werden. Statt der Gebirge erblickt man hier wieder Hochebenen, statt der
Waldungen Weiden und Frnchtfelder, und statt der Höhlenmohnungen zahl-
lose Städte und Dörfer — alle schwarz auf schwarzen Höhen. Das Land
ist nämlich gänzlich arm an Bauholz — die Eiche von Basan wuchs in dem
zu Basan gehörenden Theile von Gilead — hat aber Überfluß an einer
Steinart, welche kohlschwarz und sehr hart ist und den Namen „Basalt"
trügt. Diesen schwarzen Stein haben die Leute als Ersatz für das fehlende
Holz genommen und aus demselben nicht bloß ihre Häuser gebaut, sondern
auch die Thüren, Niegel, Angeln und alles Übrige angefertigt, so daß viele
Häuser dort standen, an welchen kein Splitter Holz verbraucht war. Was
für Augen mögen die Israeliten gemacht haben, als sie, die vom Sinai ab
nur weiße Kalkgebirge gesehen hatten, plötzlich in das schwarze Land eintra-
ten! Die Werke, welche einst die Riesen zu Basan bauten, waren aber so
gewaltig, daß sie bis zu dieser Stunde nicht haben zerstört werden können.
Die wenigen Einwohner leben jetzt in Häusern, die König Og in demselben
Zustande gesehen haben mag, worin man sie jetzt sieht. Aber Moses sah
nicht an die festen Städte und die starken Mauern; denn der Herr hatte zu
ihm gesprochen: „Fürchte dich nicht; ich habe sie in deine Hände gegeben."
Bei Edrei kam es zur Schlacht. König Og wurde geschlagen; seine Städte
aber stehen bis zu dieser Stunde als Zeugen da, daß der Herr nicht Gefallen
hat an der Stärke des Rosses, noch an jemandes Beinen, sondern an denen,
die ihn fürchten und auf seine Güte hoffen.
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177
um der Ordnung willen da zu sein scheint, wenn man sich scheuen
muß, aus den Fußboden zu treten oder auf den Stuhl sich zu
setzen oder ein Ding im Zimmer anzufassen, daun hört für uns die
Gemüthlichkeit auf.
Ist schon ganz Holland durch seine Reinlichkeit bekannt, so ist
das Dorf Broek (spr. Bruhk) dadurch berühmt geworden. Die
Straßen sind mit roth und blau glasurten Ziegeln gepflastert und
werden täglich gewaschen und gebürstet. Das Vieh darf nur von
hinten auf die Höfe treten. Die Hauptthür des Hauses wird nur
bei Taufen, Hochzeiten und Begräbnissen geöffnet; sonst ist sie be-
ständig verschlossen. Zum täglichen Gebrauch dient eine Seitenthür.
Wenn Fremde Zutritt haben wollen, müssen sie über ihre Stiefeln
weiche Überschuhe oder Pantoffeln ziehen, die auf jeder Diele vor-
räthig sind. Selbst Kaiser Alexander von Rußland mußte sich der
Sitte fügen, wenn er Einlaß haben wollte. Ein Prediger des
Orts konnte trotz aller Mühe das Zutrauen seiner Gemeinde nicht
eher erwerben, als bis er die Kanzel in Pantoffeln bestieg.
Alle Geräthschaften in den Häusern sind spiegelblank. Der
Fußboden ist mit Matten bedeckt; die Wände, selbst in beit Kuh-
ställen , sind mit Porzellanfliesen ausgelegt, Schaufeln, Spaten,
Dunggabeln, Harken mit Ölfarbe bunt angestrichen, zum Theil
mit vergoldetem Schnitzwerk versehen. In den Gärten ist jeder
Strauch mit der Scheere zu einer bestimmten Form verschnitten.
Die Beete aber sind gar mit Muscheln und bunten Steinen bedeckt
und mit einer hölzernen Einfriedigung umgeben, auf welcher statt
der fehlenden natürlichen — gemalte Blumen zu sehen sind, die
nicht durch abfallende Blätter und Blüthen den Garten beschmutzen.
Reinlich ist das alles; aber schön ists nicht, sondern nur seltsam.
