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Vom Dresdner und Leipziger Kreise steigt das Land allmählich
an, erhebt sich wellenförmig, in stetem Wechsel von Berg und Tal,
bis zu den höchsten Punkten an Böhmens Grenze. Es ist reich an
Naturschönheiten aller Art, aber auch an Gegenden, wo nur düstere
Wälder und kahle Bergrücken dem Auge sich darstellen, wo kein Sing-
vogel nistet und nur selten eine Biene summt, weil sie den Rauch der
Hammer- und Schmelzhütten flieht; wo keine Rebe prangt, wenig Obst
und selten Korn gedeiht und wo gewiß Unzählige sterben, die nie eine
Pfirsiche oder eine Weintraube gesehen, geschweige denn gekostet haben.
Ausgedehnte Waldungen bedecken besonders die höheren Gegenden,
so daß sie von ihrem Überfluß an Holz den niederen Gegenden abgeben
können, denen dasselbe auf den Eisenbahnen zugeführt wird. Schmackhafte
Pilze, vor allem aber eine Fülle der würzigsten Beeren gedeihen auf
dem Waldboden, und Hunderte von Menschen kommen oft aus der
Ferne her, um diese zu lesen. Heidelbeeren werden, wo sie am üppigsten
stehen, nicht gepflückt, sondern mit Holzkämmen abgekämmt und gleich
den Preißelbeeren in das Niederland verfahren.
Die unebene Gestalt der Oberfläche, die Magerkeit und der Stein-
reichtum des Bodens erschweren den Ackerbau, und das rauhe Klima
vereitelt in den höchsten Gegenden nicht selten alle Mühe des Land-
manns. Oft mit unglaublicher Anstrengung sucht der arme Erzgebirger
der Erde gleichsam abzuzwingen, was sie ihm versagt. Bergabhünge,
auf denen der Pflug nicht mehr gehen kann, bestellt er mit der Hacke;
mit Zentnergeduld liest er jedes Jahr aufs neue die Steine von den
Feldern, und wie manches Mal wird ihm trotz alledem nur eine dürftige
Ernte zu teil. In den rauhesten Lagen erbaut er zu seiner Nahrung
nur Hafer und Kartoffeln. Letztere find die wahre Brotfrucht des Erz-
gebirges, von der der Arme den größten Teil des Jahres lebt. Zum
Frühstück, Mittag- und Abendbrot erscheint regelmäßig dieselbe Schüssel
mit Kartoffeln auf dem Tische; gar oft zählt man die Kartoffeln den
Kindern wie Leckerbissen zu, und sich daran satt essen zu können, ist
mancher Familie wahre Erquickung. In neuerer Zeit hat sich zwar
der erzgebirgische Ackerbau vervollkommnet, so daß nicht allein Korn
bis hoch in das Erzgebirge hinaus sondern in geschützteren Lagen selbst
Weizen und Ölfrüchte mit gutem Erfolge gebaut werden. Nichts-
destoweniger bedarf der Bezirk, um seine dichte Bevölkerung zu er-
nähren, bedeutender Getreidezufuhren, namentlich aus Bayern, Böhmen
und dem Leipziger Bezirke. Der erzgebirgische Wiesenbau sucht
seinesgleichen, zumal nach dem Vorgänge des Staates, der einzelne
Niederungen in Kunst- und Wässerwiesen verwandelt hat, auch
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
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258
175. Die Hörnerschlittenfahrten im Riesengebirge.
Ein Vergnügen eigner Art gewähren im Riesengebirge die
Hörnerschlittenfahrten, die besonders an zwei Stellen,
im Westen des Gebirges von den Bibersteinen und am
Ostende von den Grenzbanden herab, ziemlich häufig unter-
nommen werden. Schliessen wir uns einmal in Gedanken einem
Schlittenzuge nach den Grenzbauden an, der seinen Ausgang
von Hirschberg nach Schmiedeberg hin nimmt.
