192
Vandiemsnsland auf der östlichen Halbkugel liegt, und
mit seinen übrigen Inselgruppen erst durch Cook seit
1768—1779 uns als ein neüer Erdtheil bekannt ge-
worden ist. An Producten des Pflanzenreichs ist er
reicher, als an denen des Thier- und Mineralreichs;
vor allem wichtig ist der nützliche Brodbaum. Die
Einwohner stehen noch auf einer sehr niedrigen Stufe
der Bildung, obschon auf einigen Inseln — Neüholland,
Sandwichs-, Freündschaftöinseln— eüropäische Cultur
und Christenthum seit 30 Jahren bewundernswürdige
Forischritte gemacht haben, während in andern Ge-
genden dergleichen Versuche bis jetzt völlig gescheitert
sind, und sich daher noch roher Naturdienst, Men-
schenopfer, sta Menschenfresserei verbreitet finden. —
Die etwa feit 50 Jahren von der englischen Regie-
rung auf Neüholland errichtete Verbrecher-Colonie
beabsichtigt bei den Verwiesenen die Besserung ihres
Lebenswandels und durch sie den Anbau des Landes.
Jährlich werden 1500—2000 Verbrecher hieher ge-
bracht, von denen die meisten nach auögestandener
Strafzeit sich dann ganz dort niederlaffen.
Das Vaterland.
So war denn der Unterricht über die hauptsäch-
lichsten Gegenstände der Erdbeschreibung beendigt wor-
den. Noch tiefer in dieselbe, besonders in die Darstel-
lung der einzelnen Länder einzugehen, verstattete die
Kürze der diesem Lehrgegenstande bestimmten Zeit nicht.
Ein Land aber — das war des Lehrers fester Wille —
sollte den Schülern nicht unbekannt bleiben, das
Land, dessen Kinder sie selbst waren, das Vater-
land. Sowie er nämlich hoffte, ihnen hierbei Man-
ches anschaulicher machen zu können, was er von der
natürlichen Beschaffenheit, von den Erzeügniffen und
Bewohnern der Erde im Allgemeinen gesagt hatte: so
war er auch der Ansicht, daß ihnen die Bekanntschaft
mit dem eignen Lande bei der Stufe der Bildung, auf
welcher in unfern Tagen auch die Landleüte stehen,
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307
triarchen; unter letzteren endlich maßten sich den^.höchsten
Rang an die Patriarchen von Alexandrien in Agypten>
Antiochien in Syrien, Constantinopel und Rom; da
aber die beiden ersten Städte frühzeitig in die Hände
der Muhamedaner fielen: so blieben nur die zwei letz-
ten angesehen und mächtig. Von ihnen wollte jeder
der erste Geistliche der ganzen Christenheit sein, und
namentlich wußten die Bischöfe zu Rom die Umstände
schlau zur Erreichung ihrer Absicht zu benutzen. Schon
Innocenz I., welcher 417 starb, erklärte, daß^den rö-
mischen Bischöfen die erste Stelle gebühre, weil Petrus
der erste Bischof zu Rom gewesen wäre, dem doch
Christus die erste Stelle unter den Aposteln angewie-
sen hätte. Es ist aber weder jenes, noch dieses ausge-
macht wahr. Gregor I. 591 blendete die Menge durst-
glänzende Einrichtung des Gottesdienstes, und herrschte
durch seine Lehre vom Fegefeüer über die Gemüther und
Schätze des aberglaübischen Volkes. Zu der Zeit nun,
wo der heillose Bilderstreit wüthete, war Italien in
ganz eigenthümlicher Lage. Die christlichen Kaiser von
Constantinopel hatten dieses Land den Ostgothen abge-
nommen, den größten Theil aber wieder an die Lango-
barden verloren. Was ihnen übrig geblieben war,
und dazu gehörte auch Rom mit Umgegend, ließen sie
durch Statthalter regieren, welchen die Bischöfe von
Rom oft den Gehorsam versagten. Letzteres geschah
namentlich., als von Constantinopel aus die Verehrung
der Bilder verboten ward. Wollten nun die Statthal-
ter Roms Bischöfe zum Gehorsam zwingen: so rie-
fen diese die Hilfe der benachbarten Langobarden an;
wurden ihnen wieder die Longobarden zu mächtig: so
heüchelten sie Unterwerfung unter des Kaisers Befehl,
um seiner Hilfe sich zu versichern. Dieß Spiet trieben
sie, bis ein sonderbares Ereigniß ihnen höchst günstig
ward. Der römische Bischof Zacharias nämlich hatte
sein geistliches Ansehen gemißbraucht, den Pipin, einen
fränkischen Großen, zu unterstützen, als dieser die Nach-
folger des obengenannten Klodwig vom Throne stürzte
und sich selbst Frankreichs Krone aufsetzte. Zum Danke
dafür zog Pipin dem Nachfolger des Zacharias, dem
Papste Stephan Ih., welcher von den Longobarden
hart bedrängt wurde, zu Hilfe 756 und schenkte ihm
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308
Rom nebst Umgegend, welche er den Langobarden wie-
der abgenommen hatte. Also auf eigene Empörung ge-
gen den rechtmäßigen Herrn, auf Unterstützung eines
Kronenraübers gründeten die Papste ihre Macht, sie,
die sich Christi Statthalter nannten, Christi, der doch
gesagt hatte: Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist!
