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Das Hochland von Iran. §. 15.
und dem persischen Meerbusen begrenzt. Es bildet, wie das große
Hochland von Hinterasien, mit dem es im N.o. durch dem Ge-
birgsisthmus des Paropamisus (Hiudu-Khu) zusammenhängt, ein
gegen O. hin sich erweiterndes Trapez und ist, wie jenes, von
Randgebirgen umgeben, welche das Plateau zu einer natürlichen
Festung machen, in der Mitte von drei Tiefländern, in welche nur
wenige beschwerliche Pässe hinabführen.
Die Folge dieser Umschließung mit (theilweise parallelen) Rand-
gebirgen ist, daß im Innern sich nirgends große Flußgebiete bilden
konnten, welche ihre Gewässer dem Meere oder einem der drei benach-
barten Ströme zugesendet hätten; die Mitte desselben ist muldenförmig
ausgehöhlt, weshalb hier die Gewässer von dem innern Abhange der
Randgebirge zusammenlaufen und entweder im Sande versiegen oder
in Steppenseen endigen.
Der Westrand von Iran besteht aus parallelen Bergketten,
zwischen welchen lange und schmale, gut bewässerte Thäler einge-
seukt sind. Diese schönen Thäler und ausgedehnten Bergweiden
bewohnten die Meder und Perser, und zwar jene auf dem
Nordwestraude, diese auf dem Südwestraude, dort lag die medische
Hauptstadt Ekbataua, hier die ältere Residenz der Perserkönige,
Persepolis, wie die älteste Pasargadä. Am Fuße des Süd-
weftraudes lag Susiana mit der Stadt Susa, dem häufigsten
Aufenthaltsorte der persischen Könige (s. §. 18, 2).
Der Südrand, der zum Ocean abfällt, unterscheidet sich
wenig von der Natur Arabiens, er ist namentlich im Osten eine
Sandwüste ohne Quellen und ohne die geringste Vegetation. Hier
wohnten die Karamanen, und östlich von ihnen, in dem ödesten
aller persischen Länder, lebten die wenig zahlreichen Stämme der
Gedrosier, welche, wie die heutigen Beludschen, als Nomaden
mit Kameeleu Raubzüge in benachbarte Länder unternahmen.
Unmittelbar an der baumlosen Meeresküste bis zum Indus hin
wohnten nur wenige Fisch- und Schildkrötenesser, die ihre Wohnungen
aus den Knochen der vom Meere an's Land getriebenen Wallfische bauten.
Auf dem Ostrande, welcher aus dem Jndusthale steil em-
porsteigt, saßen (in Afghanistan) die Arachoten (vom Flusse
Arachotus benannt).
Auf dem, aus den Schneefeldern des Elburz wohlbewässerten,
Nordrande wohnten neben den Medern die Parther und Hyr-
kanier, weiter gegen Osten in dem weniger fruchtbaren Theile
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Weltreich. Er besiegte den ägyptischen König Necho, der bis an den Euphrat vorgedrungen war, in der entscheidenden Schlacht bei Kar-chemis (Circesium) 606, zerstörte das Reich Juda (588) und führte die Juden in das babylonische Exil. 572 unterwarf er Phönizien, eroberte und zerstörte Tyrus. Doch schon unter seinem Sohne und Nachfolger Belsazar wurde das Reich im Jahre 538 eine Beute der Perser. (Vergl. Daniel 5, 1—30 und das Gedicht von Heine: Belsazar.)
Ii. Die Meder und Perser.
1. Das Land und seine Wewohner.
Medien war in seinem nördlichen Teil, der von dem armenischen Hochlande und dem Elburz begrenzt wurde, gebirgig, kalt, rauh und wenig sruchtbar, während der südliche und mittlere Teil wegen ihrer Fruchtbarkeit gerühmt wurden. Hier wuchsen Orangen, Feigen, Citronen und Wein in großer Menge. In der schönsten Gegend, da wo jetzt die Stadt Hamadan liegt, befand sich die uralte Hauptstadt des Landes, Ekbatana, mit der prachtvollen Königsburg.
Persien, südlich von Medien gelegen, war ein Land, wo die Gegensätze von Wüste und fruchtbarem Boden überall hart sich berührten: Im Norden Gebirgsland mit steilen Höhen und tiefen Schluchten, dazwischen schöne Matten und Triften, im Süden zu einer öden heißen Sandwüste abfallend; das mittlere Gebiet hingegen enthielt fruchtbare, mit Weinreben, Obstbäumen und Blumenfeldern geschmückte Thäler, die noch heute als der „Rosengarten Irans", als das Land des Weins und der Nachtigallen gepriesen werden. Die älteste Hauptstadt war Pasargadä. Dann wurde es Persepolis mit dem Erbbegräbnis der Könige. Die spätere Residenz war Susa am Kercha, einem Nebenflüsse des Schat-el-Arab.
