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trauen auf Gottes Kraft. Er floh, da er verfolgt wurde, in das
Land der Midianiter. Hier beschützte er bei einem Brunnen die
Töchter des Priesters Reguel gegen rohe Hirten, wurde von dem
Priester gastfreundlich ausgenommen, heirathete dessen Tochter Zipora,
ward Vater der beiden Söhne Gerson und Elieser und weidete die
Heerden. Vierzig Jahre war er hier gewesen und hatte sich de-
müthigen gelernt, da offenbarte sich ihm, als er eines Tages in der
Nähe des Berges Horeb, eines Theils vom Sinai, die Schafe hü-
tete, der Herr in einem brennenden, aber nicht verbrennenden Dorn-
büsche, befahl ihm, mit dem Pharao zu reden und sein Volk aus
Ägypten hinweg zu führen, und rüstete ihn zum Zeichen seiner
göttlichen Sendung mit Wunderkräften aus. Moses schützte seine
schwere Sprache und seine schwere Zunge vor. Darum sollte er
seinen Bruder Aaron mitnehmen und für sich reden lassen. Somit
war Moses berufen, die Erkenntniß und Verehrung des wahren
Gottes, die Hoffnung auf den künftigen Erlöser und den Eifer für
die Bekämpfung und endliche Besiegung des Götzendienstes und
damit des Reichs der Finsterniß unter den Nachkommen des Abra-
ham, die nun zu einem Volke sich vermehrt hatten, zu bewahren;
damit dies aber unter den veränderten Umständen gelänge, die Is-
raeliten nach und nach unter unmittelbarer göttlicher Leitung zu
einer Nation mit bürgerlicher Selbständigkeit zu erziehen.
Dazu war der Auszug des Volkes aus Ägypten der erste noth-
wendige Schritt. Moses verließ seinen Schwager, zog nach Ägyp-
ten, versammelte mit Aaron die Ältesten in Israel und bezeigte sich
als den Gesandten des Herrn. Sein Antrag bei Pharao verschlim-
merte die Lage der Israeliten. Nach einander kamen zehn Plagen
über das Land. Die letzte bestand in dem plötzlichen und gleichzei-
tigen Tode aller Erstgeborenen der Ägypter. Da endlich gebot
der König, sie sollten eiligst das Land verlassen. Sogleich, nachdem
die Israeliten das letzte Festmahl gehalten hatten, brachen sie mit
all ihrer Habe auf und wandten sich, unter Moses Leitung, dem
rothen Meere zu. Allein Pharao bereuete seinen Befehl, sammelte
sein Heer, setzte den Israeliten nach und wollte sie mit Gewalt
zurück führen. Doch diese zogen eben, als Jene ankamen, aufwun-
derbare Weise und wohlerhalten durch das rothe Meer. Die Ägyp-
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit]]
TM Hauptwörter (100): [T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
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— 58
men zwölf Perser auf Einen Griechen. Alles war in Angst; nur
Ein Mann nicht, der freilich ein ganzes Heer aufwog, der athenische
Feldherr Miltiades. Er war einer der zehn Anführer, von de-
nen jeder abwechselnd einen Lag den Oberbefehl hatte. Unter sol-
chen Umständen konnte nicht wohl von Einheit die Rede seyn.
Darum brachte er nach und nach die übrigen dahin, daß ihm der
Oberbefehl allein auf alle Tage gegeben wurde. Nichts desto we-
niger wartete er, bis sein Tag gekommen war. Es war der 29ste
Septbr. 490 v. Ehr. Da stellte er die athenischen Krieger auf der
kleinen, durch Versumpfungen beengten, persischen Reitergefechten
ungünstigen Ebene von Marathon ziemlich weit auseinander,
damit sie von den 120,000 Persern nicht überflügelt werden konn-
ten; die stärksten Männer kamen auf die Flügel, die Sklaven in
die Mitte. So rannte man in vollem Laufe gegen die Perser an.
