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1. Kleine Bürgerkunde - S. 114

1914 - Kempten [u.a.] : Kösel
114 Das Handwerk schäften, ferner die Entwicklung der Landwirtschaft wäh- rend der Regierungszeit des Kaisers von 1888—1913. Das Werk, herausgegeben von Prof. Or. Lade, sührt den Titel: Tie deutsche Landwirtschaft unter Kaiser Wilhelm Ii. Verlag Marhold, Halle a. S. (Preis 40 M.) und ist ein großartiges Denkmal der Rührig- keit und Regsamkeit der deutschen Landwirte. b) Das Handwerk. Ein Bild, mitunter schier verzweiflungsvollen Rin- gens, bietet der deutsche Handwerkerstand. Der alte Spruch: „Handwerk hat einen goldenen Boden" ist für viele seiner Angehörigen zu einer frommen Sage geworden. Selbst der Begriff des Handwerks wird schwankend und entgleitet, sobald man ihn gesetzgebe- risch zu ersassen strebt; denn gerade das vorwärtsstre- bende Handwerk wirkt nicht mehr bloß mit der Hand, sondern bedient sich, wie die Industrie, der Maschinen. Seit einem Jahrhundert ist das Handwerk das Schmer- zenskind der Gesetzgebung, und der Wechsel der An- schauungen, wie er in der Gesetzgebung zutage tritt, ist überaus lehrreich. Die Stein-Hardenbergschenreformen hoben in Preußen den Zunftzwang auf und führten die Gewerbefreiheit ein. Nach dem Edikt vom 2. Novem- der 1810 und Gesetz vom 7. September 1811 konnte jeder Bürger jedes Gewerbe betreiben, er mußte nur einen Gewerbeschein lösen und Gewerbesteuer zahlen. Die Verbindung von Freiheit und Steuer ist echt fiskalisch! Das Jahr 1848 Trachte eine gewaltige Bewegung auch in die Kreise der Handwerker; zahllose Kongresse wurden abgehalten, bei denen die Notlage des Hand- werks in beweglichen Worten geschildert, und die Wieder- einführung der Zünfte und des Befähigungsnachweises

2. Die Neuzeit - S. 55

1915 - Kempten : Kösel
Franz Pizarro im Reiche der Inka. 55 umschlagen! Schon die Absperrung mute, wenn die Freundlichkeit aufhrte, dahin führen. In solcher Not beschlo und vollzog Franz Pizarro mit Zustimmung des rasch versammelten Kriegsrats einen sogenannten rettenden Staats- oder viel-mehr Bubenstreich. Also wurden in den Hallen und benachbarten Gebuden das Fuvolk und die Reiterei in den Hinterhalt gelegt, auf den Haupt-eingang des Hofes die zwei Feldgeschtze gerichtet, vor allem aber Stille und pnktliche Ordnung geboten. In dieser Lage erwartete man am nchsten Tage zwischen Furcht und Hoffnung den zugesagten Besuch. Lange zauderte dieser. Endlich kurz vor Sonnenuntergang nahte der Inka, umgeben von allem Glanz und Prunk. Der mit Juwelen, Gold und Silber geschmckte Thron ruhte auf einer reich verzierten, vom hohen Adel getragenen Snfte. Das gesamte, entweder unbewaffnete oder nur fr die Schau bewehrte Gefolge mochte in verschiedenen Abteilungen fnf- bis sechstausend Leute zhlen, während das eigentliche Heer im nahen Lager und Blachfelde zurckblieb. Sobald Alahualpa, durch die Hauptpforte des spanischen Quartiers ohne Gru einziehend, die Mitte des Platzes erreicht hatte, lie er Halt machen und fragte: Wo sind die Fremden?" Sie htten sich aus Scheu versteckt, lautete die Antwort der betrogenen Rte. Alsbald aber nahte sich, von einem Dolmetsch begleitet, der Kaplan und Dominikanermnch Vincenz Valverede, in der einen Hand das Brevier, in der andern das Kruzifix. Der Inhalt seiner weitschichtigen Rede lief darauf hinaus, der Unglubigen König mge Christ und Lehensmann Karls, des gewaltigen Herrn vom Morgenlande, werden. Beides wurde, wie sich erwarten lie, rundweg, nicht ohne Verwunderung und Zorn, abgeschlagen; ja, der Inka warf das ihm als Glaubensquelle bergebene Brevierbchlein nach kurzem Durchblttern, Betasten und sozusagen Aushorchen auf die Seite Es ist ja stumm und still," soll er entrstet geschrieen haben. Ruhig hob der Mnch das geschmhte Heiligtum vom Boden auf, ging raschen Schrittes zu den versteckten Landsleuten und meldete das Geschehene. Der Heidenhund," sprach er, hat Gott und den Heiland gelstert. Was zaudert ihr? Draus! Drauf! Ich verkndige euch Sndenerla." Sofort gab Pizarro das verabredete Zeichen, eine weie Schrpe empor-haltend; der Lrmschu fiel. Mit dem Kriegsgeschrei: St. Jago!" drangen Reiter und Fuknechte auf den dicht gefllten Platz vor, hieben und stachen in den wirren, betubten Menschenknuel hinein, tteten und zersprengten ihn beinahe ohne Widerstand. Auch der Schatten desselben verschwand, sobald der Inka nach dem Fall vieler Edlen unter Pizarros Mitwirkung bei den Haaren und Armen vom Thronsessel herabgerissen und als Gefangener hinweggefhrt war. Wenige Reiter gengten um auf diese lhmende Kunde hin das vor und bei Caxamalca gelagerte Heer zu zersprengen. Auch hier lie man sich in der

