301
daß die Bewohner dieser Länder auf einer gar niedern Stufe der Bildung
stehen geblieben sind. Selbst die christlichen Indianer sollen häufig noch
heidnische Feste in verborgenen Gebirgsschluchten feiern und heimlich Kiuder-
opser anstellen. An diesem unerfreulichen Zustand der Länder spanischer
Nationalität tragen endlich noch die staatlichen Verwirrungen große Schuld,
welche seit Jahrzehnten in ekelhaftester Weise in allen Staaten, Chile aus-
genommen, die Bewohner nie zur Ruhe kommen ließen, sondern eine ewige
Unruhe, furchtbare Kämpfe, Gefahr und Verbannung brachten. Auch die
Sitten der großen Mehrheit befinden sich in einen: gar verwahrlosten Zu-
stande, und von der Sicherheit des Eigenthnms und der Person zeugen am
besten die Worte eines mexikanischen Ministers, welche er in der National-
Versammlung äußerte: „Die Räuber cirkuliren frei, noch mit der Beute in
den Händen, noch mit dem blutigen Dolch; man kennt sie, man nennt sie;
sie wandeln frecher Stirn unter uns, und man kann sie nicht anklagen, weil
Jeder sich scheut, gegen sie zu zeugen." Die Gerichtsbarkeit steht in sehr üblem
Rufe; Bestechlichkeit vermag dort Alles; öffentliche Veruntreuungen kommen
in Mexiko und andern Staaten fast täglich vor. Die Justiz wird in den
Zeitungen und auf der Straße vom Volke für wenige Silberstücke auf das
Gröbste verletzt und verhöhnt.
Ortsbeschreibung.
1. Mexiko (40,000 Q.-M., 8 Mill. E.),
ist gegenwärtig ein Kaiserthum; der Kaiser, ein Habsburger, findet jedoch
viel Widerstand. Es liegt südwestlich von den Vereinigten Staaten und hat
im N. den Gila, im No. den Rio del Norte als Grenze. Hauptst. ist
Mexiko, 200,000 E., mit Universität; die schönste Stadt Amerikas. Sie liegt
auf der Stelle des alten Tennochtitlan über 7000' hoch in großartiger Um-
gebung zwischen zwei Seen. Akapulko am stillen Meer. Guanaxuato, 50,000
E. Veracruz und Tambiko sind die wichtigsten Seehandelsplätze. Welches
sind die bedeutendsten Silbergruben? Puebla de los Angelos, 80,000 Gr.,
Hauptsitz der mexik. Industrie. Merida in Pucatan, hat 40,000 Gr.
2. Guatemala (3060 Q.-M., l Mill. E.)
wird vorzugsweise (9/io) von Indianern (Ladinos) bewohnt, welche sich durch
geistige Regsamkeit, Fleiß und Vorliebe für europ. Colonisten auszeichnen.
Der Boden dieses tropischen Landes ist namentlich an der Ostküste sehr er-
giebig und gestattet reichliche Ausfuhr an Getreide, Mais, welcher hundert-
fältigen Ertrag liefert, Kakao, Zucker, Vanille rc. Die Verfassung'ist der
nordamerik. nachgebildet. Hauptstadt ist Guatemala la nueva, 60,000 E.
Anmerkung. Im Bezirk St. Thomas hat eine belgische Gesellschaft
1842 eine Colonie angelegt, welche aber in Folge des Klimas wenig
Erfolg verspricht.
3. San Salvador (400 Q.-M., */* Mill, E.),
der bestbevölkerte Staat in Mittel-Amerika (1200 Seelen auf 1 Q.-M.)
treibt vorzüglich Handel mit Balsam und Indigo, Terpentin und Colonial-
waaren, welchen die englischen Colonisten von Balize (Honduras) geschaffen
TM Hauptwörter (50): [T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T64: [Insel Amerika Land Spanier Australien Kolonie Hauptstadt Küste Entdeckung San], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T178: [Rio Peru Hauptstadt Republik Stadt Brasilien San Südamerika Land Chile], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution]]
78
S 58.
Der norddeutsche Bund von 1866.
Zwischen den beiden Großstaaten des deutschen Bundes, zwischen Oester-
reich und Preußen, bestanden von Ansang an ziemlich ungünstige Verhält-
nisse, da jeder derselben nach der Herrschaft in Deutschland strebte. Preußen,
als echt deutscher Staat, hielt sich dazu vorzugsweise berufen; Oesterreich
dagegen glaubte seine ganze staatliche Existenz bedroht, wenn es die Ober-
herrschaft in Deutschland einbüßte. In dem Kriege um Schleswig-Holstein
gegen Dänemark (1863 und 1864) gingen beide Staaten zwar nochmals
Hand in Hand mit einander; die gemeinsame Verwaltung der glücklich er-
oberten Herzogthümer entzweite sie jedoch und ließ die alte gegenseitige Ab-
neigung deutlich wieder zu Tage treten und endlich zum Ausbruch kommen.
Beschlüsse, welche der Bundestag auf Veranlassung Oesterreichs am 15. Juni
1866 gegen Preußen faßte, nöthigten letzteren Staat, aus dem Bunde zu
treten und diesen selbst für erloschen zu erklären.