Diese durchbrachen zwar die schwache Mitte; allein nachdem ihre
beiden Flügel geschlagen waren und die Flucht gegen das Meer zu
ergriffen hatten, schwenkten die Athener von beiden Seiten auf die
Mitte zu und trieben die hier auch geschlagenen Perser zu eiliger
Flucht. Schnell suchten die Perser mit ihren Schiffen vor Athen
zu gelangen. Allein da war Miltiades mit seinen Helden schon
bereit sie zu empfangen. Und nun kehrten sie bestürzt nach Asien
zurück. Es war eine Heldenschlacht gewesen: zehn tausend hatten
hundert und zwanzig tausend geschlagen. Diese Eine Schlacht hatte
die Freiheit von ganz Griechenland begründet. Von den Griechen
waren 92, von den Persern 6400 auf dem Kampfplatze geblieben.
Wenige Tage nach der Schlacht kamen die Spartaner und wollten
helfen; allein das große Werk war schon geschehen, und sie konn-
ten nur noch den athenischen Muth bewundern. Die Belohnung
des Miltiades bestand darin, daß auf dem Gemälde von dieser
Schlacht, welches die Stadt für die öffentliche Bilderhalle malen
ließ, der Maler das Bild des Miltiades in den Vordergrund stel-
len musste. So einfach waren noch damals die Sitten, und so
hochherzig der Sinn der Vaterlandsfreunde!
Nach dem Tode des Miltiades, der wenige Jahre nach der
Schlacht erfolgte, traten zwei Männer hervor, welche eine Zeit lang
die wichtigsten Angelegenheiten Athens leiten sollten. Themisto-
TM Hauptwörter (50): [T14: [Athen Stadt Athener Sparta Spartaner Griechenland Krieg Perser Flotte König], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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— 192
selbe Grund vor, welcher Karln gegen die Sachsen ins Feld führte.
Allein so lange er noch mit diesen zu thun hatte, muffte er sich
auf das Nothwendigste beschränken d. h. auf den Schutz seiner
eigenen Grenzen und auf die Schwächung ihrer Kräfte durch
Uneinigkeit unter einander. Sie zerfielen nämlich in mehrere Stäm-
me (die Wenden in Norddeutschland, Obotriten in Mecklenburg, Wit-
zen in Pommern, Sorben zwischen Oder und Saale, Tschechen in
Böhmen) und da reizte Karl leicht heimlich einen gegen den andern
auf. Als er aber vor den Sachsen Ruhe hatte, griff er sie gerade-
zu an (789) und besiegte die Obotriten und Wilzen. Allein da
die Slaven keinen so starken Freiheitssinn, wie die Deutschen
hatten, auch zum Scheine das Christenthum annahmen, ohne sich
wirklich zu ihm zu bekehren; so konnte Karl es noch nicht zu ei-
ner nachhaltigen, wahren Unterwerfung bringen, sondern musste sich
begnügen, ihnen Furcht eingeflößt und seinen Nachfolgern doch den
Anfang ihrer Unterwerfung und Bekehrung hinterlassen zu haben.
Große Plane mögen sich an die Kriege gegen die Avaren, ei-
nen wilden tatarischen Volksstamm, welcher sich in Ostreich und
Ungarn festgesetzt hatte, geknüpft haben. 791 zog Karl gegen sie
die Donau hinab und verheerte und eroberte ihr Land bis an die
Raab. Wahrscheinlich wollte er auf diesem Wege weiter bis Kon-
stantinopel Vordringen und sich zum Herrn von Morgen- und Abend-
land machen. Er begann durch einen Kanal Rhein und Donau
zu verbinden. Allein auch diese Arbeiten wurden durch die Sachsen
zu Nichte gemacht. Und darum gelang es auch nicht eher, als bis
die Sachsen sich unterworfen hatten, die Avaren völlig zu besiegen,
sie zum Christenthume zu bekehren und ihr Land bis zur Raab
zur östlichen Mark zu machen (893).