27. Etwas von der Insel Island.
Hoch oben im Norden, näher an Amerika, als an Europa, liegt die zu
Dänemark gehörende unwirthliche Insel Island, die aus der Ferne mie
ein weißes Gewölk aus dem dunklen Meere hervortaucht und erst nach und
nach sich als ein festes Stück Land mit schneebedeckten Höhen answeist. Sie
hat ein rauhes Klima und unfreundliches Ansehen. Die Oberfläche ist zer-
rissen, die Höhen sind kahl; vulkanische Verwüstungen sind überall sichtbar.
Statt der Bäume erblickt man niedriges Birkengestrüpp, statt des Grases,
außer in den geschützten Thälern, das als Heilmittel bekannte isländische
Moos. Unter den Vulkanen, deren Island an die dreißig haben mag, ist
der Hekla der bekannteste, weil er der Küste am nächsten liegt. Stunden
weit in seinem Umkreise ist nur Asche, Lava und Schutt, aber kein Grashalm,
kein grüner Strauch zu sehen. Sein letzter großer Ausbruch fand im Jahre
1766 statt. Eine schwarze, mit feuriger Gluth untermischte Rauchwolke stieg
aus seinem Schlunde zu einer upermeßlichen Höhe empor und schleuderte
Asche und glühende Steine in solcher Menge umher, daß auf Meilen weit
12
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Extrahierte Personennamen: Alexander_von_Rußland Alexander Gluth
Extrahierte Ortsnamen: Holland Island Amerika Europa Island Island
179
Ackerbau Zu treiben; die vornehmeren ober Berglappen sind der Sitte der
Väter treu geblieben, daß sie als Nomaden leben und in Einöden ohne Bahn
und in Wüsten ohne Namen ihre Hütten aufschlagen. Ihr einziger Reichthum
ist das Rennthier, für den Norden dasselbe, was für den Süden das Ka-
mel ist. Es findet seine Nahrung auf den hohen Bergen, wo auf weiten,
öden Sümpfen nichts als das bittre Rennthiermoos wächst. In den kurzen,
heißen Wochen des Sommers finden sich auf den Höhen zahllose Schwärme
von Mücken und Stechfliegen ein und zwingen den Lappen, mit feinen Thie-
ren auf eine Zeit lang in die tiefen Thäler oder an die Küste des Meeres
zu ziehen. Aber sobald der Herbst kommt, eilen Menschen und Thiere in die
Gebirge zurück. Mag der Schnee ellenhoch fallen; der Mensch findet Schutz
in feiner Hütte, und das Rennthier scharrt feine sparsame Nahrung unter
dem Schnee hervor.
Die Zelte des Lappen bestehen aus Stäben, die in die Erde gesteckt und
oben zusammen gebunden sind. Sie werden im Sommer mit grobem Tuch,
im Winter auswendig mit Rasen, inwendig mit Fellen bedeckt und haben in
der Spitze eine Öffnung, durch welche der Rauch des beständig aus dem
Herde brennenden Feuers abzieht. Die Stelle der Thür vertritt ein Loch,
durch welches man kriechen muß.
Das Hauptkleidungsstück der Lappen ist ein Hemd oder Hausrock von
grobem Tuch; es wird mit einem Gurt festgehalten und bildet durch Empor-
ziehen eine Art Beutel. Zwischen Hemd und bloßem Körper wird Brot, Fisch,
Taback u. s. w. aufbewahrt. Im Winter werden Pelze aus Rennthierfellen
getragen, die mit Sehnen zusammengebunden sind, und den Körper unförm-
lich einhüllen. Die Hauptmahlzeit ist eine Brühe von Rennthierblut, das
mit Wasser verdünnt und mit einem Zusatz von Mehl, Fleisch oder Beeren
gekocht wird. Im Sommer wird statt des Blutes Milch genossen. Die Ta-
backspfeife spielt bei den Lappen eine große Rolle. Der Genuß des Brannt-
weins ist ungeheuer stark und bringt das Volk körperlich und geistig Jahr für
Jahr mehr herunter: die Zahl der Lappen nimmt beständig ab.