Preußen drang nun aus Berufung eines deutschen Parlaments, und
kam damit lange gehegten Wünschen des deutschen Volkes entgegen. In
seinen: Statut-Entwurse für dasselbe forderte es Ausschluß Oesterreichs aus
Deutschland. Die Folge hiervon war der Ausbruch eines Krieges zwischen
Preußen und Oesterreich, in welchem Letzteres in wenig Wochen im eigenen
Lande so total geschlagen wurde, daß es Frieden schließen (23. Aug. 1866
zu Prag) und in Folge dessen zugleich Venetien an das mit Preußen ver-
bündete Italien abtreten mußte.
Preußen ist durch diesen Sieg nicht nur in den vollen Besitz von
Schleswig-Holstein gekommen, sondern hat auch das Königreich Hannover,
das Kurfürstentb um Hessen, das Herzogthum Nassau, einen Theil des Groß-
herzogthums Hessen und die Stadt Frankfurt a. M., deren Regierungen ihm
in dem Kriege mit Oesterreich feindlich entgegentraten, erworben.
Die norddeutschen Fürsten sind der Aufforderung Preußens, mit ihm
einen norddeutschen Bund zu bilden, nachgekommen, während die süd-
deutschen, nämlich Baiern, Württemberg und Baden, noch für sich dastehen.
Das Verlangen der Völker ist jedoch auf die Vereinigung Süddeutschlands
mit Norddeutschland zu einem einzigen deutschen Bunde gerichtet, da sie die
Ueberzeugung haben, daß nur aus der Vereinigung Heil für Alle erwächst.
Die Zeit, wo ein deutscher Bund, in dem Preußen die militärische und
diplomatische Führung hat, sich bilden wird, ist gewiß nicht mehr fern, und
ist er gestiftet, dann werden auch die deutschen Länder Oesterreichs wieder
in ein freundliches Verhältniß zu demselben treten können.
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Extrahierte Ortsnamen: Oester- Deutschland Oesterreich Deutschland Schleswig-Holstein Oesterreichs Oesterreichs Deutschland Oesterreich Italien Schleswig-Holstein Hannover Hessen Hessen Frankfurt_a._M. Oesterreich Baiern Württemberg Baden Norddeutschland Oesterreichs
282
nach Amerika kamen, fanden sie nur 3 halbgebildete Nationen vor: 1) die
Natchez am Mississippi; 2) die Azteken oder Mexikaner, und 3) die Inka in
Peru. Sic trieben einen prunkhaften Götzendienst in riesenhaften Tempeln;
die Azteken brachten auch Menschenopfer. Jetzt sind die Natchez ganz ver-
schwunden; die andern Indianer aber leben unter der Herrschaft der Weißen
nach deren Sitten, treiben Ackerbau und Gewerbe und heißen Indios reäu-
cidos oder fideles; diejenigen, welche ihre Eigenthümlichkeiten beibehalten
haben und die Oberherrschaft der Weißen anerkennen, werden Indios catequisa-
dos, die, welche als Jäger, Fischer oder Krieger frei herumstreifen, Indios
bravos genannt. Die Indianer leben in geringer Zahl bei einander. Da
sie keine Heerden besitzen, keinen Ackerbau treiben und zur Trägheit hinneigen,
so gehen sie, vom unerbittlichen Hunger getrieben, auf Beute aus. Durch
das wilde Leben, die fortwährenden Fehden und blutigen Kämpfe sind sie
grausam und rachsüchtig geworden. Die Meisten sind wahre Kannibalen,
skalpiren ihre Feinde und martern die Gefangenen auf das Schauderhafteste.
Die jungen Indianer werden in diesen Gräueln nicht nur thätig unterwiesen,
sondern auch angehalten, selbst ohne ein Zeichen des Schmerzes die größten
Peinigungen zu ertragen. Während die Männer feiern, müssen die Weiber
arbeiten. Der kühnste Krieger wird ihr Führer. Ihre Kriegstänze sollen
schaudererregend sein; andere Tänze, womit sie Feste oder einen Frieden
feiern, während die Anführer die Friedenspfeife rauchen, sollen nett aussehen.
Von den eingebornen Völkern Südamerikas wollen wir nur die bekann-
teren anführen.
1) Die Pescherähs bewohnen das Feucrland, sind klein, kupferfarbig und
bemalen das Gesicht mit Kohle. Ihr Körperbau ist merkwürdig. Während
Brust und Schultern gut entwickelt sind, bleiben Arme und Beine dünn und
hager; den Kniemuskeln fehlt die Kraft, und die Arme sind unverhältniß-
mäßig lang. Kleine schwarze Augen, breite Nase, stark hervortretende Backen-
knochen, sehr schöne Zähne, großer Mund, langes dünnes und schmutziges
Haar sind die Merkmale des Kopfes. Ihre Hütten und Kähne zeugen von
Einsicht und Kunstfertigkeit. Sie leben von Muscheln, Austern, Fischen und
Seehunden. Sie Schwäche ihrer Beine rührt von ihrem beständigen Sitzen
und Liegen her.
