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Mittlerweile war das sächsische Heer in seinem unangreif-
baren Lager immer enger eingeschlossen worden und wie eine
Festung förmlich belagert; alle Zufuhr ward ihm abgeschnitten,
und Hunger und Mangel aller Art begann den treulich aus-
dauernden Sachsen immer drückender zu werden. Dennoch erhielt
sich ihr Muth in der Zuversicht einer baldigen Hülfe durch den
asterreichischcn Fe!dma.rschall Browne, der stch auch wirklich in
dieser Absicht näherte und am 30. September bei Budin über die
Eg er ging. Sein Vorhaben zu vereiteln, verlies Friedrich das Ein-
schliessungècorps und traf, ebenfalls am 30. September, bei fti-
nem Beobachtungt'hcere ein, das in Böhmen eingedrungen war und
unter dem Befehle des Marschall von Keith bei Aussig stand.
Beide Heere, das preußische und österreichische, trafen schon am
folgenden Morgen unweit Low osic, einem böhmischen Dorfe,
auf einander. Das österreichische bestand aus 35,000 Mann
und V6 Kanonen, das preußische aus 20 bis 25,000 Mann mit
102 Kanonen. Schon früh um sieben Uhr begann von preußi-
scher Seite die Kanonade, dem sich die österreichische Reiterei
ausgesetzt sah; ein dichter Rebel aber, der sich erst gegen Mittag
allmälig verlor, verhinderte, daß man. die gegenseitigen Bewe-
gungen wahrnehmen konnte und verzögerte den Ausgang der
Schlacht bis Nachmittags um drei Uhr. Ein sehr geschicktes
Manöver des Herzogs von Bevern, der die Infanterie des
Unken Flügels, nachdem sie ihre Patronen verschossen hatte, mit
gefälltem Bajonette gegen den Feind führte, entschied den Sieg.
Browne ordnete einen meisterhaften Rückzug an und zog sich mit
seinem Heere wieder über die Eger nach Budin zurück..
Die bedrängten Sachsen hörten mit tiefem Schmerze das
stolze Victoriaschicßen der Preußen rings auf den Felfcnhöhrn,
die ihr Gefängnis einschlossen. In ihrer Bedrängnis beschlossen
sie in einer Nacht über die Elbe zu gehen und sich jenseits nach
Böhmen durchzuschlagcn. Browne sollte ihnen dabei entgegen
kommen. Ein übermäßig stürmisches Regenwettcr aber verzögerte
diesen Uebergang um zwei Tage, welche Friedrich dazu benutzte,
jeden Ausgang mit fürchterlichen Batterien zu besetzen, und
deckte, bis der General auf seinen Knien sagte, er habe Befehl, im
Nolhsalle Gewalt zu gebrauchen. Darauf ward die Thür des Cabinets
durch einen Schlosser geöffnet.
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Extrahierte Personennamen: Muth Browne Friedrich Friedrich Keith Browne Browne Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen Aussig Eger Sachsen
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35g
zu Tische, und auch die Soldaten beschäftigten sich mit ihren
Mahlzeiten, während die ganze Gegend von der luftigen Feld-
musik der aufmalschirenden Feinde erklang. Die Franzosen, die
dies in der Ferne sahen, erstaunten über die Trägheit und Ver-
zweiflung der Preußen, die, ihrer Meinung nach, nicht einmal
auf die Ehre, kämpfend zu sterben, bedacht waren, sondern sich
wehrlos der Gnade der Sieger überlasten wollten. Um zwei Uhr
gab Friedrich Befehl, die Zelte abzubrechen, und machte die
Disposition zur Schlacht. Durch ein geschicktes Manöver wußte
er seine Bewegungen dem Feinde so lange zu verbergen, bis cs
Zeit zum Angriffe war. Auf einmal donnerten die Hügel von
dem fürchterlichen Kartälschenfcuer der preußischen Batterien;
Prinz Heinrich griff die französische Infanterie in ihrer rechten
Flanke an, und Scidlitz, der sie mit der Reiterei bereits über-
flügelt hatte, fiel ihr in den Rücken. Unbeschreiblich war die
Bestürzung der Angegriffenen, als sie sich so von allen Seiten
überfallen sahen. Diese erstarrende Ueberraschung war die
Hauptursache ihres geringen Widerstandes und ihrer völligen
Zersprengung. Die schwergcrüsteten Gcnsd'armcn, der Stolz
und Kern der französischen Armee, wurden trotz ihrer unge-
heuren Pferde von den leichten Rossen der preußischen Husaren
niedergetrabt. In wenigen Augenblicken war die französische
Cavalerie wie vom Sturmwinde auseinander gewirbelt, und auch
die von der Reiterei verlassene und dem schweren Geschütze der
Preußen ausgesetzte Infanterie hielt nicht lange Stand. Kaum
hatte das Feuer aus dem kleinen Gewehre eine Viertelstunde
gedauert, als auch sie in größter Verwirrung die Flucht ergriff.
