476—1 100.
51
Wilhelm der Eroberer (1066—1087) behandelte
zuerst die überwundenen Sachsen mit einiger Milde, denn da-
durch daß er die angelsächsische Bevölkerung in England be-
ruhigte, hoffte er um so viel unumschränkter über die Norman-
die und seinen normännischen Adel herrschen zu können. Allein
nach einem Aufstande der Angelsachsen ging er mit Strenge zu
Werke, so wie seine wilde und grausame Gemüthsart dies mit
sich führte: er ließ ganz England aufmessen, und theilte cs in
60,215 Theile, welche er als Lehen seinem normannischen Adel
schenkte und zwar so, daß er sich nicht bloß von den vornehm-
sten Vasallen, sondern auch von solchen, die diesen untergeordnet
waren, einen unmittelbaren Eid leisten ließ. Der angelsächsische
Adel behielt nur unbedeutenden Landbesitz und zwar abhängig von
dem normannischen Eroberer und seinem französisch redenden Adel,
der das Land mit seinen Burgen bedeckte. Große Strecken
Landes wurden um der Jagd willen verwüstet; strenge Jagd-
gesetze sicherten dem König und den normannischen Herren das
Jagdrecht. Wilhelm schrieb große Steuern aus, von welchen
auch der Adel seinen Theil als Kriegsschuld erlegen mußte; für
dieses Geld miethete er fremde Truppen, eine Garde, sowohl
gegen die Angelsachsen als gegen die Normannen.
Auch über die Kirche dehnte der ungestüme und kräftige
Eroberer seine Gewalt aus: er gab das Erzbisthum in Canter-
bury seinem Rathgeber und Beichtvater, dem gelehrten Lan-
sranc, der mit Kraft über die englische Kirche herrschte.
So war König Wilhelm der Erste so gut wie unum-
schränkter Herr in England: seine Macht über die Vasallen,
sein Einfluß auf die Kirche war viel größer als derjenige, den
die Könige von Frankreich und Deutschland besaßen.
Auf einem Kriegszuge, den Wilhelm gegen seinen Lehns-
herrn, den König Philipp I. von Frankreich unternahm, stürzte
der riesige Reiter mit dem Pferde und starb an den Folgen
seines Falles (1087).
4'
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Extrahierte Ortsnamen: Sachsen England England Canter- England Frankreich Deutschland
476—1100.
63
Als Heinrich seinen Gegner in einer Schlacht überwun-
den und getödtet hatte, sah er sich in den Stand gesetzt, ein
Heer über die Alpen zu führen, um in der Hauptstadt der Welt
selbst den übermüthigen Papst zu demüthigen. Nom wurde ein-
genommen, der Papst schloß sich in die Engelsburg ein, allein
entkam durch den Beistand Robert Guiscards, seines nor-
mannischen Vasallen. Er starb in Salerno 1085 mit den
Worten: Ich habe die Gerechtigkeit geliebt und die Ungerech-
tigkeit gehaßt; darum sterbe ich in der Landflüchtigkeit!" Allein
der Tod des Papstes, oder die weltliche Uebcrmacht verschafften
dem Kaiser noch bei weitem den Sieg nicht; denn die folgenden
Päpste machten Gregors Plan zu dem ihrigen. Neue Un-
ruhen zwangen den Kaiser, nach Deutschland zurückzukehrcn, wo
sogar sein eigner Sohn einen Aufruhr gegen ihn erregte, und
er starb 1106 ohne die verwickelten politischen und kirchlichen
Angelegenheiten geordnet zu haben. Nach einer Reihe von
Kämpfen mit der Kirche kam endlich in Worms 1122 zwischen
dem Papste und dem Kaiser Heinrich V. ein Vergleich zu
Stande (1106—1125). Die Bischöfe sollten frei von den
Geistlichen gewählt werden, welchen die Wahl zukämc, der Papst
sollte alleiniges Recht zur Investitur (Bestätigung der geistlichen
Wahl) haben, der Kaiser dagegen den Geistlichen weltliche
Lehen zucrtheilen.
