Masuren, das Grab der Nüssen. Bilder aus der Schlacht bei Tannenberg. 57
Opferdunst zum Himmel steigert. Und selbst die Moore und Sümpfe mit ihren grünschillernden Lachen und dem dunkeln Gestrüpp sehen ganz unschuldig aus. ... ; ! i !'0
Aber wenn an regenschweren Tagen der Herbststurm die Erde peitscht, dann brüllen die großen Seen wie das aufgeregte Meer. . . . Die Wälder brausen und schütteln ihre Kronen, als wollten sie niederstürzen und alles zerschmettern, was sich zwischen die Riesen hineinwagt. Und aus den Mooren scheint die Heimtücke zu grinsen. . . .
Vollends zur Nacht, wenn das Auge nicht mehr seine beruhigende Wirkung auszuüben vermag, wenn das Getöse der Wellen, das Brausen des Waldes mit doppelter Kraft an unser Ohr schlägt: dann sind die Pfade, die den Kundigen sicher durch das Moor geleiten, von der Finsternis verschlungen. Wie ein Polyp*) liegt der Sumpf von Dunkel umhüllt, wie ein Untier, das gierig seine Fangarme ausstreckt, um alles, was in ihren Bereich gerät, zu umklammern und in den Tod zu ziehen.
Und welch ein Tod! Mit freundlichem Grün überkleidet, täuscht das Moor eine Wiese vor, die zu Spiel und Tanz einladet. Aber das Aussehen ist trügerisch! Unter der dünnen Pflanzendecke lauert der Tod des unergründlichen, zähen Moders. . . . Der Fuß bricht durch. Im nächsten Augenblick schon ist der Körper bis an die ausgestreckten Arme versunken.
Wehe dem Unglücklichen, dem auf sein Hilfegeschrei nicht schnell Rettung naht! Die Arme erlahmen . . . Zoll um Zoll sinkt der Körper ein . . . Noch nie hat das Moor einen wiedergegeben. . . .
Wald und See der Heimat sind mir zu lieben Freunden geworden, und vertraut grüßen sie mich, wenn ich aus weiter Ferne zu ihnen zurückkehre.... Aber ich habe auch ihre ungebändigte Kraft kennen gelernt. Einmal war die Windsbraut durch einen alten Bestand hindurchgerast und hatte eine lange Reihe der Riesen gefällt. . . uralte Kiefern und Fichten. Und der See, an dem ich aufgewachsen bin, wie oft hat er meinen Kahn mit unwiderstehlicher Kraft ans Ufer geworfen. . . .
Dr. Fritz Skowronnek, „Du mein Masuren!" Verlag Otto Ianke. Berlin Sw 11.
24. Bilder aus der Schmacht bei Tannenberg.
1. Das „russische Seda nz/.
(26. bis 30. August 1914.)
Die Schlacht bei Tannenberg wurde zum „russischen Sedan". Von der 230 000 Mann starken Narewarmee verloren die Feinde an Gefangenen, Toten und Verwundeten über 150 000, darunter 92 000 Gefangene. Uber 300 Geschütze, fast alle Maschinengewehre und Fahrzeuge blieben in der Hand der Sieger, dazu viele Wagen mit Lebensrnitteln, Munition und bgl. Wie ungeheuer groß die Kriegsbeute war, sehen wir baraus, daß 1620 Güterwagen nötig gewesen sinb, die erbeuteten Gegenstänbe fortzuschaffen. Die
*) Polyp — ein im Wasser lebendes Hohl- oder Pflanzentier mit Fangarmen (z.b. Korallenpolyp).
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Extrahierte Personennamen: Fritz_Skowronnek Otto_Ianke Otto Seda August
Extrahierte Ortsnamen: Masuren Tannenberg Berlin Tannenberg Tannenberg
46 Ii. Heimatkunde der Provinz Ostpreußen.
Darauf wurde das Bild von vielen Leuten verehrt. Als solches die Rastenburger
hörten, gingen sie in großer Wallfahrt an den Grt, nahmen das Bild und brachten es
in die Stadt. Doch schon in der nächsten Nacht war es von dort verschwunden und hatte
sich wieder auf die Linde begeben. Alsbald sind die Rastenburger mit einer größeren
Wallfahrt nochmals hinausgegangen, holten das Bild und setzten es in die Stadtkirche.