2) Die Patagonier sind öfter Gegenstand der Besprechung gewesen, weil
seit Magelhaen ganz widersprechende Nachrichten von ihnen nach Europa
drangen. Patagonien wird von verschiedenen Völkern bewohnt; die Tehuel-
bets sind am zahlreichsten, und einige ihrer Stämme zeichnen sich allerdings
durch ihre Größe aus. Daß alle Bewohner Patagoniens aber Riesen von
6 — 7' Höhe seien, ist ein Märchen.
3) Die Araukaner in Chile unter 38° und 39° S. Br. haben sich
frei erhalten und standen lange iin Rufe, als ob sie eine höhere Bildung
besäßen, wie ihre Nachbarn. Wahr ist es, daß sie Ackerbau treiben, bleibende
Wohnsitze haben und festen staatlichen Einrichtungen anhangen. Ihre Art
Krieg zu führen ist gefürchtet, weil sie vorzügliche Reiter sind und ihre 20'
lange Lanze sehr geschickt führen. Sie werden als gastfrei und herzlich ^ ge-
schildert. Die Frauen sind Sklavinnen der Männer und müssen arbeiten,
während die Männer auf Jagd und Abenteuer ausziehen, Volksversammlungen
besuchen oder auch träge im Schatten liegen und rauchen.
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Extrahierte Personennamen: Inka Fischer
Extrahierte Ortsnamen: Amerika Mississippi Peru Europa Patagonien Patagoniens Chile
Die Angelsachsen.
279
Gebrauch gemacht. Gerichtssprache wurden von den Erwählten des
Volks unter der Leitung des Ealdorman gefunden, ihre Ausführung lag dein
Gerefe ob.
4. Weil der Kampf gegen die Briten ein engres Zusammenschließen
notwendig machte, so ordneten mehrere Könige mit ihrem Adel und den Eal-
dormanen, deren Zustimmung dazu notwendig war, sich dem Oberbefehl eines
andern unter, welcher dann Bretwalda (d. h. Britenwalter, Obwaller über
den Kampf gegen die Briten) hieß. Nie ist diese Würde eine ständige gewesen
oder hat sich saetisch über alle Reiche erstreckt; häufig beruhte sie auf dem
Übergewicht der Macht und fast immer muste sie mit dem Schwerte behauptet
werden^). Unter allen den germanischen Völkern, welche auf römischem Grund
und Boden eine neue Heimat suchten und fanden, war den Angelsachsen allein
die Möglichkeit beschieden Sprache, Recht und Volkstum unvermischt zu be-
waren; gerade aber dadurch legten sie auch die germanische Untugend, die un-
gezähmte Kampflust, nicht ab und zerfleischten sich unter einander mit gleicher
Wut, wie sie gegen die Fremden stritten. Unausbleibliche Folgen waren
wilde Rohheit und Entsittlichung und die Gefahr dasselbe Schicksal von andern
zu erleiden, welches sie den Briten bereitet hatten. Doch zur Verhütung gänzlichen
Untergangs gab ihnen Gott das Christentum. Mag man auch sagen, daß
durch die Vermäluncf des Königs Äthelbert von Kent mit der fränkischen
Königstochter Bertrada (Bertha, Charibertsi Tochter) dem Worte Gottes
eine Thür aufgethan worden sei, nirgends erscheint doch die Ankunft von Mis-
sionarien weniger durch etwas anders, als durch christliches Erbarmen ver-
anlaßt, als der Eintritt derer, welche der Papst Gregorlder Große (s. d.
folg. Paragr.) 597 zu den Angelsachsen gesandt hatte. Zwar folgten auch hier
der ersten freudigen Auf- und Annahme gewaltsame Reactionen'), aber so
großer Segen ward dem Werke der Sendboten zu Teil, daß 668 der Sieg der
christlichen Kirche entschieden ist. Bedenken wir freilich, daß wenn auch die
Geistlichen eine hohe, der der heidnischen Priester entsprechende Stellung im
Staat erhielten, dennoch fast nirgends die Kirche von den Königen so abhängig
war, wie hier^), und dazu wie langer Zeit es überall bedarf, ehe der Glaube
das ganze Leben der Völker durchdringt und die Leidenschaften der Mächtigen
unterjocht, fo werden wir uns einerseits nicht wundern, daß die Kriege unter
den Stämmen und die Gewaltthaten der Herscher nicht sofort mit der An-
nahme des Christentmus verschwinden, anderseits aber in den Erscheinungen
hoher nationaler und wissenschaftlicher Bildung, des Eifers andern Völkern
die Gabe des Glaubens zu bringen, der endlichen bußfertigen Demütigung
mächtiger Gewalthaber, die sich freilich iur Sinne der Zeit in Annahme des
Mönchtums, Pilgerfahrten und Stiftungen zu erkennen gibt, um so freudiger
die göttliche Segenskraft anerkennen.