Aehnliche Bestimmungen rücksichtlich des Verhältnisses zwi-
schen Kirche und Staat wurden nach und nach auch in den
übrigen wichtigsten Staaten in Europa angenommen, und selbst
der englische König Heinrich I. (1100—1135), der Sohn
Wilhelm des Eroberers, mußte nach einem heftigen Kampfe dem
Papste die Investitur abtreten.
So hatte nun die Kirche ihr Ziel erreicht, ihren eignen
Staat unabhängig und mächtig dem Staate gegenüber zu stellen.
Diese geistliche Uebcrmacht, so gefährlich sic auch für die Sicher-
heit und Entwicklung der Staatsmacht war, war gleichwohl für
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Robert_Guiscards Gregors Heinrich_V. Heinrich_V. Heinrich_I. Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Engelsburg Salerno Deutschland Worms Europa
1100—1517.
89
Freiheit erst als Damiette wieder zurückgegeben wurde (1250).
Er hielt sich noch mehrere Jahre in Syrien auf, war bemüht
die christlichen Städte zu befestigen und zu sichern und kehrte
erst (1254) nach Frankreich zurück, als der Zustand des Reiches
dies in hohem Grade nothwendig machte. Voll Sorge über den
unglücklichen Ausfall dieses Zuges und über die Lage der Christen
im heiligen Lande, welches die Mameluken, von Aegypten aus,
plündernd durchzogen, unternahm er in seinem Alter einen Zug
nach Tunis, allein wurde während der Belagerung der feind-
lichen Stadt von der Pest (1270) wcggerafft.
Ludwig Ix war der letzte König der mit einem Heere
zur Eroberung des heiligen Landes auszog. Die Begeistrung
für die Kreuzzüge hatte sich in den 200 Jahren, in denen
Europa fast ununterbrochen seine Bevölkerung ausgesandt hatte,
damit sie entweder im Sande der Wüste verschmachte oder dem
Schwerte der Saracenen erliege, erschöpft. Der letzte Fleck
Landes, den die Kreuzfahrer in Palästina besaßen, Akkon,
wurde 1291 von den Ungläubigen erobert, und somit war aller
äußere Vortheil dieser mächtigen europäischen Bewegung
verschwunden.
Allein die heiligen Kreuzzüge hatten den Sinn der Menschen
auf das Streben nach himmlischen Gütern gerichtet, sic hatten
das Ansehn der geistlichen Macht über die weltliche vollendet,
sie hatten die Macht der Krone über die Vasallen, von denen
so viele entfernt und gctödtet wurden, befestigt, hatten den Handel,
besonders den der italienischen Städte erweitert, welche letztere
gleichfalls bei der Uebersahrt und Unterstützung der Kreuzfahrer
sich Reichthümer und Einfluß erioarben; seit der Zeit der Kreuz-
züge blühten Venedig, Genua und Pisa zu mächtigen
Handelsstaaten empor und die freien Städte fingen überhaupt
an, sich der Krone und den Vasallen gegenüber zu erheben.
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Ix Ludwig Reichthümer
Extrahierte Ortsnamen: Syrien Frankreich Tunis Europa Palästina Akkon Venedig Genua
142
1100-1517.
Verlegenheit Eduards Iii, die Folge der fortwährenden Kriege
mit Frankreich, die ihn zu solchen Zugeständnissen nöthigte;
denn das Parlament hatte noch viele Kämpfe und Unterdrückungen
zu bestehen, che es unbestritten sein Recht ausüben konnte.
Nach Eduard Ui ward Richard Ii, ein Sohn des schwarzen
Prinzen, König von England (1377—1400). Unter ihm brach
ein ernsthafter Bauernaufstand aus, den die Bedrückung
der Bauern durch den Adel und die harte und rohe Eintreibung
der Steuern veranlaßte; die Bauern eroberten sogar London,
allein als man scheinbar ihre Forderungen bewilligte, und sie die
Waffen niedergelegt hatten, erhob sich der Adel und bestrafte
den Aufstand auf grausame Weise. Richard Ii wurde ab-
gesetzt und von seinem Vetter Heinrich von Lancaster
(dem Iv, 1400 — 1413), der ihm zürnte, weil er ihm sein
väterliches Erbe vorenthielt, getödtet. Die großen Begebenheiten
unter Heinrich V (1413- 1422) in den Kriegen mit Frank-
reich (p. 139) vereinigten den unruhigen Adel zu diesem gemein-
samen Unternehmen, allein als der Krieg aufhörte, brachen
Erbfolgestreitigkelten in der königlichen Familie aus.