29. Die Lteppe.
In dem südlichen Rußland, an den Ufern des schwarzen
Meeres, liegt eine öde, dürre, einförmige Steppe, welche zwei-
mal so groß ist, als ganz Deutschland, und mit der dürren Ebene
zusammenhängt, die sich durch das südliche Sibirien bis an die
Ufer des Ob erstreckt. Wie ein unermeßliches Meer liegt die
Steppe da, ohne Weg und Steg, und Meilen weit ohne bemerk-
bare Unebenheiten des Landes. Arm an Flüssen und Wäldern
und sparsam mit Dörfern besetzt, wird sie größtentheils von wan-
dernden Völkerschaften bewohnt, deren zahlreiche Herden hier reich-
liche Weide haben. An den Hauptstraßen findet man von Zeit zu
Zeit wenigstens ein Gasthaus und eine Poststation; an vielen
Stellen aber findet es der Reisende nicht besser, als mitten in der
Wüste. Der Winter ist trotz der südlichen Lage sehr strenge. Im
Frühling wird durch den schmelzenden Schnee der Boden in einen
schwarzen Brei verwandelt. Sobald die warmen Tage kommen,
12*
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183
300 Meilen langen Himalaya, d. i. Schneepalast, dem größten
und schönsten Gebirge der Erde. Einzelne Gipfel desselben errei-
chen eine Höhe von 26000 Fuß; seine Thäler sind schön und
fruchtbar, stark bevölkert und gut bebaut; dichte Waldungen von
herrlich blühenden und köstlich duftenden Bäumen bedecken seine
Berge und Höhen; seine Schluchten und Pfade laufen oft so
schmal und tief zwischen den weit überhängenden Felsenwänden
hindurch, daß sie auch am Mittage nur von einem Dämmerlichte
spärlich erleuchtet werden, und über dem allen wölbt sich ein meist
reiner, tief schwarzblauer Himmel, dessen Sterne Nachts im hellsten
Glanz leuchten.
Im Westen entströmt dem Himalaya der Indus oder Sind
und fließt unter vielen Krümmungen südwestlich ins persische
Meer. Nicht weit von seinem oberen Laufe liegt das schönste
Thal des Himalaya, das Thal Kaschmir. Etwa halb so groß
wie Mecklenburg und rings von schneebedeckten Bergen umgeben,
erfreut sich dies „Meisterstück der Natur" eines ewigen Frühlings
und eines ungetrübten Friedens. Während sich oben die schwar-
zen Wolken, vom Sturm gepeitscht, über die Gipfel der Berge ja-
gen, ziehen unten die Spinnen ihr Gewebe von Baum zu Baum,
ohne Furcht, daß der Wind die zarten Fäden zerreißen könnte.
Baum und Strauch und Blume gedeihen im Frieden: nie wird
ein Zweig gebrochen, nie eine Blüthe geknickt. Hieher hat die
Sage vieler Völker das Paradies verlegt. ■—- Weiter nach Süden
fließt der Indus durch eine meist sandige, baumlose, dürre und
ungesunde Ebene.
Der wichtigste Fluß, der dem Himalaya entströmt, ist der
Ganges, der heilige Strom der Inder. Nachdem er aus dem
Gebirge herausgetreten ist, nimmt er seine Richtung nach Süd-Osten
und ergießt sich in das Meer von Bengalen. Zu seinen beiden
Seiten dehnt sich eine gewaltige Ebene aus. Mit seinen 11 großen
Nebenflüssen, die so groß wie der Rhein sind, verwandelt er durch
reiche Überschwemmungen diese Ebene in fetten Fruchtboden, in
welchem eine gewaltige Fülle von Pflanzen mit unglaublicher
Schnelligkeit in die Höhe wächst. Das Mündungsland des Ganges
aber ist feucht und ungesund, die Heimath der Cholera.
