200
Wunden; sie sind auf einem besonderen Kirchhofe in der Hasen-
haive bei Berlin begraben. Dort ruhen sie in Frieden.
Alljährlich aber wird der Jahrestag der Schlacht bei Groß-
Beeren durch einen Gottesdienst unter freiem Himmel auf dem
Schlachtfelde festlich begangen.
51. Die Schlacht an der Katzbach.
(Der 26. August 1813.)
Drei Tage nach dem Siege bei Groß-Beersn hielt Blücher,
der rüstige Heldengreis, einen ernsten Waffengang mit den Fran-
zosen. Der Marschall „Vorwärts" war zwar schon siebenzig Jahr
alt; aber er verstand das Schwert zu führen, wie Einer, und hatte
das Herz auf dem rechten Flecke. Er sollte Schlesien decken und
stand bei Janer, am rechten Ufer der Katzbach. Napoleon, der dem
Hauptheere der Verbündeten bei Dresden gegenüber stand, hatte
den Marschall Macdonald in Schlesien zurückgelassen. Blücher
beschloß, über die Katzbach zu gehen und die Franzosen anzugrei-
fen. Macdonald hatte dieselbe Absicht, und so rückten beide Feld-
herren in fast gleicher Stärke, keiner von dem andern etwas wis-
send, am 26. August gegen einander vor. Der Regen goß in
Strömen herab. Die lehmigen Wege waren grundlos. In drei
Truppenzügen näherte sich das schlesische Heer Nachmittags 2 Uhr
der Katzbach; doch ehe diese Züge den Fluß erreichten, fanden sie
unerwartet den Feind, den sie auf dem anderen Ufer vermutheten,
schon dieffeit in der Ebene von Wahlstatt in vollem Anzuge. Au-
genblicklich änderte Blücher seine Anordnungen. Er redete zu den
Soldaten, als komme Alles so, wie er gewollt und erwartet. Er
reitet umher, den schlauen Blick auf den Feind geheftet; und wie
Alles bereit ist, ruft er voll Zuversicht: „Nun, Kinder, habe ich
genug Franzosen herüber!" Nun vorwärts!" Anderen ruft er
zu: „Kinder, heut gilt's! Ihr sollt beweisen, ob ihr euern König
und euer Vaterland liebt. Seht dort den Feind! Auf, zeigt euch
als wackere Preußen!" — Unter dem stürmenden Rufe: „Es
lebe der König!" setzte sich Alles sogleich in Bewegung. Das
französische Fußvolk kommt ungestüm entgegen. Der Regen hin-
dert das Gewehrfeuer; es entsteht ein Handgemenge, und die
Preußen haben schnell mit Bajonett und Kolbe die Oberhand.
Blücher ist überall voran. Die Truppen, Anfangs im finstern
Schweigen, jauchzen ihm bald freudig zu: „Höre, Vater Blücher,
heut geht's gut!" Sie rücken unaufhaltsam vor, und das Geschütz
begleitet wirksam ihre Bahn. Inzwischen kommen böse Nachrichten
vom linken.flügel; dort sei die feindliche Reiterei durchgebrochen.
Blücher setzt sich an die Spitze seiner Reiter, ruft: „Vorwärts!"
und stürmt mit Uhlanen und Husaren unter lautem Hurrah in
vollem Rennen auf die feindlichen Reiter. Die Franzosen räu-
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Extrahierte Personennamen: August Napoleon Marschall_Macdonald Macdonald August
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Katzbach Dresden Schlesien
205
der Kosacken den Sattel räumen, und mit Hülfe des neumärki-
schen Dragonerregiments, welches ein Adjutant mit dem Rufe:
„Dragoner, rettet die Schlacht!" herbeigeführt hatte, wurde des
Feindes Reihe durchbrochen. Mürat sammelt seine wankenden
Schaaren zum zweiten furchtbaren Sturme. Unter dem entsetz-
lichsten Donner der Geschütze greifen sie an; doch diesmal verei-
teln die Preußen den Angriff; sie werfen sich mit kühnem Löwen-
muthe demselben entgegen, um Müratö stürmende Krieger zurück-
zutreiben. Die Gefahr war vorüber; die Verbündeten konnten
zum Angriffe schreiten, indem der König von Preußen und der
Kaiser von Rußland ihre Garden vorgehen ließen. Die Vortheile,
welche die Franzosen errungen hatten, wurden ihnen von Neuem
abgenommen, und als der frühe Herbstabend hereindunkelte und
dem Kampfe Einhalt gebot, hatten die beiden feindlichen Heere
fast dieselbe Stellung wieder eingenommen, die sie vor Beginn
des Kampfes behaupteten. Nur Blücher hatte an diesem Tage
bereits einen glorreichen Sieg errungen. Zwar mordeten die Ku-
geln furchtbar in den Reihen der todeömuthigen Vaterlandsver-
theidiger; zwar waren sie dreimal aus dem Dorfe Möckern ge-
worfen worden, das sie dreimal erobert hatten; aber sie rafften
bei dem Gedanken an die Rettung des Vaterlandes alle ihre Kraft
zusammen. Die Schwerter sausten; die Kolben krachten; die Bat-
terie ward erobert und der Feind aus dem brennenden Dorfe ver-
trieben, dann aber mit Hülfe russischer Schaaren dicht an die
Mauern Leipzigs gedrängt.
