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Einleitung.
oder die prosaische Edda, dem isländischen Geschichtschreiber Snorri
Sturleson (f 1241) zugeschrieben. Sie bilden die Hauptfundgrube für die
nordische, beziehentlich deutsche Mythologie.
3. Die urdeutsche, welche sich teilt in:
a) die niederdeutsche, gesprochen in den flachen Gegenden des nörd-
lichen Deutschland, mit weichen Lauten; zu derselben gehören die alt-
sächsische, die Mutter des heutigen Plattdeutschen, die nieder-
ländische, das heutige Holländische und Flämische, die friesische, nur
noch in Westfriesland gesprochen. Die angelsächsische, aus der uuter
Beimischung von romanischen Elementen das Englische entstand, ist eine
der ältesten Form des Niederdeutschen nahe verwandte Sprache b
b) die ober- oder hochdeutsche, gesprochen im gebirgigen südlichen
Deutschland, mit härteren Lauten; die wichtigsten derselben sind die
alemannische (gesprochen in der Schweiz, den anstoßenden Teilen von
Baden und Elsaß), schwäbische, obersränkische, bayrische und
ö st e r r e i ch i s ch e.
Das hochdeutsche Sprachgebiet umfaßt zwischen den nieder- und ober-
deutschen Dialekten noch eine Anzahl mitteldeutscher, wie den mittel-
fränkischen, den thüringischen, den obersächsischen (um Eisleben, Leipzig,
Dresden), den schlesischen.
Während das Niederdeutsche nur einige wenige Denkmäler auf-
weist, ist das Hochdeutsche reich an bedeutungsvollen Werken, entsprechend
der höheren politischen Bedeutung der dasselbe redenden Völkerschaften Süd-
und Mitteldeutschlands. Dasselbe hat sich infolge mehrfacher Veränderungen
in folgenden drei Perioden entwickelt:
1. Die Periode des Althochdeutschen, welche von etwa 600 bis zum
Jahre 1100 reicht und vorzugsweise die fränkische Mundart zur Ent-
wicklung bringt.
Im Vergleiche mit dem Gotischen in den Flexionsformen vereinfacht, da be-
sondere Vokativ-, Dual- und Passivformen bereits geschwunden sind, hat die alt- 1
1 In ihr ist verfaßt das älteste germanische Epos, „das Beowulfslied",
welches von der Tötung des riesigen Wassergeistes Grendel und seiner Mutter durch
den Geatens— Gotenshelden Beowuls und von seinem Tode im Kampfe mit einem
feuerspeienden Drachen erzählt, nachdem er fünfzig Winter im Gautenreiche (d. h.
im fchwedischen Götalande) ruhmvoll geherrscht hat. Da Grendel die Sturmflut
der Nordsee im Frühjahr, seine Mutter die Meerestiefe als Erzeugerin der Sturm-
flut und der Drache die herbstliche Überschwemmung versinnbildet, haben wir in
dem Liede wohl die Darstellung der Kämpfe der nordischen Seevölker gegen die
Gefahren der stürmischen Nordsee zu erkeunen. Die einzige aus dem Io. Jahr-
hundert stammende Handschrift des im letzten Drittel des 7. Jahrhunderts zu einem
Epos gestalteten Liedes befindet sich im Britischen Museum zu London.
TM Hauptwörter (50): [T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
TM Hauptwörter (100): [T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T31: [Jahrhundert Schweden Norwegen Dänemark König Ende Jahr Anfang England Mitte], T139: [Donau Rhein Main Tiefebene Teil Jura Alpen Tiefland Gebiet Fluß], T41: [König Siegfried Held Hagen Mann Günther Frau Gudrun Kriemhild Tod]]
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Westfriesland Deutschland Schweiz Baden Eisleben Leipzig Dresden Mitteldeutschlands Gotenshelden_Beowuls Nordsee London
40 Dritte Periode, von 1100 bis 1300, oder erste Blüteperiode.
herben und wilden Charakters der Sage, in der Schilderung des kirchlichen
Kultus (Messe, Taufe, Kaplan, Münster usw.), der jedoch, rein äußerlich,
auf das Gemüt der ihn Übenden ohne Einfluß bleibt, und namentlich in
der Darstellung des ritterlichen Lehensstaates mit seinem auf der Treue
beruhenden Dienstmanns-Verhältnis, welches an die Stelle des blinden
Verhängnisses der nordischen Sage eine Reihe von sittlichen Verhältnissen
setzt. Am meisten eingewirkt hat das christliche Rittertum auf die Ge-
staltung der Persönlichkeit Rüdigers von Bechlaren, den die ältere Sage
der Edda nicht kennt.
