250
C. Länderkunde,
aller Art bedeckt: mit Getreide, Baum-
wolle, Aprikosen und Pfirsichen, vor
allem aber mit der in regelmäßigen
Reihen gezogenen D a t t e lp alm e, der
„Königin der Oase". So wird die Oase
svon dem ägyptischen Uah — Wohn-
stätte, Rastort) zur „Speisekammer
der hungernden Wüstenstämme".
Im übrigen ist die Pflanzenwelt der
Wüste dürftig und beschränkt sich auf
harte Gräser und Dorngebüsch; auch
die Tierwelt ist nicht reich. Von den
Vögeln spielen die Raubvögel eine
Rolle, unter den Reptilien die Skor-
pione, von Säugetieren kommt außer
Springmäusen eine Fuchsart vor.
Mehr Leben herrscht am Rande der
Wüste, von wo Antilopen, Gazellen und
Strauße hineindringen, denen Löwen,
Panther und Hyänen nachstellen. >
Die Bewohner, etwa 5 Mill.,
leben in den Gebirgen und Oasen.
Manche schweifen als gut berittene
Räuber durch die Wüste (Beduinen)
oder dienen den Reisenden als Führer.
Das Reisen einzelner in der Wüste ist
unmöglich,, darum vereinigen sich die
Reisenden zu größeren Gesellschaften,
Karawanen genannt.
Aufgabe. Womit muß eine Kara-
wane ausgerüstet sein?
§ 401. Eine der wichtigsten
Oasenlandschaften ist Fessän, über
die der früher vielbenutzte Karawanen-
weg von Tripolis zum Tfäd-See geht.
Hier liegt die kleine Stadt Mürfuk,
gegen die Räuber der Wüste mit
einer Lehmmauer umzogen. Alt-
bekannt ist das fast 30 m unter dem
Meeresspiegel gelegene Siwah in
der Libyschen Wüste mit dem schon
von Alexander dem Großen besuchten
Ammonsorakel, dessen Tempel noch
heute steht. Hier wachsen gegen
200000 Dattelpalmen; der jährliche
Versand nach Unterägypten beträgt
80000 Zentner.
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T17: [Meer Fluß Gebirge Land Hochland See Halbinsel Osten Norden Süden]]
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TM Hauptwörter (200): [T104: [Nil Meer Wüste Afrika Küste Land Sahara Gebiet Sudan Fluß], T195: [Pferd Tier Hund Schaf Löwe Wolf Rind Mensch Schwein Thiere], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
Extrahierte Personennamen: C._Länderkunde Alexander_dem_Großen Alexander
301
daß die Bewohner dieser Länder auf einer gar niedern Stufe der Bildung
stehen geblieben sind. Selbst die christlichen Indianer sollen häufig noch
heidnische Feste in verborgenen Gebirgsschluchten feiern und heimlich Kiuder-
opser anstellen. An diesem unerfreulichen Zustand der Länder spanischer
Nationalität tragen endlich noch die staatlichen Verwirrungen große Schuld,
welche seit Jahrzehnten in ekelhaftester Weise in allen Staaten, Chile aus-
genommen, die Bewohner nie zur Ruhe kommen ließen, sondern eine ewige
Unruhe, furchtbare Kämpfe, Gefahr und Verbannung brachten. Auch die
Sitten der großen Mehrheit befinden sich in einen: gar verwahrlosten Zu-
stande, und von der Sicherheit des Eigenthnms und der Person zeugen am
besten die Worte eines mexikanischen Ministers, welche er in der National-
Versammlung äußerte: „Die Räuber cirkuliren frei, noch mit der Beute in
den Händen, noch mit dem blutigen Dolch; man kennt sie, man nennt sie;
sie wandeln frecher Stirn unter uns, und man kann sie nicht anklagen, weil
Jeder sich scheut, gegen sie zu zeugen." Die Gerichtsbarkeit steht in sehr üblem
Rufe; Bestechlichkeit vermag dort Alles; öffentliche Veruntreuungen kommen
in Mexiko und andern Staaten fast täglich vor. Die Justiz wird in den
Zeitungen und auf der Straße vom Volke für wenige Silberstücke auf das
Gröbste verletzt und verhöhnt.
Ortsbeschreibung.
1. Mexiko (40,000 Q.-M., 8 Mill. E.),
ist gegenwärtig ein Kaiserthum; der Kaiser, ein Habsburger, findet jedoch
viel Widerstand. Es liegt südwestlich von den Vereinigten Staaten und hat
im N. den Gila, im No. den Rio del Norte als Grenze. Hauptst. ist
Mexiko, 200,000 E., mit Universität; die schönste Stadt Amerikas. Sie liegt
auf der Stelle des alten Tennochtitlan über 7000' hoch in großartiger Um-
gebung zwischen zwei Seen. Akapulko am stillen Meer. Guanaxuato, 50,000
E. Veracruz und Tambiko sind die wichtigsten Seehandelsplätze. Welches
sind die bedeutendsten Silbergruben? Puebla de los Angelos, 80,000 Gr.,
Hauptsitz der mexik. Industrie. Merida in Pucatan, hat 40,000 Gr.