' Durch alle diese Kriege hatte Karl das fränkische oder deutsche
Reich vom Ebro bis zur Raab, von Benevent bis zur Eiver aus-
gedehnt. Mit Ausnahme der Engländer und Normannen oder
Skandinavier waren alle deutschen Völker unter Einem Scepter
vereinigt. Sie alle bekannten die katholische Religion, deren Haupt
der Papst war, und fühlten sich eins gegen die Mohamedaner im
Süden, gegen das griechische Christen- und Kaiferthum im Osten,
und gegen die heidnischen Slaven und Normannen im Norden,
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl
165 —
Mordens, das so lange Europa durchtobt hatte, sollte Friede und
Ordnung herrschen, genug es sollte der Gedanke christlicher König-
reiche ins Leben gesetzt werden. Wie sehr er aber auch hiefür ar-
beitete und z. B. durch Vermählung seiner zahlreichen.töchter eine
Fürstenfamilic und dadurch nach und nach die Völkerfannlie grün-
den wollte; so scheiterten seine Bemühungen doch an der Herrsch-
sucht und Selbstsucht besonders des fränkischen Königs Chlodwig,
welcher unter den Franken mit Meuchelmord und Krieg wüthete,
bloß um recht viel Land und Volk unter seine Herrschaft zu brin-
gen. Und so große Ehre er selbst auch bei den Völkern genoß und
so hoch er nach seinem Tode (526) auch in Liedern gepriesen wurde:
so hatte er es doch nicht erreichen können, die Herrschaft der Go-
then und seiner eigenen Familie dauernd zu begründen. Kaum
war er todt, so begann unter den gothischen Großen um die Wahl
des Königs, da Dietrichs zehnjähriger Sohn bald auch gestorben
war, bitterer Streit. Der morgenländische Kaiser Iuftinian benutzte
das, sandte seine Feldherren (Belisar, dann Narses), führte einen
langen und hartnäckigen Krieg und vertrieb endlich die noch übri-
gen Gothen aus Italien.
So war denn zwar durch die ungeheure Völkerwanderung kein -
einzelnes großes Reich gegründet, das auf dauernden Bestand hätte
rechnen können; aber es waren trotz allen Blutvergießens eine
Menge der herrlichsten Keime gelegt, welche in herrlicher Schönheit
aufgehen und Frucht in reichlicher Fülle bringen sollten: deutsches
Wesen hatte in Europa die Oberherrschaft erworben; durch das
Christenthum veredelt sollte es nun diesen Erdtheil nach und nach
umgestalten.
A3.
M o h a m e d.
Das morgenländische Kaiserthum hatte während der Völker-
wanderung keine großen, erschütternden Stürme von Außen erdul-
det, sondern im Ganzen die von Konstantin gemachten Einrichtun-
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Extrahierte Personennamen: Chlodwig Dietrichs Iuftinian Konstantin
210 —
jetzt gehörten sie allein und gänzlich der Kirche. Nur die Geist-
lichkeit sollte ferner den Bischof wählen, der Papst ihn bestätigen;
die weltliche Macht sollte gar Nichts mehr dabei zu befehlen ha-
den. Das waren die beiden Grundpfeiler der neuen Kirchenmacht:
Sittenreinheit im Innern, Unabhängigkeit von Außen. Und da-
mit nun der Papst wiederum in der Kirche der Erste sei, erklärte
er jede Kirchenversammlung für ^ungültig, die nicht vom Papste
allein ausgeschrieben wäre. Auch die Verbindung mit der gesamm-
ten Kirche wusste er einzuleiten und zu erhalten, indem er Lega-
ten (Abgesandte) überall hinschickte, die nach dem Rechten sehen und
die päpstliche Macht handhaben mussten.
Wenn Gregor diese Gesetze in Deutschland durchführen konn-
te, so war der große Plan ausgeführt. Die Gelegenheit war gün-
stig. Die Sachsen hatten Heinrich bei ihm angeklagt, Heinrich
unvorsichtiger Weise wieder die Sachsen, und so war er von selbst
Schiedsrichter geworden. Er beschied Heinrich vor seinen Richter-
stuhl nach Rom und sprach über alle Bischöfe, die Heinrich durch
Simonie in ihre Ämter gebracht hatte, den Kirchenbann aus.