Südlich von diesem Tieflande erhebt sich das Hochland De-
kan. Während in den Ebenen schwüle Hitze herrscht und heftige
Regengüsse zur Erde stürzen, hat das Dekan eine kühle, trockene
und gesunde Luft. Reizende Hügel mit Waldungen immergrüner
Bäume wechseln mit wasserreichen Thälern voll wilder Rosen und
Jasmin. Ein immerwährender Frühling herrscht in diesem geseg-
neten Erdstrich, zu dem aus der heißen Ebene in der Sommerzeit
die Europäer emporsteigen, um den tödtlichen Krankheiten Indiens
--- --------'Je.-- v . -■ ....- <
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194
34. Die Sahara.
Unter allen Wüsten der Erde ist die Sahara die größte und
fürchterlichste. Sie umfaßt einen Flächeninhalt von 150,000 ^Meilen,
kommt also zwei Drittheilen von ganz Europa gleich. Am wenigsten
entsetzlich sieht der östliche Theil aus; denn er enthält nicht bloß
eine Menge fruchtbarer Strecken mit Quellen und Wäldern und
Dörfern und Früchten, die aus der Wüste hervorragen, wie die
Inseln aus dem Meere, und dem Reisenden nach namenlosen Ent-
behrungen sehnlich gewünschte Erquickung bereiten, sondern auch
andere große Flüchen, die wenigstens in der Regenzeit sich mit
Gras bedecken und den Herden der Nomaden auf eine Zeit lang
Weide geben. Der bei weitem größte Theil aber ist eine ungeheure
Ebene, in welcher fast kein Baum, kein Strauch, kein Grashalm
wächst und ein Regentropfen zu den größten Seltenheiten gehört.
Sand und nackte Klippen bedecken den Boden. Nur hin und wieder,
wo der Boden etwas feucht ist, kommen Diesteln und einzelne ver-
krüppelte Gesträuche zum Vorschein. Man sieht kein Thier; man
hört keinen Vogel. Kein Laut unterbricht die unendliche Stille.
Die Leichname schrumpfeil in der Hitze zusammen, ohne eine Spur
von Würmern zu zeigen; denn auch der Wurm scheut sich, das öde,
weite Reich des Todes zu betreten.
Das eigentliche Thier der Wüste, ohne beffeit Hülfe der Mensch
nie die dürre Sandfläche durchwandert haben würde, ist das Kamel,
das ganz dazu geschaffen ist, das „Schiff der Wüste" zu sein. Sein
Höcker besteht aus einer Fettmasse, die bei guter Nahrung aiuvächst,
bei nragerer Kost einen Theil der Nahrung zur Erhaltung des
Körpers hergiebt. Sein Maul ist inwendig mit einer lederartigen
Haut besetzt, so daß es Nesseln und stachlige Krällter mit derselben
Gemüthlichkeit zerbeißt, wie das weichste Gras. Der Magen hat
eine Menge häutiger Zellen, welche sich beim Sausen mit Wasser
füllen und von ihrem Vorrathe stets soviel an den Schlund abge-
den, als für den Augenblick nöthig ist. Das Kamel kann an sechs
Tage ahne Wasser liub mit dürftigster Nahrung auskommen, ohne
daß seine Kräfte sich merklich verringerten. Die schwieligen Kissen
unter den Hufen bewirken, daß es ohne Schaden den glühenden
Sand und das scharfe Gestein betreten kann. Soniit ist das Kamel
das eigentliche und einzige Thier der Wüste. Löwen und Gazellen
leben an derem Rande; Hyänen und Geier gehen wohl ziemlich weit
dein Geruch des Aases nach, kehren aber nach gehaltenem Mahle
schnell wieder um. — Von allen Pflanzen ist die Dattelpalme die
nützlichste für die Wüste; wo nur eine Spur von Wasser in der
Erde sich findet, stehen in der Regel einige Palmen und liefern
den Reisenden ein labendes Essen.
Ein Karawanenzug durch die Wüste hat viel Ähnlichkeit mit
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205
Fläche hin, und riesige Rauchwolken verhüllen den Himmel, so weit das
Auge reicht. Im Winter ist der weite Raum eine kalte Schneewüste, in
welcher nicht Mensch, noch Thier den geringsten Schuh findet. Zu allen
Jahreszeiten aber ist die Ebene öde, still und gleichförmig, wie die Wüste
und das Meer. Es ist unendlich schwer, dort zu reisen und die Richtung
festzuhalten, wo nicht Weg oder Steg ist, nicht Baum oder Strauch ein
Zeichen giebt. Der Verirrte dreht sich gewöhnlich im Kreise herum und
muß elendiglich verschmachten oder den wilden Thieren zum Raube werden.
Nur die „Rothhäute" mit ihren scharfen Sinnen wissen nach dem Stande
der Sonne und den Fährten der Thiere und andern Zeichen sich zurecht zu
finden. In Texas, wo die Prairien an das Meer stoßen, machen sie mit
ihrem bläulich wehenden Grase auf der wellenförmigen Oberfläche so ent-
schieden den Eindruck einer Wasserfläche, daß die Schiffer aus der Ferne
nicht wahrnehmen können, wo das Meer aufhört und das Land ansängt.