2. Guatemala (3060 Q.-M., l Mill. E.)
wird vorzugsweise (9/io) von Indianern (Ladinos) bewohnt, welche sich durch
geistige Regsamkeit, Fleiß und Vorliebe für europ. Colonisten auszeichnen.
Der Boden dieses tropischen Landes ist namentlich an der Ostküste sehr er-
giebig und gestattet reichliche Ausfuhr an Getreide, Mais, welcher hundert-
fältigen Ertrag liefert, Kakao, Zucker, Vanille rc. Die Verfassung'ist der
nordamerik. nachgebildet. Hauptstadt ist Guatemala la nueva, 60,000 E.
Anmerkung. Im Bezirk St. Thomas hat eine belgische Gesellschaft
1842 eine Colonie angelegt, welche aber in Folge des Klimas wenig
Erfolg verspricht.
3. San Salvador (400 Q.-M., */* Mill, E.),
der bestbevölkerte Staat in Mittel-Amerika (1200 Seelen auf 1 Q.-M.)
treibt vorzüglich Handel mit Balsam und Indigo, Terpentin und Colonial-
waaren, welchen die englischen Colonisten von Balize (Honduras) geschaffen
TM Hauptwörter (50): [T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
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TM Hauptwörter (200): [T178: [Rio Peru Hauptstadt Republik Stadt Brasilien San Südamerika Land Chile], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution]]
305
worden. In Handel und Wandel sind sie einander sehr gleich. Hauptstadt
ist Buenos Ayres, 130,000 E. Handel mit Thierhäuten, Hörnern und Talg.
15. Uruguay (3136 Q.-M., V* Mill. E.)
oder Banda Oriental, ist ein fruchtbares hügelliges Land, dessen Ackerbau
und Viehzucht, sowie die günstige Lage am Meere den Einwohnern einträg-
liche Erwerbsquellen eröffnen. Es ist sehr schwach bevölkert; 52 Seelen
leben auf der Q.-M. Hauptstadt Montevideo, 45,000 E.
16. Paraguay (5943 Q.-M., l1/* Mill. E.),
halb in der gemäßigten, halb in der heißen Zone gelegen, ist ein von niedri-
gen Sierreu durchzogenes Land, das als Weide und Ackerboden- gepflegt
wird. Unter den Eingebornen besaßen die Guaranis das größte Gebiet;
sie waren gutartige Leute. Es erschienen hier Jesuiten, welche einen Staat
gründeten, Dörfer und Städte anlegten und alle Aemter besetzten und ver-
walteten, und zwar zu einer Zeit, wo das Land eigentlich noch zu Spanien
gehörte. Aber nach der Aufhebung des Ordens in Spanien mußten sie
alle von dort sich entfernet! (1767). Das Land erhielt mit den andem
Staaten seine Unabhängigkeit und übertrug einem Juristen, Dr. Francia,
die Diktatur, welcher sein Amt zwar unumschränkt und despotisch verwaltete,
dem Lande selbst aber durch Strenge und Gesetze Sicherheit, Ordnung, Bil-
dung imd Wohlstand verlieh, wie sie schwerlich in einem andern Staate
Südamerikas anzutreffen sind. Nach seinem Tode (1840) ernannte man
einen Präsidenten auf 10 Jahre. Paraguay versendet den berühmten Para-
guay-Thee oder Matte, welcher aus den Blättern des Caamiribaums bereitet
wird und die Stelle des chinesischen vertritt. Hauptstadt ist Asuncion,
48,000 E.
Anmerkung. Das unabhängige, nicht bestimmt abgegrenzte Patagonien
ist ein menschenarmes Land. Die dort herrschende Bevölkerung, die
Stürme und die Bodenbeschaffeuheit (§ 109, 1) schreckten von Nieder-
lassungen ab. Von den Bewohnern war schon oben S. 282 die Rede.
8 116.