Heinrich nahm die Sache zu leicht, hielt 1076 ein Concil zu
Worms von deutschen Bischöfen und setzte Gregor ab. Die-
ser wagte das Kühnste, that den weltlichen Herrn der Christenheit
selbst in den Bann, sprach alle Völker von ihrer Eidespflicht ge-
gen ihn los und entsetzte ihn seiner kaiserlichen und königlichen
Würde. Heinrich lachte Anfangs. Bald aber ward er mit
Schrecken gewahr, daß mit Ausnahme der Städter und Bauern
Alles von ihm absiel und ihn wie einen Verpesteten mied. Gre-
gor hatte die frommen Deutschen gekannt. In ganz Deutschland
erhob sich der Aufruhr. Die sächsischen Fürsten machten sich frei
und vertrieben die fränkischen Besatzungen. Alle Feinde erhoben
sich. Ein Fürstentag setzte Heinrich so lange ab, bis er sich vom
Banne befreiet habe. Noch dazu ward ihm der Weg nach Italien
versperrt. Heinrich sah kein anderes Mittel, als sich nach Italien
durchzuschleichen und sich vom Banne lossprechen zu lassen. Von
seiner getreuen Bertha, seinem kleinen Sohne und einem einzigen
Ritter begleitet, trat er um die Weihnachtszeit des sehr harten
Winters 1076 die Reise über die unwegsamen Alpen an. Es
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Extrahierte Personennamen: Gregor Gregor Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Gregor Gregor Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Bertha
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Sachsen Rom Deutschland Italien Italien
245 —
und Herrlichkeit beizutragen. Man wählte selten Kaiser aus mäch-
tigen Fürstenhäusern; Schatten wollte man, um selber groß zu
werden. Die Idee vom römischen Kaiserthume als der Herr-
schaft über die ganze christliche Welt wurde aufgegeben. Noch
einige Kaiser unternahmen Römerzüge, doch mehr zum Staunen
und Ergötzen der Italiener, als zur Wiederherstellung der verlore-
nen Macht. Ja selbst die Krönung durch den Papst ward nicht
mehr für nöthig erachtet: der Kurverein zu Reuse setzte fest, der
deutsche König sei und bleibe römischer Kaiser durch die Wahl der
Kurfürsten (welche bald darauf durch die goldene Bulle auf sieben
— drei geistliche von Mainz, Cölln und Trier, und vier weltliche
von der Pfalz, Böhmen, Wittenberg und Brandenburg festgesetzt
wurden), der Papst habe darüber nicht zu entscheiden, die Wahl
zu Frankfurt mache ihn allein zum Kaiser. Es wäre recht gut
gewesen, wenn die Kaiser noch die alte Macht gehabt hätten; denn
dann hätte man es als einen endlichen Sieg über den päpstlichen
Stuhl ansehen können. Allein leider hatten beide, Kaiser so gut
wie Papst, ihre Bedeutung ziemlich verloren: die Cardinäle, Bi-
schöfe und Klostergeistlichen trieben mit der Kirche ein gefährlich
Spiel, fromme Päpste wollten weder die Cardinäle, noch Frank-
reich, das die Wahl regierte; das geistliche Verderben erreichte eine
bedenkliche Höhe; die mächtigen Fürsten wollten ebenfalls vom
Kaiser sich nichts mehr befehlen lassen, die Städte und kleineren
Herren im Reiche lagen in beständigen Fehden, Bündnisse aller
Art zu Schutz und Trutz wurden sowohl zwischen den Städten,
als zwischen den Rittern geschlossen, und Kampf gab's aller Orten.
