Autor: Ehrlich, Carl Gotthilf, Frenzel, Franz Christoph
Sammlung: Realienbuecher vor 1871
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
19
S. Nein, nicht das Bier, sondern blos die Flüßig-
keit wird vermehrt.
L. Was müßte ich hinzugießen, wenn das Bier ver-
mehrt werden sollte?
S. Da müßten Sie Bier hinzugießen.
L. Wodurch vermehre ich also eine Sache?
S. Wenn Sie Dinge derselben Art hinzusetzen.
L. Was muß ich also zu Gold hinzusetzen, um das
Gold zu vermehren?
S. Gold.
L. Und wodurch vermindere ich eine Sache?
S. Wenn Sie Theile davon wegnehmen.
L. Wenn jemand jährlich mehr verzehren wollte, als
er einzunehmen hat, was würde mit seinem Vermögen
gescheyen? .
S. Er würde es vermindern, und nach und nach
arm werden.
L. Recht. Er würde endlich kaum so viel haben,
um sich die nöthigsten Nahrungsmittel und Kleider zu
kaufen, und würde zur Barmherzigkeit guter Menschen
seine Zuflucht nehmen müßen.—
Ist wol Armuth Schande?
S. O ja.
L. So müßten auch die Armen verächtliche Menschen
seyn. Laß sehen, ob dieses wahr ist. Der Kaufmann
Früge war sonstein sehr reicher Mann; aber ihm ver-
brannte sein Haus mit allen Waaren, und er verlor
durch dieses Unglück sein ganzes Vermögen.. ^ Dieser
Mann trügt sein Unglück sehr gelassen, und nährt sich
bei seiner Armuth durch seinen Fleiß recht redlich. Neu-
lich noch nahm er'ein kleines Kind auf, dem die Ael-
tern gestorben sind, welches er wie das Seinige erzie-
hen laßt. Noch mehr , in dem vergangenen Monate
zog er den Mann aus dem Wasser, welcher an dem
Brande seines Dauses schuld ist. Der König schickte
ihm wegen dieser edeln Handlung zweihundert Thaler
und schrieb an ihn, er wünschte, daß er mehr so bra-
, ve Unterthanen in seinen Staaten hatte. Kommt
dir dieser Mann wol verächtlich vor?
K. D nein. Wer sollte einen Mann, wie Herr
Br ''Früge
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Autor: Ehrlich, Carl Gotthilf, Frenzel, Franz Christoph
Sammlung: Realienbuecher vor 1871
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Der Preis dieses Buchs ist 14 Stbr. Wer aber
-o Exemplare nimmt, und dafür grobe Münzsorten,
-en brab. Krthlr. zu 1 Rthlr. Z5 Stbr. an den Verleger
frei einsendet, erhält das Exemplar für ij Stbr.
Georc; Efckttrmnstltut
fût liiicrnntionale
Schulftychtorschurfg
Braunschweig
Bibliothek
%-j
3
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Autor: Ehrlich, Carl Gotthilf, Frenzel, Franz Christoph
Sammlung: Realienbuecher vor 1871
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
»
3v
Mensch, tt»tc er vorher war, Er lebte immer in den
Tag hinein, ohne sich um die Wirthschaft zu beküm-
mern, und in ein paar Jahren war das Gut so ver-
schuldet, daß cs öffentlich verkauft werden mufte.
Ein benachbarter Edelmann kaufte es, >mf> Etzri«
tfopb, der bisher als Verwalter auf demselben gestan-
den, und durch Fleiß und Sparsamkeit sich etwas er-
worben hatte, nahm es in Pacht.
Das Geld von dem verkauften Gute reichte nicht
einmal ju, tttcmjcrw 0d)ulben zu bezahlen, und also
hätte er muffen ein Landläufer werden, wenn Christoph
nicht ans Dankbarkeit und Mitleiden sich seiner ange-
nommen, und ihm freie Wohnung und freien Tisch
bei sich gegeben batte.