Acht brennende Dörfer und Städte beleuchteten das blutige
Schlachtfeld, als die Nacht heraufgezogen war; wie Leichenkerzen
flackerten die Wachtfeuer in der weiten Todtenstille, die nur von
dem Winseln der Sterbenden unterbrochen wurde.
In ernster Erwartung sah Alles dem kommenden Tage ent-
gegen und fühlte ahnungsvoll, daß dieser Kampf Deutschlands
Geschick entscheide.
Der Morgen des 17. Octobers — er war ein Sonntag —
brach an; doch führte dieser Tag die feindlichen Heere nicht zu
neuem Kampfe. Napoleon machte Friedensvorschläge, die aber nicht
angenommen wurden.
Inzwischen waren auf den Ebenen von Leipzig neue österrei-
chische und russische Heerhaufen eingetroffen, und auch der Kron-
prinz von Schweden mit dem Nordheer vereinigte sich mit Blü-
cher. Da erschien der 18. October, der ewig denkwürdige Tag,
der das fremde Joch mit blutigen Schlägen zertrümmerte. Zur
besseren Vertheidigung hatte Napoleon Befehl gegeben, den Auf-
stellungskreis seiner Truppen etwas zu verengern, so daß seine
Armee nun einen Bogen von zwei Meilen Ausdehnung in den zahl-
reich um Leipzig liegenden Dörfern bildete. Bereits um 2 Uhr
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207
Immer von Neuem schlossen sie ihre Glieder und begannen den
Sturm. Hoch über Leichenhügel schritten sie daher, und ihr Fuß
watete tief im rauchenden Blute. Probstheida brannte. Bald wa-
ren die Unsrigen, bald die Franzosen Meister. Ueber 300 Ka-
nonen donnerten auf diesem Punkte gegen einander. Schon neigte
sich der Tag; es war bereits 5 Uhr Nachmittags, da ließ Frie-
drich Wilhelm dem schrecklichen Blutvergießen ein Ende machen;
denn von allen Seiten eilten die Siegesboten herbei. Die Feinde
räumten von selbst das hartbestrittene Dorf, als die Nacht herein-
brach. Die drei verbündeten Monarchen aber, als sie von ihrem
Hügel herab an allen Orten ihre siegreichen Banner daher wehen
sahen, sanken auf ihre Kniee, und ein stilles Gebet drang zum
Herrn der Welt empor, dessen Arm der guten Sache den gerech-
ten Sieg verliehen hatte.
Ganz anders sah es auf dem gegenüber liegenden Windmüh-
lenhügel aus. Ernst, nachdenkend und in sich gekehrt, schritt Na-
poleon umher. Mit athemlosem Schweigen blickte seine Umgebung
auf den ernsten Gebieter, der nun die Nothwendigkeit des Rück-
zuges einsah. An einem Wachtfeuer wurden die erforderlichen
Befehle ausgefertigt. Wahrend der Zeit überwältigten den Kai-
ser der Franzosen die Anstrengungen des Tages. Man hatte ihm
einen hölzernen Schemel gebracht, auf welchem er erschöpft in
einen kurzen Schlummer sank. Stumm und düster umstanden seine
Generale das Wachtfeuer, und nach einer Viertelstunde erweckte
ihn das Geräusch seiner abziehenden Truppen. Dann ritt er ei-
ligst nach Leipzig zurück und nahm dort sein Nachtquartier. Hier
diktirte er die Befehle wegen des Rückzuges.