Meder und Perser waren stammverwandte Völker. Aber während erstere sehr zu Luxus, Üppigkeit und Schwelgerei neigten, waren letztere einfach in ihrer Lebensweise, voll kriegerischen Mutes und großer Tapferkeit. Anfänglich den Medern unterworfen, wußten sie später die Oberherrschaft über diese und die Nachbarvölker zu erringen. Leider nahmen sie die Sitten der unterworfenen Völker an und büßten von da ab ihre alte Thatkraft und Mannhaftigkeit ein.
2. Weligion der Meder und Werfer.
Wie das Land die harten Gegensätze von Wüste und fruchtbarer Flur überall zeigte, so erschien den Bewohnern auch die ganze Natur als im Kampfe begriffen, als ein Kampf zweier feindlichen Kräfte, einer schaffenden und einer zerstörenden. Diese Anschauung fand Aus-
l*
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Extrahierte Personennamen: Necho Belsazar Heine
Extrahierte Ortsnamen: Juda Tyrus Hamadan Ekbatana Persepolis Kercha
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Geschlecht (WdK): koedukativ
und, obwohl bis an die Hüsten im Wasser watend, brachten sie unsere Sachen
doch gut hinüber. Durch diesen Flußübergang waren wir wieder um eiue
Gotteshilfe reicher.
Nun bangte mir noch vor dem Übergang über den Bawo, dessen nn-
heimliche Wasser mir noch von der ersten Reise in Erinnerung waren. Doch
siehe da! — Die Leute hatten einen andern Weg ausfindig gemacht, und hier
konnten wir durch das Wasser waten oder reiten. Beim Verlassen des Flusses
hätten allerdings die Träger bei der steilen Böschung den Kleinen in seinem
Wagen beinahe auf den Kopf gestellt, wenn nicht meine Frau noch rechtzeitig
hätte warnen können. So ging es täglich, einen Rasttag ausgenommen, über
Stock und Stein, durch dick und dünn, durch Bäche und Flüsse, über Berge
und Hügel. Aus der Zeitschrift: „Der evangelische Heidenbote."
7. Bali, ein ßochland ünnerafrikcis.
Zwölf Tage lang hat der Reisende, der von der Küste ins nördliche
Kamerun will, im heißen, fieberischen Tiefland zu wandern, durch endlosen
Urwald, über schwankende Schlingpflanzenbrücken und durch brückenlose Bäche.
Selten trifft er eine größere Ortschaft, häufig dagegen verlassene Dörfer, deren
Bewohner sich von der vielbegangenen Heerstraße an sichere Plätze zurück-
gezogen haben. Bei aller Üppigkeit tropischen Pflanzenwuchses ist das Land
wie eine Wüste.
Plötzlich beginnt der Pfad zu steigen, und binnen weniger Stunden
geht es mehr als tausend Meter bergan. Droben entfaltet sich eine ganz
andere Welt. Das Hochland ist eine gewaltige Steppe, deren zwei Meter
hohes Gras von frischem Winde bewegt wird, gleich einem Kornfeld vor der
Ernte. Die grünen Wogen sind mit zahlreichen Blumen besät. Weithin
schweift das Äuge, rückwärts über das dunkle Grün des Tieflands, aus dem
sich vereinzelte Höhen erheben, vorwärts zu den mächtigen Bergen, die das
Hochland überragen. Die nähere Umgebung ist von zahlreichen Tälern durch-
schnitten, in denen klare Bäche rauschen; man kann ihren Lauf auf große
Entfernung verfolgen, da die Wasserläufe von schmalen Streifen von Palmen-
und Bananenwald eingefaßt sind, deren dunkles Grün sich kräftig vom Gras-
land abhebt.
Noch zwei Stunden, und die erste Stadt in Bali ist erreicht. Sie ist wie
ausgestorben. Auch hier lieben es die Leute nicht, an der unruhigen Kara-
wanenstraße zu wohnen. Sie leben draußen auf ihren Mais- und Hirse-
Pflanzungen, haben aber in der Stadt einige schöne Hütten erbaut für die
Durchreisenden, denen sie auch Lebensmittel liefern. Noch einmal zwei Stunden,
und in der Ferne erscheint die Hauptstadt von Bali, breit über einen Berg-
rücken hingestreckt; auch sie ist erkennbar an dem saftigen Grün der Wein-
Palmen und Bananen, aus dem die spitzen Grasdächer der Hütten hervor-
ragen. Durch endlose Kornfelder führt der Weg zur Stadt.