Fleiß und Arbeitsamkeit bewahrt vor vielem Bösen,
aber Müssiggang lehrt alle Lasier. Spr. Dal. 28, iy.
Sir. 33, 2y.
Zeitvertreib.
Heinrich klagte immer, daß ihm die Zeit so lang
würde; denn er hatte kleine Geschwister im Haufe, mit
denen er spielen konnte, und seine Eltern erlaubten
ihm nicht oft, aus dem Hause zu gehen. Sein Vater
gab ihm aber den Rath /er sollte nur anfangen, et-
was Nützliches zu thun, dann würde ihm die Zeit
nicht mehr lang werden.
Waö kaun ich denn Nützliches thun? fragte Hem.
rich. Du kannst int Hanfe unü zur Hand geben, und
uns durch deine Dienstfertiqkeit manche Mühe erspa-
ren; und im Garten giebt e6 fast das ganze Jahr
hindurch für dich zu thun z. B. Unkraut ausjäten, Un-
geziefer vertilgen •— ist für dich keine zu schwere Ar-
beit. Das ist ¿in besserer Zeitvertreib, als immer >pie-
len, denn davon bat man keinen Nutzen.
-Heinrich folgte diesem Rath, und befand sich recht
wohl dabei.
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Extrahierte Personennamen: Christoph Heinrich Heinrich
Autor: Ehrlich, Carl Gotthilf, Frenzel, Franz Christoph
Sammlung: Realienbuecher vor 1871
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
97
deny wenn wir noch so vieles Geld hätten, aber keine
Speisen, so würde das Geld doch unsern Hunger nicht
stillen, und unser Leben erhalten können; und wenn
alle Menschen vieles Geld hatten, und deswegen kei-
ner mehr arbeiten wollte, so könnten wir uns alsdann
mit Gelde das nicht verschaffen, was wir gern haben
wollten. — Wenn wir Nahrung, Kleidung und Woh-
nung haben, so haben wir alsdann zu unserer Erhal-
tung kein Geld weiter nöthig. Wenn wir aber Waa-
ren nöthig haben, welche wir uns nicht selbst machen ^
oder verschaffen können, so können wir sie für Geld
kaufen. Derjenige W^msch, welcher sich seine Nah-
rung, Kleidung, Wohnung selbst verschaffen kann,
wenig Waaren nöthig hat, nur für wenige Menschen
sorgen muß, und vieler Dinge, welche bloß zur Be-
quemlichkeit und Pracht dienen, nicht bedarf, sondern
mit wenigen Bequemlichkeiten zufrieden ist, hat also
auch weniges Geld nöthig. — Wer kein Geld hat,
wofür er sich das Nöthige kaufen kann, der muß de-
sto mehr arbeiten, weil er sonst Mangel leiden müß-
te. Daher kommt es auch, daß bis jetzt schon so
viele Menschen für uns gearbeitet haben, und noch
arbeiten, weil sie gewiß wissen, daß sie für ihre Ar-
beiten Geld von uns bekommen, mit welchen sie ihre
nöthigen Ausgaben bestreiten können. — Da man die
Arbeiten mit Gelde bezahlt, so ist es gut, wenn ein
Mensch dergleichen Arbeiten versteht, womit man Geld
verdienen kann, weil er alsdann gewiß sich alles das,
was zur Nothdurft und Bequemlichkeit erfordert wird,
verschaffen kann. Es gibt zwar Menschen, welche ohne
ihre Arbeit doch Geld genug haben, das heißt, reick)
sind; aber doch ist es auch'diesen gut, wenn sie solche
Arbeiten verstehen, wodurch man Geld gewinnen kann.
