16
Wrster Abschnitt.
Von der Gestalt der Erde.
§. 17. Es ist schon im vorigen Abschnitt erinnert
worden, daß so weit man auch immer nach derselben
Weltgegend fortreist, man nirgends die Sterne auf der
Oberfläche der Erde oder des Meeres aufliegend findet.
Daher ist der Schein, nach welchem die Sterne aus der
Oberfläche des Meeres Hervorkommen, und wieder un-
ter dieselbe herabsinken, eine Täuschung, welche dadurch
entsteht, daß wir uns den Ort eines jeden sichtbaren
Gegenstandes immer an irgend einem Punkt des Licht-
strahls, welcher von ihm in unser Auge fällt, denken.
— Die Ebene der Erde oder des Meeres erstreckt sich
also nicht wirklich bis an den Himmel. Es ist vielmehr
jetzt durch unumstößliche Gründe bewiesen, daß die Erde
eine runde Gestalt hat, welche von der einer Kugel nur
wenig abweicht. Die Beweise, für diese runde Gestalt
überhaupt, sind folgende: 1) Wenn die Schiffer sich vom
Meere aus dem Lande nähern, so bekommen sie die hö-
her gelegenen Gegenstände, die Spitzen der Berge, der
Thürme u. s. f. allezeit eher zu Gesicht, als die tiefer
gelegenen. Eben so sieht man vom Ufer aus, wenn ein
Schiff sich demselben nähert, die Spitzen der Masten,
die Flaggen u. s. f., früher, als den Körper des Schif-
fes. Da dieses nun an allen Küsten, und von welcher
Weltgegend sich auch das Schiff dem Ufer nähern mag,
der Fall ist, so muß die Oberfläche des Meeres eine
nach allen Richtungen hin gebogene Gestalt haben. 2)
Die Erde ist jetzt schon mehrmals umschifft worden,*)
*) Der Erste, welchem diese wichtige Unternehmung gelang,
war Hernand Magellan ein Portugiese. Er lief den 10.
Aug. 1519 von Sevilla aus, entdeckte an der südlichen
Küste von Amerika die Meerenge, welche das feste Land
dieses Welttheils von dem sogenannten Feuerlande schei-
det, und die noch jetzt nach ihm die Magellanische Straße
genannt wird. Durch diesilde ging er in die Südsee,
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode]]
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18
rende ab, und bei o durch die berührende f m darge-
stellt. Die Höhe des Pols » bei e ist nun s e b, und
bei o, 5 o m, welche Winkel, wenn auch e o gegen
o s verschwindet, uicht gleich sind. 4) Die Mondfin-
sternisse werden, wie in der Folge (Abschn. V. §. 63 —
66) noch näher bewiesen werden wird, dadurch hervor-
gebracht, daß unsere Erde als ein dunkler und undurch-
sichtiger Körper zwischen die Sonne und den Mond
tritt, und ihren Schatten, entweder ganz oder zum
Theil auf den letzten wirft. Diesen Schatten hat man
aber bei allen Mondfinsternissen immer durch eine Kreis-
linie oder einen Kreisbogen begränzt gefunden. Da nun
kein anderer, als ein kugelrunder Körper in jeder Lage
einen kreisrunden Schatten werfen kann, so muß die
Erde die Gestalt einer Kugel haben.
