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Dic Quadrupede» (Säugethiere) verlasse» aus inchrere» Ursa-
che» ihre Heunath. Mangel a» Nahrung setzt plötzlich Millionen
Ratteuarten in Marsch. In Sibirien trieb die in de» Steppen
eingefallene Dürre die wegen ihrer Reisen sogenannte Wanderratte
in die Stadt Jaizkoi. Hier zogen sie in großen Zügen ein, und,
sagt Pallas, besetzten nur die eine Seite der Stadt, ohne die
Hauptstraße, welche diese in zwei Theile theilt, zu überschreiten.
Die Wanderungen des berühmten Wanderers dieses Geschlechts,
des Leming, in Norwegen, haben wohl ähnliche Ursachen.
Diese Thiere brechen aus den Kiölen und Lappländischen Gebirgen
in ungeheuern Heeren hervor, und wandern gegen den bottnischci»
Meerbusen, welchen sie aber fast niemals erreichen. Ihr Marsch
geht jedesmal bestimmt in breiten Züge», und in gerader Linie
vorwärts. Stellt sich ihnen ein Mensch entgegen, so suchen sie
sich zwischen seinen Beinen durchzudrängen. Steht ein Heuschober
in ihrer Marschroute, so fressen sie sich eine grade Straße hin-
durch , ohne ihre Linie zu verlieren. Findet sich aber ein für sie
nicht bezwingliches Hinderniß, z. B. ein Berg, oder eine große
Steinmasse, dann wird nach einem vergeblichen Versuche, sie zu
durchdringen, der Fels bis auf einen gewissen Punkt umgangen,
aber ihre neue Marschlinie paßt sodann genau, wenn mail sie
durch das Gestein fortsetzte, an die erstere an. Eben so wenig
unterbricht ein Fluß, ein See diese Wanderungslinie. Sie stürzen
sich hinein und durchschwinimen ihn in eben derselben geradeii
Richtung, ja ein ihnen darauf in den Weg kommendes Fahrzeug
erklettern sie, und ihre Marschroute fängt an der entgegengesetzten
Seite im Wasser genau in eben der Richtungslime wiederum an.
Ereignet es sich, daß sie auf ihrem Zuge Jungen werfen, so trägt
das Weibchen eins davon im Maule, andere auf dem Rücken fort.
Sie ernähren sich während des Zuges vom Grase, und man kann
daher die Marschroute durch die abgefressenen und niedergetretenen
Kräuter erkennen. Die Wanderungen des Leming find indeß nicht
jährlich, sie ereignen sich erst nach mehreren, oft nach 20 Jahren,
und scheinen daher durch zu großen Anwachs der Individuen zu
entstehen. Sie werden den Füchsen und Hasen, und selbst den
Hunden der Lappländer zur Beute.
Die Wanderungen der ökonomischen Maus (Mg oeconomus)
beschreibt uns Steller mit nicht minder lebhaften Farben. Wie
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TM Hauptwörter (100): [T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde]]
TM Hauptwörter (200): [T195: [Pferd Tier Hund Schaf Löwe Wolf Rind Mensch Schwein Thiere], T17: [Uhr Feind Truppe General Schlacht Armee Napoleon Kampf Angriff Stellung], T42: [Vogel Nest Junge Eier Schnabel Storch Taube Flügel Fuchs Frosch], T164: [Sonne Erde Mond Tag Stern Planet Zeit Himmel Jahr Bewegung], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Preußen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
— 82 —
und 6 000 noch brauchbare Pferde. — Deutscherseits waren 465 Offiziere und 8 459 Mann tot oder verwundet.
Zur Karte:
^ 4- K-, 5. K., 11. K. = 4., 5. u. 11. preußisches Korps. — 12. K. = König!.
sächsisches (12.) Armeekorps. — G. K. — Gardekorps. — 1. B.k. u. 2. B.k — 1. u. 2. bayrisches Korps. — $8. = Württembergische Division. — K.®. = Kavallerie-divisionen. — X K. (bei Jlly) — Kalvarienberg bei Jlly. — B.h. — Bahnhof.
