236
zugreifen. Diese hatten bloß eine starke Nachhut dem Marschall
Ney gegenüber zurückgelassen, die dm Feind verzögerte, doch ohne
.den Angriff selbst abzuwarten, sondern in der Richtung von Brüssel
abzog. Dahin folgte Napoleon mit allen seinen Truppen voll
Eifer und mit größter Anstrengung. Es hatte die Nacht geregnet
und regnete immer fort, der Boden war völlig durchweicht, die
schwarze Erde löste sich in zähe Flüssigkeit auf, und mit unsäg-
lichen Beschwerden kam das Heer auf der schlammigen Straße
und in den alsbald unter den Husen der Pferde grundlos ge-
wordenen Getreidefeldern nur langsam fort. Bei Genappe hielt
die englische Reiterei ernstlich Stand und setzte erst nach hitzigem
Gefecht ihren Rückzug fort. Erst am Abend gelangte der fran-
zösische Vortrab an die englische Stellung von Mont-St. Jean,
die sogleich, aber vergeblich, angegriffen wurde. Die Nacht brach
herein und machte dem Gefecht ein Ende. Furchtbare Regengüsse
strömten diese Nacht vom Himmel; die Truppen litten unbeschreib-
lich, die Tritte versanken in Koth, Geschütz und Wagen schienen
kaum fortzubringen. Am folgenden Morgen, den achzehnten Juni,
waren die Franzosen sehr überrascht, den Feind, welchen sie unter
Begünstigung der Nacht über Brüssel hinaus abgezogen glaubten,
unverrückt in derselben Stellung wie am vorigen Abend vor sich
zu finden. Napoleon mußte bald erkennen, daß Wellington's
ganzes Heer auf der Anhöhe von Mont-St. Jean schlagfertig ihm
gegenüber hielt. Der rechte Flügel, von Lord Hill befebligt, stand
rechts der Straße von Nivelles und erstreckte sich in der Richtung
von Braine la Lende. Die Mitte, unter dem Prinzen von Oranien,
hielt die Strecke zwischen den beiden Straßen von Nivelles und
von Charleroi und, vorwärts dieser Stellung, rechts das Vor-
werk Hougomont in einem Wäldchen und links den Meierhof la
Haye-sainte besetzt. Der linke Flügel, unter dem General Picton,
stand zwischen der Straße von Charleroi und den Dörfern Pape-
lotte und la Haye bis gegen Frichemont. Die Schlachtordnung
war in zwei gedrängten Treffen die Reiterei als drittes Treffen
stand in der Vertiefung, welche sich hinter der Anhöhe hinzog;
Wellington hatte sein Hauptquartier rückwärts in Waterloo, am
Ausgange des Waldes von Soignes. Die sämmtlichen Truppen
betrugen etwa achtundsechzigtausend Mann; mit achtzehntausend
Mann stand der Prinz Friedrich der Niederlande bei Hall, um die
rechte Flanke des Heeres, welche durch eine Scheinbewegung Na-
poleons bedroht war, zu decken.
Napoleon ordnete sein Herr auf der Anhöhe von Bellealliance
zum Angriff. Aber nur mühselig und langsam trafen auf durch-
weichtem Wege und Felde die Truppeil ein; einzelne Regenschauer
fielen noch von Zeit ju Zeit, der Boden erschwerte jeden Fortschritt.