§. 18. Aus dem (vorigen Z) Gesagten folgt eigent-
lich nur, daß die Gestalt der Erde von der einer Ku-
gel nicht sehr abweiche. Um zu prüfen, ob und in wie
fern dieselbe genau eine Kugel sey, muß man sich eines
Hülfsmittcls bedienen, das man in der angewandten
Mathematik und in der Naturlehre mit großem Nutzen
anwendet, um die Genauigkeit der Beobachtungen und
Messungen zu prüfen. Wenn man nämlich die genaue
Richtigkeit irgend eines Satzes nicht unmittelbar prüfen
kann, aber doch auch keine bestimmte Gründe hat, an
der völligen Richtigkeit zu zweifeln; so setzt man voraus,
er sey völlig richtig, und sieht zu, ob die aus dieser
Voraussetzung gezogenen Schlüsse alle mit der Erfahrung
übereinstimmen. Ist dies der Fall, so schließt man wie-
der rückwärts, daß die Voraussetzung wahr sey. Um
dieses auf unfern Gegenstand anzuwenden, wollen wir
vorher, unter der Voraussetzung, die Erde sey eine Ku-
gel, einige Benennungen erklären. Da parallele Linien
und Ebenen, die durch verschiedene Punkte der Erde ge-
legt sind, in Beziehung auf den Firsternen-Himmel als
Eine Linie oder Ebene anznsehen sind, so kann man zur
Erleichterung der Vorstellung annehmen, der Mittelpuukt
der Erde sey zugleich der Mittelpunkt der Himmelskugel,
und die Ebenen aller Kreise,, die wir früher erklärt ha-
den , seyen parallel mit diesen durch den Mittelpunkt der
Erde gelegt. Insbesondere heißt der Kreis, der mit
TM Hauptwörter (50): [T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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hin gerechnet, macht. Dieser Winkel wird durch die Zahl
der Grade des Aequators oder auch eines Parallel-Krei-
ses, welcher zwischen den Ebenen beider Meridiane ent-
halten ist, gemessen. Ist z. B. a (Fig. 8) ein Ort auf
der Erde, n a b s t>er Meridian desselben, n o , der
erste Meridian, o b c bcr Aequator, so ist o die
Länge des Orts a. Was den ersten Meridian betrifft,
so hat die Natur keinen derselben so ausgezeichnet, daß
man von ihm vorzugsweise die Länge an zahlen müßte.
Die Wahl eines solchen ist also der freien Uebereinkunft
der Menschen überlassen. In frühem Zeiten nahmen die
meisten Völker den Meridian ihrer Hauptstadt oder ei-
nes merkwürdigen Punktes ihres Landes für den ersten
an. Nachher vereinigte man sich, dem Beispiel Frank-
reichs gemäß, fast allgemein dahin, den Meridian der
Insel Ferro, welche die westlichste unter- den Canarischen
ist, als den ersten anzunehmen. In den neuesten Zei-
ten endlich ist man wieder zu der altern Methode zu-
rückgekehrt, so daß insbesondere die Franzosen den Me-
ridian der Sternwarte von Paris, und die Engländer
den der Sternwarte von Greenwich, für den ersten an-
nehmen. Uebrigens ist es gleichgültig, von welchem
Meridian Man die Länge zählt. Durch Veränderung des
ersten Meridians wird nämlich nur die Länge aller Orte
um dieselbe Zahl von Graden vermehrt oder vermindert.
Eben so gleichgültig ist es, ob man die Länge beständig
nach Osten hin (von 0 Grad bis zu 360") zählt, oder
ob man nur bis zu 180° nach Osten fortgeht, und für
Orte, deren Länge auf diese Art gezählt, größer als
180° würde, dieselbe vom ersten Meridian westwärts
zählt. Man muß indessen alsdann immer bestimmt an-
geben, ob die Länge östlich oder westlich sey.— Kennt
man nun für irgend einen Ort die geographische Breite
und Länge, so ist seine Lage völlig bestimmt, und man
kann dieselbe auf einein Erdglobus z. B. richtig bemer-
ken. Es kommt also darauf an zu zeigen, wie man die
Länge und Breite für jeden Ort finden kann.
H. 20. Die geographische Breite eines Ortes ist der
Polhöhe desselben gleich. — Um dieses zu beweisen, be-
denke man nur, daß der Scheitel eines Orts ebenviele
Meridian-Grade vom Himmels-Aequator, als der Ort
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dessen die Erd-Meridiane auch keine Kreise seyn, so
sind dieselben doch ganz gewiß krumme Linien. Nun
kann man aber, wie aus der Geometrie bekannt ist,
und aus der Natur der Sache von selbst einleuchtet,
jede krumme Linie ans Kreisbogen zusammen setzen, wenn
man nur sowohl die Größe des Halbmessers, als auch
den Mittelpunkt dieser Kreise für die verschiedenen Stel-
len der krummen Linie ebenfalls verschieden annimmt.
Eigentlich müßte man, um die krumme Linie auf diese
Weise völlig richtig zu erhalten, dieselbe aus unendlich
vielen verschiedenen Kreisbogen zusammensetzen. Allein
da die Gestalt unserer Erde sehr nahe die einer Kugel
ist, also jeder Meridian sehr nahe ein größter Kreis
dieser Kugel ist, so kann man, ohne hier merklich zu
fehlen, ein kleines Stück eines Meridians als Bogen
eines und desselben Kreises ansehn, so daß der Meri-
dian ans einer zwar großen, aber doch endlichen Menge
verschiedener Kreisbogen besteht. Hierdurch werden in
demjenigen, was ( vor. §. ) unter Voraussetzung der völ-
ligen Kugelgestalt der Erde gesagt worden ist, einige
Veränderüngen nöthig, welche wir hier anführen wollen.
