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1. Teil 4 = Kl. 5 u. 4 - S. 168

1918 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
168 147. Dur ein Schafhirt von «uibeim zietbe. Palmzweige. 5. Band. Berlin 1870. S. 49. 1. s war am 12. Oktober 1806. Preußen hatte den Krieg an Frankreich erklärt, und vor zwei Tagen hatte das Gefecht bei Saalfeld stattgefunden, in welchem der Prinz Louis Ferdinand gefallen war. Nun waren die beiden Hauptheere einander näher gekommen, nur noch zwei Tage, und die unglückliche Schlacht bei Jena und Auerstädt sollte geschlagen werden. Ein preußisches Armeekorps unter dem Fürsten Hohenlohe, etwa 40000 Mann stark, stand rechts von der Straße, die von Jena nach Weimar führt, zwischen den beiden Flüssen Ilm und Saale; seine Vor- posten standen auf dem Landgrafenberge, einer steilen Höhe, welche zwischen diesen Truppen und der Stadt Jena lag. Von dem Gipfel dieses Berges konnte man das Heer der Preußen ganz und gar übersehen, und über ihn führte der einzige Weg, um dieses von vorn anzugreifen. Die preußische Hauptarmee, über 65 000 Mann stark, befand sich unter dem Kommando des Herzogs von Braunschweig und hatte sich eine Stunde weiter nach Weimar zu aufgestellt. Die Preußen waren mit gutem Mut, ja mit Übermut in den Kampf gezogen. Ihnen gegenüber standen die Feinde, die Franzosen. Schon wurden die Vorbereitungen zu der großen Schlacht getroffen, die in zwei Tagen geschlagen werden sollte. Es lag wie eine schwere, drückende Gewitterschwüle auf der ganzen Gegend. Alle Dörfer ringsum waren bereits von den Feinden geplündert, und viele von ihren Einwohnern hatten sich mit einem Teil ihrer Habe und ihres Viehes auf die bewaldeten Höhen jenseits der Saale geflüchtet. An einem Bergabhange des linken Saaleufers stand am Nachmittag des 12. Oktober ein Mann, der den Kopf auf einen langen Stab gestützt hatte und so in das Tal hinabschaute, durch welches die Straße von Jena nach Naumburg sich hindurchzieht. Unten war ein buntes, wirres Leben; Soldaten, Pferde, Wagen drängten einander. Starr und gedankenvoll ruhte sein Auge aus diesem Treiben. Die Kleidung des Mannes, ein blauer, langer Rock, ein großer, breitkrempiger, schwarzer Hut und eine lange Weste, sowie seine ganze Erscheinung zeigten auf den ersten Blick, daß er ein Schafhirt war. Nur zuweilen warf er einen Blick auf die vier oder fünf Schafe, welche neben ihm weideten, und dann zuckte um seinen Mund ein trauriges Lächeln. Noch vor kurzer Zeit hatte er hier für seinen Herrn eine zahlreiche Herde gehütet, diese wenigen Tiere waren alles, was ihm davon übriggeblieben war; sie waren sein Eigentum, und er hatte sich mit ihnen hierher geflüchtet. Der Abhang des Berges war steil, so daß er hoffen durfte, die Feinde würden nicht auf die Höhe