5. Kent behauptete dadurch, daß seine Könige in Tapferkeit und An-
nahme des Christentums vorangiengen, eine Zeitlang den Vorrang vor den
übrigen Reichen. Derselbe Äthelbert (660—616), welcher zuerst sich taufen
ließ, war der dritte Bretwalda, erwarb sich aber auch, indem er die alten
und die den neuen Priestern bewilligten Rechte aufzeichnen ließ, ein achtungs-
wertes Verdienst um Mit- und Nachwelt. Das Heidentum blieb, als Er con- 1
1) Kemble hat mit dieser Darstellung der Sache entschieden Recht. Der erste
Bretwalde war Älla von Süsser. — 2) Die Annahme erfolgte gewöhnlich durch
Volksbeschluß; daher war ein entgegengesetzter aufhebender leicht zu bewirken, da die
Seelen noch nicht bekehrt waren. — 3) Lappenb. 1 183. 191.
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien]]
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Extrahierte Personennamen: Kent Bertha Charibertsi Gregorlder Kent Älla_von_Süsser
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248
Der Verfall des Frankenreichs.
andere Herzog Ebrachar trieb den Häuptling Waroch so in die Enge, daß er
an Flucht aus die See dachte. Gutmütig nahm K. Gunthramm seine Unter-
werfung an, aber der treulose überfiel das heimziehende Heer und richtete es
fast zu Grunde*). Der Vertrag zu Andelot hatte die Eintracht nicht vollstän-
dig hergestellt. Schon 588 glaubte Childebert Ii seinen Oheim an dessen Er-
füllung erinnern zu müßerg) und dieser macht jenem heftige Vorwürfe, daß
er seine Schwester dem Westgotenkönige Richared verlobt hatte3). Die Unzu-
friedenheit der Großen mit Brunichildens Einfluß ward nur wenig dadurch
beschwichtigt, daß Childebert feinem altern Sohn Theudebert eine eigne
Hofhaltung in Soisfons anwies und der Bischof Egidius verurteilt und ver-
bannt ward*). Die Gewalttaten, welche Cuppa, Chilperichs ehemaliger
Marschall gegen Childeberts Reich unternahm, wurden vereitelt3), doch stieg
das Mistrauen um so höher, als Gunthramm 591 Chlothar Ii in Paris aus
der Taufe hob3). Da starb 593 Gunthramm und Childebert nahm fein
Reich in Besitzt).
6. Zwar ward der Einsall, welchen der Herzog Quintrio von der Cham-
pagne in Chlothars Reich unternahm, zurückgeschlagen, aber Childebert Ii
behauptete doch den größten Teil des Reichs und wenn auch der blutige Kampf
gegen die Briten 594 nicht zum Ziele führte, so gelang ihm doch im folgenden
Jahr die gänzliche Besiegung des thüringischen Stammes der Warner. Da
starb er 596 und sein Reich ward unter seine beiden Söhne so geteilt, daß
Theudebert Ii Austrasien mit der Residenz Metz, Theuderich Ii Bur-
gund mit dem Sitze in Orleans empfieng. Sofort versuchte Fredegund e
die Beeinträchtigung, welche ihrem Sohn Chlothar Ii durch die Vererbung
vvn Gunthramms Reich auf Childebert widerfahren war, zu rächen. Schon
war ihr die Einnahme von Paris gelungen und sie hatte über die beiden Brü-
der einen Sieg davon getragen, als ihr Tod 597 das Frankenreich von dem
Unheil rettete, welches sie noch ferner anzustiften im Stande gewesen wäre.
Da das gemeinsame Interesse Theudebert Ii und Theuderich Ii zusammen-
hielt, so siegten sie über Chlothar 600 bei Dormeuille unweit Aurerre,
gewannen die Länder, welche jenem sich ergeben hatten, zurück und erzwangen
601 die Herausgabe allen Landes zwischen Seine und Loire, so daß dem Sohn
Chilperichs nur noch zwölf Gaue von der Seine nordostwärts bis zum Meer
blieben3). Auch die Gascogner wurden 602 von den beiden Brüdern unter-
worfen 9) und nachdem Chlothar 603 einen Grafen, der fiscalifche Ansprüche zu
erheben ausgesandt worden war, angegriffen hatte, schlug ihn Theuderich Ii bei
Etampes dergestalt, daß er aus Paris weichen und den ihm ungünstigen Frieden
zu Compiegne (Compendium) schließen mußte10). Unterdes war der durch
die Ermordung des Herzogs Quintrio**) gesteigerte Haß der Austrasier gegen
Brunichilde in so helle Flammen ausgebrochen, daß sie nach Burgund zu
Theuderich floh (599)*'). Entsetzlich ist, wie tief das alternde Weib sinkt.
Nicht allein, daß sie ihr eignes Blut, Theuderich Ii, der sie nicht geschützt
hatte und dessen Gattin Belichilde — von ihr aus dem Stande einer
Magd zur Königin erhoben — statt der erwarteten blinden Ergebenheit ihr 1
1) Greg. Viii 42. Ix 18. 24. X 9 u. 11. — 2) Greg. Ix 20. — 3) Greg. Ix
32. — 4) Greg. Ix 36. 37. X 19. — 5). Greg. X 15. — 6) Greg. X. 28. Von
hieran ist der angebliche Fred eg ar die Quelle. Ich citiere ihn nach der Übersetzung
von O. Abel (Geschichtschr. d. deutschen Vorzeit. Vii. Bert. 1849). — 7) Fred. 14.
