1867 -
Frankfurt a.M.
: Jaeger
- Autor: Lüben, August, Cassian, Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt, Gymnasium
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
198
Seewinde bringen den verschiedenen Landstrichen im Laufe des Jahres genug
erquickenden Regen. Indien ist eines der gesegnetsten Länder der Erde, China
daö angebauteste. Unübersehbare, künstlich bewässerte Felder mit Getreide,
Reis, Maulbeerbäumen, Baumwollenstauden, Theesträuchern, Mohn nähren
die ungeheuer zahlreiche Bevölkerung des Landes und gewähren einträgliche
Handelsartikel. Schlägt man doch einzig den Werth des aus China all-
jährlich bezogenen Thees auf 70 Mill. Franken an. Dagegen bildet die
Hochfläche des innern Hochasiens einen traurigen Gegensatz. Sie hat ein
entschieden continentales Klima, im Sommer eine drückende Hitze, und im
Winter eine empfindliche Kälte; daneben fehlt eine genügende Bewässerung.
Kaum hat der Schnee vor den wärmeren Sonnenstrahlen sich zurückgezogen,
so versucht die Pflanzenwelt hervorzutreten. Aber gar bald verdorret Alles,
die Steppe wird Wüste, welche im Sommer kein Regen tränkt. Nur das
Hochland von Tübet, welches die zahlreichen Quellen des Himalaya bewässern,
macht eine Ausnahme. Hier gedeihen unsere Getreide-, Obst- und Gemüse-
arten neben vielen einheimischen Blumen noch in einer Höhe von 8 — 12,000'.
Besonders bekannt ist Tübet durch eine eigene Gattung von Schafen, welche
die feinste Wolle geben, durch Büffel mit seidenartigen Pserdeschweifen und
eine Ziegenart, deren Haare die feinsten 'Shawls liefern. Tübet ist zugleich
das Vaterland der europäischen Hausthiere; noch birgt es wilde Pferde und
Esel, welche in den Gebirgen sich umhertummeln. Die beiden Tiefländer
endlich, Turan und Sibirien, haben ein ausgeprägtes continentales Klima.
Turan ist ein steppen- und wüstenreiches Land, dessen Fruchtbarkeit nur in
den Flußthälern des Sir Darja und Amu Darja ersichtlich wird. Die
Sommer sind in beiden Tiefländern bei Tage sehr heiß, in der Nacht ent-
schieden kühl; die Winter lang und ausnehmend streng. Sibirien gilt na-
mentlich als Symbol eines rauhen, unwirthbaren Landes, ist stark bewässert
und an seinen Nordküsten den größten Theil des Jahres mit Eis bedeckt.
Im südlichen Theile, in der Nähe des Berglandes, sind Birken- und Tannen-
wälder, Felder mit Kartoffeln, Buchweizen, Kohl, Rüben, Hanf und Flachs.
Dann folgt nördlicher anfangs eine trockene, ungeheure Steppenfläche, welche
einem den größten Theil des Jahres gefrcrnen Sumpflande vorgelagert ist.
Dasselbe ist mit Moos und Flechten" bewachsen und hat zuweilen Stellen
mit Sträuchern, Beeren und krüppeligem Holz aufzuweisen. Diesen Theil
nennt man die Tundra, ein Aufenthalt wilder Gänse und Enten.
Asien ist die Heimath unserer meisten Hausthiere. Kameele, Elephanten,
Rennthiere, Pferde und Esel werden noch in wildem Zustande angetroffen.
Die Rennthiere, Kameele und Elephanten bilden 3 eigenthümliche Thierzonen
in Asien; im Norden bedient man sich der Rennthiere, im mittleren Asien
der Kameele, im Süden der Elephanten als Last- und Reitthiere. Die das
Rennthier begleitenden Raubthiere sind die Bären und Wölfe; im Gefolge
der Elephanten ist der Tiger in Vorderindien, während der asiatische Löwe
in der südlichen Heimath der Kameele sich aufhält. Wilde Pferde, Esel
und Ochsen gibt es namentlich auf der Scheitelfläche des östlichen Hoch-
asiens, wo auch vorzügliche Schafe, die Kaschemir-Ziege, die wilde Ziege,
Antilopen und Gazellen, das Moschusthier angetroffen werden. Besonders
reich ist die Thierwelt Indiens: Riesige Elephanten und Nashörner, Tiger,
Affen, die größten der Erde, zahlreiche Hirsche und Antilopen, die buntesten
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§ 90.
Das asiatische Rußland.
(280,000 Q.-M., 10 Mill. Einw.)
