44
Laub fliegt; man hört das Krachen ihrer gebrochenen Neste. Die
hohen*Wälder heulen geschlagen. Es fallen die mächtigsten Tannen
des Forstes, wie Halme gebrochen; ihr Sturz ist zerschmetternd für
andere. Der Boden regt sich über den zuckenden Wurzeln der viel-
hundertjährigen Eichen. Die Thiere flüchten zitternd in ihre Höhlen.
Die Vögel verbergen sich angstvoll. Die Menschen verstehen gegen-
seitig ihren Ruf nicht mehr. Jeder Strauch, jeder Stein, jedes
Gebäude giebt Töne und Geschrei. Die Ziegel prasseln von den
. Dächern der Wohnungen. Man fürchtet den Sturz der erhabensten
Thürme, und die festesten Gebäude werden erschüttert.
52. Das Gewitter.
Eine heitere Stille, ein klarer Himmel, ein frohes Leben in
der Natur herrscht am frühen Morgen. Es grünt und blüht, es
rauscht und rieselt, es singt und hüpft. Die unermeßliche Bläue
des Himmels überzieht ein durchsichtiger Wolkenflor; bald fliegen
dichtere Wolken am Horizont herauf, erheben sich immer mehr,
gleichen über einander gelagerten Felsengebirgen, mannigfaltig ge-
staltet, graulich, düster, hellgefärbt. Durch sie werden die Strahlen
der Sonne gehemmt; das Tageslicht verliert seine Helle; es wird
trüber und dunkler. In der dunkeln Wolke blitzt es; sie wird plötz-
lich erleuchtet. Ein schwaches Donnern wird gehört. Schwül ist
die Luft. Regenwolken senken sich in der Ferne nieder. Plötzlich
bricht ein Sturm los; es braust und saust; er führt Staubwolken
in die Luft empor; Seen und Ströme schlagen Wellen; das Wasser
schäumt; die Wipfel der Bäume schwanken hin und^her. Die Thiere
des Waldes, die Vögel verbergen sich und suchen schütz gegen das
nahende Ungewitter. Selbst der Mensch ist nicht ohne Furcht. Das
Herz bebt. Felsen zittern, von wüthenden Wogen wird das Ufer
gepeitscht. Oft folgen Blitz und Schlag schnell auf einander. Es
fallen große Regentropfen. In einem Platzregen strömt das Wasser
aus den Wolken hernieder. Aus den Thälern und Wäldern ist die
ruhige Stille entflohen; das Toben des Sturmes hat sie verscheucht.
— Aber ohne Schaden ließ der Allmächtige das Gewitter vorüber-
ziehen. Strahlend und leuchtend tritt die Sonne am Tage, treten
Mond und Sterne des Nachts hinter dem Gewölk wieder hervor.
Der laute Krieg hat sich in einen stillen Frieden verwandelt. In
frischem Grün prangen Wald und Flur; rein gewaschen von Staub
sind die Gewächse; munter und fröhlich singt der Chor der Vögel
im Hain; trillernd schwingt sich die Lerche in die Luft. Die Schwüle
hat sich abgekühlt; die Brust athmet freier, und der Hauch eines er-
quickenden Lebens durchweht die ganze Natur.
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde]]
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266
Völker oft zischend und brausend gegen einander gefahren, bis endlich
der Czeche erlag; aber seine Hoffnung auf eine bessere Zukunft hat
er deshalb nicht ausgegeben.
Oesterreichs außerdeutsche Länder.
1) Ungarn mit einem Flächenraum von 3800 Q.m. und fast
12 Millionen Menschen, von den 150 Meilen langen Karpathen,
den steyerischen und kärnthner Alpen und von dem siebenbür-
gischen Erzgebirge umschlossen, ist, wie Böhmen, eine Kessel-
landschaft, die eine Ebene von 1200 Q.m. enthält, welche theils
sehr fruchtbar, theils auch mit großen Steppen und Morästen durch-
zogen ist. Die wichtigsten Flüsse des Landes sind die Donau,
Theiß und Drau. Von den vielen Seen sind der Neusiedler-
und Plattensee zu den beträchtlicheren zu zählen.
