1868 -
München
: Lindauer
- Autor: Sattler, Maximilian Vincenz
- Auflagennummer (WdK): 1
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1868
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Selbstunterricht, Gymnasium
- Regionen (OPAC): Bayern
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Bayern
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
466
Beilagen zum fünften Zeitraum.
71. Gemäß dieser Entscheidung erhielt Ludwig Vii, der Gebartete:
Schärding, Dingolfing, Kirchberg, die Hoheit über die Juden in Regensburg,
Waldmünchen, Rotz u. a. Orte der Oberpfalz; Herzog Ernst bekam: Strau-
bing, Mitterfels, Bogen, Haidau, den Herzoghof, die Münze und alle übrigen
Rechte in Regensburg; an Herzog Wilhelm fielen: Kelheim, Dietfnrt,
Abbach, Kötzting, Viechtach, Regen, Furt und einige in diesen Bezirken ge-
legene Ortfchasten; Heinrich Xvi, der Reiche, empfing: Dilshofen,
Hengersberg, die Vogtei über Niederaltaich, dann die Bezirke Winzer, Landau,
Natternberg und Plattling.
72. Die bayerischen Geschichtsschreiber setzen die Vermählung der Sophie
mit König Wenzel in das Jahr 1393, allein Pelzl führt in seiner Ge-
schichte des Königs Wenzel zwei zu Salzburg an: 24. und 25. Juli 1392
datirte Urkunden an, in welchen Ofsney (Sophie) bereits als römische Königin,
als Königin von Böhmen, als Gemahlin Königs Wenzel erscheint. Johannes
von Pomuck (Nepomuck, einem Städtchen im Klattauer Kreise, seinem
Geburtsorte), Domherr und Generalvikar des Erzbischofs von Prag, war der
Beichtvater dieser Königin, einer frommen Frau, die aber Wenzel, von seinem
wüsten Leben aus schließend, im Verdachte der ehelichen Untreue hatte und
deswegen in deren Beichtvater drang, ihm das Sündenbekenntniß zu eröffnen.
Als aber Johannes, das Beichtsiegel treu bewahrend, ihn mit seinem
Ansinnen zurückwies, schwor ihm dieser Rache. Eine Gelegenheit hierzu bot
sich im Jahre 1393 ihm dar. Wenzel wollte nämlich damals an der Stelle
der Benediktinerabtei in Kladrau eine Kathedrale errichten und diese seinem
Günstling Hyncik Pluh von Rabstein übertragen, sobald der Abt Rae eck
daselbst gestorben sein würde. Kaum war dieser tobt, als die Mönche einen
neuen Abt wählten, welchen Johannes von Pomuck als Generalvikar des
Erzbischofs bestätigte, was Wenzel erst nachher zu seinem größten Verdruß erfuhr.
Voll Ingrimm berief er deswegen den Erzbischof und dessen Räthe zu sich und
wurde beim Anblicke derselben so von Zorn übermannt, daß er unter Dro-
hung furchtbarer Ziichtigung alle — den Erzbischof ausgenommen, den nicht
sowohl seine Würde, als seine zahlreich anwesenden Waffenträger schützten,
auf den Hradschin zu führen befahl, um dort eine scharfe Untersuchung mit
ihnen vorzunehmen. Wenzel wohnte dem Verhör selbst bei und gerieth
dabei in solche Wuth, daß er dem bejahrten Domdecan Di'. Bohuslaw von
Krnow mit seinem Degenknops auf das Haupt schlug, daß er blutete, und
ihn dann binden und in das Gefängniß werfen ließ. Die übrigen aber, den
Offizial Puchnik, den Generalvikar Johannes von Pomuk, den Propst
Wenzel und den Hofmeister des Erzbischofs, Nopr von Raupow, ließ
er foltern und half selbst die Gefolterten brennen. Alle — durch die Folter
geschreckt, leisteten Alles, was der König haben wollte, nur Johannes be-
stand alle Qualen der Folter, bis er halbtodt auf Befehl Wenzels gebunden
auf die Prager Brücke geführt und von derselben in die Moldau hinab-
gestürzt wurde am 20. März 9 Uhr Abeudö des Jahres 1393. (Vergl.
Palaky, Geschichte von Böhmen Iii. S. 61 ff.) Sein Leichnam wurde,
ohne daß es Wenzel zu verhinderu wagen durfte, in der Metropolitankirche
beigesetzt, und seitdem wurde Nepomuk als Märtyrer und zugleich
als Brückenpatron verehrt und später (19. März 1729) vom Papst
Benedict Xiii canonisirt.
73. Donau wörth, auch Schwäbisch wörth genannt, war von dem
Grafen Theobald von Dillin gen, einem Bruder des heil. Bischofs
Ulrich von Augsburg, um das Jahr 950 gegründet worden und ging
später auf die H oh e nst au fisch e Familie über. Nach dem Erlöschen der-
selben mit Konradin (tz 1268) fiel Donauwörth Ludwig Ii, dem
Strengen, Herzog von Oberbayern, zu, dessen Schwester Elisabeth die
Mutter Konradins war. Kaiser Alb recht I von Oesterreich nahm Donau-
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- Auflagennummer (WdK): 1
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- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
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444
Beilagen zum dritten Zeitraum.
Zum dritten Zeitraum gehörig von Ziffer 21—23 incl.
21. Sein Grab deckt ein Stein mit folgender Inschrift:
Note sub hac magni servantur membra Geroldi
Hujus jura loci cunctis qui juribus auxit
Pannoniis, verae ecclesiae pro pace peremptus;
Oppetiit Saevo Septembribus ense Kalendis,
Syderi.busque animam dedit. Artus Saxo fideliä
Abstulit, huc retulit, dignoque hic clausit honore.
