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1. Neuere Geschichte - S. 301

1843 - Berlin : Sander
die Theilung Polens. 301 verfuhr, weil Selbstvertheivigung die erste Pflicht der Staaten, wie Der Individuen ist. Schon lange war übrigens in Warschau Alles zum Aufstande reif gewesen, der russische General Jgelström sah die im- mer steigende Gährung, er glaubte sich und seine Leute gegen einen Ausbruch des Volksgrimms durch Verhaftung der ihm bekannten Pa- trioten sickern zu müssen; und gab durch diese Verhaftung das Signal eines allgemeinen Volksaufstandes. Am 18. April war in Warschau Alles in den Waffen, das Volk siel über die Russen her, mehr als 2000 wurden erschlagen, und ihr General rettete sich nur durch eine List in das befestigte Lager, welches die Preußen in der Nähe der Sravt eingerichtet hatten. Auch in Wilna erfolgte ein ähnlicher Ausbruch, doch nahm man die Russen nur gefangen; Ehelm und Lublin folgten. Drei polnische Regimenter, in russischen Diensten gingen zu ihren Landsleuten über; ganz Polen war in den Waffen, und König Stanislaus in seiner Hauptstadt gewissermaßen Gefan- gener seiner eigenen Unterthailen. In dieser Zeit trennte sich Fried- rich Wilhelm Ii. von der Verbindung gegen Frankreich nach und nach, neigte sich zum Frieden, hoffte auch vielleicht die Schmach, die der Zug gegen die rebellischen Franzosen über sein Heer gebracht hatte, durch einen Zug gegen die rebellischen Polen zu tilgen und erschien selbst an der Spitze einer Armee. Die preußische Armee nahm Kra- kau, schloß Warschau ein, ärndtete aber von der Zeit nur Schmach, denn sie mußte die Blokade von Warschau aufheben und sich gegen die schlesische Grenzen zurückziehen. In diesem Augenblicke erschienen die russischen Heere unter Suwarow und Fersen: Kosziusko wollte den ersten angreifen ehe er Warschau erreiche, ward aber am 19. Ok- rober vom General Fersen in seinem Marsch gegen Suwarow aufge- halten. Wie Fersens Heer auf die Polen stieß, wünschten beide Feldherrn eine Schlacht, und es ward von Morgens biö Mittags mit ungemeiner Hitze von beiden Seiten gestritten, durch einen Feh- ler des General Poninsky ging aber das Treffen für die Polen ver- loren, und der General Kosziusko ward verwundet gefangen. Durch Kosziusko's Gefangenschaft war die Einheit zerstört, der Muth ge- brochen, die Russen rückten gegen Warschau, und die polnischen Ge- nerale Madalinsky und Dombrousky warfen sich mit ihren aus Süd- preußen gezogenen Heeren in die Stadt. Suwarow hatte indessen die Abtheilungen der Generale Fersen, Denison u. s. w. unter sich vereinigt, und wandte dieselben Mittel gegen die Polen an, die er