— 8) Fred. 20, — 9) Fred. 21. — 10) Fred. 24—.26. — 11) Fred. 18. —
12) Fred. 19.
TM Hauptwörter (50): [T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T66: [Geschichte Iii Vgl Nr. Aufl Gesch Lesebuch Bild fig deutsch], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat]]
TM Hauptwörter (200): [T118: [Karl Ludwig Reich Sohn Lothar König Lothringen Frankreich Herzog Tod], T10: [Sachsen Karl Franken König Land Jahr Chlodwig Reich Krieg Volk], T69: [Iii Ann Reg Urkunde Otto Chron Waitz Stumpf Urk Leg], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution]]
250
Die Verdrängung der Merovinger.
Die Verdrängung der Merovinger und die Wiedererhednng des
Frankenreichs durch die Pipiniden.
8 71.
Pipin von Landen f 639. Arnulf Bischof von Metz ch 640.
.-———^———-------------, ----------—------------------,
Grimoald st 655. Begga. Herzog Ansegistl st 675.
Childebert. Pipin von Heristall j 714.
1. Chalpaida.
2. Plektrnd.
2. Drogo 2. Grimoald 1. Karl Martell
st 709. st 714. f 741.
Theudoald Karlinann Pipin der Grippo
st 715. st 755. Kurze st 751.
st 768.
Karl der Große Karlmann
st 814. st 771.
l. Kann man, wo solche ruchlose Thaten im Königshause geschehn, etwas
anders erwarten, als daß sich alle Bande des Gesetzes und der frommen Scheu
im Volke lösen? In der That entsetzlich ist die Unzucht, die Treulosigkeit,
die Grausamkeit der Großen, welche uns aus den einzelnen überlieferten
Zügen entgegentreten. Selbst in die Kirchen wagt sich die Habsucht und das
Verbrechen hinein und zahlreiche Geistliche, durch Simonie in ihr Amt gesetzt,
vergessen jede Pflicht. Und wenn wir wiederholt lesen, wie Heere, die
zum Krieg gegen äußere Feinde nach den Grenzen ziehn, im eignen Lande
arge Verwüstungen anrichten und selbst das Heilige nicht schonen, so können
wir die Greuel, welche im Gefolge der Bruderkriege geschahn, nicht groß genug
denken. Fast als ein Wunder erscheint, daß das Reich fortbestehn konnte: ein
herliches Zeugnis für des christlichen Glaubens Kraft und die Tüchtigkeit des
deutschen Wesens. Liegt in dem letztern als charakteristischer Zug ein engres
und festres Zusammenschließen nach Abstammung, Wohnsitz, Zweck und Be-
ruf, so konnten die Teilungen keine andere Wirkung üben, als daß die Land-
schaften ein selbständigeres Bestehn gewinnen. Verstärkt wird der Zug nach
solcher Trennung durch die Ausbildung verschiedner Nationalität, welche wir
schon weiter fortgeschritten finden. Wie viele Römer erscheinen in den West-
und Südländern unter den Großen und gibt nicht das sittliche Verhalten aller
zu erkennen, daß dort das deutsche Wesen sich mit dem römischen zu amalga-
mieren begonnen, wärend im Osten es noch ungetrübter und unvermischter
fortbesteht? Austrasien, Neustrien und Burgund sind so schon zu Reichsteilen
geworden und ungestörte Weiterentwicklung muß zur völligen Trennung führen.
Dann aber wäre die germanische Welt zerstückelt in Ohnmacht versunken, den
äußern Feinden preisgegeben und die eben erst gelegten Keime einer neuen
Bildung und Gesittung zertreten worden. Das Frankenreich muß noch einmal
fest geeint und gekräftigt der Hort Europa's werden, ehe es den in ihm sich
bildenden Nationalitäten die Pflege des Rechts und der Kirche und die Gestal-
tung des Lebens überlassen kann. Von dem den Fluch der Gottlosigkeit in
sich forterbenden Merovingergeschlecht ist solche Leistung nicht zu erwarten; sie
kann auch nicht von den Stämmen ausgehn, welche in der Verschmelzung mit
dem Römertum, mit der Bildung einer neuen Nationalität noch nicht fertig
TM Hauptwörter (50): [T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Arnulf_Bischof_von_Metz Grimoald Begga Chalpaida Plektrnd Drogo Grimoald Grimoald Karl_Martell Karl Theudoald_Karlinann Karl_der_Große_Karlmann Karl Karlmann
Galba, Otho, Vitellius 68 und 69.