Erst lim Mittag sonnte Napoleon den Befehl geben, zum Angriff
vorzurücken. Der zweite Heertheil, unter dem General Neille,
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
TM Hauptwörter (100): [T51: [Armee General Schlacht Franzose Truppe Mann Feind Heer Metz Preußen], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde]]
TM Hauptwörter (200): [T17: [Uhr Feind Truppe General Schlacht Armee Napoleon Kampf Angriff Stellung], T140: [Stadt Franzose Feind Festung Truppe Tag Mann Paris Belagerung Angriff]]
Extrahierte Personennamen: Napoleon Jean Koth Napoleon Jean Lord_Hill Nivelles Friedrich Friedrich Napoleon Napoleon
237
wandte sich links, der erste, unter dem General Drouet, rechts, von
Bellealliance gegen die englische Linie andringend; der sechste,
unter dem General Mouton, blieb in der Mitte rückwärts halten,
noch weiter zurück die Garde; die Reiterei war auf beiden Seiten
vertheilt. Zuerst ward links das Vorwerk Hougomont heftig an-
gegriffen, aber nicht minder hartnäckig vertheidigt. Nachmittags
um zwei Uhr wurde auch der Angriff rechts gegen den Meierhof
la Haye-sainte und das Dorf la Haye durch den Marschall Ney
mit stärkstem Nachdruck ausgeführt. Aus letzteren Punkt richtete
Napoleon den Hauptstoß, weil der linse Flügel Wellington's der
schwächere schien, hier die Verbindung mit den Preußen abzu-
schneiden war, und auf dieser Seite auch Grouchy's Streitkräfte
mitwirken konnten. Das Feiler aus dem Geschütz, aus dem Kleiu-
gewehr, die Angriffe mit blanker Waffe wechselten mit immer neuer
Wuth; die Reiterei wogte in stürmenden Angriffen hin und wider
und zerstörte sich gegenseitig in furchtbarem Gemetzel, ohne irgend
einen wesentlichen Erfolg. Dieser Kampf dauerte mehrere Stun-
den; die Fraiizosen fochten mit audriiigeuder Wiith, die Engländer
mit ausdauernder Standhaftigkeit. Endlich wurde der Meierhof
la Haye-sainte den Eugläiideru entrissen, darauf auch das Wäld-
chen von Hvilgomont; allein weiter vorziidriugen war den Fran-
zosen unmöglich. Wellington, sein Heer mehrmals in Gefahr
sehend durchbrochen zu werden, eilte persönlich in das stärkste
Feuer, zeigte sich den Truppen und strengte alle Kräfte an, sich
gegen die Übermacht zu behaupten, bis Blücher mit den Preußen
herankäme und dem Kampf eine eiitscheidev.de Wendung gäbe. Er
wußte, daß Blücher kommen würde, er wußte ihn im Anzüge, die
Vortruppen desselben schon in der Nähe; doch wurde dessen wirk-
liches Eintreffen auch mit jedem Augenblicke nöthiger. Napoleon
entwickelte unaufhörlich neue Streitkräfte, sein Geschütz wirkte ver-
heerend, seine Truppen rückten entbrannt zu neuen Angriffen
vor; die Kräfte Wellington's erschöpften sich. Es war hohe Zeit,
daß Blücher aus dem Kampfplatz erschiene; doch zeigte sich von ihm
noch keine Spur, und die Lage der Dinge wurde jeden Augenblick
bedenklicher.
Blücher war, seinem Versprechen gemäß, am achtzehnten Juni
frühmorgens voll Wavre in zwei Heerzügen aufgebrochen: dereine,
den Heertheil von Ziethen begreifend, zog rechts über Fromant auf
Ohain, dem linkeil Flügel Welliugtou's zu; der andre, aus den
Heertheilen von Bülow und Pirch bestehend, gieng links über
Neuf-Cabarets und St. Lambert dem rechten Flügel Napoleones
in Seite und Rücken ; der dritte Heertbeil, unter Thielemaun, sollte
bei Wavre stehen bleiben und nur, wenn dort kein Feind erschiene,
den übrigen als Unterstützung nachrücken. Blücher hatte den sieb-
zehnten au den Folgen seines Sturzes bei Ligny im Bette zu-
bringen müssen, und am achtzehnten in der Frühe, als er un-
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
TM Hauptwörter (100): [T51: [Armee General Schlacht Franzose Truppe Mann Feind Heer Metz Preußen], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Blücher Bülow Blücher
238
mittelbar aus dem Bette wieder aufs Pferd fällte, um mit seinen
Truppen zur neuen Schlacht auszurücken, war man für den übel-
zugerichteten Greis nicht ohne Sorgen; der Wundarzt wollte ihn
noch zu guter letzt einreiben, Blücher aber, als er die Anstalten
sah, versetzte: 'Ach was, noch erst schmieren! Laßt nur sein! Ob
ich heute balsamiert oder unbalsamiert in die andre Welt gehe, das
wird wohl auf eins herauskommen!' erhub sich, ließ sich ankleiden
und setzte sich wohlgemutst zu Pferde, obgleich ihn bei jeder Be-
wegung die gequetschten Glieder schmerzten. Als er sah, wie stark
es geregnet hatte, und daß es noch immer fort regnen würde,
sagte er: 'Das sind unsere Alliierten von der Katzbach, da sparen
wir dem Könige wieder viel Pulver.' Blücher begab sich an die
Spitze des Heertheils von Bülow, der voranzog und zuerst an den
Feind kommen mußte. Er that alles, um den Marsch zu be-
schleunigen; allein schon gleich anfangs wurde derselbe durch ein
zufälliges Hindernis unerwartet aufgehalten: in Wavre entstand
eine Feuersbrunst, welche die Hauptstraße sperrte und die Truppen
zu Unwegen nöthigte, wodurch ein beträchtlicher Zeitverlust ent-
stand. Weiterhin wurde es noch schlimmer, der unaufhörliche
Reger, hatte den Boden ganz durchweicht, die Bäche geschwellt,
jede kleinste Vertiefung mit Wasser gefüllt. Die schmalen Wege
durch Wald und Gebüsch nöthigten zu häufigem Abbrechen der
Glieder. Das Fußvolk und die Reiterei kamen mit Mühe fort;
das Geschütz machte unsägliche Beschwer; der Zng rückte zwar im-
mer vor, aber mit solcher Langsamkeit, daß zu befürchten war, er
werde zur Schlacht viel zu spät eintreffen, und weit über den
Zeitpunkt hinaus, in welchem er für Wellington noch die ver-
sprochene Hülfe sein könne. Offiziere kamen und brachten Nachricht
von dem Gange der Schlacht, von Napoleon's übermächtigem An-
dränge, und wie sehr die Ankunft der Preußen ersehnt werde.
