aufgenommen worden. Aus den Elementarschulen ist sie aber mit Recht verdrängt worden. Die alte deutsche Sittenreinheit wird in Rheinpren- ßen im Allgemeinen nicht mehr angetroffen. Wo die Leichtfertigkeit der Zeit auf Vornehme und Geringe eingewirkt hat, da sind die Sitten locker geworden. Am meisten ist dieses in den großen Städten Koblenz, Köln, Düsseldorf und Aachen der Fall. Elberfeld hat sich bis- her in dieser Beziehung vvrtheilhaft ausgezeichnet. Ueber- haupt herrscht auch tn dieser Hinsicht auf der rechten Rheinseite noch mehr Altcrthümliches, als auf der linken Rheinseite. Die Ehe wird jedoch im Allgemeinen noch für heiliggehalten, und Ehescheidungen sind sehr selten; auf dem platten Lande sind sie fast unerhört. Die Kreise, welche an Frankreich gränzen, stehen in dieser Beziehung am tiefsten. Auch hat daselbst der Smuggelhandel grund- verderblich auf den Charakter der Leute gewirkt. Die Bildung des Volkes ist im Allgemeinen nicht groß, l Wie kann es anders sein? Wo die Revolutions- zeit gewaltet hat, da ist für die eigentliche Bildung nichts geschehen. „Es sei," hieß es damals, „für Schu- len und Institute kein Geld da." Der Krieg verschlang alle anderen Interessen. Auch liebt der Rheinländer den frohen Lebensgenuß zu sehr, als daß er auf intellektuelle Ausbildung von selbst einen sehr hohen Werth legen sollte. Zudem ist derselbe mit Anlagen nicht gerade in ganz besonderem Maße gesegnet. Deßhalb haben die Rheinlande nach Verhältniß wenig große Männer in Wissenschaften und Künsten hervorgebracht, und als man seit 1814 höhere Bildnngsanstalten errichten wollte, sah man sich genöthigt, die meisten Lehrer aus andern Län- Diesterw. Geogr. jq

7. Beschreibung der Preußischen Rheinprovinzen - S. 146

1829 - Crefeld : Funcke
146 dern Deutschlands zu berufen. Diese schlimmen Verhält- nisse werden aber allmählig ganz anders. Seitdem — wir sprechen diese unleugbare Wahrheit nicht ohne Hoch- gefühl aus — die Provinzen, von welchen hie/ die Rede ist, dem Hause Hohenzollern, das in Deutschland als die Hauptstütze wahrer Bildung angesehen werden muß, unterworfen sind, haben sich am Rheine Anstalten aller Art erhoben, welche für wahre Bildung des Vol- kes, wie der künftigen Beamten, die emsigste Sorge tra- gen. Wir nennen nur die Rheinuniversität, die vielen Gymnasien, die höhcrn Bürgerschulen, deren Zahl sich jährlich vermehrt, die Schullehrcr-Bildungsanstalten und die preiswürdigen Bemühungen aller rheinischen Regie- rungen , das Volksschulwesen zu heben. Wie ganz an- ders ist es in dieser Beziehung in Rheinpreußen gewor- den ! Hier kann man an einem lehrreichen Beispiele er- sehen, was eine wohldenkcnde Regierung in 15 Jahren vermag, wenn der gesunde Sinn der Bewohner nicht widerstrebt; und wer etwa vor 10 Jahren es über sich gewann, zwischen der französischen und neueren Zeit einen Vergleich anzustellen, der betrachte die angegebenen Ver- hältnisse der jetzigen Zeit mit dem in dieser Beziehung vor 20 Jahren bestehenden Zustande! Wer sollte sich des Ergebnisses dieses Vergleichs nicht freuen! In allen Ständen, in allen Gegenden ist das rasche Steigen der Bildung sichtbar. Wenn cs in früherer Zeit fast allgemeine Sitte war, die Kirchen nicht zu besuchen, und" nur auf die Gewinnung gewisser Lebens- kenntnisse bedacht zu sein; so steigt dagegen von Jahr zu Jahr die Ehrfurcht gegen heilige Dinge und die Perso- nen, welche sich in edlem Eifer der Ausbreitung der Re- ligion, der Wissenschaft und der Bildung widmen. Nach und nach wird Rheinpreußen einen Lehrstand gewinnen, der an Tüchtigkeit des Charakters und der Ausbildung mit jedem andern in den, in dieser Beziehung am höchsten stehenden Provinzen des übrigen Deutschlands wetteifern kann. Wir preisen darum unsern König und unsere Obern. Offenbar haben auch die Religion und ihre Formen nicht geringen Einfluß auf den Charakter der Menschen. Nächst der Verfassung sind die Religionsformen gewiß vom mächtigsten Einfluß. Da nun die Bewohner der Provinz Rheinpreußen verschiedenen Confessionen ange- hören, so ist auch dieses eine Quelle der Verschiedenheit.