Denn es sind viele Zufälle möglich, und es trägt sich
wirklich nicht selten zu, daß reiche Leute um allen ih-
ren Reichthum kommen, und arm werden. Dadurch
werden sie genöthiget doch zu arbeiten, und alsdann
ist es ihnen gut, wenn ste arbeiten gelernt, und sich,
zur Arbeit gewöbnt haben. — Wenn ein Mensch arm
ist, und doch nicht arbeiten kann, so muß er, um sich
G ¿»
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Autor: Ehrlich, Carl Gotthilf, Frenzel, Franz Christoph
Sammlung: Realienbuecher vor 1871
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
i:l7
-1 ■
seyn; der hätte ja wohl, was er wünschen könnte.—
Aber nun, fuhr der Vater fort, wenn Herr Schmidt
bei seiner Wohlhabenheit jährlich immer noch, mehr ver-
dient, und von dem Gelde„welches er erwirbt, immer
etwas zurücklegen kann, so wird das na6) mehrern Jah-
ren doch eine hübsche Summe Geldes werden müssen.
Er wird viel mehr haben, als er zu seinen Bedürfnis-
sen, zu seinem Vergnügen und zu seiner Freude braucht.
— Wie wolltest du ihn nun nennen?-— Xetcb wurde ich
ihn neanen, antwortete Karl. „Aber, fuhr der Vater
fort, wenn Herr Schmidt nun für sein Geld Aecker,
Felder, Hauser oder Waaren kaufte, da hätte er ja das
Geld nicht mehr; wäre er alsdann nicht mehr reich V'-^-
O daö wird wohl nichts machen, sagte Karl, das ist ja
eben so gut, wie Geld. Richtig, sagte der Naher. Man
nennt ihn daher auch einen bcaütertcn Mann. Der Va-
ter legte nun Kar ln einige Falle vor. Unser Herrnach-
bgr Müller bort drüben nimmt jährlich sehr viel Geld
ein, aber er behalt doch nichts übrig, er braucht das
Geld. Er ist ein vornehmer Mann;, er wüst viel auf
Kleidung und Hanogeräthe, und auf manche andere
Dinge wenden, er hat viel Kinder, er muß ein Paar
Bedienten halten, was meinst du, ist der reich?—Herr
Freund, der neben ihm wohnt, hat lange nicht so viel
Einnahmen, aber er braücht daö kaum halb, was er
einnimmt, ist der reich? - Nun aber Meister Martin,
unser Schneider, hat lange nicht so viel als diese lei-
den Leute, und kann nicht etwa solche kostbare Dinge
kaufen, aber er hat doch alles,, was er braucht, kommt
recht gut aus, und kann immer noch einiges erübrigen,
ist der arm, oder reich, oder wohlhabend?
Karl sahe nun ein, daß cs nicht allein darauf ankom-
me, wie viel einer habe, und einnehme,, sondern ob er
dtlmrt für alle die Dinge, welche er nöthig hat, anskom-
men könne. ' Er sahe nun wobl, was das hieße, wenn,
die Leute sagten; der oder jener ist iy seiner Art ein
wohlhabender ober ein reicher Mann, und daß zwei Leute
gleichviel haben können, und der eine kann arm,, und der
andere wohlhabend dabei seym
~~ Ehr-
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Extrahierte Personennamen: Schmidt Schmidt Hauser Karl Karl Martin Schneider Karl
Autor: Ehrlich, Carl Gotthilf, Frenzel, Franz Christoph
Sammlung: Realienbuecher vor 1871
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
2l6
als für ein jedes von seinen eigenen zehn Kindern, ein
jährliches Gnadengehalr beilegte.
C
Der wohlthätige Kaufmann.
in vornehmer Herr kam vor einigen Jahren, in dem
härtesten Winter, zu einem der reichsten Kaufleute in
Paris. Er verwunderte sich sehr darüber, daß er in kei-
nem von seinem Zimmer Tapeten fand, da er doch ein
so reicher Mann sey. Er fragte ihn, warum er die
Wände nicht mit Tapeten beschlagen ließ, da sie doch
im Winter warmer hielten? Der rechtschaffene Kauf-
mann führte ihn in ein Zimmer, in welchen, eine un-
glückliche Familie wohnte, die von ihm ernähret wurde.