Gegen 9 Uhr des Morgens verließ Napoleon am 19. Octo-
der Leipzig; nur mit Mühe konnte er wegen des Drängens und
Treibens aus der Stadt gelangen. Schon schritten die Truppen
der Verbündeten von allen Seiten zur Erstürmung Leipzigs heran.
Die tapferen Preußen unter Bülow nahmen zuerst -das grimma-
sche Thor. Trotz des mörderischen Kugelhagels rückte die Land-
wehr darauf los. Der Major Friccius schlug mit dem Gewehr-
kolhen eine Wand des Thorschreiberhauses ein; die Soldaten
folgten und drangen in die Stadt. Bald waren auch die Russen
in der Stadt. Um 1 Uhr Mittags begannen russische Scharf-
schützen die dicht gedrängten Reihen des abziehenden Feindes zu
beschießen. Da flog plötzlich die steinerne Elsterbrücke mit Donner-
gekrach in die Luft, und damit erlosch den Franzosen die letzte
Aussicht auf Entkommen. Die meisten streckten das Gewehr. —
Und nun zogen die verbündeten Monarchen unter dem Zujauchzen
des Volkes in Leipzig ein. — Das Vaterland war gerettet. Der
mächtige Unterdrücker zog mit dem Reste seines geschlagenen Hee-
res dem Rheine zu.
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Ernst Napoleon Major_Friccius
29
Und als er zwei Tage bei ihr gewesen war, sagte ihr Sohn-
lein zu ihm: „Großvater, die Mutter sprach gestern zur Base
Elisabeth, für dich gebe es kein besseres Quartier, als in einer
Kammer, wie sie der Vater grabe." Ueber diese Rede brach dem
guten Alten das Herz, daß er in seinen Armstuhl zurücksank und
starb. St. Johannes nahm ihn auf und ist barmherziger gegen
ihn, als seine sechs Kinder; denn er läßt ihn in seiner Kammer
immer ungehindert schlafen seit dieser Zeit. Darum sagt man
im Sprüchwort, daß ein Vater leichter kann sechs Kinder er-
nähren, denn sechs Kinder einen Vater, und giebt den Alten den
Rath: „Thue dich nicht aus, ehe du dich schlafen legst!" —
Ein Auge, das den Vater verspottet, und verachtet, der
Mutter zu gehorchen, das müssen die Raben am Bach aushak-
ken und die jungen Adler fressen. Spr. Sal. 30, 17.
43. Der Knabe im Feldlager.
Ein preußischer Soldat schrieb im Frühling des Jahres 1793
aus dem Lager am Rhein an seine Frau im Magdeburgischen,
und äußerte in diesem Briefe unter Anderm sein Verlangen nach
einem Gericht Kartoffeln. Der Brief kam gegen Abend an. Der
zwölfjährige Sohn des Soldaten vernahm diesen Wunsch seines
Vaters, steckte den Brief zu sich, stand des Morgens früh ans,
ging in den Keller, füllte einen Quersack mit drei Metzen Kar-
toffeln. nahm seinen Wanderstab und marschirte, ohne Zehrpfennig
und ohne irgend Jemandem ein Wort zu sagen, gerade nach dem
preußischen Heere.
Er kam glücklich bis an die Vorposten. Hier wurde er aus-
gefragt. Er sagte die Absicht seiner Reise und zeigte zu seiner
Rechtfertigung statt eines Passes den Brief seines Bakers an seine
Mutter. Man lachte ihn ans, gab ihm zu essen und zu trinken
und ließ ihn passtreu. So kam er bei dem Heere an, fragte nach
dem Regiment und der Schaar, worunter sein Vater stand, und
ward zu dem Hauptmann des letztern gebracht. Dieser fragte ihn
aus. Der Knabe erzählte abermals offenherzig den Endzweck und
die Schicksale seiner Reise zum preußischen Heere und brachte
wieder den Brief seines Vaters hervor. Der Hauptmann er-
staunte über die Erzählung des Kindes, ließ den Vater sogleich,
ohne daß derselbe von der Anwesenheit seines Sohnes Etwas er-
fahren konnte, zu sich holen, führte ihn in ein besonderes Zim-
mer und fragte ihn nach dem Inhalt deö letzten Briefes, den er
an seine Frau geschriebn habe. Der Soldat bekannte den In-
halt und besonders das Verlangen nach einem Gericht Kartoffeln.