Ungarn ist ein schönes Land, über welches der gütige Schöpfer
seinen Segen in reichlichem Maaße ansgegosscn hat. Es bringt
Alles hervor, was zum Leben nöthig ist und dasselbe verschönt.
Von den Torffeldern am Fuße der Karpathen bis zu den Gold-
wäschereien des Bannats, von dem reichen Bergbau Niederungarns
bis zu den unerschöpflichen Steinsalzgruben in Oberungarn, von der
Pflege des Flachses im Norden bis zu dem Reisbau und der Sei-
den'zucht des Süden, von den Steinkohlengruben des Westen bis zu
den Traubenhügeln und Melonenfeldern des Osten: — überall sehen
wir ein reiches Produktennetz ausgespannt und überall das Füllhorn
des Natursegens ausgeschüttet.
Unter den Bewohnern des Landes, welche verschiedenen Volks-
stämmen angehören, sind die Deutschen die fleißigsten; die Ma-
gyaren dagegen, welche fast die Hälfte der Bevölkerung ausmachen,
scheuen jede anstrengende Arbeit. Sie tummeln gerne ihre Pferde
aus den weiten Ebenen und treiben ihr Vieh aus die grasreichen
Weiden; andere Geschäfte aber thun sie nur nothgedrungen. Sie
sind sehr lebhaft, leicht erregbar, vaterlandsliebend und tapfer, dabei
aber auch sehr hochmüthig und behandeln die Deutschen und Slaven
wegwerfend, manchmal sogar mit Verachtung.^
Preßburg ist die Krönungsstadt, Ofen aber die Haupt-
stadt des Ungarlandes; dieser gegenüber liegt Pesth (90), die größte,
volkreichste, schönste und civilisirteste Stadt Ungarns. Eine 1600 Fuß
lange und 37 Fuß breite Kettenbrücke führt über die Donau und
dient als Verbindungsweg zwischen beiden Städten, die bloß durch
den hier sehr majestätisch dahinfließenden Strom getrennt sind.
2) Das Königreich Croatien, gegen 200 Q.m. groß und
eine halbe Million Einwohner zählend, ist durch die Drau von
Ungarn getrennt, hat ein mildes Klima und fruchtbaren Boden.
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
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323
E. Osteuropa.
Rußland mit Polen.
Rußland, das größte und mächtigste Reich in Europa, umfaßt
mit Polen einen Flächenraum von 100,000 Q.m. mit 62 Millionen
Menschen. Rechnet man hiezu die dreimal so großen russischen Be-
sitzungen in Asien und-Amerika mit 5 Millionen Einwohnern,
so beherrscht Rußland gegenwärtig V? der ganzen bewohnten Erde;
denn Sibirien ist für sich schon um 100,000 Q.m. größer, als
unser ganzer Erdtheil.
Das europäische Rußland ist größtentheils Flach- und Tief-
land mit waldlosen Torfmooren im Norden und weiten Steppen
im Süden. In der Mittendes Landes finden sich Wälder, Getreide-
felder und Wiesen. An der Ostgrenze erstreckt sich das 300 Meilen
lange Uralgebirge; an der Südgrenze lagert der Kaukasus mit
16,000 Fuß hohen Gipfeln. Von den Flüssen sind die Wolga, der
Ural, der Don und der Dnieper die bedeutendsten.
Daß es im nördlichen Rußland sehr kalt ist, läßt sich wohl
denken. Gegen das Eismeer hin herrscht eine solche Kälte, daß die
Erde dort Nichts mehr als Moos und niedriges Gesträuch her-
vorbringt. Schon über Petersburg hinaus kommt das Getreide
nur in heißen Jahren zur Reife. In Südrußland dagegen ist es
sehr warm, und es giebt dort eine Menge von Getreide, Garten-
und Baumfrüchten, Wein und Tabak. Die Lebensmittel sind daher
dort gewöhnlich sehr wohlfeil. Die Flüsse, Seen und Meere liefern
Fische im Ueberfluß, und in den Wäldern giebt es Rennthiere, Elenn-
thiere, Zobel, Hermeline und andere Iagdthiere, darunter auch Bären
und Wölfe. Die Bergwerke im Ural liefern Gold, Platina, Silber,
Kupfer und Eisen; auch fehlt es nicht an Salz und Marmor.