Leo Iii., ein späterer Papst, riß sich völlig von dem
römischen Kaiser zu Conftantinopel los, indem er 800
Pipins Sohn, Karl den Großen, zum römischen Kai-
ser des Abendlandes krönte, als ob der vorgebliche
Statthalter Christi, der zu wiederholten Malen erklärte,
daß sein Reich nicht von dieser Welt sei, als ob dieser
vorgebliche Statthalter Kronen zu verschenken hätte!!
Natürlich wurde nun das Benehmen der Päpste gegen
die Patriarchen zu Constantinopel immer stürmischer;
und als Papst Nicolaus I. gegen einen derselben, Pho-
tius, gar zu heftig auftrat: da hatte dieß nicht dessen
Unterwerfung zur Folge, wie Nicolaus gehofft haben
mochte; sondern es erfolgte 863 dio erste dauernde
Spaltung der Christengemeinde, indem diejenigen Chri-
sten, welche dem constantinopolitanischen Patriarchen
anhingen, sich von der römisch-katholischen oder abend-
ländischen Kirche trennten und die griechisch-katholische
oder morgenländische Kirche bildeten, welche jetzt im
Kaiserthum Rußland und im Königreiche Griechenland
die herrschende ist, und zu welcher sich auch sehr viele
Bewohner des türkischen Reiches bekennen.
8) Mönche.
Ein vorzügliches Werkzeüg zur weitern Begründung
ihrer angemaßten Gewalt fanden die Päpste in den
Bewohnern der Klöster. Viele Christen nämlich glaub-
ten, das Wohlgefallen Gottes zu erlangen, reiche ein
Leben voll Ehrfurcht gegen ihn und Christum, Achtung
gegen sich selbst und Liebe zu den Brüdern nicht hin;
wenigstens werde man es in noch höherem Grade er-
langen durch Ertödung des Leibes, das heißt: durch
Versagung aller, auch der unschuldigsten, Genüsse und
Bequemlichkeiten und durch freiwillig zugefügtes kör-
perliches Schmerzgefühl. Zu wie sonderbaren und lä-
cherlichen Verirrungen dieser Glaube führte, davon
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Extrahierte Personennamen: Christi Leo_Iii Leo Karl Karl Christi Nicolaus
Extrahierte Ortsnamen: Christi Constantinopel Kaiserthum_Rußland Griechenland Gottes Christum
311 —
und Christi Wort in Deütschlands düstre Wälder tra-
gen. Gott, wie unerforschlich sind deine Wege! Zu
derselben Zeit, wo du die hochgebildeten Christenge-
meinden in dm herrlichen Ländern Asiens und Africas
den Muhamedanern Preis giebst, die hochgebildeten
Christen, welche aber freilich die christliche Glaubens-
lehre nur zum Gegenstände unverständiger Grübelei
und leeren Wortgezänkes herabwürdigen, welche frei-
lich die christliche Sittenlehre zum Zerrbilde unmensch-
licher Selbstpeinigung verunstalten —zu derselben Zeit
giebst du Ässatz durch die Bekehrung einiger Barbaren-
horden in Deütschlands unwirthbaren Sumpfstreckeu,
Barbarenhorden, welche aber alsbald die christliche
Glaubenslehre sinnig und tiefsinnig mit Herz und Ge-
müth erfassen, welche alsbald der christlichen Sitten-
lehre lebendigen und erhebenden Einfluß gestatten im
häuslichen und im öffentlichen Leben, welche also sich
würdig vorbereiten, 700 Jahre später die neüentzün-
dete Fackel des Glaubens voranzutragen durch die Gift-
nebel' deö Aberglaubens, die Italiens pomptinischen
Sümpfen entstiegen waren. Gott, dein Rath ist wun-
derbar; aber du führest es Alles herrlich hinaus! —
Das Jahr 715 war cö, feit welchem der englische
Mönch Winfried, später Bonifazius genannt, predi-
gend und taufend in Thüringen und Hessen auftrat,
von ihrem Glauben an Wodan und Freia und andere
Götter und Göttinnen die Bewohner hinführte zur
Anbetung des Allvaters und feines Sohnes, statt ih-
res Walhallah voll Jagd und Krieg in einen Himmel
voll seligen Friedens sie schauen ließ, statt der Men-
schenopfer ein reines Herz Gott darzubringcn befahl,