3. Die Neuzeit - S. 39

1915 - Kempten : Kösel
Ferdinand Cortes. 39 lctner1) fr seine Partei zu gewinnen wute. Aber der romantische Zug, der der ganzen spanischen Ritterschaft jener Zeit im hohen Grade eigen war, lie ihn auch nach der Eroberung des Aztekenreiches noch nicht zur Ruhe kommen. Der Gedanke einer mittelamerikanischen Meerenge, welche sein Neuspanien unmittelbar an die Hauptstrae des beginnenden Weltverkehrs verlegen sollte, trieb ihn nach Honduras und Kalifornien. Und erst als ihm die Weiterfhrung dieser freilich fruchtlosen Unternehmungen versagt wurde, zog er sich von dem Schauplatz seiner Ttigkeit zurck. Die Anerkennung aber seiner Verdienste um die spanische Krone findet ihren bedeutsamen Ausdruck in dem Wappen, das ihm sein König Karl verlieh. Das Wappenschild des Marques de Valley umfat vier Mittelfelder, rechts oben den kaiserlichen doppelkpfigen, schwarzen Adler, darunter rechts unten einen goldenen Lwen in rotem Felde, um den Lwenmut des Cortes anzudeuten. Links oben zeigten sich drei goldene Kronen auf schwarzem Grunde; sie stellten die drei mexikanischen Kniges vor. Im letzten Felde, links unten, erschien die Stadt Mexiko. Rings um den vier-feldigen Mittelschild standen die Kpfe von sieben bezwungenen Fürsten im goldenen Felde, durch eine goldene Fessel aneinander gekettet. So waren seine Taten auf dem Wappenschilde verherrlicht. Wenn ihm in spteren Jahren die Verwaltung von Neuspanien entzogen wurde und nur das Heer untergeben blieb, so liegt die Ursache dieser fr Cortes demtigenden Maregel der Re-gierung wohl weniger in dem Einflu der Verleumdungen und Rnke seiner Feinde als in der Erwgung, da Cortes sich durch einen ungesetzmigen Schritt von dem Statthalter von Euba losgerissen hatte und da man fr die Folgezeit diesen hochverrterischen Ungehorsam nicht gutheien wollte. Dessen-ungeachtet bleibt Cortes eine der anziehendsten Gestalten in der Geschichte der spanischen Eroberungen. x) Der Name Tlaskala bedeutet Brotland, weil hier bedeutender Maisbau getrieben wurde. Die den Azteken stammverwandten Tlaskalaner standen nicht unter einem König, sondern bildeten eine Art Bundesstaat, dessen vier Fürsten smtlich in der Hauptstadt wohnten. In heftigen Kmpfen mit den Azteken hatten sie sich auf ihrem Gebiet, der Hochebene stlich von Mexiko, behauptet und ihre Freiheit bewahrt. Den eindringenden Spaniern setzten die Tlaskalaner anfangs den heftigsten Widerstand entgegen; Cortes schtzte die Zahl ihrer Krieger auf 100000. Aber nach mehrtgigem verzweifeltem Ringen gewannen die Spanier, hauptschlich durch ihre Kanonen, einen entscheidenden Sieg (im Herbst 1519); die Tlaskalaner nahmen nun das Freundschafts-anerbieten des Siegers an und schlssen nicht nur Frieden mit ihm sondern sogar ein Bndnis wider den gemeinsamen Feind, die Azteken. 2) Schon 152-2 war Cortes von Karl V. zum Marques de Balle (nmlich Oaxaca) ernannt worden, wobei ihm in diesem schnsten Teile Neuspaniens groe Lndereien als Eigentum berwiesen wurden. 3j Montezuma (15021520),- dessen Bruder, der nur wenige Monate regierte, und Quauhtemotzin (Guatemotzin), der Neffe der beiden vorhergehenden Könige,' der 1525 auf Befehl des Cortes hingerichtet wurde.

