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4. Zwischen Sumpf und Sand.
1. Gott grüß' dich, märkische Heide
in hellem Sonnenglanz,
in grün und grauem Kleide
und dunkler Kiefern Kranz!
2. Wie wogt's von edeln Düften,
von Harz und Heidekraut!
Und drüber in den Lüften,
wie wirbelt's da so laut!
3. Die blauen Glöckchen läuten,
in Waffen steht der Dorn;
die Bienenschwärme beuten
in Schwad' und Heidekorn.
4. Es summt und surrt geschäftig —
heimlich Wallen und Wehn —
die Sonne spiegelt sich prächtig
in tiefen, blauen Seen.
5. Im Sande halb begraben
der hohlen Weide Stumpf;
die Linde steht erhaben,
die Erle still im Sumpf.
6. Die Sagen werden lebendig,
die grauen Zeiten jung;
die Heide, sie ist beständig
und hat Erinnerung.
7. Die Kiefer senkt am Bruche
den Wipfel wie im Schlaf,
als träumt' sie von dem Fluche,
der einst die Wenden traf.
8. Hier an der Hügelwange,
da riefen: Weidmanns Heil!
schon Markgraf Hans der Lange
und Otto mit dem Pfeil;
1*
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16
Bauern, ein wenig größer, wie es sich für den gesteigerten Wirt-
schaftsbetrieb nötig machte, ein wenig massiver vielleicht, und
dann setzte er sein etwas geräumigeres ein- bis zweistöckiges
Wohnhaus mitten hinein. Gewöhnlich schloß sich nach ein
Park an.
Eine durchaus konservative Stimmung lagerte über dem
Gutshofe wie über dem Dorfe, die ihm glücklicherweise auch
heute noch geblieben ist. Ob das Holz von dem Fachwerk und dem
Ziegel abgelöst ist, stets bleibt das Haus ein schlichtes Bauwerk,
das Dorf ein echtes Tieflanddorf mit Anger und Teich, in den
alte Weiden, Linden oder Kastanien hinunterschatten, den freund-
lichen, von Holzgattern •— stellenweise von Granitfindlingen —
abgeschlossenen Vorgärten und den strohgedeckten Häusern. Alles
ist breit angelegt, auseinandergezogen, alles unter Baumkronen
versteckt. Die alte Dingstätte hat sich an manchen Orten erhalten,
meistens unter der uralter: Linde, in deren Gezweig wundersame
Märchen und Sagen flüstern. So manche Friedenstat ist unter
ihren Zweigen beschlossen, aber auch manche Untat gesühnt worden.
Denn nicht nur das Feldgericht hielt hier seine Sitzungen ab,
um die gemeinsamen Dorsangelegenheiten wie Bau und Ver-
änderung von Wegen, Triften, Gehegen, Brücken und Gräben,
Verkäufe, Bestallungen u. a. zu ordnen, sondern oft auch sah der
Baum das Urteil an Missetätern oder an solchen, die man dafür
hielt, vollstrecken. Und treten wir auf den Kirchhof, der die in
märkischen Dörfern selten fehlende Kirche umgibt und nach dem
Anger durch eine Mauer abgeschlossen ist, dann erzählt uns auch
der durch den jahrhundertelangen Gebrauch erhöhte Boden
nicht nur vom Vergehen der Geschlechter, sondern auch von Frie-
denstaten, die sich auf seinem Rasen ereigneten, namentlich
von den gemütlichen Morgensprachen am Schlüsse des Gottes-
dienstes.
In den ehemals wendischen Gebieten, d. h. im Südosten
Brandenburgs, sind die Dorfhäuser noch heute im Blockbau,
jener urtümlichen, einst allgemein angewandten Bauart Nord-
osteuropas errichtet, die nicht selten sich auch auf die Kirche erstreckt.
Aber auch solche Hütten, von denen der Schweizer Servetius um
1550 sagte, daß die Landbauern der Mark in ihren aus Lehm und
Holz erbauten, kaum aus der Erde hervorguckenden, mit Stroh
bedeckten einzelnen und zerstreuten Hütten wohnen, sind längst
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20
Hügeln, bald unten tief im Grunde. Es sind ganz niedere, rosa
oder himmelblau gestrichene Häuschen. Eine Art Märchenstimmung
liegt über den meist bemoosten Strohdächern, über ihren wind-
schiefen Fenstern zwischen den efeubesponnenen Wänden und
den rosenüberwucherten Heckenzüunen. Sie bilden das Ent-
zücken aller Maler. Dazwischen liegt die kleine, altertümliche
Kirche, die so eng angefüllt mit Gestühl ist, daß nicht einmal
ein Taufbecken Platz findet. Der lebensgroße hölzerne Engel,
der es trägt, schwebt an der Decke und wird bei Bedarf herab-
gelassen.