ihre angebcteten Baüme und Haine niederhieb und an
deren Stelle christliche Kirchen baute. Zwar nicht ganz
rein von päpstlichen Zusätzen war die Christenlehre,
welche Bonifazius brachte; denn er selbst war ein glaü-
biger Sohn der römischen Kirche und sicherte daher den
Päpsten großen Einfluß in Deütschland; allein das
deülsche Volk hat durch die Reformation gezeigt, daß
es Spreu und Waizen zu sondern wußte. Was Bo-
nifaziuö mit gewaltigem Worte begonnen, das fetzten
Karl der Große im Lande der Sachsen und Heinrich
der Vogler in den Landern der Slaven (s. dr. Schb.
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Extrahierte Personennamen: Africas Winfried Winfried Bonifazius Freia Bonifazius Karl_der_Große Karl Heinrich
der_Vogler Heinrich
315
Schrift, um Trost zu suchen in arger Zeit. So Pe-
trus Walduö in Lyon 1170, dessen Anhänger päpstli-
chen Ablaß, Meßopfer und Heiligendienst mit Jesu
Lehre bekämpften und den über sie verhängten Verfol-
gungen die Erhabenheit christlicher Tugend entgegen-
setzten. So gleichzeitig die Albigenser in der Gegend
von Toulouse. Vergeblich wüthen die Päpste und ihre
Dominicaner gegen das gläubige Haustein mit deu
Schrecken der Inquisition; vergeblich hetzen sie Hun-
derttausend^ aus dem abergläubischen Pöbel, denen sie
für die Vernichtung jener Ketzer die Vergebung^ ihrer
Sünden versprechen. Sie konnten wohl das südliche
Frankreich durch Mord und Brand züm schaudervollcn
Leichenfelde machen; doch das Licht der Wahrheit konn-
ten sie mit allen Blutströmen nicht ersticken. In Süd-
frankreich verhüllt, glänzt es hundert Jahre später desto
heller in England auf, wo Wiclcf 1360 die ganze Bi-
bel übersetzt, in zahlreichen Schriften die Mißbraüche
der päpstlichen Kirche angreift und dabei von seinem
Könige so geschützt wird, daß seinen Gegnern nur klein-
liche Racke an dem Leichname des Lichtzeügen übrig
bleibt. Wie Gott früher von England her den Boni-
fazius zu den noch rohen Deütschen gesandt hatte, da-
mit er den päpstlichen Ceremoniendienst als erste Milch
für ihre noch ungeübte Vernunft ihnen darböte: so
ließ er jetzt wiederum aus England Wictefs Schriften
nach Deütschland sich verbreiten, damit der Böhme
Huß aus ihnen nahrhafte Speise für die herangereiften
Bewohner unseres Vaterlandes nähme. Als aber die-
ser wackere Blutzeüge des Evangeliums auftrat (s. dr.
Schb. S. 252 ff.), war schon die allgemeine Aufmerksam-
keit auf den Unfug der Päpste und ihres Anhanges
gerichtet; denn ärgerliche Zwietracht hatte sich in dem
Reiche der Finsterniß selbst, erhoben. Drei Päpste zu-
gleich behaupteten, Gottes untrügliche Statthalter zu
sein. Hatten die Päpste von den Kreüzzügen schon
dadurch abscheülichen Mißbrauch gemacht, daß sie
Kreüzheere gegen die armen Heiden schickten, welche
Christus durch Belehrung, nicht durch das Schwert
bekehrt wissen will; daß sie durch Kreüzheere die vor-
geblichen Ketzer niedermachen ließen, welche gegen ihre
Gewalt sich auflehnten; daß sie mit Kreüzheeren dcüt-
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Extrahierte Personennamen: Jesu Christus
Extrahierte Ortsnamen: Lyon Toulouse Frankreich Süd- England England Boni- England_Wictefs Deütschland Gottes
294
worden in Stand und Land, in den niedrigsten Stän-
den, wie in den höchsten. Und wodurch? Dadurch,
daß eure Vorfahren nicht die Hände in den Schoos
gelegt und nicht nur für die Spanne Zeit ihres Lebens
kleinlich gesorgt, sondern stm Vertrauen auf Gottes
Fürsehung gesäet haben für die Zukunft, gewirkt ha-
den für eüch, seit Jahrtausenden gewirkt für eüch. So
gehet denn hin und thut deßgleichen!