1. Sibirien*)
(262,595 Q.-M. und 4,272,Ooo Einw.)
ist ein schreckliches Wort für russische Ohren; es bezeichnet ja den Verban-
nungsort so vieler Unglücklichen, wodurch die richtige Vorstellung von dem-
selben ganz geändert wird. Das Land ist um Tobolsk, Tomsk, Ieniseisk und
und Irkutsk bis Jakutsk manchem Bezirk des europäischen Rußlands vor-
zuziehen. Das Volk lebt in vieler Beziehung besser, als im europäischen
Theile; zugleich ist es reicher und wohlhabender. Im westlichen Sibirien
ist noch alles russisch; erst mit der Provinz Jakutsk beginnt das asiatische
Regiment mit den Jakuten und wandernden Tungusen. Wofern die An-
siedler nicht träge sind, pflügen und bauen sie den reichlichen Boden, schlagen
Holz, fangen Fische und Wild, treiben Viehzucht — sie können sorglos
leben. Freilich ist das Loos der Verbannten ein traurigeres; sie leben ge-
zwungen in einem fremden Lande, fern von Verwandten und Freunden und
dem gewohnten Kreise, sind zu Feldbau, Pelzlieferungen oder Berggruben-
arbeit, ihnen vielleicht ganz ungewohnten Beschäftigungen, verurtheilt, und
streng beaufsichtigt. An Lebensmitteln und Geld haben sie meist keinen
Mangel; Manche erwerben sich gar mehr, als in der Heimath. Man rech-
net im Durchschnitt 10,000 deportirte Verbrecher auf das Jahr.
Der Hauptreichthum Sibiriens besteht in edlen Metallen und Steinen,
Holz, Pelzwild und Fischen. Während die Verbannten und Angestellten in
dem Altai bei Barnaul und um Rertschinsk aus Silber, Blei und Gold
bauen, liegen die eingebornen Völkerstämme dem edlen Waidwerk ob: die
Tungusen fangen wilde Rennthiere, Zobel, Biber, schwarze Eichhörnchen und
Füchse; die Tschuktschen Wallrosse, Füchse und Zobel; die Jakuten liefern
die edelsten Zobel und Füchse, Hermeline, Bisamthiere und Bären; die Sa-
mojeden wilde Rennthiere, Wölfe, Hasen, Füchse, Vielfraße, Zobel rc. Die
Tungusen, Jakuten und Tschuktschen ziehen, wie die Kirgisen, vielfach umher
und treiben vorzugsweise Jagd und Rennthierzucht, die Jakuten auch Pferde-
zucht; alle leben im Winter in Erdhütten, um gegen die Kälte besser geschützt
zu sein.
Unter allen Nomaden in Ostsibirien sind die Tungusen die rohesten
und sorglosesten. Sie stammen von den Mandschu ab, ähneln denselben
aber nicht mehr, und leben von der Jagd. Während des langen, kalten
und tagelosen Winters leiden sie oft große Roth, und müssen zu den Nach-
barn betteln gehen. Sie lieben die Ortsveränderungen und bleiben an einem
Orte nicht gern länger, als einen Tag. Unbesorgt um den andern Tag
geht der Mann erst auf die Jagd, wenn die Vorwäthe aufgezehrt sind,
deutet mit dem Finger nach der Gegend hin, welche er besuchen will, und
überläßt das Weitere, was jetzt geschehen soll, seiner Frau. Diese bricht
das Zelt ab, ladet die ganze Habe auf Rennthiere, und schlägt das Zelt
an der Stelle wieder auf, wo sie ihren Mann zu finden hofft. Ist dieser
!) Vergl. § 78. 1. und § 79
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Geschicklichkeit. Sie schließen unter einander Freundschaftsbündnisie und
Gastfreundschaft in hohem Grade. Ohne besondere Veranlassung berauschen
sich die Männer zuweilen vermittelst eines ausgegohrenen Getränkes, in
welches ein Pilz gelegt wird. Die Frauen kosten dasselbe niemals. Sie
kleiden sich meist nach russischer Weise, leben im Winter in unterirdischen
Jurten und im Sommer in erhöhten Hütten an den Usern der Flüsse.
Besondere Erwähnung verdienen die Hunde in Kamtschatka, welche als Zug-
thiere daselbst unentbehrlich sind, und die Reisenden und ihr Gepäck beför-
dern. Da die Hunde schlecht behandelt werden, sind sie tückisch und minder
treu. Ihre Klugheit ist erstaunlich.
Ortsbeschreibung.
Sibirien zerfällt in 2 Theile:
a. Wcstskbiricn.
Tobolsk, 25,000 E., Sitz des Statthalters und Erzbischofs, Nieder-
lage des Pelzwerks für ganz Sibirien, liegt am Zusammenfluß des Irtisch
und Tobol. Omsk am Irtisch ist *feit 1838 Sitz der Oberverwaltung von
Westsibirien, und zählt 12,000 E., worunter viele Verbannte sind. Tomsk
am Tom, so groß wie Omsk, ist befestigt. Bcresow am Ob ist sehr nörd-
lich gelegen und ein harter Verbannungsort; hier starb 1729 der verbannte
Fürst Mentschikow, welcher sich vom Pastetenbäckerjungen unter Peter dem
Großen zu den höchsten Würden emporgeschwungen hatte. Baruaul, Ober-
bergamtssitz , ist eine wohlgebaute Stadt in fruchtbarer Gegend. Alles
sibirische Gold wird hier abgeliefert, und in seiner Nähe jährlich Silber im
Werthe von 5 Mill. Gulden gewonnen.
b. Dstsibirien.