2) Stellungen der Deutschen in der Nacht zum 1. September: blaue, schraffierte Rechtecke. — Stellungen am Abend des 1. September: blaue, gefüllte Rechtecke.
3) Stellungen der Franzosen: in der Nacht zum 1. September die Stellung der Vortruppen rote Ringel. - Stellung der Korps am Mittag des 1. September rote Rechtecke, und zwar: 1 = 1. Korps (Ducrot), V = 5. Korps (Wimpssen), Vii = 7. Korps (Felix Douay), Xii = 12. Korps (Sebrun), ^ K. D. = Kavalleriedivisionen. — Stellung am Abend: kleine, rote Rechtecke.
Anhang.
\. Die wichtigsten Märsche der deutschen Armeen im Zeldzuge von J870/7|.*)
1* Die Aufstellung der deutschen Heeresmassen, welche zunächst gegen Frankreich verwendet werden sollten, erfolgte in 3 Armeeu. Den rechten Flügel bildete die I. Armee unter General v. Steinmetz. Sie bestand aus dem 7. und 8. Korps und einer Kavalleriedivision und war etwa 60000 Mann stark. Lie sammelte sich an der Mosel zwischen Koblenz und Trier. Als die Gefahr einer Verletzung der Neutralität Luxemburgs durch die Franzosen vorüber war, wurde sie zwischen Trier und Saarbrücken ausgestellt. — Im Zentrum, mit der Bestimmung, durch die Pfalz vorzurücken, marschierte die Ii. Armee unter dem Prinzen Friedrich Karl auf. Sie war etwa 134000 Mann stark und bestand anv dem 3., 4., 10. und Gardekorps und 2 Kavalleriedivisionen. Als Reserve standen hinter der Ii. Armee das 9. und das 12. (Köuigl. sächsische)
*) Die während des Feldzuges von den Deutschen eroberten Festungen sind auf der Karte durch rote Umringelung bezeichnet.
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Extrahierte Personennamen: Jlly Felix_Douay Felix Friedrich_Karl Friedrich Karl
Extrahierte Ortsnamen: —_Kalvarienberg Frankreich Koblenz Trier Luxemburgs
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Preußen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
— 86 —
reichte glücklich den Lisaine-Abschnitt, schlug in dreitägiger Schlacht (15-, 16. und 17. Januar) alle Angriffe der Franzosen ab und zwang sie zum Rückzüge. Dieser wurde für sie verhängnisvoll. Gegen sie war nämlich bereits eine neue deutsche Armee unter General von Mantenffel im Anmarsch. Diese deutsche Südarmee bestand aus dem 2. Korps, welches seit dem Falle von Metz zur Einschließungsarmee von Paris gehörte, und dem 7. Korps, welches bisher in und um Metz gestanden hatte, um die Verbindung der vor Paris stehenden Truppen mit der Heimat zu sichern. Von Chltillon, wo die Vereinigung der beiden Korps erfolgte, wandte sich General Manteuffel gegen die Saone. Damit der bei Dijon mit 20000 Mann stehende Garibaldi seinen Marsch nicht störe, wurde General von Ketteler mit 5 Bataillonen gegen ihn geschickt, der ihn auch so lauge beschäftigte, bis die Entscheidung gefallen war. Leider ging in diesen verlustreichen Kämpfen die Fahne des 2. Bat. des 61. Regiments in einem Nachtgefecht verloren. — Auf die Nachricht, daß die Franzosen im Rückzüge auf Besau^on seien, wandte sich Manteuffel südlicher gegen den Doubs, verlegte dem Feinde die Straße nach Lyon und zwang ihn im Verein mit dem im Norden und Westen gegen Be-santzon heranrückenden Werder bei Pontarlier zum Übertritt in die Schweiz.