Petersburg, Europa's regelmäßigste Stadt mit einer halben
Million Einwohner, ist die Hauptstadt des großen Czarenreiches
und zugleich einer der wichtigsten Verkehrs- und Handelsplätze Euro-
pas. Sie gewährt mit ihren vielen Palästen einen herrlichen An-
blick. Die alte Hauptstadt ist Moskau mit der alten Residenz der
Ezaren, dem Kreml, mit mehreren Schlössern und Kirchen. Hier
findet man die größte Glocke in der Welt, 19 Fuß hoch und 20 Fuß
weit, mit einem Gewichte von 4300 Zentnern.
Der Großrusse in Kleinrußland.
Der größte Theil von Rußland, mit Moskau in der Mitte,
wird Großrußland genannt, während die Gegend von Kiew und
TM Hauptwörter (50): [T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
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Extrahierte Personennamen: Zobel
Extrahierte Ortsnamen: Osteuropa Polen Europa Asien Kaukasus Petersburg Südrußland Petersburg Moskau Kleinrußland Moskau Kiew
254
nicht so ganz leicht gemacht worden, und sie haben es- sich in der
Jugend sauer werden lassen. Der Berg ist hier mit vielen Granit-
blöcken übersäet, und die meisten Bäume mußten mit ihren Wurzeln
diese Steine umranken oder sprengen und mühsam den Boden suchen,
woraus sie Nahrung schöpfen können. Hier und da liegen die
Steine, gleichsam ein Thor bildend, über einander und oben darauf
stehen die Bäume, die nackten Wurzeln über jene Steinpforte hin-
ziehend, und erst am Fuße derselben den Boden erfassend, so daß
sie in der freien Luft zu wachsen scheinen. Und doch haben sie sich
zu jener gewaltigen Höhe emporgeschwungen, und, mit den um-
klammerten Steinen wie zusammengewachsen, stehen sie fester, als
ihre bequemen Kollegen im zahmen Forstboden des flachen Landes.
Auf den Zweigen der Tannen kletterten Eichhörnchen, und unter
denselben spazierten die gelben Hirsche. Wenn ich solch' ein liebes,
edles Thier sehe, so kann ich gar nicht begreifen, wie gebildete Leute
Vergnügen daran finden, es zu hetzen und zu tobten.
Allerliebst schossen die goldenen Sonnenlichter durch das dichte
Tannengrün. Die Baumwurzeln bildeten eine natürliche Treppe.
Ueberall schwellende Moosbänke; denn die Steine sind fußhoch von
den schönsten Moosarten, wie mit hellgrünen Sammetpolstern über-
wachsen. Liebliche Kühle und träumerisches Quellengemurmel. Hier
und da sieht man, wie das Wasser unter den Steinen silberhell hin-'
rieselt und die nackten Baumwurzeln und Fasern bespült. Wenn
man sich nach diesem Treiben hinabbeugt, so belauscht man gleichsam
die geheime Bildungsgeschichte der Pflanzen und das ruhige Herz-
klopfen des Berges. An manchen Orten sprudelt das Wasser aus.
den Steinen und Wurzeln stärker hervor und bildet kleine Wasser-
fälle. Da läßt sich's gut sitzen. Es murmelt und rauscht so wun-
derbar; die Vögel singen abgebrochene Laute; die Bäume flüstern
wie mit tausend Zungen, wie mit tausend Augen schauen uns die
seltsamen Bergblumen an; sie strecken die wundersam breiten, drollig
gezackten Blätter uns entgegen; die lustigen Sonnenstrahlen, die
sinnigen Kräutlein erzählen sich grüne Mährchen, es -ist Alles wie
verzaubert, es wird immer heimlicher und heimlicher.