Man schätzt die Stadt Bali ohne die Vororte auf 8—10000 Ein-
wohner. Die Häuser sind meist in kleinen Gruppen eng zusammengebaut,
und jedes Gehöft ist durch eine lebende Hecke oder einen Mattenzaun abge-
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Extrahierte Ortsnamen: Bali Kamerun Bali Bali Bali
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Geschlecht (WdK): koedukativ
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blattmatten und der Tragegestelle für,. Lasten, andererseits als Flechtmaterial
für Körbe verwertet. So ist die Ölpalme das Wahrzeichen menschlicher
Wohnsitze. Wie die Ruinen in Kulturländern kennzeichnet sie noch der-
lassene Stätten, an denen einst das rasch wechselnde Geschlecht gehaust hat.
Das Palmöl wird in der Weise gewonnen, daß die von den Frucht-
ständen abgepflückten Einzelfrüchte in Wasser erhitzt und dann in großen
Trögen mit Stößeln oder auch mit den bloßen Füßen ausgestopft werden.
Bei reichlichem Zugießen von Wasser schwimmt dann das aus dem Frucht-
fleisch herausgepreßte Öl oben, wird abgeschöpft und zur Reinigung von
anhaftenden Fasern durchgesiebt. Die Siebe der Eingeborenen bestehen aus
feinmaschigem Gitterwerk von Pflanzenfasern. Das so gereinigte Öl wird
in Flaschenkürbisse abgefüllt, es ist zum Gebrauch und Verkauf fertig. Sehr
rasch dickt es ein, wird aber bei nur geringer Erwärmung leicht wieder
flüssig. Das den Eingeborenen abgekaufte Palmöl wird von den weißen
Kaufleuten erst nochmals in großen Kesseln ausgekocht, in Fässer gefüllt und
auf die Schiffe verfrachtet.
Die Palmkerne, von denen das Fruchtfleisch entfernt ist, werden von
den Weibern und Kindern mit Steinen aufgeklopft, und der bläulich-weiße,
stark ölige Jnnenkern wird in Körben zum Verkauf angesammelt. Das sind
die sogenannten Palmkerne des Handels. Aus ihnen wird das Palmkernöl
gewonnen, aber niemals in Afrika, erst in Europa.
Noch eines der einheimischen Kulturgewächse berühre ich mit wenig
Worten: die Erdnuß. Die niedere, wickenartige Pflanze trägt Schotenfrüchte.
In einer Schote befinden sich zwei längliche Kerne, mit graubraunem
^ Häutchen überzogen. Sowohl roh als namentlich geröstet sind sie äußerst
wohlschmeckend, feiner als Haselnüsse. Sehr stark ölhaltig, liefern sie schon
unter leichtem Druck klares, reines Öl.
Das sind aus dem Pflanzenreich die Nahrungsmittel der Wald-
landstämme. Nach Franz Hütt er.
lb. Grffürmung von Üibafl.
Wunderbar scharf ausgeprägt sind in unserem Kamerun-Gebiete die
großen Terrassen, in denen das Land von der Küste ansteigt. Tief unten
erstreckt sich der dunkle Urwaldstreifen von der Küste bis an die Manen-
gnba-Berge, dann die erste Terrasse etwa 700 m über dem Meere, auf der
Jaunde- und die Wute-Ebene liegen; hier sind bereits bedeutende Erhebungen
ausgesetzt. Die zweite Terasse Joko-Tibati ist ungefähr 1000 m hoch; ein
Gebirge, das sie wieder abschließt, führt auf die letzte Terrasse, auf der
Ngaumdere liegt. Von hier geht es dann tief herab ins Bennetal. Ist im
Küstengebiet ausschließlich Urwald, der auch die erste Terrasse noch zum Teil
bedeckt, so ist von Joko ab die Bewachsnng eine gänzlich andere: Niedere
Grassteppe und Wald sind nur an den Wasserläufen zu finden. Uns wurde
der Blick nicht müde, wieder und wieder das sonnige Rundbild zu betrachten.
Wie die Wolken am Himmel dahinzogen, so eilten gespenstisch die Schatten
über die Ebene; wie weit, wie unendlich weit ist hier die Natur, wie klein
der Mensch in ihr!
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 72 —
von massigen Rücken und Graten, hinter denen sich in duftiger Ferne neue
Hochlandschaften auftürmen. Schon bedecken sich auch hier die schroffen Hänge
der Gebirge mit saftigen, kräuterreichen Bergweiden; die Ebenen zeigen das
Gepräge der Parklandschaft: wie grüne Inseln tauchen Baum- und Busch-
gruppen aus ihrem Grase empor.
Wer die sanften Hügelwellen des Damaralaudes, das Schluchtengewirr
der wildromantischen Bergländer der Hochebene von Rehoboth, wer die weiten
baumlosen Grassteppen des Namalandes sehenden Auges durchschritten hat,
der wird mit mir einer Meinung sein, daß diese Länder es verdienen, deutsch
zu sein.