Sehen sie, antwortete er, diese Elenden, die ich lieber
als meine Wände bekleide!
K
Der großmüthige Kaufmann.
" » ist ein Kaufmann in 3 0/', der mehr versteht,
als zu seinem eigenen Gewerbe gehört, welches er voll-
kommen inne hat, und mit Ehrlichkeit treibt. Die
Stunden ausser dem Contor widmete er dem Lesen nütz-
licher Bücher und Christlichen Freunden. Mit seinem
Vermögen macht er keinen verschwenderischen Aufwand.
Er sagt weder durch übertriebene Pracht, noch mit sei-
nen Mienen, daß er ein reicher Mann sey. Seine Wohl-
thaten verkündigen seinen Reichthum. 1 Er gibt einer
Anzahl armer Leute, welche Alter und Krankheit zu ar-
beiten hindert, ihren Unterhalt. Er nimmt öfters eine
Waise auf und laßt sie erziehen; und bezahlt für Kinder
unbemittelter Aeltern das Schulgeld, damit sie in die
Schule gehen können. Er hilft armen Handwerksleuten,
schießt ihnen Gelder vor, sich mit den nöthigen Mate-
rialien zu versorgen ; und wenn sie es wohl angewendet,
leihet er ihnen ohne Interessen. Folgendes Beispiel be-
stätigt vorzüglich wie gut er denkt. Er hatte vor dem
Thor
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Autor: Ehrlich, Carl Gotthilf, Frenzel, Franz Christoph
Sammlung: Realienbuecher vor 1871
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
217
’ t
Thor Zeinen (haften angelegt, der ihm zum Vergnügen,
und denen zum Segen gereichte, welche darin arbeiteten,
und ihren Unterhalt verdienten. Hinter seinem Garten
hatte ein Ackermann ein Stuck Land liegen, welches er
wenig nutzte. R * * wollte es ihm abkaufen, und ihm
bezahlen, was er verlangte. Der Ackermann aber gab
ihm eine ungesittete Antwort. Nach einigen Jahren
kam dieser Mann von selbst, und bot R * * seinen Acker
zum Verkauf an. Der Kaufmann wunderte sich; er-
fuhr aber, daß der Mann durch Mißwachs und andere
Uuglncksfälle in Schulden gerathen war. Er bediente sich
nicht der Noth des Armen zu seinem Nutzen: sondern er
gab ihm viermal mehr Geld, als er für den Acker for-
derte, und als er werth war. Ueber dieß lieh er ihm
noch einige hundert Thaler ohne Zinsen, sich wieder zu
helfen. Der Ackermann ging-mit Thränen der Freude
von ihm weg, indem er ausrief: Wie soll ich das ver-
gelten! Da ich helfen kann, antwortete der Men-
schenfreund, so thue ich jetzt mehr nicht als meine
Schuldigkeit.
X« hat niemals davon geredet; aber der Acker-
mann hat selbst diese großmüthige Handlung ausgebrei-
tet, und von der Güte geredet, die er durch seine ehe-
malige grobe Antwort nicht verdienet hatte. R hat
oft versichert, daß er den Reichthum blos deswegen
schätze, weil er ihm das Vergnügen, wohlthun zu kön-
nen, gewahrte, und ihm ein Mittel würde, die Thrä-
nen der Elenden abzutrocknen, oder in Freudenthränen
zu verwandeln. Dann erst ergetzte ihn sein Geld, wenn
er sich mit dem Gedanken niederlegen könnte, daß er,
durch dessen Hülfe, wieder einen Menschen aus seiuem
Kummer errettet habe.