Irkutsk an der Angara, 20,000 E., ist die schöne und gesund gelegene
Hauptstadt. Südöstlich davon liegt der durch den Verkehr mit China be-
kannte Handelsplatz Kiächta an der Selenga nahe bei Maimatschin; er wird,
da die Umgebung höchst unfruchtbar ist, nur von Kaufleuten bewohnt.
Nordöstlich davon liegt Nertschinsk, das Gold, Silber und Zobelfelle liefert.
Jakutsk an der Lena, 3000 E., ist der Hauptsitz der russisch-amerikanischen
Handelsgesellschaft. Ochotzk, an der Ostküste von Sibirien, ist eine kleine
Stadt, welche viele Verbrecher zu Einwohnern zählt; diese arbeiten in Ketten
und oft gebrandmarkt auf den Straßen. Petcr-Paulshafen auf der Halb-
insel Kamtschatka ist 3200 Stunden von St. Petersburg entfernt, treibt
Handel mit Thran, Fischbein, Wallrath und Wallroßzähnen.
In jüngster Zeit hat Rußland von China das Mündungsland des
Amur erhalten, welches vortreffliches Schiffbauholz liefert und einen befestig-
ten Seehafen erhalten hat. Ein Theil der russischen Flotte ist hier stationirt.
Zu Sibirien gehören noch die Alöuten und Kurilen, welche von Jägern,
Fischern und Bergleuten (Kupfer und Schwefel auf den nördlichen Kurilen)
bewohnt sind oder besucht werden, und Neu-Sibirien. Dies ist die nörd-
lichste Inselgruppe Asiens; man soll aber nördlicher noch Berge eines Ei-
lands erblicken, welches man des Eises wegen bisher nicht erreichen konnte.
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seltenen Reichthum an allen Naturprodukten, obwohl viele Strecken Landes
wegen Wassermangels unfruchtbar sind, andere wegen fehlender Arbeitskräfte
nicht bestellt werden können. Bergbau und Viehzucht siud sehr bedeutend.
Die reichsten Silberminen liegen zwischen 32° und 33° S. B., sollen sich
25 Meilen hinziehen und überall gleich reichhaltig sein. Die Viehzucht
muß sehr einträglich sein; denn Heerden von Pferden, Maulthieren, Horn-
vieh rc. bis zu 10,000 Stück gehören nicht eben zu den Seltenheiten des
Landes. Weizen und Gerste gedeihen in Chile prächtig, und Chile ist bisher
das einzige Land in Südamerika, wo die europ. Getreide- und Obstarten
mit gutem Erfolg gepflanzt worden sind. Chile ist zugleich der Staat,
welcher seither am wenigsten durch innere Zwistigkeiten zerrüttet wurde. Die
Chilenen sorgen für Volksbildung und Aufklärung; die Regierung begünstigt
seit langer Zeit die deutschen Einwanderer, um tüchtige Arbeitskräfte zu ge-
winnen und den Anbau des Landes zu erweitern. Hauptstadt ist San Jago,
70,000 E. Coguimbo und Conception sind kleinere, Valdivia und Valparaiso
(50,000 E.) größere Häfen*). Bei dem großen Mangel an Regen leidet
ihre Umgebung an Wasserarmuth, wie überhaupt der Westabhang der Anden
durch Dürre heimgesucht wird.
Zu Chile gehören noch 1) Chiloö, ein großes waldiges Eiland, das
täglich mehr angebaut wird; die Robinsonsinsel Juan Fernande; (Alex. Selkirk).
Auf ihr sind Cedern, Feigen und Trauben in Masse.
13. Die La Plata-Staaten (38,900 Q.-M., ist, Mill. E.)
(argentinische Republik) sind eine Union von 13 Freistaaten. Im W. ist
das Land gebirgig durch die Verzweigungen der Anden; im O. und S.
dagegen liegen die Pampas des Rio de la Plata (§ 109). In keinem
Staate Südamerikas waren bisher so fortwährende Unruhen und Partei-
kämpfe, wie in diesen Staaten. Man hatte deshalb in der Person des
Generals Rosas einen Diktator ernannt, aber 1852 ihn zu verjagen für
besser befunden. Unter der gemischten Bevölkerung verdienen die Gauchos
hervorgehoben zu werden. Von Weißen und Eingebornen entsprossen, durch-
streifen sie auf Rossen die weiten Pampas, verstehen mit Lazo (Schlinge)
und Bola (Schleuderkugel) das zahllose wildgewordene Vieh zu fangen, und
leben von dieser Jagd. Die la Plata-Staaten sind in rascher Entwickelung
begriffen; das deutsche Element ist bereits stark vertreten und übt durch
seine Intelligenz, seine Arbeitskraft und sein Kapital einen bedeutenden Ein-
fluß darauf aus. Hauptst. Paranä, 15,000 E. Mendoza, 15,000 E.