22. Dieser Markgraf Ernst wird in Annal. Puld. ad annum 849.
Bouq. Tora. Vii. Dux partium illarum (i. e. Boemanis confinium) ge-
nannt. Seine Tochter Luits winde ward von Karlmann, der seine recht-
inäßige Gemahlin Hildegarde verstieß, gcehelicht und gebar bcn nachmaligen
König Arnulf.
23. Die älteren Genealogen führen eine Abstammung Luitpolds von
den Karolingern männlicher Seits auf, haben aber ihre Widerlegung in
der Angabe des gleichzeitigen Regino znm Jahre 911, daß mit Ludwig dem
Kinde in Deutschland der Karolingische Mannesstamm erloschen sei, und in
dem Umstande, daß nach dem Tode desselben Herzog Arnulf sicher nicht
unterlassen hatte, diese Verwandtschaft für seine Bestrebungen geltend zu
machen. Man ist also auf eine Ableitung von weiblicher Seite hinge-
wiesen, die ebenfalls in verschiedener Weise versucht worden ist.
A. D. Lipowsky der Aeltere (Genealogische Abhandlung von den Vor-
eltern Otto's des Großen, in den Abh. d. k. Akad. d. W. 10. Bd. S. 1.
München 1776) nimmt Luitpold an als Sohn des entsetzten Markgrafen
Engildeo Ii und der Hildegarde, der Tochter Ludwigs Iii, Enkelin Ludwigs
des Deutschen, und A. Büchner (Gesch. v. B. Ii. 124. Documente Ii, 24
u. sf.) pflichtet dieser Hypothese als der wahrscheinlichsten bei. Nach dieser
Hypothese ist Luitpold wirklich der nepos regis Arnulii, als den ihn die
Fuldaer Annalen znm Jahre 895 nennen, wie sich aus der ans Seite 445
stehenden genealogischen Tafel ergiebt.
Zum vierten Zeitraum gehörig van Ziffer 24—31 incl.
24. Arnulf ernannte 923, als der Erzbischof Piligrim von Salzburg
gestorben war, Adalbert ans dem Geschlechte der Traungau'schen Mark-
grafen znm Erzbischöfe von Salzburg; 926 erhob er seinen Hofkaplan
Wolfram ans den bischöflichen Stuhl von Freysing, der durch den Tod
Dracholfs erledigt war; im gleichen Jahre gab er dem Bisck)of Meginbert
von Seben einen Nachfolger in der Person des Nithart, und 930 und
931 den verstorbenen Bischöfen von Negensburg und Passau in den Personen
Jsangrim und Gerhard.
25. Die Frenndestreue und der Heldensinn des Herzogs Ernst Ii
machten ihn später zum Gegenstand einer märchenhaften Volksdichtung, von
der wir nur eine Umarbeitung aus dem 13. Jahrhundert vollständig besitzen.
Es findet sich in ihr eine willkürliche Mischung heterogener Dinge und ver-
schiedener Zeiten und Personen. Namentlich wird mit dem Herzoge Ernst Ii
der weit ältere Ernst, der Markgraf des Nordgaues, Vater der Lnitö-
winde, und Schwiegervater des Königs Karlmann, verschmolzen. Besonders
spielt die durch die Kreuzzüge erregte Phantasie lebhaft darin, indem sie den
Helden in'ö Morgenland führt, wo er mit allen Schrecken der Natur und
mit verzerrten Menschen und Thiergestaltcn kämpfen muß. Es ist dies eine
allegorische Darstellung seines Unglücks. Jene Ungeheuer sind nämlich seine
Feinde und Verräther, der finstere Berg, in welchen er kommt, ist sein Ge-
fängniß, der Greif, der ihn durch die Wolken entführt, sein Ehrgeiz, das
Schiff, welches an dem Magnetberge strandet, der Kaiser, die Nägel, welche
jener Berg aus dem Schiffe zieht, sind die Vasallen. Vgl. Gervinus Gesch.
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447
Beilagen zum vierten Zeitraum.
Vögte sie waren, am Ammer- und Würmsee bis Garching herab, erbten 1158
von dem Grafen von Formbach und Putten hin Oesterreich) die Grafschaften
Neuburg am Inn und Schärding, gelangten durch die Heirath Arnolds Ii
von Andechs mit Sophie von Schweinfurt, einer Tochter Otto's von Schwein-
furt, zu vielen Gütern des Letzteren im Bayreuthischen, erhielten unter dem
Andechser Berthold Ii die Markgrafschaft Istrien, und erbten bei Ver-
mählung dieses Berthold mit Hedwig, der Erbtochter von Dachau, den dieser
Dachauer-Dynastie seit 1146 anklebenden Titel von Herzogen von Dalmatien
und Kroatien, welchen die Andechser unter Berthold Iii (1183—1206) in
den Titel der Herzoge von Meran (Merania, Marinia, Mariniani hieß im
Mittelalter die dalmatinische Meeresküste) umänderten. Endlich erhielten sie
die Pfalzgrafschaft Burgund durch Heirath Otto's I (1206—1234) mit
Beatrix von Burgund, einer Enkelin Kaiser Friedrichs I Barbarossa.