Das Kaiserthum Brasilien
(152,000 O-M, 9,106,000 Einwohner)
ist das größte und fruchtbarste Reich in der neuen Welt, aber am wenigsten
angebaut und bevölkert (53 Seelen auf der Q.-M.). Als vorzugsweises
Tropenland ist Brasilien auf die Anpflanzung der Colonialwaaren ange-
wiesen, was die Hauptveranlassung zur Einführung der Negersklaven gewesen
ist. Hauptprodukte siud Kaffee (jährlich 4 Mill. Centner) und Zucker (jähr-
lich 75,000 Tonnen), welche 56 Procent, Häute, Farbholz, Reis, Tabak,
Gold, Diamanten re., welche zusammen 44 Procent der Gesammtausfuhr
ausmachen. Der Diamantendistrikt, welcher in einem Zeitraum von 100
Jahren 40 bis 50 Mill. Franken ergeben hat, liegt in der Provinz Minas
Geraes; sein Hauptort heißt Tejuco am Jquitouhouha. Uebrigens verdient
Brasilien nicht wegen seines Reichthums an Metallen und Edelsteinen den
Ruf eines ungemein begünstigten Landes, welchen es bei manchen genießt;
Cassian, Geographie. 4. Aufl, 20
TM Hauptwörter (50): [T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel], T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
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TM Hauptwörter (200): [T178: [Rio Peru Hauptstadt Republik Stadt Brasilien San Südamerika Land Chile], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T101: [Baumwolle Kaffee Tabak Getreide Reis Zucker Holz Ausfuhr Wein Zuckerrohr], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
127
unterseeischen Telegraphendraht verbunden; derselbe beginnt im äußersten Süd-
westen Irlands, auf der im Valentia-Hafen gelegenen Insel Valentia, und endet
in der Triniti-Bay der Küste von Neufundland. Innerhalb einer halben Stunde
befördert der Kabel eine Depesche von der alten zur neuen Welt und um-
gekehrt.
Diese Thätigkeit des englischen Volks in allen Zweigen der Gewerbe
und des Handels ist auch die Veranlassung zu dem ungeheuren Reichthum,
welchen man in England findet. Da aber die Maschinen unzählige Men-
schenhände entbehrlich machten und zugleich die Bevölkeruug Englands in den
letzten 200 Jahren um 24 Millionen sich vermehrt hat, so ist es begeiflich,
daß viele Tausende nur zur Fristung ihres Lebens um einen beispiellos bil-
ligen Lohn arbeiten. Dies ist der Grund, warum neben dem unermeßlichen
Reichthum in England die entsetzlichste Armuth auftritt. Am schroffsten tritt
der Gegensatz zwischen Reichen und Armen in Irland auf. Daselbst findet
man wenig Dörfer, aber weitläufige Güter des Adels und der Geistlichkeit,
auf denen die Hütten der armen Iren unansehnlich umherliegen. Die vor-
nehmen Herrn leben in London, verpachten ihre Güter an die meistbietenden
Pächter und diese wieder an Unterpächter, welche dann nach Abzug des hohen
Pachtes kaum Kartoffeln mehr erübrigen, sich und ihre Familie zu ernähren.
Zu dieser Armuth gesellt sich bei den Irländern noch Rohheit und Unwissenheit.
Es ist berechnet worden, daß die Dampfkraft, welche im vereinigten
Königreiche setzt verwandt wird, die Kraft von 400 Mill. Menschen ersetzt,
d. h. doppelt so viel, als erwachsene Männer auf dem Erdball leben.
Das englische Volk ist ans mehreren Stämmen entstanden. Zu den
keltischen Urbewohnern, den Briten, gesellten sich die eroberungssüchtigen Rö-
mer. Ihnen folgten germanische Stämme, die Angeln und Sachsen, welche
7 Königreiche daselbst errichteten. Diese Heptarchie ward um 827 vereinigt,
erreichte unter Alfred d. G. (900) die größte Blüthe und ward 1066 eine
Beute der eingefallenen Normannen, welche unter Wilhelm dem Eroberer aus
der Normandie herüberkamen. Aus den Sprachen der Briten, Römer, Angeln
und Sachsen, Normannen und Franzosen ist die englische Sprache zusammen-
gesetzt, welche ihre Abkunft nicht zu leugnen vermag.
Der Engländer unterscheidet sich durch seinen Charakter und sein Be-
nehmen wesentlich von den andern Europäern; er ist ernst und nachdenkend,
gegen Fremde äußerst zurückhaltend, wortkarg, zuweilen trübsinnig, und auf
sein Land stolz. Er hält sein Vaterland für das beste und geordnetste, und
sieht in politischer Beziehung einigermaßen mit Bedauern auf andere Völker
herab. Ueber Alles schätzt er im Leben den Comfort, d. i. Behaglichkeit
und Bequemlichkeit, womit Ueberfluß, Reinlichkeit und Zierlichkeit in Nahrung,
Wohnung und Kleidung unzertrennlich verbunden sind. Freiheit, strenger
Rechtsstnn und Frömmigkeit zeichnen den englischen Städter und Landmann
aus. Der Ernst und die Ruhe, welche wir im englischen Charakter vorherr-
schend finden, mag neben der Erziehung auch dem eigenthümlichen Klima
zuzuschreiben sein. Die feuchte, dicke Luft in England muß auf das Gemüth
anders wirken, als der heitere blaue Himmel oder die trockene reine Alpen-
lust in Italien und im Alpenland. Dieser Ernst schlägt bei den Englän-
dern nicht selten in eine Art von Trübsinn um, den Spleen, welcher sie zu
ganz auffallenden Dingen, oft zum ausgesuchtesten Selbstmord verleitet.