„Dein Wunsch ist erfüllt", sagte Der Hauptmann, und führte den
Vater in das Zimmer, wo der Sohn, in banger Erwartung des
Ausganges, mit seinen Kartoffeln noch wartete. Vater und Sohn
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202
von Sachsen durch hohe Gebirge getrennt. Napoleon hatte den
General Vandamme mit 30,000 Mann vorausgeschickt, um ihnen
den Rückzug abzuschneiden. Die Lage der Verbündeten war ge-
fährlich; aber wie ein Held hielt der russische General Ostermann
mit nur 8000 Russen die Angriffe der Franzosen bei Culm aus,
und unser König Friedrich Wilhelm Iii. führte ihm selbst ein Re-
giment zur Unterstützung zu. So behaupteten die Russen, obgleich
die Hälfte von ihnen fiel, einen ganzen Tag lang den Platz. Am
30. August griffen die Verbündeten, welche sich wieder verstärkt
hatten, die Franzosen heftig an; aber diese hielten Stand, bis der
General Kleist, der mit seinen Preußen die Nollendorfer Höhen
erstiegen hatte, dem Feinde in den Rücken kam, ihn umzingelte
und 10,000 Mann gefangen nahm, den Vandamme mit.
54. Die Schlacht bei Dennewitz.
(Der 6. September 1813.)
Napoleon wollte mit Gewalt einen Sieg haben und Berlin
erobern. Einmal war es nicht gelungen, die Hauptstadt zu neh-
men. Nun erhielt der tapfere Marschall Ney Befehl, in die Mark
einzufallen und Berlin in seine Gewalt zu bringen. Er brach mit
80,000 Mann von Wittenberg auf. Unsere Nord - Armee war
zwischen Belzig und Jüterbog zerstreut. In und bei Jüterbog lag
als äußerster linker Flügel das Corps des Generals Tanenzien.
Das wollte Ney mit aller Gewalt über die Seite schieben und
sich so die Straße nach Berlin erzwingen. Sobald Bülow, der
mit seinem Corps nach Belzig zu stand, Neys Vorhaben durch-
schaute und erfuhr, daß Tanenzien bis Jüterbog zurückgedrängt
sei, entschloß er sich, aus seiner Stellung schleunigst auf die Straße
zwischen Jüterbog und Wittenberg zu rücken, um dem Feinde in
die linke Flanke zu fallen. Er marschirte mit seinen Preußen den
5. September Abends ab und die ganze Nacht durch.
Am 6. September Morgens um 8 Uhr setzten sich die Fran-
zosen in Bewegung; sie hatten keine Ahnung davon, daß Bülow
ihnen so nahe war, und marschirten deshalb in großer Sorglosig-
keit. General Bertrand traf zuerst auf Tauenzien in den Wein-
bergen von Jüterbog. Die Kanonen begannen alsbald zu spielen,
und die Bataillone rückten zum Kampfe. Tauenzien hielt sich bald
angreifend, bald vertheidigend und wartete mit Sehnsucht auf
Bülow. Mittags um 1 Uhr erdröhnte rechts von Dennewitz
herüber Kanonendonner. Die Franzosen erstaunten; Tauenzien
aber benutzte diesen Augenblick zu einem stürmischen Reiterangriff,
der die Franzosen ganz außer Fassung brachte. — Indeß war man^
bei Dennewitz hart aneinander. Anfangs waren die Preußen mcht
glücklich. Ein heftiges Kartätschenfeuer brachte ihr erstes Treffen
zum Weichen. Da sprengte General Thümen selbst gegen die
' >7 —i \ r-
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Ostermann Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm August Napoleon Bertrand
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen Berlin Berlin Wittenberg Belzig Jüterbog Berlin Belzig Wittenberg
206
des Nachts fuhr Napoleon in seinem Wagen in dem Halbkreise
umher, um überall die Stellung seiner Truppen selbst in Augen-
schein zu nehmen. Für den Rückzug traf er Vorkehrungen. In
einem Bauernhause zu Stetteritz saß er eben beim Frühstück, als
der von allen Seiten erschallende Kanonendonner ihn auf's Pferd
rief. Rechts neben dem Dorfe Probstheida befindet sich eine An-
höhe, auf welcher eine Windmühle stand. Hier hielt der furcht-
bare Gebieter und leitete die heiße Schlacht.
In nicht gar weiter Entfernung ihm gegenüber weilten auf
einem Hügel, der noch heute der Monarchenhügel heißt, die drei
verbündeten Monarchen, Friedrich Wilhelm Hi. und die Kaiser
Alexander und Franz, nebst dem Marschall Schwarzenberg.