Je mehr man den Berg hinaufsteigt, desto kürzer, zwerghaster
werden die Tannen; sie scheinen immer mehr und mehr zusammen zu
schrumpfen, bis nur Heidelbeer- und Rothbeersträucher und Berg-
kräuter übrig bleiben. Da wird es auch schon fühlbar kälter. Die
wunderlichen Gruppen der Granitblöcke werden hier erst recht sicht-
bar; diese sind oft von erstaunlicher Größe. Das Mögen wohl die
Spielbälle seyn, die sich die bösen Geister einander zuwerfen in der
Walpurgisnacht, wenn hier, wie die Volkssage lautet, die Hexen
ihre Tänze halten. In der That, wenn man die obere Hälfte des
Brockens besteigt, kann man sich nicht erwehren, an die ergötzlichen
TM Hauptwörter (50): [T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
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249
wir bis zur Mündung des Don vordringen oder auch allenfalls
aus diesem Fluß noch eine gute Strecke landeinwärts fahren können.
Nun hört aber 'unsere Schifffahrt auf, und es bleibt uns keine
Wahl übrig, als die Rückfahrt anzutreten oder unser Schiff zu ver-
kaufen und durch Südrußland, Ungarn und Oesterreich auf
dem kürzesten Wege nach Hause zu reifen.
Hinsichtlich der Gebirge merken wir uns vorerst nur die größten
Gebirgszüge, da wir dieselben bei der Beschreibung der einzel-
nen Länder schon noch näher kennen lernen. Die höchsten, über die
Schneelinie hinausreichenden Gebirge find die Alpen in der Schw eiz
und Tyrol, die Pyrenäen zwischen Spanien und Frankreich,
die seandinavischen Gebirge zwischen Schweden und Norwegen,
und die Karpathen in Ungarn, welche jedoch nur mit einzelnen
Spitzen an die Schneelinie hinan reichen. — Die Sevennen durch-
ziehen das südliche Frankreich und die Apenninen streichen durch
ganz Italien hinab.
Die europäischen Flüsse werden bei den einzelnen Ländern
genannt.
Ulima, Produkte und Volksbildung.
Europa liegt auf der nördlichen Erdhälfte, größtentheils
in der gemäßigten Zone und hat also schon dieser Lage wegen
ein gemäßigtes Klima; allein die Nähe von Afrika, das wie ein
Ofen erwärmt, die vorherrschenden Westwinde und eine tausend-
jährige Bodenkultur geben Europa ein Klima, das weit milder ist,
als das in denjenigen Ländern von Nordamerika und Asien, die
unter dem gleichen Himmelsstriche liegen. — Die trockenen O st-
w in de kommen aus dem wasserarmen, kalt-trockenen Hochasien
herüber und bringen uns im Sommer Dürre, im Winter schnei-
dende Kälte. Der Südwind trügt die Glutwärme Afrika's weit
über Europa hin, während die Westwinde die Ausdünstungen
des atlantischen Oceans über Europa hinführen und daher
gewöhnlich Regen bringen. Die Nordwinde find immer kalt und
meistens trocken. . . >
Der Boden im Norden Europa's ist äußerst karg und
bringt höchstens Moose und Flechten hervor. > Gerste und
Hafer wüchsen nur bis zum 70sten Grad Nordbreite; etwas höher
hinauf sindet man auch noch kleine, krüppelhafte Birken; Fichten
und Tannen aber gedeihen nur bis zum 67sten, und Eichen nur
bis zum 61sten Breitengrade.
In Mitteleuropa dagegen baut man allerlei Gattungen
von Getreide, Flachs, Hanf, Hopfen, Obst und Wein.