Die Rcichstruppcn thatcn, was von solchen Helden zu erwarten
war: sie hatten schon bei den ersten Kanonenschüssen das Feld
geräumt.
Es war Abends sechs Uhr, als die Schlacht zu Ende ging,
die eigentlich nur anderthalb Stunden gedauert hatte. Die bereits
eingetretene Dunkelkeit rettete die französische Armee von ihrem
völligen Untergänge. Doch setzte man ihnen noch am folgenden
Tage bis an die Unstrut nach und bekam noch über 7000 Ge-
fangene. Der ganze Weg war mit weggcworfcncn Sachen wie
besäet; die Infanteristen hatten ihre Gewehre und Tornister, die
zu Fuß fliehenden Reiter ihre Brustharnische und großen Rciter-
stiefeln weggeworfen, um nur ungehindert laufen zu können.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Befehl Friedrich Heinrich Heinrich
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361
,,Bei allen meinen Thaten laß ich den Höchsten rathen," wie
aus Einem Munde ertönen, während ec besonnen und ruhig
seinen Angriffsplan ordnete. Seine Hauptabsicht war auf den
linken Flügel der Feinde gerichtet; er machte aber, um sie irre
zu führen, mehrere verstellte Bewegungen gegen den rechten
Flügel; dann zog er sieh plötzlich gegen den linken hin, und zwar
zu eben der Zeit, da die mit den preußischen Evolutionen unbe-
kannten österreichischen Generale die Bewegungen der Preußen
für einen Rückzug ansahe», und Daun zum Prinzen Karl sagte:
,,sie marschiren fort; wir wollen sie abziehen lassen." Dennoch
erwartete der die Reiterei des rechten Flügels commandirende
General Lu che si gerade hier den Hauptangriff und bat des-
wegen dringend um Unterstützung. Eine gleiche Bitte und mit
mehrerem Grunde that der General Nadasti, der auf dem lin-
ken Flügel stand und mit seinem richtigen Scharfblicke Friedrichs
wahre Absichten durchschaute. Mit jedem Augenblicke stieg die
Gefahr, sowie die Gewißheit, daß die Preußen ihn mit aller
Starke anfallen würden. Er schickte einen Offizier nach dem
andern, um Hülfe zu fordern. Der Prinz Karl und Daun wur-
den durch diese widersprechenden Berichte zweier vielgeltender
Generale ganz irre. Endlich erhielt Luchesi's Begehren die Ober-
hand, da er sich, im Falle einer Niederlage, von aller Verant-
wortlichkeit lossagte. Daun selbst führte ihm die Reservetruppen
zu, und ein großer Theil der Cavalerie des linken Flügels mußte
über eine halbe Meile im vollen Trabe nach dem rechten Flügel
marschiren. Sobald dadurch der erstere noch mehr geschwächt
war, stürzte sich der König mit seiner vollen Macht auf den-
selben und sprengte ihn ganz auseinander. Umsonst schickte
Nadasti an den Prinzen nach Unterstützung; ec hatte sich für
Luchesi entschieden, der bald darauf seinen Tod auf dem Schlacht-
felde fand.