Aus solchen Zuständen sehnte man sich heraus. Die Deutschen und
die übrigen Völker wünschten den Papst lieber in Rom zu sehen,
Frankreich wollte ihn in Avignon behalten. Endlich wählten sich
1378 die Römer mit Gewalt einen Papst, die französischen Cardi-
näle wählten auch einen. So hatte man zwei Päpste zugleich.
Auch nach ihrem Tode ging das so fort. Während dieser Kirchen-
trennung (Schisma) ging vollends noch das Ansehen der Päpste
darauf. Die Gegner verbannten und verketzerten sich gegenseitig,
spien Gift und Galle gegen einander, machten den gesammten Cle-
rus und die damals und auch dadurch sich mehr erhebenden Uni-
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Extrahierte Ortsnamen: Mainz Wittenberg Brandenburg Frankfurt Rom Frankreich Avignon
— 264 —
loren. Nun sollte ein Reichstag zu Augsburg (1500) Hülfe gegen
Türken und Franzosen schaffen; allein auch dies Mal war wieder
alles Dringen und Bitten des Kaisers vergeblich. Maximilian
sagte, „der König von Frankreich herrsche über Esel, denn sie trügen
was er ihnen auflege; der König von England über Engel, denn
sie vollbrächten alles Gebotene willig; der König von Spanien
über Menschen, denn sie folgten ihm, aber nur in rechten billigen
Dingen; er selber aber über Könige, denn seine Fürsten gehorchten
ihm nur soviel ihnen beliebe." Noch schlimmer gings in den nie-
dern Schichten des Volks zu, der Bauer war ein geplagter Mann,
die ewigen Fehden der Fürsten und Herren ließen ihn nicht zur Ruhe
kommen; es gab schon Bauernaufstände zu dämpfen. Neben-
bei benutzte aber Maximilian alle Gelegenheiten, seine Hausmacht
zu vergrößern. Erbschaften, Verträge, Kriege: Alles war ihm zu
Erreichung dieses Zweckes willkommen. Gar zu gern hätte er den
kühnen und großen Plan eines Vernichtungskrieges gegen die Tür-
ken ausgeführt, gar einen Aufruf an die Freiwilligen im deutschen
Reiche erließ er; aber es kam Keiner, und die Türken befestigten
sich immer mehr in ihrer Macht. Er konnte sich indessen schnell
wieder in neue Plane vertiefen, ohne daß ihm ein aufgegebener viel
Schmerzen machte. Die Art, wie der Papst Julius mit ihm und
überhaupt mit den Fürsten umsprang, veranlaffte ihn zu dem Aus-
rufe: „Es ist gut, daß Gott selbst die Welt regiert, denn mit sei-
nen beiden Statthaltern, dem versoffenen Julius und mir, dem ar-
men Gemsensteiger, ist sie schlecht bestellt." Ja da er im Papst-
thume Nichts weiter sah, als eine Verwaltung des weltlichen Kir-
chenstaats, so trug er sich mit dem abenteuerlichen Gedanken herum,
des Papstes Julius Eoadjutor und dann selber Papst zu werden.
Es blieb ein wunderlicher Einfall. Allein in Italien ging durch
die Franzosen und durch die Tapferkeit der Schweizer, welche sich
schon damals und nachher immerfort für Geld in fremder Fürsten
Dienste vermieteten (so daß oft Schweizer gegen Schweizer kämpfen
mussten), nach und nach Alles verloren; endlich wurde ihm noch
Verona für 200,000 Dukaten von Venedig abgekauft. Desto mehr
gewann er durch Heirathen für seine Erbstaaten. Auch war er für
diese sehr thätig durch gute Einrichtungen für das gemeine Wohl:
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Extrahierte Personennamen: Maximilian Maximilian Maximilian Maximilian Julius Gott Julius Julius_Eoadjutor
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich England Spanien Italien Venedig
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ersetzen. Nur nach Thüringen, wo der Vater mit seinen zwei Söh-
nen, denen er die Erbfolge zu entziehen suchte, einen schrecklichen
Krieg führte, der in einen Bürgerkrieg ausgeartet war und schon
sieben Jahre gedauert hatte, muffte er selbst, wenn auch ohne Heer,
ziehen. Er brachte (1290) einen Vergleich zwischen den Streiten-
den zu Stande. Dann aber trat er kräftig gegen die dortigen
Raubritter auf, ließ gegen 60 ihrer Burgen schleifen, stiftete in Er-
furt zwischen Rath und Gemeinde Frieden und ging nach Speier
zurück. Von hier aus verkündete er allgemeinen Landfrieden, ver-
bot alle Selbsthülfe, erlaubte Fehden nur bei ungenügendem Schieds-
sprüche des Richters, verbot die Anlegung neuer Zölle und den
Städten die Aufnahme neuer Pfahlbürger, und kaufte eine Menge
Güter für seine Familie zusammen. Allein sein Lieblingsplan, auf
dem Reichstage zu Frankfurt von den Kurfürsten die Ernennung
seines Sohnes Albrecht zum Nachfolger zu erlangen, schlug fehl.