Holz wächst in Menge.- Noch üppiger und fruchtbarer ist der
Boden in Südeuropa, wo die edelsten Weine, das feinste Obst,
,1
TM Hauptwörter (50): [T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
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Extrahierte Ortsnamen: Ungarn Oesterreich Tyrol Spanien Frankreich Schweden Norwegen Ungarn Frankreich Italien Europa Afrika Europa Nordamerika Asien Europa Europa Europa's Mitteleuropa Südeuropa
324
Pultawa die Ukraine oder Kleinrußland heißt. Diese Provinz
hat einen äußerst fruchtbaren Boden, herrliche, mit Rindvieh und
Schafheerden bedeckte Weiden und wird größtenteils von Kosaken
bewohnt.
Um des fruchtbaren Bodens willen siedeln sich nun auch manche
Großrussen hier an; allein dieses Land ohne Wald will ihnen-in
die Länge nicht gefallen, und die große Hitze, die hier herrscht, ist
ihnen weit unerträglicher, als die nordische Kälte. Ein Reisender
traf einst einen solchen Ansiedler in den südlichen Steppen und fragte
ihn, wie es ihm da gefalle. „Ach, Herr," antwortete er, „wem
kann es hier gefallen?" — „Ist denn euer Rußland besser?" fragte
der Reisende weiter. „Unser Rußland, unser Rußland! Warum
sollte es nicht besser seyn! Dort ist von Allem Etwas; hier ist
von Allem Nichts. In Rußland ist das Brod besser, das Land
besser, die Häuser besser, der Schnee besser, der Sommer, der
Winter und alle Jahreszeiten sind besser. Da sind Berg und Thal,
Wald, Wiese, Brunnen, Quellen, Flüsse — Alles in Fülle; Alles
wechselt ab, und Alles ist schön! Im Lande fließen schöne, große
Ströme und vor allen die herrliche Mutter Wolga mit ihren
Kindern. Die Wälder sind groß und prächtig. Die Eichen, die
Linden, Buchen, Tannen und Fichten — alle reichen bis zum Him-
mel. Und in den Bäumen singen Vögel von jeder Art, der Eine
so, der Andere so!" (Hier pfiff er gleich verschiedenen Vögeln.)
„Ach, und in den Wäldern welche Luft voll Wohlgeruch!" (Dabei
fächelte er sich Luft zu und athmete sie begierig ein, als ob es
Veilchenduft wäre.) „Und wie nahe dir das Alles! Sieh', hier ist
deine Hausthüre; du machst sie auf, trittst hinaus und bist gleich
mitten im Walde." (Hier faßte er mich an, als wäre ich die Haus-
thüre; er aber gieng an mir vorbei, einige Schritte in das Gras
hinein, als wenn es der Wald wäre.) „Welche herrliche Musik im
Walde!" fuhr er fort, „und wie die Sonne durch die Blätter
scheint! Und im Grase des Waldes blühen und reifen allerlei Bee-
ren um dich her: Erdbeeren, Herr, kleine, süße Himbeeren und
Brombeeren von jeder Art, Herr, so viele, als du nur wünschen kannst.
Du kannst dich niederlegen, wo du nur willst, und rund um dich
her pflücken, und du stehst nicht anders als satt wieder auf." (Da-
bei warf er sich in's Gras und rupfte rund umher die Halme, als
wenn'es Erdbeeren wären. Es fehlte wenig , so hätte er noch ge-
gessen, blos um mir zu zeigen, wie gut die russischen Erdbeeren
schmecken.)
„Auch Pilze sind in Rußland," fuhr er fort, „Pilze von allen
Sorten und in großer Menge. Man füttert bei uns die Schweine
damit; doch giebt es auch schöne Arten für die Menschen. Gras
und Heu, das ist noch das Einzige in diesem Steppenlande; überall
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334
Vierfüßlern giebt es in den nördlichsten Gegenden nur Eisbären
und Eisfüchse. In Grönland giebt es keine Bäume und nur 76
Pflanzenarten, während doch das benachbarte Island schon 300
Arten zählt. Aus der Klasse der Vögel trifft man nur wilde Gänse,
Eidergänse, Adler und Falken, aber keine Singvögel. Es giebt hier
ferner Füchse, weiße Hasen, Hunde, die jedoch nur heulen, aber nicht
bellen, und noch ein hirschähnliches Thier, das ein durch die Kälte
verkrüppeltes Rennthier zu seyn scheint. Auch die Bewohner sind
in diesem rauhen und kalten Klima zwergartig geworden; denn der
Grönländer ist nicht größer, als bei uns ein zwölfjähriger Knabe.