63
in Britannien und Germanien ausgezeichnet, mit drei Legionen den Aufstand
der Juden so'weit niedergeschlagen hatte, daß nur noch die Bezwingung Je-
rusalems übrig war. Weissagungen und kundgegebne Wünsche legten ihm
nahe die Hand nach dem Diadem auszustrecken, aber der 60j. trug Bedenken
sein und seiner beiden Söhne Glück durch ehrgeiziges Streben in Gefahr zu
stellen ') und unterwarf sich eben so Galba wie Otho. Doch Vitellius Er-
hebung hatte den Heeren des Orients den Gedanken eingeslößt, warum sie nicht
dasselbe thun könnten, was die germanischen Legionen, warum sie der Sieges-
preise beithrouerhebungen sich selbst verlustig machen sollten. Diesen Gedanken
ergriff Mu cianus, der Statthalter Syriens, welcher im Frieden vier Legionen
befehligte. Früher mit Vespasianus in Feindschaft, aber durch dessen Sohn
Titus ihm gewonnen, war er entschlossen vor seiner Tüchtigkeit zurückzutreten
und forderte ihn selbst zur Annahme des Kaisertitels auf. Tib. Alexander
gieng voran, indem er die Legionen zu Alexandria ihm den Eid schwören
ließ; das Heer in Judäa begrüßte seinen Feldherrn als Kaiser, Mucianus mit
dem syrischen folgte und schnell erklärte sich ganz Asien für ihn. Es ward be-
schlossen, Mucianus solle nach dem Westen ziehn, Titus den Krieg gegen
die Juden fortsetzen, Vespasianus Ägypten und die Nachbarländer in Obhut
nehmen, um Italien und Rom die Zufuhr abzuschneiden. Nirgends fand die
Kunde mehr Nachhall, als in Mösien, welcher Provinz Legionen ja für Otho
zu fechten bereit gewesen waren. Sie ergriffen Vespasians Partei; es folgten
die pannouischen hauptsächlich bewogen durch Antonius Primus, einen
Mann von eben so großer Brauchbarkeit im Kriege, wie Nichtswürdigkeit im
Frieden. Durch sie und den Procurator Cornelius Fuscus wurde auch Dal-
matien gewonnen^). Vitellius nahm die erste Nachricht mit leichtfertigem
Ubermute hin; doch beschloß er aus den ihm ergebnen Provinzen — auch
Mauretanien war für ihn gewonnen ^) — Hülfstruppen herbeizuziehn, welche
freilich ausblieben; erst als der Einbruch der Feinde in Italien gemeldet ward,
sandte er Cäcina mit Truppen nach dem Norden, wohin Valens, eben krank,
Nachfolgen sollteh. Zwar rieten viele von den Führern des feindlichen
Heeres nur die Alpen zu besetzen und Mucianus Anmarsch abzuwarten, allein
Antonius Primus draug mit seiner Ansicht auf raschen Kampf durch. Der
sarmatische Adel ward zur Teilnahme beigezogen, damit das Volk Ruhe hielte,
die Könige der Sueben Sido und Italiens kamen mit Hülf'svölkern herbei.
Eine Bewegung im Rücken von Noricum aus zu hindern, war eine am Inn
(Anus) ausgestellte Abteilung bestimmt^). Ein glückliches Gefecht des Vortrabs
bestärkte den Entschluß, der Vespasians eigner Ansicht entgegen war. Es wäre
leicht möglich gewesen das noch nicht zahlreiche Heer vor Ankunft von Verstär-
kungen zumal in ihm Unruhen gegen einzelne Führer (ob von Antonius Ehrgeiz
augestiftet?) vorfielen, zu erdrücken, wenn nicht Cäcina bereits in der Treue
geschwankt hätte. Als zuerst die Flotte bei Ravenna unter Cäcilius Bassus
zum Feinde übergetreten waren, schloß auch er einen Vertrag, aber die Trup-
pen, welche, obgleich ohne Treue für Vitellius, doch vorher ihre militärische
Ehre retten wollten, legten ihn in Ketten 0). Um so mehr eilte Antonius
mit der Schlacht, die durch seine unermüdliche die Soldaten begeisternde Ent-
schlossenheit und Klugheit gewonnen, bereu Glanz aber auch durch die grau-
same Zerstörung der eroberten Stadt Cremona getrübt ward'). Wie Vitel- * 7
1) Siehe die Vorbereitungen Tac. h. I11 — 7. — 2) Tac. h. Ii 74—86. — 3) Tac.
h. Ii 58. — 4) Tac. s. Ii 96 — 101. — 5) Tac. h. Iii 1 — 5. — 6) Tac. h. Iii
7 — 14. — 7) Tac. h. Iii 15 — 35.
TM Hauptwörter (50): [T20: [Rom Jahr Cäsar Senat Kaiser Pompejus Antonius Tod Krieg Sohn]]
TM Hauptwörter (100): [T55: [Rom Krieg Römer Jahr Heer Cäsar Hannibal Pompejus Marius Schlacht], T88: [Sohn Vater König Tod Kaiser Tochter Bruder Jahr Mutter Gemahlin], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T181: [Rom Kaiser Sohn Stadt König Nero Romulus Jahr Tarquinius Tod], T163: [Cäsar Antonius Pompejus Rom Sulla Csar Marius Jahr Krieg Heer], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T128: [Kaiser Heer Reich Stadt Jahr Alexander Rom Zug Tod Konstantinopel], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution]]
Extrahierte Personennamen: Galba Galba_wie_Otho Alexander Alexander Antonius_Primus Antonius Cornelius_Fuscus Antonius_Primus Antonius Antonius Cäcina Cäcilius_Bassus Antonius
Die Kriege Augusts gegeu die Germanen.