8. Beschreibung der Preußischen Rheinprovinzen - S. IX

1829 - Crefeld : Funcke
Ix Tüchtigkeit und Aufopferungsfähigkeit für gemeinsame Interessen zu leben und zu wirken. Dazu wird zunächst als unerläßliche Bedingung er- fordert, daß der heranwachsende Mensch seine Umge- bung kenne, den Zweck öffentlicher Einrichtungen und Anstalten auffasse und ihre Nothwendigkeit einsehe. Die- sen Grund hat die öffentliche Schule zu legen. Das öffentliche Leben muß ihn, als vorhanden, voraussetzen, um darauf fortzubauen. An uns Lehrern ist cs, dieses als eine unserer wichtigsten Pflichten zu betrachten, wenn wir für das Leben in edler Gemeinschaft, für Gemeinsinn und Aufopferungsfähigkeit vorbereiten wol- len. Es ist dieses ein Zielpunkt eines bildenden Unter- richtes in der Weltkunde. Man hat so häufig und so lange über das Wesen der wahren Aufklärung ge- stritten und noch ist man, wie es scheint, darüber zu keinem allgemeinen Einverftändniß gelangt. Und doch ist es nach meinem Bedünken leicht nachzuweisen, daß die Aufklärung nicht in der Summe des Wissens, nicht vorzugsweise in einseitiger Verstandesbildung, nicht in der Verbreitung gewisser, vermeintlich festlegender Kennt- nisse, auf Treu und Glauben anzunehmen; sondern, ne- den der Entwickelung selbstständiger Einsicht, bestehe in der Förderung der Gemüthsbildung und in der Ent- wickelung der Gesinnung, in sittlichen und religiösen Grundsätzen für die Veredlung eines heiteren, frohen und schönen Lebens thätig zu sein. Nicht gelehrtes Wissen, nicht technische Fertigkeiten, nicht Berufsbildung gehören zur allgemeinen wahren Aufklärung, sondern Umfassung der gemeinschaftlichen Interessen des öffent- lichen Lebens. Diese aber kann nicht erstrebt werden ohne Kenntniß der Formen und Einrichtungen des öf- fentlichen Lebens und ohne Ergreifen des lebendigen Gei- fles, um deßwillen jene Formen da sind. Das sind