1) Wenn die Erde eine völlige Kugel ist, so schneiden
sich die Vertikallinien, die man, an noch so vielen Stellen
der Erdoberfläche zieht, gehörig verlängert in Einem
Punkt, nämlich dem Mittelpunkt der Erde. Ist aber
die Erde keine Kugel, so ist dieses nicht der Fall. Es
sei) z. B. n a b s ( Fi«. 10) ein Meridian, auf wel-
chen man willkührlich zwei Orte a, b der Erde nehme.
Zieht man an beiden die auf dem Horizont senkrechten
Linien a o, b o, bis sie sich schneiden, so werden die-
selben, wenn der Meridian ein Kreis ist, alle gleich
seyn, und alle durch den Mittelpunkt dieses Kreises,
also auch der Erde gehen, wie nahe oder ferne man
auch die Orte a, 1, von einander annehmen mag. Ist
aber a b kein Kreisbogen, sondern ein Stück einer an-
dern krummen Linie, so sind b o, a o einander nicht
gleich, und ihr Durchschnittspunkt o fällt nicht noth-
wendig in den Mittelpunkt der Erde. Freilich, wenn
a_b nur sehr klein ist, so kann man es als ein kleines
«Ltück eines Kreisbogens ansehn, wovon b à, a ä die
- Tangenten sind. Alsdann sind die Linien b o, a o
TM Hauptwörter (50): [T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode]]
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§. 23. Wenn unsere Erde eine völlige Kugel wäre,
so würde Nichts leichter seyn, als aus der bekannten
Größe von einem Grade des Meridians den Umfang
derselben, und dann ferner aus dem bekannten Verhält-
nisse des Umfangs zum Durchmesser ihren Durchmesser,
und ebenso ihre Fläche und ihren Cubik--2nhalt zu fin-
den. Allein weil die Erde von der Kugelgestalt in etwa
abweicht, so findet man, wenn man einen Grad 360*
mal nimmt, nicht den Umfang der Erde, sondern den
Umfang des Kreises, dessen Krümmung der des gemes-
senen Grades so nahe als möglich kommt. Nur für
den Meridian-Grad, welcher unmittelbar am Aequator
liegt, ist der Halbmesser des zugehörigen Kreises dem
des Aequators gleich. Durch Vergleichung der genaue-
sten Messungen findet man diesen Halbmesser —3271864
Tossen, woraus sich der Umfang des Aequators (den-
selben als Kreis betrachtet) — 20457726 Tosten ergibt.
Der Umfang eines Meridians ist dem des Aequators
nicht gleich. Durch Vergleichung der genauesten Messun-
gen berechnete der Astronom Delambre, unter der Vor-
aussetzung, daß die Meridiane die Gestalt einer in der
Geometrie unter dem Namen Ellipse *) bekannten krum-
men Linie haben, den Umfang eines Meridians zu
20524444 Tosten. Er fand zugleich die halbe Achse der
Erde — 3261265, oder um 1ó599 Tosten kleiner, als
den Halbmesser des Aequators. Dieser Unterschied durch
den Halbmesser des Aequators dividirt, heißt die Ab-
plattung der Erde, welche also sehr nahe = ^ ist.