In den Prairien leben Wölfe, Schlangen und Hirsche. Büffel treiben
sich in Herden von Tausenden umher und geben den Indianern alles zum
Lebensunterhalt Nöthige. Die wilden Pferde sind verwilderte Nachkommen
der früher von den Europäern eingeführten Thiere. Um sie einzufangen,
bedarf es eben so großer Kühnheit, als Geschicklichkeit. Ein Reiter sucht un-
bemerkt in die Nähe eines Trupps wilder Pferde zu kommen. Gelingt dies,
so wirft er einem der Thiere eine Schlinge, den Lasso, der an dem Sattelknopf
befestigt ist, um den Hals und wendet rasch sein Pferd um. Bei dem hef-
tigen Ruck stürzt das wilde Thier zur Erde und bleibt regungslos liegen.
Schnell wird ihm ein Gebiß ins Maul gelegt. So wie das Thier sich er-
hebt , schwingt sich ein verwegener Reiter auf seinen nackten Rücken. Das
Pferd beißt rechts und links um sich, schlägt wüthend hinten aus und rennt
endlich schäumend und vor Wuth knirschend im gestreckten Galopp davon,
um seinen Reiter loszuwerden. Aber dieser sitzt fest, als wäre er angewachsen.
An ein Halten ist nicht eher zu denken, als bis das Thier nahe daran ist,
ermattet zusammenzubrechen. Dann giebt es sich überwunden und folgt ge-
horsam dem Willen seines Reiters. Die furchtbare Schlinge aber behält es
so fest in der Erinnerung, daß es jedesmal an zu zittern fängt, wenn es
dieselbe wiedersieht.
Der Mammuthbaum.
Unsere höchsten Buchen und Fichten müssen als Zwerge er-
scheinen, wenn wir sie mit einer zu den Nadelhölzern gehörenden
Baumart zusammenstellen, die in dem Goldlande Californien ganze
Wälder bildet und 250 Fuß hoch wird. Erst im Jahre 1796
wurde dieser Thurm von Baum entdeckt und galt lange Zeit als
ein Riese, der seines Gleichen auf Erden nicht habe. Seit 1853
aber hat auch er von seiner stolzen Höhe herabsteigen und sich
zu einem Baum von mittlerer Größe erniedrigen lassen müssen.
Denn in diesem Jahre fand man in Californien einen andern,
auch zu den Nadelhölzern gehörenden Baum, der auf jenen hin-
absieht, wie die Eiche auf den Apfelbaum. Man nannte ihn den
Mammuthbäum. Bis jetzt ist dieser Riese nur an drei Stel-
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208
Dort las mein Blick im höchsten Glanz der Sterne:
„Fern bist du hier vom Vaterland im Süden!"
Dort stand voll Gluth der Mond in dunkler Ferne
Und winkte majestätisch Ruh dem Müden.
Da plötzlich hört ich brüllen eine Heerde
Und sanft harmonisch läuten ihre Glocken.
Es war, als weh ein Hauch von deutscher Erde
Den Klang herüber, mich zurückzulocken.
Ich sah im Geist mich in der Waldung Schatten,
Die ick) so oft durchstreift als muntrer Knabe;
Sah meiner Heimath Herd auf grünen Matten
Und bei ihr stehn den Hüter mit dem Stabe;
Sah all die Theuren, die ich schnöd verlassen,
Die wohl sich oft in Trauer mein erinnern:
Da konnt ich mich in Wehmuth nicht mehr fassen,
Ich weint und fühlte mich zerknirscht im Innern.
Run sind so öd mir all die prüchtgen Räume,
Wo ich geglaubt des Daseins Glück zu finden;
Rach Morgen schau ich, wo der Kindheit Träume
Wie Epheu sich um traute Pfosten winden. —
Hieher, ihr Schiffer, steuert eure Masten,
Führt mich zurück zum vaterländschen Boden!
Gern will ich tragen dort die alten Lasten,
Um nur zu schlummern einst bei lieben Todten.