2. Einige Zahlenangaben vom kriege ^870/7(.
Das erste Gefecht fand am 19. Juli 1870 früh 3v* Uhr bei Saarbrücken Zwischen 7. Ulanen und französischen Jägern zu Pferde statt. — Der erste französische Gefangene, ein Sergeant, wurde am 21. Juli 1870 gemacht. — Der erste Tote war ein Franzose, der Grenzjäger Monty, der bei Diedenhosen in einem Vorposten-gefecht fiel. Der erste deutsche Tote war der Ulan Klaiber von der 4. Schwadron des 7. Ulanenregiments; er siel bei Saarbrücken am 28. Juli. Als erster deutscher Offizier fiel Leutnant Winsloe vom badischen Dragonerregiment Nr. 22 bei dem berühmten Erkundigungsritt des Grafen Zeppelin am 25. Juli. — Die letzten Verwundeten waren 3 Mann vom thüringischen Jnf.-Reg. Nr. 94 und 3 Mann vom 11. bayrischen Jnf.-Reg. am 26. und 27. Mai 1871 vor Paris bei einem Durchbruchversuch von Kommunisten. — Der letzte Kanonenschuß fiel am 13. Februar 1871 abends 6 Uhr vor Belfort. — An Schießbedarf verbrauchte die Feldartillerie 362662 Schuß, die Festungsartillerie 520500 Schuß, die Infanterie über 30 Millionen Patronen.
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282
Der russische Feldzug im Jahr 1812.
Handel vernichten, da er auf andere Art dem zur See mchtigen Jnselstaate selbst nicht beikommen konnte. Die widersinnige Ma-reget schdigte allerdings den Feind, aber noch viel mehr die Bewohner des Festlandes, die auf den Bezug englischer oder durch England vermittelter berseeischer Erzeugnisse angewiesen waren.
Auerdem empfand Alexander die Beraubung seines nahen Verwandten, des Herzogs von Oldenburg, als eine persnliche Krnkung. So trieben Grnde verschiedener Art zu einem Bruch zwischen beiden Kaisern.
Schon im Jahr 1811 traf Napoleon umfassende Vor-bereitungen zu einem Feldzug gegen Rußland. Man be-rechnet die Gesamtzahl seiner Truppen auf 650000 Mann. Darunter befanden sich auch 20000 Preußen und 30000 sterreicher.
Alexander hatte nur etwa den dritten Teil der Truppenzahl seines Gegners zur Verfgung. Sein einziger Bundesgenosse war Schweden; dessen Geschicke leitete damals der frhere franzsische Marschall Bernadotte, den der kinderlose schwedische König als Kronprinzen und Nachfolger angenommen hatte.
2) Der Vormarsch der Groen Armee".
Ohne Kriegserklrung berschritt Napoleon Ende Juni 1812 die polnisch - russische Grenze. Aber die Russen stellten sich ihm nicht, sondern zogen sich, ohne die Franzosen aus dem Auge zu lassen, bestndig zurck. -Das Ziel von Napoleons Zug war Moskau.
Um diese. alte Hauptstadt des russischen Reiches nicht ohne Schwertstreich dem Feinde zu berlassen, ging der russische Ober-seldherr Kutsow von dem ursprnglich verfolgten Kriegsplan ab, wonach die Franzosen nicht durch die russischen Waffen, sondern durch den Mangel an Nahrungsmitteln und die Unwirtlichkeit des Landes zum Rckzug gentigt werden sollten. Bei Borodin an der Moskwa, mehrere Meilen westlich von Moskau, lieferte er
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Extrahierte Personennamen: Alexander Alexander Napoleon Alexander Alexander Marschall_Bernadotte Napoleon Napoleons
Extrahierte Ortsnamen: England Oldenburg Schweden Napoleons Moskau Moskwa Moskau
— 198 —
ging, wußte in Erfurt niemand. Über die Versammlungen wurde
das tiefste Stillschweigen bewahrt. Zuerst hatte man das große Eck-
zimmer im Gouvernement zum Beratungszimmer ausgewählt, das dem
„Geleite" zuliegt. Sofort mußten dort alle Fenster zugemauert werden,
von deueu man eine Aussicht auf die Fenster des Sitzungszimmers hatte.