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welchem im Jahre 6 n. Chr. L. Sentius Saturninus die Legionen durch der
Chatten Gebiet, Durchhaue durch die Gebirgswälder schlagend, nach Bojenheim
führen, Tiberius aber ebendahin von Carnuntum in Noricum aus Vordringen
sollte, und schon scheint seine Ausführung ziemlich weit gedichn gewesen zu
sein, als die Unmöglichkeit, so viele kriegerische und Unabhängigkeitsliebende
Sdämme von der Nordsee bis zum Adria in kurzer Zeit zu unterwerfen sich
herausstellte, indem diepaunonier und Dalmater, die günstige Gelegen-
heit zur Erwerbung der Freiheit gekommen glaubend und vielleicht durch Mar-
bods Sendlinge aufgeregt, einen furchtbaren Aufstand erhoben. Die Italiens
Grenzen nahe Gefahr zwang Tiberius seine Waffen nach diesen Gegenden zu
wenden und da die Bezwingung der erbitterten aufständigen Völker drei Jahre
kostete, so blieb Marbod mit der Heimsuchung verschont *).
9. Die Schlacht im Teutoburger Wald. Ein für Bildung em-
pfängliches Naturvolk pflegt mit einer gewissen Hast die neuen Zustände, welche
der als überlegen anerkannte Sieger bietet und verheißt, zu ergreifen, lernt es
aber das wahre Wesen der Unterdrückung kennen, begreift es, wie es sein
heiligstes und bestes für das Fremde hingeben muß, so erwacht ein unver-
söhnliches Freiheitsstreben und es bedarf nur einer gelungnen großen Thal,
nur eines Heldens als ihres Urhebers, um in der Erinnerung einen die
Flamme immer von neuem weckenden und anfachenden Zug zu hinterlassen.
Gerade das unsittliche Wesen der römischen Großen ward die Ursache dazu,
daß in Germanien dies schnell eintrat und die Nationalität, welche zur Um-
gestaltung der Weltgeschichte von Gott ersehen war, gerettet ward. Die Hast,
mit welcher die Deutschen den römischen Sitten und Gebräuchen huldigten,
die Ehrengaben und Ehrenämter der Römer annahmen, ihren Kriegsdienst
suchten, täuschte diese so, daß sie sich in dem wilden Lande schon wie zu Hause
glaubten und der Statthalter P. Quin etil ins Varus, ein ächter Sohn
der hauptstädtischen höhern Gesellschaft, ohne Einsicht, Klugheit und That-
kraft für gefährliche Momente, was er vorher in der Provinz Syrien verübt
hatte, auch dort durchführen zu können vermeinte. Er führte das römische
Gerichtswesen ein, ließ Sachwalter aus der Hauptstadt kommen, vollzog
Strafen an Leib, Gut und Leben, wie sie das römische Strafrecht vorschrieb,
und forderte Tribute und Lieferungen ein. Da fcinbeu die Deutschen, daß
sie nicht, wie man ihnen anfänglich geboten, freie Bundesgenossen sein, daß
sie Knechte und Römlinge werden sollten, und keiner empfand dies tiefer als
der junge Chernskerhäuptling Armin, Segimers S., der im römischen
Kriegsdienst mit dem römischen Bürgerrecht, ja der Ritterwürde geehrt, nicht
die glühende Vaterlandsliebe noch die frische Thatkraft verloren, dagegen
wol die zur Ausführung kühner Entwürfe erforderliche Einsicht gewonnen
hatte. Von ihm wurde zuerst weniger, dann immer mehr Genossen Einver-
ständnis gewonnen, und ebenso befremdlich ist die Klugheit, mit welcher das
Geheimnis gewart und verborgen ward, wie die Verblendung, mit welcher
Varus sein Auge und Ohr selbst gegen die beachtenswertesten Warnungen
verschloß. Denn da einen plötzlichen offnen Aufstand in Masse die durch
das ganze Land wenn auch nicht zahlreichen, aber doch einen zusammenhängen-
den Gürtel bildenden römischen Stationen unmöglich machten, so mußte zur 1
1) Veil. Ii 109 —116. Aus dem Anfang von o. 110 ergiebt sich deutlich, daß
auch gegen Marbod nicht auf einen einzigen Feldherrn gerechnet war. Denn Tibc-
rins hatte das Winterlager an der Donau vorbereitet und war dann erst bis ans 5
Tagemärsche dem Feinde nahe gerückt.
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TM Hauptwörter (200): [T56: [Römer Rhein Varus deutsche Armin Jahr Hermann Land Deutschland Tiberius], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
Extrahierte Personennamen: Augusts L._Sentius_Saturninus Tiberius Tiberius P._Quin Varus Armin Segimers_S. Varus
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Tiberius 14— 37.
lung gelangt und daß er um dieselbe beneidet werde, machte ihn mistrauisch.