Die Burggrafen von Regens bürg und Landgrafen von Stef-
ling (Steveningen) mit dem Burggrafenamte in Regensburg und den
Grafschaften Riedenburg, Steveningeu oder Stefling und Regcnstauf, sammt
der landgräflichen Ambacht, d. i. kaiserlichem Gerichte und Geleite in
diesen und andern dem Reiche zuständigen Gütern auf dem Nordgaue (uach-
malige Aemter Haidau, Riedeuburg, Nittenau, Regenftauf). Unrichtig ist
es, daß auch die nordgauischen Aemter Lengenfeld sammt Burg (Burglengen-
feld), Pettendorf, Schwandorf, Schmidmühlen zu der Burggrafschaft Regens-
burg und Landgrafschast Stefling gehört haben. Diese Aemter waren ein
besonderes Dynastengut der freien Herren (Reichsbarone) von Pettendorf
und Hopfenau, die 1119 erloschen, und zum Theil von den Wittelöbachern,
zum Theile von den nordgauischen Dynasten Waldeck-Leuchtenberg geerbt
wurden. Helika oder Heilka von Lengfeld war die Mutter Otto's des
Größeren, ersten wittelsbachischen Herzogs in Bayern.
Die Vohburger, in geschichtlich verlässiger Geschlechtssolge hcrvor-
treteud mit dem bei Kaiser Heinrich Iv hochangesehenen Markgrafen
Diepold, der sich von der Stadt Giengen am Berge im Königreiche
Württemberg schrieb, weil Bohburg damals noch im Besitze der Rotier Pfalz-
grafen und dann ihres Nachfolgers Rapoto war. Dieser Diepold heirathete
die Luitgardis, Tochter des Grafen im Breisgau und Herzogs in Kärnthen,
Berthold mit dem Barte, Herrn von Zähringen, und siel in der Schlacht
an der Streu im Würzburgischeu 1078. Ihm folgte sein Sohn Diepold Ii,
der seit 1091 als Markgraf von Cham, Bohburg, auch Naabburg auftritt
und große Besitzungen im Nordgaue und dem Ehambrich bis nach Eger,
das noch vohburgisch war, besaß. Ein Seitenzweig dieser Bohburger auf
dem Nordgaue waren die seit 1226 hervortretenden Markgrafen von Hohen-
burg auf dem Nordgaue.
Die Grafen von Bogen, die über den ganzen bayerischen Wald,
Mitterfels, Windberg, Deggendorf, Natternberg, Plattling k. geboten. (Land-
gerichte Mitterfels, Bogen, Kötzting, Viechtach, Regen, Deggendorf.)
Die Ortenburger, geborne Grafen von Sponheim in Rheinsranken,
Herzoge von Kärnthen, Markgrafen von Istrien, Grafen von Ortenburg in
Bayern, Vilshofen, Krayburg, Pfalzgrafen von Bayern, Grafen von Murach,
Oberviechtach in der heutigen Oberpfalz.
Die Grafen von Hirschberg, Kregliugen, Dolnstein und Kranzberg,
welche 1305 mit Gebhard von Hirschberg ausstarben.
Die Grafen von Abeusberg, Rotteneck sammt Altmannstein.
Diegrafen von Lechsgemünd und Graisbach, Monheim, Kaisheim,
Harburg.
Die Grafeu von Moosburg, Rotteuburg und Ranning.
Die Plaine, kärnthen'schenursprungs, Grafen vonmitterfill, Pinzgau,
Pongau, Waging re. (mit Burg Plain am Untersberge).
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450
Beilagen zum fünften Zeitraum.
tigen Geschlechte der Grafen von Meglingen und Frontenhausen, bot
die Hand zum Frieden. Dieser kam auch durch die Vermittlung der freien
Herren des Landes in folgender Weise zu Stande: Der Herzog versprach für den
Fall seines kinderlosen Hinschcidens die Schlösser Kelheim, Lengenfeld,
Regenstauf, Steffling, Wolfring, Bartensperg, Durchelnburg
mit Zugehör dem Bisthume Regensburg auf ewige Zeiten abzutreten, dazu
mit Bewilligung des Königs Philipp von Schwaben das bayerische
Herzogen amt. Der Bischof dagegen überließ dem Herzoge die Lehen,
welche der letzte Burggraf vom Bisthum Regensburg getragen hatte, wozu
bedeutende Besitzungen im Gebirge (in montanis) mit der Veste Kufstein
gehörten, und versprach außerdem ein Fürstenlehen, wenn ein solches heim-
fallen sollte. Daran knüpfte Bischof Konrad Iii die Hoffnung, daß die
bayerische Herzogswürde künftig mit der Würde des jeweiligen Bischofes von
Regensburg verbunden sein werde — eine Hoffnung, die für immer schwand,
als dem Herzoge Ludwig von seiner Gemahlin Ludmilla am 23. April
1206 ein Sohn geboren wurde, der den Namen Otto erhielt.
34. Daß Herzog Ludwig der Kelheim er sammt seinem Sohne Otto
schon 1214 mit der rheinpfälzischen Grafschaft belehnt worden und die Verlobung
Otto's mit Agnes, der Erbin der Pfalzgrasschaft, ebenfalls im Jahre 4214
stattgefunden, beweist eine von 1214 datirte Urkunde des Herzogs Ludwig,
in welcher er dem Kloster Schönau bei Heidelberg Entschädigung wegen
erlittener Kriegsschäden verschreibt. In dieser Urkunde heißt es: „Budovicus
D. G. Palatinus comes Reni et dux Bavariae ... pro damno,
quod homines nostri nobis invitis intulerunt monasterio et venerabilibus
fratribus Schoenaugiae cupientes satis facere reversi a militia Domini
regis Friderici de inferiori Germania ad ipsum claustrum accessimus,
et Abbati et fratribus ... piscationem nostram in Opphouuin (Oppen-
heim), donec dicerent sibi satisfactum, contulimus. Huic donationi
accessit etiam bona volontas et pius consensus Agne tis, nobilis puellae,
sponsae filii nostri, quae vera haeres est ejusdem rei........Actum
est Ao Domni Mccxiiii. H. v. t. Theobaldus Marchio de Yohinpurch,
Philippus de Bonlanden, miles noster cognomento Crane, Hageno
famulus noster Sigboto advocatus et alii plures boni testimonii. Cfr.