Bei dem Dorfe Lcuthcn wurde endlich die Schlacht allge-
mein, nachdem sie schon zum Nachrheile der Ocsterreicher ent-
schieden war. Zwar kamen stets frische Regimenter den gewor-
fenen zu Hülfe, aber man ließ sie auch nicht einmal sich formiren;
kaum zeigten sie sich, so wurden sie auch zurückgeschlagen. Ein
österreichisches Regiment fiel auf das andere, die Linie wurde
gesprengt und die Unordnung war unaussprechlich. Die Kürassiere
stellten sich in Schlachtordnung; allein eine preußische Batterie
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Nadasti Friedrichs Karl Karl
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362
brachte sie auseinander, und die preußische Cavalerie schlug sie
gänzlich aus dem Felde. Der stärkste Widerstand geschah in
dem Dorfe Leuchen, das mit vielen kaiserlichen Truppen und mit
Artillerie besetzt war. Hierzu kamen große Haufen Flüchtlinge,
die alle Hauser, alle Garten und alle Winkel des Orts anfüllten
und sich auf's Verzweifeliste wehrten. Ein fürchterliches Blutbad
entschied endlich ihre völlige Ueberwaltigung. Nur die einbre-
chende Nacht und die guten Anstalten Nadasti's, der die Preußen
abhielt, sich d.r Brücken über das Schweidnitzcr Wasser zu
bemächtigen, mäßigten das llnglück der Flucht und retteten den
Nest des Heeres vom gänzlichen Untergänge. Es hatte 21,000
Gefangene, 7000 Tobte und Verwundete, 134 Kanonen und
50 Fahnen und mehr, als dies, zugleich die Möglichkeit verloren,
sich in Schlesien zu behaupten. Von den Preußen lagen 3ooo Tobte
und Verwundete aus dem Wahlplatze. Die Schlacht halte um
ein Uhr Nachmittags angesangen; schon um drei Uhr floh der
Prinz Karl durch Lissa, und um fünf Uhr war der vollstän-
digste Sieg von den Preußen erfochten. Das ermüdete Heer
blieb auf dem Schlachtfelde stehen. Hier sanken viele der tapfe-
ren Kriegsmänner, von Hunger, Frost und Mattigkeit über-
wältigt, auf den feuchten Boden hin. Rings umher stöhnten
Verwundete, bei jedem Schritte stieß man auf Tobte. Die
Dunkelheit der Nacht machte die große Scene noch schauerlicher.
Auf einmal begann ein Soldat laut und langsam zu singen:
„Nun danket alle Gott!" Von sympathetischen Gefühlen dahin
gerissen, fiel die Feldmusik mit den Instrumenten ein, und in
einer Minute sang das ganze Heer das kräftige Lied mit. Es
war ein kriegerischer Austritt von der feierlichsten Erhabenheit,
deren die Geschichte keine zweite aufzuweisen hat.
Der König wünschte noch in der Nacht das nahe Städtchen
Lissa und die daselbst befindliche Brücke zu besetzen, bevor sie
vom den Flüchtigen abgebrannt, und er dadurch am Nachsetzen
verhindert würde. Er ritt also, von einigen Artilleristen, dem
General Zielen urrd wenigen Husaren begleitet, beim Scheine
einer Laterne nach Lissa. Einige hundert Schritte von diesem
Orte fielen einige Schüsse; hierdurch wurde der König bewogen,
durch einen Adjutanten zwei Grenadier-Bataillons holen zu lassen.
Bei ihrer Ankunft rückte er, cs w4r Abends acht Uhr, in die
offene Stadt, wo er alle Häuser voll Flüchtlinge fand, die aus
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Extrahierte Personennamen: Hauser Karl_durch_Lissa Karl
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368
seinen Rückzug wieder nach Sachsen, weil ihm Alles daran lag,
Meister dieses Landes und der Elbe zu bleiben und die Winter-
quartiere im Churfürstenthume zu behaupten. Nachdem er alles
Erforderliche zur Vertheidigung desselben angeordnet hatte, liest
er seinen Bruder Heinrich dort zurück und nahm sein eignes
Hauptquartier in Breslau.
