Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Volksschule
Regionen (OPAC): Brandenburg, Hohenzollern, Pommern, Posen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
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Blicke in die Vergangenheit Brandenburgs.
12. Fwei märkische Gedenktage aus den Defreiungskriegcn.
(23. August und 6. September 1813.)
1. Großbeeren. Es war im August 1813, als Napoleon
seinen Marschall Oudinot mit 70,000 Mann nach der Mark sendete,
Berlin zu nehmen. Die Armee, welche die preußische Hauptstadt
decken sollte, bestand aus Preußen — meistens Landwehr — und
Schweden, unter dem Oberbefehl des Kronprinzen von Schweden.
Dieser wollte schon Berlin preisgeben, meinte: „Was ist Berlin?
Eine Stadt, nichts weiter!" Allein der preußische General Bülow
fiel ihm ungestüm in's Wort: „Aber es ist die Hauptstadt von Preu-
ßen, die Residenz meines Königs, die ich als Preuße mit meinem
Leben zu schützen die heilige Pflicht habe." Und beim Wegreiten aus
dem Kriegsrathe sprach er zu seinen Begleitern: „Mich bekommt
er nicht gutwillig zum Rückzuge hinter Berlin; denn unsere Knochen
sollen vor Berlin bleichen und nicht rückwärts!" So dachte auch der
tapfere General Tauenzien, so dachte das ganze preußische Armee-
korps. Das französische Herr rückte in drei großen Heersäulen, die
aber durch Wald und Sumpf von einander getrennt waren, vor-
wärts. Auf der waldfreien Ebene bei Großbeeren gedachten sie sich
zu vereinigen. Doch Tauenzien hielt mit 12,000 Mann Landwehr
das eine, weit stärkere französische Armeekorps zwischen den Sümpfen
und Mooren von Jähnsdorf auf, und Bülow behielt Zeit, sein
Korps bei Heinersdorf in Schlachtordnung zu stellen. Er richtete
sein Augenmerk auf die Ebene bei Großbeeren, um die feindlichen
Truppen anzugreifen, sobald sie einzeln aus Wald und Moor her-
vorkommen würden. Seit zwei Tagen hatte es fast ununterbrochen
geregnet, die Wege waren fast bodenlos, die Soldaten durchnäßt,
ermattet und verdrießlich geworden. Der französische General Rey-
nier kam endlich am 23. August Nachmittag 4 Uhr in Großbeeren
an. Er suchte mit seinen Leuten schnell ein Unterkommen unter
Dach und Fach und machte sich's bequem. Der strömende Regen
verbarg ihm die drohende Gefahr; denn nur 1ji Meile von Groß-
beeren stand Bülow'ö Heer in Schlachtordnung. Die Krieger
waren hungrig und durstig, mit Koth bedeckt und von Regen trie-
fend; aber als es hieß: „Vorwärts Preußen, es geht gegen den
Feind!" — da fühlte Keiner Müdigkeit oder Hunger. Langsam
rückten die Kolonnen vorwärts, noch goß der Regen in Strö-
men. Bereits war es 6 Uhr, als der französische General Meldun-
gen vom Anmarsch der Preußen erhielt. In diesem Wetter einen
feindlichen Besuch? Das wollte er nicht glauben. Aber horch! Da
hört man Trommelschlag und Hörnerklang, dazwischen kriegerischen
Gesang. 62 Geschütze donnerten gegen Großbeeren eine Stunde
lang, 44 französische Kanonen antworteten. Dann gingen die
Bataillone zum Sturm vor gegen das Dorf. Es entstand ein
furchtbares Handgemenge mit Kolben und Bajonett, denn kein
Gewehr ging los. „Drauf, drauf! Hurrah Berlin! Es lebe der
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Extrahierte Personennamen: August August Napoleon Bülow Bülow August Koth
Extrahierte Ortsnamen: Brandenburgs Berlin Schweden Schweden Berlin Berlin Berlin Berlin Heinersdorf Berlin
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Die Mark unter den Königen aus dem Hause Hohenzollern.
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König!" erscholl es aus dem wirren Getümmel. Dann hörte man
das Klirren der Bajonette und das Dröhnen der Kolbenschläge. Un-
aufhaltsam drangen die Preußen in das brennende Dorf, stürmten
die rauchenden Gehöfte und warfen die Feinde auch hinter dem
Dorfe. Leider kämpften hier Deutsche gegeneinander, denn das feind-
liche Korps bestand großen Theils aus Sachsen. Mit rühmlicher
Tapferkeit wehrten sich diese, formirten Vierecke, aber umsonst. Die
Preußen waren zum höchsten Muthe entflammt. Vergeblich hatten
sie versucht, ein sächsisches Viereck zu sprengen; da warf ein Land-
wehrmann sein Gewehr weg, faßte einen Arm voll feindlicher Bajo-
nette und grub sie sich in die Brust. Ueber seine Leiche hinweg
drangen seine Kameraden durch die Lücke und schlugen das ganze
Regiment auseinander. Der Feind floh nach dem Walde zurück.
