Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Landschule
Inhalt Raum/Thema: Reformation
Vorrede.
Xi
unsre Wissenschaftlichkeit und Volksbildung andern zur Nach-
ahmung aufstellen; nur witzelnd die Gebrechlichkeiten, nicht
aber auch das Lobenswerthe der Regierungen erwähnen;
Phantome von Republiken Vorhalten, ohne an die Greuel
der französischen Revolution und das namenlose Elend,
das gerade die Wuth Republiken zu stiften, hervorbrachte,
an die Parteikämpfe der griechischen Freistaaten, an das
Blutvergießen in dem römischen, und an das Ende aller
dieser theuer erkauften Umstürzung der alten und Errich-
tung neuer Negierungsformen zu denken. Sie, die bei
den schreienden Ungerechtigkeiten und Grausamkeiten, zu
welchen Revolutionen führen, viel von Opfern schwatzen,
welche man für eine große Idee bringen müsse, begnügen
sich gewöhnlich damit, daß sie erhitzen, die Federn spitzen,
Volksfeste feiern, Becher leeren und dann —- wenn Ge-
fahr droht, eiligst die Granze suchen. Wie sehr haben
doch solche Freihcitsapostel der wahren Freiheit geschadet,
haben Mißtrauen zwischen Regierenden und Regierten er-
weckt, haben manche unerfahrne studirende und andre
Jünglinge bethört und sie und ihre armen Eltern ins Un-
glück gestürzt, haben die Universitäten verdächtig gemacht,
und erschweren es den guten Regenten, durch Verminde-
rung des Wehrstandes und Beförderung friedlicher Gewerbe,
dem Volke Lasten abzunehmen. Indem schändliche Auf-
tritte herbeigeführt worden sind, wo auch die mildeste Re-
gierung emgreifen muß; indem die nothwendigsten und
heilsamsten Anordnungen als Despotismus verrufen und
verächtlich gemacht wurden: sind dadurch auf der andern
Seite Beschränkungen für Schulen, Universitäten, gesell-
schaftliche Kreise, für Fremde und Reisende eingetreten,
von welchen wir ehemals, die wir doch auch Lebensmuth
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Inhalt Raum/Thema: Reformation
Xu
Vorrede.
und Lebenslust hatten, nichts wußten; und hätten diese
Zeitereignisse, wie manche meinen, einigen der Volksfrei-
heit ungünstigen Rathgebern, auch nur einen erwünschten
Vorwand zu jenen Verfügungen gegeben, so bleibt doch so
viel gewiß: Aufruhr, Meuchelmord und dergleichen Ge-
waltthätigkeiten sind keine Grundlagen zu wahrem Volks-
glück, und dazu kann keine Regierung schweigen.
Haben nun gleich solche Redner und Blatter großen
Einstuß auf die Gemüther gehabt, haben sie manchen
Jüngling irre geleitet und manche Staatsbürger miß-
trauisch, und damit wenigstens unthatiger gemacht, als
sie es gegen solche Parteigänger, wenn sie deren Blätter
auch nur um der Witze willen lesen, seyn sollten; ist gleich
eine gewisse Aufregung der Gemüther, eine unerfreuliche
Mißstimmung, auch wohl eine weitere Verzweigung sol-
cher Gesinnungen nicht zu leugnen, welche es den Regie-
rungen zur heiligen Pflicht machen, gefährlichern, alle
Sicherheit und Freiheit zerstörenden Unruhen vorzubeugen:
so darf man dennoch der Mehrheit im Volke zutrauen, daß
diese noch rechtlich denke und handle, und gewaltsamen
Umsturz des Bestehenden verabscheue, und hoffen, es
werde unter Gottes Leitung und weise Vorkehrungen
das Bessere siegen. Nur ist zu wünschen, daß in diesem
kritischen Zustande die rechten Mittel gefunden werden,
das gegenseitige Vertrauen herzustellen, was freilich in
Zeiten der Aufregung nicht leicht ist. Weit entfernt, das
ergründen und meistern zu wollen, was die berufenen
Staatenlenker hierüber beschließen, erlaubt sich jedoch der
Werst, dem man oft die Ehre erzeigt hat, ihn unter die nütz-
lichen Volksschriftsteller zu rechnen, in dem Vorberichte zu
einem Buche, in welchem eins der bedenklichsten, Fürsten
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Inhalt Raum/Thema: Reformation
sxviii Inhaltsverzeichniß.
staltungen bei den Jubelfeste 1817. Die Union, durch Frie-
drich Wilhelm König von Preußen, besonders bei diesem Feste
verbreitet. Ansichten der Protestanten über die Jubelfeier der
Augsburgischcn Confession 1830). S. 233 — 240.