4. Die Neuzeit - S. 190

1915 - Kempten : Kösel
190 Die Schlacht von Pavia. beschossen. Die tapfersten von ihnen fallen unter den Schssen der Arkebusiere, die um so entscheidender eingreifen knnen, als Pescara sie gelehrt hatte sich in einzelne Gruppen aufzulsen, wodurch ihre Beweglichkeit gesteigert wurde. Man hat oft dem Feuergewehr eine kriegerische Bedeutung fr Schlachten des ausgehenden Mittelalters beigemessen, welche es tatschlich nicht gehabt hat: die Schlacht von Pavia ist die erste, in der es, selbst vervoll-kommnet und durch gebte Soldaten gehandhabt, die Entscheidung mit herbeigefhrt hat. Nach der Niederlage der Reiter beruhte die Hoffnung des Knigs noch auf dem Fuvolk, vor allem auf den Schweizern; von diesen werden die fliehen-den Reiter aufgenommen. Jetzt lassen die Landsknechte ihre Kanonen in der Bresche stehen, der welche sie sie nicht hinwegbringen knnen, und strzen sich auf das feindliche Fuvolk. Pescara setzt sich nun selbst an die Spitze der Deutschen. Es ist der entscheidende Augenblick der Schlacht. Man sieht die Landsknechte ihrer Gewohnheit nach auf die Knie niederfallen um vor dem^ Anheben des Streites den Gott der Heerschuren anzurufen, da er ihrem Stoe Kraft verleihe: dann brechen sie in den Feind. Vor ihnen weicht zu-nchst die Schwarze Bande, die Marx Sittich durch eine kluge Bewegung mit drei Fhnlein einschliet und gnzlich niedermacht; dann weichen auch die Schweizer; ihr Anfhrer Johann von Diesbach wird erstochen. In diesem Augenblick vollendet Leyva durch einen Ausfall an der Spitze von 1000 Mann die Niederlage des Feindes; die franzsische Nachhut unter dem Herzog von Aleneon ergreift jetzt so entmutigt die Flucht, da sie erst in Lyon wieder halt macht. Der König selbst halte sich in der Schlacht beraus tapfer gehalten; fnf Feinde ttete er, solange er noch auf seinem Pferde ritt, zwei, nachdem das Tier unter ihm zusammengebrochen war. An einer Brcke holten ihn spanische Reiter ein; um ein Haar htten sie ihn niedergehauen, weil Pescara, damit sich keiner mit Plndern aufhalte, den schrecklichen Befehl gegeben hatte niemand zu schonen. Aber als sie sahen, da sie einen vornehmen Mann vor sich hatten, nahmen sie ihm den Degen und die Halskette des Goldenen Vliees ab; jeder wollte den Gefangenen fr sich haben um den hohen Lohn zu gewinnen. In diesem Augenblick kam der Vizeknig herzu, befreite den König aus den Hnden der Wtenden und nahm ihn mit aller Ehrfurcht im Namen des Kaisers ge-fangen. Franz blutete aus zwei Wunden im Gesicht und an der Hand. In dem Briefe, den er am ^age nach der Schlacht an seine Mutter Luise, Prinzessin von Savoyen, schrieb, durfte er sagen: Ich habe alles verloren auer der Ehre und dem Leben, das erhalten ist." In weniger als anderthalb Stunden war alles getan; 8000, nach andern gar 10000 Franzosen waren gettet oder im Tessin ertrunken, unter ihnen etwa zwanzig Anfhrer. Die Sieger selbst waren von der Gre ihres Er-