Aber am andern Morgen war es wiederum zu seinem alten Grte zurückgekehrt, Da
hat man es nicht wieder geholt, sondern an dem Grte eine Kapelle gebaut. Noch jetzt
sollen an der heiligen Linde viele Wunder geschehen.
2. Sie Männlein zu Ottenstein. In der Stadt Allenstein hausten seit uralten
Zeiten kleine Männlein, welche oft von Haus zu Haus gingen, Was sie aber eigentlich
machten, das hat niemand gesehen. Einstmals lebte in der Stadt die Krau eines
reichen Ratmannes. Diese saß eines Abends im Dunkeln allein in der Stube.
Auf einmal geht die Stubentür weit auf, und es treten in die Stube eine Menge
kleiner Männlein mit spitzen hüten,- daran hatte jeder von ihnen eine Laterne mit
einem blau brennenden Lichtchen. Jedes der Männlein führte eine kleine Frau oder
Jungfrau, welche sehr wohl geschmückt waren. Die Männlein sahen zuerst die Krau
an, welche die Hände vor die Augen hielt, aber durch die Finger dem Treiben zusah.
Dann stellten sie sich in einen Kreis und fingen gar zierlich an zu tanzen, plötzlich
aber trat eines der Männlein auf die Frau zu und sagte zu ihr: „Mach deine Augen
zu!" Die Krau aber kehrte sich nicht daran. Darauf sprach das Männlein zum andern
Male: „Ich sage dir, mache die Augen zu!" Die Krau aber kehrte sich wiederum nicht
daran. Da sprach das Männlein zu einem seiner Genossen: „Mache die Kenster zu!"
Und alsbald trat das Männlein zu der Krau und blies ihr in die Augen. Davon wurde
sie zur Stunde blind, daß^sie Zeit ihres Lebens nicht mehr sehen konnte.
F. Natangen und das Vartenerland.
n) Grenzen. Natangen und Lartenerland sind ihrer Lage nach das Kern-
land der Provinz Ostpreußen. Leide Gaue schieben sich südlich der pregel-
linie zwischen die Landschaften Litauen und Masuren im Osten und Süden,
während das Ermland im Westen die Grenze zieht.
b) Das Landschaftsbild. Die Landschaften bilden in ihrem Küstenstrich
sowie im Grenzgebiete des pregels und der Alle eine hügellose Ebene mit
äußerst fruchtbaren Klußtälern. Oer mittlere Teil des Gebietes wird von einem
waldigen Lerglande beherrscht. Dort liegt der Stablack, der sich im Schlohberg
zu 200 m höhe erhebt, pregel und Alle bilden die bedeutendsten Wasserläufe.
Daneben gibt es noch zahlreiche Klüsse von untergeordneter Bedeutung, die sich
in jene oder in das Krische Haff ergießen. Wir merken den Frisching, welcher in
seinem Unterlaufe ein fruchtbares Wiesengelände, die Huntau, durcheilt und
bei Brandenburg in das Haff mündet. Tr kommt vom Zellaubruche her,
das ein gewaltiges Moor darstellt, welches aus Torfmoosen gebildet wird.
Diese sind so vom Wasser durchtränkt, daß sich die Zehlau gleich einer un-
geheueren Blase 9 m hoch über den Loden der Umgebung erhebt. Nur bei
strengem Kroste kann das Hochmoor betreten werden, da man sonst auf ihm
einsinkt. An einzelnen Stellen haben sich kleine teichartige Wassertümpel gebildet,
welche „Llänken" oder „Kolke" genannt werden. Nur verkrüppelte Lirken und
mannshohe Kiefern, sogenannte „Kusselfichten", finden im Moor ein spärliches
Kortkommen. Und auch die Tierwelt ist sehr gering vertreten. Selten, daß sich
ein Hase, ein Kuchs oder Wildschwein spüren läßt. Dagegen haben zahlreiche
Wasservögel, wie Neiher und Kraniche, hier ihre Lrutplätze, während selbst das
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C. Masuren. 29
Der Müllergeselle war aber ein großer Zauberer, und er brachte es nun zuwege,
daß die Arbeit an der Mühle nicht mehr vorwärts ging, mochte der Mühlenbauer
schimpfen soviel er wollte, und die Arbeiter schwitzen von des Morgens frühe bis zum
späten Abende, Oa sah der Meister endlich ein, wem er dieses zu verdanken habe, und
er rief den litauischen Gesellen zurück, va wurde denn die Mühle bald fertig, so
daß sie die schönste im ganzen Lande war.