§. 24. Aus dem vorigen erhellt,' daß die Abwei-
chung unserer Erde von der Gestalt einer Kugel so ge-
ring ist, daß man sie in den meisten Fällen vernach'lä-
ßigen kann. Einen sehr schönen und überzeugenden Be-
*) Wenn man den Durchmesser eines Kreises ael^
(Fig. 13) in sehr viele gleiche Theile theilt, an jedem
Theilungspunkt ein Perpendickel errichtet, und von jedem
dieser Perpendickel den ebenvkelsten Theil z. B. f, |
(von dem Theilungspunkte des Durchmessers an gerech-
net) nimmt, und die Endpunkte aller Perpendickel durch
«ine zusammenhängende krumme Linie verbindet, so ent-
steht eine Ellipse a 4 Ir re b x A*
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31 —
achtet nun mit dem Sertanten die Polhöhe, welche der
geographischen Breite gleich ist. Da aus den astrono-
mischen Tafeln die Abweichung der Sonne, sowohl vom
Aequator als Pol, für jeden Tag bekannt ist, so mißt
man, wegen der größer» Leichtigkeit der Beobachtung,
gewöhnlich die Höhe der Sonne, wenn sie durch den
Meridian geht, woraus sich dann leicht die Polhöhe und
die Breite ergibt. — Aus der Breite und ein paar
Sonnenhöhen, die außerhalb des Meridians gemessen
sind,*) kann man leicht die Tageszeit des Ortes der
Beobachtung bestimmen. Da nun die Längen-Uhr zu-
gleich die Tageszeit des Ortes, wovon der Schiffer ab-
gefahren ist, angibt, so findet er dadurch den Längen-
Unterschied beider Oerter, oder wenn er die Länge des
Ortes, wovon er abgefahren ist, kennt, auch die des
Ortes, wo er sich befindet. — Vermittelst der Lärrge
und Breite kann der Schiffer auf einer guten Charte
den Punkt bestimmen, wo er ist. Zieht er auf der Charte
von demselben eine gerade Linie nach dem Orte, wohin
er segeln will, so zeigt ihm diese die Weltgegend, nach
welcher er sein Schiff richten muß. Um demselben wirk-
lich diese Richtung zu geben, dient der Compaß. Die
Einrichtung dieses Werkzeugs beruht auf der bekannten
Eigenschaft der Magnetnadel, daß Sie, wenn sie sich
frei (etwa auf einem festen Stifte u. s. f.) drehen kann,
sich immer nach einer bestimmten Weltgegend, ungefähr
nach Norden richtet.**) In dem Compaß bewegt sich
die Magnetnadel auf der Spitze eines stählernen Stif-
tes, welcher im Mittelpunkte eines in seine Grade ge-
*) In dem so eben angeführten Werke von Biot ist dem 3ten
Bande eine astronomie nautique von dem Schiffs-Ca»
pitain Roussel beigefügt.
**) Nur an wenigen Orten richtet sich die Nadel gerade nach
Norden; allein an demselben Orte richtet sie sich ( we?
nigstens eine geraume Zeit hindurch) nach derselbe» Welt,
gegend. Die Schiffer sind daher genöthigt, auf ihrer
Fahrt, so oft sie können, die sogenannte Abweichung der
Nadel, d. h. den Winkel zu bestimmen, den die Richtung
derselben mit der Mittags-Linie des Orts der Beobach,
tung macht.
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33 —
schiedenen Gegenden gegen die Ebenen, worin sich die
Sterne täglich bewegen (gegen den Aequator und die
Parallelkreise), hat. Für diejenigen, die unter den Po-
len wohnen , ist der Himmels-Aequator selbst der Hori-
zont. Die Parallel-Kreise oder Ebenen, worin sich die
Sterne täglich bewegen, sind daher mit diesem Horizont
parallel. Den Bewohnern dieser Gegenden scheinen da-
her die Sterne, nicht wie uns, auf und unterzugehen,
sondern dieselben bewegen sich, indem jeder Stern im-
mer dieselbe Höhe behält, rund um sie herum. Sie kön-
nen daher auch nicht die Tage nach der Zahl der Auf-
gänge der Sonne, sondern nur nach der Zahl ihrer Durch-
gänge durch die eine Hälfte des Meridians zählen. Diese
sind es, von welchen man sagt, daß Ile die parallele
Sphäre haben. — Der wahre Horizont aller Derjeni-
gen , die unter dem Aequator wohnen, geht durch die
beiden Himmels-Pole, oder durch die Weltachse. Der
Aequator und alle Parallel-Kreise stehen daher auf ihrem
Horizont senkrecht, und die tägliche Bewegung aller
Sterne geschieht in solchen senkrechten Ebenen. Kehrt
ein Bewohner dieser Gegenden, das Gesicht gerade gegen
Norden, so wird ein Stern, der ihm im Osten oder zur
rechten Hand aufgeht, im Meridian gerade durch seinen
Scheitel durchgehen, und ebenso gerade im Westen, oder
zur linken Hand untergehen. Die Bewohner dieser Ge-
genden, haben die gerade aufsteigende Sphäre. In allen
übrigen Gegenden der Erde macht die Weltachse, folg-
lich auch der Aequator mit dem Horizont einen schiefen
Winkel, woher denn auch die täglichen Bewegungen der
Himmelskörper, in solchen gegen den Horizont geneig-
ten Ebenen, zu geschehen scheinen. Für die Bewohner
der nördlichen Hälfte der Erdkugel insbesondere, macht
der Aequator mit dem Horizont nach Norden hin, einen
stumpfen Winkel. Kehrt daher Jemand in diesen Gegen-
den das Gesicht gerade nach Norden, so wird ein Steen,
der ihm im Osten oder zur Rechten aufgeht, den Meri-
dian nicht in seinem Scheitel, sondern südlich von dem-
selben durchschneiden, und endlich im Westen oder zu sei-
ner Linken untergehen. Von allen diesen Gegenden sagt
man, daß sie die schief aufsteigende Sphäre haben.