Gudeni Sylloge I. p. 85. Der Belehnungsbrief selbst hat sich bis jetzt
nicht vorgefunden, weshalb vorstehende Urkunde allein als Anhaltspunkt
dienen kann.
35. Ludwig erhielt die Städte: München, Ingolstadt, Wasserburg,
Steffling, Lengenfeld, Riedcnburg, Regenstauf, Kalmünz u. a.; H einr ichxiii:
Landshnt, Kelheim, Cham, Dingolfing, Schärding, Braunau, Straubing,
Vilshofen, Burghansen, Oetting, Sulzbach u. a. Die Theilungs-Urkunde
ist, wenn anders eine solche aufgesetzt war, abhanden gekommen. Es läßt
sich daher nicht mit Bestimmtheit behaupten, von welcher Art die Theilung
war, ob To dt- oder bloße Nutz theilung (Mutschirung). Im elfteren
Falle wäre nämlich die Einheit und der Gesammtbesitz des Hausgutes für
alle Stammgenossen aufgegeben worden und beim Aussterben einer Linie
wäre ihr Antheil an das Reich gefallen; auch würden die im Hausgesetze
etwa festgesetzten Anordnungen wegen Nachfolge der überlebenden Linie für
auswärtige Erbansprüche keine Wirkung gehabt haben. Daß übrigens die
theilenden Brüder keine Todttheilung machen wollten, ist für sich klar und
geht daraus hervor, daß sie sich beide „Pfalzgrafen bei Rhein, Herzoge von
Bayern" schrieben und beide in ihren Wappen den pfälzischen Löwen
und die 42 blauen und weißen Wecken (Rauten) führten. Uebrigenö war
der gethane Schritt ein höchst gewagter, der Reichs Verfassung und dem
Reichsherkommen durchaus entgegengesetzter („man mag kein
fürstenamt mit recht zweien mannen leihen; geschiet es aber je, jedweder
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Beilagen zum fünften Zeitraum.
42. Heinrich von Kärnthen, ein Sohn Mainhards Iv von
Görz-Kärnthen-Tyrol und der Elisabeth, einer Tochter des Herzogs Otto
des Erlauchten und der Pfalzgräfin Agnes, hatte vom Kaiser Ludwig zu
Trient (11. Januar 1330) das Versprechen erwirkt, daß, wenn ihm keine
Söhne geboren würden, seine beiden Töchter Margaretha Maultasche
und Adelheid Land und Herrschaft ihres Vaters erben sollten, jedoch mit
Vorbehalt der kaiserlichen Einwilligung für den bestimmten
Fall. König Johann von Böhmen, der hievon Kunde erlangt haben
mochte, ging im August 1330 nach Tyrol und brachte die Vermählung sei-
nes zweiten (damals zehnjährigen) Sohnes Johann Heinrich mit
Heinrichs von Kärnthen älterer Tochter, Margaretha Maultasche,
zu Stande, die s^vn 15 Jahre zählte. Bei der Vermählung ließ es
Heinrich von Kärnthen geschehen, daß die Stände von Tyrol,
Kärnthen und Görz der Tochter und dem Schwiegersöhne als ihrem
zukünftigen Herrscherpaare huldigten. Dadurch fühlten sich die öster-
reichischen Prinzen Alb recht der Weise (Lahme) und Otto der Kühne,
Brüder des im Januar 1330 verlebten Friedrich des Schönen, verletzt,
ei nmal deßwegen, weil ihr Ahnherr, Kaiser Rudolf von Habsburg, 1285
Kärnthen an den Grafen Mainhard Iv von Görz und Tyrol mit der
ausdrücklichen Bestimmung abgelassen hatte, daß Kärnthen nach Abgang des
Mainhard'schcn Mannsstammes an Oesterreich zurückfallen solle, dann
auch deswegen, weil bei der Vermählung ihres Vaters, des deutschen
Königs Albrecht von Oesterreich (1298—1308) mit Elisabeth, einer
Tochter Mainhards Iv, den Habsbnrgern die Anwartschaft auf Kärnthen
neuerdings zugesichert worden war. König Ludwig war daher nicht wenig
überrascht, daß der Herzog Heinrich von Kärnthen seinem Schwiegersöhne
Johann Heinrich ohne seine (des Kaisers) Einwilligung von den Ständen
seines Landes hatte huldigen lassen. Die Sache kam damals an ein
Austregalgericht, welches entschied, Kärnthen müsse an Oesterreich
fallen, Tyrol aber falle dem Reiche anheim und König Ludwig sei befugt,
es für sich zu behalten.