9. Beschreibung der Preußischen Rheinprovinzen - S. XVI

1829 - Crefeld : Funcke
Xvi terricht für's Leben ertheilen. In den nächsten Jahrhun- derten werden daher gewiß noch unerwartete Aenderun- gen mit den Schuten vorgehen. Diese langsam und sicher, auf dem Wege der Pflicht, durch die rechten Grundge- danken der Gerechtigkeit und Humanität einzuleiten und zu fördern, ist die Pflicht jedes Lehrers, zumal desjeni- gen, welcher die Weltkunde als ein Mittel ansieht zur wahren Menschenbildung. Es ist löblich und schön, seine Heimath zu lieben, ja von Heimathsliebe durchglüht zu sein; aber cs kommt doch sehr darauf an, was man an der Heimath liebt, ob bloß die Berge und Fluren, oder die Erinnerung an die Tage der seligen Kindheit, oder ob man die Heimach liebt, weil man in ihr das Land sieht, in welchem man vorzugsweise an sich und Anderen für edlere Menschheit thätig sein kann. In jenem Falle ist die Heimathsliebe irdisch und ohne be- sondern Werth; in diesem Falle aber ist es eine heilige Heimathsliebe, und es ist ein köstlich Ding, daß des Menschen Herz von ihr durchdrungen sek. Was nun endlich der Schüler der Weltkunde zuthun hat, braucht kaum auseinander gesetzt zu werden, wenn nur der Lehrer das Rechte thut. Doch wollte ich noch das Eine herausheben, daß er nach und nach, wie der Unterricht weiter fortschreitet, die Theile der Erdober- fläche, welche beschrieben worden, genau abzeichnen muß, die Gegenstände seiner nächsten Umgebung nach der Na- tur, die entfernteren nach Angabe und Vorzeichnung des Lehrers. Wo cs nur möglich ist, muß der Schüler selbst mit Hand anlegen. Er zeichnet deßhalb auf Schieferta- fel und Papier theils Einzelnes, einen Fluß, einen Berg, eine Stadt u. s. w., theils kleine Ganze, ein Flußgebiet, einen Kreis, eine Provinz u. s. w.

10. Beschreibung der Preußischen Rheinprovinzen - S. 17

1829 - Crefeld : Funcke
17 6) Orsoy, ein Städtchen am Rheine, mit 260 H. und 1500 E. Hier befinden sich bedeutende Wollentuch - und Kafi- mirfabriken; auch werden bier immer noch viele Fische gefangen, besonders vortreffliche Lachse. Ehemals war das Städtchen in blühendem Zustande; seine Tücher gingen fast durch ganz Deutschland, Holland und Frankreich. Es wäre gewiß nicht uninteressant, gelungene, d. h. wahre Beschreibungen des Charakters der Bewohner einer Gegend oder auch nur eines einzelnen Ortes zu lesen. Deßwegen finde hier noch eine kurze Darstellung des Charakters der Einwohner von Orsoy, einer kleinen Stadt am Rheine, einen Platz. Die Verschiedenheit des Charakters der Bewohner der Stadt Orsoy und der Bewohner der nächsten Umgebungen ist so groß, daß man durchaus beide trennen muß, wenn man der Wahrheit strenge folgen will. Wie es mir scheint, sind Ursachen davon: daß Orsoy ehemals als Theil des Herzogthums Cleve nach andern Gesetzen und Lan- desstatuten regiert wurde, als die Bewohner der Grafschaft Mörs, wovon Orsoy ganz umringt war; daß hier ein ziemlich starker Verkehr mit Holland bestand, wodurch holländische Sitten, Ge- bräuche rc. ihren Einfluß äußerten; daß alle holländischen Schiffer, die nach Köln fuhren, hier Zollabgaben bezahlen und ihre Lebens» bedürfnisse einkaufen mußten. Handel und Fabriken beschäftigten die Einwohner, wogegen die Dorfbewohner der Umgegend auf den Ackerbau rc. beschrankt waren. Aber so verschieden die Orsoyer von den zunächst wohnenden Landbewohnern sind, eben so groß ist die Verschiedenheit der letzte- ren in Betreff ihres Charakters. Eversael liefert andere Menschen als Binsheim, und Baerl an- dere als Budberg.*) Daß politische Verhältnisse, Religionsbekennt- nisse, Lehrer rc. diese Verschiedenheit hervorgebracht haben, wäre leicht nachzuweisen. Die Einwohner Orsoy's sind meistens stark gebaute, gesunde und physisch kräftige Menschen. Die Lage der Stadt am Rheine, in einer angenehmen, gesunden Gegend; die Regelmäßigkeit in der Bauart der Stadt, die breite, gradlaufende Straßen hat, wo also stets frische Luft durchströmt, und der Genuß einfacher Kost, so wie die Unbekanntschaft mit den sogenannten feinern Genüssen der großen Welt — dieß mögen die nächsten Ursachen davon sein. In mechanischen Arbeiten zeigen sie Gewandtheit, Leichtigkeit und Raschheit; doch nur dann, wenn der Gewinn ihnen klar vor Au» gen liegt. Im Allgemeinen liebt man die Reinlichkeit, sowohl im Häuslichen als Persönlichen. Wahrscheinlich hat die engere Ver- bindung mit Niederländern, oder Gewohnheiten, die sich Manche in Holland angeeignet haben, viel dazu beigetragen. So sehr nun auch der ächte Orsoyer auf Reinlichkeit' halt, ein eben so großer Feind ist er von aller Ziererei. Er liebt eine ein- fache, schöne Bekleidung, haßt aber den Flitterstaat. Gerne geht *) Dörfer der ehemaligen Grafschaft Mörs. Diesterw. Geogr. 2
   bis 10 von 26 weiter»  »»
26 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 26 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 0
1 0
2 0
3 0
4 3
5 2
6 0
7 2
8 3
9 0
10 19
11 0
12 0
13 0
14 0
15 1
16 2
17 0
18 1
19 0
20 0
21 0
22 0
23 0
24 0
25 0
26 2
27 1
28 0
29 3
30 0
31 0
32 0
33 2
34 0
35 0
36 0
37 5
38 1
39 2
40 0
41 0
42 0
43 0
44 0
45 18
46 0
47 0
48 0
49 0