Und doch ist Deutsch - Südwestafrika in seinem Hauptteil ein trocknes
Land. Mit Ausnahme der Grenzströme, des Knnene, Okavango, Sambesi
und Oranje finden sich nur periodische Flüsse, die in der Zeit der großen
Regen, vom Januar bis April, oft gewaltige Wassermassen führen, die jedoch
ebenso schnell abfließen, wie sie gekommen sind. Es liegt dies in dem Auf-
bau des Landes begründet, das von seinen ziemlich die Mitte des langgestreckten
Gebietes haltenden höchsten Erhebungen und Wasserscheiden in gewaltigen
Terrassen nach Osten und Westen abfällt. Die Flüsse haben daher meist
starken Fall. Hierzu kommt, daß ein Feuchtigkeitsersatz durch Niederschläge
in den meist völlig regenlosen Monaten Mai bis Dezember nicht eintritt, da-
gegen die Verdunstung infolge der innerhalb dieser Zeit immer mehr steigenden
Trockenheit der Luft außerordentlich groß wird. Lediglich in den in der
Ebene liegenden Teilen des Flußbetts oder dort, wo Felsenriffe das Bett
schneiden und die Wasser aufstauen, oder endlich in Löchern und Becken, die
sich häufig in den Flußbetten finden, hält sich offenes Wasser noch längere
Zeit nach dem letzten Regen. Da jedoch die Mehrzahl der größeren Flüsse
auch in der Trockenzeit unterirdisch, d. h. unter der oberen Sandschicht, schwach
strömendes Wasser führt, fo sind die Bewohner Südwestafrikas von jeher daran
gewöhnt, sich durch mehr oder weniger tief gegrabene Bruuuen die Schätze des
Grundwasserstroms zu erschließen. So ist, wenn auch Quellen (Fontänen)
und größere oder kleinere Teiche, meist Sammelstellen im Lehmboden, söge-
nannte „Vleys", sich über das ganze Land verstreut finden, doch die Mch^
zahl der Siedlungen an den Lauf der Flüsse gebunden. Durch diese für ganz
Südwestafrika gleichen Verhältnisse erklärt sich das Nomadenhafte seiner ein-
geborenen Völker und zum Teil auch der eingewanderten Weißen; der zum
größten Teil durch die Missionare erzeugte Drang nach festen Wohnsitzen
nötigte in der Zeit der beginnenden Seßhaftigkeit die Ansiedler, nach ganz
besonders günstigen Stellen des Landes zu suchen. Nur dort wurde die
Anlage fester Siedlungen möglich, wo zu jeder Zeit genug Wasser zur Er-
Haltung der Herden vorhanden war. So entstanden, zunächst unter dem Ein-
flnsse der Missionare, denen nach der Besitzergreifung des Landes durch die
Deutschen die Regierung, die Schutztruppe, die Ansiedler folgten, Gemeinden
an den Ortlichkeiten, die offenes Wasser besitzen. Bald jedoch ging man,
nach dem Beispiel der nahen Kapkolonie dazu über, den Wasserreichtum künstlich
zu heben. Der Brunnenbohrer und der Techniker erscheinen auf dem Plan,
und unter ihrer Hilfe bricht vom offenen Wasser aus der Farmer auf, um
durch die künstliche Schaffung von Wasser, durch Bohrungen und Damm-
bauten sich und seinen Herden Gebiete voll herrlichen Weidegrases zu erschließen,
die bis dahin infolge des Fehlens von Wasserstellen tot und unbenutzt da-
lagen.
I
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 107 —
der Toteninsel nach Norden die flcichen Kriks (Wasserarme), die mit Man-
grovebüschen bestanden, von Kokospalmen überragt, das Bild wirkungsvoll
abschließen.
Das große Krankenhans mit seinen weißen Gebauten und roten Ziegel-
dächern am Eingange des Hafens, der mächtige Zollschuppen an der Landungs-
brücke, die darüber vor dem hohen Ufer weit hinaus leuchtenden, stolzen
Bauten der großen Kaufhäuser und Regierungsgebäude, von saftigem Grün
umgeben, machen den allerangenehmsten Eindruck.
In dem Ruderboote des Herrn Bezirksamtmanns, der mich am Bord
des Dampfers willkommen hieß im deutschen Ostafrika, fuhr ich an Land.
Sein Maultiergespauu brachte mich in schneller Fahrt durch die prächtige
Strandstraße an den schönen Parkanlagen des Kaisergartens vorbei, zu der
sogenannten Boma, dem stattlichen Regierungsgebäude, das, uebeu der alten
von Wißmann erbauten, feftuugsartigen Boma, mitten in einem wunderbaren
tropischen Park gelegen, in den unteren Räumen die Bureaus der Regierung,
im oberen Stockwerk die luftigen Wohnungen des Bezirksamtmanns und
des Bezirkssekretärs enthält. Trotz ungewöhnlich hoher Tagestemperatur war
es auf der breiten Veranda mit dem herrlichen Rundblick über das Wasser-
becken des Häsens kühl und erfrischend, weil eine leichte Brise von der See
hereinwehte und den Aufenthalt unter dem schützenden Dache noch ange-
nehmer machte.