Brewrrs mathem. Geographie. " 3
TM Hauptwörter (50): [T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode]]
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Gewölbe zu erstrecken braucht, wie der Anblick zu leh-
ren scheint. Da nämlich die Erde und das Master un-
durchsichtig sind, so werden wir die Körper, die eine
solche Lage haben, daß die von unserm Auge nach den-
selben gezogenen Linien die Masse der Erde oder des
Wassers schneiden, nicht sehen können. Ist daher die Ober-
fläche der Erde eine Ebene, so werden wir nur diejeni-
gen Körper sehen, die über dieser Ebene ( die Erde selbst
mag sich bis an das Himmels-Gewölbe erstrecken, oder
nicht ) erhaben sind. Hat aber die Oberfläche der Erde
eine gekrümmte Gestalt, so wird dasselbe von derjenigen
Ebene gelten, welche die Erdfläche an dem Standpunkt
des Beobachters berührt.*) Diese Ebene, deren Lage
in der mathematischen Geographie von der größten Wich-
tigkeit ist, heißt die Ebene des Horizonts. Ein Kreis,
den man sich in derselben, aus dem Standpunkt des Be-
obachters als Mittelpunkt, mit einem unendlich großen
Halbmesser beschrieben denkt, heißt der Horizont. Um
in Beziehung auf die Lage dieser Ebene keine Unbe-
stimmtheit übrig zu lassen, muß man für dieselbe die
Oberfläche der Erde, so wie sie nach Wegnahme aller
Erhöhungen und Vertiefungen seyn würde, annehmen.
Die Oberfläche des Meeres, wenn es in Ruhe ist, stellt
dieselbe in der größten Regelmäßigkeit dar. Man nimmt
daher für jeden auf dem Meere genommenen Standpunkt
die Oberfläche desselben, und für jeden auf dem festen
Lande genommenen diejenige Oberfläche als die Ebene
des Horizontes an, welche das Meer annehmen würde,
wenn es sich bis zu dem Orte der Beobachtung erstreckte.
Es läßt sich indessen ans Gründen der Naturlehre leicht
zeigen, daß diese Oberfläche dieselbe ist mit der eines je-
den stillstehenden Wassers. Die Oberfläche einer jeden
in einem Gefäße ruhig stehenden Wassermasse stellt da-
her, wenn sie gehörig erweitert wird, die Ebene des Ho-
rizonts dar.
An merk. Die Richtung, nach welcher ein, an
seinem obern Ende befestigter und unten mit einem Ge-
*) Man sagt von einer Ebene, daß sie eine gekrümmte Ober»
fläche berührt, wenn sie mit derselben nur einen Punkt
gemeinschaftlich hat.
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Wichte beschwerter, völlig biegsamer, Faden gespannt
wird, heißt die Richtung der Schwere. Aus Gründen
der Naturlehre ist nun ebenfalls leicht einzusehen, daß
die Oberfläche des stillftehenden Wassers allenthalben auf
der Richtung der Schwere senkrecht stehen müsse. Denn
jene Oberfläche bestimmt sich eben durch den Druck und
Gegendruck, welchen die Gewichte der einzelnen Wasser-
theilchen gegeneinander ausüben. Wegen der Flüssigkeit
oder leichten Verschiebbarkeit seiner Theilchen kann daher
das Wasser nicht eher in Ruhe seyn, bis die Oberfläche
desselben nach allen Seiten hin mit der Richtung der
Schwere gleiche Winkel macht. Dieser aus der Natur-
lehre hergeleitete Satz wird auch durch die Erfahrung
auf das vollkommenste bestätigt. Je mehr sich die Werk-
zeuge und Methoden der Beobachtungen verbessert ha-
den, desto mehr hat man sich von seiner völligen Rich-
tigkeit überzeugt. Hieraus ergibt sich also noch ein neues
Mittel, die Lage des Horizonts an jedem Orte zu fin-
den^ wenn man nämlich nur eine Ebene so legt, daß
sie auf der Richtung der Schwere senkrecht steht.