43. Den neuesten Forschungen zufolge war der Hergang dieser: Herzog
Ludwig Ii war mit dem Bischöfe von Augsburg in Fehde gerathen und
gedachte durch Waffengewalt den Bischof zur Nachgiebigkeit zu zwingen. Um
seine Gemahlin für den Fall eines unglücklichen Ansganges seines Unter-
nehmens in Sicherheit zu bringen, brachte er sie nach der damals festen
Stadt Don au wörth und stellte sich dann an die Spitze seines unweit
Augsburg versammelten Heeres. In der Umgebung des Herzogs befand sich
ein tapferer Ritter, Namens Ortlin ger, der am ganzen Hofe des Herzogs
sehr wohl gelitten war. Auch die Herzogin ehrte ihn und gab ihm ihre
Hochschätznng dadurch zu erkennen, daß sie ihn bei Festlichkeiten am Hofe mit
„Ihr" anredete, während sie die Hofbeamten und Dienstmannen zu „dutzen"
pflegte. Oesters schon hatte Ritter von Ortlinger die Bitte gestellt, ihn gleich
den übrigen Hofleuten anzureden, allein die Herzogin that es nicht aus Rück-
sicht für ihren Gemahl, der den Ritter Ortlinger gleichfalls mit Auszeich-
nung behandelte. Da nun der Herzog vor Augsburg sehr lange verweilte,
schrieb ihm seine Gemahlin Maria von Donauwörth aus, er möge doch
endlich zurückkehren. Deni Boten, den sie an ihren Geniahl abschickte, gab
sie außer diesem Briefe noch einen, der an Ortlinger gerichtet war und die
Bitte enthielt: „er möge ihren Gemahl zur Rückkehr bewegen, dann wolle
sie ihm gewähren, um was er sie schon oft gebeten habe", worunter sie ohne
Arg das „Dutzen" gemeint hatte. Da der Herzog bei Empfangnahme seines
Briefes bemerkte, daß der Bote einen zweiten Brief bei sich habe, fragte er
nach der Aufschrift. Auf die Nachricht, derselbe sei an Ritter Ortlinger ge-
richtet, erwachte des Fürsten Argwohn. Er öffnete den Brief, deutete jene
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Beilagen zum fünften Zeitraum. 453
Worte falsch und schickte sogleich nach Donauwörth den Befehl, die Herzogin
zu enthaupten, was leider mit zu großer Hast ins Werk gesetzt wurde.
44. Die Stadt Schwäbischwörth (Donauwörth), Hersbruck, Parkstein,
Floß und noch andere Güter auf dem Nordgau.
45. Ammergau, Schongau, Peutiugau und Moringen gern. Uri. geg.
zu Innsbruck am 6. November 1266.
46. Kouradin stammte durch seine Mutter Elisabeth von derpsalz-
gräfiu Agnes, Friedrich durchseinen Vater Hermannvi von der Pfalz-
gräfin Irmengarde ab; vgl. d. nachstehende Tabelle:
Heinrich der Lange,
Sohn Heinrichs des Löwen.
Heinrich, Agnes; ihr Gemahl: Otto der Irmengarde (Elicke).
si 1214. Erlauchte von Bayern-Pfalz. Gem.: Hermann V von
| Baden, si 1243.
Elisabeth; Ludwig Ii H
1. Gem.: Konrad Iv, d. Strenge,
deulscher König.
2. Gem.: Mainhard Iv
von Görz-Tyrol.
1. 2. 2.
Konradin, Heinrich Elisabeth.
1268 zu Neapel von
enthauptet. Kärnthen.
einrich Hermann Vi von
Xiii. Baden erbt 1246 das
Herzogth. Oesterreich;
ch 1250; Gem.: Gertrude
von Babenberg.
Friedrich von Baden Agnes,
und Oesterreich, 1268
zu Neapel enthauptet.
47. Siehe die getroffene Theilung oben unter Ziffer 36.
48. Auf Seite Ludwigs waren: Der Kurfürst Peter, Erzbischof von
Mainz, Balduin, Erzbischof von Trier, Bruder des verstorbenen
Kaisers Heinrich Vii, die Markgrafen Heinrich und Waldemar von
Brandenburg und König Johann von Böhmen-Luxemburg, dieser
deshalb, weil er eiusah, daß er selbst nicht durchgesetzt werden könne und für
den Fall, daß ein Habsburger daran käme, für das Haus Böhmen-Luxem-
burg Alles zu fürchten sei, besonders hinsichtlich Böhmens, worauf nicht
blos Heinrich voukärnthcn, sondern auch diehabsburger ein näheres
Recht zu haben Vorgaben. Auf Seite Friedrichs des Schönen stand
der Kurfürst Heinrich von Virneberg, Erzbischof von Köln, und der
Pfalzgraf Rudolf, welcher dem Münchener Vertrage von 1313 zufolge die
pfalzbayerische Kurwürde bekleidete. Die beiden Stimmen von Kursachsen
gaben keinen Ausschlag, da Herzog Johann von S ach sen-L an en b ur g
sich für Ludwig, Herzog Rudolf von Sachsen-Wittenberg sich für
Friedrich den Schönen aussprach; die Stimme Heinrichs von Käruthm,
der sich für Friedrich entschied, kam nicht in Anschlag, da er längst sein
Königreich Böhmen und damit das Kurrecht verloren hatte. Ludwig war
demnach mit 4 gegen 2 Stimmen gewählt.
49. Vermuthlich aus Furcht, die Rudolf vor Ludwig hegte, seit dieser
auf dem Kornmarkte (jetzigen Marienplatze) in München zum Zwecke der
Verschönerung trotz des Widerspruchs Rudolfs und mehrerer Bürger einige
Häuser gewaltsam hatte abbrechen lassen.
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454 Beilagen zum fünften Zeitraum.
50. Genealogische Tafel der Häuser Holland und Hennegau:
Balduin Ii,
Graf von Hennegau.
Balduin Iii, Heinrich. Philipp.
Graf von Hennegau und
Flandern, König von
Jerusalem, ch 1205.
--- — --——--------—~
Johanna, Marza- Burchard, Florentius Iv,
Gemahl: Prinz retha. Diakon. Graf von Holland.
Ferdinand von --------—.---------- ——.....——-——^ .
Portugal. Johanni, Graf von Marza- Wilhelm Ii, Floren-
Hennegau. retha? König von tius.
— --------— ---... —' Deutschland,
Johann Ii, -j- 1255.
Vormund des Grasen Johann —-—'A~-— ----
von Holland, vergiftet seinen Florentius V.
Mündel und verbindet Holland
mit Heunegau.