Wol fühlte er sich stark offne Empörung niederzuschlagen, wol kannte er
die römischen Großen als zur Erregung einer solchen unfähig, aber er wüste
auch, daß sie wie hündisch schmeichlerisch, so auch um des Vorteils und Ge-
nusses willen das Heiligste und Liebste zu verraten, zur Tücke und Jntrigne,
zur Verschwörung und zum Morde geneigt seien. Er verachtete, aber fürchtete
und deshalb haßte er sie. Bei dem Mistranen ist nicht unbegreiflich, wie er
sich von einem einzigen Schlauen so täuschen ließ, daß er ihm blind ganz ver-
traute, wie aber auch nach der Enthüllung sein Herz immer finstrer ward H.
2. Ein widerliches Spiel von Heuchelei führte Tiberius aus, indem er,
obgleich er alle Maßregeln zur Behauptung der Herschaft getroffen ^), dennoch
um die Gesinnungen kennen zu lernen und die Aeußrungen für die Zukunft
zu notieren, sich dem Senat gegenüber stellte, als wolle er die große Last der
Regierung nicht auf sich nehmen, widerlich auch wegen der dabei sich kund--
gebenden sklavischen Gesinnung. Die wichtigste Neuerung, eine Vollendung
der Monarchie war die Übertragung der Wahlen von den Comitien an
den Senat. Dieser hatte fortan nach seiner Empfehlung die Candidaten zu
bezeichnen, welche das Volk ohne Bewerbung wählen muste: eine Maßregel,
welche die Teilnahme des letztern zu einer völlig illusorischen machte und bald
gänzlich in Wegfall brachte^).
3. Der Mangel an römischen Recrnten und das Bedürfnis kriegsge-
übter Mannschaften hatten zur Folge, daß bei allen Heeren eine große Menge
Veteranen bei der Fahne behalten wurden. Diese sehnten sich nicht sowol
nach einem friedlichen und gewerbfleißigen Leben, als sie sich gegen die strenge
Disciplin sträubten und im Bewustsein, daß auf der Militärmacht das
Kaisertum beruhe, den Machthabernzugeständnisse abzupressen versuchten, keine
Zeit dazu günstiger findend, als die eines Thronwechsels. So zeigte sich
denn sofort bei Tiberius Regierungsantritt die Gefahr, welche dem Römer-
reich drohte, in zwei bedeutsamen Vorspielen. Zuerst brachen die drei Legio-
nen, welche unter Junius Bläsus in Pannonien standen, in einen Ausstand
aus, indem sie ihre Führer mishandelten und die Forderung stellten, daß alle
welche 16 Feldzüge gedient entlassen werden sollten. Tiberius sandte seinen
S. Drusus mit Älius Seianus, dem zweiten Gardepräfecten, und
Mannschaften, aber nur mit Mühe gelang es die Empörung zu beschwichtigen
und die Schuldigen zu strafen H. Gefährlicher noch und folgenreicher war die
Empörung bei dem germanischen Heere. Drusus S. Germani-
cus hatte hier das Eommando über 8 Legionen, von denen 4 (Ii. Xiii. Xiv.
Xvi.) unter G. Silius im obern, 4 (I. V. Xx. Xxi.) unter A. Cleina
im untern Germanien standen^). Er war mit dem Censns in Gallien be-
schäftigt, als er die Kunde von Augustns' Tod erhielt und sofort die nächsten
Völkerschaften (die Seguaner und Belgen) für Tiberius in Pflicht nahm,
um so schneller, je mehr er diesen mit Mistrauen gegen sich erfüllt wüste.
Die Soldaten waren aber der Überzeugung, daß er die Hand nach dem
Throne ausstrecken werde und hofften von ihm jedes Zugeständnis. Bei dem 1
1) Vgl. die treffliche Charakteristik bei v. Wietersh. l 110 — 134. — 2) Dazu
gehörte auch die Töduug des Agrippa Posthumus, nach einem angeblichen ^von
Augustns hiuterlassueu Befehl, Tac. ab exc. I 6. Auch Julia riud ihr Buhle Sem-
pronius Gracchus wurden bald getödet, Tac. a. a. O. I 53. — 3) Tac. ab exc. I
15. 81. Veil. Ii 124. 126. I)io Lviii 20. — 4) Tac. ab exc. I 16 30. — 5) Das
ganze linke Rheinufer von Basel bis zum Meer ward als Provinz Germanien ge-
nannt und in das obere und das untere Land geteilt.
TM Hauptwörter (50): [T20: [Rom Jahr Cäsar Senat Kaiser Pompejus Antonius Tod Krieg Sohn], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T88: [Sohn Vater König Tod Kaiser Tochter Bruder Jahr Mutter Gemahlin], T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T56: [Römer Rhein Varus deutsche Armin Jahr Hermann Land Deutschland Tiberius], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet], T181: [Rom Kaiser Sohn Stadt König Nero Romulus Jahr Tarquinius Tod], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution]]
Extrahierte Personennamen: Tiberius Tiberius Tiberius Junius_Bläsus Tiberius Drusus Älius_Seianus A._Cleina Tiberius Agrippa_Posthumus Julia