5. Die Neuzeit - S. 280

1915 - Kempten : Kösel
280 Das Heerwesen des Dreiigjhrigen Krieges. krftiger, mnnlicher, tapferer und frhlicher Geselle sein, der erste beim Sturme, sonst freundlich mit jedermann, Frsprecher und Friedenstifter; Strafen verhngt er nicht, da kein Ha sich an ihn hnge. Die Fahne tragen war aber nicht nur ein wichtiges Amt; es war auch eine Kunst, die Kraft, Gewandtheit und lange bung erforderte: Im Zirkelschwung drehte der Fhnrich die Fahne um das Haupt, er schwang sie zur rechten und linken Hand in seinen Rcken, ja vorn und hinten durch die Beine; er warf die Stange in die Hhe, scho, während die Stange in der Luft schwebte, seine Pistole ab oder zog den Degen, schlug das Tuch von hinten um sich, stand majesttisch halb von Tuch verhllt, steckte den Degen wieder ein und machte Reverenz, indem er beide Knie beugte. Spter ging im groen Kriege diehochausgebildetekunst des Fahnenspiels" fast ganz verloren, die letzten Auslufer finden sich noch in einigen ent-schlossenen Bewegungen des modernen Tambourmajors. Der wichtigste Mann der Kompagnie nchst dem Haupt-mann war der Feldweibel. Er war der Drillmeister, der Spre-cher fr die Kriegsleute; er hatte die Aufstellung des Fhn-leins zu besorgen, die Mann-schaften zu ordnen, in die vor-Doppelsldner. bersten und hintersten lieber und an bte Ecken bte Tchtigsten und am besten Bewaffneten einzumischen, die Schtzen anzuhngen u. a. m. Er war der weise Mann der Kompagnie, der Recht und Kriegsbrauch seiner Waffe genau kennen mute. Da das Volk", das aus nah und fern unter der Fahne zusammenlief, schwer zu Mnbigen, zum groen Teil auch schlecht in den Waffen gebt war, so mute die Zahl der Unteroffiziere sehr groß sein. Gewi bestanb oft mehr als der britte Teil der Mannschaft aus solchen; dazu finbet sich allgemein das Bestreben jebem Befehlshaber einen Stellvertreter beizuorbnen: dem Hauptmann stanb der Leutnant, dem Fhnrich ein Unterfhnrich, dem Felbweibel ein Ge-meinweibel, den Unteroffizieren Gefreite zur Seite usw. Mit wenigen Ausnahmen bestanben bte Heere aus geworbenen Slbnern.