2. Neuere Geschichte - S. 367

1843 - Berlin : Sander
Xxv. Moskaus Brand. 367 sich zu nehmen. Später waren seine Aeußerungen verläugnenv, doch nicht mißbilligend. Andere glauben darin eine von den Ursachen seiner Entfernung von der Armee zu sehen, da er weder das Ansehn zu befehlen, noch zu verbieten haben mochte, so wollte er auch nicht Zuschauer sein. Das allgemeine Verlassen der Wohnungen, wie cs von Smo- lensk aus statt gefunden hatte, war erzwungen, da die russische Armee sie stets vertheidigte, sie alle nur der offenen Gewalt überließ, und uns wie verheerende Ungeheuer ankündigte. Auf dem Lande kostete eine solche Auswanderung wenig. Die Bauern, die nahe an der Heerstraße wohnten, erreichten auf Nebenwegen andere Dörfer ihrer Herren, wo sie aufgenommen wurden. So floh diese Volksmasse einzeln oder haufenweise. Die Straßen nach Kasan, Woladimir und Jaroslaw, waren vierzig Lieues weit mit Flüchtigen zu Fuß, und mit mehreren ununterbrochenen Reihen von Wagen aller Art bedeckt. Jedoch hielten die Maßregeln, die Roftopschine, um der Muthlosigkeit vorzubeugen, und die Ord- nung zu erhalten, getroffen hatte, viele dieser Unglücklichen bis zum letzten Augenblick zurück. Hierzu muß man nun noch die Ernennung Kutusows, welche die Hoffnung von neuem belebt hatte, die falsche Nachricht von einem Siege bei Borodino, und für die minder Reichen das in dem Augen- blick, wo sie die einzige Wohnung, die sie besaßen, verlassen sollten, so natürliche Zaudern hinzurechnen, wozu zuletzt noch die Unzulang- keit der Transportmittel kam, ungeachtet diese in Rußland in einer auffallenden Menge vorhanden sind, mag es nun sein, daß die star- ken Requisitionen, welche das Bedürfniß der Armee nöthig gemacht hatte, die Zahl derselben vermindert, oder daß sie zu klein warcn^ da der Gebrauch sie auf einem sandigen Boden und auf Wegen, die mehr blos bezeichnet als gebahnt waren, sehr leicht verlangte. Jetzt schrieb Kutusow, der bei Borodino geschlagen war, nach allen Seiten, daß er Sieger sei. Er täuschte Moskau, Petersburg und die Befehlshaber der übrigen russischen Armeen; ja Alexan- der theilte sogar diesen Irrthum seinen Verbündeten mit. Im ersten Entzücken dieser Freude eilte er zu den Altären, überschüttete die Armee und die Familie des Feldherrn mit Ehre und Geld, verord- nete Feste, kurz, dankte dem Himmel und ernannte Kutusow für diese Niederlage zum Feldmarschall.

3. Neuere Geschichte - S. 392

1843 - Berlin : Sander
392 Xxvi. Schlacht bei Bellealliance. ihr habt ihn alle verdient!" und sie nahmen das Ehrenzeichen, und hefteten es an ihre Fahne. Solche Tapferkeit und Todesverachtung konnte nicht ohne Früchte bleiben; die Feinde kamen nun selbst ins Gedränge und Ney wollte seinen Rückhalt von 10,000 Mann zu Hülfe rufen. Aber siehe, sie waren verschwunden; Napoleon hatte sie plötzlich gegen die Preußen nach Ligny herbeigerufen, und Ney sah sich genöthigt, alle Bortheile aufzugeben und nach Frasne zurückzuweichen. Es waren hier auf jeder Seite 3 bis 4000 Mann gefallen, und da wo Napoleon mit den Preußen focht, gewiß von jeder 12 bis 15,000; und doch hatte so viel Blut den großen Kampf noch langst nicht entschieden. Wellington und Blücher führten beide ihre Heere am 17. etwas rückwärts, um enger mit einander vereinigt zu sein. Napoleon aber glaubte die Preußen so vernichtet und erschrocken, daß sie eilig über Maftricht an den Niederrhein zurückweichen würden; daher schickte er ihnen nur den Marschall Grouchy mit einem Heerhaufen und dem Befehle nach, „sie in den Rhein zu stürzen;" und von den Eng- ländern fürchtete er nichts weiter, als daß sie ihm entlaufen und zu einer ordentlichen Schlacht es gar nicht kommen lassen würden. Des- wegen sollte ihnen Vandamme, der eine Strecke Weges mit Grouchy zog, über Wavre und Brüssel herum in den Rücken gehen. Aber mit den beiden Bundesheeren stand es ganz anders. Wellington hatte sich eine treffliche Stellung, vier Stunden auf der Mittagsseite von Brüssel, auf den Hügeln von Mont St. Jean ausersehen; da lag der große Soigner Wald in seinem Rücken, und vor ihm einige gut zu vertheidigende Höfe. Wenn ihm sein Waffengenosse Blücher zwei Heerhaufen zur Unterstützung senden könne, ließ er ihm sagen, so wolle er hier mit 80,000 Mann gegen Napoleons 130,000 die Schlacht annehmen. Es war in der Nacht, als diese Botschaft kam, und der Feldmarschall schlief. Man weckte ihn. Er antwortete: „Nicht mit zwei Haufen, sondern mit dem ganzen Heere will ich kommen, und wenn die Franzosen nicht angreifen, so wolleu wir sie angreifen." — Dann legte er sich wieder hin und schlief bis an den Morgen. In solcher Zuversicht durfte der Held am Tage nach einer ver- lorenen Schlacht reden; das wird ihm und seinem Heere zum ewi- gen Ruhme gereichen. Das Heer war da in unaufhörlichem, stür- mischem Regen gelagert, stumm und unmuthig wegen des Rückzuges,