Aus der Religionsgeschichte.
1) Die Heiden.
Christoph war noch nicht befriedigt; namentlich
hatte er über die früheren religiösen Zustände an den
Herrn Schulmeister noch so viele Fragen zu thun, daß
dieser freündliche Mann wohl einsah, der wißbegierige
Knabe werde sich nicht eher beruhigen, als bis er ihm
daö Wichtigste aus der christlichen Religionsgeschichte
mitgetheilt haben würde. Weil aber seine Berufsge-
schäfte ihm nicht erlaubten, für diese Mittheilungen
eine bestimmte Zeit festzusetzen: so beschloß er, einige
von denjenigen Stunden zu benutzen, welche er ohne-
hin besuchsweise bei Ehrmanns zubrachte. Das näch-
ste Mal schon begann er. Wenn auch manche von
den Völkern, die vor Christi Geburt lebten, in Han-
del und Wandel, Künsten und Wissenschaften, eine
hohe Stufe der Cultur erstiegen hatten (s. drittes Schul-
buch S. 235 ss): so waren sie doch weit zurück in der
Erkenntniß von Gott und seinem Verhältnisse zu Welt
und Menschheit; so waren sie doch wenig geschickt in
der Kunst, außer den glänzenden Tugenden der Frei-
heits - und Vaterlandsliebe auch die prunklosen der
Wohlthätigkeit, Feindesliebe und des standhaften Gott-
vertrauens zu üben; so verstanden sie doch nicht das Ge-
schäft eines frommen und würdigen Gebetes zu dem
einzigen, wahren Gotte; so lehrte doch ihr Handel,
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298
das mittelländische Meer herum lagen« Dabei unter-
stützte ihn nicht wenig der Umstand, daß damals die
griechische Sprache noch allgemeiner verbreitet war,
als gegenwärdig die französische, und daß schon damals
fast allenthalben Juden sich vorfanden, an welche er
zunächst sich wenden konnte. Auch die übrigen Jünger
Jesu waren keineswegs unthätig, nur daß wir von
ihren Bestrebungen nicht so genau unterrichtet sind,
wie von denen des Paulus. Blos so viel wiffen wir,
daß sie alle in ihrem Eifer für Gottes Wort einem
gewaltsamen Tod unterlagen, gleich ihrem Meister und
Herrn. Johannes allein, obwohl auch er wüthende
Verfolgung zu erdulden gehabt hatte, starb in hohem
Alter zu Ephesus eines natürlichen Todes. Nach der
Apostel Hingange setzten ihre Schüler, von denen die
heilige Schrift besonders den Timotheus und Titus
mit Auszeichnung nennt, und ihre Schriften das heili-
ge Werk fort; denn frühzeitig sammelten die christli-
chen Gemeinden außer den Evangelien, welche Jesu
Jünger Matthäus und Johannes, der Schüler des
Paulus, Lucas, und der Gefährte des Petrus, Mar-
cus, verfaßt hatten, auch die lehrreichen Briefe, wel-
che von Paulus, Johannes, Petrus, Jocobus und
Judas geschrieben worden waren. Sie alle sind nebst
der Apostelgeschichte des Lucaö und der Offenbarung
des Johannes im neüen Testamente enthalten. Wohin
nun des Lehrers mündliches Wort nicht drang, dahin
trugen wohl fromme Reisende Abschriften der heiligen
Bücher, welche sie in christlichen Gemeinden erhalten,
lasen sie daheim, piurden begeistert für Jesu Werk,
flößten ihrer Familie, ihren Freünden, ihren Nachbarn
gleiche Begeisterung ein, und es entstanden christliche
Gemeinden, weit entfernt von den Orten, wo ihre
Stifter die ersten Schauer des göttlichen Lichtes ge-
fühlt. Daher darf es uns nicht wundern, daß bereits
im zweiten und dritten Jahrhunderte nach Christo die
Bewohner vieler Gegenden in Spanien, Frankreich,