Blücher, in heftigen Sorgen, sein gegebenes Wort nicht zu lösen,
rief sein 'Vorwärts, Kinder, vorwärts!' anfeuernd in die Reihen
der Truppen, überall fördernd flogen seine Blicke und Worte um-
her; wo ein Hindernis entstand, wo eine Stockung sich zeigte,
war er sogleich gegenwärtig: doch alle Anstrengung gab noch im-
mer nur geringe Aussicht, zu rechter Zeit anzulangen. Neuer-
dings trieb er zu doppelter Eile an; die Truppen erlagen fast den
Mühseligkeiten; aus dem Gemurmel der im Schlamm und durch
Pfützen Fortarbeitenden klang es hervor, es gehe nicht, es sei un-
möglich. Da redete Blücher mit tiefster Bewegung und Kraft
seine Krieger an: 'Kinder, wir müssen vorwärts! Es heißt wohl,
es geht nicht; aber es muß gehn, ich hab es ja meinem Bruder
Wellington versprochen! Ich hab es versprochen, hört ihr wohl?
Ihr wollt doch nicht, daß ich wortbrüchig werden soll?' Und so
gieng es denn mit allen Waffen unaufhaltsam vorwärts.
Es war angenommen, die Preußen würden um zwei Uhr
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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TM Hauptwörter (200): [T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T17: [Uhr Feind Truppe General Schlacht Armee Napoleon Kampf Angriff Stellung], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T21: [Napoleon Bluch Heer General Preußen Franzose Schlacht Armee Mann Wellington]]
240
scheidung des Tages und nicht anderswo,' sagt der amtliche Be-
richt. Er befahl, alle Truppen sollten im Vorrücken bleiben; erst
wenn Napoleon geschlagen worden, dürften Unterstützungen nach
Wavre umkehren, und den Heertheil von Thielemann ließ er wüsten,
er habe dein Feind nach Kräften zu widerstehen.
Alis Wellington's linkem Flügel, wo die Vereinigung der
beiden Heere sich bewerkstelligen mußte, drängten sich jetzt die
wichtigsten Bezüge des Tages zusammen. Der General von Müff-
ling, der sich preußischerseits im Hauptquartier Wellington's be-
fand und zwischen beiden Heerführungen das Zusammenwirken
thätigst förderte, begab sich selbst dahin, wo er schon frühmorgens
die Gegend erkundet und für den preußischen Anmarsch und An-
griff die leitenden Angaben, unter Wellington's voller Zustimmung,
an Blücher und Bülow gesandt hatte; er ordnete die Maßregeln
zur beschleunigten Annäherung und Einwirkung der Preußen, nach
deren Erscheinen vielfach verlangt und gefragt wurde. Doch Wel-
lington selbst, voll unerschütterlichen Vertrauens in Blücher's
Wort, ließ in dieser Hinsicht lvedcr Besorgnis noch Ungeduld
blicken, und kein Zweifel, keine Frage solcher Art unterbrach die
entschlossene Ruhe seiner strengen Fassung. Endlich zeigten sich
die ersten Truppen des Heertheüs von Ziethen, durch wiederholte
Botschaften in ihrem Marsche beschleunigt, ans den linken Flügel
Wellington's von Ohain her im Anrücken. Sogleich brachen nun
sechs Regimenter englischer Reiterei, welche bisher auf dem linken
Flügel gehalten hatten, zur Unterstützung der hartbedrängten Mitte
der englischen Schlachtordnung aus, wo sie im rechten Augenblicke
zum erfolgreichen Einstauen anlangten. Inzwischen hatte der Feind
seine Stärke gegen Wellington's linken Flügel beträchtlich vermehrt
und drang nun, nach dem Abrücken jener Reiterei, deren nahe
Ersetzung durch die Preußen er noch nicht warnehmen konnte,
nachdrücklich in den Raum vor, welcher die beiden verbündeten
Heere noch trennte; die Franzosen nahmen das Dorf Papelotte
wieder, zu gleicher Zeit griffen sie das Dorf Frichemont heftig an
und schoben sich demnach zwischen die Truppen von Bülow und
das Heer Wellington's immer mehr trennend vor.