Hier müssen wir unsere Schlitten verlassen und uns eines
von den hier bereit gehaltenen Fahrzeugen mieten. Dies sind
gewöhnliche Schlitten, wie man sie zum Anfahren des Holzes
gebraucht; die Kufen biegen sich aber am Vorderteile wie
Hörner aufwärts, daher der Name Hörnerschlitten. Notdürftig
zur Beförderung von reiselustigen Personen hergerichtet, ent-
behren sie natürlich aller Bequemlichkeit der Schlitten , deren
man sich sonst zu Lustfährten bedient. Vor jedem dieser Hörner-
schlitten ist ein Pferd gespannt, auf dem Fahrzeuge selbst aber
nehmen zwei Personen Platz. Das gibt dann einen sehr langen
Zug, wenn eine zahlreiche Gesellschaft diese Vergnügungsfahrt
unternimmt. Langsam, Schritt vor Schritt, geht es nun hinter
Schmiedeberg den steilen Gebirgshang hinan; die Reisenden
sitzen mit dem Rücken dem Kutscher und dem Pferde, mit dem
Antlitze aber dem Hirschberger Tale zugewandt. Der Genuss
steigert sich mit jedem Schritte vorwärts. Je höher wir hinauf-
gezogen werden, um so mehr erweitert sich der Blick in das
Tal, bis wir es endlich in seiner ganzen Ausdehnung mit seinen
zahlreichen Höhen und Ortschaften, eingehüllt in das reine Ge-
wand des Schnees, vor uns ausgebreitet sehen. Nach einiger
Zeit nimmt uns ein Gebirgswald auf. Wer ihn nur im Sommer
gesehen hat, kennt ihn nicht wieder. In schmaler, tiefer Furche
schleicht unser Fahrzeug den sich schlängelnden Weg hinauf,
zu beiden Seiten an den seltsamsten Schneegestalten vorüber.
Da steht ein steifer Herr mit einer Riesenperücke, dort ein
riesiger Eisbär und daneben ein gewaltiger weifser Adler, lauter
verzauberte Baumgestalten. Die feinen Eisnadeln, die sich bei
feuchten Winden an die kalten Zweige anhängen, schmücken
als Fransen aus Tausenden von kleinen Brillanten die Baum-
kronen, von denen ein unbeschreiblicher Glanz ausstrahlt. Unter
solchen Reizen wird uns die Bergfahrt bis hinauf zu den Grenz-
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Unter dem Eispanzer, welcher dem Flusse angezwängt worden ist,
herrscht das reichste Leben; denn das Wasser hat einen so hohen Grad
Wärme, als zur Erhaltung des tierischen und pflanzlichen Lebens in
ihm notwendig ist. Und die schützende Eisdecke hält die Wärme zurück;
sie läßt sie nicht durch.
2. Während uns also der scharfe Ost eisig anweht und mancher
arme Mann schwer unter den Unbilden des Winters leiden muß, da
er nichts hat, sich gegen sie zu schützen, so sind die Fischlein auf des
Flusses Grund und viele andere Wasserbewohner gar munter und wohl-
gemut; für sie gibt es eigentlich gar keinen Winter. Sie kennen nicht
Mangel noch Not. Die Fischlein haben einen stets gedeckten Tisch;
sie macheil sich über das Heer der Wasserinsekten und deren unzählbare
Larven her und räumen unter ihnen gar gewaltig auf, verzehren auch
wohl dann und wann, wenn es sich eben schickt, ihresgleichen und machen
sich kein Gewissen daraus. Und lvo sich Wasserbewohner finden, denen
es im Wasser kärglich ergehen möchte, die verschlafen die böse Zeit.