selbst in England von den trostlosen Zweifeln ihres jäm-
merlichen Heidenthums zu Jesu tröstenden Glauben
flüchteten. Die erste Einrichtung der Gemeinden war
der jüdischen Synagoge nachgebildet. Zu Vorstehern
und Lehrern wählte man Presbyter, das heißt: ältere
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Extrahierte Personennamen: Johannes Apostel Jesu
Jünger_Matthäus Johannes Lucas Paulus Johannes Petrus Judas Christo
Extrahierte Ortsnamen: Gottes Ephesus Mar- Jocobus Spanien Frankreich England
304
und wer verdammt sein solle, Letzterer hingegen des
Glaubens lebte, daß der Mensch durch gute Handlun-
gen oder Werke Gottes Beifall und ewige Seligkeit
verdienen könne. Wir werden aus diesen Streit bei
der Reformationsgeschichte zurückkommen müssen. Höchst
traurige Folgen endlich hatte der Kampf zwischen den
Jconodulen (Bilderverehrern) und Jconoclastcn (Bil-
derzerstörern). Daß man frühzeitig mit Bildern von
Christo und seiner erhabenen Mutter Maria, Bildern
der Apostel und Anderer, die für das Christenthum ge-
stritten und gelitten, die Kirchen schmückte, dagegen
wird gewiß kein Vernünftiger Etwas einzuwenden ha-
den; schmücken doch auch wir unsere Kirchen und Pri-
vatwohnungen mit den Bildern derer, welche auf un-
sere dankbare Achtung Anspruch machen dürfen. Daß
der Christ oft mit frommer Andacht vor diesen Bildern
verweilte und mit inbrünstigem Gebete zu Gott sich in
dem Vorsatze stärkte, zu streiten wie sie, zu leiden wie
sie, auch das wird jeder Unbefangene billigen; denn
damit erfüllten sie ja den Zweck, wegen dessen man
sie ausgestellt hatte. Als aber die unbedachtsame
Menge anfing, nicht mehr nur vor diesen Bil-
dern, sondern zu ihnen zu beten; als unverständige
Priester das Knicen vor Reliquien und Märtyrergrä-
bern höher priesen, denn die Verehrung Gottes im
Geiste und in der Wahrheit: da sahen einige wohlmei-
mende Kaiser mit Recht darin eine Rückkehr zu den
Mißbraüchen des Heidenthumö und geboten deren Ab-
stellung. Ihre Gewaltboten schütteten leider nur das
Kind mit dem Bade aus; denn anstatt das irrende
Volk zu belehren und nur widerspenstige Priester zu
warnen und zu strafen, ließen sie durch Soldaten die
dem Volke so theüren Gegenstände der Verehrung aus
den Kirchen reißen und zertrümmern. Blutiger Hader,
Meüterei und Empörung von Stadt zu Stadt durch
das ganze Reich waren die Folge. Da gürtete Muha-
med sein Schwert, um die durch gegenseitigen Mord
Wehrlosen zu schlagen; da warf der Bischof zu Rom
seine Angel in das trübe Gewässer, um zu fischen.
6) M u h a m e d.
Das Land Arabien war rückfichtlich der Relegion
in übler Lage; denn jüdische, christliche und heidnische
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Extrahierte Personennamen: Christo Maria Maria Apostel
176
Parteien ist in England und in den Freistaaten von
Nordamerica anzutreffen. Übrigens wird das Chri-
stenthum in den Niederlassungen der Eüropäer in an-
dern Weittheilen durch Heidenboten eifrig ausgebreitet.
Au den Verehrern Eines Gottes gehören endlich auch
die Muhamedaner im ganzen südwestlichen Asien,
in einem großen Theile Afrikas und im südöstlichen
Eüropa. Die zweite Classe machen die Heiden aus,
deren Weise noch bei vielen Völkern des mittleren und
östlichen Asiens, bei vielen africanischen und amerika-
nischen Völkerschaften herrscht.
16.