41. Der Urwald.
In Südamerika liegt ein ungeheures Waldgebiet, das von Menschenhand
fast noch ganz unberührt ist: kein Schlag der Axt erschallt darin, kein Forstmann
regelt den Wachsthum der Bäume, keine Menschenhand streut Samen aus und
macht neue Anpflanzungen. In der ganzen Wildheit und Schönheit, wie das
fruchtbare Erdreich ihn von selbst hervorbringt, steht der Wald da als Zeichen
und Zeugniß von der Urkraft des fruchtbaren Landes. Auch Nordamerika
hat Urwald; aber was ist der gegen die südamerikanischen Wälder mit ihrem
Flächeninhalt von 120,000 !ümeilen?
Wir sind es in unsern Wäldern gewohnt, große Flächen mit derselben
Sorte von Bäumen bestanden zu sehen; im Urwalde stehen nicht zehn Bäume
von derselben Art bei einander, sondern alles, Bäume und Blumen, Pflanzen
und Sträucher, tritt in unübersehbarer Mannigfaltigkeit auf. Die verschie-
densten Formen der Blätter, die seltsamsten Gestalten der Äste und des
Baumschlags, die buntesten Farben der Blumen kann man dort dicht neben
einander sehen. Viele Bäume sind bis in die Krone hinein mit herrlichen
Blüthen bedeckt.
Die Bäume des Urwaldes haben im Verhältniß zu ihrer Höhe einen
dünnen Stamm; denn alle streben in die Höhe, weil sie sich seitwärts nicht
ausbreiten können. Gewaltige Bäume der Art, wie sie Nordamerika hat, die
ihre starken Äste nach allen Seiten hin ausstrecken, kennt der südliche Urwald
nicht. Dagegen kann man das oft sehen, daß hoch in der Luft die großen
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143
der bestehen aus Nadelhölzern, die hier recht ihre Art haben. Schlank wie
ein Licht steht die Tanne da, während sie auf dem Lehmboden verkümmert
denn sie liebt Hausmannskost und kann die fette Nahrung nicht vertragen.
Die Wälder sind arm an Unterholz; aber weiche Moose bedecken den Boden,
und Wintergrün und goldgelber Hasenbram prunken so gewaltig, daß sie sich
durchaus nicht übersehen lassen. Dörfer und Höfe sind sparsam zu sinden.
Stunden lang ziehen sich die Wälder hin; aber selten wird man eine halbe
Stunde gehen, ohne in der Nähe oder Ferne einen See erblickt zu haben.
3. Der H aid eb oden. Er findet sich im Südwesten unsers Landes
und besteht theils aus schwarzem Moor, theils aus dunklem, mit Eisen ver-
mischtem Haidesand, über dem stellenweise ein weißer Mehlsand liegt. Zum
Theil ist der Sand wüstenartig flüchtig; denn bei trocknen Winden wird er zu
Bergen zusammengeweht, oder als gelblich-trübe Wolke hoch in die Luft ge-
rissen und weit fortgeführt. Bis Ludwigslust und Grabow hin kann man es
wahrnehmen, daß bei dürrem Winde sogar die Mobilien in den Zimmern
mit feinem Sande bedeckt werden. Die Wälder bestehen aus Birken und
kümmerlichen Tannen; die Felder tragen Roggen, Hafer und Buchweizen; die
unbebauten Stellen sind auf weite Strecken mit Haidekraut bedeckt, das nur
an feuchten Stellen einem mannigfaltigeren Pflanzenwuchse Platz macht.
Nun sollte man fast glauben, als ob unsre Landsleute in der Haide ge-
gen die übrigen Mecklenburger gänzlich zurückgesetzt und darauf angewiesen
wären, kümmerlich ihr Leben zu fristen. Das aber ist nicht der Fall. Denn
die Haide, obwohl von außen armselig, birgt in ihrem Innern manche Schätze,
die im übrigen Mecklenburg fehlen. Es war im Jahre 1826, als Arbeiter
aus Lübtheen beim Abkarren eines Berges auf eine grau gestreifte Stein-
masse stießen, die ihnen ganz unbekannt war. Die Sache machte von sich re-
den. Bei angestellter Untersuchung ergab sich, daß man ein Gypssteinlager
von 200 bis 300 Fuß Mächtigkeit entdeckt habe. Seit der Zeit ist in Lüb-
theen ein Gppswerk angelegt, das in den fünfziger Jahren an 60,000 Centner
Gpps lieferte.