Sie haben sich weich in den Schlamm gebettet und warten, bis der
Frühling sie weckt. Den Wasseranwohnern, Fischotter, Eisvogel u. s. w.,
die als ehrsame Fischersleute ihr Dasein fristen, ergeht es im Winter
nicht besonders gut. Der Fischotter braucht zwar keinen Mangel zu
leiden, und gegen die Kälte ist er durch seinen dichten Pelz geschützt;
aber er möchte seine Jagdpartien auf dem festen Lande nicht ganz
einstellen, und dann zeigt der Schnee seine Spur und verrät dadurch
seinen Bau, und so fällt er nicht selten dem Jäger zur Beute. Der
Eisvogel erliegt im strengen Winter, wo auch schnellfließende Bäche
zufrieren, nicht selten dem Hunger. Besser ergeht es seiner Genossin
im Fischereigewerbe, der Wasseramsel. Sie hält sich an Wehren,
Schleusen u. s. w. auf, wo der Fluß offene Stellen hat. Selbst bei
der bittersten Kälte ist das Vöglein wohlgemut und läßt sein fröhliches
Lied erschallen, als ob es uns zurufen wollte:
„Und dräut der Winter noch so sehr
mit trotzigen Gebärden,
und streut er Eis und Schnee umher —
es muß doch Frühling werden!"
Das rufen uns auch die Holzgewächse am Bache und Teiche zu,
die Weiden und Erlen. Von ihren Zweigen winken uns, warm ver-
hüllt, die Winterknospen entgegen. In ihnen schlummern die Blätter
und Blüten und Zweige. Und wenn dann der Friihling einzieht,
öffnen sich die kleinen Knospenschreine, und die Winterschläfer gehen
daraus hervor. Am meisten eilt sich damit die Erle. Sie ist unter
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4. Das wäscht dein Kleid mit Tau so rein
und trocknets in dem Wind
und bleicht es in dem Sonnenschein
und schmückt sein Blumenkind.
5. Du schöne Lilie auf dem Feld,
in aller deiner Pracht
bist du zum Vorbild mir gestellt,
zum Lehrer mir gemacht.
6. Du schöne Lilie auf dem Feld,
du kennst den rechten Brauch.
Du denkst: Der hohe Herr der Welt
versorgt sein Blümchen auch. Spitta.
203. Die Amsel.
Die Amsel ist vor allen Vögeln leicht zu erkennen. Das Gefieder
ist gleichmäßig schwarz, und nur der Schnabel und der Rand der
Augenlider sind hochgelb.
Besonders gern wohnt sie in Nadelholzwaldungen, die von einem
Wässerchen durchflossen werden; doch ist sie auch in größeren oder
kleineren Baumgehegen zu finden, welche viel Unterholz haben. Ge-
wöhnlich verweilt sie jahraus, jahrein in der Gegend, welche sie sich
zum Wohnorte ausgesucht hat.
Sie ist ein munterer Vogel; vom frühen Morgen bis zum
späten Abend sieht man sie in fast ununterbrochener Bewegung, kaum
daß die Glut des Mittags ihre Tätigkeit hemmt. Auf dem Boden
springt sie in großen Sätzen gewandt umher. Bemerkt sie etwas Auf-
fälliges, so schnellt sie den Schwanz nach oben und zuckt gleichzeitig
mit den Flügeln nach unten. In den Zweigen hüpft sie ebenfalls
rasch und sicher, besonders gewandt aber ist sie im Durchfliegen der
dichtesten Gebüsche und weiß die behendesten Wendungen mit großer
Fertigkeit auszuführen. Größere Entfernungen durchmißt sie, indem sie in
langen Absätzen gleichsam über den Boden dahinschießt und die Flügel dabei
nur wenig bewegt. Auch ein kluger Vogel ist sie. Dem Menschen
traut sie nie vollständig, so oft sie auch seiner Wohnung nahe kommt;
aber sie unterscheidet recht wohl zwischen gefährlichen und ungefähr-
lichen Leuten, sie läßt den Hirten näher an sich herankommen
als den Jäger. Im Walde wird sie zur Warnerin, auf welche
nicht bloß ihre Vettern, sondern auch andere Vögel, selbst Säuge-
tiere achten.