Als man dann den Plan änderte und das entgegengesetzte Zimmer des-
selben Stockwerkes wählte, mußten sich die Mönche des Angustiuerklosters
die gleiche Maßregel gefallen lassen. Am Tage sah man gewöhnlich
niemand arbeiten. Die Tagesstunden schienen ausschließlich dem Ver-
gnügen zu dienen. Gegen 9 Uhr vormittags fuhren die Herrschaften zur
Morgenaufwartung bei Napoleon und Alexander vor. Dann verstrich
der Rest des Vormittags unter gegenseitigen Besuchen. Bei der Tafel
kamen die Monarchen oft mit Napoleon zusammen. Zumeist aber speisten
nur Napoleon und Alexander gemeinsam. Nach 7 Uhr abends begaben
sich die Fürstlichkeiten ins Theater (s. S. 42). Nach dessen Schluß
begleitete Napoleon Alexander zur Wohnung, wo dann bei verschlossenen
Türen oft bis um 2 oder 3 Uhr nachts Verhandlungen gepflogen wurden.
Häusig kamen die Kaiser auch im Gouvernement zusammen. Die Be-
sprechungen wurden dort um die gleiche Zeit gehalten, sodaß die Geheim-
schreiber selten vor 5 Uhr morgens zu Bett kamen. Während aljo der
Erfurter Bürger längst in den Federn lag, wurde in den Mauern seiner
Stadt über die Geschicke Europas berateu. — Am 14. Oktober 1808
trennten sich die Fürstlichkeiten. Vor seiner Abreise teilte Napoleon noch
kostbare Geschenke aus und zeigte auch sonst seine Freigebigkeit. So be-
schenkte er die Böttcherzunft, die am Tage vorher ihren knnstvollen Reif-
tanz vor seiner Wohnung aufgeführt hatte, mit 100 Lonisd'or. Außer-
dem bestimmte er, daß die Stadt fortan von der Verpflegung der durch-
marschierenden oder eingelagerten Truppeu befreit bleiben sollte.
Doch schon am 5. Dezember 1808 schlug Marschall Davoust mit
großem' Gefolge für 3 Monate sein Hauptquartier hier auf, und die
Bedrückung begann von neuem bis zum Ende der französischen Herrschaft.
Die glänzenden Feste zu Ehren des Geburtstages des Kaisers oder seiner
Siege standen in einem schroffen Gegensatz zu dem sich täglich steigernden
Elend der Bewohner. Erfurt befand sich in einem traurigen Znstand,
als Napoleon den Feldzug gegeu Rußland begann, der seinem Heere den
Untergang brachte. Nach jenem Gottesgericht aber regte sich anch in
Erfurts Bewohnern die Hoffnung anf Befreiung. Fürs eiste aber steigerten
sich uoch die Mühsale. Die Stadt war mit Krauken und Verwundeten
der französischen Armee und der ihr verbündeten Heere überfüllt. Das
Elend der Armen war grenzenlos. Zu Hunderten lagen sie selbst bei
schlechtem Wetter auf deu Straßen. Überall wanderten Krüppel umher
und erregteu das Mitleid der Bürger. Die Sterblichkeit nahm in der
Stadt mit jedem Tage zu. Der gewöhnliche Totenwagen und ein Bei-
wagen reichten nicht ans, alle Leichen nach dem Gottesacker vor dem
Johannestor zu schaffen.— Im Sommer 1813 verwandelten die Franzosen
Erfurt iu eine starke Festung. Die Wälle wurden erhöht und ihr Herr-
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Alexander Alexander Napoleon Napoleon Alexander Alexander Napoleon Alexander Alexander Napoleon Marschall_Davoust Napoleon
— 194 —
truppeu die Stadt und ihre Umgebung. Sie hatten von dein Anrücken
der Preußen Meldung erhalten. —
Am Morgen des 13. Septembers erblickte man die ersten preußischen
Husaren auf den Feldern im Osten der Stadt Bald sah man die Preußen
in größerer Zahl über die Weinberge vor dem Krämpfertor herankommen.
Nach längerer Beratung wurde ihuen der Einzug gestattet. Unterdessen
hatte sich die mainzische Besatzung wieder auf deu Petersberg zurückgezogen.