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T62: [Insel Stadt Hafen England Hauptstadt Einw. See London Handel Schottland]]
TM Hauptwörter (200): [T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T86: [Insel England Irland Schottland Kolonie Hafen Stadt Küste Hauptstadt Kamerun], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T31: [Jahrhundert Schweden Norwegen Dänemark König Ende Jahr Anfang England Mitte]]
Extrahierte Personennamen: Alfred_d Wilhelm Ernst Ernst
Extrahierte Ortsnamen: Irlands Neufundland England Englands England Irland London Sachsen Sachsen England Italien Alpenland Englän-
314
feit und Leben, Fleiß und Streben, Freude und Liebe. Man rechnet, daß
von 150 Missionären an 6 — 700,000 Seelen dem Christenthum zugewandt
worden sind. Wo aber die beglückende Iesu-Religion noch keinen Eingang
gefunden, da sind alle Laster im Schwung; auf diesen Inseln ist die Be-
völkerung im Abnehmen, auf den christlichen Inseln im Zunehmen begriffen.
Was nun zunächst die staatlichen Einrichtungen in Australien betrifft, so
kann davon bei den Negritos kaum die Rede sein, weil sie in einzelnen klei-
nen Horden abgesondert von einander leben und nur für ihre augenblicklichen
Nahrungsbedürfnisse Sorge tragen. Auf dem Continente haben wir daher
nur die englischen Kolonieen zu betrachten; sie zerfallen in 6 Gouvernements:
Neu-Südwales, Van-Diemens-Land, Süd-, West-, Nordaustralien und Neu-
Seeland.
Australien hat seine Colonisation englischen Verbrechern zu verdanken,
welche die Regierung zuerst 1787 nach Botany Bay deportiren ließ. Da
die günstigen Fortschritte der Verbrecher-Kolonie in England bald allgemein
bekannt wurden, so wanderten auch viele freie, unbescholtene Colonisten ein,
welchen in den letzten Jahren, wo man bedeutende Goldlager, Kupfer- und
Bleigruben aufgefunden hat, zahlreiche Auswanderer gefolgt sind. Einen
dritten Theil der Colonisten bilden die Emancipationirten, d. h. solche, welche
deportirt worden sind, aber durch gute Aufführung und sichtbare Besserung
ihre Freiheit erworben haben. Vor dem Gesetze sind die Freien und Eman-
cipationirten zwar völlig gleich, allein im gewöhnlichen Verkehr herrscht doch
einige Spannung, da die Freigewordenen von den Freien nicht ganz für voll
angesehen werden.
Die Deportirten, auch Regierungsleute genannt, bilden in Neu-Südwalcs
und Van-Diemens-Land oder Tasmania h'3 der gesammten Bevölkerung; in
Süd-, Nord-, Westaustralien und auf Neu-Seeland werden keine Verbrecher
aufgenommen. Früher beschäftigte die Regierung selbst die Verbrecher; jetzt
aber überläßt man sie freien Colonisten, und behält sich die ärztliche und
polizeiliche Aufsicht vor. Dadurch ist den Deportirten der Weg zur Besserung
und zu einem spätern Erwerb leicht geöffnet; sie erhalten von den Coloni-
sten nur Nahrung und Kleidung; zur Aufmunterung vielleicht einige Ge-
schenke in Naturalien, aber kein Geld. Solche Deporrirte, welche sich durch
Fleiß, Gehorsam und gute Aufführung auszeichnen, werden beurlaubt, d. h.
sie dürfen über ihre Person und Zeit frei bestimmen. Bei dem geringsten
Fehltritt kommen sie wieder unter polizeiliche Aufsicht. Die Emancipation
gibt ihnen die vollständige Freiheit und sogar die Erlaubniß, die Colonie
zu verlassen. Bei größern oder kleinern Vergehen verurtheilt man die De-
portirten zum Straßenbau oder zu den sogenannten Penalstationen. Diese
sind sehr gefürchtet, weil es besondere, im Innern und auf der Insel Norfolk
gelegne Niederlassungen sind, wo die Sträflinge unter militärischer Aufsicht
zum Ackerbau :c. angehalten werden. Uebrigens soll in den australischen
Colonieen eine arge Sittenlostgkeit herrschen; Trunksucht, Liederlichkeit, Dieb-
stahl, Mord und Betrug sollen ziemlich gewöhnliche Erscheinungen sein.