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nach Süden und etwa ebenso lang von Osten gen Westen, von Ülzen
bis in die Gegend von Verden hin.
Gesellig stehen dicht nebeneinander die kleinen Büsche des Heide-
krautes mit ihren holzigen, zähen Stengeln und zierlichen Zweiglein
und kleiden die Erde meilenweit in ein eintöniges, ernstes Gewand.
Doch ist die graubraune Fläche im Hochsommer, wo die Heide ihre
hübschen, meistens rosenroten Blütchen entfaltet, von einem rötlichen
Schimmer tiberhaucht.
Weithin ist Einsamkeit und Sülle. Stundenlang können wir
wandern, ohne etwas anderes zu sehen als den Himmel über unserm
Haupte und die Heide zu unseren Füßen. Uns erfreut weder der An-
blick eines Menschen noch einer menschlichen Wohnung. Kein freund-
liches Bächlein rauscht an uns vorbei, kein Teich spiegelt uns heiter
den blauen Himmel wieder, keine Anhöhe bietet unserm Auge eine an-
genehme Abwechselung. Endlich treffen wir auf einige verkrüppelte
Kiefern, die auf dem dürren Boden mühsam fortleben, oder ans einzelne
Wacholderbüsche, zwischen deren Nadelzweigen vielleicht die Heidlerche
ihr Nest gebaut hat. Wir wandern weiter. Sieh, da erscheint eine
Herde kleiner weißer oder schwarzer Heidschafe, die, weit voneinander
zerstreut, genügsam ihre Nahrung sich suchen. Bei ihnen sitzt ans
einem Baumstumpfe der Schäfer in seinem weißwollenen Mantel
und strickt.
Doch nicht überall zeigt die Lüneburger Heide uns ein solches
einförmiges Bild. Zwischen den weiten Heideflächen ziehen sich auf
lange Strecken hin Waldungen von Kiefern oder Fichten, und wo der
Boden weniger sandig und dürr ist, laden auch Birken und andere
Laubbänme den Wanderer ein, in ihrem Schatten auszuruhen. Es gibt
inmitten der Heide auch Gegenden, wo Quellen sprudeln und Bäche und
Flüßchen sich hinwinden. Da sind die Gewässer eingefaßt von den
breiten Bändern frischgrüner Wiesen; da liegen zwischen Feldern und
Grasflächen nette Dörfchen, halb versteckt von Erlengebüsch und kräftigen
Eichen oder Buchen.
Der Mensch weiß auch dem mageren, unfruchtbaren Boden der
Heide das Nötige für seinen Bedarf abzugewinnen. Die an manchen
Stellen zerstreuten Granitblöcke müssen hier und da zum Bau der
inenschlichen Wohnungen dienen. Einen ganz bedeutenden Ertrag liefert
das Einsammeln der Heidel- und Preißelbeeren. Viele Tausende von
Zentnern werden alljährlich von diesen Früchten nach allen Seiten hin
versandt. In der Nähe der Dörfer breiten sich meistens Felder mit
Buchweizen aus. Man baut wohl bei den Dörfern außer Kartoffeln
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Nahrung schöpfen können. Hier und da liegen die Steine, gleichsam
ein Tor bildend, übereinander, und oben darauf stehen die Bäume,
die nackten Wurzeln über jene Steinpforte hinziehend und erst am Fuße
derselben den Boden erfassend, so daß sie in der freien Luft zu wachsen
scheinen. Und doch haben sie sich zu jener gewaltigen Höhe empor-
geschwungen und stehen, mit den umklammerten Steinen wie zu-
sammengewachsen, fester als ihre bequemen Schwestern im Forstboden
des flachen Landes. Auf den Zweigen der Tannen kletterten Eich-
hörnchen, und unter denselben spazierten die rotbraunen Hirsche.
Allerliebst schossen die goldenen Sonnenlichter durch das dichte
Tannengrün. Eine natürliche Treppe bildeten die Baumwurzeln. Überall
waren schwellende Moosbänke, denn die Steine sind fußhoch von den
schönsten Moosarten wie mit hellgrünen Sammetpolstern bewachsen.