Die ersten wichtigen Vorfälle des folgenden Feldzugs (1759)
waren für die preußischen Waffen von der schlimmsten Vor-
bedeutung. Am 23. Juli war der General Wedel, we-l-
cher Befehl hatte, die Vereinigung der Oesterreicher mit den
Russen zu verhindern, von den Letzteren bei dem Dorfe Kay,
unweit Züllichau, gänzlich geschlagen worden, worauf Laudon
mit 18,000 Mann zu den Russen stieß, indeß die Reichsarmee
in Sachsen einfiel. Friedrich berief auf diese Nachricht seinen
Bruder Heinrich nach Schlesien und übergab ihm die Verthcidi-
gung desselben, um in Person gegen die vereinigten Russen und
Oesterreicher zu fechten, welche jetzt mit einer Macht von mehr
als 80,000 Mann bei Frankfurt an der Oder standen. Friedrich
fand die Feinde auf den Anhöhen bei K unersdorf in einem
wohlverschanzten Lager, das durch eine ungeheure Menge Kano-
nen gedeckt ward. Trotz ihrer sichtbaren Ueberlegenhcit beschloß
er, sie am folgenden Tage anzugreifen. Er brach früh Morgens
(12. August) mit seinen Truppen auf und ordnete sie auf der
Kunersdorfer Haide. Das höchst unbequeme Terrain, welches
man vorher nicht sorgfältig genug untersucht hatte, und die schwüle
Sommerhitze erschwerten den Angriff über alle Erwartung. Die
zahllosen Feuerfchlünde, mit denen die zu ersteigenden Anhöhen
besetzt waren, sprüheten Tod und Verderben auf die Angreifcnden.
Aber ungeachtet des heftigsten Kartätschenfeucrs, das ganze Rotten
auf einmal niederstreckte, wurden dennoch die Batterien von den
Preußen erstürmt, und die Höhen eingenommen; der ganze russische
linke Flügel suchte, alle Artillerie zurücklassend, seine Rettung in
der Flucht. Es war Abends sechs Uhr; dcr-König fertigte einen
Courrier nach Berlin ab, die vorläufige Siegesbotschaft zu übcr-
bringen.
Friedrich hatte den Sieg vollkommen in Händen; aber das
genügte ihm nicht. Er wollte wie bei Zorndorf eine Vcrtilgungs-
schlacht, und es sollte das Treffen von neuem beginnen. Ver-
gebens setzten die Generale dem Verlangen des Königs die
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Wedel Friedrich Friedrich Heinrich Heinrich Friedrich Friedrich August Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen Breslau Dorfe_Kay Sachsen Frankfurt Berlin
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/
Friedrich wirklich in Gefahr kam, von der schweren Artillerie,
die er nach Ohlaü hatte schaffen laffen, abgeschnitten zu werden,
so war eine Schlacht unvermeidlich. Anhaltendes Schneegestöber
verhinderte cs, sich über die Lage der Dinge genau zu unter-
richten und die Entscheidung zu beschleunigen. Endlich am
10. April war cs möglich, die preußische Armee bei dem Dorfe
Pogrell aufzustellen. In fünf Colonnen setzte sie sich gegen
Molwitz, Neippergs Hauptquartier, in Bewegung, Das
Centrum bildete das schwere Geschütz; diesem zunächst war die
Infanterie ausgestellt, und die beiden äußersten Flügel bildete
die Reiterei. — Indessen waren die Oesterreicher, die von der
Annäherung der Preußen nichts erfahren hatten, genöthigt, sich
unter dem Feuer der feindlichen Artillerie aufzustellen. Der Be-
fehlshaber der österreichischen Cavalerie, von Römer, griff den
rechten Flügel der Preußen an und schlug sie in förmliche Flucht,
in die der König selbst verwickelt ward, der, schon am Erfolge
verzweifelnd, den wiederholten Vorstellungen Schwerins nachgab
und sich der Verwirrung entzog. Die österreichische Cavalerie
fiel nun auf den rechten Flügel der preußischen Infanterie, aber
diese hielt einen dreimaligen Angriff muthig aus. Durch die
eisernen Ladstöcke konnte sie ein stärkeres Gewehrfeuer unterhalten,
und hier zum ersten Male steckte sic, während des Feuerns, die
Bajonette auf und vertrieb die Reiterei. Der linke Flüge! der
Preußen halte schon fünf Stunden lang im Feuer gestanden und
sich ganz verschossen. Schon schien Alles verloren; man sah den
Augenblick voraus, wo diese herrlichen Truppen ohne Pulvervor-
rath sielst dem Feinde würden ergeben müssen. Aber plötzlich
machte Schwerin mit seinem linken Flügel eine Schwenkung
gegen die rechte Seite der Oesterreicher, schlug sic in die Flucht,
und der Sieg der Preußen war entschieden. Neipperg befahl den
Rückzug, der durch die einbrechende Nacht erleichtert ward und
die Preußen an der Verfolgung hinderte. — Der Verlust der
Ocsterreicher belief sich auf 7000 Totee und 1200 Gefangene;
von preußischer Seite 2500 Todte und 0000 Verwundere. Das
schone erste Bataillon Garde, auf welches der Hauptangriff des
Feindes gefallen war, hatte die Hälfte seiner Offiziere verloren,
und von den 800 Mann, aus denen es bestanden, blieben nur
180 in dienstfähigem Zustande übrig.