Der Sohn Heinrichs V, Heinrich Vi, ließ sich ganz
von seinen Günstlingen und seinem Weibe, der kräftigen Mar-
garetha von Anjou, leiten. Unzufrieden darüber, fühlte
Richard von N o r k sich veranlaßt, seine Ansprüche aus die
Erbfolge, welche schwerer als die des Hauses L a n c a st c r
wögen, geltend zu machen; er stammte nämlich auf mütter-
licher Seite von dem zweiten Sohne Eduards Iii ab (siehe
die Stammtafel p. 141). Er brachte ein Heer gegen den König
auf die Beine und erzwang sich die Regentschaft in England 1455;
seit der Zeit brachen blutige Bürgerkriege (1455—1485),
zwischen der ro tben Rose (Lancaster) und der weißen Rose
(Jork) aus. Richards Sohn, Eduard Iv (1461—1483)
setzte sich nach dem Tode des Vaters durch den Beistand des
Grafen W a r w i ck mit Gewalt auf den Thron. Als er jedoch,
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Extrahierte Ortsnamen: Frankreich England London England
1100—1517.
145
dem deutschen Reiche standen; durch mannigfache Unterdrückungen
strebte er darnach die geistlichen Herren dahin zu bringen, daß
sie sich seinen Wünschen fügten; er setzte Landvögte ein, um
das Volk zu knechten, und unter diesen tritt Geßlcr als der
grausame Unterdrücker der Schwytzer in der Sage hervor. Al-
lein dadurch vcranlaßte er, daß die drei Cantonc Schwytz,
Uri und Unterwalden zu einem Eidgenossenbunde zusammen-
traten, um ihre von den Vätern ererbte Freiheit zu vertheidigen
(1307). Wilhelm Teil, der in der Sage gepriesene Gründer
der schweizerischen Freiheit, rächte die Unterdrückung des Landvolks,
indem er Geßler tödtete; durch einen Aufstand des Volkes
wurden die österreichischen Landvögtc aus ihren Burgen vertrie-
den. Albrecht wurde von einem Verwandten (1308) ermor-
det, als er aus einem Zuge, um die sinkende Macht seiner Fa-
milie wieder aufzurichten, begriffen war.
Die deutschen Könige wählten Heinrich Vii von Luxem-
burg zum Könige (1308 — 1313). Als sein Sohn mit einer
böhmischen Fürstin vermählt wurde, gelang es ihm, den Sohn
mit Böhmen zu belehnen, wodurch die luxemburgischen Besitzun-
gen einen bedeutenden Zuwachs erhielten. Auf einem Zuge
nach Italien wurde er von einem Cardinal - Legate als Kaiser
gekrönt und versuchte die streitenden Welfen und Ghibellinen
unter seiner Herrschaft zu vereinen. Allein ein plötzlicher Tod
in Italien machte seinen Plänen ein Ende.
Nach seinem Tode wählte die habsburgisch - österreichische
Parthei Friedrich den Schönen (1314—1330), den zweiten
Sohn Alb rechts I. Allein die Parthei der Luxemburger
wählte den Herzog von Baiern Ludwig Iv (1314—1347).
Der Schweizer-Bund unterstützte Ludwig von Baiern.
Der älteste Bruder Friedrichs, Herzog Leopold, griff daher
den Eidgenossenbund an, allein ward bei Morgarten geschlagen
(1315), worauf die Kantone ihren Bund in Brunnen erneuer-
ten (1315). Friedrich selbst wurde geschlagen und von seinem
Bohrs Lehrb. der Gescb. des Mittelalters. 10
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Extrahierte Personennamen: Cantonc_Schwytz Wilhelm Albrecht Heinrich_Vii_von_Luxem- Heinrich Friedrich Friedrich Ludwig_Iv Ludwig Ludwig_von_Baiern Ludwig Friedrichs Leopold Leopold Friedrich Friedrich
116
1100-1517.
nigs an. Da verkündete ein päpstlicher Legat, daß Frankreich
mit dem Interdikte belegt sei; der Versuch des französischen
Königs, die Ausführung der gottesdienstlichen Handlungen mit
Macht zu erzwingen, mißlang, und Philipp Ii mußte endlich
vor einem geistlichen, vom Papste ernannten Gerichte, Jngeborg
als seine rechte Gattin annehmen (1201).