Andenpaß nach St. Jago. Cordova, 15,000 E. Handel mit Tuch und
Baumwollenzeug.
14. Buenos Apres (3500 Q -M., 350,000 E.)
ist seit 1853 von der argentinischen Republik getrennt und selbständig ge-
*) In Chile hausen noch */2 Million unabhängiger Indianer, die Araukaner,
welche den Spaniern Widerstand zu leisten vermochten, in 4 Staaten. Sie sind
Heiden; die Männer treiben Jagd und Viehzucht, die Frauen bestellen das Feld,
spinnen und weben. Die Gold- und Silberminen verstehen die Araukaner auszu-
beuten, und das Metall verarbeiten sie zu Schmucksachen. Mit Chile leben sie in
Frieden und Eintracht. (S. 282).
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zwei bis drei Monate im Ganzen. Die nasse Jahreszeit bringt starke Ge-
witterrezen, Ueberschwemmungen. Fieber und andere Krankheiten, Schwärme
von stechenden Fliegen und Mücken (Moskitos), üppige Grasfluren, wenn
das Wasser verlausen ist. Die trockne dagegen erzeugt eine solche unbe-
schreibliche Hitze und Dürre, daß die kleineren Gewässer vertrocknen, die
Pflanzen verwelken, der Boden wie ausgebrannt erscheint, und die Thiere
in das Dunkel der unermeßlichen Waldungen fliehen. Nördlich vom 30°
N. B. und südlich vom 23 '/2° S. B. erscheinen allmählich die Uebergangs-
zeiten vom Sommer und Winter, der Frühling und Herbst.
Afrika zeigt in allen Verhältnissen eine auffallende Einförmigkeit; diese
bemerken wir insbesondere auch in seiner Pflanzen- und Thierwelt; ste erklärt
sich zum Theil daraus, daß Afrika nur zwei Zonen angehört.
Wo Hitze und Feuchtigkeit mit einander abwechseln, hat die Vegetation
Afrika's eine auffallende Ueppigkeit und Kraft. Seine Gewächse haben
sehr fette, saftige Blätter und bunte Blumen. Afrika bietet besonders viel
Gewürz- und Arzneipflanzen dar.
An der Nordküste wird vorzugsweise Weizen, Mais und Reis gepflanzt;
an der Ostküste bildet der Reis das vorzüglichste Nahrungsmittel. Habesch
hat eigenthümlich den Kaffeebaum, dessen Heimath südlich von Habesch, die
Landschaften Kassa und Enarea, liegt. Baumwolle liefern nur die Länder
am Mittelmeere und das Capland, wo neben Wein (Constantia- und Cap-
Wein) alle europäischen Obst-, Getreide-, Gemüsearten und Hülsenfrüchte
gebaut werden. Während daneben die Küstenländer am Mittelmeere Oliven,
Mandeln, Feigen, Citronen, Orangen, Rosinen, Datteln im Ueberflusse bieten,
zeichnet sich das Capland durch eine Menge prächtig blühender Haidearten,
besonders Sträucher mit steifen, trocknen und lederartigen Blättern, Geranien re.
aus. Am Senegal findet man den ungeheuren Asienbrotbaum, dessen Stamm
80 Fuß im Umfang und dessen Krone 130 Fuß im Durchmesser erlangt,
seine Früchte werden genossen und gelten auch als Heilmittel. Neben diesem
Wunderbaum charakterisiren die afrikanische Flora noch insbesondere: Palmen,
Aloearten, Gewürz-, Spezerei- und Arzneipflanzen, Tischler- und Farbhölzer,
Schlinggewächse, die Papyrusstaude, welche Aegypten eigen ist, Gummibäume rc.
Afrika übertrifft an Wildheit und Kraft seiner Thiergeschlechter alle
andern Erdtheile. Eigenthümlich sind ihm die Giraffe, das Zebra, etwas
größer, das Quagga, etwas kleiner als der Esel, das Gnu, eine Antilopen-
art, an Größe den Ponies vergleichbar, mit Hörnern versehen, schnell,
wild und unbändig. Man trifft Antilopenheerden von 2 — 3000 Stück.
Aegypten hat das Krokodil, den Ichneumon, das Nilpferd und den Ibis
eigen. Groß ist die Zahl der Raubthiere aus dem Katzengeschlecht: der
Löwe, der Leopard, die Pardel-, die Kaffernkatze, die Hyäne rc. Affen sind
weniger zahlreich vorhanden; Pferde und Esel finden sich nur in Nordafrika;
der Ochse ist in Südafrika Haus- und Zugthier geworden. Auch das Kameel
scheint nur der Nordhälfte anzugehören. Es ist das Schiff der Wüste; seine
Führer sind die Steuerleute, ihr Kompaß sind Vögel, Winde und Sterne.
