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fes sich neigte und dergestalt leichter bestiegen werden konnte.
Als die Leute des Jarls aufs Heftigste nach dem Schiffe hinauf
stürmten, sagte einer von Olufs Leuten Namens Thorstein
Oxefod: „Herr! darf nun Jeder thun was er kann?" —
„Warum nicht?" sagte der König. Thorstein schlug darauf
einen der Leute des Jarls, welcher das Schiff besteigen wollte,
mit der geballten Faust so hart auf die Wange, daß er weit in
die See hinausslog; Thorstein zeigte sich darauf wie ein Ra-
sender, ergriff die Segelstange und schlug damit um sich. Allein
diese unbändige Wildheit und Tollheit, der sogenannte „Bersärk-
gang," der bisweilen in schwierigen und gefährlichen Augen-
blicken die Nordbewohner ergriff und ihre Kräfte über das ge-
wöhnliche Maaß hinaus vermehrte, fand in der christlichen An-
schauung keine Beistimmung, weil die Christen diesen unnatür-
lichen Zustand für Rohheit, oder für das Werk des Teufels
hielten. König Olus sagte zum Thorstein: „Nimm deine
Waffen, Kerl, und wehre dich damit; denn die Waffen soll man
im Kampfe gebrauchen, und nicht seine Gegner mit den Händen
allein, oder mit Bäumen tödten." Thorstein nahm daraus
sein Schwert und gebrauchte es. Nach und nach waren jedoch
die meisten von des Königs Leuten im vorderen Theile des
Schiffes gefallen, und zwar theils durch die Schwerter derjenigen,
welche den „Orm" bestiegen hatten, theils durch die Wurfgeschosse
der übrigen Schiffe, welche sich umher gelegt hatten. Dieje-
nigen von Olufs Leuten, welche noch übrig geblieben waren,
schlossen sich auf dem Hintertheile des Schiffs fest an ihn an
und wehrten sich mannhaft, so lange sie konnten. Als Wider-
stand zuletzt gegen die hinzuströmende Menge vergeblich schien,
sprangen viele ins Wasser, um sich entweder durch Schwimmen
zu retten, oder das Leben, lieber als dem Feinde in die Hände
zu fallen, freiwillig zu enden. Die Leute des Jarls lagen in
Böten an der Seite des „Orm" und tödteten die, welche in die
See sprangen. Einar Thambeskjälver rettete sich durch
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durstigen Kraft, welche ein Erbtheil des Königsgeschlecktes der
Mcrovinger gewesen war. Sein Tod (628) zersplitterte wieder
das Reich; Herrschsucht. Grausamkeit und Wollust bezeichnete die
Geschichte der Regenten durch eine Reihe Verbrechen.
Während der fortgesetzten Bürgerkriege und des gesetzlosen
Zustandes, den ste mit sich führten, vermehrte sich, den schwachen
und uneinigen Regenten des zersplitterten Reiches gegenüber, die
Macht des fränkischen Adels. An der Spitze des Adels stand
ein Haushofmeister (major domus), der. nach und nach
fast von der Krone unabhängig geworden, die Rechte des Adels
wahrte. Schon Chlotar 11 (-h 628) mußte die abgesonder-
ten Theile des Reiches, Austrasien, Neustrien und Bur-
gundien von besonderen Haushofmeistern regieren lassen, und
diese hohen Beamte, deren Wahl fast ganz von der Krone un-
abhängig war, nahmen allmählich den Platz der Könige ein.
Pipin von Heristall, Haushofmeister in Austrasien, siegte
bei Tcstry*) über den König von Neustrien (687) und wurde
von diesem Zeitpunkte an einzigster Haushofmeister aller Franken,
selbst wenn verschiedene Könige in den verschiedenen Theilen des
Reichs gewählt wurden. Sein Sohn Karl Märtel (714—741)
erbte die königliche Stellung des Vaters. Er schlug die Ncu-
strier, kämpfte glücklich gegen die germanischen Volksstämmc,
strebte die christliche Lehre unter diesen barbarischen Stämmen
zu verbreiten, und machte in der Schlacht bei Poitiers (732)
seinen Namen unsterblich, indem er die Araber schlug, welche von
Spanien ihre ungläubigen Schaaren nach Frankreich ausgesandt
hatten. Karls Sohn, Pipin der Kleine, Erbe der Macht 7;! j
des Vaters, hielt die Zeit endlich für geeignet, den königlichen
Namen mit der Ausübung der königlichen Macht zu vereinigen.