Die nächste Folge dieses Sieges war, daß sich die Auf-
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Ohlaü Neippergs_Hauptquartier Schwerins Neipperg
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— 505 —
chclt, daß auch der König von Sachsen gemeinschaftliche Sache
mit ihnen macheii würde; dieser erklärte aber, daß er seinem
Systeme treu bleiben wolle. — Schweden hatte, wie wir wissen,
schon früher sich Rußland verpflichtet, im Nucken der feind-
lichen Armee eine Diversion zu machen. Am 3. März 1813
schloß cs mit England einen Vertrag, in welchem es sich ver-
bindlich machte, ein Corps von 30,000 Mann zu einer directen
Operation gegen Frankreich auf dem Continente zu stellen, und
erklärte, daß diese Truppen, in Verbindung mit den russischen, die dem
Kronprinzen von Schweden untergeordnet wurden, gegen Napo-
leon gebraucht werden sollten. England verpflichtete sich dagegen,
Schweden den Besitz von Norwegen zu verschaffen, ihm Hülfs-
geldcr zu zahlen, und trat die Insel Guadelupe an diese
Macht ab. Nachdem Schweden solchergestalt Englands Alliirtec
geworden, schloß cs auch durch einen gleichfalls in Stockholm
Unterzeichneten Tractat ein Bündniß mit Preußen ab, wodurch
letzteres sich verpflichtete, ein Corps von 20,000 Mann zu den
Truppen stoßen zu lassen, die der Kronprinz von Schweden in
Deutschland befehligen sollte. —-
Der König von Neapel, dem Napoleon das Commando
über das rückkehrende Heer übergeben hatte, verließ sechs Wochen
darauf ebenfalls die Trümmer der großen Armee, um sich nach
Neapel zu begeben (l0. März). An seine Stelle trat der Vicc-
könig von Italien, der mit 16,000 Mann glücklich die Elbe
erreichte. —■ Inzwischen hatten die Franzosen am 4. März
Berlin geräumt und sich über die Elbe gezogen; hinter
ihnen wurden die Russen und Preußen jubelnd empfangen.
Die drei russischen Anführer, Tettenborn, Tschernischeff
und Dörenberg verfolgten mit ihren leichten Schaaren die
Feinde. Die Feindseligkeiten begannen mit einem Gefechte, in
welchem Dörenberg, in Verbindung mit einer preußischen Truppcn-
abtheilung, das bei weitem überlegene und mit einer vorzüglichen
Artillerie versehene Corps des französischen General Morand
am 2. April bei Lüneburg angriff und die Waffen zu strecken
nöthigte, wobei der französische General verwundet ward und am
dritten Tage in der Gefangenschaft starb. — Hamburg, das
sich bei der Annäherung der Verbündeten in einem Volksauf-
siande der französischen Herrschaft entledigt hatte, ward von einem
Corps unter dem russischen Obersten Tettenborn besetzt, dem
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Extrahierte Personennamen: März Napoleon General_Morand
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen England Frankreich Schweden England Schweden Norwegen Stockholm Schweden Deutschland Neapel Neapel Italien Berlin Tschernischeff Dörenberg Dörenberg Lüneburg Hamburg
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506
sich alsbald ein daselbst errichtetes hanseatisches Corps Freiwilliger
anschloß. —
Der Vicekönig zog bei seinem Vorröcken die in Pommern
stehenden französischen Truppen, ferner die Baiern, Sachsen und
ein Corps, das der Genera! Greniec gebildet hatte, an sich,
wodurch er sein Heer gegen Ende des Monat Marz wieder auf
87,000 Mann brachte, das sich auf dem linken Elbufcr von
Dresden bis Hamburg ausdehnte. Die letztere Stadt ward
am 30. Mai durch ein französisches Corps von 8000 Mann