Wunderschön sitzt sich's im hochgelegenen Wirtsgarten mit
dem Blick über die breite Fläche des Sees. Er kann sehr wild und
düster sein, der Schwielow. Heut aber glänzt er ttn milden Sonnen-
licht im tiefen, reinen Blau. So klar ist die Luft, daß man weit
draußen am jenseitigen Havelufer die einzelnen Häuser der Villen-
kolonie Franzensberg über Baumgartenbrück zählen kann. Links
nach Petzow zu zieht sich das bewaldete Seeufer in sanft geschwun-
genen Linien hin. Zur Rechten ragen hinter den fernen Häusern
von Caputh die kahlen Krähenberge auf. Dahinter bis nach
Potsdam meilenweite Wälder. Im Vordergrund links grüßen
vom Waldrand am Seeufer einige Villen herüber. Das Haupt-
gebäude mit einem vierkantigen, in der Mitte spitz zulaufenden
Dache, von ein paar riesigen Pappeln flankiert, gibt mit dem
tiefblauen Wasser davor ein ganz südliches Bild.
Ein Wanderer darf nicht lange rasten. Über Wiesenmatten,
die noch im herrlichsten Grün prangen, geht es auf hölzerner Brücke
zu dem Vorwerk Neue Scheune, das wie träumend unter den mäch-
tigen Waldbäumen liegt. Kein Mensch ist zu sehen, auch in dem
lieblichen Dörfchen Mittelbusch nur ein paar Kinder und ein paar
kläffende Hunde. Alle sind draußen zur Kartoffelernte. Die
Frauen in den grellbunten Kopftüchern mühen sich auf den Feldern,
von denen hier und da der zarte Rauch eines Feuers aufsteigt,
im Schweiße ihres Angesichts. Sie bilden eine lebensvolle Staffage
des prächtigen Lanüschaftsbildes mit den massigen Laubbäumen
und der blitzenden Seefläche im Hintergrund. Der tiefste, farben-
satteste Ton darin ist die Allee von Vogelbeerbäumen, die nach
Petzow führt. Rot sind die Beeren; aber tiefer, gesättigter, glü-
hender brennt das Rot des Laubes. Es sieht aus, als stünde der
ganze Weg in lebender Glut. Das romantische Petzow träumt
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auf bröckelndem Halligenland; durch den Dunst klingt das Ge-
schnatter ziehender Wintergänse; fern am Horizont ein fahler
Schein, wie ein gespenstisches Auge dieser wilden Nacht: dort
liegt Berlin, die funkelnde Stadt mit ihrem Lichtermeer. — Ein
Dorf in praller Sonne; Akazien mit ihrem lichtgrünen Sonnen-
laub leiten hinein und weben ihren üppigen Duft darüber; aber
die breite schattenlose Fahrstraße ist tiefer Sand mit groben Fahr-
geleisen, man fühlt nach, wie die Pferde hier schwitzen müssen;
dunkelgrüne Moosdächer steigen über alten rissigen Bretterzäunen
auf, aber in jedem Gärtchen dahinter ragt ein großer, hochstämmiger
Baum spanischen Flieders, im Maienzauber ein einziger violetter
Blumenstrauß; ein schwerfälliger Gemeindebackofen und eine
magere Friedenseiche; zuletzt verträumt der Blick aus einem end-
losen Horizont von sandigen Kornfeldern; die Akazienalleen und
Hohlwege mit verwilderndem Flieder verlieren sich unter der
sengenden Mittagsglut schattenlos wieder hinein. — Eine Schilf-
insel, von allen Seiten ganz eingebettet im Rohr, vor dem sich
noch ein schaukelnder Ring von Wasserrosen dehnt, deren Nixen-
arme selbst einem modernen Motorboot gefährlich werden; Rohr-
spatzen lärmen mit unablässigen: Kirre Kirre Kitt Kitt; es riecht
nach Minze und Sumpf; von oben hängen Eichenzweige über
Stämmen, die, von: Alter zerborsten, halb versunken, zu kriecheirden
Ungetümen geworden sind; Efeu spinnt sich hinein; wenn der
feuchte Seewind in diesem unentwirrbar verfilzten Pflanzen-
märchen raunt, erzählt er von einem alten Zauberer, dem Gold-
macher Kunkel, der vor Jahrhunderten hier gehaust hat.