Wilhelm Iii, st 1337; Johann, Graf von
Gemahl.: Johanna, Schwester Holland, wird durch seinen
des Königs Philipp Vi von Vormund I o h a n n Ii von
Valois. Hennegan 1299 vergiftet.
Wilhelm Iv, Margaretha, Philipp, Johanna,
ch 1345 kinder- Gem.: Ludwig Gem.: Eduardlll Gemuherzogjohann
los. der Bayer. von England. Wilhelm v. Jülich.
51. Ludwig setzte dem Manifeste des Papstes Johannxxii (geg. am
8. Oktober 1323) zuerst eine Protestation entgegen, welche eine am 12. No-
vember 1323 von Nürnberg aus nach Avignon abgehende Gesandtschaft
überreichte. Die Gesandtschaft bestand aus demordeusmeister der Johanniter,
Albert von Straßburg, dem Archidiakon von Würzburg, Magister Gue-
strupp von Sebeck, und dem Prager Domherrn Heinrich von Thorun.
Der ersten Protestation ließ Ludwig eine zweite folgen, welche auf dem Reichs-
tage in Nürnberg am 16. Dezember 1323 erlassen wurde. Man schreibt
ihre Abfassung den Minoriten (Brüdern des hl. Franziskus) zu, welche
sich damals in sehr bedrängter Lage befanden. Sie waren um der verkehrten
Lehre willen, daß die christliche Armuth nur die Nutznießung (simplicem
usum) einer Sache, nicht aber das Eigenthumsrecht auf dieselbe gestatte,
hauptsächlich auf Betrieb der Dominikaner mit dem päpstlichen Banne
belegt und haufenweise aus ihren Klöstern in Italien getrieben worden.
Bon Ludwig Iv in Deutschland ausgenommen und geschützt, übernahmen sie
dessen Bertheidigung. Unter ihnen ragte besonders der Engländer Wilhelm
Occam, ein Schüler Dunö Skotus, hervor, der zu Paris Theologie ge-
lehrt hatte und auf die Nachricht, daß seinen Orden der Kirchenbann ge-
troffen, zu Ludwig Iv nach München geflüchtet war, wo er 1347 starb. Neben
Occam traten als Vertheidiger Ludwigs auf: Marsilius von Padua,
Johannes Jandunuö von Genua, Ludwigs Leibarzt, und der Augs-
burger Patrizier Ulrich Hangör, Ludwigs geheimer Sekretär und ver-
trauter Freund.
52. Mehrere Fürsten Italiens, die Häupter der Gibellinen, hatten dem
König Ludwig, als er auf dem Römerzugetrient berührte (12. Februar bis
11. März), 150,000 Goldgulden für seine Expedition nach Rom verheißen
und den Galeazzo Diskonti in Mailand zur Zahlung dieses Betrages ange-
wiesen. Unter verschiedenen Vorwänden weigerte sich Galeazzo, au Ludwig
Zahlungen zu leisten. Cane della Scala, von Ludwig um die Ursache be-
1868 -
München
: Lindauer
- Autor: Sattler, Maximilian Vincenz
- Auflagennummer (WdK): 1
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1868
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Selbstunterricht, Gymnasium
- Regionen (OPAC): Bayern
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Bayern
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
457
Beilagen zum fünften Zeitraum.
Adelheide, die jüngere Tochter Heinrichs von Kärnthen, war von
Zugend auf sehr kränklich. Deshalb hatte ihr der Vater am 25. August 1334
einen Unterhalt aus Lebensdauer ausgeworfeu, ohne ihr damit die Ansprüche
auf das väterliche Erbe zu entziehen. Sie entsagte 1336 und 1341 ihren
Ansprüchen auf Kärnthen und Tyrol zu Gunsten der mit ihr verwandten
österreichischen Herzoge Otto des Kühnen und Albrecht des Weisen (auch
der Lahme genannt, weil er in Folge eines in der Jugend erhaltenen Giftes
an Händen und Füßen lahm geworden).
"58. König Ludwig Iv ließ sich in dieser Sache ganz durch seine Hof-
kanonisten leiten. Diese wiesen darauf hin, daß auch Kaiser Friedrich 1
ohne Beiziehung des Papstes seine Gemahlin verlassen, daß Friedrich der
Streitbare von Oesterreich, daß König Ottokar 11 von Böhmen
das Nämliche gethan hätten. Es handle sich, behaupteten sie, im gegebenen
Falle gar nicht um eine Auslösung der Ehe, sondern nur um den Nichtig-
keitsbeweis des Ehecontraktes. Gleichzeitig ward eine Abhandlung des Wil-
helm Occam de jurisdictione in causis matrimonialibus in Umlauf
gesetzt, um Ludwigs Iv offenkundige Parteinahme für Margaretha vor dem
Volke zu rechtfertigen. Die Behauptung, daß Ludwig in eigener Person die
Ehe Margaret!) a's mit Johann Heinrich geschieden und von dem
zwischen ihr und seinem Sohne bestehenden Ehehindernisse der Blutsver-
wandtschaft (sie waren im dritten Grade verwandt, denn Margaretha's
Großmutter Elisabeth und Ludwigs des Brandeuburgers Großvater
Ludwig Ii der Strenge waren Geschwister, Kinder Ottos Ii des Erlauchten,
siehe unten am Schlüsse den Stammbaum) dispcnsirt habe, mag billig in
Zweifel gezogen werden, da die bei Olmschlager Nr. 81 und 82 angegebenen
Ehescheidungs- und Dispensations-Instrumente, die beide Ludwig Iv gefertigt
haben soll, keine Angabe des Ortes und der Zeit der Ausfertigung enthalten,
in keinem Archive sich vorfinden und weder Papst Benedikt Xii, noch dessen
Nachfolger Klemens Vi einen solchen Eingriff Ludwigs Iv in die geistliche
Jurisdiktion rügen. Wahrscheinlich hat Bischof Ludwig von Frey sing,
der auf dem Schlosse Tyrol die Trauung vollzog und auf dem Heimwege
über den Jausen durch einen Sturz vom Pferde (8. Februar 1342) das
Leben einbüßte, mit Ueberschreitung seiner Befugnisse die Ehescheidung und
Dispensation vorgenommen.