Hier und da sieht man, wie das Wasser unter den Steinen silberhell
hinrieselt und die nackten Baumwurzeln und Fasern bespült. An manchen
Orten sprudelt das Wasser aus den Steinen und Wurzeln stärker her-
vor und bildet kleine Wasserfälle. Da läßt sichs gut sitzen. Es
murmelt und rauscht so wunderbar; die Vögel singen; die Bäume
flüstern wie mit tausend Zungen; wie mit tausend Augen schauen uns
die seltsamen Bergblumen an, sie strecken nach uns aus die wunder-
samen, breiten, drollig gezackten Blätter; spielend flimmern hin und her
die lustigen Sonnenstrahlen; die sinnigen Kräutlein erzählen sich grüne
Märchen: es ist alles wie verzaubert, es wird immer heimlicher und
heimlicher.
Je höher man den Berg hinaufsteigt, desto kürzer, zwerghafter
werden die Tannen. Sie scheinen immer mehr und mehr zusammen-
zuschrumpfen, bis nur Heidelbeersträucher und Bergkräuter übrigbleiben.
Da wird es auch schon fühlbar kälter. Die wunderlichen Gruppen der
Granitblöcke werden hier erst recht sichtbar. Diese sind oft von er-
staunlicher Größe. Das mögen wohl die Spielbälle sein, welche die
bösen Geister einander zuwerfen in der Walpurgisnacht, wenn hier die
Hexen auf Besenstielen und Mistgabeln einhergeritten kommen. In der
Tat, wenn man die obere Hälfte des Brockens besteigt, kann man sich
nicht erwehren, an die ergötzlichen Blocksberggeschichten zu denken. Es
ist ein äußerst anstrengender Weg, und ich war froh, als ich endlich
das langersehnte Brockenhaus zu Gesicht bekam. Heine.
171. Die Rotztrappe.
1. In jenen finstern Zeiten, wo noch Riesen und Zwerge und
Zauberer auf der Erde wohnten, hauste im Böhmerwalde ein Recke,
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295
200. Das Kornfeld.
1. Wer zwischen Kornfeldern aufgewachsen ist, der vergißt ihr
Rauschen und Wiegen und Wogen sein lebelang nicht. Sie sind gleich-
sam trockene Meere, in deren Fluten der Hase und das Rebhuhn
untertauchen und über dem statt schreiender Möwen singende Lerchen
schweben. Hat das Kornfeld nun die Einförmigkeit und den gleich-
mäßigen Wogenschlag des Meeres, so birgt es gleich diesem auch Reich-
tum und Schönheit in sich. Lauter Brot ist es, das in ihm Wellen
schlägt, und bei näherer Betrachtung wird das fortwährende Einerlei
schlanker Ähren durch manches anmutige Zwischenspiel unterbrochen.
Die Kornblume, der Rittersporn, die rote Rade und der Feldmohn
schimmern leuchtend aus dem einförmigen Ährenwerke hervor. Und wie
niedliche Wendeltreppen baut nicht die Ackerwinde mit den weißen,
rosa angehauchten Blüten, wenn sie sich zierlich an einem Halme bis
zur Ähre emporringelt! Niedrig auf dem Boden treibt sich ein zahl-
reiches Geschlecht winziger Pflänzchen umher, welche man erst recht zu
Gesicht bekommt, wenn das Korn abgemäht ist, eine wunderliche, aller-
liebste Stoppelgesellschaft. Da sind winzige Stiefmütterchen mit feinen,
blaßgelben Gesichtern, Ackervergißmeinnicht, so klein und zierlich, daß
sie als Erinnerungszeichen gar nicht mehr zu brauchen sind, außerdem
allerlei Kriechwerk mit weißen, blauen und leuchtend roten Sternchen.