Der Haide gehört ferner die merkwürdige Lewitz an, eine drei Quadrat-
nieilen große, mit hohen Rändern eingefaßte Wiese, zu der das Thal der
Elde sich zwischen Parchim und Crivitz erweitert. In früheren Zeiten sam-
melte sich in der Regenzeit oft so viel Wasser an, daß es schien, als wolle
sich dort bleibend ein See bilden. Seit aber mehrere Abzugskanäle gegraben
sind, kann das in Menge sich sammelnde Wasser immer schnell wieder ver-
laufen. Rings um die Lewitz liegt ein Kreis von Dörfern, deren Einwohner
fast ihren ganzen Unterhalt aus derselben suchen. An den Rändern herum
werden viele tausend Soden Torf gestochen; in den Weiden nähren sich an
6000 Haupt Rindvieh, und in den Wiesen werden gegen 20,000 Fuder Heu
geworben. Wo man zu rieseln angefangen hat, ist ein sechsfacher Ertrag er-
zielt worden. Der dritte Theil der Fläche ist mit Bruchholz bestanden, worin
zahllose Thiere, die außer der Zeit der Heuernte und der Herbstjagden von
keiner menschlichen Seele gestört werden, ihr Wesen treiben.
In den Mooren der Haide findet man den Raseneisenstein, der früher zur
Gewinnung von Eisen, jetzt nur zur Ausführung von Mauern und Gebäuden
gebraucht wird, wie in Ludwigslust zu sehen ist. Auch Braunkohle, Alaun-
erde und Salzquellen enthält die Haide; also Schätze, genug, wenn nicht auf
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
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TM Hauptwörter (200): [T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe]]
35
den, wo es an Armenien grenzt, ein rauhes Bergland, im Süden,
wo es an Babylonien stösst, ein fruchtbares, mit Kornfeldern und
Weinbergen bedecktes Hügelland ist. Die Assyrer waren einst ein
mächtiges Volk, welches seine Herrschaft über einen grossen Theil
von Asien ausgebreitet hatte. Der Ruf ihrer Tapferkeit war so
gross , dass König Alias nirgends sicherer Hülfe wider Syrien und
Israel zu finden meinte, als bei Thiglath Pilesar, dem Könige von
Assyrien. Letzterer , der schon lange sein Auge nach Westen ge-
neidet hatte , liess sich nicht zweimal bitten , sondern kam eilig
herzu, zerstörte das Reich der Syrer und unterwarf Israel seinem
Scepter. Sein Nachfolger, Salmanassar, zerstörte das Reich Israel
und führte die Gefangenen in die Gebirge von Assyrien , dass sie
dort zerstreut unter den Heiden leben und ihres Vaterlandes ver-
gessen sollten. Damals hatte Assyrien seine grösste Macht. Nach
dieser Zeit sinkt die Macht seiner Könige rasch, und das Volk er-
schlafft mehr und mehr. Die Hauptstadt des Landes, Ninive,
war eine schöne und volkreiche Stadt , welche es alle Tage mit
dem prächtigen Babylon aufnehmen konnte. Aber ihre Bosheit war
gross und schwer. Da sandte der Herr den Propheten Jona und
liess predigen: „Es sind noch vierzig Tage, so wird Ninive unter-
gehen.“ Diese Predigt erschütterte die Leute zu Ninive vom Könige
bis zum Bettler hinab, dass sie sich demüthigten und Busse thaten
im Sack und in der Asche. Als Gott ihre Busse sah , reute ihn
des Übels, das er geredet hatte zu thun, und verschonte die Stadt.
Aber die Busse wirkte keine dauernde Sinnesänderung. Nach etwa
100 Jahren traf Gottes Gericht die mörderische Stadt, die voll Lü-
gen und Räuberei war und von ihrem Rauben nicht lassen wollte.
Ausser der Hauptstadt Ninive hatte Assyrien noch viele andere
grosse und schöne Städte; sie sind sämmtlich zerstört worden.