In diesem gefahrvollen Augenblicke, gegen sieben Uhr, treffen
die ersten Truppen Ziethen's, durch Müsfling's Angaben fördersamst
geleitet, auf dem Kampfplatz ein, Ziethen selbst an der Spitze seiner
ersten Brigade, mit der ganzen Reiterei und dem Geschütze seines
Heertheils; er erstürmt mit zwei Bataillonen das Dorf Papelotte
und bereitet sich zu stärkerem Vordringen. Napoleon jedoch
wankt noch immer nicht; er sieht die Truppen Blücher's immer
furchtbarer auftreten, allein sein hartnäckiger Eifer verzichtet noch
nicht auf den Sieg, ein letzter verzweifelter Schlag soll ihn ent-
scheiden. Bereits hatte er die junge Garde nach Planchenois ge-
worfen, um das den Preußen wieder entrissene Dorf zur Sicher-
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Thielemann Napoleon
242
obern Pirch und Bülow vereint das Dorf Planchenois, mid das
Verderben des französischen Heeres ist entschieden. Der Rückzug
artet iu wilde Fliccht aus, die Truppeu aller Waffen, mit Geschütz
und Fuhrwerk untermischt, drängen sich auf der Straße von Ge-
nappe und Charleroi; die Nacht nimmt die Flüchtigen auf. Es
war schon völlig dnnkel, als Blücher und Wellington auf der
Hohe voll Belleallianee zusammentrafen und sich gegenseitig als
Sieger begrüßten. Diese Höhe führte den Namen von der Ver-
bindung zweier schöner Braritleute, welche sich hier niedergelassenz
Blücher, der siegreichen Waffenverbindung zu Ehren, nannte die
Schlacht nach diesem Namenz Wellington nannte sie, dem einge-
führteil Gebrailche gemäß, nach dem Hauptquartiere, welches er an
dem Tage gehabt, die Schlacht voil Waterlooz Napoleon die von
Mont-St. Jeanz welcher dieser Namen in der Folge vorherrschend
bestehen wird, ist noch die Frage. Wem die Ehre des Tages vor-
zugsweise gebühre, darüber ist viel gestritten worden; in Betreff
Blücher's dünkt uns der Streit unnütz: wem sie zugesprochen, wie
sie vertheilt werden möge, immer wird wahr und fest bestehn, daß
Blücher und die Preußen gethan, was hier erzählt worden, imb
dies kann genügen. Blücher hegte für Wellington von jeher ganz
besondere Achtung lind Zuneigung, und sein inniges Vertrauen
zu demselben batte weder Groll wegen Ligny, wozu keine Stimme
befangenen Unmuths ihn gegen bessere Überzeugung aufreizen ge-
koilnt, noch dann Zweifel wegen Bellealliance in seiner Brust auf-
kommen lassen; ihm fiel auch jetzt nicht ein, mit eifersüchtiger Rech-
nung das gemeinsame Werk in seinen und seines Waffenbruders
Antheil scharf sondernd 311 zerlegen. Wellington selbst aber schloß
seinen Bericht an den Prinzregenten von England mit den so
gerechten als edlen Worten der Anerkennung: <Jch würde nicht
nach meiner Überzeugung sprechen, wenn ich nicht dem Feldmar-
schall Blücher und dem preußischen Heere das glückliche Ergebnis
dieses furchtbaren Tages beimäße, durch deren Beistand, welchen
sie mit so großer Bereitwilligkeit und so zur rechten Zeit mir ge-
leistet haben.'
Die Schlacht war gewonnen, aber die Arbeit noch keineswegs
vollendet. Das Heer Wellingtons hatte furchtbar gelitten, die
Menschen und Pferde konnten nicht weiter. Die Preußen waren
kürzere Zeit im Kampfe gewesen, die Anstrengung des Marsches
kam nicht in Anschlag. Von dem Nachdringen beider Heere auf
derselben Straße fürchtete man überdies nur Verwirrn-ng; man
kam deshalb überein, Wellington sollte, nach für erst höchstnöthiger
kurzer Rast, über Nivelles und Binch in Frankreich einrücken,
während Blücher unmittelbar die Verfolgung Napoleones und seines
geschlagenen Heeres übernähme. Also noch in derselben Nacht gieng
Blücher sofort nach Genappe, wo sein Vortrab den Feind, der sich
anfangs vertheidigen wollte, um elf Uhr in der Nacht zu weiterer
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T51: [Armee General Schlacht Franzose Truppe Mann Feind Heer Metz Preußen], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier]]
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Jeanz Blücher
Extrahierte Ortsnamen: Charleroi Wellington Wellington Wellington Wellington England Wellington Frankreich
204
mit dem, was noch zu ihnen stieß, gewiß nicht unter tausend Mann.