Ich bin kein Neuling in den Tropen und habe die Schönheit der
Farben und Formen tropischer Landschaftsbilder in den Bergen Mexikos und
Venezuelas, auf den paradiesischen Inseln der Karaibischen See vor Jahren
in wiederholten Reisen kennen gelernt, so daß mich die Üppigkeit tropischer
Vegetation, die anmutigen Formen der Palmen, die Farbenpracht der Blüten
und Büsche nicht wie manchen Neuling überwältigt. Aber ich muß es offen
gestehen, daß mich schon dieser erste Eintritt in unser deutsches Kolonialgebiet
anss angenehmste überrascht hat, und daß ich gern den Worten meines
liebenswürdigen Gastgebers glaubte, der aus seiner zehnjährigen Erfahrung
mit den begeistertsten Schilderungen der Schönheit und Entwicklungsfähigkeit
des großen Ländergebietes den Dank dafür aussprechen wollte, daß ich die
weite, beschwerliche Reise gemacht habe, um mit eigenen Augen zu sehen,
was hier an deutscher Kulturarbeit bereits geschaffen ist.
Nach einigen Stunden behaglichen Ansruheus und vortrefflicher, leib-
licher Verpflegung hatte ich dann 'am Nachmittage Zeit, die Stadt und ihre
nächste Umgebung kennen zu lernen.
Der Vergleich mit der eben verlassenen englischen Hafenstadt Mom-
bassa lag nahe; aber er muß unbestreitbar zugunsten der deutschen ausfallen.
Überall herrscht peinlichste Sauberkeit und Ordnung. Schöue gerade Straßen,
wohl gepflegt, mit prächtigen, schattenspendenden Alleebäumen bestanden,
führen uach allen Seiten hin. Große stattliche Kaufhäuser und Hotels sind
entstanden; auch die massiven zwei- und dreistöckigen Häuser der Inder sind
sauber getüncht und machen einen guten Eindruck. Weit und luftig in schönen
Gärten liegen die Wohnhäuser der Europäer. Eine große Markthalle auf
dem etwas sonnigen Marktplatze bietet den zahlreichen schwarzen Verkäufern
und Käufern heimischer Landesprodukte Schutz gegen die sengenden Sonnen-
strahlen. Ein Teil der Halle war von der Gemeinde zur Aufstellung einer
Anlage zum Entkernen der Baumwolle mit Dampfbetrieb hergegeben, die ich
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Geschlecht (WdK): koedukativ
— 138 —
klar indes ist die Aussicht in der Frühe bald nach Sonnenaufgang. Zu
dieser Zeit ist daher der Berg am besten zu betrachten. Die einzelnen Vege-
tationszonen, die Felsen, Gletscher und Schneefelder können vor allem mit
einem guten Fernglase genau unterschieden werden.
Wie eine Insel hebt sich das frischgrüne Kilimandscharo-Gebirgsland,
das eine Fläche bedeckt, die den Harz bei weitem an Unfang übertrifft, aus
der gelbbraunen Steppe heraus. Der Fuß desselben beginnt ungefähr auf
einer Höhe von 900 m über dem Meeresspiegel. Der Gebirgsstock besteht
aus Tuffen, Basalten, Trachyten, Asche und Lavamassen und bildet so eine
der gewaltigsten vulkanischen Aufschüttungen der Welt. Die Bergmasse, deren
Sattelkamm eine Höhe von etwa 4400 m hat, läuft in zwei Spitzen, Kibo und
Mawensi, aus, von denen die westliche, Kibo, mit ewigem Schnee und Eis
bedeckt ist, die östliche, Mawensi, jedoch sich nur vorübergehend im Schnee-
gewande zeigt. Der Kibo erhebt sich bis zu einer Höhe von 6000 m, der
Mawensi bis 5300 m. — Der erste ist domartig gewölbt. Ungeheure
Gletschermassen füllen seinen etwa 2 km im Durchmesser betragenden Krater
aus und bekleiden die Außenwände der Kuppen, wobei sie 600 m tief, von
der Spitze gerechnet, herabhängen. — Der Mawensi ist sonderbar zerklüftet
und fällt in wildzerrissenen Fetswänden jäh ab, weswegen sich der Schnee
nicht lange darauf halten soll. Trotzdem habe ich während der ganzen Daner
meines Aufenthaltes im Kilimandscharo-Gebiet bestimmt begrenzte Schneefelder
auf ihm sehen können.