Es war 4 Uhr nachmittags, als der Einmarsch erfolgte. Niemand ahnte,
daß der König selbst beim Heere war. Eine Abteilung grüner Husaren
eröffnete den Zug. Daun kam der König mit seinem Bruder Heinrich
und einem ansehnlichen Gefolge von Generalen. Kaum hatten ihn die
Erfurter erkannt, da erscholl ein vieltausendstimmiges Hurra. Der König
war sichtlich erfreut und erwiderte deu Jubelgruß freundlich. Er trug
wie immer die blaue, einfache Uniform. Nnr ein kleiner, silberner Stern
zierte seine Brust. Hinter dem König und seinen Begleitern ritt ein
Dragonerregiment. Ihm folgten zwei Abteilungen Husaren. Den Schluß
bildete ein Regiment Infanterie mit fliegenden Fahnen und klingendem
Spiel. Die Einzugstruppen erhielten Stadtquartier. Die Dragoner be-
setzten die Torwachen und einige Posten in der Stadt. Der König aber
nahm mit seinen Offizieren Quartier in Erfnrt-Nord (Ilversgehofen). Er
wohnte im jetzigen Köhlerjchen Gnte (Alte Fritzstraße Nr. 62). Die üb-
rigen Truppen schlugen auf dem Johannesplatz ein Lager anf. Schon
am folgenden Tage verlegte der König seine Wohnung nach Dittelstedt
in das Haus des Lehrers Mathly. Hier besuchte ihn der Mainzer Statt-
Halter v. Warsberg. Der König weilte im Gespräch mit dem Lehrer
auf dem Friedhof. Er saß gerade auf der Mauer, als v. Warsberg
erschien. Sofort eilte Mathly ins Hans, um für deu Statthalter eiuen
Stuhl herbeizuholen. Er lnd seinen Herrn auch eifrig zum Sitzen ein,
ohne dabei an die Pflicht zu denken, die er dem König schuldete. Dem
alten, einfachen Manne war die Sitte der großen Welt unbekannt. Vom
17.—28. September wohnte der König im Pfarrhause zu Kerspleben.
Nach der Roßbacher Schlacht erschienen die Franzosen abermals in
Erfurt. Schon am 7. November trafen die erstell Verwundeten und Ver-
spreugten ein. Ihnen folgten große Scharen nach, alle in buntem Ge-
misch durcheiuauder und in einem erbärmlichen Zustand. Die meisten
hatten ihre Gewehre weggeworfen und alles, was ihre Flucht hinderte.
Viele hatten keine Helme und Schuhe mehr. Eiuige hielten lange Bohnen-
stangen in den Händen und hüpften wie Frösche, um nur schnell vor-
wärtszukommeu. Andere wieder weinten bitterlich. Sie hatten sich
an den durch das Schießen heiß gewordenen Gewehren die Finger ver-
brannt Wenn sie gefragt wurden, beschrieben sie die Schlacht mit wenig
Worten: „0 mon Dieu! Die klein, klein Trupp! O, die groß, groß
Feuer!" Bald kamen auch die Gepäckwagen zurück. Drei Tage laug
dauerte der Durchzug. Die hiervon berührten Dörfer, z. B. Ollendorf,
Kleinmölsen und Tüttleben hatten furchtbar zu leiden. Doch wehrten
sich die Bauern mit Mistgabeln, Dreschflegeln und Sensen ihrer Haut.
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Mathly Hans B._Ollendorf
— 202 —
Johannesstraße 59. König Friedrich Wilhelm Iv. setzte seinem Freunde
ein schönes Grabdenkmal. Ursprünglich stand es auf dem Jnnenfriedhos
nahe der Trommsdorffstraße. jetzt aber steht es im Denkmalhain, den man
ans dem alten Friedhofsgelände am „Großen Hospital" eingerichtet hat.
König Friedrich Wilhelm Iv. hat dreimal in Erfurt geweilt, am
25. und 26. Juli 1845. am 3. Juli 1846 und am 19. und 20. Juli 1853.