Die Colonisten treiben vorzugsweise Landwirthschaft und Handel. Das
Klima ist dem Ackerbau und der Viehzucht, namentlich der Schafzucht sebr
günstig, welche in Neu-Südwales und Van-Diemens-Land so bedeutend ist,
daß bereits über llxo des gesammten Wollenbedarfs in den englischen Fabri-
TM Hauptwörter (50): [T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
TM Hauptwörter (100): [T64: [Insel Amerika Land Spanier Australien Kolonie Hauptstadt Küste Entdeckung San], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen]]
TM Hauptwörter (200): [T86: [Insel England Irland Schottland Kolonie Hafen Stadt Küste Hauptstadt Kamerun], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
schweinchen, Affen, Kolibris, Klapperschlangen rc. Die Rennthiere, Bären,
Wölfe und Luchse rc. hat Amerika mit andern Ländern gemein; die europäi-
schen Hausthiere sind eingeführt und leben schon in großen Heerden, Pferde
und Rinder in völliger Verwilderung. Auch vorweltliche Thiere sind in
Amerikas Nordgegenden aufgefunden worden, z. B. die Skelette des Mam-
muths, des Megatheriums und Mastodons rc.
An Mineralien der edelsten Art ist Amerika einer der reichsten Erd-
theile. Diamanten, Topase, Turmaline, liefert Brasilien, Smaragde Peru;
Platina gräbt man in den Anden von Neu-Granada; Gold, Silber und
Quecksilber vorzugsweise in Californien, Mexiko, Peru, Chile und Brasilien.
Kupfer, Eisen, Zinn, Schwefel, Salz sind in ausreichender Menge anzu-
treffen. Was aber für die Industrie der nordamerikanischen Union von dem
unberechenbarsten Vortheile ist, dürfte der Umstand sein, daß die Steinkohlen
und Eisenerzgruben der Union an Qualität und Quantität des Materials
mit dem englischen einen Vergleich gut bestehen können.
Die Ausfuhr an Baumwolle belief sich 1860 auf 1,767,686,338 Pf.
im Werthe von 191,806,555 Dollars, war aber während des Krieges und
auch nachher bedeutend geringer. Von den 10 Mill. Ctr. Tabak, welche
jährlich auf der ganzen Erde gebaut werden, liefert Amerika 2,980,000 Ctr.
Die Ausbeute an Gold beträgt jährlich gegen 58 Mill. Dollar, an Silber
44 Mill. Dollar, an Steinkohlen und Anthracit 428,700,000 Zollcentner.
Die gesammte nordamerikanische Handelsflotte ist von 972,492 Tonnen
zu Anfang dieses Jahrhunderts auf 5,126,081 Tonnen gestiegen.
Die sämmtlichen, theils schon vollendeten, theils noch im Bau begriffe-
nen Eisenbahnen haben eine Längenausdehnung von 50,115 engl. Meilen.
Vierter Abschnitt.
8 112.
Die Völker und Staaten Amerikas.
Amerika ist nach Australien unter allen Erdtheilen am schwächsten be-
völkert. Die größere Hälfte der etwa 75 Mill. Einwohner besteht aus cin-
gewanderten Europäern, der andere Theil aus angekauften Negern, Farbigen
(Mestizen, Mulatten, Zambos rc.) und freien Indianern. Die Ureinwohner,
kaum noch 2 Mill., (S. 57 und 59) sind schwache, widerstandsunsähige,
zerstreut lebende Völkchen, welche von den europäischen Ansiedlern immer
mehr in die Einöden zurückgedrängt werden und ihrem vollständigen Er-
löschen mit Riesenschritten entgegen gehen. Die rasche Abnahme der ohne-
dem schwachen Urbevölkerung erklärt sich hauptsächlich aus den blutigen
Kriegen, welche sie von je mit einander und mit den Europäern geführt
haben, aus Krankheilcn, Mangel, Lasterhaftigkeit („Feuerwasser") und über-
haupt „durch ihre am Leben der Unkultur zehrende Kultur." In Wcstindien
sind die Indianer bereits ganz erloschen. Sie zerfallen in ungemein zahl-
reiche, kleine Völkerschaften , welche 422 Dialekte reden sollen. Die wich-
tigsten sind:
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
TM Hauptwörter (100): [T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art]]
TM Hauptwörter (200): [T107: [Eisen Gold Silber Kupfer Blei Metall Salz Zinn Stein Mineral], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T195: [Pferd Tier Hund Schaf Löwe Wolf Rind Mensch Schwein Thiere], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
Extrahierte Personennamen: Zinn
Extrahierte Ortsnamen: Amerika Amerikas Amerika Brasilien Smaragde_Peru Neu-Granada Californien Mexiko Peru Chile Brasilien Amerika Amerikas Amerika Australien Wcstindien
214
die Engländer, im eignen Vaterlande an freie bürgerliche Einrichtungen und
religiöse Duldung gewöhnt, tasteten so wenig als möglich die Regierungs-
formen, religiösen Gebräuche und Gesetze'der Unterworfenen an, während
die Spanier ihre Herrschaft und das Christenthum mit Waffengewalt auf-
drangen.