Nach allen Seiten stürzen vom Kilimandscharo Gewässer herab, seine
Hänge in Landschaften zerlegend, die durch tief eingerissene Schluchten ge-
trennt sind. — Der Berg hat die Eigenart, daß er alle Klimazonen der Erde
um sich vereinigt. Während sein Fuß auf dem sonnendurchglühten Boden
von Aqnatorial-Afrika steht, erhebt sich sein Haupt in die Eisluft der Polar-
gegenden. Seine Pflanzendecke zeigt Vertreter aller Regionen, von den
Palmen und Bananen der Tropen an bis zu den Flechten und Moofen der
Welt des ewigen Eises. Wenn man, aus der Steppe kommend, den Berg
hinaufsteigt, so trifft man im allgemeinen bei einer Höhe von 900 m auf
Busch, bei 1100 m auf Kulturland, bei 1700 m auf Hochwald, bei 3000 in
auf Bergwiesen, bei 3900 m auf Heidekraut und Gestrüpp und bei 4700 m
auf die Schneegrenze, über die hinaus sich nur noch Steinflechten vor-
finden.
In einer Höhenlage von 1100 bis 1700 m zieht sich von Osten nach
Westen ein Gürtel bebauten Landes um den südlichen Teil des Kilimand-
scharos herum. Wie an den noch zahlreich stehen gebliebenen Bauminseln
zu sehen ist, liegt dieses Kulturland zweifellos schon auf dem Grund und
Boden des Hochwaldgürtels, dessen Bestünde hier vor langen Zeiten gefällt
sein mögen. Die einzelnen Landschaften werden von je einem der verschie-
denen Wadschaggastämme bewohnt, die unter besonderen Häuptlingen stehen.
Die Wadschagga leben nicht in Dörfern, fondern familienweise auf ihren
Bauerhöfen. Sie bauen hauptsächlich Bananen, Bataten, Tomaten, Mais,
Hülsenfrüchte und Zuckerrohr. Da der Boden des Kilimandscharo-Gebiets
seines vulkanischen Ursprungs wegen sehr fruchtbar ist, und die Wadschagga
es verstehen, die zahlreichen Gießbäche zur Berieselung ihrer Felder anszu-
nützen, sind die Lebensbedingungen daselbst sehr günstige. Neben dem Acker-
bau betreiben die Wadschagga mit Vorliebe Viehzucht, wobei nur Stall«
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Geschlecht (WdK): koedukativ
— 145 —
Die Provinz Schantung zählt auf einem Gebiete, das etwa die Hälfte
der Bodenfläche des Königreichs Preußen einnimmt, gegen 45 Millionen
Menschen. Die Bevölkerungsdichtigkeit ist also etwa dreimal so stark wie
diejenige Preußens. In Wirklichkeit aber drängten sich die Leute iu der Ebene
von Schantung noch viel mehr zusammen, weil in den Gebirgen naturgemäß
nur eine spärlichere Bevölkerung wohueu kann. Alle diese Leute sind für
die Gewinnung ihres Unterhalts fast ausschließlich auf deu Ackerbau ange-
wiesen, und betreiben ihn mit einer Sorgfalt und einer Gründlichkeit, der ich
kaum Ähnliches an die Seite zu stellen weiß. Jeder Fußbreit irgendwie be-
nutzbaren Bodens ist aufs sorgfältigste angebaut; selbst an den kahlen Berg-
abhängen steht man Terrassen, wo die Pflanzerde hinaufgetragen und durch
kleine Steindämme befestigt wird, um schmale Beete für Zwiebeln herzustellen.
Jetzt sehen wir im ganzen Lande, soweit das Auge reicht, das erquickliche
Grün der jungen Weizenfelder, deren Saaten wir drei Wochen später bei
der Rückkehr schon halbmeterhoch aufgeschossen stnden. Als zweite Frucht
wird vielfach Hirse gebaut, deren zolldicke, 3 bis 4 m hohe Stengel zu Um-
zäunungen und Dachbedeckungen und zur Herstellung kleinerer Gebäude be-
nutzt werden; daneben werden massenweise Hülsenfrüchte, namentlich Bohnen,
ferner auch Kohl, Rüben oder Kartoffeln gezogen.
Es war ein erfreulicher Anblick, das lebendige Treiben auf diesen Frucht-
gestlden wahrzunehmen. Es hatte in den ersten Tagen unserer Reise geregnet
an einem Tage sogar geschneit, und die Chinesen, die die Nässe sehr scheuen
hatten in ihren Häusern gehockt. Jetzt kamen warme und sonnige Tage, und
nun quoll aus der Hütten bedrückender Enge ein Menschengewimmel hervor,
das sich blitzschnell über das ganze Land ergoß. Überall sahen wir die Feld-
arbeiter die dicken Winterkleider abwerfen und die braunen Oberkörper mit
Vergnügen den langentbehrten Sonnenstrahlen preisgeben. Auch die Kinder,
die in ihrer dicken, gesteppten Winterhülle fast bewegungslos wie ihre
kleinen Götzenbilder vor den Häusern gesessen hatten, schlüpften jetzt aus dieser
Verhüllung heraus und hüpften in fröhlicher Unbefangenheit umher. Allent-
halben wurde das Ackergerät hinaus geschafft; dreispännig sahen wir Pferd,
Ochs und Esel, oder auch Maultier, Rind und Esel vor dem Pfluge gehen.