Nach diesen allgemeinen Belehrungen war es dem
Lehrer nur noch darum zu thun, die einzelnen Theile
des Festlandes genauer zu beschreiben und dabei nicht
nur zu zeigen, wie sich die Menschen auf der Erde
verbreitet und zu Staaten vereinigt hätten, sondern
auch darzulegen, wie durch die Natur eines Landes
gemeiniglich auch die Lebensart, die Bildungsstufe und
der Charakter seiner Bewohner bedingt sei. In dieser
Absicht wendete er sich sogleich zu dem Erdcheile, auf
welchem wir leben, zu Eüropa, wiederholte dessen
Größe, Grenzen und Zonen, machte auf die vielen und
zum Theil großen Meereseinschnitte an der westlichen
und südlichen Küste aufmerksam und ließ auch einige
Landspitzen, welche, aus Felsen und Bergen bestehend,
in das Meer hinauslaufen (Vorgebirge), nicht un-
erwähnt. Nachdem er zugleich bemerkt hatte, daß
dieser Erdtheil und mit ihm auch die übrigen durch
gewisse von der Natur selbst dargebotene Grenzen, z.
B. Gebirge, Flüsse rc. in mehrere Länder und hinsicht-
lich der bürgerlichen Gesetze und Einrichtungen seiner
Bewohner in mehrere Staaten zerfalle: richtete er
folgende Worte an die Kinder: Große Freüde muß
cs uns machen, daß uns gerade Eüropa zum Wohn-
platze angewiesen ist. Zwar finden wir hier nicht die
prangenden und duftenden Gewächse der heißen Zonen,
suchen vergebens die schönen und riesenhaften Thiere
der wärmeren Länder, sehen den Himmel nicht in sei-
nem Prachtglanze und müssen den Anblick so mancher
herrlichen Naturerscheinungen entbehren; allein gerade
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Extrahierte Personennamen: Eüropa
Extrahierte Ortsnamen: England Chri- Asien Afrikas Eüropa Asiens Eüropa
241
ihre Angriffe auf ein kleines europäisches Volk dessen
Kräfte zu großen Thaten weckte. Dieses Volk waren
die Griechen im südlichen Europa, die nächsten Nach-
barn des persischen Reiches.' Sie wollte ein persischer
König, Xerxeö, unterjochen und zog daher gegen sie
mit einem Heere, welches mehr Soldaten zählte, als
unser Sachsen Einwohner hat. Die kleinen Schaaren
der tapfern Griechen aber jagten die feigen Perser
nicht nur aus ihrem Lande, sondern führten auch
fortwährend Kriege mit ihnen, bis sie endlich unter
Anführung ihres Königs Alexander nach Persien selbst
zogen und das Reich zerstörten. Dieß geschah vor
ungefähr 2200 Jahren. Durch die Herrschaft der
Griechen verbreitete sich ihre Sprache, in welcher auch
das neüe Testament geschrieben ist, sehr weit, und das
kam dem Paulus und den übrigen Heidenaposteln bei
der Ausbreitung des Christenthums sehr zu statten.
Auch in anderer Hinsicht sind die Griechen für uns
wichtig. Fast alle Wissenschaften und Künste sind von
ihnen ausgebildet worden; daher müssen auch diejeni-
gen, welche Gelehrte werden wollen, die griechische
Sprache lernen und die Schriftsteller dieses Volkes lei-
sen; die meisten Sterne am Himmel und die meisten
Pflanzen auf der Erde sind mit griechischen Namen
belegt, und sogar in der Volkssprache sind manche Wör-
ter griechisch, denen man es gar nicht mehr ansieht. —-
Als ein kleines, doch tapferes und einträchtiges Volk
hatten die Griechen das weit stärkere Volk der Perser
besiegt; da sie jedoch später feig und uneinig unter
einander wurden: so ward es einem andern Volke
leicht, sie zu unterjochen. Die Römer in Italien näm-
lich, welche schon durch Besiegung des großen Han-
delsvolkes der Karthager in Africa mächtig geworden
waren, eroberten nach und nach alle Länder, wo die
Griechen herrschten. Sie waren zu der Zeit, wo
Christus geboren wurde, Herren von Portugal, Spa-
nien, Frankreich, England, Süddeütschlattd, Italien,
Ungarn, der eüropäischen und asiatischen Türkei und
der Nordküste von Africa. Alle diese Länder hatten die
Römer größtentheils durch abscheüliche Ungerechtigkei-
ten sich unterwürfig gemacht, und mancher Tadler der
göttlichen Vorsehung mag damals still oder laut ge-
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Extrahierte Personennamen: Alexander Alexander Christus
Extrahierte Ortsnamen: Europa Sachsen Persien Italien Portugal Frankreich England Italien Ungarn