4. Neuere Geschichte - S. 395

1843 - Berlin : Sander
Xxvi. Schlacht bei Bellealliance. 395 in ihm über den Widerstand der kleineren Anzahl, den er so nicht berechnet hatte. Wenn ihm gemeldet wurde, wie schwierig die Sa- chen an diesem oder jenem Orte standen, so antwortete er immer nur mit diesen Worten: „Vorwärts! vorwärts!" Vor der Ueber- macht müsse die Tapferkeit doch endlich erliegen, und um 3 Uhr Nachmittags hatte er schon einen Siegesboten nach Paris abgesendet. Und wahrlich, wenn nicht bald Hülfe kam, so gewann der finstere Geist, der für ihn stritt, an diesem Abende dennoch den Sieg. Schon hatte Wellington seinen ganzen Rückhalt heranziehen und seinen lin- ken Flügel fast entblösen müssen, um nur den Mittelpunkt zu be- haupten. Zehntausend seiner tapfern Krieger sah er schon entseelt um sich liegen und die Lebenden hatten in achtstündiger Kriegsarbeit fast die letzte Kraft aufgewendet. Da sprach er; „Ich wollte es wäre Nacht, oder die Preußen kämen!" — Und als er nun bald darauf den Donner ihres Geschützes im Rücken des Feindes vernahm, da konnte er die heftige Bewegung der Seele und das Gefühl des Augenblicks, an welchem das Schicksal Europas hing, nicht zurück- halten. Thränen drangen aus seinen Augen und begeistert auffah- rend rief er: „Nun, da ist der alte Blücher!" Das preußische Heer war durch sehr schlechte und enge Wege, besonders durch die Hohlwege bei St. Lambert, aufgehalten wor- den und um 5 Uhr Abends waren erst zwei Brigaden von Bülows Heerhaufen in dem Walde bei Frisch emo nt angekommen, wo sich alle sammeln und zum plötzlichen Anfalle verdeckt aufstellen sollten. Allein der Augenblick dringender Entscheidung war gekommen; drü- den war das englische Heer noch im heftigsten und kaum zu ertra- genden Kampfe begriffen. Die preußischen Feldherrn beschlossen da- her mit dem, was zur Hand war, nur gleich den Angriff zu machen, und so brach Bülow mit den zwei Brigaden aus dem Walde hervor, die Anhöhen hinab, in den Rücken von Napoleons rechtem Flügel. Es war ein furchtbar schöner Anblick, wie die Haufen der Preußen, in geschlossener Ordnung, von den stufenartig gebildeten Höhen her- abstiegen, eine Schaar über der andern, und das Geschütz zwischen ihnen, welches schon, in mehreren Reihen über einander, sein Feuer hinabsendete. Erst im Schritt, dann im Laufe, die Reiter trabten voran, gings im Hügel hinunter, und immer neue Haufen traten da hinten aus dem Dunkel des Waldes hervor. — Der Feind ver- lor jedoch die Besonnenheit nicht, er wandte sogleich den ganzen