An der Feldbestellung beteiligt sich die ganze Familie. Auch die Bauersrau
hilft trotz ihrer verkrüppelten Füße beim Ausjäten oder bei leichteren Hack-
arbeiten. Sie reicht dem braunen Gatten, der im Schweiße seines Angesichts
mit der schweren Hacke die Schollen des Gartenlandes aufbricht, die Pflanzen
zum Einsetzen dar, oder sie hantiert an den kleinen hölzernen Stauwerken
herum, welche den Zufluß des Wassers in den Berieselungsgräben regeln.
Dr. Fischer.
4. Der ßafen von ölngfciu.
Der große Kreuzer „Fürst Bismarck" hatte seine Südreise vollendet.
S. M. S. Fürst Bismarck, das augenblicklich stolzeste deutsche Kriegsschiff in
Ostasien, kam aus Niederländisch-Jndien zurück. Alle paar Jahre sagt ein-
mal ein deutsches Kriegsschiff den Holländern auf den Snndainfeln und
unfern deutschen Landsleuten unter ihnen guten Tag. Sumatra hatte das
Kolonial-Lesebuch. i q
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel]]
TM Hauptwörter (100): [T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus], T28: [Blatt Blüte Pflanze Baum Wurzel Frucht Stengel Zweig Erde Samen], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne]]
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Von den Früchten der Urwaldbäume werden nur wenige von den Ein-
geborenen gegessen; sie dienen größtenteils nur den fliegenden Hunden und
Vögeln zur Nahrung und fallen ab und werden am Boden von Wildschweinen
und Kasuaren verspeist. Nur vereinzelt findet man mitten im Walde die
eigentlichen Fruchtbäume der Eingeborenen, wie Brotfruchtbäume, Malaiische
Apfel und Kaddeuge, eine Art Kirschen u. a. m. Wahrscheinlich sind die
Samen von Vögeln dahin verpflanzt worden.
Die Blütenentwicklung der Waldbäume fällt wenig ins Auge, und ein
Vergleich mit unseren blühenden Frnchtbänmen im Frühjahr würde zugunsten
dieser ausfallen. Unvergleichlich schön ist aber der Anblick blühender Schling-
pflanzen am Saume des Waldes, die die ganze Krone eines Baumes wie
mit einem schneeigen Netze und scharlachroten Teppich überspannen.
So heiter uns der Urwald erscheint bei hellem Wetter, wenn einzelne
Sonnenstrahlen durch das dichte Laubdach dringen und aus den zitternden
Blättern des Unterholzes ihr Licht- und Farbenspiel treiben, so unbeweglich
ist es darin bei bedecktem Himmel und Regenwetter. Am freudigsten stimmt
der Urwald am Morgen und des Abends einige Zeit vor dem Untergange
der Sonne. Da herrscht Leben über uns im Laubgewölbe und unten am
Boden im Halbdunkel. Ein sanftes Wehen zieht durch das Baumgewirr,
das Blattwerk glänzt, und auf den Blättern funkeln die Tautropfen. Papa-
geien, in den verschiedensten Farben schillernd, und weiße Kakadus flattern
kreischend über den Wipfeln; große bunte Tauben girren und halten behaglich
im nächsten Gipfel eines Fruchtbaumes ihr Frühstück; mächtige Nashorn-
Vögel fliegen geräuschvoll auf und lassen schmetternd ihren Ruf ertönen. Ganz
in unserer Nähe am Boden lockt und scharrt das Buschhuhn Von dem
Gipfel eines riesigen Ficus ertönt nach kurzen Pausen das hohle, furchter-
regende „Huhn", der Kamukelster, das dem Gebell des Hundes ähnlich ist.
Freilich fehlt es an Singvögeln, die den Wanderer mit ihren Weisen zur
Freude stimmen und in der menschlichen Seele frohe Empfindungen wecken.
Das Waldkonzert ist mehr ein mutwilliges Lärmen, eine übersprudelnde
Lebenslust, die auf die Dauer die Nerven reizt.
Je höher die Sonne steigt, desto mehr nimmt das Leben im Walde
ab. Düstere Schwüle brütet überall. Die Vogelwelt hat ihr Konzert ab-
gebrochen und hält sich nun in den Laubkronen verborgen; nur die Myriaden
von Insekten, Zikaden, Grillen, Bienen, Wespen usw. zirpen, surren und
pfeifen weiter. Endlich, wenn die Sonne im Westen steht, atmet die Tier-
und Vogelwelt wieder auf und unterbricht die Ruhe und Stille, die während
der heißen Tageszeit im Walde geherrscht hat.