Diese bunte Herrlichkeit, welche dem Städter Ausrufe des Entzückens
entlockt, ist dem Landbebauer lästiges Unkraut, welches er gern mit
Stumpf und Stiel vertilgen möchte. Sein größter Stolz ist ein ganz
reines Feld, auf dem nichts weiter wächst als die körnerreichen Ähren
und zwar möglichst dicht.
2. Welch ein geschäftiges, kleines Volk treibt sich zwischen den
Halmen herum! Ist nicht das Schwirren der Grillen und das Wetzen
der grünen Heuschrecken untrennbar von einem Kornfelde? Obgleich
die Natur der Heuschrecke eine große Beweglichkeit verliehen hat, so ist
ihr Benehmen, wenn sie an einem Halme kriecht, doch äußerst würdevoll
und bedächtig. Plötzlich jedoch macht sie einen ungeheuern Satz und
fitzt dann an einem andern schwankenden Stengel mit einer so ernst-
haften Miene da, als ob sie es gar nicht gewesen sei. Mit diesem
spaßhaften Beinkünstler ist die verdrießliche Grille verwandt, welche ein
kleines Erdloch bewohnt und im Sonnenschein gern ans ihrer: Haustür
guckt und Musik macht.
3. Besonders lebhaft geht es auf dem schmalen Feldraine zu, wo
allerlei vergnügliche Blumen, die niemals im Kornfelde selbst sich vor-
TM Hauptwörter (50): [T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
und Norden von der Saale, im Süden vom Main und im Westen von der Haslach
und Loquitz eingeschlossen wird. Zu Thüringen gehört nur der nordwestliche Teil.
b) Bodenbeschaffenheit und Bodenfruchtbarkeit: Der thüringische
Frankenwald bildet eine breite Hochfläche, welche durch tiefe Täler in kleinere Platten
zerschnitten wird. Die Ränder dieser Platten sind nach den Flüssen hin zumeist hoch
und schroff; besonders steil und hoch sind die Talränder der Saale, welche den Wasser-
spiegel des Flusses an einzelnen Stellen noch um 250 m überragen. (Vergl. das Bild
auf Seite 1.) Aus ihrem Rücken tragen die Platten einzelne Gipfel, die weithin sichtbar
sind. Die höchsten derselben sind der Döbra (800 in), der Kulm bei Lobenstein
(720 in) und der Wetzstein bei Lehesten (815 in).
Das ganze Gebirge baut sich aus harten Schiefersteinen auf, welche nur langsam
verwittern. Der Frankenwald ist daher meist nur mit einer flachgründigen Ackerkrume
Schieferbrüche bei Lehesten.
bedeckt. Diese ist zwar fruchtbar, eignet sich aber nicht überall für den Ackerbau. In-
folge der hohen Lage ist das Klima ziemlich rauh und der Anbau von Getreide wenig
lohnend. Nur in den geschützten Anfangsmulden der Täler ist ein ergiebiger Ackerbau
möglich. Deshalb ist auch der Frankenwald zum größten Teile mit dichten Wäldern
bedeckt, die zumeist aus Fichten und Edeltannen bestehen. Besonders sind die höher ge-
legenen Teile des Gebirges mit ausgedehnten Nadelwaldungen bestanden. Auf den Höhen
wie in den Talgründen finden sich auch ausgedehnte Wiesen mit saftigen Gräsern und
Kräutern, die der Viehzucht sehr förderlich sind.