Die ersten, die diese Bilder bewußt entdeckten, meinten
noch, sie müßten sie erst noch mit historischen Erinnerungen auf-
färben, allein mit ihrer Naturkraft trügen sie sich nicht; so hat es
Theodor Fontane noch geglaubt. Heute braucht man sich nicht
mehr leise ins Ohr zu flüstern, daß die Mark doch schön sei. Aller-
dings ist es nützlich, sich an ein Stück Geschichte dabei zu erinnern,
aber nicht an menschliche Kriege und Träume, sondern an ein
Stück Geschichte dieser Natur selbst. Berlin liegt in einem unge-
heuren vorzeitlichen Flußtal. Was sich heute noch an wirklichen
kleinen Wasserflächen und Wasseradern durch das alte Sandbett
des Riesen spinnt, ist nur ein verzwergter Rest. Nie hat dieser Strom
aber die Lieblichkeit unserer echten deutschen Gebirgsflüsse besessen.
Weit vor ihm, in einem Morgenrot der Dinge, grünte ja auch
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31
in dieser Gegend echter paradiesischer Urwald von unerhörter
Pracht; die amerikanischen Sumpfzypressen entfalteten damals
hier ihr Fiederlaub wie heute am unteren Mississippi. Das alles
aber erschlug eines Tages die Eiszeit. Die anrückende nordische
Gletschermauer walzte alles unter sich zur nackten, lebensleeren
Wüste aus. An der kristallblauen Glocke über der gänzlich ver-
ödeten Sohle aber stauten sich die von Süden kommenden Ge-
wässer. Den heutigen Ostseeweg sperrte die Eiswand, ein Gebirge
aus dickem Eis. So mußte die Weichsel sich aufgestaut mit der
Oder, die Oder mit der Elbe vereinen; erst dort fand der west-
östliche Staukanal seinen Abfluß gegen die Nordsee hin. Stufen-
weise ging dann die Gletscherschranke nordwärts zurück. Mehrfach
verlegte sich mit ihr der Staustrom in die wieder freiwerdende
Wüste hinein. Und so kam zu einer bestimmten Zeit der riesige
Wirbel auch gerade über Berlin. Als er auch hier endlich abfloß,
erschien das Land als eine doppelte Wüste, nacft wie in den Schauern
eines Schöpfungsmorgens noch vor Entstehung des Lebens,
versandet, der Sand mit fremden Steinen gespickt, für immer
abgeschnitten von der Flora seiner Vergangenheit. Wie dieses
Chaos eines Weltunterganges dann wieder Konturen einer Land-
schaft, wie es neue Vegetation, Schmuck, Farben, Stimmung
bekommen hat: das ist das eigentliche Märchen der märkischen
Natur. Wilhelm Bölsche (Aus Reclams Universum, Jahrgang 26, Heft 10).
19. Berlin im Lenz.
1. Im Schmuck von blühenden Gewinden,
die sich um Erz und Marmor ziehn,
mit deinem Flieder, deinen Linden,
wie schön im Lenz bist du, Berlin!
2. Wie traulich schmiegen sich an deine
granitne Stirn die Blumen all,
und in dem Laube deiner Haine
wie lieblich singt die Nachtigall!
3. Ja, noch im steinernen Gedränge
der Häuser welch ein Frühlingsflor!
Wie quillt ulid sprießt in üpp'ger Menge
selbst da das junge Grün hervor!
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm_Bölsche Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Mississippi Berlin Berlin Berlin
116
üls einziges Kleidungsstück eine leinene Hose, dennoch rinnt ihnen
der Schweiß in Strömen herab. Und ohne einmal sich aufrichten
zu können, müssen sie durch den zehn- bis elfstündigen Arbeits-
tag, ohne das tröstende Himmelslicht zu sehen, ohne den erquickenden
Hauch der Luft zu spüren, ohne fröhliches Gespräch, ohne jede
Abwechselung.