Düster und schweigend sind die Nächte im Urwald. Totenstille überall;
es regt sich kein Hauch, nur der nahe Wildbach rauscht und tost, und von den
zahllosen Insekten erhebt das eine oder andere seine Stimme. Erst nach
Mitternacht erwacht die Vogelwelt. Der Kau, ein Vetter unseres Kuckucks,
doch größer an Gestalt und von vornehmen Bewegungen, beginnt zuerst sein
Morgenlied: „Kiak, kiak, kiak", und wiederholt es so lange, bis bei eintre-
tender Morgendämmerung die übrigen Vögel sich dem Konzert anschließen.
Furchtbar aber wird der Aufenthalt im Urwald, wenn ein Gewitter
über ihm steht, wenn unheimliches Dunkel ihn überzieht und schreckliche
Donnerschläge rollend widerhallen, wenn der Wind einsetzt und die Wald-
riesen schüttelt, daß sie ächzen und sich beugen. Doch schreckenerregender als
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ein Gewitter ist der Losbruch des Nordwestmonsuns, wenn der Himmel
ringsum mit grauen Wolken verhüllt ist, und der Sturm und Regen Tage
und Nächte ohne Unterbrechung anhält. Mit gewaltigen Zorne stürmt er in
die dichten Laubkronen und zerrt sie hin und her und reißt ihre Blätter ab.
Morsche Äste und Zweige, mit prächtigen Schmarotzerpflanzen geschmückt,
fallen dumpf dröhnend herab, Baumkronen brechen, Bäume werden entwurzelt
und hauen sich dröhnend beim Falle in den Boden. Dabei herrscht ein Ge-
töse, Sausen und Rauschen, daß man in dem allenthalben herrschenden Auf-
rühr kaum weiß, wohin sich wenden. Eine Unzahl Bäume fällt so dem
ersten Anstürme des Nordwests zur Beute. Aus dem wilden Gewirre gestürzter
Bäume ragt hier und da ein kronenloser Stamm hervor, an dem zerfetzt die
Schlingpflanzen herabhängen. Dazwischen prasselt unaufhörlicher Regen her-
nieder und macht die Fußpfade zu Pfützen. Wer nicht gerade vom Orkan
überrascht wird, und wen nicht dringende Geschäfte treiben, der wagt sich
nicht in den Urwald, wo alsdann die Natur in Ausruhr ist und der Tod
von allen Seiten droht. Nach Tagen und Wochen langer.stürme sieht es
im Walde wie auf einem Schlachtfelde aus. Bäume und Äste liegen kreuz
und quer übereinander gebettet und versperren den Weg. Doch die Wunden
vernarben fchuell. Ein Monat genügt, um das Totenfeld wieder zu beleben,
ein Beweis von der unversiegbaren Kraft der tropischen Natur.
P. Roscher.
14. Der Kcifucir.
Der Kasuar ist über ganz Baining verbreitet, und zwar nicht nur in
den bewaldeten Ebenen und auf den Vorbergen, sondern auch auf den
höchsten Gipfeln kann man feine Spuren verfolgen. Sein gewöhnlicher
Aufenthaltsort ist der dichte Busch; die Grasflächen meidet er, da er in
letzteren seine Nahrung nicht findet und auch der Sonne zu sehr ausgesetzt
wäre. Über Tag, wenn die Sonne hoch steht, sieht man ihn selten. Am
häufigsten begegnet man ihm des Abends und in der Frühe. Er schreitet
meistens langsam, bedächtig und gebückt dahin. Mir ist es schon vorge-
kommen, daß ein Kasuar einige Meter vor mir über den Weg schritt, ohne
mich zu bemerken. Sieht er sich aber beobachtet, so steht er mit hoch ans-
gerichtetem Halse fast eine Minute unbeweglich, betrachtet stolz den Menschen,
stößt dann plötzlich eigenartige dumpfe Schreie aus und flüchtet in das
Dickicht. Ich habe oft Gelegenheit gehabt, Kasuare anzutreffen, doch habe
ich niemals feststellen können, daß er in „Trupps" von 3—7, wie behauptet
worden ist, umherstreift. Gegen 200 Kasuare, die ich während meines neun-
jährigen Hierseins im Walde beobachtet habe, begegneten mir einzeln. Der
Kasuar legt seine zwei bis drei großen grünen Eier am Fuße von Bäumen
mit großen Strebewurzeln. Zum Nestbau gebraucht er nur etwas Reisig.
Während der Brutzeit erlegen die Eingeborenen manchen Kasuar. Die Eier
öffnen sie an beiden Enden, blasen den Inhalt auf ein Blatt und kochen ihn.
Die Eierschalen werden beim Tanze zum Schmucke der Lanzen gebraucht. In
Nord- und West-Baining werden die Kasuare meistens mit Hunden anfge-
trieben und mit Speeren getötet. Die Kasuarjagd ist gefährlich und wird
deswegen nur von solchen ausgeübt, die besonders geschickt in der Hand-