Gegen hundert Jahre hindurch hatten die merovingischen Schat-
tenkönige in ihrem Schlosse, oder in einem Kloster, eingeschlossen
*) Zwischen St. Quentin und Peronne.
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Extrahierte Personennamen: Karl_Märtel Karl Karls
Extrahierte Ortsnamen: Poitiers Spanien Frankreich Karls
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nisch, mit grausamen Menschenopfern ihrer Gefangenen verbunden ;
mit dem ihnen eignen Muthe und großer Hartnäckigkeit hingen
sie ihrem alten Götzendienste an und verachteten das neue Chri-
stenthum, das fränkische Missionaire ihnen aufdringen wollten.
Sic führten einen beständigen Raubkrieg an den Gränzen und
so war es denn sowohl ein frommes als auch politisches Un-
ternehmen Karls, die ganze Kraft seines Reiches zu ihrer Unter-
drückung aufzubieten. Schon 772 fing der Krieg gegen sie an.
Karl eroberte eine ihrer Festungen und stürzte ihre heilige
Jrmensäule um. Allein jedesmal wenn andre Unternehmungen
das fränkische Heer von dem Lande der Sachsen abriefen, fing
das wilde Volk aufs Reue den verwüstenden und grausamen
Krieg an. Mehr als 30 Jahre hindurch führte Karl Krieg mit
ihnen, behandelte die Ueberwundenen mitunter mit Milde, zumeist
jedoch mit Strenge, allein verlor niemals sein Endziel, die Be-
wältigung und Taufe der Sachsen, aus de^i Auge. Als er
endlich, nachdem er bei Detmold und^Hasc gesiegt batte ff*/*'
(783) gegen 5000 Gefangene hatte tobten lassen — eine
blutige Vergeltung der Grausamkeit und Treulosigkeit der Sach-
sen — liest sich endlich der tapfre Herzog Wittekind taufen;
widerstrebend und unter stets erneuerten Fehden folgte das Volk
der Sachsen seinem Beispiele, bis endlich im Jahre 803 die
Stännne des Sachsen als Unterthancn des fränkischen Reiches
betrachtet werden konnten. So bahnten das Christenthum und
die Kultur mit der fränkischen Oberherrschaft sich mühsam ihren
Weg bis an die Eider. Allein die Dänen hatten ab und zu
die Sachsen unterstützt; der jütische König Godofred war nun
darauf bedacht, Karln zu bekriegen und dem Christenthume
Gränzen zu setzen, allein der Tod kam ihm zuvor und sein
Nachfolger Heming schloß 810 Frieden. Zur Zeit der Völker-
wanderung hatten slavische Völker sich unter den übrigen
wandernden Stämmen in Europa gezeigt; sie hatten sich später
über einen großen Theil von Deutschland zwischen Elbe und
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Extrahierte Personennamen: Karls Karl Karl Karl_Krieg Karl König_Godofred
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen Sachsen Detmold Sachsen Sachsen Sachsen Europa Deutschland
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476—1100.
erkennen: Et helred wagte in England einzufallen, Knud
fühlte sich nicht stark genug ihm zu widerstehen, und segelte mit
der dänischen Flotte nach Dänemark zurück. Ehe er England
verließ, nahm er Rache an den Geißeln, welche die Angelsachsen
den Dänen als Pfand ihrer Treue überliefert hatten. Knud ließ
ihnen die Hände abhauen, ihre Nasen und Ohren abschnciden,
und sie in diesem Zustande ans Land setzen, eine Grausamkeit,
welche die Angelsachsen an den in England wohnenden Dänen
rächten.