Ungeheure Erd- und Schutthaufen , welche mit Gras und Gestrüpp
bewachsen sind und den wilden Thieren zur Wohnung dienen, lie-
gen an den Stellen, wo einst blühende Städte standen. In neuerer
Zeit hat man einige jener gewaltigen Hügel aufgegraben und mit
Erstaunen die Überreste einer Welt, welche seit Jahrtausenden un-
tergegangen ist, an das Tageslicht gefördert. Grossartige Paläste,
welche reich mit Bildern geschmückt sind, prächtige Gebäude, selt-
same Götzenbilder und tausend Kleinigkeiten des häuslichen Lebens
kommen aus dem Schosse der Erde hervor und legen Zeuguiss ab
von der einstigen Herrlichkeit der assyrischen Könige und dem
Reichthum ihrer Völker. Merkwürdig sind die in Tempeln oft vor-
kommenden Figuren , welche die Einbildungskraft aus einzelnen
3*
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nachdem der Wind sie treibt, rascher oder langsamer; aber sie ver-
zehrt alles, was ihr in den Weg kommt. Trifft sie ausgedehnte
Flächen von dürrem Grase, so zieht sie wie ein Feuermeer dahin;
trifft sie dazwischen feuchte Plätze mit frischem Grase, so läuft sie
in Schlangenwindungen hin imb her. Wenn die Leute aus der
Ferne eine dunkle Wolkenwand herumziehen sehen, in der sich ein-
zelne hellweiße Wölkchen emporkreiseln, dann eilen sie mit Haken
und Hacke und Spaten herbei, um den Graswuchs zu zerstören
und dadurch dem Feuer Einhalt zu thun. Oft bleibt dem Men-
schen, um sich zit retten, gar nichts übrig, als sich mitten in die
Flamme hineinzustürzen; denn bei dem wunderlichen Lauf des
Feuers kann es geschehen, daß die Gefahr von allen Seiten kommt
und ein Ausweg nirgends zu finden ist. Manche Dörfer und ein-
zelnstehende Wohnungen sind beständig zum Schutz gegen die Step-
penbrände mit einem breiten, vom Grase sorgfältig rein gehaltenen
Graben umgeben.
Ein noch furchtbarerer Feuerschein verbreitet sich am Himmel,
wenn die riesigen Schilfwälder an den Usern der Flüsse angezün-
det werden. Es ist dies verboten, geschieht aber doch jeden Früh-
ling , um Schlaugeil und Wölfe zu vernichten und dem jungen
Anwuchs von Schilf Raum zu schaffen. Die Flammen schlagen
dann fürchterlich auf und zeichnen weit in die Ferne den Lauf des
Stromes am Himmel ab. Ist der Fluß nicht gar breit, so fahren
von beiden Seiten die Flammen zusammen und bilden eine feurige
Wölbung über dem Wasser. Eine Menge voll Wölfeil, Schlangeil
und andern schädlichen Schilfbemohnern kommen in dem Feiler um;
aber auch nützliche Thiere gehen in ganzen Scharen zu Grunde.
30. Monstaiitinojed.
Konstantinopel, die ehemalige Residenz des ersten römischen
Kaisers, der sich zu Christo bekannte, fiel 1453 den Anhängern des falschen
Propheten in die Hände und ist darin geblieben bis zu dieser Stunde.
Als ein wildes, eroberungssüchtiges, durch und durch fleischlich gesinn-
tes Volk, dessen Leben der Krieg und dessen Lohn im Himmel die ir-
dische Lust war, kamen die Türken nach Europa. Und was sie waren,
sind sie geblieben. Oft haben christliche Völker versucht, ihnen milde
Sitten zu bringen, aber vergeblich.
Ihre Hauptstadt , Konstantinopel, hat wohl die herrlichste Lage in
Europa. Wer von der Seeseite ankommt und durch die Reihen der
prächtigsten Landhäuser , die sich rechts und links vom Wasser erhe-
den, hindurchfährt , bis er endlich vor der Stadt anhält, die mit ihren
vielen Moscheen und hunderten von Minarets sich vorn Strande aus in
die Höhe zieht, der hat einen Anblick , dem nicht viele auf der Erde
zu vergleichen sind. Dann mag er ruhig umkehren und nach Hause
fahren; denn er hat das Schönste von Konstantinopel gesehen. Drinnen
ist nur Seltsames oder Ungewohntes, aber Schönes nicht viel zu finden.
Die Häuser sind zum grossen Theil von Holz , klein und unansehnlich,
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Extrahierte Personennamen: Christo
Extrahierte Ortsnamen: Konstantinopel Europa Konstantinopel Europa Konstantinopel