Wohnlicher und milder ist Neuen.qland, ein ungemein großes
Land, welches durch die Basfinsbah und die Davisstraße
von Grönland getrennt ist. Im Süden des Landes liegen fünf
große Seen und der berühmteste Wassersall der Erde. Es ist dies
der Niagara, der bei einer Breite von 4730 Fuß an der höchsten
Stelle 167 Fuß hoch herabstürzt und den Donner seines Falles
meilenweit hören läßt.
Die nordamerikanischen Freistaaten.
Nach diesen Staaten ist gewöhnlich das Trachten der Aus-
wanderer gerichtet, und Hunderttausende unserer deutschen Brüder
haben dort schon eine neue Heimat gefunden. Viele Werden auch
künftig dort ein besseres Loos suchen, als ihnen hier, unverdient
oder durch eigene Schuld, zu Theil wurde. Viele finden sich
am Ziele ihrer Reise schrecklich getäuscht, denn nur Solche, die an
Arbeit und Entbehrungen gewöhnt sind, finden dort ein besseres
Auskommen. Amerika ist ein Land der Mühe und der Arbeit. Man
denke sich einen unermeßlichen Wald, halb so groß als Europa, in
dem die angebauten Landstriche mit ihren Städten und Dörfern,
wie Oasen in der Wüste, zerstreut liegen, und man hat ein rich-
tiges Bild von Amerika im Allgemeinen, obgleich manche Distrikte
sehr wohl angebaut sind, in welchem aber gerade deshalb kein armer
Auswanderer sich niederlassen kann.
In einem Lande, wo heute noch der dichteste Urwald den Bo-
den bedeckt, der dich künftig nähren soll, kannst du gewiß ohne an-
strengende Arbeit kein Fortkommen, viel weniger ein angenehmes
Leben erwarten; wenn du also die Arbeit scheuest und die An-
strengung fürchtest, so betritt es nicht. Willst du dorthin ziehen,
so mußt du den Vorsatz fassen, keine Gefahr zu scheuen, jedem Un-
gemach zu trotzen, allen möglichen Hindernissen entgegen zu streben
und fest nach dem Ziele zu ringen. Kannst du zu einem solchen
Vorsatze dich nicht erheben, so ertrage dein Schicksal und bleibe zu
Hause, und bist du hier so fleißig und sparsam, als du es in Amerika
seyn mußt, so wirst du auch hier dein Fortkommen finden..
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
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Extrahierte Ortsnamen: Grönland Island Amerika Europa Amerika Amerika
fetten. Daneben erscheint es als unbedeutend, daß das Steinkohlen-
feuer sehr gern erlischt, und daß es besonderer Vorrichtungen oder
großer Aufmerksamkeit bedarf, um nicht plötzlich nach der stärksten
Glut todte Kohlen vor sich liegen zu sehen. Wenn aber ein Stein-
kohlenlager in Brand geräth, so gelingt es selten, die Glut zu
löschen. Oft wüthet sie Jahre lang unter der Erde fort. Die Stein-
kohlen sind aus ungeheuern Wäldern entstanden, welche durch eine
Umwälzung der Erdoberfläche umgewandelt und verkohlt wurden.
3. Auch die Braunkohlen sind durch versunkene Wälder ent-
standen, nur in jüngerer Zeit als die Steinkohlen. Denn es finden
sich in ihren Lagern noch ganze Stämme mit Aesten, Blättern und
Früchten, deren Gestalt sich deutlich erkennen läßt. Auch sind die
Braunkohlen bisweilen noch so holzähnlich, daß man glaubt, es seien
alte, abgebrannte Scheite. Merkwürdig ist, daß in Gegenden, wo
starke Braunkohlenlager sind, meistens auch mineralische Wasser ge-
funden werden, z. B. in Hessen und Nassau. Um sehr heftiges Feuer
zu erzeugen, fehlt es den meisten Braunkohlen au Brennkraft, auch
gilt ihr Geruch noch für widerlicher als der der Steinkohlen, deß-
wegen werden sie auch minder weit verführt, vielmehr meistens nur
in der nächsten Umgebung verbraucht.