§. 4. Auf unserer Erde sind nun schon sehr viele
und große Strecken von Reisenden durchstrichen; auch
ist sie schon mehrmals, indem man immer nach derselben
Richtung segelte, umschifft worden. Nirgends aber hat man
dadurch einen Ort gefunden, wo der Himmel und die Sterne
auf der Oberfläche der Erde oder der Meere aufliegen.
Hieraus allein folgt schon, daß das Aufsteigen der Sterne
aus dem Meere blos scheinbar ist, und nur dadurch ent-
steht, daß dieselben sich über die mathematische
Ebene, welche durch die unendlich erweiterte Oberfläche
des Meeres gebildet wird, erheben. Ueberhaupt wird
aus §. 14. erhellen, daß der größte auf der Erde mög-
liche Abstand zweier Punkte gegen die Entfernung des
nächsten unter denjenigen Sternen, die man Firsterne
nennt, unendlich klein ist. Man kennt auch bis jetzt
kein Mittel, die Entfernung der Firsterne von der Erde
oder auch ihre Entfernung von einander zu messen. Al-
les, was wir daher über diesen Gegenstand wissen, be-
zieht sich nur auf die Winkels welche theils die Ebenen,
worin die Sterne sich befinden, oder bewegen, theils
die geraden Linien, die man von unserm Auge nach zwei
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Sternen zieht, unter einander machen. Man sagt da-
her von zwei Sternen, daß sie um 20, 90 u. s. f. Grade
voneinander abstehn; wenn die von unserm Auge nach
denselben gezogenen Linien einen Winkel von der angege-
benen Zahl von Graden machen. Nachdem nämlich die-
ser Winkel für zwei Firsterne größer oder kleiner ist,
scheinen dieselben uns weiter oder minder weit von ein-
ander entfernt zu scyn. Rückte ein Firstern in der ge-
radelt Linie, die zwischen ihm und unserm Auge gezogen
wird, auch noch so weit fort, so würde seine scheinbare
Lage gegen uns, so wie gegen alle übrigen Firsterne, da-
durch nicht geändert werden. Um also die Lage der
Sterne gegeneinander, in so weit es angeht, zu bestim-
men, denkt man sich aus dem Orte des Beobachters als
Mittelpunkt eine Kugel von einem unendlich großen Halb-
messer beschrieben. Denkt mau sich nun von dem Auge
des Beobachters nach jedem Sterne eine gerade Linie
gezogen, und dieselbe verlängert, bis sie die Oberfläche
dieser Kugel trifft, so ist der Punkt, wo dieses geschieht,
für uns der Ort des Sterns, worauf wir ihn nämlich
nothwendig beziehen müssen. Aàsterne, deren Ort,
auf diese Art bestimmt, derselbe ist, machen für uns nur
Einen Stern aus.
Anmerk. Wenn man die Sache auf die so eben
angeführte Art betrachtet, so hebt sich der Zweifel, ob
die Sterne wirklich in der Oberfläche einer Kugel ver-
tbeilt, oder alle gleich weit von uns entfernt sind, von
selbst. Die Himmelskugel nämlich ist nur eine gedachte,
übrigens vollkommene Kugel, welche durch den Horizont
genau in zwei gleiche Theile getheilt wird.
§. 5. Eine an dem Ort der Beobachtung, auf den
Horizont senkrecht errichtete Linie heißt eine Vertikallinie;
v und jede durch dieselbe gelegte Ebene eine Vertikalebene.
Denkt man sich die Vertikalume über dem Horizont bis
an die Oberfläche der Himmelskugel verlängert, so heißt
der Punkt, wo sie diese letztere trifft, der^cheitel oder
das Zenr'th des. Beobachters. Der Punkt, wo dieselbe
Linie, nach unten hin verlängert, die Himmelskugel trifft,
heißt, der ^nßpunkt,.,das Nadir. Man kann durch den
Mittelvunkt der Himmelskugel und durch den Scheitel
eines Ortes so viele Ebenen, als man will, legen. Jede
TM Hauptwörter (50): [T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode]]
TM Hauptwörter (100): [T27: [Erde Linie Punkt Breite Länge Kreis Ort Meile Winkel Meridian], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
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