Als ich den fürchterlichen Rückweg hinter mir hatte, den breiten
Stollen erreichte und endlich wieder ans Tageslicht trat, da schien
sie mir neu geschenkt, die grüne, blühende Erde. Tief aufatmend
wanderte ich weiter. Und als jetzt die Sonne hervorkam, als
ihr goldenes Licht über die grünen Waldberge hinzitterte und
aus dem zarten Duft andere Höhenzüge auftauchten, die statt-
lichen Soldatenberge und die Duberowberge, als über die wo-
genden Kornfelder die Lerchen jubelnd aufstiegen und der Duft
der blühenden Hollerbüsche meine Sinne umschmeichelte, da
empfand ich den Genuß all der sommerlichen Schönheit fast wie
ein Unrecht. Du nährst alle deine Kinder, Mutter Erde; aber
ein hartes Brot ist es, das sich der Mensch, dem Maulwurf gleich,
aus deinem dunkeln Schoße graben muß.
Anna Plothow (Märkische Skizzen).
52. Im Blumenthal.
Jenes prächtige, weite Waldgebiet, das sich über den Hohen-
Barnim zwischen Strausberg und Freienwalde, Wriezen und
Werneuchen ausbreitet, heißt seit Jahrhunderten „der Blumen-
thal". Der Zauber süßer Waldeinsamkeit umwebt diese Gegend;
wie Traum und Vergessen liegt es auf den sonnigen Halden
und stillen Waldtälern. Nur in den Wipfeln regt es sich: die Vöglein
singen und flöten; bunte Schmetterlinge wiegen sich über lachenden
Blumen und blitzenden Seen. Die Mark hat keinen schöneren
Wald als den Blumenthal.
Einsame Seen, von Berglehnen und Schilfgürteln eingefaßt,
Abhänge, mit Edeltannen und Eichen gekrönt, Schluchten, aus
denen hohe Buchen ihre lichten Häupter zum Himmel erheben,
Quellen, die über glatte Kiesel dahintanzen, bald ein blühendes
Rapsfeld, ein efeuumsponnenes Jägerhaus oder eine düstere
Heideschenke, und dazu ein Blühen und Duften ringsumher wie
in einem großen, wilden Garten. Und nicht nur während des
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118
Norden nach Süden sich erstreckend, bei Falkenberg beginnt und
sich durch den Forst bis nach Strausberg hinzieht. Nicht allein
die Sage, sondern auch alte Chroniken melden, daß diese Seen-
kette früher einen schiffbaren Strom gebildet habe, der die Oder
mit der Spree verband. Der Vlumenthal wird durch eine Land-
straße, die Werneuchen mit Wriezen verbindet, in eine nördliche
und südliche Hälfte geschieden. Es gibt wenig Landstraßen so
nahe bei Berlin von gleicher Anmut und Waldesstille. Nur ver-
einzelt rollt einmal ein Wagen vorüber.
Der Morgenhimmel blaute über Stadl und Land, und die
Lerchen wirbelten in den Lüften, als wir vom sonnigen Straus-
see bei Strausberg Abschied nahmen. Waldeinwärts ging's.
Nicht zu lange, und der erste, größere Wasserspiegel blitzte uns
unter den Laubkronen aus der Tiefe entgegen. Es war der Jhland-
See. Steile Ufer, von tiefen Schluchten unterbrochen, engen ihn
ein und verbergen ihn dem Auge anfangs wie ein Geheimnis,
das der Wald verschweigen möchte. Auf einem der höchsten Punkte
des rechten Ufers steht eine Bank. Da ist's gut weilen. Der Blick
schweift hinunter durch das Blättermeer silberstämmiger Buchen
urrd weißglänzender Birken, bis ihm das blaue Auge des Waldes
entgegenlacht. Hinter dem Jhlandsee wird das Gebiet romantischer.
Bergauf, bergab geht es nun. Lärchen und Weißbuchen, Edel-
tannen und Eichen, Birken und Kiefern drängeil sich durcheinander.
Alle Arten von Sträuchern bilden undurchdringliche Hecken.
Bald rieselt ein Quell durch Farcen und Wurzelwerk vorüber,
oder ein umgestürzter Baumriese hemmt den Weg. Noch einmal
müssen wir eine leise Anhöhe hinauf, und unten liegt der Latt-See.