2. Teil 4 = Kl. 5 u. 4 - S. 170

1918 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
170 und Pferden, Wagen und Kanonen nicht durchkommen und muß deshalb Nebenwege suchen und einschlagen. Lebt wohl!" Mit diesen Worten eilte der Mann hastig von dannen. Der Schaf- hirt sah ihm lange nach, und seine Augen nahmen einen düsteren Ausdruck an. Dann trieb er seine Tiere langsam in ein kleines Gehölz, welches nicht weit am Abhange des Berges sich hinzog, um dort mit ihnen über Nacht zu bleiben. Wohl waren die Nächte schon kalt und feucht geworden; aber Born war von Jugend auf an Wind und Wetter gewöhnt und hatte schon in kälterer Zeit manche Nacht im Freien zugebracht. Der Abend brach herein, und stiller wurde es auf den Bergen, doch um so lauter schallte das kriegerische Geräusch aus dem Tale herauf. Der Schäfer hörte lange zu, dann setzte er sich zur Erde und lehnte sich an einen Baum; neben ihm lagerten sich sein treuer Hund und die kleine Herde. So schlief er endlich ein. 2. Der 13. Oktober brach an. Der Herzog von Braunschweig hatte seine Armee geteilt; der Hauptteil zog mit dem Könige von Preußen bei Tagesanbruch nach Sulza und kam am Abend jenes Tages auf den Höhen von Auerstädt an. Der Fürst Hohenlohe war mit den Truppen, die er befehligte, auf den Bergen zwischen Jena und Weimar zurückgeblieben. Leider dehnte er seine Armee über eine Länge von sechs Stunden aus und vergaß es, den wichtigsten und höchsten Punkt der ganzen Stellung, den Landgrafenberg, zu besetzen. Napoleon hatte mit scharfem Feldherrn- blick diesen Fehler sogleich bemerkt und von einem Teile seiner Truppen den Berg besetzen lassen. Er selbst bestieg ihn, und von hier aus konnte er die ganze Stellung des preußischen Heeres beobachten und seinen Schlachtplan für den folgenden Tag entwerfen. Noch aber fehlten ihm die Reiterei und die Artillerie, ohne welche er die Schlacht nicht wagen konnte. Man hatte vergebens alles mögliche aufgeboten, um sie an den hohen und steilen Abhängen des Landgrafenberges hinauszuschaffen. Selbst die Infanterie hatte die größte Mühe gehabt, aus den schmalen und steil- ansteigenden Pfaden den Berg zu erklimmen. Am Morgen stand der Schafhirt wieder an dem Abhange des Berges, um seine Tiere zu weiden. Es leuchtete wie Freude auf seinem ernsten Angesichte, als er die zahlreichen Geschütze und die Reiterei der Franzosen unten im Tale sah. Es war also noch nicht gelungen, sie den Berg hinauszuschaffen, und er jubelte darüber in seinem Herzen. „Wenn er den Weg wüßte," sprach er vor sich hin, „der dort auf die Höhe führt! Aber er weiß ihn nicht und wird ihn nicht finden; denn es weiß ihn ja kaum jemand außer mir. Fast scheint es unmöglich, den Berg hinaufzu- kommen; und doch bin ich früher mehr als einmal aus dem Wege nach seinem Gipfel geritten."