§. 5o. Schicksale der römisch- katholischen Kirahe, in den letzten
Jahrhunderten. (Schwächung der päpstlichen Macht von Sei-
ten der Fürsten, besonders Josephs U. Die katholische Kirche
in Baiern und Baden. Ihre Schicksale in Frankreich seit der
Revolution. Napoleons gutes Vernehmen mit Pius Vli.;
seine Krönung zu Paris; seine Veruneinigung mit ihm, Weg-
nahme Noms und Deportation des Papstes nach Savona).
S. 240 — 249.
§, öl. Fortsetzung. (Rückkehr des Papstes im zurückerhaltnen
Kirchenstaate. — Napoleons Vernachlässigung aller wissen-
schaftlichen Institute. — Des Kirchenstaats schlechte Verfassung.
— Fortschritte der Aufklärung unter den Katholiken. — Con-
cordate zwischen der katholischen Kirche und mehrern Staaten.
— Hindernisse einer Union zwischen Katholiken und Protestan-
ten). S. 250 —258.
§. 52. Blicke auf den Zustand der protestantischen Kirche in den
letzten Jahrhunderten, l) Ihr äußrer Zustand. (Ver-
treibung der Protestanten aus Salzburg durch Firmian. Preu-
ßen, ein würdiger Beschützer der protestantischen Kirche, unter
Friedrich U (Voltaire, Rousseau). Friedrich Wilhelm ü.
(Religionsedikt) und insbesondere Friedrich Wilhelm Ui. Ur-
iheile Friedrich Wilhelms Ui. über Religion und Christenthum,
über die Augsburgische Confession. — Uebertritt einiger Pro-
testanten zu den Katholizismus). S. 259 — 268.
§. 53. Fortsetzung. 2) Ihr innrer Zustand. (Ausbildung der
deutschen Sprache überhaupt, und insbesondere in den Kirchen-
liedern. Fortschritte in Kanzelvorträgen und Verbesserungen
des Schulwesens). S. 268 — 276.
tz. 54. Fortsetzung. 3) Bibelgesellschaften. 4) Misssonsgesell-
schaften. (Ursprung der Bibelgesellschaften in England. Sol-
len Erklärungen den Bibeln beigefügl werdend Bibelauszüge.
Bibelverbot von Rom aus. —- Das verkehrte Verfahren bei
dem Vekehrungsgeschäfte). S. 276 — 284.
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Napoleons Napoleons Friedrich_U_(Voltaire Friedrich Rousseau Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelms Friedrich Wilhelms
Extrahierte Ortsnamen: Josephs Baiern Baden Frankreich Napoleons Paris Savona Napoleons Salzburg England Rom
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Inhalt Raum/Thema: Reformation
Fernere Verbreitung des Christenthums, re. 41
ihre eigentliche Religionslehre ganz verkennt. Er kam nach
einer zweijährigen Regierung in einem Kriege gegen die Per-
ser von unbekannter Hand um, 3 2 Jahr alt, und es war
zu beklagen, daß er durch Vorurtheile verblendet, die Religion
nicht kannte, die so viele tiefdenkcnde Weise befriedigt hat,
da seine Mäßigkeit und Selbstbeherrschung, sein Witz und
seine Gelehrsamkeit, sein Heldcnmuth und manche edle Grund-
sätze, die er auch im Tode noch äußerte, ihn übrigens rühmlich
auszeichnen.
§. 10.
Fernere Verbreitung des Christenthums, beson-
ders in Deutschland.
Unter den folgenden christlichen Kaisern erhielt das Chri-
sicnthum eine noch weit größere Herrschaft. Der Kaiser
Lheodosius theilte im I. 5g5 das Reich unter seine Zwei
Söhne, und zwar in das morgenländische, wo Coustantino-
pcl, und in das abendländische, wo Rom die Hauptstadt
war, und es entstand damit auch eine morgenländische und
abendländische Kirche. Das römische Reich wurde aber durch
jene Theilung sehr geschwächt und dieß erleichterte es den
deutschen Völkern in der großen Völkerwanderung die römi-
sche Macht in verschiedenen Provinzen zu erschüttern, neue
Reiche zu gründen und sich endlich selbst in Italien fest zu
setzen, wo Rom mehr als einmal geplündert und der Name
der üppigen und weichlichen Römer ganz verächtlich wurde.