Fast noch stiller, noch heimlicher umfängt uns hier die Waldein-
samkeit. Wir klimmen den Buchenhag empor. Bald nimmt uns
ein Eichenhain auf, und erlich erblicken wir ein freies, hügeliges,
rings vorn Walde eingeschlossenes Gebiet. An dem Waldessaum
entlang, an den Wegen, überall in den Feldern erheben sich hohe
Haufen aufeinander geschichteter, unbehauener Feldsteine. In
der Tiefe liegt ein Vorwerk. Wir schreiten vorüber, noch über
einen Hohlweg, an denn Steintrümmer wie wachthaltende Riesen
sich aufgepflanzt habe);; dann klimmen wir über eine wellige Hoch-
ebene, und vor uns liegt die verwunschene uralte „Stadtstelle",
wo sich die Stadt Blumenthal ehemals erhob. Sie ist durch die
Pest und die Hussiten gründlich zerstört worden; zum letzten Mal
wird sie 1375 erwähnt.
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Extrahierte Personennamen: Falkenberg Blumenthal
Extrahierte Ortsnamen: Strausberg Werneuchen Wriezen Berlin Strausberg Latt-See
94
Jst's Binenwalde?" — Nein, o nein,
wohin du kommst, da wird es sein;
an jeder Stelle gleichen Reiz
erschließt dir die Ruppiner Schweiz.
Theodor Fontane (Grafschaft Ruppiu).
42. Das Rhinluch.
Eine weitgestreckte Niederung verbindet in ostwestlicher Rich-
tung die obere Havel mit der unteren: das Rhinluch bildet den
größeren, westlichen Teil. Vom Kremmer See erstreckt es sich
in wechselnder Breite mehr als 50 km nach Westen bis zur Havel-
mündung. Flachwellige, fruchtbare, waldarme Lehmflächen
begrenzen im Norden das Luch. Drei Höhengruppen treten von
Süden heran: der Bellin, der sich bei Fehrbellin dem Nordrand
nähert, das Ländchen Friesack und das Ländchen Rhinow. Zwischen
diesen Höhen stellen breite Wiesenstreisen die Verbindung mit
dem Havelländischen Luch im Süden, mit dem Rhin- und Dosse-
tal nach Norden und dem Elbtal nach Westen her.
Flach wie ein Tisch dehnt sich das Luch vor unsern Blicken
aus, weithin mit wogendem Grase bedeckt. Nur hier und da hebt
sich aus dem Einerlei des niedrigen Wiesengeländes eine kaum
erkennbare Bodenschwelle heraus, oft kaum einen Meter höher
gelegen als jenes, und doch anders geartet. Man kann sie als
Sandstufe bezeichnen, weil der Boden hier vorzugsweise aus
Sand besteht. Je niedriger diese Sandstufe liegt, um so reicher
ist der Boden an Humus; je höher, um so ärmer. Noch seltener
treten im Luche schmale, steilhängige Hügelzüge von größerer
Höhe auf, die sogenannten Horste. Sie bestehen aus reinem,
feinen Dünensande, leiden an Trockenheit und vermögen daher
nur tiefer wurzelnde Pflanzen, wie niedrige Eichen und Kiefern,
dauernd zu ernähren.
2. Wiesengrund und Sandstufe scheiden sich trotz der fast
verschwindenden Höhenunterschiede scharf voneinander. Das
Wiesenland besteht vorzugsweise aus dunkelbraunem Torf- oder
Moorboden. Es wird alljährlich im Winter und Frühling, zu-
weilen sogar im Hochsommer überflutet, leidet daher an Wasser-
überfluß und trägt vorzugsweise minderwertige, saure Halb-
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149
So entstanden allmählich riesige Sumpfwaldungen. Über einem
üppigen Untergründe, durch die feuchtwarme Luft des damaligen
Klimas in ihrem Wachstum mächtig gefördert, breiteten Nadel-
hölzer, insbesondere Sumpfzypressen, stolz ihre umfangreichen
Kronen aus. Sie waren wie unsere Lärchen nicht immergrün
und bedeckten alljährlich einmal die Oberfläche des Sumpfes
mit den absterbenden Nadeln und Zweigen. Mit diesen vermo-
derten Teile von Laubhölzern und kleineren Pflanzen und bildeten
die Hauptmasse der späteren Braunkohle. Jahrtausende hindurch
ragten die Nadelbäume, noch von keinem Menschenauge be-
wundert, als die Fürsten des Waldes in ungestörtem Frieden
über das vergänglichere Volk der niedrigeren Gewächse empor.