3. Teil 4 = Kl. 5 u. 4 - S. 175

1918 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
die Soldaten traten auf das Kommando an. Noch einmal wiederholte der französische Offizier seine vorige Frage; ja, er legte sie ihm zögernd sogar zum dritten Male vor. Schweigend, aber fest verneinend, schüttelte Born das Haupt. Da ertönte das furchtbare Kommandowort: „Feuer?" Drei Blitze fuhren aus den Gewehren, drei Schüsse hallten zugleich an den gegenüberliegenden Bergen wider. Ohne einen Laut sank der wackere Hirte zusammen; er war gut getroffen worden, es zuckte keine Muskel in seinem Gesichte. Die Soldaten ließen den Leichnam liegen und kehrten in das Lager zurück; es war ja Krieg, was hatte da ein einzelnes Menschenleben zu bedeuten! Napoleon war sehr unwillig, daß man den Weg nicht entdecken konnte. Endlich meldete ihm ein Offizier, daß man einen andern Mann gefunden hatte, welcher ihn ebensogut kannte als der Schäfer. Der Mann wurde zu ihm gebracht, dieser hatte nicht den Mut und die Kraft, der Forderung zu widerstehen und sich zu weigern, und zeigte den Weg, der durch das von einem Gießbache durchströmte, von Felsen eingeengte und mit Wald bewachsene Rautal führt. Das Bett des Baches bildete den Weg. Napoleon erkannte mit scharfem Auge sogleich die Möglichkeit, die Geschütze aus diesem Wege den Berg hinauszuschaffen. Zwar mußten hier und dort einzelne Bäume gefällt, einzelne Felsen gesprengt werden, allein diese Schwierigkeiten ließen sich überwinden, und der Kaiser be- fahl, sogleich an das Werk zu gehen und den Weg fahrbar zu machen. Um acht Uhr abends war man damit fertig geworden, und noch während der Nacht wurden die meisten Geschütze, halb gezogen und halb getragen, auf den Gipfel des Berges gebracht. Als der 14. Oktober anbrach, war die Schlacht bei Jena beinahe schon entschieden, ehe noch der Kampf begonnen hatte. Wir wissen, wie sie leider ausgefallen ist; das preußische Heer wurde gänzlich geschlagen und in die wildeste Flucht auseinandergesprengt. Auf den Feldern von Jena begannen die sieben Jahre preußischer Not und. Schmach, bis sie endlich durch Gottes Gnade in den glorreichen Tagen der Befreiungskriege ihr Ende erreichten. Das Opfer des alten wackeren Schafhirten war vergeblich gewesen. Zwei Tage nach der Schlacht war er mit Hunderten von gefallenen Preußen und Franzosen in ein gemeinsames Grab gebettet worden; erst lange darauf erhielten die Seinen die Nachricht von seinem Tode. Kein Geschichtsbuch erzählt den Heldentod des braven Mannes, nur einzelne Landleute in der Gegend von Jena wissen noch heute davon zu berichten. Niemand kennt sein Grab, von seiner Tat redet kein glän- zendes Denkmal. Er war nur ein armer Schafhirt, aber er ist getreu gewesen bis zum Tode; darum soll seines Namens nie und nimmer vergessen werden.

4. Teil 4 = Kl. 5 u. 4 - S. 250

1918 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
250 den 26. gegen den Feind, um ihn anzugreifen. Der Feind hatte denselben Entschluß. Er hatte bereits die Katzbach passiert. Bei Brechelshof trafen wir aufeinander. Ich griff an. Von 2 Uhr nach- mittag bis zum Abende dauerte das Gefecht. Der Feind wurde gänzlich geschlagen. Über 40 Kanonen und der größte Teil seiner Munition fielen in meine Hände. Gefangene sind nicht so viele gemacht worden; die Truppen waren zu erbittert und machten alles nieder. Wir sind im Verfolgen des Feindes, und ich darf mir noch große Vorteile versprechen. Es regnete den ganzen Tag, und gegen Abend ging kein Gewehr mehr los. Meine Infanterie focht mit dem Bajonett. Preußen und Russen wetteiferten miteinander, und keiner wollte dem anderen den Vorzug einräumen. Unsere Truppen haben mit großer Bravour gefochten. Meinen Verlust kann ich noch nicht bestimmen; indessen ist er in Hinsicht der Vorteile, die wir errungen, nicht groß. Dein und mein Sohn sind bei der Großen Armee in Böhmen. Lebe wohl und bleibe Freund Deines treuen Freundes Blücher. 179. Wie Kaiser Wilhelm I. als Prinz das Eiserne Kreuz erwarb. Von Wilhelm Pfeiler. Kaiser Wilhelm I. Halle a. S. 1897. S. 27. In der Neujahrsnacht von 1814 ging Prinz Wilhelm im Gefolge seines Vaters, König Friedrich Wilhelms Iii., bei Mannheim über den Rhein und ritt mit nach Frankreich hinein. Dort kam auch für ihn der Tag, wo er sein unverzagtes Herz bewährt hat. Bei Bar sur Aube entbrannte am 27. Februar eine Schlacht. Russische Regimenter drangen in die Weinberge über dem Städtchen gegen den Feind. Dieser aber bemerkte von der Höhe herab ihre geringe Zahl, warf sich mit Ungestüm auf sie und trieb sie zurück. Kaum fand der König Zeit, ihnen Unterstützung zu senden. Zwei frische Regimenter eilten auf seinen Befehl den hart Bedrängten zur Hilfe, und es gelang ihnen, den Feind zu werfen; doch erlitten sie große Verluste. Während dieser Kampf noch tobte, wandte sich der König plötzlich zu seinem Sohne Wilhelm mit dem Befehle: „Reit einmal hin und erkundige dich, was das für ein Regiment ist, von dem die vielen Verwundeten sind, die sich in jedem Augenblicke mehren!“ Der Prinz gab dem Pferde die Sporen, jagte nach den Weinbergen, erkundigte sich und brachte dem Vater seine Meldung. Der König sagte im Augenblicke nichts, aber alte Offiziere ergriffen die Hand des Prinzen, der so ruhig in den Kugelregen geritten war, und