Die Hauptbevölkerung des Landes bilden die der kaukasischen Race an-
gehörenden Hindus, von deren Religion und Kasteneintheilung schon § 81
die Rede war. Sie sind von mittlerer Größe, zierlichem Körperbau und
großer Gewandtheit und Ausdauer. Die ostindischen Gaukler übertreffen
die europäischen an Geschicklichkeit und Behendigkeit so sehr, daß ihre Künste
dem Europäer wie Zauberstückchen vorkommen. Die Hindus verfertigen mit
unvollkommenen Werkzeugen die schönsten Arbeiten und feinsten Zeuge. Der
Charakter der Hindus ist sanft und mitleidig auf der einen, grausam und
unbarmherzig auf der andern Seite. Während man Kühen, Affen und
andern Thieren vollständige Spitäler und Versorgungshäuser baut, kümmert
man sich nicht darum, ob die Pariahs, die unreinste Kaste, im Hunger und
Elend verkommt. Das Volk, welches seit Jahrhunderten fremden Eroberern
gehorchen mußte, hat keinen Sinn für politische Selbständigkeit, und kriecht
gegen Mächtige. Der fremde Druck hat Falschheit, List und Tücke im Volke
angefacht. Das englische Regiment in Vorderindien ist noch zu neu (seit
1760), als daß es wohlthätig in alle Verhältnisse des Landes hätte ein-
greifen können. Aber gar manchen Mißbräuchen hat man bereits gesteuert,
insbesondere der früher vom Bramathum gebotenen, jetzt durch die englischen
Gesetze streng untersagten Selbstverbrennung der Wittwen; für die geistige,
technische und militärische Bildung ist trefflich gesorgt. Das Christenthum
macht bei den Hindus nur langsame Fortschritte. Obschon seit 150 Jahren
Missionäre bei ihnen thätig sind und die Bibel in die Landessprache über-
tragen ist, so zählt man doch erst 80,000 getaufte Hindus. Drei Bischofs-
sitze sind bereits in Indien gegründet: in Kalkutta, Madras und Bombay.
Obwohl Indien zu den fruchtbarsten und ergiebigsten Ländern der Erde
gehört, welches die reichsten und mannigfaltigsten Produkte in allen drei
Reichen der Natur bietet, und ein nicht allzu heißes, durch die Passate und
Regen gemildertes Klima hat, so steht doch der Ertrag des Bodens mit
diesen günstigen klimatischen Verhältnissen in keinem Verhältnisse. Dies
rührt hauptsächlich von der unvortheilhaften Bewirthschaftung des Bodens,
den mangelhaften Feldgeräthen und der allzu hohen Steuer her. Der Boden
wird nur bewässert, nicht gedüngt; denn der Kuhmist ist heilig und zu
andern Zwecken bestimmt. Von allem Ertrag muß ferner wenigstens der
dritte Theil an die Regierung abgeliefert werden. Jedoch ist die Regierung
bemüht, diesen wichtigen Zweig möglichst zu heben, und die Anpflanzungen
fremder Gewächse, insbesondere der Theestaude, des Kaffeebaums, des Tabaks,
der europäischen Getreidearten haben bereits eine ziemliche Ausdehnung ge-
wonnen. Einen besonderen Reichthum des Landes bilden die Urwaldungen
mit ihrer riesenhaften Vegetation und ihren großartigen Formen: Tikholz,
Farrenkräuter von der Höhe unserer Bäume und Gräser von beinahe doppel-
ter Mannshöhe. - (Vergl. § 80.)
Der Handel zu Lande, obwohl er durch schlechte Straßen nicht sehr
befördert ist, wird von Karawanen betrieben; der Seehandel ist ausschließlich
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
TM Hauptwörter (100): [T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz]]
TM Hauptwörter (200): [T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T187: [Religion Christus Christ Christentum Zeit Jahr Volk Christenthum Heide Geburt], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk]]
Extrahierte Ortsnamen: Indien Kalkutta Madras Bombay Indien
224
2. Kaukasien
(7939 Q.-M. und 4,160,000 Einwohner)
umfaßt die Landstriche nördlich und südlich vom Kaukasus, wo die Lesghier,
Osseten, Mingrelier, Georgier, Tscherkessen und Tschetschenzen wohnen. Die
Bewohner des Gebirges sind meist Muhamedaner und widerstanden mit
Glück und Ausdauer den russischen Heeren, welche seit einer Reihe von
Jahren eifrigst bemüht waren, die Freiheit der tapferen Bergbewohner zu
brechen. Als die tapfersten und widerstandsfähigsten Stämme galten die
Tscherkessen und Tschetschenzen. 1859 fiel ihr Anführer Schamyl den Russen
in die Hände, wodurch die Tscherkessen theils den Russen sich zu unter-
werfen, theils auszuwandern veranlaßt wurden. Der Name Tscherkesse soll
Wegelagerer bedeuten. Die Bergvölker des Kaukasus treiben vorzugsweise
Viehzucht, sind gastlich und verachten die Bewohner der Ebene.