wie nun aber der Geselle seine Bezahlung forderte, da wies ihn der Fürst schnöde
ab, und der Geselle bekam nun nichts,- denn der Fürst war selber ein Zauberer, dem
daher der Geselle in seinem Schlosse nichts anhaben konnte. Venn daß der alte vessauer
ein Zauberer war, ist ganz gewiß. Keine Kugel konnte ihm etwas anhaben. Auch
ist es bekannt, daß er einmal, als er tief im Sommer von Memel nach Königsberg reiste,
mit seinem Vagen und sechs Pferden davor mitten über das Haff reiste und das Wasser
so fest hielt, als wenn es im strengsten Winter wäre, ver Geselle aber war doch noch
ein größerer Zauberer als der Fürst. Als dieser nun einige Zeit darauf nach Königs-
berg reisen nutzte, da ging ihm der Gesell dahin nach, der wohl wußte, daß er des
alten Herrn überall, nur nicht in dessen Schlosse, Meister war.
Als er nun in Königsberg ankam und vor dem dortigen Schlosse vorbeiging, lag
der Fürst gerade im Zensier und rauchte aus einer großen pfeife Tabak, ver
Gesell stellte sich vor ihn und forderte seinen Lohn für den Bau der Mühle. Oer alte
Oessauer aber lachte ihn aus. Oa zauberte der Gesell ihm auf einmal ein Elengeweih
an den Kopf, das mit jedem Augenblick größer wurde. Anfangs merkte der Fürst nichts
davon. Als aber die Leute verwundert auf der Straße stehen blieben und ihn ansahen,
da faßte er sich an den Kopf und fühlte nun das große Geweib. Er wurde darüber
sehr erschrocken und wollte in die Stube zurückgehen) aber das Geweih war zu groß,
und er konnte den Kopf nicht aus dem Fenster ziehen. Oa lachte der litauische Gesell,
bis der Fürst ihm durch einen Offizier das Geld auszahlen ließ, worauf denn das Geweih
vön seinem Kopfe verschwand. Seitdem hat der alte Oessauer sich mit keinem Litauer
mehr in Zauberkünste eingelassen.
C. Masuren.
a) Grenzen. Masuren umfaßt den südöstlichen und südlichen Teil der
Provinz Ostpreußen und zieht sich südlich vom tboldapfluß in einem 40 km
breiten Streifen längst der polnischen Grenze bis zum benachbarten Westpreußen
hin. Seinen Namen hat es, wie man annimmt, von dem benachbarten Masovien
erhalten, das in der Nitterzeit ein polnisches Herzogtum bildete.
b) Das Landschaftsbild. Aus dem nördlichen Tieflande des pregeltales
steigt das Land allmählich zur masurischen Hochebene empor. Sie erstreckt sich
von den Seesker Bergen in südwestlicher Richtung, möglichst gleichlaufend mit
der Küste und erreicht in den schon im Gberlande gelegenen liernsdorfer Höhen
die höchste Erhebung der ganzen Provinz, Wirr und regellos dringen einzelne
höhen und hügelreihen durcheinander und verleihen dem Landschaftsbilde ein
wechselvolles und anmutiges Aussehen. Die masurische Hochebene bildet die
Wasserscheide zwischen pregel und Weichsel. Nach Süden dacht sich das Land all-
mählich in wellenförmigen Linien zur polnischen Grenze hin ab. Ab und zu, so bei
Gletzko und Lrjck, gibt es auch hier noch schöne Bergpartien. Im allgemeinen
ist der Loden aber sandig und steinreich- oft auch bedecken weite Torfmoore
das Land. Ungeheure Lodenstrecken sind mit Waldungen überzogen, von
denen die )ohannisburger Heide im Süden am größten und bekanntesten ist.
Niesige Tannen und Fichten entwachsen dort dem trocknen Sandboden. 5ln
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