Bei seiner ersten Anwesenheit besichtigte er den Dom. die Severikirche.
die Barfüßerkirche, das Martinsstift und das Kloster der Ursulinerinnen.
bei seiner zweiten weilte er mit dem General v. Hedemann im Steiger-
Wald, bei seiner dritten besuchte er abermals das Martinsstift, die Barfüßer-
kirche, den Dom und den Brühler Friedhof.
Am 21. August 1852 wurde die 50 jährige Zugehörigkeit der Stadt
zum Königreich Preußen gefeiert. Am Abend läuteten sämtliche Glocken
der Stadt, und es wurden feierliche Aufzüge nach dem Friedrich Wilhelms-
platz veranstaltet. Am anderen Tage war feierlicher Ratskirchgang nach
der Predigerkirche, auch fand eine große Parade statt.
Die ruhmreichen Kämpfe Preußens gegeu Dänemark 1864. gegen
Osterreich und seine Verbündeten 1866 und gegen Frankreich 1870/71
riefen auch in Erfurt eine große Begeisterung und eine allseitige Opfer-
Willigkeit hervor. Das den Mannschaften der 15. Jnfanteriebrigade. zu
der die Erfurter Besatzung gehörte, in Dankbarkeit gewidmete Denkmal
zählt die Schlachten auf. in denen die Truppen siegreich waren. Die
Stadt selbst wurde nicht vom Kriege berührt. Nur 1866 brachte ihre
besondere Lage als Festung es mit sich, daß sie in kriegsmäßigen Zustand
versetzt wurde. Die Brückenköpfe der Tore wurden verengt, auch wurden
Schanzpfähle gesetzt. Im Juni 1866 wurdeu sogar nachts die Tore ge-
schlössen und die Zugbrücken hochgezogen. Zuletzt erhielten die Bürger
den Befehl, sich für einige Tage mit Lebensmitteln zu versehen. — Ferner
ist aus diesem Kriege noch als merkenswert zu melden, daß es nnsern
71ern, die in der Vorhut lagen, vergönnt war, am 3. Juli 1866 von
prenßischer Seite aus die Schlacht bei Köuiggrätz zu eröffnen. Durch die
siegreichen Kämpfe kamen 1864 dänische, 1866 bayrische und 1870/71
über 14 000 französische Gefangene nach Erfnrt. Die Franzosen wurden
in einem Barackenlager auf dem Johannesplatz untergebrachte Die ge-
fangenen Offiziere aber, die über größere Geldmittel verfügten, wohnten
in der Stadt. Da auch später die übrigen Gefangenen, wenn sie Urlaub
hatten oder Einkäufe besorgten, sich frei in der Stadt bewegen durften,
so bot sie oft den Anblick eines französischen Trnppenplatzes. Die Ge-
fangenen vertauschten gern die Knöpfe ihrer Uniformen gegen eine kleine
Liebesgabe der Schuljugend, die eifrig solche Dinge sammelte. Auch
trieben die Gefangenen mit allerlei Kleinigkeiten, z. B. Schnitzereien und
gemalten Bildchen, einen lebhaften Handel.
In den Jahren 1865 und 1876 waren in Erfnrt große Garten-
bauausstellungen, Die „Große Weltausstellung von Gartenerzeuguissen"
im September 1865 begründete den Weltruf Erfurts in dieser Richtung.
Aus dem Überschnß der Einnahmen wurde dem eigentlichen Begründer
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Hedemann August Friedrich_Wilhelms- Friedrich
21
sonst dem feindlichen Kanonenfener zu lange ausgesetzt sein
würden. Dieser dritte Graben wurde in der Nacht auf den
15. April 1864 vollendet. Am 18. April fand der Sturm statt.
Die Mannschaften, die dazu ausgelost waren, hatten sich am Tage
vorher durch den Genuss des heiligen Abendmahls in ernster
Weise vorbereitet. Morgens 2 Uhr rückten sie in den dritten
Laufgraben ein, wo sie bis zum Beginn des Sturms lautlos ver-
weilen sollten. Um 4 Uhr in der Frühe begann aus allen
preussischen Batterien ein neues Bombardement, das bis 10 Uhr
ununterbrochen fortgesetzt wurde. Kurz vor 10 Uhr trat ein
Feldgeistlicher an die Sturmkolonne und hielt eine einfache, aber
ergreifende Ansprache, der alle mit entblöfstem Haupte und
Thränen in den Augen zuhörten. Darauf beteten die Truppen
ein stilles Gebet. Dann segnete der Prediger sie und rief: „Geht
mit Gott!“ In demselben Augenblick schwieg das Feuer der Ge-
schütze. Es war zehn Uhr. Eine lautlose, kurze Pause folgte.