Innerhalb der Wüste leben die schnellfüßigsten aller wandernden Thiere, die
wie der Blitz erscheinen und verschwinden, die Antilopen und Strauße.
Buntgefiederte Vögel, Papageien, Flamingo's, Raubvögel aller Art erfüllen
die Wälder. Die Störche und andere Zugvögel halten in Afrika ihre Winter-
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unter 52° N. B. Im Innern breiten sich südlich des Sklavensees kleine
Wälder von Fichten, Zwerglärchen und Birken aus; am nördlichen Ufer des
Athabaska (58° N. B.) hat man den Versuck gemacht, Gerste und Kar-
toffeln zu ziehen, an der Südseite des Winipeg aber gedeihen schon Zucker-
ahorn, kanadischer Reis, Hanf, Gerste, Roggen. Uebrigens ist der ganze
Distrikt des nördlichen Amerikas ein Hauptaufenthalt der Jäger und Fischer.
Insbesondere werden der Bison, das Elennthier, der amerikanische Hirsch,
braune Bären, Eisbären, Wölfe, Füchse, Biber, wilde Gänse und Enten
angetroffen, sie beleben das Jagdrevier der Pelzhändler, welche das Land
durchstreifen.
Südlich des 48° R. B. begegnet uns bereits jene Ueppigkeit des
Pstanzenwuchses, welche Amerika so sehr auszeichnet; Heidekräuter werden in
dieser Zone nirgends angetroffen, wohl aber jene unermeßlichen Prairieen,
von denen schon oben § 109 die Rede war. Oestlich derselben, wo sich
Europäer angesiedelt haben, sind die Savannen umgepflügt oder die Wälder
gelichtet. Da breiten sich die üppigsten Felder aus, welche alle europäischen
Feld-, Garten- und Obstfrüchte in einer Kraft und Fülle hervorbringen, wie
der europäische Boden nicht mehr vermag. Californien und die Staaten
der Union südlich des 40° R. B. haben ein Klima wie Sicilien und An-
dalusien; aber auch hier ist der Pflanzenwuchs der neuen Welt üppiger und
saftiger. Die Waldungen bieten ein Gemisch von Bäumen mit immergrünen
Blättern und solchen, welche das Laub abwerfen. Außer den europäischen
Feld- und Gartenfrüchten baut man daselbst auch Zuckerrohr, Baumwolle,
Melonen, Wein, Tabak, Südfrüchte rc. Mit dem 25° R. B. beginnt die
tropische Zone die Reichhaltigkeit ihrer Pflanzen in einem Maße zu ent-
wickeln, wie in keinem andern Welttheile, und man ist im Zweifel, ob man
mehr die Pflanzenfülle der wasserreichen Ebene, oder die Mannigfaltigkeit des
Pflanzenwuchses an den Gebirgsabhängen bewundern soll. Denn bis zu
3,000' hinauf gedeiht die tropische Pflanzenwelt (Banane, Palmen, Pisang,
Kokosnuß- und Kakaobaum); höher hinauf der Kaffeebaum, Zuckerrohr und
Baumwolle (letztere bis 4,200'). Die Region des Mais geht von 3,000
bis 6,000'; ihr folgt die der europäischen Getreidearten bis 9,400'. Stei-
gen wir noch etwa 2000' höher, so verschwindet der Holzwuchs, und durch
die Region der Alpenkräuter und Moose gelangen wir zuletzt in die Region
des ewigen Schnees.
Die amerikanische Thierwelt bietet nirgends so große und starke Land-
thiere dar, wie Asien und Afrika; nur die Vögel Amerika's machen an
Größe und Farbenfülle denen der alten Welt den Vorrang streitig, und die
Erscheinung der unzähligen Wandertaubeu in Canada ist einzig in ihrer Art.
Welchen Gegensatz bilden der riesenhafte Condor und der winzige Colibri!
Besonders fruchtbar ist Amerika an Thieren, welche im Wasser leben. Riesen-
hafte Wasserschlangen, Kaimane oder Alligatoren, ungeheure Eidechsen, Frösche,
Insekten, ganze Heerden großer Landkrabben finden sich häufig vor. Amerikas
eigenthümliche Thierwelt bilden folgende Arten: der Bison-Ochs, das größte
Landthier Amerikas; der Bisam-Stier an der Hudsonsbai, die Vikunna, von
der Größe eines Schafs mit seidenartiger Wolle (Cord. von Chile), das
Llama (Cord. von Peru), die Unze (Jaguar), der Tapir, Gürtelthiere, der
Ameisenfresser, das Faul- und Stinkthier, der kanadische Hirsch, das Meer-
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schweinchen, Affen, Kolibris, Klapperschlangen rc. Die Rennthiere, Bären,
Wölfe und Luchse rc. hat Amerika mit andern Ländern gemein; die europäi-
schen Hausthiere sind eingeführt und leben schon in großen Heerden, Pferde
und Rinder in völliger Verwilderung. Auch vorweltliche Thiere sind in
Amerikas Nordgegenden aufgefunden worden, z. B. die Skelette des Mam-
muths, des Megatheriums und Mastodons rc.