Schon in seinem ersten Regierungsjahre ließ Innocenz
einen Kreuzzug predigen; der Tod des mächtigen Sultans Sa-
ladin, welcher einige Jahre vorher .eingetroffen war, schien aufs
Neue die Hoffnungen der Christenheit zu beleben, die sinkende
Macht im heiligen Lande zu retten und das verlorene Jerusalem
wiederzugcwinnen. Der Kreuzzug endete mit der Eroberung
Konstantinopels (1204 p. 95) Innocenz misbilligte das Ver-
fahren der Kreuzfahrer und tadelte sehr strenge, daß sie ihre
Waffen gegen ein geistliches Reich anstatt gegen die Un-
gläubigen gerichtet hätten. Allein er machte sich den Ausfall zu
Nutze, erwählte einen römischen Patriarchen für Konstantinopel
und es hatte demnach wenigstens für einige Zeit den Anschein,
als ob die griechische Kirche in die römisch-katholische ausgenom-
men sei, und als ob der Papst in Rom über alle christlichen Ge-
meinden auf Erden herrsche.
Die Ketzer in Norditalien und Südfrankreich erhoben sich
ohne Erfolg gegen die Kirche; Innocenz predigte das Kreuz
gegen sie und der blutige und gräuclvolle Krieg gegen die Al-
bigenser (p. 108) endete mit der Herrschaft der Kirche in
Toulouse. Innocenz hoffte sogar die duldsameren Walden-
ser. dadurch daß er sie in einen Mönchsorden verwandelte, in die
Kirche aufnehmen zu können. Die unbesonnene Gewaltthätigkeit
des englischen Königs Johann ohne Land mußte ^sich vorder
ruhigen Festigkeit beugen, mit welcher Innocenz die Macht und
das Recht der Kirche geltend machte. England wurde ein Lehn
der Kirche (1213).
Im Jahre 1215 berief Innocenz die große Kirchen-
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Extrahierte Personennamen: Philipp_Ii Philipp Jngeborg Innocenz Innocenz Innocenz Innocenz Innocenz Innocenz Innocenz Innocenz Königs_Johann Johann Innocenz Innocenz Innocenz Innocenz
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Konstantinopel Rom Norditalien Toulouse England
1100—1517.
165
und erlangte endlich die Ueberzeugung, daß man Indien auf dem
westlichen Wege über das atlantische Meer erreichen könne
Man hatte bereits zu jener Zeit einigermaaßen eine Vorstellung
von der kugelförmigen Gestalt der Erde und schon die Geogra-
phen des Altcrthums hatten die Ansicht gehegt, daß cs einen
westlichen Weg über das atlantische Meer nach Indien gäbe,
allein irrthümlich hielten die Geographen des Alterthums Asiens
Ausdehnung nach Osten für größer, so daß Kolumbus vcrmuthen
mußte, daß der Weg nach Asien ungefähr den vierten Theil des
Umfanges der Erde kürzer sei, als er wirklich ist. Das Dasein
vines Landes im Westen wurde durch mehrere Umstände bestä-
tigt: man hatte im atlantischen Meere künstlich geschnitzte Holz-
stücke und Exemplare eines ungeheuer großen Rohrs gesunden,
welches nach der Aussage eines alten Geographen nur in In-
dien wachsen sollte; diese und ähnliche Gegenstände waren nach
einem lange Zeit anhaltenden Westwinde gesunden worden; ja
an die Küste der azorischen Inseln waren sogar die Leichen zweier
Männer angetrieben, deren sonderbare Körper- und Gcsichts-
bildung weder der von Europas noch Afrikas Bewohnern ver-
glichen werden konnte.