6. Die Neuzeit - S. 338

1915 - Kempten : Kösel
338 Rangstreitigkeiten im 17. Jahrhundert. Nirgends nahm man die Fragen des Titels, des Vortrittes, der Reihen-folge der Gesundheiten" tragischer als am Reichstage in Regensburg; es bedurfte nur eines solchen Rangstreites um in die oe Langeweile dieser Versammlung Leben zu bringen. Hchst unbequem waren den frstlichen Gesandten in Regensburg die Ansprche der kurfrstlichen. Diese verlangten beispiels-weise durch Edelknaben mit goldenen Messern und Gabeln bedient zu werden und wollten den frstlichen blo Silber und Livreebediente zugestehen; am Maitage sollte der Reichsprofos den kurfrstlichen Gesandten sechs Maibume aufstecken, den frstlichen aber blo vier; neu ankommenden kurfrstlichen Ge-sandten sollte die Stadt Regensburg das gewhnliche Geschenk von Wem, Frucht und Fischen in grerer Anzahl als den frstlichen geben. Eine Sache aber versetzte diese Gruppen in ganz besondere Ausregung. Die kurfrstlichen Ge-sandten verlangten bei feierlichen Gastmhlern auf roten Sesseln zu sitzen, während die frstlichen nur grne haben sollten. Endlich brachten es die Fürsten dahin, da berall nur grne Sthle gesetzt wurden. Als nun das zum erstenmal geschah, erschien ein kurfrstlicher Gesandter mit einem roten Mantel, den er während der Tafel so der den Sessel zurckfallen lie, da es doch so scheinen konnte, als ob er am" einem rotbeschlagenen Stuhle sitze. Darauf berichtete er an seinen Hof, er glaube doch dadurch den fr die kurfrst-lichen Gesandten bisher hergebrachten Vorzug gerettet zu haben! Ein anderer Unterschied wurde darin gesucht, da den kurfrstlichen Gesandten der Stuhl auf den Teppich gestellt wurde, auf welchem der kaiserliche Gesandte unter einem Baldachin sa, den frstlichen Gesandten hingegen auf den bloen Boden des Zimmers; schlielich wurde oermittelt, da den frstlichen Gesandten der Stuhl doch wenigstens noch auf die fransen des Tepplchs gestellt werden sollte. Diese und hnliche Ansprche der kurfrstlichen Gesandten bewirkten, da 1682 die frstlichen Gesandten allen feierlichen Umgang mit den kurfrstlichen abbrachen, untereinander dasselbe Zeremoniell anfingen, wie es die kurfrstlichen unter sich zu halten pflegten, und jenen nicht mehr Titel und Ehrenbezeigungen gaben, als sie von denselben zurckbekamen. Bei dieser Tyrannei der Etikette und des Zeremoniells wird man sich freilich nicht wundern, wenn man hrt, da nach der Befreiung Wiens von der Trkengefahr (1683) der kaiserliche Hof sich den Kopf zerbrach, wie man den wackeren Polenknig Johann Sobieski, der ja nur Wahlknig sei, empfangen solle. Der edle Herzog Karl von Lothringen hatte gesagt, man solle ihn mit offenen Armen aufnehmen; doch Kaiser Leopold war eines solchen Verstoes gegen das Zeremonienbuch nicht fhig. Mit steifer Haltung erschien er zu Pserd zu der Zusammenkunft, die mit Johann Sobieski unter freiem Himmel stattfand, um allen Rangstreitigkeiten aus dem Wege zu gehen. Der Kaiser lftete nicht den Hut und sprach kaum ein Wort des Dankes; Sobieski