unter dem Marschall Davoust berennt und eingenommen;
worauf sie achtundvierzig Millionen Franken Strafgeld für jenen
Aufstand erlegen mußte. Vergebens hatte Hamburg auf Hülfe
von Seiten Dänemarks gehofft; diese Macht, durch die Zumu-
tbung gekränkt, seinen Frieden mit England durch die Abtre-
tung Norwegens erkaufen zu sollen, welches Schweden für seine
Hülfe verlangte, hatte fest an dem französischen Bündniffe gehal-
ten und statt Hamburgs Vcrtheidigung, Hamburgs Ergebung
gefördert. —
Gegen Ende Aprils stellte sich Napoleon an die Spitze seiner
neuen Armee und erschien auf's Neue in Deutschland mit einem
Heere von 200,000 Mann. An den Ufern der Saale, nicht
weit von dem berühmten Schlachtfelde von Jena, bewirkte er
feine Vereinigung mit den Truppen des Prinzen Eugen. — Die
preußische Armee zählte damals noch nicht über 126,000 Mann;
drei Corps derselben unter den Generalen Blücher, Port und
Bülow eröffneten den Feldzug. Die russische Hauptarmee, die
nach dem Tode Kutusows — der ein Opfer der Strapazen des
Feldzugs von 1812 geworden war •— den Grafen Wittgen-
stein zum Oberbefehlshaber erhalten hatte, war 38,000 Mann
stark; die Gefammtmacht der Ruffen aber an der Weichsel, der
Oder und Elbe belief sich auf 160,000 Mann. Am 2. Mai
kam cs bei dem Dorfe Groß-Görschen in der Gegend von
Lützen zwischen dem französischen und dem vereinigten russisch-
preußischen Heere zu einer Schlacht, die insofern zum Vortheiie
der Franzosen ausfiel, daß sie das Schlachtfeld behaupteten. Der
Verlust an Todten war indcß von beiden Seiten gleich. Die
Verbündeten hatten in dieser Schlacht den Tod des Prinzen von
Hessen-Homburg und von Mekle n b u rg - S l reli tz zu
beklagen; sic zogen sich über Dresden in die Lausitz zurück.
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Extrahierte Personennamen: Marschall_Davoust Napoleon Eugen
Extrahierte Ortsnamen: Pommern Baiern Sachsen Dresden Hamburg Hamburg England Norwegens Hamburgs Hamburgs Deutschland Jena Dorfe_Groß-Görschen Hessen-Homburg Dresden
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567
aufzuhalten; er hoffte Wellingtons Niederlage noch vor Blüchers
Ankunft zu vollenden. Noch einmal versucht er mit aller Macht
den Sturm gegen den Mittelpunkt der brittischen Armee. Die
französische Reiterei sprengt vorwärts und greift die englischen
Massen an, welche die Höhen von Mont-St. Jean besetzt
halten. Dieser letzte Versuch mußte entscheidend seyn. Allein
auch Wellington hatte von der Nähe seines Verbündeten Kunde
erhalten; er begriff, wie wichtig es jetzt sey, seine Schlachtlinie
so lange zu behaupten, bis das preußische Heer in dasselbe ein-
rücken konnte. Ein wüthender Kampf und eine schreckliche Metze-
lei begann jetzt. Die englischen Fußvölker, in O-uarres fvrmirt,
starben auf ihren Posten, und zwei Stunden lang fuhren die
französischen Kürassiere fort, ihre Bataillone zu lichten; weder
das Geschütz, noch die Bajonette vermochten ihren ungestümem
Angriffen Einhalt zu thun. Schon lagen 12,000 der tapferen
Krieger des Wellington'schen Heeres entseelt; schon war die
Straße nach Brüssel mit den schreckbaren Vorzeichen des Rück-
zuges bedeckt. Wellington, an der Unmöglichkeit eines ferneren
Widerstandes verzweifelnd, stand im Begriff, das Zeichen zum
Rückzuge zu geben: da plötzlich hört er im Rücken des Feindes
den Donner des Geschützes. Thränen traten ihm in die Augen,
und begeistert ruft er: „Nun, Gott sey Dank, da ist der alte
Blücher!"