Stammbaum
Ludwigs des Brandenburgers und der Margaretha Maultasche.
Otto Ii der Erlauchte,
Herzog von Bayern.
Elisabeth,
1. Gemahl: Konrad Iv von
Hohenstaufen.
2. Gemahl: Mainhard Iv
von Tyrol.
2.
Heinrich von Kärnthen.
Ludwig der Brandenburger. Margaretha Maultasche.
59. Siehe die genealogische Tafel der Häuser Holland und Hennegau
unter Ziffer 50 der Beilagen.
60. Da Ludwig Iv im großen Kirchenbanne starb und der Papst
Klemens Vi diesen nicht lösen wollte, so sollte seine Leiche nach Verlauf von
zwölf Jahren wieder aus dem geweihten Erdreich genommen und in unge-
weihtes gelegt werden. So wollte es auf Befehl des Papstes Innocenz Vi
Ludwig Ii der Strenge.
Ludwig Iv der Bayer.
1868 -
München
: Lindauer
- Autor: Sattler, Maximilian Vincenz
- Auflagennummer (WdK): 1
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1868
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Selbstunterricht, Gymnasium
- Regionen (OPAC): Bayern
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Bayern
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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Beilagen zum fünften Zeitranm.
65. Eines Tags jagte ein Schiff, auf welchem sich Anhänger der Mar-
garetha befanden, einem von Wilhelms Parteigängern besetzten Schiffe
nach und gab diesem auf sein Anrufen, was es denn wolle, spöttisch zur
Antwort: „Euch wie Kabeljaus (Stockfische) mit Angelhacken fangen!" Seit-
dem wurden die Anhänger Margaretha's von den Angelhacken Häcks,
Hocks (spr. Huhks), Häckenser oder Hamati, d. h. die mit Angelhaken
Versehenen, genannt, die Anhänger Wilhelms dagegen von Kabeljaux oder
Stockfisch Kabeljauer, Kabeljaus, Kabelgenser oder Asselati, weil
sie ihre Gegner wie der Kabeljaux die bleiernen Lockfische zu verschlingen
drohten.
66. Siehe die genealogische Tafel der Häuser Holland und Henne-
gau unter Ziffer 50 der Beilagen.
67. Kaiser Karl Iv, dem es gelungen war, viele Ortschaften in der
Oberpfalz an sein Haus zu bringen, hatte es darauf abgesehen, die Grenze
seines Reiches bis an die Donau zu erweitern. Der damalige Bischof von
Regensburg, Namens Friedrich, ein Herr von hoher Geburt, aber voll
Schulden, sollte ihni dabei behülflich sein. Er versprach diesem bei einer Zu-
sammenkunft zu Sulzbach in der Oberpfalz (12. Juli 1355) eine Herrschaft
in Böhmen und eine große Geldsumme, wenn er ihm die bischöflich-regens-
burgische Herrschaft Donaustauf mit den zwei festen Schlössern au der
Donau, Stauf und Wörth, überlassen wolle. Friedrich willigte ein,
ohne sein Kapitel und ohne die Herzoge von Bayern zu befragen, welche der
bischöflichen Lande oberste Vögte und Beschützer waren und gegen die Besetzung
fester Plätze an der Donau durch eine frenibe Macht nicht gleichgültig sein
konnten. Kaum war die Sache laut geworden, so waren schon böhmische Trup-
pen in der Burg Stauf (1355). Peter von Eck (so benannt nach seinem
Schlosse Eck bei Deggendorf), der Vitzthum des abwesenden Herzogs Alorecht I
von Straubing (dieser war ans einer Reise zu seiner kranken Mutter M a r-
garetha nach den Niederlanden zu Anfang dieses Jahres von dem Mark-
grafen von Jülich gefangen worden und noch immer nicht nach Bayern
zurückgekommen) war heimlich mit dem Kaiser verstanden und hatte die
freiwillige Oeffnung dieser in jener Zeit uneinnehnibaren Vergfestnng bei
der dort liegenden Besatzung bewirkt. Kaiser Karl kam selbst herbei und
ließ sich von den bischöflichen Unterthanen huldigen. Sein Versuch, auch die
Veste Wörth zu nehmen, mißlang, weil Friedrich Auer vonpremberg,
dem sie der Bischof Friedrich von Reg enöburg verpfändet hatte, die Her-
ausgabe verweigerte. Das bischöfliche Kapitel protestirte gegen den eigenmäch-
tigen Verkauf des Bischofs und wandte sich an den päpstlichen Stuhl. Auch
die Hcrzöge von Bayern legten sich ins Mittel, besonders Herzog Albrechtl
von Niederbayern-Straubing, der inzwischen seiner Haft entkommen
und nach Bayern zurückgekehrt war. Den Vitzthum Peter von Eck, seinen
vormaligen Hofmeister und Erzieher, welcher bei der Landestheilung ihm
wesentliche Dienste geleiltet und diesen schönen Theil des Landes verschafft
hatte, entsetzte er sogleich seines Amtes, das er treulos mißbraucht hatte,
worauf sich Eck aus Furcht vor schärferen Ahndungen in seine Veste Nattern-
berg einschloß. Daher zogen die Herzoge Alb recht I von Straubing
und Stephan Ii von Landshut vor 'Natternberg und suchten Eck in
ihre Gewalt zu bekommen. Ein böhmisches Heer, welches im April 1357
unter Karls eigener Anführung dem Eck zu Hülfe zog, ging bei Stauf über
die Donau, um den bayerischen Herzogen in den Rücken zu fallen und sie
zur Aufhebung der Belagerung von Natternberg zu zwingen. Schon standen
Bayern und Böhmen schlagfertig einander gegenüber, als Gesandte des
Herzogs Alb recht Ii von Oesterreich einen Waffenstillstand vermittelten,
den Kart im Gefühl seiner Schwäche auch unverzüglich annahm. Diesem
zufolge wurde die Veste Natteruberg den herzoglich bayerischen Truppen
1868 -
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- Auflagennummer (WdK): 1
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1868
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- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Selbstunterricht, Gymnasium
- Regionen (OPAC): Bayern
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Bayern
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Beilagen zum fünften Zeitraum.