Als Knud nach Dänemark kam, wo sein Bruder Harald
seit dem Tode des Vaters herrschte, sammelte er ein großes
Heer und eine große Flotte; denn Knuds ganzer Sinn richtete
sich auf die Wicdercrobcrung Englands. Nachdem er vom Kö-
nige von Schweden, Olus Skotkonnung und dem Erich
Jarl in Norwegen Hülfe bekommen hatte, segelte er im Jahre
1015 mit einer prächtig ausgerüsteten Flotte von mehr als 300
Schiffen nach den südlichen Küsten Englands, das er bald zur
Unterwerfung zwang. Der Sohn des unentschlossenen Ethel-
red, Edmund, um seiner Tapferkeit willen „Jernside" ge-
nannt , leistete indeß in den nördlichen Provinzen hartnäckigen
Widerstand und der Krieg wurde mit gewohnter Grausamkeit
mehrere Jahre fortgesetzt, allein in der Regel hatte der dänische
König den Vortheil auf seiner Seite, wozu zum Theil die Ver-
rätherei der angelsächsischen Großen, namentlich des Eadrik
Streon beitrug. Im Jahre 1017 wurden die Könige in einer
Zusammenkunft auf einer Insel im Severn einig, das Reich zu
theilen, allein Edmund Jernside starb kaum einen Monat
nach dem Friedensschlüsse; wahrscheinlich wurde er auf verräthe-
rische Weise durch den Eadrik Streon ermordet. Seit der
Zeit hatte Knud die alleinige Gewalt in England und wurde
noch im selbigen Jahre vom Erzbischöfe von Canterbury gekrönt
und gesalbt.
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Extrahierte Personennamen: Knud Knud Knud Harald Erich
Jarl Jernside Knud Canterbury
Extrahierte Ortsnamen: England Dänemark England England Dänemark Englands Schweden Norwegen Englands Eadrik
Streon Eadrik_Streon England
476- 1100.
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übcrmüthigen römischen Adel zu suchen, führte er den ersten
Bischof der Christenheit nach seiner Hauptstadt zurück. Als er
dort am ersten Weihnachtstage vor dem Altäre in der Haupt-
kirche Noms kniete, setzte ihm der Pabst im Beisein des römi-
schen Volks, das ihm laut seinen Beifall zujubelte, die Krone
des römischen Kaisers aus (800).
So schien das weströmische Reich abermals wicdcrhergestellt
zu sein, allein es waren fremde, wilde und kriegerische Stämme,
die stch des Erbes der Römer bemächtigt hatten, und neue Ge-
setze, neue Einrichtungen, ja ein ganz neuer Staat mußte ge-
schaffen werden, um eine Rechtssicherheit zu begründen und diese
verschiedenen Völker zum Gehorsam gegen den gemeinsamen Für-
sten zu vereinigen.
Es war nicht bloß Frömmigkeit, sondern auch Klugheit,
wenn Karl ernstlich das Christenthum unter seinen Unterthanen
zu verbreiten und zu befestigen suchte; denn das Christenthum
mildert die Sitten und bahnt der Kultur im Ganzen einen
Weg; cs stößt den Völkern Abscheu vor Mord. Raub und
Grausamkeit im Kriege ein und lehrt, daß der Wille des Ein-
zelnen sich einer vernünftigen und liebevollen Rücksichtnahme vor
dem allgemeinen Wohle beugen muffe, deshalb wurde das Chri-
stenthum verbreitet und Bisthümcr in den bezwungenen Län-
dern errichtet; oft wurden Schulen damit verbunden, um auf
die Bildung der Jugend einwirken zu können: der Kaiser be-
suchte sie manchmal persönlich und munterte durch Lob oder
Tadel auf.