Auf diesen Berechnungen und Thatsachen fußend, beschloß
Kolumbus das unbekannte Land zu entdecken und bat zuerst
seine Vaterstadt Genua um Unterstützung, allein dieser Handels-
staat wies das abcntheuerliche Unternehmen von der Hand und
verwarf somit zu seinem Unglücke einen Plan, welcher ihn zum
höchsten Range unter den Handelsstaaten würde cmporgehobcn
haben. In Portugal nahm der Hof seinen Plan zwar entgegen,
versuchte jedoch ihn ohne Vorwissen des Kolumbus in's Werk
zu setzen; allein der Seemann, den man gewählt hatte, war dem
großen Unternehmen nicht gewachsen und kehrte muthlos zurück.
Hiedurch beleidigt wandte sich Kolumbus nun an den spani-
schen Hof, allein Ferdinand der Katholische und Jsabella
hatten ihre ganze Aufmerksamkeit auf die Unterjochung der Mau-
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Extrahierte Ortsnamen: Indien Indien Asiens Asien Europas Genua Portugal
1100 — 1517.
137
gebens bot dieser billige Friedensbcdingungcn an; er wurde von
den übermüthigen Franzosen zur Schlacht gezwungen. Der
Ausfall entsprach den Erwartungen nicht: das französische Heer
ward geschlagen oder zerstreut, der König selbst nebst seinem
Sohne gefangen und nach London geführt. Allein wahrend
seiner Abwesenheit herrschten schreckliche Unruhen in Paris, wo
der dritte Stand unter großem Blutvergießen gegen Adel und
Geistlichkeit kämpfte, wozu noch ein Aufstand des unterdrückten
Bauerstandes kam, der nur mit großer Anstrengung nieder-
gehalten werden konnte. Vergebens suchte der Dauphin die
Partheien zu beruhigen; endlich wurde Johann freigegeben,
nachdem er einen unvorteilhaften Frieden in Bretigny (1360)
geschlossen hatte, welchem zufolge Frankreich Calais, Guienne
und Poitou abtrat, die England frei, ohne Lehnspflicht,
besitzen sollte. Der König kehrte zwar nach Paris zurück,
allein da er nicht im Stande war, das ausbedungenc Lösegeld
herbeizuschaffen und ebenso wenig der unruhigen Partheien Herr
werden konnte, begab er sich in seine Gefangenschaft zurück,
in welcher er 1364 starb. Er hatte im Jahre 1363 Frank-
reich noch mehr geschwächt, indem er das an die Krone zurück-
gefallene Hcrzogthums Burgund als Lehn seinem jüngeren
Sohne Philipp überließ, der eine spater für Frankreich sehr
gefährliche Macht gründete. Karl V d er W e ise (1364—1380)
war ein kräftiger, kluger Mann; er fing die Kriege mit England
wieder an und war glücklich darin; unter den französischen Rittern
zeichnete sich der tapfre Bertrand du Guesclin vorzüg-
lich aus.
Nack dem Frieden von Bretigny hatte Eduard Iii alle
seine französischen Besitzungen zu einem Fürstenthume Aqui-
tanien vereinigt und cs seinem Sohne Eduard, dem schwarzen
Prinzen, gegeben, der von dort aus auch den Einfluß der Fran-
zosen in Kastilien bekämpfte. Peter der Grausame,
König von Kastilien hatte sich durch Blutvergießen und Geiz
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Extrahierte Ortsnamen: London Paris Bretigny England Paris Burgund Frankreich England Fran- Kastilien Kastilien
476 -1100.
21
Stammvater der älteren Linie der burgundischen Herzoge wurde,
überlassen (1032 — 1361).
Der Sohn Roberts, Heinrich I. (1031 —1060) und
sein Sohn Philipp I. (1060 — 1108) regierte ohne Kraft:
die ftanzösische Königsmacht blieb fortwährend den mächtigen
Vasallen gegenüber, schwach.
Das deutsche Reich von 887-1056.