Noch bedeckte ein dichter Nebel das weite Gefilde. Er wich
erst dem furchtbaren Kanonendonner und gestattete dann der kla-
ren Herbstsonne, die weite Wahlstatt zu beleuchten.
Abermals bestand der ungeheure Kampf aus drei Schlachten,
die im Norden, Osten und Süden von Leipzig geschlagen wurden.
Aus dem Raume von einer Quadratmeile focht eine halbe Million
Menschen. Hier wurden brennende Dörfer angegriffen und um-
gangen; dort rückte das Fußvolk gegen einander vor; da spreng-
ten Reiterregimenter auf den Feind los; ein Kartätschenhagel warf
sie zurück; das Kreuzfeuer der Artillerie wüthete; überall der hef-
tigste Kampf.
Die Verbündeten wetteiferten an Muth und Tapferkeit; aber
auch die Franzosen stritten mit heldenmüthiger Ausdauer. Bald
neigte sich Napoleons Glücksstern. Im Norden der Stadt, wo
Held Blücher kämpfte, erlitten die Franzosen eine so vollständige
'Niederlage, daß sie in Unordnung das Schlachtfeld verließen. Hier
begab es sich auch zuerst, daß einzelne sächsische und würtember-
gische Heerhaufen aus freiem Antriebe zu der großen Sache des
gemeinsamen Vaterlandes übertraten und dann die sächsischen
Schaaren insgesammt mit Hörnerklang und Trompetenschall sich
den Kämpfern für Freiheit und Recht anschlössen.
Am blutigsten aber rasete die Schlacht um und in Probst-
heida, einem Dorfe, welches von den Franzosen zu einer Festung
umgeschaffen war. Hier hatte Napoleon seine besten Schaaren
hingestellt; denn wenn dieses Dorf von den Verbündeten erstürmt
wurde, so war seine Schlachtreihe durchbrochen und sein Heer
verloren. Als die Seinigen hier zu weichen anfingen, sprengte er
von dem Windmühlenhügel hinab und ließ seine alte Garde vor-
rücken. Auf unserer Seite zeichnete sich an dieser Stelle beson-
ders der tapfere Prinz August von Preußen aus. Eine Saat von
Kugeln flog auf die Stürmenden ein, und Mürat brauste mit
seinen Schaaren gegen sie heran. Doch so gräßlich auch der Tod
unter ihnen wüthete, so blieben die Helden dennoch unverzagt.
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Friedrich_Wilhelm_Hi Friedrich Wilhelm Alexander Alexander Franz Franz Marschall_Schwarzenberg Napoleons Napoleon August
Autor: Wetzel, Friedrich, Richter, Carl, Menges, Heinrich, Menzel, J.
Auflagennummer (WdK): 32
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
202
58. Der feste Mann.
Wer ist der Mann? Der beten kann und Gott dem Herrn vertraut.
Wenn Alles bricht, er zaget nicht; dem Frommen nimmer grau..
Wer ist der Mann? Wer glauben kann inbrünstig, wahr und Hei.
Denn diese Wehr trügt nimmermehr; die bricht kein Mensch entzwei.
Wer ist ein Mann? Wer lieben kann von Herzen, fromm und warm;
Die heil'ge Glut giebt hohen Muth und stärkt mit Stahl den Arm.
Dies ist der Mann, der streiten kann für Weib und liebes Kind;
der kalten Brust fehlt Kraft und Lust, und ihre That wird Wind.
Dies ist der Mann, der sterben kann für Freiheit, Pflicht und Recht.
Dem frommen Mann deucht Alles gut; es geht ihm nimmer schlecht.
Dies ist der Mann, der sterben kann für Gott und Vaterland;
er laßt nicht ab bis an das Grab mit Herz und Mund und Hand.
So, deutschermann, so, freiermann, mit Gottdemherrn zum Krieg!
Denn Gott allein mag Helfer sein; von Gott kommt Glück und Sieg.
54. Die Schlacht bei Dennewitz.
(Der 6. September 1813.)