Die Ankunft der Preußen veränderte die Gestalt des Kam-
pfes. Ein Theil des Blücher'schen Heeres verband, auf das
Schlachtfeld hcrvorrückend, Bülows Corps mit Wellingtons lin-
kem Flügel, und der Rest desselben rückte gegen den französischen
rechten vor, ihn zu umgehen. Die nahe Hülfe stählte den Muth
der Engländer; von einer passiven Verthcidigung gingen sie zu
einer ungestümen Offensive über. Die Höhen von La Haie-
Saint wurden von den vereinten Preußen und Engländern wie-
der genommen. Vergebens schloß die Garde ein Viereck und
leistete einen verzweifelten Widerstand. Immer stürmender wurde
von drei Seiten gegen die Franzosen eingedrungcn, bis sie zum
Weichen gebracht wurden und sich in ungeordneten Haufen zu-
zückzogen. Umsonst sucht Napoleon Einhalt zu thun; seine Ad-
jutanten fliegen vergebens nach allen Seiten des Schlachtfeldes;
er selbst wirft sich vergebens entgegen. Die Nacht vermehrt die
Verwirrung. Friaul fiel; Ney's Pferd rtzard erschossen, er
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
TM Hauptwörter (100): [T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T51: [Armee General Schlacht Franzose Truppe Mann Feind Heer Metz Preußen], T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
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mußte zu Fuß stieben. Napoleon wollte sterben, man zog ihn
fast mit Gewalt vom Schlachtfelde weg. — Nur die Bataillone
der alten Garde, den tapferen Cambronne, der mit Napoleon
von der Insel gekommen war, an ihrer Spitze, wichen nicht
zurück. Inmitten der hartnäckigen und unablässig wiederholten
Angriffe rief dieser Genera! den englischen Reitern auf ihre Auf-
forderung, sich zu ergeben, jene berühmte Antwort zu: „Die
Garde stirbt und ergiebt sich nicht!" und sank schwer verwundet
nieder.
Diese Schlacht — die von den Franzosen nach der Höhe
von Mont-St. Jean, von den Britten nach dem Dorfe Wa-
terloo, von den Preußen nach dem im Mittelpunkte der fran-
zösischen Stellung gelegenen Vorwerke La Belle Alliance*)
genannt worden ist — war mörderischer gewesen, als die vom
18. October 1813 bei Leipzig. Von 120,000 Franzosen wurden
an den beiden denkwürdigen Tagen des 10. und 16. Juni
60,000 theils getödtet, theils gefangen genommen. Die Zahl
der Tobten und Verwundeten bei der Wellington'schen Armee
am 18. betrug 11,000 Mann, die Preußen hatten am 10. und
18. 38,000 Mann verloren. — Das gänzlich aufgelöste franzö-
sische Heer ward von den verbündeten Truppen mit rastloser Eile
verfolgt. Jn Jemappes suchten die Trümmer noch einmal Wi-
derstand zu leisten; aber der Ort ward bald erstürmt, und nun
vermochten sie nirgends mehr sich zu sammeln. In Jemappes
war es auch, wo Napoleons Staatswagen, sein Degen und
sein Fernglas erbeutet wurden; wie denn überhaupt hier von
den Alliirten eine große Beute gemacht ward.
Am 21. kam Napoleon zu Paris an und stieg im Palast
Elysee ab. Er versammelte seine Minister, um über die Lage
der Angelegenheiten zu berathen. Da trifft von der Deputirten-
kammer die Botschaft ein, daß sie sich für permanent erklärt
*) Dieses Vorwerk, ein Gasihof zwischen Planchen oit und Brainc-
l a lend, in welchem Blücher und Wellington nach errungenem Siege
zufällig zusammentrafen, hieß früher Lri-Motteau; die Benen-
nung la belle alliance erhielt es im Jahre 1764 von den Bewoh-
nern der Umgegend, als die Besitzerin desselben, unter dem Namen
der schönen Barbara bekannt, einem eben so schönen Aufwärts
ihre Hand reichte.
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Jean Napoleons_Staatswagen Napoleons Napoleon Barbara
Extrahierte Ortsnamen: Leipzig Jemappes Paris Wellington