5. Neuere Geschichte - S. 396

1843 - Berlin : Sander
396 Xxvi. Schlacht bei Bellealliance. Rückhalt unter dem General Mouton gegen die Preußen, und es begann ein mörderischer, uoch lange unentschiedener Kampf, während die Angriffe gegen die Engländer gleichfalls fortdauerten. Denn jetzt eben wollte sie Napoleon durch einen letzten, unwi- derstehlichen Sturm von den lange behaupteten Hügeln in den Soig- ner Wald zurückwerfen und alsdann seine ganze Macht gegen die Preußen wenden. Aus dem größten Theile seiner Garde bildete er einen Angriffskeil, furchtbarer als alle-vorhergenden, und führte ihn selbst bis an die entscheidenden Höhen. In dichten, geschlossenen Haufen, gleich dem schweigend und dumpf herannahenden Ungewit- ter, stiegen die alten Krieger, denen keine Gefahr neu und keine zu groß war, hinan. Wellington sah sie herankommen und erkannte, daß dieses nun die letzte, verzweifelte, und deshalb gefährlichste An- strengung des Feindes sei. Er stellte sein Geschütz auf die rechten Flecke, dahinter sammelte er 8000 Mann seines besten, noch übrigen Fuß- , Volks, ließ die Männer, die schon ein schweres Tagewerk bestanden hatten, sich einen Augenblick lagern und ruhen, und als nun der französische Sturmhaufe nahe war, daß kein Schuß auf die dichten Mas- sen verloren ging, da donnerte das Geschütz mit Kartätschen in sie hinein. Dennoch wichen sie nicht, schlossen die zerrissenen Reihen wieder, und rückten immer näher. Aber es empfing sie das Feuer und die Bajonette des tapfern Fußvolks, besonders der starken schot- tischen Männer, und zugleich drang von den Seiten die furchtbare englische Reiterei auf sie ein. Es war ein entsetzliches Blutbad. Da fiel Friant, einer der ersten Gardeanführer; Neys Pferd wurde erschossen und er mußte zu Fuß stiehen; von allen Seiten ertönte das Geschrei der englischen Reiterei, sich zu ergeben. ,,Die Garde er- giebt sich nicht, sie stirbt!'^ rief Cambronne, der mit Napoleon auf der Insel Elba gewesen war, und sank schwer verwundet nieder. Auch von der andern Seite fiel mancher tapferer Mann; aber die Schlacht war nun auf diesem Flecke entschieden. Unaufhaltsam stürz- ten die Ueberbleibsel der Garde und der übrigen Angriffshaufen wie- der die Anhöhe hinunter. Sie wollten einen Rückhalt bei den übri- gen suchen, die da hinter ihnen geblieben waren; aber mit denen stand es schlimmer, als mit ihnen selbst. Ein Haufe der Preußen nach dem andern war in die Schlacht- linie eingerückt und alsbald frisch ans Werk gegangen. Von drei Seiten wurde der rechte Flügel des Feindes bestürmt; er wich; im

6. Neuere Geschichte - S. 339

1843 - Berlin : Sander
Xxii!. Napoleon Kaiser. 339 Städte gekommen war, um von Genua Besitz zu nehmen, kehrte er über Fontainebleau nach Paris zurück, und eilte nach der Küste, um von dem Mißlingen einer Reihe von Berechnungen Zeuge zu sein, welche wegen der Zahl der Glieder, ans denen sie bestanden, fast unausbleiblich zu Wasser werden mußten. Alles war zu jener Zeit so weit bereit, daß man nur das Zeichen zur Einschiffung erwartete, dieses kam aber nie. Ereignisse anderer Art öffneten seinem Unter- nehmungsgeiste und Ehrgeize eine neue Laufbahn, wenn anders das Zurückweisen eines herausgeforderten und unerwarteten Angriffs Ehr- geiz heißen kann. Bevor wir jedoch hierauf übergehen, dürfte es nicht unange- messen sein, einige Partikularitäten über Napoleons Lebensweise zu dieser Epoche zu geben. Jeden Morgen um neun Uhr kam der Kaiser regelmäßig aus dem Innern seiner Gemächer, für den Tag gekleidet. Die obersten Chargen seines Haushaltes wurden zuerst vorgelassen, und Napoleon gab ihnen seine Befehle für den Tag. Dann wurden die graiitfs entrées eingeführt, welche aus Personen vom höchsten Range be- standen, welche zu diesen Vorrechten entweder durch die Aemter oder durch besondere Gunst berufen waren. Dieses Vorrecht wurde zu jener Zeit als die größte Auszeichnung, die ein Mensch erlangen konnte, betrachtet. Napoleon redete jeden der Anwesenden an und hörte gütig mis Alles, was man ihm sagte. Nachdem er die Runde gemacht hatte, verneigte er sich, und Jedermann zog sich zurück. Wenn jedoch Jemand eine besondere Bitte an ihn zu richten hatte, blieb er einige Minuten, nachdem die anderen fortgegangen waren, mit ihm allein. Eine halbe Stunde nach neun Uhr wurde das Früh- stück aufgetragen. Der Prüftet des Palastes meldete es ihm, und ging ihm nach dem Salon voran, wo gefrühstückt wurde, wo er und der erste Haushofmeister, welche alle einzelnen Dienste verrichtete, allein zugegen waren. Napoleon frühstückte an einem kleinen Tische von Mahagoniholz. Der Präfeet deö Palastes stand, mit dem Hute unter dem Arm, neben dem kleinen Tische. Da der Kaiser so mäßig war, als nur je ein Mensch, dauerte das Frühstück häufig nicht län- ger als acht bis zehn Minuten. Wenn er jedoch Neigung fühlte, sich gehen zu lassen, wie er zuweilen lachend zu sagen pflegte, dann dauerte das Frühstück lange genug, und nichts konnte die Heiterkeit und Anmuth übertreffen. Seine Ausdrücke trafen stets das Ziel, und 22*