Napoleon wollte mit Gewalt einen Sieg haben und Berlin
erobern. Einmal war es nicht gelungen, die Hauptstadt zu neh-
men. Nun erhielt der tapfere Marschall Ney Befehl, in die Mark
einzufallen und Berlin in seine Gewalt zu bringen. Er brach mit
80000 Mann von Wittenberg auf. Unsere Nord-Armee war
zwischen Belzig und Jüterbog zerstreut. In und bei Jüterbog
lag als äußerster linker Flügel das Corps des Generals Tauen-
zien. Das wollte Ney mit aller Gewalt über die Seite schieben
und sich so die Straße nach Berlin erzwingen. Sobald Bülow,
der mit seinem Corps nach Belzig zu stand, Neys Vorhaben durch-
schaute und erfuhr, daß Tauenzien bis Jüterbog zurückgedrängt
sei, entschloß er sich, aus seiner Stellung schleunigst auf die Straße
zwischen Jüterbog und Wittenberg zu rücken, um dem Feinde in
die linke Flanke zu fallen. Er marschirte mit seinen Preußen den
5. September Abends ab und die ganze Nacht hindurch.
Am 6. September Morgens um 8 Uhr setzten sich die Fran-
zosen in Bewegung; sie hatten keine Ahnung davon, daß Bülow
ihnen so nahe war, und marschirten deshalb in großer Sorglosig-
keit. General Bertrand traf zuerst auf Tauenzien in den Wein-
bergen von Jüterbog. Die Kanonen begannen alsbald zu spielen,
und die Bataillone rückten zum Kampfe. Tauenzien hielt sich bald
angreifend, bald vertheidigend und wartete mit Sehnsucht auf
Bülow. Mittags um l Uhr erdröhnte rechts von Dennewitz
herüber Kanonendonner. Die Franzosen erstaunten; Tauenzien
aber benutzte diesen Augenblick zu einem stürmischen Reiterangriff,
der die Franzosen ganz außer Fassung brachte. — Indeß war man
bei Dennewitz hart an einander. Anfangs waren die Preußen nicht
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Bertrand
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Berlin Wittenberg Belzig Jüterbog Berlin Belzig Wittenberg
Autor: Wetzel, Friedrich, Richter, Carl, Menges, Heinrich, Menzel, J.
Auflagennummer (WdK): 32
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
203
glücklich. Ein heftiges Kartatschenfeuer brachte ihr erstes Treffen
zum Weichen. Da sprengte General Thümen selbst gegen die
Weichenden und rief. „Ein Hundsfott, wer noch einen Schritt zu-
rückgeht!" Augenblicklich hielten die Bataillone und drangen mit
wildem Hurrah wieder vor.
Auf dem rechten Ufer des Aarbaches bei dem Dorfe Göls-
dors, wo Bülow selbst war, ging es gleichfalls hart her. Hier
wurden die Sachsen von den Preußen geworfen. — Um 3 Uhr
Nachmittags waren diese überall im Vortheil. Da erschien ein
neues französisches Corps auf dem Schlachtfelde und erstürmte
(Rölsdorf wieder. Schon neigte sich der Sieg aus Seite der Fran-
zosen. Da ertönte im Rücken der Preußen lustige Regimentsmu-
sik, und gerade zur rechten .Zeit erschien der General von Borstell
mit seinen Truppen; er gab den Ausschlag. Ein äußerst hefti-
ger Kampf fand noch statt. Die französischen Generale boten
Alles auf, den Sieg zu erringen; sie standen selbst im heftigsten
Feuer. Die Franzosen geriethen so in Wuth, daß sie sich sogar
an den Leichnamen der Gefallenen vergriffen; wenn sie einen
Todten mit dem eisernen Kreuze auf der Brust fanden, so durch-
stießen sie ihn wohl noch in ihrem Grimm mit den Bajonetten.
Aber der Feind mußte weichen. Noch suchte er im Dorfe Rohr-
beck Stand zu halten; aber die mit Ungestüm nachdrängenden
Preußen trieben ihn zum Dorfe hinaus.
Das war die berühmte Schlacht bei Dennewitz, eine reine
Preußenschlacht, von welcher Bülow zum ewigen Andenken den
Namen Graf Bülow von Dennewitz erhalten hat.
55. Die Völkerschlacht bei Leipzig.
(Der 16. und 18. Oktober 1813.)
Durch das Bundesheer von allen Seiten bedrängt, konnte
Napoleon nicht mehr in Dresden bleiben; er brach deshalb mit
seiner ganzen Macht nach Leipzig auf. Die Verbündeten folgten
ihm nach, lagerten sich um Leipzig und rüsteten sich zu einem
großen Kampfe. Völker aus allen Himmelsgegenden waren hier
versammelt. Es galt einer letzten, großen Entscheidung.