o) Schiefergewinnung und Schieferverarbeitung. Der Franken-
wald besteht zum größten Teile aus dunkelfarbigen Schiefersteinen, die mächtige Felsen
bilden. Deshalb ist der Frankenwald die Heimat unserer Schiefertafeln und Schieferstifte
geworden. In zahlreichen Schieferbrüchen — in der Umgegend von Lehesten gibt es
allein gegen 25 Schieferwerke — werden die Schiefersteine gebrochen und dann zu
Tafeln und Stiften verarbeitet. Ebenso fertigt man Dachschiefer und Wetzsteine aus den
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein]]
TM Hauptwörter (200): [T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T96: [Stadt Thüringer Saale Schloß Wald Gotha Dorf Heidelberg Weimar Einw.], T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig]]
Extrahierte Ortsnamen: Main Haslach Frankenwald Kulm Lobenstein Frankenwald Frankenwald Frankenwald
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gleich hoch. Es lassen sich vielmehr drei Abschnitte unterscheiden, die sich wie Stufen
aneinander lehnen. Die höchste Stufe liegt im Nordwesten; sie wird der Oberharz
genannt; die niedrigste Stufe ist der südöstliche Teil; es ist der V o r h a r z; die mittlere
Platte wird als U n t e r h a r z bezeichnet.
b) Waldreichtum des Harzes. Der Harz ist ein W a l d g e b i r g e. Dunkle
Nadelwälder, in denen mächtige Tannen himmelhoch emporstreben, bedecken den größten
Teil des Oberharzes und bekleiden die Berge fast bis zum Gipfel hinauf. Auch der
Unterharz weist einen reichen Waldschmuck auf; in seinen großen, schönen Waldungen
herrscht jedoch das Laubholz vor.
e) Die Schönheiten des Harzes- Gleich dem Thüringerwald ist auch
der Harz reich an Naturschönheiten. Aus seinem Rücken trägt er eine Reihe aussichts-
reicher Berge. Unter ihnen ist der Brocken der höchste und der besuchteste. Er erhebt
sich auf einer Hochebene im Norden des Gebirges (Brockenfeld). An seinem Fuße ziehen
sich ausgedehnte Moore hin, und zahlreiche mächtige Felsblöcke liegen zerstreut umher.
Gewaltige Baumriesen, die mit ihren Wurzeln die Felsblöcke umklammert halten, schmücken
seine Abhänge. In der Nähe des Gipfels jedoch verschwinden die Riesenbäume und
Zwergtannen und Zwergfichten nehmen ihre Stelle ein; oben auf seinem Gipfel aber
ist er kahl und kurzes Gestrüpp nur wuchert zwischen den Felsblöcken. Von der Höhe
des Brockens hat der Wanderer eine großartige Rundsicht; er schaut hinein in das
thüringische Tief- und Hügelland und sein Auge erfreut sich an den gesegneten Fluren,
die sich meilenweit vor ihm ausbreiten, an den zahlreichen Hügeln und Bergen, an den
Dörfern und Städten und an den Gewässern, die sich zwischen den Hügeln und Bergen
hindurchschlängeln. Oft ist freilich der Berg in dichten Nebel gehüllt, so daß man kaum
die Hand vor dem Auge sehen kann. Die Sage berichtet, daß auf dem Brocken alljährlich
in der Walpurgisnacht die Hexen sich versammeln und ihren Tanz ausführen. Daher
haben auch einzelne Felsblöcke ihren Namen. (Hexenaltar, Hexenwaschbecken, Teufels-
kanzel.) Reich ist das Gebirge auch an schönen Tälern; denn ringsum wird es von
Flüssen durchbrochen. Nach Norden eilt die Ilse und bildet die berühmten Jlsefälle.
Nach Nordosten entflieht dem Brocken die H o l t e m m e, die in engem Tale über Granit-
felsen und Granitblöcke schießt („Steinerne Renne"). Das schönste der Harztäler ist das
B o d e t a l. In zahlreichen Schlangenwindungen durchbricht die Bode die Granitmassen
des Gebirges und tritt in enger Pforte aus demselben heraus. Steil wie die Mauern
steigen die Pfeiler des Felsentores empor und zeigen wunderliche Formen. Zur Linken
erhebt sich der Felsen der Roßtrappe, zur Rechten dagegen der Hexentanzplatz; beide
schließen den tiefen Bodekessel ein. Auch die übrigen Teile des Harzes weisen schöne
Täler auf. Im Unterharze ist besonders das Tal der Selke (Mägdesprung) reich an
Naturschönheiten. Zu den Naturschönheiten des Harzes gehören auch die Tropfst ein-
höhlen, die sich im Bodetale finden. Die schönste ist die H e r m a n n s h ö h l e bei
Rübeland. Wände, Decken und Fußboden der Höhle sind mit wunderlich geformten
Tropfsteinen bedeckt und am Boden liegen Knochen, die von vorzeitlichen Höhlenbären
herstammen.