An Mineralien der edelsten Art ist Amerika einer der reichsten Erd-
theile. Diamanten, Topase, Turmaline, liefert Brasilien, Smaragde Peru;
Platina gräbt man in den Anden von Neu-Granada; Gold, Silber und
Quecksilber vorzugsweise in Californien, Mexiko, Peru, Chile und Brasilien.
Kupfer, Eisen, Zinn, Schwefel, Salz sind in ausreichender Menge anzu-
treffen. Was aber für die Industrie der nordamerikanischen Union von dem
unberechenbarsten Vortheile ist, dürfte der Umstand sein, daß die Steinkohlen
und Eisenerzgruben der Union an Qualität und Quantität des Materials
mit dem englischen einen Vergleich gut bestehen können.
Die Ausfuhr an Baumwolle belief sich 1860 auf 1,767,686,338 Pf.
im Werthe von 191,806,555 Dollars, war aber während des Krieges und
auch nachher bedeutend geringer. Von den 10 Mill. Ctr. Tabak, welche
jährlich auf der ganzen Erde gebaut werden, liefert Amerika 2,980,000 Ctr.
Die Ausbeute an Gold beträgt jährlich gegen 58 Mill. Dollar, an Silber
44 Mill. Dollar, an Steinkohlen und Anthracit 428,700,000 Zollcentner.
Die gesammte nordamerikanische Handelsflotte ist von 972,492 Tonnen
zu Anfang dieses Jahrhunderts auf 5,126,081 Tonnen gestiegen.
Die sämmtlichen, theils schon vollendeten, theils noch im Bau begriffe-
nen Eisenbahnen haben eine Längenausdehnung von 50,115 engl. Meilen.
Vierter Abschnitt.
8 112.
Die Völker und Staaten Amerikas.
Amerika ist nach Australien unter allen Erdtheilen am schwächsten be-
völkert. Die größere Hälfte der etwa 75 Mill. Einwohner besteht aus cin-
gewanderten Europäern, der andere Theil aus angekauften Negern, Farbigen
(Mestizen, Mulatten, Zambos rc.) und freien Indianern. Die Ureinwohner,
kaum noch 2 Mill., (S. 57 und 59) sind schwache, widerstandsunsähige,
zerstreut lebende Völkchen, welche von den europäischen Ansiedlern immer
mehr in die Einöden zurückgedrängt werden und ihrem vollständigen Er-
löschen mit Riesenschritten entgegen gehen. Die rasche Abnahme der ohne-
dem schwachen Urbevölkerung erklärt sich hauptsächlich aus den blutigen
Kriegen, welche sie von je mit einander und mit den Europäern geführt
haben, aus Krankheilcn, Mangel, Lasterhaftigkeit („Feuerwasser") und über-
haupt „durch ihre am Leben der Unkultur zehrende Kultur." In Wcstindien
sind die Indianer bereits ganz erloschen. Sie zerfallen in ungemein zahl-
reiche, kleine Völkerschaften , welche 422 Dialekte reden sollen. Die wich-
tigsten sind:
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8 78.
Die Tiefländer Asiens.
1. Turan und Sibirien.
Den Uebergang aus Asien zum großen sarmatischen Tieflande mit sei-
nen westlichen Fortsetzungen bildet jedenfalls Turan, das Tiefland des Kaspi-
und Aralsees. Der größte Theil von Turan ist Wüsten- und Steppenland,
welches nur an den Ufern des Gihon und Sihon in Kulturebenen umge-
wandelt ist. Hier sind die Landschaften Khiwa und Bokhara. Südlich von
Gihon ist eine merkwürdig mobile Flugsandwüste, welche in den dortigen
hydrographischen Verhältnissen die seltsamsten Veränderungen hervorgerufen
hat. Diese Flugsandwüste ist 90 Meilen lang, 15 bis 20 Meilen breit.
Der Amu oder Gihon floß früher in den Meeresarm, welcher den Aralsee
mit dem kaspischen Meere verband. Als er das nicht mehr vermochte, theilte
er sich in 2 Arme unterhalb Khiwa; der nördliche floß in den Aralsee, der
westliche ins kaspische Meer. Aber seit ungefähr 150 Jahren ist auch der
westliche Arm vertrocknet, so daß jetzt die ganze Wassermasse des Amu in
den Aralsee fällt. Ebenso vermag der letzte Zufluß, welcher früher in den
Amu siel und an welchem Bokhara liegt, das Strombett des Amu nicht
mehr zu erreichen, sondern bildet jetzt an seiner Mündung einen Steppensee.