wörth im Jahre 1300 dem alteren Sohne Ludwigs Ii, dem Herzoge Rudolf
dem Stammler in einem Kriege ab und schlug es zum deutschen Reiche.
Nach dem Tode Kaiser Ludwigs, des Bayern, der Douauwörth mit Bayern
verbunden und zu einer Landstadt gemacht hatte, reklamirte diese Kaiser
Karl Iv (1348) zum Reiche und erhob sie zu einer Reichsstadt, ver-
pfändete sie aber bald darauf an den Herzog Stephan Ii von Nieder-
bayern-Landöhut um 60,000 Dukaten. Bei der Theilung Bayerns im
Jahre 1392 kam die Stadt Donauwörth an Stephan Iii, den Herzog
von Bayern-Ingolstadt. Der Sohn Stephans Iii, Ludwig Vii, der
Gebartete, verlor sie im Jahre 1422 in einer Fehde mit Augsburg,
dem sich Donauwörth angeschlossen hatte. Kaiser Sigmund verpfändete die
Reichsstadt Donauwörth bald darauf neuerdings an Bayern, und zwar
an Ludwig Vii, den Gebarteten, der sie dem Kaiser 1434 zurückstellte,
um von der seit 1433 über ihn verhängten Acht befreit zu werden. Bei
dieser Gelegenheit ward Donauwörth von dem Kaiser neuerdings als Reichs-
stadt erklärt und blieb solche bis zum Jahre 1607, wo Herzog Maxi-
milian I von Bayern die Reichsacht an ihr vollzog und sie zu einer
bayerischen Landstadt machte.
74. Die hohe Schule zu Ingolstadt, die gleich anfangs für Th eo lo g en,
Juristen, Mediziner und Philosoph en (Artisten l bestimmt war, zählte
bei der feierlichen Eröffnung 489 Jmmatriculirte. Der erste Rektor war
Christoph Mendel von Steinfels, der freien Künste Doktor und Professor;
die ersten Professoren waren: Johann Hofmann, Weihbischof von Regens-
burg, außerordentlicher Professor der Theologie; Di°. Karl Frommont aus
Paris, ordentlicher Professor des neuen (römischen) Rechtes; Dr. Johann
Tardinger aus Franken, ordentlicher Professor des Civilrechtes; Di'.
Andreas Rieder, Professor der Medizin; die Magistri Wolfgang
Federkiel von Dorfen, Urban Klugheimer von Neuburg, Heinrich
Pfeilschmid von München, Samuel Lichte nberg, Kilian Pflueger
von Windsheim, Johann Eggenthal von Zusamalthaim und Johann
Tollkopf von Kemnat, sämmtlich Professoren der freien Künste und der
philosophischen Wissenschaften. Einige derselben waren zugleich Vorstände
von den Bursis oder Wohnhäusern der Burschen, welche damals mit Aus-
nahme der Juristen und Mediziner unter Aufsicht und eigenen Statuten in
Herbergen ein gemeinschaftliches Leben führten. Ingolstadt zählte anfangs
eilf solcher Bursen, die eigene Namen und Statuten hatten, z. B. burza
di'aconis, solis, angelica, rosarum, liliorum, aquilae, Parisiensis, Vien-
nensis; die Vorsteher hießen Regenten und standen unmittelbar unter Auf-
sicht der philosophischen Fakultät. Den Genossen derselben ward streng das
Spielen, Umgang mit Weibern, Besitz und Gebrauch der Waffen untersagt,
auch durften sie nicht deutsch, sondern nur lateinisch miteinander reden und
mußten täglich eine Stunde über gelehrte Gegenstände disputiren. In der
Folge nahmen die Bursen den Namen Collegien an, von denen sich drei
bis auf die neuere Zeit erhalten haben, das Georgianische, Bartho-
lom äische und Kais er sh eim er Collegium. Die Studenten theilten sich
nach vier Nationen, Bayern, Rheinländer, Franken, Sachsen mit
Zutheilung der auswärtigen Nationen an je eine der vier genannten. Die
Professoren lebten gemeinsam in dem von Herzog Ludwig dem Gebar-
teten gestifteten Pfründnerhause, welches sammt seinen Fonds der neu errich-
teten Universität zugewiesen wurde.
75. Bayern hatte in dieser Zeit mehrere Gelehrte, von denen wir noch
manches Werk besitzen: Schriften von dem Astronomen Johannes Engel
aus Aichach, vom Arzte Ort olf oder Ortloff (Arzneibuch, Nürnberg 1477),
von dem Naturforscher Konrad Megenberger (Uber naturaa, Augs-
burg 1475), von dem Augsburger Arzt Johann Cuba (Herbarius, Mainz
30*