7. Neuere Geschichte - S. 350

1843 - Berlin : Sander
350 Xxiv. Friedrich Wilhelm Iii.; das Unglück Preußens. Von diesen drei Maaßregeln war unstreitig die erste die aller unpolitischste. Wir haben oben gesehen, was sich Preußen von einem Bruche mit Frankreich zu erwarten hatte. Der Hoffnungstraum der Feinde Napoleons hatte nur einen Augenblick gedauert. Schon hatte man die Nachricht der ersten französischen Siege erhalten undmacks Un- glück erfahren. Unsere Truppen wären vom äußersten Ende der Mo- narchie herbeigeeilt, um nach der Entscheidung einzutreffen. Dieser Umstand machte uns Schwache noch schwächer. Es war auch nicht eine Wahrscheinlichkeit für uns. Sich ganz leidend zu verhalten, schien ebenfalls nicht den Umstän- den angemessen. Konnte man gleich nicht behaupten, daß Frankreich, wenn es sich irrig schmeichelte, daß wir den Durchgang seiner Armee nicht übel deuten würden, schon deswegen allein verdiente, Krieg mit uns zu haben, so blieb es doch nicht weniger wahr, daß es die Achtung gegen uns aus den Augen gesetzt und keine weiteren Auf- opferungen von uns zu erwarten hatte. Gleichwohl hätte uns die Fortsetzung unsers alten Systems zu sebr großen gezwungen, weil unsere Verbindlichkeiten wegen Hannover uns unfehlbar einen Bruch mit Rußland zugezogen haben würden. Es blieb noch ein Mittelweg, der uns, wenigstens auf einige Augenblicke, in unsern in die Länge so gefährlichen, aber in unsern damaligen Verwickelungen erwünschten Alleinstand zurücksetzte, wo wir uns von aller positiven Verbindlichkeit losmachen, und von uns selbst und unserm eigenen Interesse ausgehen konnten. Zu diesem Aus- wege entschloß man sich. Man erklärte dem französischen Minister zu Berlin, daß man die Verletzung unsers Gebietes für einen Ent- schluß seines Hofes ansehe, den zwischen demselben und uns beste- henden Verbindlichkeiten entsagen zu wollen; daß, dem zu Folge, uns nichts verhindere, den Marsch der Russen nach Hannover zu ge- statten, und daß fortan unsere Armeen eine Stellung annehmen wür- den, die unserer Grenze mehr Achtung verschaffe. Diese Erklärung wnrde dem Petersburger Hofe mitgetheilt. Wäre man doch dabei stehen geblieben! Die Maßregel war streng, aber gerecht, und zog uns die Achtung der Weisheit zu. Freilich wären die Folgen des presburger Friedens für uns dieselben gewesen. Wir wären, sei es auf dem Wege einer fehlerhaften Po- litik, von einer höhern Kraft aus allen Kreisen unserer Berechnungen in das Verhälmiß der Abhängigkeit gezogen worden. Aber unser