Die übrigemacht ward an verschiedenen Orten, besonders zum Schutze
von Oldenwörden, aufgestellt, um nicht das ganzeheil des Vaterlandes
an die Aussage des Friesen zu wagen. Ein betagter Mann eilte aus
dem drei Meilen fernen Lunden mit fünf Söhnen in die Schanze,
unter ihnen der Vater des Achtundvierzigers und Geschichtschreibers
Johann Russe. Die Losung war: <Hilf, Maria milde!'
Sonntags hatte sich ein ungetreuer Bürger von Heide, der
zu den Regenten des Landes gehörte, Karsten Holm, in das könig-
liche Hauptquartier geschlichen, um den Fürsten seine Dienste an-
zubieten, tiib sie auf den nächsten Tag in sein und seines Bruders
Haus nach Heide, bot sich zum Führer nach Lunden an, schlich
dann, um keinen Argwohn zu erregen, wieder zurück. Er mußte
wohl verschweigen, was er selbst nicht wußte, das Geheimnis Jse-
brand's, durch die Arbeit einer Nacht den Weg nach Heide zu sperren.
Als der Montag erschien, waren Wind und Wetter umge-
sprungen: statt des Frostes Thanwetter, es wollte nicht Helle wer-
den, der Nordwest trieb den Fürstlichen Hagel und Regen ins
Gestcht. Da rieth Ritter Hans Alefeldt, Marschall der Herzog-
thümer, welchem die Reichsfahne, das Danebrog, vertraut war,
ernstlich zum Aufschubz Junker Thomas Slentz, der die bösen
Marschwege kannte, war derselben Meinung; aber die anderen
Kapitäne der Garde wollten nicht warten. Nach Heide, hieß es,
könne man am Ende schon kommen; und sie trugen es bei dem
Könige davon. Eine Besatzung blieb in Meldorp. Der Kern des
Heeres rückte in drei Treffen aus: voran die ganze Garde mit Ge-
schütz, auch Faschinen und Brettern, um mit den Wassergraben
fertig zu werden; laut scholl ihre Losung: <Wahr di, Bur, de
Gard' de summt!’ Dann die Mannschaften der Bürger und
Bauern, zuletzt die Ritterschaft, welche höchst unbedacht sich einen
dichten Zug von Packwagen auf dem Fuße folgen ließ, als gälte
es, schon für die heitere Feier des Sieges zu sorgen. Es gieng
langsam vorwärts, immer geradans nach Norden, aber doch vor-
wärts; die Rosse sanken bis an die Knie ein; aber man getröstete
sich, die Garde da vorn, die der wüste Nebel dem Auge ganz ver-
barg, werde schon aufräumen. Auch that diese ihre Schuldigkeit.
Es war um ein Uhr mittags, als die Kugeln Jsebrand's plötzlich
ihren rauhen Gruß ans der Schanze sprachen. Die Überraschung
war groß, aber Junker Slentz ließ das Geschütz auffahren; man
langte die Faschinen hervor: unten Spieße, darüber die Faschinen
gelegt, so bahnte man sich über die Seitengräben den Weg und
dehnte die Schlachtordnung aus. Man hoffte, die Schanze, auf
deren Dasein man aus ihrer Wirkung schloß, umgehen zu können.
Allein auf Gräben folgten Gräben; was man auch that, man
blieb in der Enge; der Wind ward zum Sturme, der strömende
Regen machte das Geschütz unbrauchbar, wenige Steinkugeln wur-
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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TM Hauptwörter (200): [T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T17: [Uhr Feind Truppe General Schlacht Armee Napoleon Kampf Angriff Stellung], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: Johann_Russe Johann Maria Maria Karsten_Holm Hans_Alefeldt Thomas_Slentz
235
130.
Die Schlacht bei öellealliance.
Von Varnhagen o. Ensc.
Leben des Fürsten Blücher von Wahlstatt. Berlin 1826. S. 503.