Die Tscherkessen zerfallen in mehrere Stämme, welche sich aus einzel-
nen Familien entwickelt haben und allmählich zu förmlichen Staaten heran-
gewachsen sind. Sie regeln ihre Angelegenheiten nach althergebrachter Sitte,
kennen keine geschriebenen Gesetze (die Kunst des Schreibens verstehen nur
sehr wenige unter ihnen) und bekennen sich zum Islam. Jeder Tscherkesse
hat sein eigenes Haus mit einem Nebenbau, wo der Fremde, sobald man
ihn für keinen russischen Spion hält, allezeit die beste Aufnahme findet.
Diese Gastfreundschaft üben alle Völker des Kaukasus. Die waffentragen-
den Männer sind frei und überlassen den Sklaven oder Leibeigenen, die
meist Kriegsgefangene sind, die Bestellung des Ackerbaues, die Hut der Heer-
den und die Besorgung der häuslichen Arbeiten. Die Mädchen gehen un-
verschleiert und genießen viele Freiheiten; die Frau nimmt den Schleier, ist
Eigenthum des Mannes und darf das Haus nicht verlassen. Sie kann den
Mann verklagen und sich von ihm trennen, wenn er ihre im Koran ver-
zeichneten Rechte antastet. Während die Mädchen zu Hause erzogen werden,
kommen die Knaben schon in frühester Jugend zu einem Pflegevater (Ata-
lik), damit sie nicht verzärtelt und verzogen werden. Bei diesem lernen sie
die Pferde satteln und Waffen führen, begleiten ihn auf allen seinen Zügen,
und werden erst durch ihre Verheirathung selbständig. Jeder Stamm ist
verantwortlich für seine Angehörigen. Ist ein Tscherkesse von einem Ange-
hörigen eines andern Stammes erschlagen worden, so muß der letztere für
den Mörder einstehen und die Missethat sühnen. Für den Todtschlag eines
Mannes hat er 200, für den Mord einer Frau 100 Ochsen zu ent-
richten. Das Urtheil spricht ein Schwurgericht von 12 Personen, wozu
die sechs ältesten unbescholtenen Männer aus jedem Stamme gewählt wer-
den. Das Urtheil der Geschwornen wird heilig gehalten, und sie haben
Gewalt über Leben und Tod, wenn ihr Spruch einstimmig ist. Der vor-
sätzliche Mord wird, ohne daß die vom Stamme zu leistende Sühne auf-
gehoben wird, mit dem Tode bestraft. Man hängt dem Mörder in solchem
Falle einen Stein um den Hals und wirft ihn in's Meer. Tie meisten
Vergehen werden durch Strafen gesühnt, welche in Ablieferung von Vieh
bestehen. Furcht vor Diebstahl kennt man da nicht, und darum stehen
Häuser und Ställe überall offen. Die Tscherkessen sind tapfer und mäßig.
Während sie zu Hause Gemüse und Schweinefleisch verpönen und Spieß-
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Amerika 74 Millionen.
Australien 3 zji „
so vertheilt sie sich auf die einzelnen Religionen also:
Christen 370 Millionen.
Juden 7
Muhamedaner 75
Heiden 500
8 51.
Die staatlichen Cinrichtnngen der Völker.
Die Menschen leben gern in größern geselligen Vereinen bei einander,
und bilden auf diese Art große Familien. Sowie diese eines Hauptes be-
darf, welches die Angelegenheiten des Hauses leitet, ordnet und die Schwä-
chern schützt, so bedarf auch die Familie der Erwachsenen irgend eines Vor-
standes, welcher die Interessen dieser Körperschaft in allen Verhältnissen ver-
tritt. Wo mehrere Familien nun zu einer größern Vereinigung zusammen-
treten, entsteht eine Gemeinde, welche je nach Verhältniß der Größe oder
Lage ein Dorf, einen Flecken oder eine Stadt bewohnt. Viele Gemeinden,
welche zu einem Ganzen unter gemeinschaftlicher Leitung, Verwaltung und
Gesetzgebung vereinigt sind, bilden einen Staat. Dieser führt nach seinem
Umfange und nach der Art der ihn leitenden Regierung verschiedene Namen:
Kaiserthum, Königthum, Großherzogthum, Kurfürstenthum, Herzogthum,
Fürstenthum, Landgrafschaft, Grafschaft, Republik oder Freistaat.
Die Staaten haben entweder eine monarchische, oder eine republikanische
Regierungsform, je nachdem die höchste Gewalt im Staat erblichen Ober-
häuptern, oder wählbaren und von der Regierung nach Verlauf eines be-
stimmten Zeitraums abtretenden Lenkern übertragen ist. Beide Regierungs-
formen spalten sich wiederum in verschiedene besondere Arten, je nach dem
Grade der Macht und der bürgerlichen Stellung der Obern.
Man nennt eine Monarchie unumschränkt oder absolut, wenn der Herr-
scher eines Staates das Recht der Gesetzgebung mit der Ausführung dersel-
den in einer Person vereinigt. Seine Macht ist durch Nichts eingeschränkt,
als durch sein Gewissen, durch das Herkommen und alte bestehende Ge-
bräuche. Gilt aber nur der Wille des Monarchen als höchstes Gesetz, ohne
sich an irgend eine Rücksicht, Gesetz re. zu kehreu, so wird der Herrscher ein
Despot genannt.