Obwohl Karl einer Zeit angehörte, wo Gelehrsamkeit und
Bildung kaum dem Namen nach bekannt waren, wo die rohe
Kampflust für des Mannes einzigste und hinreichende Tugend
gehalten wurde. fühlte er sich auch aus eigener Neigung zu den
Künsten und Wissenschaften hingezogen: Gelehrte Männer, als
Alkuin und Eginhard, welcher letztere Karls Leben beschrieben
hat, zeichnete er an seinem Hofe aus; selbst verstand er Lateinisch
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl Karl Karls Karls
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476—1100.
er selbst tödtetc einmal im Zorne einen seiner Hausleute, allein
er berief ein Hausthing, wo „Thing mannalid" in der Sache
ein Urthcit fällen sollte, stieg von seinem Throne herab und
unterwarf sich dem Gesetze. Allein für dies Mal wurde die
im Vitherlags rechte festgesetzte strengere Strafe durch die
über des Königs Edelmuth gerührten Thingmänner in eine
Geldbuße für Todschlag verwandelt. Nach einer Reise nach Rom
1027, welche der König zu frommem Zwecke mit großer Pracht
vornahm, sprach er sich in einem Briefe an den Erzbischof von
Canterbury folgcndermaaßen aus: Habe ich in jugendlichem Un-
gestüm oder aus Saumseligkeit bis dahin, in irgend einer Sache,
gegen das Gesetz gehandelt, so gedenke ich mit Gottes Hülfe
Alles wieder gut zu machen. Daher befehle ich allen meinen
Jarlen und Statthaltern im ganzen Reiche, wenn es ihnen um
meine Gnade zu thun ist und sie auf ihr eigenes Wohl Gewicht
legen, nicht gegen irgend Jemanden unrecht zu handeln, möge
er reich oder arm sein, sondern Jedermann, Adlichcn und Unad-
lichen, das Recht des Gesetzes zukommcn zu lassen, und auf
keinerlei Weise davon abzuweichen, weder um der Gunst des
Königs oder des Ansehens einer mächtigen Person oder der Be-
reicherung meiner Schatzkammer willen; denn ich habe nicht
nöthig, mir durch ungerechte Auflagen Reichthümer zu erwerben".
Durch solche Worte und Versprechungen, und den tiefen Frieden,
der unter seiner Regierung, nach den Fehden und Raubzügen so
vieler Jahrhunderte, herrschte, bewirkte er, daß die Angelsachsen
sich endlich in die Herrschaft des fremden Eroberers fanden.
Knud der Große war, als sein Bruder Harald 1018
starb, König von Dänemark geworden. Obwohl er England
als sein Hauptreich betrachtete, was eine nothwendige Folge des
Uebergewichts dieses Landes an Kultur und Erwerbsquellen über
Dänemark war, und sich daher in der Regel in England aufhielt,
vernachlässigte er doch keineswegs das Reich, woher seine Macht
stammte. Sein vornehmstes Verdienst war in dieser Rücksicht
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Extrahierte Personennamen: Canterbury Gottes_Hülfe Knud_der_Große Harald
Extrahierte Ortsnamen: Königs_Edelmuth Rom England England
476—1100.
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unter andern das spater so berühmte Lund in Schonen, allein
seine Absicht, die dänische Kirche der Oberherrschaft des bremi-
schen Erzbischofs zu entziehen, erreichte er nicht.
Von den vielen Söhnen Svcnd Estridsen's bestiegen
fünf nach ihm den dänischen Thron, der eine nach dem andern,
durch des Volkes Wahl, ein großer Beweis der Liebe, die
Svend Estridsen sich erworben hatte. Unter ihnen war
Knud der Heilige (1080—1086), ein tapferer Krieger und
kräftiger König, der mit Strenge das Ansehn des Gesetzes auf-
rechterhielt und mit kräftiger Hand den Seeräubereien ein Ende
machte, welche noch zu seiner Zeit, als Ueberbleibsel des Wikin-
gerlebens des Alterthums, auf der Ostsee stattfanden. Er be-
günstigte die Geistlichkeit, erlaubte ihr, sich in allen Sachen von
ihren eignen Standesgenossen richten zu lassen und verlieh den
Bischöfen einen den Herzögen des königlichen Hauses gleichkom-
menden Rang.