Die entfernten morgenländischen Kaiser verloren nach und
nach allen Einfluß auf Rom, wo sich unterdessen der römische
Bischoff erhob und mit andern , besonders deutschen Fürsten,
befreundete. Die schrecklichen Erschütterungen und Ver-
wirrungen, welche mehrere Jahrhunderte durch solche unge-
bildete heidnische Völker, von welchen immer eins über das
andre herstürzte, hcrvorgebracht wurden, schienen für das
Christenthum höchst gefährlich ; aber diese Völker nahmen bald
von den Ueberwundenen die bessere Religionslehre, weisere
Gesetze und mildere Sitten an. So die Gothen, eine mäch-
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Extrahierte Personennamen: Lheodosius Bischoff
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Chri- Rom Italien Rom Rom
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Inhalt Raum/Thema: Reformation
Muha nt c d.
89
anstellen und in seinem Leben wenigstens einmal nach Mekka
wallfarthen. Es gibt eine unvermeidliche Nothwendigkeit
(Fatum) aller menschlichen Handlungen." Durch diese trost-
lose Lehre feuerte er die Araber zum Kriege an und die auch
wohl unter Christen oft vernommene gefährliche Behauptung:
Wer sterben solle, müsse doch sterben, hat bei seinen Veken-
nern bewirkt, daß sie gegen die Pest und dergleichen Nebel
keine Vorkehrungen treffen, sondern mit starrer Gleichgültig-
keit sie wüthen lassen, wo die christlichen Regenten mit dem
glücklichsten Erfolge durch weise Mittel ihr gesteuert haben.
Muhamed ordnete auch die Veschneidung an, verbot den
Wein, vermuthlich um auch etwas Strenges in seiner Lehre
zu haben, erlaubte aber die Vielweiberei. Erlehrte ferner,
daß es Engel gäbe, daß die fünf Bücher Mosts, die Psal-
men und die Evangelien vom Himmel gefallen wären, so wie
er auch eine Auferstehung und eine Vergeltung annahm, und
daß ein Paradies zu erwarten sey, dessen Freuden er ganz
nach den sinnlichen Wünschen seines Volkes schilderte. Seine
Lehre, die eine Vermischung aus Christenrhum, Judenthum
und Heidenthum ist, heißt der Islam und ist in dem Koran,
dem Rcligionsbuche der Muhamedaner enthalten, den seine
Nachfolger sammelten. Seine Anhänger heißen Moslemim
(Rechtgläubige), woraus man Muselmänner gebildet hat.
Das Wahre und Gute in mehreren seiner Lehrsätze, das
Angenehme, das manche für sein sinnliches Volk hatten,
sein Eifer und seine Begeisterung, der traurige Zustand
unter Juden und Christen, besonders aber die Gewalt der
Waffen, die er anwendete, machen die große Verbreitung
dieses Glaubens sehr begreiflich, der vorzüglich den Götzen-
dienst sehr vermindert hat.
Auch Muhameds Nachfolger, die Kalifen genannt, ha-
den durch Waffen die Anhänger des Muhamed sehr ver-
mehrt. Sie besetzten mit ihren Arabern oder Sarazenen die
Küsten von Afrika, die Länder Palästina, Syrien, und
stifteten zwischen 700 — 800 blühende Reiche in Spanien und
Portugal, die einige hundert Jahre bestanden. In Arabien
wurde die Herrschaft der Kalifen durch die Türken zertrüm-
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Extrahierte Personennamen: Muha Muhamed
Extrahierte Ortsnamen: Mekka Christenrhum Heidenthum Afrika Syrien Spanien Portugal
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Inhalt Raum/Thema: Reformation
Die Kreuzzüge.
92
Unter den ekngekroffenen Hülfstruppen herrschte Uneinigkeit
und alles schien verloren zu gehen. Da machten sich n46
Ludwig Vii. von Frankreich und Kaiser Konrad Ii. mit an«
sehnlichen Heeren auf, brachten aber 1149 nur einen kleinen
Rest zurück; der Sultan Saladin, ein großmüthiger, tapfe-
rer und gerechtigkeitsliebender Fürst, schlug ihre Heere mehr-
mals; 1 -87 war Jerusalem wieder verloren. Da zog Kaiser
Friedrich I., so wie auch die Könige von England und Frank-
reich dahin. Friedrich starb nach einigen Siegen an den
Folgen einer Erkaltung von einem Bade, und sein Sohn
starb auf dem Rückzuge an der Pest. Da die Kaiser zucon-
sianrinvpel mit diesen verheerenden und verzehrenden Gasten
nicht zufrieden waren und sich ihnen widersetztcn, so nahmen
die Kreuzzügler Constautinopel und setzten einen Kaiser ein,
dem aber die Griechen einen Gegenkaiser entgegen stellten.