Dagegen spricht man von einer eingeschränkten Konstitutionellen) Mo-
narchie, wenn der Wille des Herrschers durch ein Staatsgrundgesetz (Con-
stitution oder Charte), welches die Rechte und Pflichten des Monarchen und
des Volkes darstellt und begrenzt, gebunden ist. Das Wesen einer consti-
tutionellen Monarchie ist in Folgendem enthalten:
An der Spitze des Staates steht ein unverantwortliches Oberhaupt,
dessen Rathgeber, die Minister, dagegen für die Verfassunngsmäßigkeit seiner
Handlungen und staatlichen Anordnungen den Abgeordneten des Volkes (Kam-
mer, Reichstag, Ober- und Unterbaus, Stortbing, Generalftaaten, Cortes)
verantwortlich sind. Darum hat in eineni constitutionellen Staate keine
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sein größter Reichthum besteht in seiner Vegetation: in den Wäldern und
den Colonialprodukten. Dagegen hat es oft Mangel an den nöthigsten
Lebensmitteln, weil neben Mais, Kaffee, Zucker rc. kein Getreide gepflanzt,
sondern eingeführt wird.
Die Bevölkerung Brasiliens wird noch als unwissender und träger
geschildert, als die des spanischen Amerikas. Was von Rührigkeit, Unter-
nehmungsgeist und Gewerbthätigkeit zeugt, rührt gewiß von Ausländern her.
Der Brasilianer lebt ein genußreiches Leben; alle Arbeit überläßt er seinen
Sklaven, ohne welche Niemand bestehen zu können glaubt. Die Sorge für
Kleidung, Nahrung und Erziehung der Kinder bleibt den Sklavinnen über-
lassen. Von Industrie ist keine Rede; nicht einmal die gewöhnlichen Hand-
werke werden allgemein betrieben. Darum treiben auch speculative euro-
päische Kaufleute einen einträglichen Handel mit Brasilien, und führen alle
erdenklichen Geräthschasten, Kleidungsstücke, Bequemlichkeiten ein. Von deut-
schen Kaufleuten treiben insbesondere Hamburger dies einträgliche Geschäft.
Von geistiger Bildung ist wenig zu verspüren; die bestehenden Elementar-
schulen und höheren Bildungsanstalten, welche der Verfassung gemäß errichtet
worden sind und in Wirklichkeit bestehen, haben sich eines äußerst bescheide-
nen Erfolges zu rühmen. Nur darin zeichnet sich Brasilien vor den Staa-
ten spanischer Nationalität Vortheilhaft aus, daß es bei allen Gelegenheiten,
wo bedeutende politische Staatsveränderungen notbwendig waren eine bewun-
dernswerthe Ruhe, Nachgiebigkeit und Leidenschaftslosigkeit an den Tag legte.
Brasilien ist eine konstitutionelle Monarchie, welche im Hause Braganya
erblich ist und dem Zweikammersystem huldigt. Der Kaiser hat die voll-
ziehende Gewalt, welche er durch verantwortliche Minister ausübt. Der
Richterstand ist nach der Verfassung unabhängig; alle Prozesse müssen vor
die Geschwornen gelangen. Doch herrscht in der Verwaltung und Justiz-
pflege nicht immer Treue und Unpartheilichkeit; man erzählt häufig von
Bestechlichkeit oder Unterschleif der Beamten. Die Staatsreligion ist die
katholische; doch wird allen andern Religionen Gewissensfreiheit und Aus-
übung ihres besondern Kultus gewährt. Bei den intelligenteren Brasilianern
macht sich bereits die Ansicht geltend, daß die Negersklaverei ihrem Ende
entgegen gehe und sobald als möglich abgeschafft werden müsse. Die Haupt-
stadt Nio Janeiro, 400,000 E., liegt überaus prächtig auf einer Landzunge
an einer Meeresbucht, hat einen schönen Hafen, eine Universität und den
größten Kaffeehandel auf der Welt. Bahia, 190,000 Einw. Pernambuko
(der Name für Ollinda und Villa Rccise), 80,000 E. San Paolo (50,000
Einw.) ist Mittelpunkt der brasilianischen Bergwerke; der Seehafen Santos,
Villa imperiale und Tejnco in der Provinz Minas.
$ 117.
Die Besitzungen der Europäer in Amerika.
1. Rußland hat, wie schon angedeutet wurde, auch in der neuen Well
Besitzungen; sie sind aber noch größtentheils unbekannt und beschränken sich
auf einige schwach bevölkerte Handelsniederlassungen, unter welchen nur
Neu-Archangel auf der Insel Sitka bemerkenswerth ist. Obwohl sich die
Russen als Herren eines großen Flächenraums betrachten, so leben daselbst
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