5. Teil 5 = Kl. 3, 2 u. 1 - S. 208

1914 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
208 6. Doch als er nun am Morgen Feldein vom Dorfe ritt, Noch immer in tiefen Sorgen, Ihm Zieten entgegentritt: „Mein Handstreich ist gelungen, Getroffen hat der Blitz, Wir haben zu Nacht bezwungen Die Höhen von Süptitz." 7. Der Kriegsherr steht Oetroffeu Ob solcher Siegesmär, Da reißt der Nebel, und offen Zeigt sich ein fliehendes Heer. Der alte Zieten glühet, Von Friedrich weicht der Schmerz: Er dankt ihm stumm und ziehet Ihn stürmisch an fein Herz. Detlev Freiherr von Äliencron. 1844—1909. Ausgewählte Gedichte. Volksausgabe. 21. bis 24. Tausend. Berlin u. Leipzig 1907. 1. Meiner Mutter. 1. Wie oft sah ich die blaffen Hände nähen Ein Stück für mich — wie liebevoll du sorgtest! Ich sah zum Himmel deine Augen flehen, Ein Wunsch für mich — wie liebevoll du sorgtest! 2. Und an mein Bett kamst du mit leisen Zehen, Ein Schutz für mich — wie sorgenvoll du horchtest! Längst schon dein Grab die Winde überwehen, Ein Gruß für mich — wie liebevoll du sorgtest! 2. Helclsbilcl. 1. Die Mittagfonne brütet auf der Heide, Im Süden droht ein schwarzer Ring. Verdurstet hängt das magere Getreide, Behaglich treibt ein Schmetterling. 2. Ermattet ruhn der Hirt und seine Schafe, Die Ente träumt im Binsenkraut, Die Ringelnatter sonnt in trägem Schlafe Unregbar ihre Tigerhaut.