d) Die Schätze des Harzes. Der Harz zeichnet sich durch großen Metall-
re ich tum aus. In seinem Innern birgt er Silber-, Kupfer-, Blei- und Eisenerze in
großer Menge. In zahlreichen Bergwerken werden diese wertvollen Schätze von den
Bergleuten gewonnen. Besonders reich an Silbererzen ist der Oberharz. Mittelpunkte
des Silberbergbaues sind Klausthal, Zellerfeld, Andreas berg und Goslar.
Im Unterharz werden besonders Eisenerze gegraben (Elbingerode), während der Vorharz
(E i s l e b e n, Mansfeld) reiche Ausbeute an Silber und Kupfer liefert. Der Ertrag
des Bergbaues im Harz ist ein sehr großer. Es werden ungefähr 300 000 Ztr. Kupfer,
2800 Ztr. Silber, 200 000 Ztr. Blei und 10 000 Ztr. Zink gewonnen. Außer dem
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stein und Grauwacke und auch Kalkstein und Porphyr treten an verschiedenen
Stellen auf. Die Oberfläche des Gebirges zeigt die Form einer breiten Platte. Von
der Mitte her dacht sich die Gebirgsplatte allmählich nach Süden und Norden ab, doch
tritt der Rücken nirgends stark hervor. Einzelne abgerundete Kuppen steigen hier und
da aus der Oberfläche empor. Auf dem Meininger Oberland sind Kieferle und
Bleß die bedeutsamsten Bergkuppen, die eine Höhe von 868 in erreichen. Dem Schwarz-
bnrger Oberland sind auf der Nordseite Wurzel- und Burzelberg als höchste
Kuppen aufgesetzt. Die Hochflächen und Berge des Oberlandes sind zumeist mit dichten
Nadelwäldern bestanden, deren Boden oft weithin mit H e i d e l - und P r e i ß e l -
beerbüschen bedeckt ist. Das Waldesgrün wird hier und da von grünen Wiesen-
t e p p i ch e n unterbrochen, die sich an den Abhängen und auf den Höhen hinziehen;
doch haben diese meist nur ein kurzes und hartes Gras, das nur einmal im Jahre ge-
mäht werden kann.
Schwarzburg.
Das Meininger und Schwarzburger Oberland wird von zahlreichen Gewässern
durchfurcht und dadurch in viele kleinere Platten zerschnitten. Die meisten Gewässer des
Nordabhangs sammeln sich in der S ch w a r z a. Hoch oben im Gebirge in der Nähe des
Kieferle ist ihre Quelle. In einer breiten Talmulde fließt sie zwischen saftigen Wiesengründen
und dichtbewaldeten Berghängen dahin. Auf ihrem unteren Laufe hat sie sich tief in
das Gestein des Gebirges eingegraben und fließt in vielfachen Windungen zwischen steilen
Talwänden hindurch. Über Felsblöcke und Riste eilt das silberhelle Bächlein durch das
schluchtenähnliche Tal, das hier und da kaum Platz läßt für Wiesenstreifen und Wege.
Die Abhänge der Berge sind mit Buschwerk und Tannen dicht bewachsen; wo aber der
steile Abfall dem Waldwuchs hinderlich ist, da ragen die nackten Schieferfelsen senkrecht
aus dem Talgrunde empor oder begleiten als überhängende Wände den Fluß. Von allen
Seiten eilen der Schwarza kleine, aber wasserreiche Bäche zu, deren Talgründe gleichfalls
mit landschaftlichen Reizen ausgestattet sind.
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