8. Neuere Geschichte - S. 359

1843 - Berlin : Sander
Xxiv. Friedrich Wilhelm Iii.; das Unglück Preußens. 359 fehlen des Generales von Tauenzien, dem es nicht an Talent, Un- ternehmungsgeist und Thätigkeit fehlte, und hinter ihm das Corps des Fürsten von Hohenlohe, dessen Ruf als Krieger begründet ist. Man durfte sie nur mit allem was sich in ihrer Nähe befand, ver- stärken, und beide Corps bis an den Main vorschieben, wo die fran- zösischen Truppen, die seit dem preßburger Frieden noch in Deutsch- lands waren, zerstreut lagen. Wäre man rasch zu Werke gegangen, man würde ihnen vielen Schaden gethan haben, und der Krieg sing mit glänzenden Vorzeichen an; ein großer Punkt bei einer verzwei- felten Sache. Aber dem Herzog war es nicht gegeben, den Unter- schied zwischen diesem und einem gewöhnlichen Feldzuge aufzufassen, und von der alten Straße abzugehen, die nicht mehr zum alten Ruhme führen konnte. Er fand sich nie stark genug, verlor Tage, verlor Wochen, war über den Operationsplan mit sich selbst nie eins. Doch nicht ,, mit sich selbst," mit dem Schwarm großer und kleiner Rathgeber, deren jeder seinen eigenen Gedanken hatte, deren jeder sich zu den Berathschlagungcn drängte, angehört, und aufs Wort geglaubt werden wollte, mit diesen konnte er nie zu einem festen Entschluß kommen. Er suchte unbeholfen und schwankend Licht bei andern, er, dessen Erfahrung unser letzter Trost war. Endlich wurde entschieden, daß unsere beiden Flügel den thüringer Wald umgehen, und das Centrum ihn durchschneiden sollte, um dem Feind so an allen Punkten entgegenzurücken. Es war zu spät. Napoleon war uns zuvorgekommen. Napoleon hatte die Kriegsrüstungen von weitem gesehen. Lange wollte er unserer Keckheit nicht Glauben beimessen. Aber sobald un- sere Truppen Sachsen überschwemmt hatten, und ihm kein Zweifel mehr übrig blieb, eilte er blitzschnell voraus. Seine Garden folgten ihm auf Wagen. Mit jener unnachahmlichen Raschheit, wodurch sich alle französische Bewegungen auszeichnen, waren in wenig Tagen alle im Reiche zerstreuten Corps in eins zusammengezogen, bildeten eine Armee, und sahen den Kaiser an ihrer Spitze. Man erfuhr im Hauptquartier zu Erfurt, daß der Feind seine Hauptmacht gegen Hof richtete. Die Absicht war nicht zweifelhaft. Wir sollten auf unserm linken Flügel umgangen, und von den Magazinen abge- schnitten werden. Es war dasselbe Manöver als bei Marengo, bei Ulm; es war, mit einem Worte, was man das große Geheimniß der neuen Taktik zu nennen pflegt, und im Grunde nichts als eine

9. Neuere Geschichte - S. 361

1843 - Berlin : Sander
Xxiv. Friedrich Wilhelm Iii.; das Unglück Preußens. 361 die Nachricht einer ersten Niederlage und die Richtung, in welcher man es den Franzosen entgegenführte, bestürzt machen mußte; mit einem Heere, das seine Vorräthe verloren hatte, und sich im schreck- lichen Mangel befand. Die Schlacht wurde am 14. auf mehreren abgesonderten Punkten, ohne Einverständniß zwischen den Corps, ohne Verbindung zwischen den Bewegungen, auf einem Felde gelie- fert, das man nicht einmal vorher untersucht hatte. Der Herzog hatte an nichts gedacht, weder an sich selbst noch an die Zufälle, die ihn betreffen konnten, noch an die Armee und einen Rückzug für sie, wenn uns das Glück nicht begünstigen sollte. Sobald er also verwundet und aus dem Gefecht geschafft worden, wußte kein Gene- ral mehr was er zu thun hatte. Manschlug sich aufs Gerathewohl; schlug sich anfangs gut; als aber der Soldat sah, daß man hier ein Regiment nach dem andern zur Schlachtbank führte, dort Regi- menter im Kartätschenfeuer stehen ließ, weil kein Befehl kam, ihre Stellung zu verändern; so verlor sich allmählig das Zutrauen; man fing an zu weichen; die Verwirrung nahm überhand; die Armee wurde zersprengt. Der unglückliche König that Wunder der Tapferkeit. Vielleicht suchte er den Tod. Alle seine Bemühungen, die Schlacht wieder herzustellen, waren vergebens. Zwei Pferde wurden ihm unter dem Leibe todt geschossen, als er die Regimenter wieder gegen den Feind führen wollte. Schon war er beinahe umzingelt; nun erst gelang es einigen seiner Getreuen, ihn während der Finsterniß zu retten und in Sicherheit zu bringen. Seine Brüder zeigten sich ihres Ran- ges würdig, und gaben bis zuletzt das Beispiel des Muthes und der Kaltblütigkeit. Eine verlorne Schlacht gegen die Franzosen war unter jeden Umständen ein großes Unglück. Unter diesen Umständen, war al- les zugleich mit ihr verloren. Die verschiedenen Rückzüge gingen ohne Ordnung, aufs Ungefähr, nach allen Richtungen vor sich. Ein an- sehnliches Corps warf sich weit hinter das Schlachtfeld in Erfurt, und mußte den Tag darauf mit den ersten Männern des Staats an der Spitze, kapituliren. Der größte Theil der Armee zog sich nach Magdeburg, und sammelte sich endlich unter dem Geschütze dieser Festung. Wollten diese Ueberrefte, von der Hauptstadt abgeschnitten, ihre letzte Zuflucht die Oder, erreichen, so mußten sie einen Bogen durch-