6. Teil 5 = Kl. 3, 2 u. 1 - S. 593

1914 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
Plötzlich wurde Halt befohlen. Die Kompagnien marschierten auf. Wachen und Posten wurden ausgestellt. Feldwachen und Patrouillen gingen ins Vorland. Das Bataillon biwakierte. Früh am andern Morgen waren wir schon wieder unterwegs. Es wurde unerträglich heiß. Der Durst, dieser furchtbarste Feind des Sol- daten, quälte uns. Wir sahen wie Schornsteinfeger aus. Durch die dicke Staubkruste auf unsern Gesichtern bahnte sich der Schweiß Furchen und Rinnen, dann tröpfelte er auf Schultern, Brust und Nacken. Der Kragen war schon durchnäßt. Gewehr und Tornister driickten schwer. Gesang und Gespräch waren längst verstummt. Jeder blickte nur mit starren Angen ans die Fersen seines Vordermannes. Da blitzt uns ein Dorf entgegen! Einige Leute werden vorgeschickt, die Bauern mit Wasser an die Türen zu stellen. Dann kamen wir nach. Im langsamen Vorwürtsziehen trinkt rechts und links die Kompagnie. Greise, Kinder, Männer, Weiber: alles steht mit Töpfen, Schüsseln, Eimern vor den Häusern. Jeder stürzt sich auf das nächste Wasser, reißt die Tasse, das Glas, den Kübel an sich. An den Lippen läuft das Wasser herab auf Hals und Brust. Und wieder ging es weiter. Adjutanten und Ordonnanzen flogen bisweilen an uns vorbei nach vorn oder kamen uns entgegen. Eine trabende Batterie überholte uns. Die Geschützrohre gaben jenen eigen- tümlichen, schütternden Klang. Ein kurzer Wechselgruß der Offiziere, und schon ist sie vor uns. Endlich bogen wir in einen langen Hohlweg ein. Rechts und links drohten steile Felswände. Nachdem wir über eine halbe Stunde, immer int Paß, weitergezogen, sahen wir am Ausgang den kommandierenden General halten mit seinem Stabe. Er läßt Bataillon auf Bataillon, Batterie auf Batterie, Schwadron auf Schwadron an sich vorbeiziehen. Seine eisernen Augen bohren sich uns in die Eingeweide. Streng und hart ist sein Gesicht. Ihm und seinen! Stabe mochten die Herzen doch froher pochen: Fast das ganze Armeekorps hatte den Paß durchzogen. Wir rvaren dem Feinde zuvorgekommen. Gegen Abend machten wir halt auf einer Bergkuppe. Die Aussicht ist herrlich. Und deutlich vor uns liegt Böhmen. Und nun ein emsig Biwakleben. Ich wurde mit einer Abteilung abgesandt, Baumstämmchen und Äste aus dem nächsten Gehölz zu holen. Bald sind wir wieder zurück. Die Feuer knistern, brennen. Die Mannschaften brezeln und kochen. Der Vollmond geht auf, die Sterne funkeln. — O du lustig Biwak mit deinem Brenzelgeruch, mit deinem Gesumme! Dorther klingt ferner Postenruf, hier wiehert ein Pferd, bald rauscht irgendwo ein leise gehaltener Zornausbruch eines Hauptmanns, der seine Unter- offiziere um sich versammelt hat. Dazwischen Rufen einzelner Namen, ein Gesang in der Ferne, plötzlich ein lautes Gelächter, hinter dem Po rg er-Wol ff, Lesebuch für Knaben-Mittelschulcn. V. Hessen-Nassau. 38

7. Teil 5 = Kl. 3, 2 u. 1 - S. 597

1914 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
preußischen Schwadronen, die eben heran sind, gehen sofort auf den Feind los, sogar die Slabswache des Königs wirft sich mit gezogenen Säbeln dem tollkühnen Gegner entgegen. Undurchdringliche Staubwolken wirbeln empor, aus denen hin und wieder die Blitze der Pistolen- und Karabinerschüsse aufleuchten. Leiber gefallener Rosse und Reiter sperren den Weg. Bei dem harten Zusammenstoß wird bald der eine nach kurzem Handgemenge in wilder Jagd über offenes Feld in die Gehölze hineingejagt; bald sammelt sich der andere wieder, erwartet verstärkt aufs neue den Anprall und nimmt seinerseits in gestrecktem Galopp die Verfolgung auf. Der verderbenbringende Reiterzug rast hin und her, Blut und Trümmer zeigen feinen Weg. Immer enger, erbitterter entspinnt sich der Kampf. Lange Ulanenlanzen mit schwarzweißen Fähnlein, kurze Speere polnischer Lanciers mit dem Metallknopf, Kalpaks von Husarenmützen, Messing- kämme böhmischer Kürassierhelme, blaugelbe Radetzkyhusaren, Windisch- grätzdragoner — alles bunt durcheinander! Endlich lassen die öster- reichischen Weißmäntel ihre Gefallenen liegen und gehen in schneller Flucht zurück. — Die österreichischen Bataillone befanden sich bereits in voller Auf- lösung und bezeichneten ihre Rückzugslinie mit weggeworfenen Waffen. Überall gingen die preußischen Kolonnen im Laufschritt vor, während in der Ferne die weißen Massen in voller Flucht den glitzernden Wäldern zueilten. Die langen Linien der preußischen Reiterei entwickelten sich mit lustig flatternden Standarten, ihre reitende Artillerie bewegte sich vorwärts und bestrich mit ihren Feuerschlünden die feindliche Riickzugsstraße. Während die Sonne am westlichen Horizonte versank, loderten überall in der Ebene die glimmenden Flammen auf. Sie bestrahlten, vom Abendwinde angefacht, die Myriaden dunkler Gestalten, die sich unter ihnen bewegten, und den dunkeln Hintergrund, während die schwarzen Mündungen der Geschütze rote Fenergarben und Granatfunken aus- sprühten. Da befahl der königliche Sieger das Feuer gegen das flüchtende Heer einzustellen. Der Greis gedachte in seinem unentwegt milden und gerechten Sinn, daß es zwecklos und unchriftlich sei, die völlig Über- wundenen wehrlos hinzuschlachten. Und mehr! Vor seiner Seele stand es klar und fest: Wie wir jetzt auseinanderkommen, so müssen wir suchen, dereinst wieder zusammenzukommen, Preußen und Österreich, die deutschen Brndermächte, als gemeinsamer Wall wider Westen und Osten. — Des Kronprinzen volkstümliche Reckengestalt erscheint. Vater und Sohn sinken sich in die Arme. Ein schöneres, wärmeres, heiligeres Zu- sammentreffen wie das des alten Bliicher und des kalten Wellington bei Belle-Aüiance. Stumm ist der Schlachtendonner Habsburgs, der von Sadowa her- gebrüllt. 180 genommene Geschütze! Die jubelnden Soldaten klimmen ans Rohre und Lafetten, wo die heldenmütigen Braunröcke, noch im Tod