Knud war darauf bedacht, Dänemarks alte Ansprüche auf
England geltend zu machen; er befahl, eine große Flotte aus-
zurüsten, um mit seinen Leuten nach England zu gehen, und
dort mit Wilhelm dem Eroberer um das Erbe Knuds des
Großen zu kämpfen. Allein als die Kriegsleute versammelt
waren und der König zu lange zauderte. zerstreute sich die
Flotte vor der Ankunft des Königs. Als der König mit
Härte Strafgelder für dies ungesetzliche Betragen eintricb, brach
in Nordjütland ein Aufruhr aus; derselbe griff schnell um sich,
und der König wurde mit einem Theile seiner Treuen in der
St. Albani Kirche in Odense getödtet (1086).
Sein Bruder Erik Eiegod (1095—1103), ein streit-
barer, kräftiger und volksthümlicher König, verschaffte sich auf
einer Reife nach Rom vom Papste die Erlaubniß zur Stiftung
eines nordischen Erzbischofssitzes, wodurch die dänische
Kirche der Oberherrschaft des bremischen Erzbischofs entzogen
wurde. König Erich Eiegod starb auf einer Pilgerreise nach
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Extrahierte Personennamen: Svend_Estridsen Knud_der_Heilige Knud Wilhelm Albani Erik_Eiegod Erich_Eiegod
Extrahierte Ortsnamen: Lund England England Nordjütland Odense Rom
470-1100.
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als fester Grundsatz angenommen, daß die Geistlichen in allen
Sachen allein von geistlichen, nicht aber von weltlichen Gerichts-
höfen gerichtet werden dürften; dieses Recht wurde später dahin
erweitert, daß die Geistlichen in Sachen, welche zunächst eine
Kränkung göttlicher Gesetze, als Ehen in verbotenen Verwandt-
schaftsgraden, Meineid, Wucher, betrafen, auch als Richter über
Nichtgeistliche auftraten. Ein's der wirksamsten Mittel, welches
die Kirche anwandte, um ihre Macht in der Welt geltend zu
machen, war der Bann oder die Ausschließung von der Ge-
meinschaft mit rechtgläubigen Christen und vom Gebrauche der
Sakramente, welches eine Kirchenstrafe war, die bereits
das Beispiel der apostolischen Kirche geheiligt hatte. Mit dem
Banne war oft das Interdict verbunden, d. h. das Aufhörcn
aller geistlichen Verrichtungen und alles öffentlichen Gottes-
dienstes in der Stadt oder dem Lande, welche den mit dem
Banne Belegten beschützten. Wo das Interdikt in Kraft trat,
wurden die Kirchen geschlossen, die Bilder Christi und der Hei-
ligen verhüllt, keine Taufe wurde verrichtet, das Abendmahl
wurde nicht ausgetheilt, die Ehe nicht kirchlich eingescgnet, keine
Leiche endlich in geweihter Erde begraben. In jener frommen,
obwohl abergläubischen Zeit, als die Gnadcnmittcl Allen als
der alleinige Weg zur Seligkeit erschienen, konnte ein Land sel-
ten das Interdikt längere Zeit ertragen und selbst kraftvolle Kö-
nige mußten sich oft der geistlichen Uebermacht fügen. Dieses
war die Macht zu binden, welche die Kirche sich aneignete.
Mit derselben verband sie die Macht zu lösen, d. h. durch
Ablaß die Kirchenstrafen zu erlassen, welche die Sünder sich zu-
gezogen hatten. Selbst ohne die weltliche Macht, welche sowohl
der Papst als die Bischöfe und Aebte besaßen, mußte die Kirche,
mit diesen göttlichen Mitteln ausgerüstet, als die höchste Macht
aus Erden bcrvortretcn.
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476—1100.
59
V. Die Verweltlichung der Kirche.
Nach und nach gelangten die hohen Geistlichen in den
meisten Staaten in den Besitz von Rechten, gleich den Vasal-
len der Krone, und dies hatte sehr bald zur Folge, daß sie
als weltliche Theilnehmer an politischen Angelegenheiten auf-
traten, oft die Interessen der Kirche denen des Staates
hintansetzten und somit einen Theil ihres geistlichen Ein-
flusses und ihrer geistlichen Geltung cinbüßten. Die Geist-
lichen, welche das Mönchsgelübde nicht abgelegt hatten, konnten
hcirathen und liefen somit Gefahr Familien int eressen dem
Wohle der Kirche vorzuziehen, oder sie suchten wohl gar die
Aemter der Kirche auf ihre Söhne zu vererben. Während die
Geistlichen sich auf diese Weise in ihrem Leben mehr den Laien
näherten, konnten sie sich nicht mit der hinreichenden Kraft der
allgemeinen Rohheit und Unsittlichkcit widersetzen, und
nahmen wohl sogar oft auf schamlose Weise daran Theil.