7. Die Neuzeit - S. 404

1915 - Kempten : Kösel
404 Kulturzustnde im Zeitalter der unumschrnkten Frstengewalt. alle Kreise, von den niedrigsten bis zu den hchsten. Und zu all den Lastern gesellte sich ein neues, verderbliches: der mit rasender Schnelligkeit sich aus-dehnende Gebrauch von Branntwein. Gerade die Armut und schlechte Er-nhrung des Volkes während des Dreiigjhrigen Krieges und noch lange nach diesem haben das Branntweintrinken mit Naturnotwendigkeit gefrdert. Die um das Jahr 1680 gemachte Entdeckung der Bereitung dieses alkoholischen' Getrnkes aus der Kartoffel hat seine Billigkeit und zugleich seine verderblichen Folgen fr die Gesundheit gesteigert. C. Die unglckliche Zeit des Dreiigjhrigen Krieges und der auf ihn folgen-den Jahrzehnte brachte auch in der Rechtsprechung eine beklagenswerte Ver- dung des Gerechtigkeitssinnes hervor. Der Zusammenhang zwischen dem Volksempfinden und den auf das alte, fremde, rmische Recht sich sttzenden studierten Richtern ging gnz-lich verloren. Die letzten Reste derrechtsprechungdurch Volks-und Schffenrichter erhielten nunmehr den Todessto zu-gunsten des geheimen Ver-sahrens und der Berufs-juristen. Die Strafen, die nach der Carolina", der Peinlichen Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V., verhngt wurden, waren furchtbar streng und die Das Spielhaus. Hinrichtungen und Verstm- Mellingen wurden in breitester ffentlichkeit vollzogen, eine treffliche Schule der Grausamkeit und Blutgier. Bei schweren Verbrechen gengte der Tod durch Kpfen, Hngen oder Ersufen nicht, sondern der Hinzurichtende wurde aufs schndlichste gemartert. Er wurde zersgt, gevierteilt, von vier Pferden zerrissen, verbrannt, gepfhlt, lebendig begraben, eingemauert oder auch gerdert, d. h. sein Krper wurde an verschiedenen Stellen mit einem schweren Rade zerstoen und dann auf dieses geflochten: eine Qual, unter der der Unglckliche noch mehrere Tage leben konnte. Und wenn es nicht ans Leben ging, so schnitt man dem Verurteilten die Haut in Riemen vom Leibe, zwickte ihn mit glhen-den Zangen und rieb die Wunden mit Salz und Pfeffer ein. Abschlagen der Hand, Ausreien der Zunge waren hufige Strafen. Bei kleineren Vergehen

8. Mittelalter - S. 508

1911 - Kempten : Kösel
508 Die Feme. mssen wir uns hineinversetzen in jene Zeiten voll Anarchie, Rechtsunsicherheit, Fehdewut, Raubsucht, Mord und Brand, wo die Wirksamkeit der ordentlichen Rechtspflege ganz und gar illusorisch war und der Gang der ffentlichen Ge-schste durch Regellosigkeit und Ohnmacht oft vllig gehemmt wurde. Bei so beschaffenen Umstnden mute es rechtschaffenen Mnnern hchst erwnscht sein in den westflischen Freigerichten einen Anhaltspunkt zu finden, von welchem aus sich der Rechtsunsicherheit wenigstens einigermaen steuern lie. Daher die weitreichende Anerkennung der westflischen Feme, der sich Tausende allenthalben in Deutschland als Freischffen, als sogenannte Wissende, anschlssen. Schon die Bezeichnung der Schffen als Wissende zeigt, da das Femgerichtswesen fortan als eine Art von Geheimbund behandelt wurde. Man hatte nmlich gar bald erkannt, da die Wirksamkeit des Gerichts durch den Schrecken, den die Heimlichkeit in sich trgt, wesentlich vermehrt wurde. Daher hatte man zu dieser gegriffen, d. h. nur insoweit, als die Aufnahme als Frei-schsse an die Bedingung unbedingter Verschwiegenheit der geheimen Losung geknpft und der Urteilsspruch gegen Missetter, die der Vorladung des Frei-stuhls nicht Folge geleistet hatten, mit Ausschlieung aller Nichtwissenden von der Gerichtssttte gefllt und bis zur Vollziehung geheimgehalten wurde. Frei-schsse zu sein wurde brigens als eine Ehre betrachtet und man brauchte keineswegs zu verschweigen, da man es war. Das Verfahren bei der Auf-nhme der Schffen war einer Femgerichtsurkunde zufolge dieses: Der Frei-graf sagt den Neuaufgenommenen mit bedecktem Haupte die heimliche Feme: Strick, Stein, Gras, Grein und klrt ihnen das auf. Dann teilt er ihnen das Notwort: Reinir dor Feweri*) mit und klrt ihnen das auf. Hierauf lehrt er sie den heimlichen Schffengru also: Ein Schffe, der zu einem andern kommt, legt seine rechte Hand auf seine linke Schulter, sprechend: Ich gr Euch, lieber Mann! Was fanget Ihr hier an? Der Gefragte legt auch seine rechte Hand auf die linke Schulter des andern Schffen und spricht: Alles Glck kehre ein, wo die Freischffen sein!" Der Freischffe mute schwren die ge-Heime Losung vor allen Nichtwissenden zu bergen, vor Weib und Kind, Sand und Wind". Brach er diesen Schwur, so sollten ihn die Freigrafen und Frei-schssen greifen unverklagt und binden ihm seine Hnde vorn zusammen und ein Tuch vor seine Augen werfen und ihn auf seinen Bauch und winden ihm seine Zunge hinten aus seinem Nacken und tun ihm einen dreistrngigen Strick um seinen Hals und hngen ihn sieben Fu hher als einen verfemten misse-ttigen Dieb". Jeder unbescholtene Deutsche konnte, wenn er nicht leibeigen war, Freischffe werden. Die Feme wute sich auch ihr Briefgeheimnis zu sichern. Waren ihre Briefe nicht geradezu Erlasse an Nichtwissende, so war der Adresse 1) Diese Wrter sind bis heute noch nicht entrtselt worden.