4. Aehnlich verhält es sich mit dem Torf, wenigstens in den
Gegenden, wo es nicht gänzlich an Holz fehlt. In Holland freilich,
wo man von keinem andern Feuerungsmittel weiß, wird der Torf
zu Schiffe oft weit versendet. Er ist unter den genannten Brenn-
stoffen der einzige, der sich noch immer forterzengt und den man
geradezu zu dem Pflanzenreiche rechnen könnte; denn er besteht aus
einem dichten Filze von Wurzeln, der mit erdigen Theilen vermischt
ist. Diese Wurzeln erzeugen sich in Mooren (Sümpfen) mit solcher
Schnelligkeit, daß man nach zehn bis zwölf Jahren eine ausgestochene
Torfwiese aufs neue benützen kann. Dadurch wird die Torfgräberei
an manchen Orten sehr einträglich. Die Arbeit in den Abzugsgräben,
wie in den Torflagern selbst, ist zwar sehr beschwerlich, da die Leute
im Wasser oder Sumpf stehen müssen, allein sie dauert auch nur die
wärmsten Monate des Jahrs hindurch. Die ausgestochenen Platten
müssen auf Haufen gesetzt und getrocknet werden. Die weniger feste
Masse muß man sogar vorher gleich Lehm in Formen drücken. Merk-
würdig ist dabei, ^aß die besten Stücke am meisten zusammenschrumpfen,
so daß also nicht die größesten, sondern die kleinsten Torfplatten am
me.st-n Hitz« 9eben. £ 'Dj/b ;
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
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32
herrlichen Früchte von Allen, die da wohnen, Lob und Verehrung
empfahen. Aber was willst du elendes, verächtliches Moos? Dich
wird man wegwerfen und mit Füßen treten!" Das arme, kleine
Moos hätte sich dann geschämt und geschwiegen. Aber siehe, nach
wenig Jahren hätte die Sache schon ganz anders ausgesehen. Denn
der schöne Baum, den die Einwohner von Island vielleicht mit
Jubel in die Erde gepflanzt hatten, kam dort nicht fort, während
das von ihnen gar nicht beachtete Moos, das sich ungemein schnell
vermehrt, genügsam sich über alle dürren Felsen hinwegzog und
nun den Tausenden, die dort wohnen, ihr täglich Brod gab./
15. Der Zucker.
/Der Zucker gehört zu den mancherlei köstlichen Erzeugniffen
des Pflanzenreichs. Er findet sich fast in allen Pflanzen, bald im
Keime, bald im Stengel und Blatt, bald in der Blüthe und Frucht,
ja auch in der Wurzel. Unter allen Pflanzen aber enthält das
Zuckerrohr-, die Zucker- oder Runkelrübe und der Zuckerahorn den
meisten Zuckerstoff, aus welchem man die ungeheure Menge Zuckers
bereitet, welche jährlich verbraucht wird und sich in Europa allein
nahezu auf 1000 Millionen Pfund beläuft.
% Am bequemsten ist die Bereitung des Zuckers aus dem Zucker-
ahorn, einem Baume, der in manchen Gegenden von Nordamerika
häufig vorkommt. Man zapft ihm nemlich im Frühjahr den Zucker-
saft ab, indem man ein Loch in den Stamm bohrt und in dasselbe
ein Röhrchen steckt, durch welches er in ein Gefäß fließt. Der Saft
wird nachher eingekocht, geläutert und getrocknet. Aber der so
gewonnene Zucker reicht bei weitem nicht einmal für Nordamerika aus.