Das Klima dieses Tieflandes ist echt continental; im Winter herrscht eine
grimmige Kälte und im Sommer die drückendste Hitze. Es umfaßt einen
Flächenraum von 24,000 Q.-M. Mit Turan hängt das ungeheure sibirische
Tiefland zusammen, welches den vierten Theil von ganz Asien einnimmt
und noch um 25,000 Q.-M. größer ist als ganz Europa. Nur wenige
Hügel erheben sich an einigen Stellen aus der einförmigen wasserreichen
Niederung, welche namentlich im Süden fruchtbare Felder und reiche Wälder
darbieten. Aber allmählich erstirbt der Baum- und Graswuchs; und nörd-
lich vom 600 bej,nen flch unermeßliche moosbedeckte Sumpfflächen ohne
Baum und Strauch aus, welche man Tundra nennt. Im Sommer gleichen
sie einem grundlosen Morast, welchen unzählige Schwärme von wilden Gän-
sen und Enten beleben und wilde Rennthiere besuchen, mit Schutz wider die
stechenden Mücken zu finden. An den Flußufern findet man namentlich int
Sande des ausgeschwemmten Landes die Ueberreste vorweltlicher Geschöpfe,
Mammuthe, Elephanten, Rhinocerosse rc. Der nördliche Theil des sibirischen
Tieflandes hat nur zwei Jahreszeiten, einen Winter, in welchem die Kälte
das Quecksilber gefrieren macht (— 40° C.), und einen Sommer, in wel-
chem das Thermometer zuweilen -j- 40° C. zeigt. Welche Ursachen mögen
hierzu mitwirken? (Vergl. § 80.)
2. Das chinesische Tiefland
am Unterlaufe des Yantsekiang und Hoangho (20,000 Q.-M.) wird von
unzähligen Flüssen und Canälen durchschnitten, und ist von allen asiatischen
Tiefebenen weitaus die cultivirteste. Es ist daselbst nicht nur jede Spanne
Landes aufs sorgfältigste benutzt, jede wilde Pflanze, jedes wilde Thier aus-
1867 -
Frankfurt a.M.
: Jaeger
- Autor: Lüben, August, Cassian, Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt, Gymnasium
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
199
Vögel, Pfauen, Fasanen, alle Hühnerarten, Papageien, Kakadus, Geier, Pe-
likane' und andere Wasservögel, Krokodille, Schildkröten, Fische, giftige
Schlangen. Korallcuthiere re. finden sich dort. Westasien und die nördlichen
Steppen werden häufig von Heuschrecken heimgesucht; China ist das Heimath-
land der Seidenraupe und Seidenzucht.
8 81.
Asiens Völker und Staaten.
Asiens Volkszahl wird verschieden angegeben; die Angaben schwanken
zwischen 400 und 799 Millionen. In jedem Falle ist es für seine Größe
nicht so stark bevölkert als Europa, aber wieder bevölkerter als die andern
Erdtheile. Die asiatischen Völker gehören vorzugsweise 3 Raccn an:
1) Kaukasier sind über Kleinasien, die Länder des Kaukasus, über Ar-
menien, Syrien, Persien und Vorderindien bis zum Ganges und
Brahmaputra verbreitet.
2) Die Mongolen erstrecken sich über den ganzen Norden und Osten;
sie bilden 3 Gruppen: die Kalmücken im N. und in der Mitte
von Asien, die Eskimos in den Polarländern, und die Chinesen in
Ost- und Südostasien.
3) Tie Malayen bewohnen die Sunda-Inseln, die Molucken und Phi-
lippinen, sowie Malacka. Sie betreiben Schifffahrt und Seehandel,
finb verwegene Seeräuber, und bilden den Uebergang von der
mongolischen und kaukasischen Race.
1. Asien, die Heimath des ganzen Menschengeschlechts, ist zugleich auch
die Wiege der 3 monotheistischen Hauptreligionen (S. 58), aber der Sitz des
Heidenthums geblieben, welches sich vorzüglich in 3 Hauptformen, im Brah-
maismns, Buddhismus und Schamanenthum ausgebreitet hat.
a) Der Brahmaismus ist das Heidenthum der vorderindischen Völker,
und soll von Manu gestiftet sein, dessen Lehren in den heiligen Religions-
büchern der Vedams enthalten sind. Nach denselben gibt es ein ewiges,
allbelebendes, höchstes Wesen, Para-Brahma, welcher seine Macht den Tri-
murti, dem Brahma, Wischnn und Schiwa, übertragen hat; Wischnu ist
die erhaltende, schaffende Kraft, Schiwa das zerstörende, schadende Element;
Brahma der Ausfluß alles geistigen Lebens. Neben diesen Trimurti stellt
die Lehre der Brahminen noch eine Menge von Göttern und Göttinnen auf,
welche in den mannigfachsten Fratzengestalten verehrt werden. Die Lehre
der Vedams ist aber theils durch Sagen, theils durch die Brahminen ent-
stellt: die Seele, welche vom Brahma ausgegangen ist, muß, um zur Un-
sterblichkeit zu gelangen, aus einer Form in die andere wandern; sie gelangt
von der Psianze durch Thiere, Menschen, Geister und Götter zum großen
Brahma, mit dem sie sich zuletzt wieder vereinigt. Entfremdung von der
Welt, Versenkung in sich selbst, gänzliches Aufgeben des persönlichen freien
Willens, häufige Waschungen und Reinigungen, Opfer und Büßungen führen
zum Ziel. Den indischen Götzendienst charakterisiren neben dem Kastenwesen
mancherlei unnattirliche Ceremonien und Gräuel, z. B. das Selbstverbrennen
der Wittwen, Kinder- und Selbstmord, Selbstpeinigungen rc. Das Kästen-
1867 -
Frankfurt a.M.