Andererseits betrachteten die Könige und weltlichen Herrn
die Bisthümcr als politisch wichtige Aemter, welche sie
in die Hände von Männern zu bringen suchen müßten, die ihnen
selbst am meisten ergeben seien; daher wurde das Wohl der
Kirche bei ihrer Wahl weniger berücksichtigt. Sogar die Papst-
wahl in Rom wurde theils von den streitenden Adelspartheien,
theils von der Einmischung des deutschen Königs abhängig.
Als die Könige und ihre Hofleute die geistlichen Aemter ganz
wie die weltlichen betrachteten, lag der äußerste Mißbrauch nahe,
nämlich die geistlichen Aemter zu verkaufen und
zu kaufen. Die weltlichen Herren verkauften die Bisthümer;
die Bischöfe suchten sich durch den Verkauf niedrigerer Kirchen-
ämter schadlos zu halten. So war jedes kirchliche Amt feil.
Dieses Kirchenverbrcchen wurde mit dem Namen der „Simonie",
nach jenem Simon, der die geistigen Gnadengeschenke von
den Aposteln kaufen wollte, bezeichnet.
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heiligen christlichen Kirche dienen sollten, ohne sich um weltliche
Lüste und Vortheile zu bekümmern.
Gregor that ferner auf einer Kirchenversammlung in
Rom (1075) alle diejenigen in den Bann, welche sich der „Si-
monie" schuldig machten; kein Geistlicher durfte sein Amt aus
der Hand eines Nichtgeistlichen, oder um weltlicher Vortheile
willen, annehmcn; die Bekleidung mit dem Gewände (Pallium)
des heiligen Amtes und die Verleihung des bischöflichen Ringes
und Stabes (Investitur) war allein der Kirche, von welcher
der heilige Geist ausging, Vorbehalten.
Die Ausführung dieser Beschlüsse stieß auf bedeutenden
Widerstand, sowohl Seitens der hohen Geistlichkeit, als
auch der weltlichen Herren, welche die Handlungsweise des
Papstes für anmaaßende Willkühr gegen die persönliche Freiheit
des Einzelnen und die selbstständige Macht der Staaten hielten.
Gregor nahm den Kampf mit seinen Widersachern kräftig auf;
das niedere Volk wurde gegen die verheiratheten Geistlichen auf-
gewiegelt und das Cölibatsgesetz wurde, trotz der Verzweiflung
der Priester, durchgesetzt. Die Gesetze gegen Simonie wurden
gegen den einen Fürsten nach dem andern in Kraft gesetzt, denn
der Papst beutete das Mißvergnügen der Vasallen und Völker
rücksichtlich der Willkühr der Könige aus, um durch diese Mit-
tel ihre Throne wankend zu machen, wenn sie sich nicht den Vor-
schriften der Kirche fügen wollten. In weltlicher Rücksicht
konnte er sich auf eine neue und kriegerische Macht stützen,
welche in Süditalien entstanden war; denn die französischen
Normannen hatten seit dem Jahre 1027 ein Reich in Neapel
gegründet, welches seine Herrschaft allmählich über Süditalien und
Sicilien ausdehnte; da der Papst fühlte, daß sie gegenseitig der
Hülfe bedürften, begünstigte er die Erobrungen der Normannen,
und der kampflustige Herzog Robert Guiscard erklärte sich im
Jahre 1059 für den Vasallen der römischen Kirche. Auch im
Norden erwarb sich die römische Kirche durch den großen Ein-
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Extrahierte Personennamen: Gregor Gregor Gregor Gregor Robert_Guiscard