Rings um Leipzig war die Gegend von Napoleons Schaa-
ken auf das Schrecklichste verheert und ausgeplündert. Die um-
liegenden Dörfer mit ihren halbzerstörten, menschenleeren Häusern
boten ein trauriges Gemälde des Krieges dar, und in Leipzig
selbst wogten eine zahllose Menge Krieger und flüchtiges Landvolk,
ftanzösische Kriegsbeamte und der ganze Troß, welcher einem Heere
zu folgen pflegt. In beiden Heeren wurde nichts versäumt, was
man für nothwendig hielt, um sich des Sieges in dem bevorste-
henden Kampfe sicher zu machen. Unter solchen Vorbereitungen
war der Morgen des 16. Oktobers 1813 herangebrochen. Eim
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
TM Hauptwörter (100): [T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T51: [Armee General Schlacht Franzose Truppe Mann Feind Heer Metz Preußen], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
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Extrahierte Personennamen: Bülow Bülow Graf_Bülow_von_Dennewitz Napoleon Napoleons
Autor: Wetzel, Friedrich, Richter, Carl, Menges, Heinrich, Menzel, J.
Auflagennummer (WdK): 32
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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schein zu nehmen. Für den Rückzug traf er Vorkehrungen. Ix
einem Bauernhause zu Stetteritz saß er eben beim Frühstück, als
der von allen Seiten erschallende Kanonendonner ihn aufs Pferd
rief. Rechts neben dem Dorfe Probstheida befindet sich eine An-
höhe, auf welcher eine Windmühle stand. Hier hielt der furcht-
bare Gebieter und leitete die heiße Schlacht. In nicht gar wei-
ter Entfernung, ihm gegenüber weilten auf einem Hügel, der noch
heute der Monarchenhügel heißt, die drei verbündeten Monarchen,
Friedrich Wilhelm Iii. und die Kaiser Alexander und Franz,
nebst dem Marschall Schwarzenberg.
Noch bedeckte ein dichter Nebel das weite Gefilde. Er wich
erst dem furchtbaren Kanonendonner und gestattete dann der kla-
ren Herbstsonne, die weite Wahlstatt zu beleuchten. — Abermals
bestand der ungeheure Kampf aus drei Schlachten, die im Nor-
den, Osten und Süden von Leipzig geschlagen wurden. Auf dem
Raume von einer Quadratmeile focht eine halbe Million Men-
schen. Hier wurden brennende Dörfer angegriffen und umgangen;
dort rückte das Fußvolk gegen einander vor; da sprengten Rei-
terregimenter auf den Feind los; ein Kartatschenhagel warf sie
zurück; das Kreuzfeuer der Artillerie wüthete; überall der hef-
tigste Kampf.
Die Verbündeten wetteiferten an Muth und Tapferkeit; aber
auch die Franzosen stritten mit heldenmüthiger Ausdauer. Bald
neigte sich Napoleons Glücksstern. Im Norden der Stadt, wo
Held Blücher kämpfte, erlitten die Franzosen eine so vollständige
Niederlage, daß sie in Unordnung das Schlachtfeld verließen. Hier
begab es sich auch zuerst, daß einzelne sächsische und würtember-
gische Heerhaufen aus freiem Antriebe zu der großen Sache des
gemeinsamen Vaterlandes übertraten, und dann die sächsischen
Schaaren insgesammt mit Hörnerklang und Trompetenschall sich
den Kämpfern für Freiheit und Recht anschlossen.
Am blutigsten aber rasete die Schlacht um und in Probst-
heida, einem Dorfe, welches von den Franzosen zu einer Festung
umgeschaffen war. Hier hatte Napoleon seine besten Schaaren
hingestellt; denn wenn dieses Dorf von den Verbündeten erstürmt
wurde, so war seine Schlachtrcihe durchbrochen und sein Heer
verloren. Als die Seinkgen hier zu weichen anfingen, sprengte er
von dem Windmühlenhügel hinab und ließ seine alte Garde vor-
rücken. Auf nuferer Seite zeichnete sich an dieser Stelle beson-
ders der tapfere Prinz August von Preußen aus. Eine Saat von
Kugeln stog auf die Stürmenden ein, und Mürat brauste mit
seinen Schaaren gegen sie heran. Doch so gräßlich auch der Tod
unter ihnen wüthete, so blieben die Helden dennoch unverzagt.