Da nahte hinter Neubeeren ein neuer feindlicher Heertheil; doch wurde
er von den Preußen so wacker empfangen, daß er Kehrt machte,
ohne einen Kampf zu wagen. Abermals erschienen von einer andern
Seite 2000 feindliche Reiter, doch auch sie wurden nach kurzem Ge-
fechte von schwarzen Husaren und von Uhlanen zersprengt. Die
Schlacht endete. 'Unter freudigem Siegesjubel und Hurrahruf ließen
die Preußen ihren König und ihren tapfern General hoch leben; bald
brannten Wachtfeuer um das brennende Dorf, und die ermüdeten
Sieger pflegten der Ruhe. Tiefe Finsterniß breitete sich über das
Schlachtfeld, wo so manches junge Herz verblutete. Als spät in der
Nacht die eroberten Kanonen und die Gefangenen nach Berlin ge-
bracht wurden, erhob sich dort unendlicher Jubel; man stürzte auf
die Straßen, umarmte sich und pries die Tapferkeit des jungen
Heeres. Mit dem frühen Morgen des andern Tages aber sah man
zahllose Karren und Wagen, Frauen mit Körben, Männer mit groß-
ßen Packen nach Großbeeren eilen; denn jeder Berliner wollte die
Retter Berlins erfrischen. Jener brachte Wein, dieser Lebensmittel,
wieder ein Anderer Binden und Charpie für die Verwundeten, welche
von den Frauen besonders gepflegt wurden.
2. Dennewitz.- Im September 1813 rückte abermals ein
französisches Heer unter dem bewährten Marschall Ney, 77,000 Mann
stark, auf der Straße von Jüterbogk gegen Berlin. Tauenziens
10,000 Mann wehrten sich bei Zahna gegen 50,000 Feinde wie
Verzweifelte. Selbst die verwundeten Landwehrmänner ließen sich
vom Feinde nur mit Gewalt das Gewehr abbringen. Dennoch muß-
ten die Tapfern weichen und wären verloren gewesen ohne Bülows
Hilfe. Der aber mußte wiederum die Erlaubniß zur Schlacht auf
eigene Gefahr von dem Kronprinzen von Schweden ertrotzen. Dem
General Borstell sandte er die strengsten Befehle, auf das Schlacht-
feld zu marschiren, dieser folgte, obgleich der Schwede es verboten
hatte. Bülow gedachte dem Feinde auf seinem Marsche in die linke
Seite zu fallen, ließ dies Tauenzien wissen und ihn zu kräftigem
Widerstande ermuthigen. Am 6. September wurde Tauenzien schon
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Blicke in die Vergangenheit Brandenburgs.
früh um 9 Uhr unwert Jüterbogk mit Uebermacht angegriffen. Die
Seinen weichen nach vierstündigem Kampfe schon langsam zurück, da
donnert Bülow's Geschütz, und mit neuem Muthe erfüllt, stürmen
die Tapfern vorwärts und drängen den Feind in das Dorf Lenne-
witz. Bei den Höhen von Niedergehrsdorf erhebt sich ein hartnäcki-
ger Kampf. Hier stürmt die vordere Brigade Bülow's unter Thü-
men. Die aufschlagenden Granaten werden von der pommerschen
Landwehr mit „Hurrah" und „Vorwärts" begrüßt, und obgleich
der Feind das Dreifache an Geschütz und Fußvolk hat, dringen die
Preußen doch bis Göhlsdorf vor. Hier stoßen sie aber auf gewal-
tige Vierecke. Erst nach dem vierten Sturme wird das Dorf be-
hauptet. Die Begeisterung der Truppen ist so groß, daß einige die
Schuhe ausziehen, um schneller vorwärts zu kommen; der Unterof-
fizier Haak vom Kolberger Regiment entreißt einem Tambour die
Trommel, weil er ihm zu langsam geht, und schreitet sturmschlagend
voran. Beim Sturm auf Dennewitz nimmt ein Hauptmann von
Hülsen den Stumpf der zersplitterten Fahnenstange, dringt durch
Kartätschen- und Kleingewehrfeuer bis dicht vor ein feindliches Viereck,
und seine Tapfern schlagen die Feinde mit den Kolben nieder. Mit
Ungestüm wird der Feind bis Rohrbeck getrieben. Aber ein furcht-
barer Kampf erhebt sich nun um das brennende Göhlsdorf. 47 Ba-
taillone Franzosen stehen hier gegen 17 preußische. In Gaffen und
Häusern, sogar in der Kirche wird gestritten. Da kracht es von
brennenden Balken, von Gewehrsalven; da tönt es ringsum in Gär-
ten und auf den Straßen von Trommelwirbel, Hörnerklang, Kom-
mandoruf und Hurrah; da wirbelt Pulverdampf und Rauch um die
kämpfenden Haufen; da liegen rings Todte und Verwundete, über
welche die Lebenden hinwegsteigen müssen. Und mitten im wildesten
Kampfe finden sich Preußen und Franzosen friedlich am Brunnen
mitten im Dorfe, umsaust von Kugeln; sie löschen den Durst und
streiten dann von Neuem gegeneinander. Endlich müssen die Preu-
ßen aus dem Dorfe weichen. Da erscheint, Nachmittag % 4 Uhr,
Borstell mit seiner Brigade als Retter, und ein Theil der Feinde
muß gegen Rohrbeck, um dort den bedrängten Franzosen Hilfe zu
leisten. Aber dort wie hier bei Göhlsdorf wird bald Alles in wilde
Flucht gejagt und von Husaren und Uhlanen bis in die Nacht ver-
folgt. — An diesem denkwürdigen Tage siegten 30,000 Preußen über
70,000 Franzosen und nahmen 15,000 nebst 80 Kanonen gefangen.
Das war die Ehrenschlacht der preußischen Landwehr! Ney mußte
seinem Kaiser meld-en: „Ich bin gänzlich geschlagen. Ich bin nicht
mehr Herr meiner Truppen, sie versagen mir den Gehorsam und
haben sich aufgelöst!" —
Druck von Graß, Bauh und Comp. (W. Friedlich) in Breslau.
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