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 0
1 0
2 0
3 2
4 3
5 3
6 0
7 0
8 0
9 0
10 0
11 0
12 0
13 1
14 0
15 0
16 0
17 9
18 0
19 0
20 0
21 3
22 0
23 0
24 0
25 3
26 0
27 0
28 1
29 0
30 0
31 0
32 0
33 0
34 0
35 0
36 0
37 0
38 0
39 2
40 2
41 4
42 0
43 1
44 0
45 9
46 1
47 0
48 1
49 0
50 0
51 0
52 9
53 0
54 1
55 0
56 0
57 0
58 0
59 1
60 0
61 1
62 0
63 0
64 0
65 0
66 0
67 0
68 1
69 3
70 0
71 11
72 3
73 1
74 0
75 1
76 0
77 2
78 0
79 1
80 4
81 0
82 0
83 0
84 0
85 0
86 0
87 1
88 0
89 0
90 0
91 1
92 22
93 0
94 2
95 2
96 0
97 0
98 8
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 7
1 7
2 0
3 2
4 0
5 1
6 11
7 6
8 2
9 2
10 1
11 4
12 6
13 7
14 5
15 1
16 0
17 0
18 0
19 1
20 0
21 0
22 1
23 0
24 4
25 7
26 1
27 1
28 4
29 4
30 0
31 0
32 2
33 18
34 7
35 0
36 44
37 1
38 1
39 5
40 3
41 3
42 7
43 14
44 1
45 1
46 1
47 16
48 1
49 0
50 2
51 10
52 6
53 0
54 9
55 1
56 2
57 0
58 0
59 14
60 2
61 0
62 9
63 0
64 1
65 6
66 53
67 0
68 0
69 1
70 0
71 1
72 3
73 0
74 1
75 5
76 0
77 1
78 3
79 0
80 1
81 28
82 11
83 8
84 1
85 1
86 0
87 0
88 0
89 7
90 1
91 5
92 3
93 6
94 4
95 13
96 0
97 2
98 2
99 15
100 8
101 1
102 6
103 1
104 0
105 3
106 5
107 12
108 0
109 1
110 7
111 5
112 0
113 4
114 9
115 0
116 4
117 0
118 1
119 10
120 0
121 1
122 1
123 5
124 9
125 7
126 0
127 12
128 0
129 4
130 0
131 9
132 0
133 20
134 0
135 0
136 36
137 10
138 0
139 3
140 1
141 0
142 10
143 3
144 4
145 2
146 1
147 1
148 0
149 0
150 0
151 1
152 9
153 0
154 3
155 2
156 1
157 1
158 0
159 0
160 0
161 1
162 0
163 1
164 1
165 5
166 26
167 4
168 4
169 0
170 1
171 0
172 1
173 14
174 1
175 58
176 0
177 11
178 0
179 8
180 7
181 1
182 6
183 52
184 1
185 0
186 0
187 0
188 15
189 1
190 0
191 0
192 2
193 2
194 5
195 1
196 3
197 0
198 1
199 3