8. Teil 5 = Kl. 3, 2 u. 1 - S. 598

1914 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
598 ihre Geschütze umklammernd, ehrenvoll erschlagen liegen. Die blauen Jungen schwenken ihre Mützen, die Offiziere küssen dem greisen Sieger die Hand, und „Heil Dir im Siegerkranz" schmettert es durch die Lüfte. 27. Der Kronprinz Von Preußen nacb oler Schlacht bei ie Schlacht bei Wörth war geschlagen. Das kleine Dörfchen Frösch- weiler, das fast der Mittelpunkt der französischen Schlachtlinie gewesen, war erstürmt worden. Während nun das siegreiche Heer teils in geschlossenen Kolonnen vorüberflutete, teils in aufgelösten Haufen das eroberte Dorf nach Nahrungsmitteln durchsuchte, erscholl plötzlich von Wörth herauf ein unbeschreibliches Getöse. Es mußte wieder etwas Neues, Außerordentliches im Anzuge sein. Die Soldaten stürzten zu allen Häusern und Höfen heraus, stellten sich in Reih und Glied und bildeten auf beiden Seiten der Straße eine undurchdringliche Mauer. Ich stand auf der Haustreppe. „Was ist denn?" „Der Kronprinz kommt! Der Kronprinz kommt!" Ich kann nicht sagen, wie diese Nachricht meine Seele durchzuckte. Ich rief meinen Leuten zu: „Schnell heraus, der Kronprinz von Preußen kommt!" Und das Getöse dringt immer näher, das Triumph- geschrei wird immer größer. Jetzt sind sie im Unterdorf! — Horch, wie sie jubeln! — Gebt acht! Jetzt biegen sie um die brennende Kirche! . . . Die Trommeln wirbeln, die Siegeslieder brausen — eine ungeheure Be- geisterung flammt durch die Reihen. — Alle Häupter find entblößt; die Mützen fliegen hoch empor, und aus aller Mund tönt ein tausendfaches donnerndes Hurra! Hoch! Hurra! Wir stehen da wie verzaubert . . . Wahrhaftig, da zieht er, umgeben und gefolgt von seinen Generalen (Kirchbach trägt einen Kranz von Eichenlaub!), an unsern Blicken vorüber. Wie sein Angesicht vor Freude strahlt, und wie er so wohlwollend die jubelnden Scharen begrüßt! — Kein Wunder . . . Sie haben ihr Blut vergossen, und ihr Hurrarufen läutet dem geschlagenen Cäsar zum Grabe. Welch großartiges, majestätisches Schauspiel! Was doch in diesem Augenblick sein fürstliches Herz empfunden haben mag? Durch Flammen und Trümmer über die blutige Walstatt ... Ob durch die Siegesfreude auch eine Ahnung zieht von dem tausendfachen Weh, das der Krieg über die Völker wälzt? Und ob es ihm nicht lieber wäre, einst wie ein rechter Salomo Deutschland im Frieden zu regieren, als mit Siegespalmen geschmückt auf schäumendem Schlachtroß über blutgetränkte Gefilde zu ziehen? Wir glauben's gern; sein Blick ist milde, seine ganze Erscheinung erweckt Vertrauen. Wir vernehmen es auch aus den wenigen Worten, die er zu den Einwohnern spricht: „Die Leute sollen sich nicht fürchten." Ailch sieht man's den immer nmnter Hurra rufenden Kriegern an, sie «lörth Von Karl Klein. Fröschweiler Chronik. 24. Ausl. München 1906. 8. 131.