Endlich aber erlosch auch die Lebenskraft dieser Riesen, besonders
wohl, weil sich das Klima änderte. Von den zusammenstürzenden
Baumgreisen blieben nur die von Wasser umgebenen, vor Ver-
wesung geschützten Stümpfe erhalten, während die Stämme
schnell vermoderten, sofern sie nicht ebenfalls durch Windbruch
und dergleichen ins Wasser geraten waren. Wagerecht liegende
Baumreste in allen Schichten des Kohlenlagers, Stammstücke
bis zu einer Länge von mehr als 20 Meter, geben Kunde von den
gestürzten Teilen jener Baumriesen. Wie in jedem Urwalde,
so erstanden auch hier auf den Resten der abgestorbenen Pflanzen-
welt immer neue Geschlechter von Bäumen, die, gleich jenen ab-
sterbend und im Sumpfe versinkend, durch einen unter Luftabschluß
im Moore ungestört verlaufenden Verkohlungsprozeß im Laufe
vieler Jahrtausende das Material der jetzt vorhandenen Kohlen-
lager bildeten.
5. Die im Senftenberger Revier geförderte Kohle läßt sich
wegen ihres hohen Wassergehaltes, der etwa 50 Prozent beträgt,
nicht ohne weiteres verfeuern. Sie wird deshalb in Fabriken,
die mit den einzelnen Gruben durch Schienenstränge verbunden
sind, zu Briketts verarbeitet. Die Förderwagen schaffen das Ma-
terial zunächst in die Sortierhäufer, wo es zerkleinert, gesiebt
und von den nicht verkohlten Holzresten befreit wird. Während
die letzteren zur Kesselfeuerung benutzt werden, wandert die in
1 bis iy2 Kubikzentimeter große Stücke zerkleinerte Kohle in die
oberhalb des Trockenraums liegenden Kohlenböden. Von hier
gelangt sie in ununterbrochenem Zuge auf die Trockenöfen, große
schmiedeeiserne Pfannen mit doppeltem Boden, auf deren oberer
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht]]
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11
der heutigen Oder und der Weichsel; denn bis Warschau läßt
sich dies sogenannte Warschau-Berliner Haupttal verfolgen.
Das zurückweichende Eis hat später noch einmal längere
Zeit in der Uckermark und in Mecklenburg Halt gemacht, und seine
Schmelzwässer haben ein neues Tal weiter nördlich in der Linie
des heutigen Finowkanals ausgewaschen.
Dr. F. Solger (Teltower Kreiskalender 1904).
6. Märkische Kiefern.
Trotzige Kiefern, auf märkischem Grunde geboren,
weit durch den schimmernden Sand treibt ihr der Wurzeln Geflecht,
zwingt ihn, den dürren, euch würzige Nahrung zu spenden,
bauet den rissigen Stamm, strotzend von duftendem Harz.
Hoch zu den Wolken, den luftigen Nebelgebilden,
reckt ihr das knorrige Haupt, prangend in ewigem Grün.
Brausen die Stürme und kosen die Lüfte, die linden,
schwebet durch euer Gezweig weicher melodischer Sang.
Trotzige Kiefern, ihr Bilder der märkischen Mannen,
zähe, beharrlich und treu, siegend ob märkischem Sand,
höhnend wohl mag euer spotten, der nie euer Raunen verstanden;
aber den Söhnen der Mark seid ihr ein leuchtend Symbol.
C. F. Janke.
7. Die märkische Heide.
Ein Bild der Schwermut, diese dürft'ge Heide
mit ihrem weißen Sand und dürren Stämmen,
und doppelt traurig gar im Abenddämmern,
wo sich die Schatten recken, wo mit Krächzen
dem Horste zu die magern Krähen flattern,
von fern noch eines Hähers schriller Schrei
und einer Eule dumpfer Ruf ertönt
in dieser trüben, sandigen Einsamkeit
mit ihrem Heidekraut und ihren Kiefern,
die wundersam verwachsen und verkrüppelt. —
Ein dürftig Land, und doch dem Märkerherzen
so lieb und traut, daß ihm des Südens Schöne
nur Sehnen weckt nach seiner märk'schen Heide.
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