Arnulf vou Kärnthen, ein Enkel Ludwigs des Deut-
schen, wurde nach der Absetzung Karls des Dicken von seiner
Parthei zum deutschen König erwählt (887 -899); er war ein
tapferer Krieger und siegte bei Löwen (891) über die schreck-
lichen Normannen. Allein um das slavische Reich in Mähren
bewältigen zu können, mußte er die Hülfe der Magyaren,
eines tschudischen Volksstammes, der grade zu dieser Zeit über
die Karpathen eingedrungen war und sich der Ebenen Ungarns
bemächtigt hatte, benutzen. Die Magyaren würden seit der
Zeit die gefährlichsten Nachbarin der Deutschen im Osten und
die verheerenden Streifzüge dieser kühnen Reiter suchten beinahe
jedes Jahr Deutschland heim und erstreckten sich sogar bis nach
Frankreich und Italien. Arnulf unternahm mehrere Züge nach
Italien, wo er die Rechte des karolingischen Mannsstammes ge-
gen die Nachkommen Karls des Großen auf der Spindelseite
geltend zu machen hoffte, welche nach dem Tode Karls des
Dicken (888) um die Oberherrschaft in dem zersplitterten Reiche
kämpften. Er wurde zwar zum Könige gewählt ($96), allein
vermochte nicht seine Herrschaft in Italien auszuüben.
Auch in Deutschland hatte die königliche Macht nur durch
den Einfluß Bedeutung, welchen die eignen Besitzungen des Kö-
nigs ihr geben konnten. Denn auch hier strebten die geistlichen
und weltlichen Vasallen, sich so unabhängig als möglich von
der Krone zu machen. Ungefähr gleichzeitig mir der Thronbc-
steigung Arnulfs dehnte der Herzog von Sachsen seine
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Extrahierte Ortsnamen: Deut- Deutschland Frankreich Italien Italien Italien Deutschland Sachsen
62
470—1100.
fluß Hildebrandts auf die reiche Markgräfin Mathilde von
Toscana bald eine große Hülfe, indem sic den römischen Stuhl
sogar zum Erben ihrer Lande einsetzte.
Heinrich Iv , Kaiser von Deutschland (1056—1106)
hatte beim Papste um Scheidung von seiner Frau, welche er
gemißhandclt und durch ein anstößiges Leben verhöhnt hatte,
angehalten. Allein ein Kardinal brachte eine abschlägige Ant-
wort nach Deutschland. Hierdurch wurden die mit der Will-
kühr des Kaisers unzufriedenen Sachsen veranlaßt, den Papst
als den Verthcidiger des christlichen Rechts gegen die Tyrannei
zu betrachten. Der Papst ließ den Kaiser nach Rom entbieten,
um sich zu verantworten. In diesem gefährlichen Stadium er-
hielt Gregor Vii. die Sache, und als der Kaiser seinen kirch-
lichen Vorschriften nicht Folge leisten wollte, sondern vielmehr
diesen Tyrannen der Kirche sür abgesetzt erklärte, that er ihn in
den Bann; Deutschlands Reichsfnrsten und die Sachsen,
welche diese Gelegenheit ergriffen, um ihre verlorenen Freiheiten
wieder zu erwerben, erklärten, daß der Kaiser, als in den
Bann gethan, die Regierung nicht länger führen
könne; er sollte innerhalb eines Jahres sich die päpstliche
Lossprechung vom Banne erwerben, widrigenfalls man zu neuer
Wahl schreiten wolle. Nun sah sich der sonst so übermüthige
Kaiser gezwungen, mit einem kleinen Gefolge über die Alpen zu
reisen, um durch den Papst vom Banne befreit zu werden. Er
traf den Gregor in Canossa, in der Burg der Markgrafin
Mathilde, allein mußte in der elenden Kleidung eines Büßen-
den drei Tage im Schloßhofe warten, bis man ihn vorließ, und
erst nun wurde der gedemüthigte Kaiser vom Banne gelöst,
wogegen er versprechen mußte, sich den Forderungen der Kirche
zu fügen. Mittlerweile herrschten die größten Unruhen in
Deutschland, Neichsfürsten und Bischöfe kämpften im Innern
mit einander, und ein Gegenkaiser trat gegen Heinrich aus.
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Extrahierte Personennamen: Mathilde_von
Toscana Heinrich_Iv Heinrich Gregor_Vii Gregor Gregor Gregor Heinrich Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Sachsen Rom Deutschlands Sachsen Canossa Markgrafin
Mathilde Schloßhofe Deutschland