Durch diese Uneinigkeit, durch Krankheiten, schlechte Ver-
sorgung der Heere wurden die Eroberungen bald wieder ein-
gebüßt. König Ludwig der Heilige von Frankreich that den
letzten Krenzzug, er wurde gefangen, kaufte sich theuer los,
machte einen neuen Versuch, kam aber 1270 mit seinen mei-
sten Kriegern durch die Pest um. 129» war die letzte Festung
und mit ihr alle Herrschaft der Christen in Palästina dahin.
Europa verlor Millionen von Menschen, freilich auch vieles
Gesindel, das mitgezogen war. Wahrend aber die Fürsten ihre
Zeit und Kraft, Menschen und Geld nach Asien verschwende-
ten, wurden in ihrer Abwesenheit die Papste immer mächti-
ger, die Klöster und Kirchen erhielten durch eine Menge
Erbschaften, Vermächtnisse und Schenkungen ungeheure
Rcichthümer; indeß sind die Kenntnisse von Landern und
Völkern , die sich durch diese Züge mehrten, die neuen Quel-
len für Handel und Gewerbe, die sich öffneten, überhaupt
aber vielerlei Anregungen der menschlichen Kräfte nebst an-
dern Vortheilen auch nicht zu übersehen.
An diesen Kreuzzügcn hatte ganz besonders das damals
entstandene Ritterwcscn seinen Antheil. Es vereinigten sich
nämlich mehrere Edellcute zu einem Bunde, die Unschuld,
besonders das schwächere weibliche Geschlecht zu beschützen,
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Vii Ludwig Konrad_Ii Konrad Saladin Friedrich_I. Friedrich_I. Friedrich Friedrich Ludwig_der_Heilige Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Jerusalem England Frank- Constautinopel Frankreich Palästina Europa Asien
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Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Landschule
Inhalt Raum/Thema: Reformation
auch in Hessen, Nürnberg, Straßburg, Frankfurt am Main,
u. s. w. In Preußen führte der Markgraf Albrecht von
Brandenburg schon 1625 die Reformation förmlich ein. Viele
Sorge machte Luthern noch immer der unruhige Karlstadt,
der aus Wittenberg vertrieben in andern Gegenden Verwir-
rung stiftete, weßwegen auch Luther i524 in Jena und Or-
lamünda predigte, aber an dem letzter» Orte beinahe gestei-
nigt wurde. In Jena hörte ihn Karlstadt, war aber nicht zu-
frieden, da Luther sehr stark die Geister des Aufruhrs und
Mordens tadelte. Auch besprachen sie sich dort im schwarzen
Var, ohne sich jedoch zu vereinigen. Karlstadt fing nun
Streitigkeiten über die Lehre vom heiligen Abendmahs an,
wo er sich mehr zu den bald zu erwähnenden Reformirten neigte.
Allein er sank jetzt ins größte Elend; Luther nahm sich seiner
großmüthig an, jedoch verlangte er auch, Karlstadt sollte
nicht durch seine Meinungen die Köpfe verwirren. Aber das
hielt dieser nur drei Jahr; er verband sich mit andern un-
ruhigen Schwärmern, nannteluthern denwittenbcrgcrpapst
und stiftete vielen Schaden durch Lehre und Schriften. Er
entfloh in die Schweiz, wurde endlich ruhig und vernünftig,
und starb geachtet als Professor und Prediger in Basel i55i.
§. 30.
Der Bauernkrieg 1525.