Jetzt schlugen die Trommler den Sturmmarsch. Drei Regiments-
chöre spielten: „Ich bin ein Preuße,“ und mit tausendstimmigem
Hurra ging es auf die Schanzen los. Wie dichter Hagel fielen
die feindlichen Kartätschen in die Reihen der Stürmenden und
streckten manchen tapfern Preussen nieder. Aber mit der
klingenden Musik hinter sich („Düppeler Sturmmarsch“) und
den Pionieren voran, die Spaten, Hacken, Äxte, Brechstangen,
Pulversäcke u. s. w. mit sich führten, drangen die Truppen un-
aufhaltsam vorwärts. Über die vor den Schanzen liegende doppelte
Eggenreihe warfen sie Sandsäcke. Die Drahtgitter zerhieben sie,
und schon nach fünf Minuten flatterte auf einer dänischen Schanze
die preussische Fahne. Mittags waren sämtliche Schanzen im Be-
sitz der Preussen.
2. Den heftigsten Widerstand fanden die Preussen auf Schanze
zwei. Mächtige Pallisadenreihen standen hier noch unversehrt und
versperrten den Weg. Da trat der Pionier Klinke vor und sprach:
„Ich werde Luft schaffen! Besser einer als zehn!“ Damit warf
er einen Pulversack gegen die Pallisaden und stiefs die Lunte
hinein. Mit einem lauten Knall explodierte das Pulver. Wier
Pallisaden wurden umgerissen. Durch die entstandene Öffnung
stürmten die Preussen in die Schanze und eroberten sie. Der
brave Klinke war seitwärts in den Graben geschleudert worden.
Er hatte zwei Schüsse, einen durch den Arm und einen durch
0v
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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22
die Brust erhalten. Während Krankenträger ihn nach dem Lazarett
trugen, starb er. — Klinke war ein Bergmann aus Westfalen und
hinterliess Weib und Kind.
Nack L. Hahn u. a.
14. Der Übergang nach Alsen.
1. Nach der Erstürmung der Düppeler Schanzen zogen die Dänen
sich auf die Insel Alsen zurück, die durch eine schmale Wasserstraße,
den Alsener Sund, vom Festlande getrennt ist.
Um die Landung feindlicher Truppen an der Insel zu verhüten,
hatten die Dänen am Alsener Sund entlang zahlreiche Schanzen an-
gelegt und 64 Geschütze aufgestellt. Mehrere Kriegsschiffe lagen bereit,
um den Sund der Länge nach mit ihrem Bombenfeuer bestreichen zu
können. Weithin leuchtende Fenerstangen sollten den Truppen ein
Zeichen geben, sich an bedrohten Punkten schnell zusammenzuziehen.
Preußischerseits waren 160 Boote von allen Seiten auf Wagen
herbeigeschafft und mit Rudermannschaften versehen worden. In der
Nacht zum 28. Juni verstärkte man die in der Nähe des Sundes
liegenden Batterien. In der folgenden Nacht wurden die Boote auf
vier verschiedenen Punkten unbemerkt vom Feinde ans Ufer gebracht.