Verstimmt darüber zog er nach Straßburg. Dort saß er mit seiner
Gemahlin beim Schachspiele, als ihn sein Arzt auf die bedenkliche
Abnahme seiner Kräfte aufmerksam machte. Da rief er mit ge-
wohnter Heiterkeit: „Also auf nach Speier zur Gruft der Vor-
fahren !" Sogleich brach er auf, ließ sich noch zu rechter Zeit mit
den Sterbesakramenten versehen, starb den 15. Juli 1291 und
wurde im Dome zu Speier beigesetzt. Die Trauer um ihn war
groß und allgemein; man fühlte, daß man einen Vater des Vater-
landes in ihm verloren hatte. Er war kein Mehrer, eher ein Min-
derer des heil, römischen Reiches gewesen; aber dem deutschen Volke
hatte er außerordentlich viel Gutes gethan, wenn auch sein eigen
Haus klüglich dabei nicht vergessen.
Ss.
Philipp Lv. -er Schöne, König von Frankreich.
Auch in Frankreich waren die Karolinger schwache Regenten
gewesen; die Königskrone war 987 an den Grafen von Paris,
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Extrahierte Personennamen: Albrecht Philipp_Lv Philipp
Extrahierte Ortsnamen: Thüringen Frankfurt Straßburg Frankreich Frankreich Paris
— 276 —
Der Kaiser verließ dann Deutschland, und Viele glaubten, nun
werde die Sache schon von selber wieder schlafen gehen.
Hier auf der Wartburg war Luther, zwar auch als Ritter
Jörge zum Schein der Jagd beflissen, desto fleißiger in der weite-
ren Grundlegung für sein großes Werk: er trieb Griechisch und
Hebräisch, schrieb eine Erklärung der sonntäglichen Evangelien und
Episteln, übersetzte zunächst das Neue Testament auf's Neue in's
Deutsche und warf dem Erzbischof von Mainz in einem Büchlein
wider den neuen Abgott zu Halle das Wiederaufleben des Ablaß-
unfuges vor. Melanchthon war gleichfalls sehr thätig; er schrieb
sein vielberühmtes und oftgedrucktes Lehrbuch des reinen evangeli-
schen Glaubens. Von der Ausführung der wider Luthern ausge-
sprochenen Acht war gar nicht die Rede; denn der Kaiser war in
Spanien, das Reichsregiment hatte keine Lust dazu. Darum scheu-
ete sich auch Luther nicht, sein Versteck zu verlassen (1522) und
gegen die Aufrührer in Wittenberg zu predigen, welche den gan-
zen Cultus veränderen und auch das Gute und Achte der bisheri-
gen Weise des Gottesdienstes aus der Kirche entfernen wollten.