9. Teil 5 = Kl. 3, 2 u. 1 - S. 605

1914 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
Kurz vor 10 Uhr vormittags trat der Kronprinz in den Garten der Billa des Ombrages hinaus, die Aufstellung der Ehrenwache und der Fahnenträger zu besichtigen; darauf setzte sich der Zug, geleitet von einer Kompagnie des Königs-Grenadierregiments, an seiner Spitze das Musik- korps des 59. Regiments, in Marsch, nahm aber den Weg nicht durch die Avenue des Sceaux stracks aufs Schloß, sondern bei der Präfektur vorüber, wo der König beim Vorbeimarsch ans Fenster trat. Als der Zug die Place d’Armes durchschritten hatte, eben als er durch das ver- goldete Gittertor des Ehrenhofes zwischen die zu beiden Seiten des Hofes die Balustraden krönenden Riesenstandbilder der französischen Marschälle eingetreten war, stimmte die Musik an: „Was ist des Deutschen Vater- land?" Von den weiten Fronten und Hallen des Schlosses kam der Ton so mächtig widerklingend zurück, daß man hätte glauben dürfen, die alten steinernen Helden Frankreichs bei diesen Fanfaren ihrer Feinde Zucken zu sehen. Dicht bei der prächtigen Reiterstatue Ludwigs Xiv. vorbei, die auf der Höhe dieses Ehrenhofes den Marschallstab gebieterisck) weit aus- streckt, auf den Mittelbau des Schlosses zu, dessen Inschrift es „A toutes Jes gloires de la France“ widmet, wurden die siegreichen deutschen Fahnen getragen und in die Spiegelgalerie gebracht. Kurz vor Mittag verließ der Kronprinz, den Chef des Generalstabes seiner Armee, den Generalleutnant v. Blumenthal, an seiner Seite, zu Wagen die Villa des Ombrages und fuhr aufs Schloß, wo er in die Säulenhalle, von der aus die Marmortreppe aufsteigt, eintrat, um hier seinen königlichen Vater zu empfangen. Da es ihm aber oblag, die Fest- anordnungen zu leiten, so eilte er vorsorglich zunächst die Treppe hinauf, vom Vorsaal aus die lebhaft bewegte, festliche Versammlung in der Spiegelgalerie zu iiberschauen. Hochaufgerichtet, das Auge freudig auf das bunte Bild vor ihm geheftet, in jugendlicher Kraft und Schönheit und in fürstlicher Hoheit stand er eine kurze Zeit da, bis ihm das Nahen seines Vaters gemeldet wurde. Um 12 Uhr verkündeten die weithin rollenden Hurrarufe, die von dem Schloßhofe herdrangen, der Festversammlung die Ankunft des Königs. In seinem mit vier Rappen bespannten, einfachen, offenen Wagen ä Ja Daumont, den er zu den täglichen Ausfahrten benutzte, hatte der König auch diesen Weg zurückgelegt. Eine feierliche Auffahrt wie sonst zu Krönungsfesten konnte an diesem glorreichsten all dieser Jahresfeste des Hohenzollernhauses freilich nicht stattfinden. Zwischen Kriegsfuhrwerk, Proviantladungen und Viehzutrieb, durch den lebhaften städtischen Verkehr hindurch, der am Markttage herrschte, nahm der königliche Wagen seinen Weg zur Feststätte, dem französischen Königsschloß. Von fernher sandten die Geschütze des Mont Valerien und der lebhaft auf St. Eloud feuernden Batterien ihren grollenden Donner. Deutscherseits wurde die Beschießung an diesem Festtage nur mäßig fortgesetzt.