Immer von Neuem schlossen sich ihre Glieoer und begannen den
Sturm, Fmch über Leichenhügel schritten sie daher, und ihr Fuß
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm_Iii Friedrich Wilhelm Alexander Alexander Franz Franz Marschall_Schwarzenberg Muth Napoleons Napoleon August
Autor: Wetzel, Friedrich, Richter, Carl, Menges, Heinrich, Menzel, J.
Auflagennummer (WdK): 32
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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bildete das preußische Heer von Oberschlesien an durch Niederschlesien,
die Lausitz und das Königreich Sachsen hindurch einen starken Wall.
Es zählte 256,000 Mann und zersiel in drei Armeen. — Die erste
derselben stand unter dem Befehl des Prinzen Friedrich Karl und
hatte die Lausitz besetzt; — die zweite wurde von dem Kronprinzen
befehligt und stand an den Gebirgen Schlesiens; — die Elbarmee
war unter dem Befehl des Generals Herwarth von Bittenseld
im Königreich Sachsen ausgestellt.
Am 26. Juni begann Prinz Friedrich Karl den Siegesreigen,
indem er die berühmte „eiserne Brigade" der Ocsterreicher bei Tur-
nau warf, bis nach Münchengrätz vordrang und sich mit dem
General Herwarth vereinigte, der ein siegreiches Gefecht bei Hühner-
wasser bestanden hatte. Am 28. Juni wurde Münchengrätz
genommen und am 29. drei Meilen weiter vorwärts in heißem Kampfe
Gitfchin erstürmt. Während dessen war auch der Kronprinz mit
zwei Heerhausen vorgedrungen. Das fünfte Armeecorps errang am
27. Juni unter dem General von Steinmetz den Sieg bei Nachod,
nahm am 28. Skalitz und schlug am 29. den Feind bei Gradlitz
völlig in die Flucht. — In denselben Tagen drang das erste Armeecorpt
bis Tr anten au vor, wo es am 27. zu einem heißen Kampfe kam,
der am 28. fortgesetzt wurde und mit der Niederlage der Oesterreichei
endigte. Nun sammelte sich die zweite Armee bei Josephstadt, und
die Berbindung mit der ersten Armee war hergestellt. Es mußte eine
Hauptschlacht erfolgen.
Der General Benedek stand nicht, wie erwartet wurde, hinter
der Elbe, sondern er hatte dieselbe überschritten und seine Stellung
so genommen, daß er die Bistritz, einen Nebenfluß der Elbe, vor feinei
Front hatte. Jenseit der Bistritz steigt das Land allmählig an und
ist von Thalsenkungen vielfach durchschnitten. Die zahlreichen Höher
boten der österreichischen Artillerie die günstigsten Stellungen, konnten
auch von der Infanterie leicht vertheidigt werden. Alle Dörfer, zurr
Theil massiv gebaut, waren in Vertheidigungszustaud versetzt, die
Häuser niit Schießscharten versehen, und auch die Wälder boten gute
Stellungen. Den hervorragendsten Punkt bildete die Höhe, auf welcher
das Dorfchlum liegt. Weiter vorwärts vor Chlum, an der Bistritz,
liegt Sadowa in der Nähe eines Wäldchens, dessen Bäume zum Theil
bis 10 Fuß über dem Boden abgehauen, und dann mit Zweiaen^durch-
llochteu waren, um den Preußen den Eingang zu verwehren. Wollten
Diese die Oesterreicher angreifen, so mußten sie die Bistritz überschreiten,
die nur auf Brücken zu pasüren war, die unter dem Kauonenfeuer des
Feindes erbaut werden mußten.
König Wilhelm hatte am 30. Juni Berlin verlassen, um sich
auf den Kriegsschauplatz zu begeben. Am 2. Juli traf er bei der
Armee des Prinzen Friedrich Karl in Gitfchin ein. Eine große
Menge von Geschäften war zu erledigen; erst gegen 11 Uhr Abends
konnte er sich zur Nuhe begeben. Da kam Nachricht vom Prinzen
Friedrich Karl, man habe sichere Meldung, daß der Feind am all-
deren Morgen angreifen wolle. Der Prinz habe beschlossen, diesem
Angriffe zuvorzukommen und selbst am folgenden Tage zum Angrisie
überzugehen, wenn er die Gewißheit habe, daß der Kronprinz, der
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Extrahierte Ortsnamen: Oberschlesien Niederschlesien Sachsen Sachsen Münchengrätz Berlin Gitfchin