9. Mittelalter - S. 326

1911 - Kempten : Kösel
326 Friedrich Barbarossas Kaiserkrnung. wort: Mgen tapfere und erfahrene junge Krieger eures Heeres schnell voraus-ziehen und die Kirche von St. Peter und die L-oninische Stadt besetzen. Dort sind unsere Ritter als Besatzung zurckgelassen, welche sie, nachdem ihnen unser Wille bekannt geworden ist, sogleich ausnehmen werben." 60 geschah es denn. In der nchsten Nacht wurden gegen tausend Ritter auserlesen. Noch während des Morgengrauens zogen sie in die Leoninische Stadt em und bewachten die Kirche des Heiligen Petrus, indem sie die Vorhalle und die Stufen besetzten. Zum Lager des Knigs aber eilten Bolen zurck um die frhliche Kunde zu melden. Mit Tagesanbruch, nachdem schon die erste Stunde verflossen war, brach der König sein Lager ab, während der Papst Hadrian mit seinen Kardinlen und Klerikern vorauszog um des Knigs Ankunft an den Stufen zu erwarten. In Schlachtordnung stieg Friedrich mit den Seinen der den Abhang des Mns Gaudius *) in die Ebene hinunter. Durch die Goldene Pforte zog er in die Leo-stadt ein, in welcher die Peterskirche liegt. Im Glnze der Waffen schimmernd und in wohlgeordneten Reihen zog das Heer einher. Bald kam der Herrscher zu den Stufen der Kirche des Heiligen Petrus. Ehrenvoll empfing ihn hier der Papst und geleitete ihn alsdann zur Konfession des Heiligen Petrus2). Darauf hielt er eine feierliche Messe ab und der König empfing, umgeben von seinen gersteten Rittern, die Krone des Reiches int vierten Jahre seiner kniglichen Herrschaft, am 18. Juni, während alle Anwesenden unter groer Freude ihm zujubelten und Gott um solcher rhmlichen Tat willen priesen. Unterdessen wurde die Brcke, welche nahe der Burg des Crescentius3) von der leoninischen Stadt nach dem Eingange zur eigentlichen Stadt fhrt, bewacht, damit nicht etwa die Wut des Volkes die Festfreude stre. Nach Beendigung der Feier verlie der Kaiser, die Krone auf dem Haupte und auf reich geschmcktem Rosse sitzend, während alle brigen ihm zu Fu folgten, die Stadt durch dasselbe Tor, durch welches er seinen Einzug gehalten hatte, und kehrte in sein Zeltlager zurck, welches nahe der Stadtmauer aufgeschlagen worden war. Der rmische Bischof aber blieb in feinem Palaste, welcher neben der Kirche liegt, zurck. Unterdessen versammelte sich das rmische Volk mit seinen Senatoren auf dem Kapital. Als hierher das Gercht gelangte, da der Kaiser ohne ihre Zustimmung die Krone des Reiches empfangen habe, entbrannten sie in wilder Wut, strmten in hellen Haufen der die Tiberbrcke bis zur Kirche des Heiligen Petrus und scheuten sich nicht einige von den Kriegsknechten, welche zurck-geblieben waren, in dem Heiligtum selbst zu tten. Lautes Geschrei erhob sich. ') Der Hgel, im Nordwesten der Stadt auf dem rechten Tiberufer gelegen, heit jetzt Monte Mario. 2) Die unterirdische Grust. S) Die Engelsburg.