Er selbst nahm die geeigneten Veränderungen vor: die Messe wur-
de deutsch gelesen, die Privatmesse aufgehoben, die deutsche Sprache
für die ganze Liturgie eingeführt, der Kirchengesang abwechselnd
deutsch und lateinisch eingerichtet, das Abendmahl in beiderlei Ge-
stalt ausgetheilt und die Predigt zum Hauptstück des Gottesdien-
stes erhoben. Zu gleicher Zeit verließen auf Luthers Anregung
viele Mönche und Nonnen die Klöster, brachen ihr Gelübde und
traten in den Ehestand. Luther selbst heirathete (1525) eine gewe-
sene Nonne, Eatharina von Bora. Die Reformation bekam durch
Luthers eigenes Thun und durch die fortgesetzte Bibelübersetzung
nicht bloß eine sichere Grundlage, sondern auch einen immer grö-
ßeren Anhang unter dem Volke. Widerstand dagegen goß nur
Öl in's Feuer. Die bedeutenden Städte des Reichs führten selbst-
ständig die Reformation bei sich ein.
Nun aber drohete um diese Zeit eine Gefahr, im Volke selbst
entsprungen, das neue Werk der Kirchenverbefserung zu zerstören.
Luther hatte in seinem Verkehr mit Fürsten und Herren, wo es
auf die Entscheidung über reine Lehre ankam, diesen oft sehr we-
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
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Extrahierte Personennamen: Melanchthon
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Wartburg Mainz Spanien Wittenberg
— 324 —
gen gedachte. Die Verwüstungen am Rhein dauerten fort, ohne
daß es zu einer ernstlichen Schlacht kam; tausende von Orten gin-
gen in Flammen auf. Auch nach Spanien wurde der Krieg ge-
spielt und nicht ohne Glück geführt. Indessen nun ging das Geld
aus, der Finanzminister Colbert erklärte, ohne Frankreichs Unter-
gang den Krieg nicht fortsetzen zu können, der König entschloß sich
zum Frieden: er erhielt die Franche Comte und 16 niederländische
feste Plätze von Spanien, von Deutschland Philippsburg; aber
Holland büßte auch nicht ein Dorf ein. Ein Eroberer aber ist wie
das Raubthier, das einmal Blut geleckt hat, eine unwiderstehliche
Begier treibt nach Mehr, und Ludwig war ein Eroberer. Er ent-
warf in den nächsten Jahren, wo er sich ausruhen, neues Geld
zusammenpressen und gleichsam neue Soldaten wachsen lassen
musste, einen großartigen Plan. Da er Deutschland und seines
Kaisers Schwäche kennen gelernt hatte, so sollte der Türke Wien
einnehmen, bis an den Rhein Vordringen, und dann wollte Ludwig als
der Netter des christlichen Europa auftreten und natürlich auch
Herr desselben werden. Ehe aber noch dieser Plan ausgeführt
wurde, wurde etwas ganz Neues erfunden und eingerichtet. Es
wurden s. g. Neunionskammern den einzelnen Parlamenten beige-
fügt, welche untersuchen mussten, welche Länder und Städte einst
als Lehen oder sonst wie zu den deutschen Gebieten gehört hätten,
die Frankreich durch den westphälischen Frieden erhalten hatte.
Bald waren an 666 Städte, Flecken und Schlösser herausgebracht.
Nun wurden die deutschen Fürsten aufgefordert, sich damit auf's
Neue von Frankreich belehnen zu lassen und, als sie nicht erschie-
nen, die Lehen für verfallen erklärt. Man brauchte Gewalt. Die
Verletzten klagten beim deutschen Reichstage; allein dieser stritt sich
lieber darüber herum, wie man sitzen oder das Wort Kurfürst
schreiben solle, als daß er die Neichsangelegenheiten behandelte, und
unversehens hatte Ludwig Straßburg und Casale, die Schlüssel zu
Deutschland und Italien, genommen. Das herrliche Münster in
Straßburg wurde wieder eine katholische Kirche; der Bischof war
so verrückt, den König bei seinem Eintritt in dasselbe mit den Wor-
ten zu empfangen: „Herr, nun lässest du deinen Diener in Frieden
fahren, nachdem er deinen Heiland gesehen!" Dann brach er in
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