10. Neuere Geschichte - S. 365

1843 - Berlin : Sander
Xxv. Moskaus Brand. 365 Luftballons. Die erste Bestimmung dieser mit Flügeln versehenen, aeronautischen Maschine war gewesen, über der französischen Armee zu schweben, ihren Feldherrn aufzusuchen, und ihn mit einem Re- gen von Feuer und Eisen zu zerschmettern: es wurden mehrere Ver- suche gemacht, sie mißlangen jedoch, weil die Federn der Flügel je- desmal zerbrachen. Rostopschine aber soll, unter dem Vorwände diese Versuche fortzusetzen, eine Masse von Brenn- und Zündmaterialien haben an- fertigen lassen. Moskau selbst sollte die große Höllenmaschine wer- den, deren nächtliche plötzliche Explosion den Kaiser und seine Armee verschlänge. Entginge der Feind dieser Gefahr, so würde er'we- nigstens kein Obdacht und kein Hülfsmittel mehr finden, und das Entsetzen eines so großen Unglücks, dessen man ihn zeihen würde, wie man ihm den Untergang von Smolensk, Dorogobnje, Wiazma und Gjatz Schuld gab, würde ganz Rußland in Aufstand bringen. Dies war der furchtbare Plan jenes edlen Abkömmlings von einem der größten Eroberer Asiens. Er wurde ohne Ueberspannung gefaßt, reiflich erwogen und ohne Zaudern ausgeführt. Nachher ist dieser russische Große in Paris erschienen. Er ist ein gesetzter Mann, guter Ehegatte, vortrefflicher Vater, von ausgezeichnetem, gebildeten Geiste, im Umgänge sanft und voller Anmuth, aber, wie mehrere seiner Landsleute, vereint er mit der Bildung der neuesten Zeit die feste Kraft des Alterthums. Sein Name gehört nunmehr der Geschichte an, wiewohl ihm nur der größte Antheil an der Ehre dieses großen Opfers gebührt; es hatte bereits in Smolensk begonnen, er vollendete es. Dieser Entschluß war bewundernswerth, wie alles Große und Ganze, der Beweggrund genügend und durch den Erfolg gerechtfertigt, die Auf- opferung unerhört und so außerordentlich, daß der Geschichtschreiber dabei verweilen muß, um die That zu ergründen, zu begreifen und zu betrachten. Ein Mann, alleinstehend mitten in dem fast umgestürzten Reiche, saßt die Gefahr festen Blickes in das Auge, ermißt sie, würdigt sie und wagt, vielleicht ohne Auftrag, das unermeßliche Opfer aller Interessen des Allgemeinen und des Einzelnen. Er, ein Unterthan, entscheidet über das Schicksal des Staates ohne Vollmacht seines Souveräns; er, ein Evelmann, spricht die Zerstörung der Paläste des Adels aus, ohne ihre Einwilligung; er, durch die Stelle, die
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