10. Mittelalter - S. 110

1911 - Kempten : Kösel
110 Die Sophienkirche in Konstantinopel. Tunika, purpurne Schuhe an den Fen, gegrtet mit einem von Edelsteinen strotzenden Bande, einen mit Gold gestickten Purpurmantel umge-hngt, den eine Goldfibel festhielt: so stellte er sich zur Schau; auf dem Haupte trug er eine Krone, die von Gold und Perlen strahlte, und er sa auf einem goldenen Throne. Ihn umgaben die Palastbeamten, die Eunuchen, der Senat, alle gekleidet in die herrlichsten Gewnder. Wenn er ein Mahl gab, glnzten alle Geschirre von Gold, dufteten alle Wohlgerche Arabiens und muten alle Teile des Reiches die kostbarsten Gerichte und auserlesensten Weine liefern. Bei feierlichen Aufzgen fuhr der Kaiser, umrauscht vom Jubel der Menge, im Triumphwagen. 16. Die Sophienkirche in Konifcmfinopel. G. F. Hertzberg, Geschichte der Byzantiner und des Osmanischen Reiches. (Berlin, Baumgrtels Histor. Verlags Unter Justinian, der durch groe knstlerische Unternehmungen die Macht der Kirche und zugleich seine eigene Herrschermacht zu verherrlichen strebte, trat die byzantinische Kunst recht eigentlich ins Leben, namentlich erhielt die Architek-tur ihr eigentmliches Geprge. Fr die von der Basilika^) ausgehende Kirchenbaukunst trat ein neues Element hinzu: die Kuppelwlbung der dem Hauptraume des Innern, in khnerem Bau, als man bisher zu wlben pflegte, mit verschiedenartig angeordneten Gewlben der den Seitenrumen verbunden. Die Kuppel, von hohen Pfeilern und Bogen getragen, bedingte die Anordnung eines gleichseitigen Haupt-raumes in der Mitte des Gebudes. Die Seitenrume und die fr die Frauen bestimmten Galerien der diesen ffneten sich gegen den Hauptraum durch Sulenarkaden, die zwischen die Kuppelpfeiler eingesetzt waren, während sich in der Tiefe des Gebudes der Raum des Priesterchores und des Altars mit seiner Tribuna anschlo und an der Eingangsseite die Vorhalle, der sog. Narthex, der Raum fr die Ber, auch wohl ein Vorhof vor dieser Halle angeordnet war. x) Der Grundplan der altchristlichen Basilika ist ein oblonger Raum, der Lnge nach durch zwei Sulenstellungen in drei Schiffe geteilt, von denen das mittlere die grere Breite hat und auch zu einer bedeutenderen Hhe emporgefhrt ist. Das Rechteck wird auf der einen Schmalseite durch die Altarnische, die sog. Apsis, abgeschlossen. In der Regel war vor den greren Basiliken ein Vorhof (Atrium), von wo man in eine weitere Vorhalle (Narthex) gelangte, welche zum Aufenthalt fr Fremde, Bende u. a. bestimmt war. 2) Tribuna = Apsis.
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