Hatten Luthern jene Auftritte bekümmert, so war es
nun hier noch mehr der Fall. Nicht bloß bei und mit der
Reformation, sondern schon um das Jahr j5oo zeigten sich
unruhige Bewegungen unter dem Volke, besonders 1602
am Rhein. Grobe Mißbräuche aus der Vorzeit, schwere Ab-
gaben, harte Frohndienste, Leibeigenschaft, Wildschaden
und dergleichen hatten viele Unzufriedenheit erregt, aber die
Mißvergnügten bedachten nicht, daß sie dadurch noch nicht
zur Empörung und zur gewaltsamen Aufhebung aller Rechte
ihrer Obern berechtigt wären, und daß man durch Aufruhr
eine der furchtbarsten Plagen ins Land rufe. Sie rotteten
sich, durch Verführer irre geleitet, zusammen, raubten und
9*
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Albrecht_von
Brandenburg Albrecht Luther Luther Karlstadt Luther
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Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Landschule
Inhalt Raum/Thema: Reformation
162 Der schmalkaldische Krieg.
Verbesserung nur von dem Papste oder von einer Kirchen-
Versammlung erwarteten, und nicht einsahen, warum so
nichts daraus werden konnte, — aus der Herrschsucht Karls
des V., der in der freimüthigcn Sprache der Protestanten
das größte Hinderniß seines Strebens zu finden meinte —
aus diesen Ursachen entstand denn nun vorzüglich jetzt die
unselige Trennung in unserm Vaterlande, daß Katholiken
und Protestanten sich einander gegenüber stellten; daß beide
sich stets mit Mißtrauen beobachteten, überall Arglist und
Gefahr sahen, und lieber zu auswärtiger Hülfe ihre Zu-
flucht nahmen, als daß sie vereint in Liebe und Duldung
Deutschland groß und stark erhalten hatten. Die Protestan-
ten forderten ja nichts als Freiheit für ihrercligionsübung;
sobald ihnen diese sicher war, haben sie durch Hülfe gegen
die Türken und bei andern Gelegenheiten genug gezeigt, daß
ihnen als.reichsständen ihre Pflichten theuer wären; aber
die römische Kirche konnte ihren Verlust an Ehre, Macht
und Reichthum nicht verschmerzen; sie hörte nicht auf Ver-
suche zu machen, durch Aufwiegelungen, durch List und Ge-
walt die Getrennten wieder an sich zu ziehen, und Frankreich
benutzte schlau diese Trennung zu seiner Vergrößerung und
zu Deutschlands Schwächung.
Moritz hatte den Auftrag, das in die Reichsacht ver-
fallene Magdeburg einznnehmen; jedoch behandelte er cs
bei der Belagerung und Einnahme sehr milde; brach nun
aber i55a mit eben dem Heere gegen Karl V. auf, der in
Inspruck am Podagra krank lag und sich auf die Nachricht
von Moritz Ankunft in einer Sänfte bei stürmischem Wetter
fortschaffen ließ, um nur nicht gefangen zu werden. Der
Kurfürst führte als Gründe seines Unternehmens mit allem
Recht an: die fortdauernde Gefangenschaft feines Schwie-
gervaters und die Gewaltthätigkeiten des Kaisers gegen die
Protestanten und gegen die ganze Reichsverfassung. Karl,
endlich ermüdet durch diesen Wechsel der Dinge, war nun zu
einem Vergleiche geneigt, der auch i55-2 in Passau zu Stande
kam und der Passauer Vertrag heißt. Die gefangenen Für-
sten wurden frei, den Evangelischen wurde vollkommene
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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Extrahierte Personennamen: Karls Moritz Karl_V. Karl_V. Moritz_Ankunft Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Karls Deutschland Frankreich Deutschlands Magdeburg Inspruck
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Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Landschule
Inhalt Raum/Thema: Reformation
163
Der schmalkaldische Krieg.
Religionsfreiheit und Sicherheit aller bürgerlichen Rechte
zugestanden, was nächstens durch einen allgemeinen Reli-
gionsfrieden sollte bekräftiget werden, auch wenn man nicht
auf einem Concilium oder Reichstage die Parteien vereinigen
könnte. Das Interim wurde aufgehoben und die Protestan-
ten machten sich verbindlich alle Feindseligkeiten einzustellen,
auch dem Bunde mit Frankreich zu entsagen.
Indessen war das Land durch den Krieg verwildert und
verheeret. Mehrere kleine Parteien wollten sich von dem
unruhigen Leben gar nicht entwöhnen; so auch Albrechk
Markgraf von Brandenburg, gegen welchen Moritz, als
einen Störer des Friedens ziehen mußte. Der Kurfürst
siegte, >65z bei Sievershausen im Lüneburgifchen, kam aber
in der Schlacht um. Er hat für Sachsen viel gethan; die
Klostcrgüter wendete er vorzüglich für Kirchen und Schu-
len an und stiftctete unter andern die drei berühmten Für-
sicnfchulen , in Meißen, Grimma und in der jetzt preußischen
Pforta bei Naumburg mit ansehnlichen Einkünften.