: Jaeger
- Autor: Lüben, August, Cassian, Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt, Gymnasium
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Nanking, 1 Mill. E. Canto» am Sikiang, Seestadt mit 1 Mill. E. Die
den Europäern geöffneten Hafenplätze sind Canton, Futscheu, Ningpo, Amoy,
Schanghai. Zu Marko Polo's Zeit (1250) war Hang-Tscheu am Kaiser-
kanal die Hauptstadt von China*)
2. Die unterworfenen Länder.
u) Die Mandschurei, dreimal so groß wie Deutschland, wird von den
Mandschu und Tungusen bewohnt, welche letztere ein Nomadenleben fi'chren.
Ihr Hauptreichthum besteht in Pferden, Schafen und Ziegen; nur die Reichen
besitzen Kameele. Die Mandschu treiben Ackerbau und sind Nachkommen
des nämlichen Volkes, welches im 17. Jahrhundert siegreich in China einfiel
und die regierende Kaiserfamilie entthronte. In der Mandschurei regiert ein
Vicekönig des chinesischen Kaisers, welcher seinen Sitz in Salachin Ula hat.
Die Stadt Tondon am Amur ist ein Verbannungsort für chinesische Ver-
brecher. Die Mandschurei ist auch die Heimath der Gisengwurzel, welche
in China als Universalmittel gegen körperliche und geistige Erschöpfung mit
siebenfachem Silbergewicht ausgewogen wird.
b) Die Mongolei wird von 2 Hauptstämmen, den Mongolen und Kal-
mücken, bewohnt. Sie sind Nomaden und stehen unter Chanen. In Vieh
und Pelzwerk besteht ihr Tauschhandel mit den Russen. Seit 1859 ist der
Kaiser durch Verträge verpflichtet, Reisende und Kaufleute das Land unge-
hindert nach allen Richtungen durchziehen zu lassen. Bis zur Nordgrenze
des Landes reicht bereits der europäische Telegraph, und in wenigen Jahren
wird er durch die ganze Mongolei bis Peking geführt sein. Die Mongolen
sind vortreffliche Reiter und ziehen auf kleinen Rossen von Weide zu Weide.
Sie haben eine eigenthümliche Schafart, deren Fettschwänze zuweilen 20 — 30
Pfund Talg geben, und leben von Milch und Fleisch. Während sie früher
unter Dschingischan Europa beunruhigten und bis nach Liegnitz vordrangen,
sind sie später durch die Buddhareligion friedliebender geworden. Die Zahl
der Chinesen in der Mongolei wird auf 1 Mill. angegeben. Urga ist die
Residenz des chinesischen Vicekönigs und eines chinesischen Chans; sie liegt
nahe am Ende der großen Handelsstraße, welche von Peking nach Kiächta
ft'chrt. Die Mongolen wohnen in Urga, wie überall, in Filz-Zelten (Jurten).
Urga zählt 6 — 7000 Jurten, Maimatschin 200 chinesische Häuser.
Die Lebensweise der nomadischen Mongolen ist eine sehr unstäte. Je
nachdem ihre Heerden Nahrung finden, verweilen sie an einem Orte 20 bis
30 Tage. Die Männer werden als arbeitsscheu, grausam und lasterhaft
*) Die bekannte chinesische Mauer, ursprünglich als Bollwerk gegen die nun
unterworfenen Tartaren erbaut, hat ihre Bedeutung verloren und geht ihrem Ver-
falle entgegen. Sie beginnt im Nw. des Reichs, bei der Stadt Sotschen, läuft auf
einer Strecke von mehr als 300 M. über Berge, Thäler, Abgründe, Flüsse bis zum
Meerbusen von Petscheli hin, und ist an besonders gefährlichen Stellen, wichtigen
Pässen rc. doppelt oder gar dreifach. Der Körper der Mauer besteht aus einem
Erdwalle, der zu beiden Seiten durch Mauern von Steinen und Ziegeln zusammen-
gehalten und durch eine Plattform von viereckigen Ziegeln terrassirt ist. Sie hat
eine 5' hohe Brustwehr mit Schießscharten, und ist in bestimmten Entfernungen mit
kegelförmigen, 37' hohen Thürmen versehen.
Cassian, Geographie. 4.