Wellington hatte am 17. Jnni 1815 früh sein Heer bei
Quatre-Bras zusammengezogen und dachte den Feind diesen Tag
in Gemeinschaft mit Blücher anzugreifen, von dessen Rückzug er
noch nichts erfahren hatte; seine Offiziere, die seine Vorschläge des-
halb an Blücher bringen sollten, fanden auf der Straße von
Qmatre-Bras nach Sombref den Feind und erfuhren, daß ein
Adjutant Blücher's in der Nacht auf dieser Straße getödtet worden
war. Nach zufällig erlangter Gewißheit über den Ausgang der
Schlacht von Ligny und den Rückzug Blücher's nach Wavre sah
Wellington sich bei Quatre-Bras dem Angriffe der gesammttn
Macht Napoleon's ausgesetzt und beschloß daher, gleichfalls abzu-
ziehen, um wieder mit Blücher näher zusammenzustehen; ob dieser
in der nächsten Zeit im Stande sein würde, eine zweite Schlacht
zu liefern, war völlig ungewiß. Im Verneinungsfalle wurde ein
weiterer Rückzug gegen Antwerpen nöthig, und Brüssel mußte dem
Feinde überlassen werden. Jedoch schon um neun Uhr morgens
empfieng Wellington von Blücher aus Wavre eine Botschaft, wor-
in derselbe zum neuen Angriffe nur so viel Zeit verlangte, als
nöthig sei, seinen Truppen Patronen und Lebensmittel auszu-
theilen. Hierauf zog Wellington im Laufe des Tages in die
Stellung von Mont-St. Jean zurück, vorwärts von Brüssel, von
dieser Stadt nur durch den Wald von Soignes getrennt. Hier
wollte Wellington das Heer Napoleon's zur Schlacht erwarten, so
ließ er Blüchern wissen, iin Fall dieser versprechen könnte, mit
zwei preußischen Heertheilen zur Unterstützung einzutreffen; Blücher
antwortete: nicht mit zwei Heertheilen nur, sondern mit seinem
ganzen Heere werde er am 18. über St. Lambert heranrücken,
um an diesem Tage den Angriff Napoleon's mitzubestehen oder
denselben am folgenden Tage mit Wellington vereint selbst anzu-
greifen. — Zwischen den beiden Feldherren wurden die nähern
Verabredungen genommen, und demnach alles für den nächsten
Tag vorbereitet. Blücher befahl, die Truppen sollten vor ihm in
Parade vorbeimarschieren, um Sinn und Gemüth in Übung strenger
Genauigkeit und im Stolze kriegerischer Haltung von den Ein-
drücken der letzten Unfälle vollends zu reinigen.
Napoleon hatte am 17. früh das Schlachtfeld von Ligny be-
ritten und, nachdem er in Erwartung näherer Angaben, welche
seinen Entschluß bedingen möchten, lange gezögert, gegen Mittag
den Marschall Grouchy mit den Heertheilen von Vandamme und
Gérard und der Reiterei der Generale Pajol und Epcelmans, zu-
sammen über 32,000 Mann, von Ligny zur Verfolgung der
Preußen abgesandt und wandte sich dann mit seiner Hauptstärke
links nach Quatre-Bras, um nun auch die Engländer heftig an-
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
TM Hauptwörter (100): [T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T51: [Armee General Schlacht Franzose Truppe Mann Feind Heer Metz Preußen], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T21: [Napoleon Bluch Heer General Preußen Franzose Schlacht Armee Mann Wellington], T17: [Uhr Feind Truppe General Schlacht Armee Napoleon Kampf Angriff Stellung]]
Extrahierte Personennamen: Jean Napoleon Marschall_Grouchy
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Wellington Wellington Wellington Wellington Wellington Wellington
239
nachmittags zur Schlacht kommen. Aber erst nach euer Uhr war
endlich der schwierige Engweg von St. Lambert, über und durch
den Bach von Lasnes, zurückgelegt, und nur zwei Brigaden und
die Reiterei von Bülow hatten jenseits ihre verdeckte Aufstellung
erreicht und erwarteten das Herankommen der übrigen. Napoleon
indes war auf feiner fernen Höhe die nahenden Preußen gewar
geworden, hielt ste jedoch für wenig bedeutend und sandte nur an
Grouchy den Befehl, seinen Angriff gegen das preußische Heer,
welches er zu verfolgen beauftragt war, zu verstärken. Blücher
aber, die Gefahr Wellingtons erkennend, gab seinerseits, ohne sich
lange zu besinnen, den Befehl zum Vorrücken, er glaubte die Wir-
kung für das Ganze in diesem wichtigen Augenblicke jeder andern
Betrachtung vorziehen §n müssen; sein einzelnes Unternehmen
konnte scheitern, da nur erst so wenige Truppen heran waren,
aber die Schlacht konnte dadurch zum Vortheil entschieden werden.
Die beiden Brigaden Fußvolk und die Reiterei, unter Allführung
des Prinzen Wilhelm von Preußen, drangen demnach ungesäumt
zum Angriff gegen das Dorf Frichemont und in den Rücken des
französischecr rechten Flügels vor; sie zogen sich, nach Maßgabe,
daß die übrigen Truppen nachrückten, mehr lind mehr links, um
das Dorf Planchenois zu gewinnen, welches theilweise erobert
wurde, doch in hartnäckigem Kampfe iioch lange streitig blieb.