Die Dünen erwarteten den Übergang bei Sonderburg; die preußische
Heeresleitung hielt aber die Gegend von Satrupholz für die geeignetste
Übergangsstelle. Um ein Uhr schon standen die Truppen an den vier
Übergangspunkten, von denen aus jedesmal zusammen 2500 Mann
zu gleicher Zeit hinübergeführt werden konnten. Schlag zwei Uhr
wurden von der Kolonne ans dem rechten Flügel die Boote ins Wasser
gesetzt und etwa hundert Schritt vom Ufer, wo das Wasser die hin-
reichende Tiefe hatte, von der Mannschaft bestiegen. Alles ging
möglichst ruhig vor sich. Die Nacht war hell und windstill. Die
Leute waren mit Mützen bekleidet, ohne Gepäck. Als die vordersten
Boote, in denen sich die Generale von Manstein und Röder befanden,
etwa zweihundert Schritt vom Jnselufer entfernt waren, knallten ihnen
die ersten Schüsse der feindlichen Postenkette entgegen. Sie wurden
von den Mannschaften mit einem donnernden Hurra begrüßt. 15 Mi-
nuten nach zwei Uhr landeten die ersten Boote. Die Leute sprangen
bis an den Leib ins Wasser und erstiegen das Ufer. Das ganze
Bataillon folgte, besetzte den Schützengraben und nahm das Holzvogt-
haus und die dort aufgestellte Batterie. Die Dänen zogen sich nach
der nahen Fohlenkoppel zurück; die Preußen folgten ihnen, verdrängten
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@Bse88e88e83389ae9d8t t> 8eeee88868886888ee^] Aus einem Briefe des Fürsten Bismarck.
Die heldenmtige Verteidigung der Stadt Saarbrcken im Kriege 1870 durch drei Kompagnien des 40. Regiments und eine Schwadron der 7. Ulanen findet in einem Briefe Bismarcks au seine Gemahlin, datiert aus Mainz vom 5. August '1870, rhmliche Anerkennung. Die betr. Stelle lautet:
Mit Erstaunen lesen wir heute hier in den franzsischen Blttern von einer Schlacht", die am 2. bei Saarbrcken stattgesunden haben soll. Das ist die lcherlichste Blamage, welche die grande nation sich jemals zugezogen hat. Drei Kompagnien des 40. Regiments und eine Schwadron 7. Ulanen haben den ganzen Napoleon mit seinem Haupt-Heer 8 Tage lang in Respekt gehalten. Sie hatten von Hanse aus Befehl, sich auf unsere Linie diesseits Saarbrcken zurckzuziehen, sobald der Feind vorrcke. Das haben sie aber nicht getan, als bis 3 franzsische Divisionen, also etwa 150 Kompagnien mit Artillerie und Kavallerie ihnen aus den Leib kamen, und mit dieser Osachen bermacht haben die Franzosen 3 Stunden, von 10 bis 1 Uhr, sich mit unsern Kompagnien herumgeschossen. Leonidas ist ein Lump gegen unsere Fsiliere."
Opfermut einer Dienstmagd.
Whrend der Schlacht bei Saarbrcken am 6. August 1870 nahmen sich die Bewohner fr Saarstdte in opfermutiger Weise der deutschen Krieger an. Männer und Frauen eilten hinaus auf das Schlachtfeld, um den Verwundeten beizustehen und sie vom Schlacht-felde fortzuschaffen. Allen voran tat sich aber eine einfache Dienstmagd hervor. Sie hie Katharina Weigerber, wurde aber nach der. Herrschaft, bei der sie schon viele Jahre gedient hatte, allgemein Schultzen Kathrin" genannt. Mit einer Wasserbtte aus dem Kopse eilte sie auf das Schlachtfeld, um die Kmpfer und Verwundeten mit einem frischen Trnke zu laben. Ohne aus die Kugeln zu achten, drang sie sogar bis an den Roten Berg vor. Ein Offizier sprengte hier auf sie zu und rief: Weib, machen Sie, da Sie fortkommen. Sehen Sie denn nicht, da hier geschossen wird?" O jo, Hr Leitnant, die schiee jo nit uff mich," erwiderte Kathrin. Unermdlich setzte sie sodann ihr Liebeswerk bis zum spten Abend fort und half die Verwundeten zum Verbandplatze tragen.
Als König Wilhelm einige Tage darauf durch Saarbrcken kam und von der opfermutigen Tat hrte, verlieh er der unerschrockenen Dienstmagd das Eiserne Kreuz.
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Extrahierte Personennamen: August Napoleon August Katharina_Weigerber Kathrin Wilhelm