Der großmüthige Erretter.
einer Ueberschwemmung des Flusses Adigo riß
die Fluht eine Brücke zu Verona weg, bis auf deu mit*
telsten Bogen, ans welchem ein Haus stand. Man sab
vom
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Autor: Ehrlich, Carl Gotthilf, Frenzel, Franz Christoph
Sammlung: Realienbuecher vor 1871
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
2iy
zins enthielt, den sie damals nicht, ohne die äusserste
Noth, hätten abtragen kennen. — Die entzückten Schuld-
ner dankten ihrem Wohlthäter mit Freudeuthränen, und
ließen sichs darauf wohl schmecken.
Oft ist die gute Art, mit der man Wohlthaten er-'
zeigt, mehr werth, als die Wohlthat selbst; so wiedas
ansehnlichste Geschenk durch die üble Art, mit der es
gemacht wird, oft seinen ganzen Werth verliert.
Die edele Erstattung.
Cr
V^in Zürcklscher Land mann, zwischen sechzig und sie»
benzig Jahren, der sich, durch Fleiß und gute Wirthschaft,
ein beträchtliches Gut erworben hatte, dachte darauf,
bei zunehmender Schwachheit seines Körpers, alle seine
Sachen in Richtigkeit zu bringen, und stieß, unter dieser
Veschafftigung zufälliger Weise, auf eine alte Rechnung
eines Aimmermannö, der ihm, vermuthlich vor vielen
Jahren, eine große Menge Holz verkauft, oder ein Haus
gebanet hatte. Auf den ersten Blick, den er gleichsam
im Vorbeigehen darauf warf, ahndete er, daß die Sum-
me der Rechnung für die Posten zu klein wäre; rechnete
nach, und fand, daß sich der Aimmermaan um neun
Carolinen, zu seinem Schaden, verrechnet harte. „Gu-
ter Gott! wie hat sich der ehrliche Mann geirret! —
Isis möglich, daß ich, beim Empfange der Rechnung,
einen so großen Fehler übersehen konnte?— Wie leid
thut mirs, daß ich ihn, Gott weis es, unwissend, so
viel zu wenig bezahlte, und diesen Fehler erst jetzt, vier
und vierzig Jahre nach seinem Tode, bemerke; doch
Gott Lob! daß ich ihn jetzt noch bemerke, und noch ver-
güten kann. Seine Kinder und Kindeskinder leben noch.
Diesen gehört schleunige Erstattung."------Gedacht,
gethan. Er bat, weil er selbst nicht mehr von Hause
kommen konnte, einen Freund, diese Summe mit den
Interessen den Hinterlassenen zuzustellen. —
Redlicher Mann! welch ein Stral der Menschheit
leuchtet aus deiner edlen That hervor!— Nicht jeder
hat
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Autor: Ehrlich, Carl Gotthilf, Frenzel, Franz Christoph
Sammlung: Realienbuecher vor 1871
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
225
lichkeiten zu, und die Vorhersagung soineö redlichen
Lehrerö, daß er nie ein brauchbarer Arensch werden
würde, ging genau in Erfüllung.
Der kkine Verschwender.
§6ater Erich hielt seine Kinder früh dazu an, daß sie
durch Arbeit etwas erwerben mußten. Seine Töchter
nährten und strickten, auch ausser den Schulstunden, und
er kaufte ihnen dann zuweilen ihre kleinen Arbeiten ab.
Seine Söhne drechselten, oder machten allerlei Papp-
Arbeiten. Auch diese kaufte ihnen Erich ab, wenn sie
sauber und nett gemacht waren. Diese Kinder hatten
also immer G?ld in Händen, welches sie nach ihrem
Willen verwenden konnten; aber der Vater ermahnte sie
oft, es nützlich anzuwenden, und damit ssparsam um-
zugehen. Marie und Karl, die beiden jüngern Kin-
der Erichs, befolgten auch diese Ermahnungen, und
kauften sich für ihr gesammeltes Geld allerlei Dinge, »
welche sie nöthig hatten, z. B. Papier, Federn, Blei-
stifte, Messer und Scheeren. Wie groß war immer
ihre Freude, wenn sie einige Groschen durch ihre Ar-
beit erworben hatten, und wie lieb, war ihnen alles ,
was sie für ibr eigenes Geld gekauft hatten! Aber Gu-
stav, Erichs ältester Sohn, ging nicht so haushälterisch
mit seinem Gelde uim Alles,.was er sahe, und was
ihm auf den ersten Anblick gefiel, wollte er haben, und
daher kaufte er oft ganz unnütze Dinge, oder auch sol-
che, die er jetzt gerade nicht bedurfte. Er hatte z. B.