Napoleon hatte sofort genauere Kunde voll dem Anzuge der Preußen
erlangt, doch noch immer nickt voii ihrer Macht imb Eile; erst
als sie auf der Höhe non St. Lambert sichtbar wurden, ließ er
gegen sie einige Regimenter seitwärts im Haken aiifstellen. Blücher
aber gab nun durch frühzeitiges Geschützfeuer dem Heere Welling-
tons das Zeicheii seiner ersehnten Ankunft; dieser Kanonendonner
erweckte den Engländern frohe Zuversicht, den Franzosen Staiinen
und Bestürzung. Jetzt schickte Napoleon den sechsten Heertheil,
den er bisher iioch aus dem Gefechte zurückgehalten, dem Angriffe
der Preußen entgegen, und es entstand ein heftiger Kampf, in
welchem die beiden Brigaden anfangs gegen die Übermacht einen
harten Stand hatten. Blücher indes sandte allen Truppentheilen,
deren Herankommen er auf alle Weise rastlos beeilte, den Befehl,
ihre Richtung geradezu ans die Höhe von Bellealliance 511 nehmen,
deren Gebäude über die gaiize Gegend sichtbar emporragten; der
Bach von Lasnes sollte die Stütze des linken Flügels bleiben.
Der Kampf stand in aller Heftigkeit, als Blücher von dem General
von Thielemann die Meldung erhielt, der Marschall Grouchy habe
ihn bei Wavre mit beträchtlicher Truppenmacht angegriffen und
suche den Übergang über die Dyle 511 erzwingen; wenn dies ge-
lang, so konnte das Heer, im Fall Napoleon die Schlacht be-
hauptete, zwischen zwei Feuer kommen und vernichtet werden.
Doch Blücher hatte für die Meldung, der Feind greife ihn im
Rücken an, dasselbe Wort wie bei Hainau: Gor ihm lag die Ent-
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
TM Hauptwörter (100): [T51: [Armee General Schlacht Franzose Truppe Mann Feind Heer Metz Preußen], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch]]
TM Hauptwörter (200): [T17: [Uhr Feind Truppe General Schlacht Armee Napoleon Kampf Angriff Stellung], T156: [Schlacht Sieg Feind Heer König Mann Kampf Tag Tapferkeit Franzose], T21: [Napoleon Bluch Heer General Preußen Franzose Schlacht Armee Mann Wellington]]
Extrahierte Personennamen: Lambert Bülow Napoleon Grouchy Wilhelm Napoleon Napoleon Thielemann Marschall_Grouchy Napoleon Hainau
241
heit feiner rechten Flanke festzuhalten; jetzt läßt er die alte Garde,
den Kern seiner Truppen, zwölf Bataillons, zur Durchbrechung
der Schlachtordnung Wellington's auf deren Mitte im Sturm
vorrücken, zusammengedrängt, das Gewehr im Arm, ohne Schuß,
unter Anführung des Marschall Ney, während zugleich die ganze
französische Linie überall zum neuen Angriff übergeht. Doch
Wellington stellt der vordringenden Garde sechs englische Bataillons
in zwei Gliedern aufmarschiert entgegen, deren mörderisches Ge-
wehrfener ganze Reihen des dichtgescharten Feindes niederstreckt,
zugleich richtet alles Geschütz seine Wirkung gegen diese Masse,
von allen Seiten wenden sich die Truppen zu diesem Kampfe, dem
blutigsten des Tages. Ganze Scharen werden vernichtet; die
große Menge der Verwundeten, welche dem Gefecht entweichen,
giebt ans beiden Seiten den Anschein einer Flucht. Die französische
Garde, trotz ihres ungeheuren Verlustes, rückt immer vor, ihrem
gewaltigen Ungestüm scheint nichts widerstehen zu können; die
Engländer weichen ans mehreren Punkten, ihr Geschütz stellt das
Feuern ein. In diesem Drange rückt Ziethen über Papelotte her-
vor, läßt vierundzwanzig Stücke Geschütz in den Feind schmettern
und führt seinen Hauptangriff im Sturmschritt, unter dem Wirbel
aller Trommeln, die Höhe von Belleallianee zur Richtung nehmend,
unaufhaltsam vorwärts. Diese Bewegung ist entscheidend; der
Feind, auf dem Winkel seiner beiden Kampflinien durchbrochen,
beginnt ans beiden zu weichen. Schon aber hat gleichzeitig auch
Wellington die Truppen seines weniger bedrängten rechten Flügels
nach der Mitte gezogen, seine Reiterei zusammengebracht und geht
nun selbst wieder mit allen Kräften znm entschlossensten Mgriff
über. Er bestehlt seiner ganzen Schlachtordnung ein allgemeines
Vorrücken. Die französische Garde, dem allseitigen Sturm erliegend,
geräth in Unordnung und stiehl; vier Bataillons, die am meisten
vorgerückt sind, ziehen sich in Vierecken geschlossen nach Belleallianee
zurück. Sie kommen aber hier in das Geschützseuer Bülvw's, sie
werden von der Reiterei umzingelt, man ruft ihnen zu, sich zu er-
geben; aber: <Die Garde stirbt, sie ergiebt sich nicht!' *) schallt es
aus ihrer Mitte; die meisten fallen; einige entkommen; gefangen
werden nur wenige.