Man kann es sich leicht vorstcllen, wie schwer es einem
stolzen Karl V. fallen mußte, sich nach so vielen Entwürfen
und Unternehmungen, nach einem rastlosen Ringen und
Streben ein Ideal politischer Größe zu verwirklichen, zu-
letzt einer solchen Demüthigung zu unterwerfen. Den
berühmten Rcligionsfricden in Augsburg 1555 haben die
Protestanten mehr seinem billig denkenden Bruder Ferdi-
nand zu danken, der auch gern Kaiser werden wollte, daher
die Freundschaft der deutschen Fürsten suchte, aus Ruhe,
Frieden und Ordnung drang und wohl einsahe, auf dein bis-
herigen Wege sey dieser Zweck nicht zu erreichen. Es wurde
also festgesetzt: Kein Reichsstand soll wegen seiner Religion
und Kirchcngcbrauche angefochten werden und die Protestan-
ten sollen von aller Gerichtsbarkeit des Papstes und der Bi-
schöffe frei seyn; es soll keinem Unterthan unter einem katho-
lischen Fürsten seiner Religion halber Gewalt angethan wer-
den, auch wenn er das Land verlassen wolle. Was die Lu-
theraner bis zum Passauer Vertrage an Kirchengütcrn einge-
zogen, solle ihnen verbleiben. — Einen wichtigen Vorthcil
11*
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien]]
TM Hauptwörter (100): [T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung]]
TM Hauptwörter (200): [T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten]]
Extrahierte Personennamen: Albrechk
Markgraf_von_Brandenburg Moritz Karl_V. Karl_V.
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Sievershausen Sachsen Grimma Pforta Naumburg Augsburg
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Inhalt Raum/Thema: Reformation
Die Reformation in andern Ländern. 179
machen und sich den Himmel zu öffnen; seine Beichtvater be-
stärkten ihn in dieser Verkehrtheit und beruhigten sein Ge-
wissen, wenn es ihm zuweilen vorkam, er sey zu weit gegan-
gen. Die säubern Herrn versicherten ihm alsdann, daß sie
Alles verantworten wollten, was er auf ihren Rath zur Ehre
der Kirche gethan habe. Viele Grausamkeiten, welche selbst
Katholiken verabscheuten, mögen ihm^tvohl nicht einmal
bekannt geworden sepn. Seit dieser Zeit sank das, französi-
sche Volk immer tiefer, und zwar nicht allein durch den V§r-
tust so vieler geschickten und wackern Unterthanen, obgleich,
noch einige Hunderttausende von Protestanten, freilich unter
noch lange fortdauernden Bedrückungen zurückblicbcn; son-
dern auch durch Vernachlässigung aller religiösen und mora-
lischen Bildung, durch eine höchst unsittliche und schwelgeri-
sche Regierung und Lebensweise unter Ludwig Xv. (von >716-
— 177/5) sowie durch unnöthige Kriege und Schulden, im-
mer tiefer in Armuth und Elend, Aberglauben, Unglauben
und Sittenlosigkeit, welche Uebel der Glanz der Hauptstadt
zwar etwas verbarg, aber nicht verbesserte. Was einzelne
Gelehrte für die Wissenschaften, Künstler für Verschönerun-
gen der Pallaste - und feinen Lebensgenuß leisteten, war ohne
wohlthatigcn Einfluß auf echte Bildung des Volks; ja es
lernte an den verderblichen Beispielen der Großen und aus
schädlichen Schriften und Aeußcrungen bewunderter, aber
oft leichtsinniger und frecher Witzlinge sogar Manches, was
die Keime des Glaubens und der Tugend, sowie die bessern
Gefühle zerstören mußte. Es gab einige berühmte Kanzel-,
redner, die jedoch durch ihre glänzenden Gaben oft mehr
auf Augenblicke erschütterten, oder auch bis zu Thräuen
rührten ; aber glaubten sie dieß bewirkt zu haben und fühlten
sich die Zuhörer ergriffen, so glaubten beide Theile, es sey
von ihrer Seite Alles für die christliche Religiosität geschehen»
Messen, Fasten und dergleichen sollten das Fehlende ergänzen.
An Volksschulen mit zweckmäßigem Unterrichte fehlte cs bei-
nahe ganz. Die wahren Patrioten beklagten die Unwissen-
heit und die Verwahrlosung der zahlreichsten und nützlichsten
Klassen der Unterthanen; Frankreich verarmte leiblich und
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