ein recht gutes Messer, aber nun sahe er eins, welches
eine schönere Schaale hatte, oder ein wenig größer
war, gleich kaufte er es, und gab dann, was die Leute
forderten, daher er immer viel zu theuer einkaufte.
Wenn er hinterher etwas Nothwendiges zu kaufen hatte,
so fehlte es ihm an Geld, und er wollte dann von sei-
nen Geschwistern etwas borgen, aber das hatte der
Vater strenge verboten. Nun bat er den Vater oder
die Mutter, daß sie ihm noch etwas schenken möchten,
P aber
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Extrahierte Personennamen: Erich Erich Marie Karl Karl
Autor: Ehrlich, Carl Gotthilf, Frenzel, Franz Christoph
Sammlung: Realienbuecher vor 1871
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
esnsr^s 185
nen; ihnen, statt der Dankbarkeit, nur das Leben sauer
machen, ja gar verkürzen, und als verwilderte Bäume
in d:e Höbe wachsen? — 3es«ft spricht: Ein jeglicher
Baum, der nicht gute Früchte bringet, wird abgehauen,
und »ns Feuer geworfen! —
Schaden der Unwissenheit.
Ein armer Tagelöhner, in der Mark Brandenburg,
hatte einen Bruder in der Fremde. Dieser war wohl
zwanzig Jahre abwesend; und die Leute glaubten, er wä-
re tvdt^ weil er so gar nichts von sich boren ließ. Ein-
mal kam ein Brief an den armen Tagelöhner, als er eben
in der Stadt war. Weil dieser Mann aber selbst weder
gedruckte noch geschriebene Schrift lesen konnte; so ging
er mir dem Briefe zu einem Wirth in seinen» Dorfe, und
bat, daß dieser ihm den Brief doch Vorleser, möchte. Als
der Wirth den Brief eine Weile still durchgelesen hatte,
sagte er zum Tagelöhner: „Hört! in dein Briefe steht,
euer Bruder in der Fre,nde wäre todt, und hätte euch
fünfzig Tbcrler vermacht; aber ihr müsset sogleich kom-
men, und das Geld selbst abholen."— Herr Wirth,
sagte der Tagelöhner, wo soll ich denn hingehen, und
das Geld abholen?— „Nach Amsterdam, über hundert
Meilen von hier, da liegt euer Geld."— Ei, hundert
Meilen hin, hundert her, das sind ja wohl gar zwei
hundert Meilen; da kostete mir die Reise und Versäum-
„iß, bei der nahen A ernte, fast mehr, als ich erben
soll. — „Hört, gebt mir den Brief, und verkauft mir
euer Recht daran für dreißig Thaler; so könnt ihr hier
bleiben, und ich will sehen wie ich zum Schaden ko,ti-
me: aber ihr müßt keine,u Menschen etwas von diesem
Handel sagen. — Wollt ihr das?"— Herzlich gern. —.
Nun holte der Wirth und zahlte die dreißig Thaler auf.
Der Tagelöhner dankte, nahm sie, und ging vergnügt
nach Hanse. Aber nach vielen Jahren, als der Wirth,
der indeß liederlich und arm geworden, sterben sollte,
da bekannte er mit unaussprechlicher Angst auf dem .
Tod-
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
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TM Hauptwörter (200): [T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]