Jetzt kommt auch der zweite preußische Heertheil, unter Pirch,
zur Schlacht, und um halb acht Uhr erneuert sich der Kampf bei
Planchenois. Noch leistet der Feind verzweifelte Gegenwehr, alle
drei preußischen Heertheile sind im heißesten Gefecht; aber die
Schlacht ist schon gewonnen, der Feind überall im Rückzüge, er
kämpft nur noch für seine Rettung. Endlich gegen neun Uhr er-
*) General Cambronne, dem man später dies Wort in den Mund ge-
legt hat, meinte, er habe damals anderes zu thun gehabt, als Phrasen zu
machen.
Colöhorn ii, Gordekc's Leftbuch Iii.
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gedenk ¡raren und alles ertrugen; das Wasser bei der heißen
Jahreszeit ¡rnrde von ihnen aus Pfützen getrunken. In vicrund-
zwanzig Tagen machte Friedrich einen Zug von sechzig deutschen
Meilen, und so langte er den einnndzwanzi'gsten Anguss bei Küstrin
an, wo er die Besatzung verstärkte und zur dohna'schen Armee
stieß. Die Husaren brachten ihm hier zwölf gefangene Kosaken,
die er als die ersten, die sein Auge sab, wegen ihrer besondern
Gestalt und ihres elenden Aufzugs sehr ernsthaft betrachtete und
sodann zum Gardemajor Wedel sagte: <Sebe Er hier, mit solchem
Gesindel muß ich mich herumschlagen.' Beide Heere näherten sich
einander, und alles rüstete sich zur Schlacht. Nie war bei einer
Armee der Durst nach einem Blntkampf größer, als wie diesmal
bei der preußischen. Der Dämon des Kriegs schien das ganze
Heer begeistert zu haben. Selbst Friedrich, durch de» Anblick der
verwüsteten Fluren, der zahllosen Schutthaufen und der alles be-
raubten hernmirrenden Flüchtlinge aufs lebhafteste gerührt, schien
alle Philosophie zu vergessen und alle andern Leidenschaften der
Rache unterzuordnen. Er befahl, keinem Russen in der Schlacht
Pardon zu geben. Alle Anstalten wurden gemacht, dem Feind
den Rückzug zu hemmen und ihn nach den Morästen der Oder
zu drängen und dort zu vernichten; sogar die Brücken, die ihnen
zur Flucht dienen konnten, mußte» abgebrannt werden. Diese
Wuth der Preußen wurde deu Russen bekannt, da eben die Schlacht
anfangen sollte. Ein Zuruf lief durch die ganze Linie: <Die
Preußen geben kein Quartier!' Ulnd wir auch nicht!' war der
weitschreckende Widerhall der Russen.
Die Lage Friedrich'8 war abermals verzweiflungsvoll und
hieng von dem Ausgang einer Schlacht ab. Die feindlichen Heere
waren nun im Begriff, sich zu vereinigen und ihn von der Elbe
und der Oder abzuschneiden. Die Franzosen und Reichstruppen
waren auf dem Marsch nach Sachsen, wohin Daun mit der
Hanptarmee der Österreicher auch gezogen war. Die von den
Preußen befreiten Schweden hatten jetzt gar keinen Feind vor
sich und rückten aus das unbefestigte Berlin los; und überdem
nun noch die Russen, deren Motto Verheerung war, in dem
Herzen seiner Staaten.
Die tief durchdachte Disposition Friedrich's war jedoch nicht
bloß ans den Sieg, sondern auf den gänzlichen Untergang deö
feindlichen Heeres gerichtet, dabei aber doch dem Könige bei einem
widrigen Schicksal der Rückzug nach Küstrin frei blieb. Es war
am fünfundzwanzigsten August, als diese große Schlacht bei Zorn-
dorf geliefert wurde. Sie sieng des Morgens um acht Uhr an.
Die Russen waren funfzigtausend, und die Preußen dreißigtausend
Mann stark. Diese, abermals so >vie bei Lenthe» in schiefer
Schlachtordnung gestellt, machten den Anfang mit einer großen
Kanonade. Die Stellung der Russen war ein in ihren Türken-
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Wedel Friedrich Friedrich August