10. Teil 5 = Kl. 3, 2 u. 1 - S. 611

1914 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
die Gefühle des Herzens auszudrücken, was die Versammelten an die Stufen leitete: fo traten, in Gruppen vereinigt, die Offizierkorps, fo die Militärgeistlichen, ebenso aber einzelne vor, je nach der auf den Hoch- tritt zuflutenden Bewegung, verbeugten sich und schritten dann zur Seite. Aber diese Huldigung, unerwartet, unwillkürlich, wie sie geschah, konnte nicht von allen Anwesenden gewürtigt werden; ebendieselbe tiefe Bewegung, die aus der Versammlung ihm entgegenflutete, lenkte vielmehr die Schritte des Kaisers sehr bald in die Mitte der Seinigen; er stieg die Stufen hinab und nahm im Saale selbst Glückwünsche von allen Seiten entgegen; er wandte sich vornehmlich zu den mit dem Eisernen Kreuz geschmückten Mannschaften längs der Fensterwand, an die er be- sonders gnädige Worte richtete; er nahm auch Meldungen von denjenigen Offizieren entgegen, die am heutigen Festtage befördert waren. Gleich seinen! Vater verweilte der Kronprinz im Saale, mit heiterem, herzlichem Wort jeden, den er ansprach, beglückend; schon die Anrede, die ein jeder zum ersten Male anzuwenden sich beeiferte: „Kaiserliche Hoheit," gab dern hohen Herrn zu mancher freudigen und leutseligen Äußerung Anlaß. Uni dieser unvorhergesehenen Verlängerung der Feier einen festlicheren Ausdruck zu geben, befahl der Kronprinz dem Mnsikkorps des Königs- Grenadierregiments, im Vorsaal Aufstellung zu nehmen und den Hohen- sriedberger Marsch anzustimmen. Aber so sehr waren der Kaiser und die Fürsten noch in der Unterredung mit den sie umringenden Fest- genossen begriffen, daß der zu lauten Musik sofort wieder Einhalt geboten werden uiußte. So allmählich durchschritt der greise Herr in dein ihn beglückenden Vollgefühl, daß alle Herzen ihm entgegenschlugen, von den Fürsten gefolgt, die Reihen, die sich ehrfurchtsvoll vor ihm öffneten. Als er die Galerie verließ, erklang von neuem der von seinem Ahnherrn, von König Friedrich dein Großen, gesetzte Hohenfriedberger Marsch und dnrch- tönte die französischen Prachtsäle, bis gegen 1 Uhr die letzten Festgäste sie verlassen hatten. — Mit einem ersten Kaiserhurra empfing den neuen Kaiser die Leibwache im Vorsaal unter präsentiertem Gewehr — so kräftig, daß Prinz Karl versicherte, in seinem Leben kein solches Hurra gehört zu haben. Es pflanzte sich von Saal zu Saal fort. Kaiser Wilhelm war in das Portal getreten, den von links vor- fahrenden Wagen zu erwarten. Das Wetter hatte sich aufgeklärt, mit lichtem Sonnenschein begrüßte ihn der Himmel. Hier im Schloßhofe standen gegenüber dem Portal nicht nur die Ehrenwache, nicht nur zahl- reiche Offiziere, Beamte des Heeres und Hofes, sondern wer von Deutschen im Liebesdienst für die Armee in Versailles sich aufhielt und von der Feier Nachricht erhalten hatte, war hierher geeilt, dem Deutschen Kaiser den ersten Gruß zu bieten. Sie hatten draußen dennoch an der Feier teilgenommen: in dem Augenblicke, da der Großherzog von Baden seine Worte an die Versammlung richtete, war die Königsflagge von der Zinne
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