j. Den meisten Zucker verdanken wir dem Zuckerrohr, einer
großen, saftigen Grasart, unserer Welschkornpflanze ähnlich. Bei
einer Dicke von ein bis zwei Zoll erreicht es oft eine Höhe von acht
bis zwölf Fuß. Es wächst in Ostindien und Westindien und andern
heißen Ländern und ist für diese von größter Wichtigkeit. Ehe die
Pflanzen zur Blüthe kommen, werden die Stengel entblättert und in
eigens dazu eingerichteten Mühlen (Zuckermühlen) ausgepreßt. Hun-
dert Pfund Rohr geben etwa zehn Pfund Zuckersaft. Dieser geht
sehr schnell in Gährung über und muß deßwegen sogleich abgedampft
werden. Durch dieses Abdampfen erhält man den Rohzucker, welcher
aus kleinen, feuchten Körnchen besteht und eine gelbliche oder bräunliche
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Etwas höher findet man Wälder, noch höher treffliche Matten, auf
denen das Vieh im Sommer eine herrliche Weide findet. Noch etwas
weiter hinauf fangen die Felsen an, die aber noch mit Gesträuchen
und Bäumen bewachsen find. Gemsen und Steinböcke irren auf ihnen
umher und setzen manchen Jäger, der ihnen nachklettert, in große
Angst, wie er den Rückzug finden will. Noch weiter hinauf werden
die Berge kahl und öde, und die Gipfel derselben bedeckt ein immer-
währender Schnee, den auch die Glut des heißesten Sommers nicht
ganz schmelzt.
Von dem Weg auf den St. Bernhard kann man jetzt von Mar-
tinach an der Rhone aus eine ziemliche Strecke im Wagen zurück-
legen; die letztere höhere Strecke können nur Fußgänger und Lastthiere
begehen. Früher waren keine Fahrwege möglich, sondern man fand
nur Fußsteige, die oft sehr schmal waren und so dicht an den Felsen
hingingen, daß man sie nicht ohne Schwindel und ohne die größte
Gefahr, in unabsehbare Abgründe zu stürzen, pasfiren konnte. Doch
noch jetzt ist die Reise in der Schneegegend gefährlich. Die Kälte
ist erstaunlich streng, und bei unfreundlicher Witterung steht man den
Weg nicht und ist in Gefahr, in tiefen Schnee zu versinken oder in
mehr als hundert Ellen tiefe Felsenriffe zu stürzen. Waaren und Ge-
räthschasten werden großentheils durch Maulesel über den Berg ge-
tragen, die dazu abgerichtet sind und sicher gehen. Da indessen jähr-
lich gegen 20,000 Menschen hier die Alpen überschreiten, so geht
wohl kaum ein Jahr vorüber, in dem nicht Menschen verunglücken.
Dies bewog in der Vorzeit einen menschenfreundlichen Edelmann und
.Geistlichen, Namens Bernhard von Menthon, auf der Höhe dieses
Bergübergangs in einem engen Hochthal zwischen hohen Felsen, am
Ufer eines kleinen Sees, ein Kloster anzulegen und die Mönche zu
verpflichten, die Reisenden aufzunehmen und zu bedienen, ja sogar aus-
zugehen, um die Verirrten oder Verunglückten aufzusuchen und leben-
dig oder todt in das Kloster zu bringen. Für einen Vorsteher (Prior)
und für zwölf bis fünfzehn Mönche ist dieses Kloster eingerichtet, und
so lange es steht, hat es nicht an Männern gefehlt, die ihr Leben
diesem beschwerlichen Dienst aufzuopfern bereit waren. Man denke,
was für ein Leben sie dabei wohl führen müssen. Einen großen Theil
ihrer Lebenszeit bringen sie auf dem hohen Berge zu, wo sie keine
Pflanze, kein Kraut, sondern nur Himmel und Schnee um und neben
sich sehen. Uns dünkt ein Winter von acht Wochen lang, und diese
Menschen leben in einem beinahe ewigen Winter, wo sie keine Sonne
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Extrahierte Personennamen: Bernhard Bernhard_von_Menthon