I. Äyentiure.
1. Uns ist in alten mgeren wünders vil geseit
von heleden löbebeeren, von grözer ärebeit,
von fröuden, höchgeziten, von weinen und von klagen,
von küener recken striten muget ir nu wunder hoeren sägen
2. Ez wuohs in Bürgönden ein vil edel magedin,
daz in allen landen niht schoeners mohte sin,
Kriemhilt geheizen: si wart ein schoene wip.
dar umbe muosen degene vil Verliesen den lip.
3. Der minneclichen meide triuten wol gezam.
ir muotten küene recken: niemen was ir gram.
ane mäzen schcene so was ir edel lip:
der juncvrouwen tugende zierten änderiu wip.
4. Ir pflügen drie künege edel unde rieh,
Günther unde Gernöt, die recken lobelich,
und Giselher der junge, ein üz erwelter (legen.
diu frouwe was ir swester, die fürsten beten s’ in ir pflegen. 1 2 3 4
1, 1 wunders gen., abhängig vom Neutrum vil. — geseit, kontrahiert aus ge-
saget. — 2 von gehört zu geseit (V. 1) und sagen (V. 4). — heleden von
betet, der älteren Form für das spätere bett.
2, 1 Bürgenden — Volk und Land. — 2 schoeners gen., abhängig von niht,
nichts. — 4 dar umbe — um derentwillen. — muosen praet. zu rnüezen. —
degene gen., abhängig von vil.
3, 1 meide dat. von meit — maget. — triuten in passivischem Sinne: sie ver-
diente wohl geliebt zu werden. — 3 ir edel lip — sie, die Edle; oft dient
lip zur Umschreibung der Person. — 4 zierten conj. praet. im Sinne von:
ihre Tugenden waren so zahlreich, daß sie auch andere damit hätte schmücken
können.
4, 4 in ir pflegen (dat. plur.) = in ihrer Hut.
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T66: [Geschichte Iii Vgl Nr. Aufl Gesch Lesebuch Bild fig deutsch], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
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10
Erste Periode, bis 800.
nichtet) mit seinen Brüdern Gernot und Giselher, seine Mannen
Hagen und Volker und seine Schwester Kriemhild sind. Die Be-
gebenheiten der Sage haben zum Mittelpunkte Worms am Rhein.
4. Der hunnische, dessen Held der Hunnenkönig Attila oder Etzel
(— Väterchen, f 453) ist mit seinem wackern Dienstmann Rüdiger
von Bechlaren. Der Sitz der Sage ist Ofen-Pest in Ungarn.
5. Der langobardische, dessen Helden König Rother (Rothari der
Geschichte, ch 650), Ortnit, Hugdietrich und dessen Sohn Wolf-
dietrich sind.
6. Der Nordseesagenkreis, dessen Helden Hagen von Irland,
Heitel, Herwig und Gudrun, Heitels Tochter, sind. Schauplatz sind
die Nordseeküsten, Irland, Seeland und die Normandie.
7. Der alemannische, dessen Helden Walther von Wasgenstein
und Hildgund, dessen Schauplatz Ungarn und der Wasgenwald sind.
Der einzige Überrest von Dichtungen aus diesen Sagenkreisen ist
das Hildebrandslied, in welchem die niederdeutsche Sprache mit hoch-
deutschen Elementen gemischt ist1.
Aufgezeichnet um das Jahr 800, behandelt dasselbe ein Stück aus der ost-
gotischen Sage: Dietrich von Bern wird von Otater (Odoaker), an dessen Stelle
in der jüngeren Sage Ermenrich, der geschichtliche Ostgotenkönig Hermanrich, als
Kaiser und Dietrichs Oheim tritt, aus seinem Reiche vertrieben und im Ungarlande
von Etzel (Attila) freundlich aufgenommen mitsamt seinem Waffenmeister Hildebrand
(bild — Kampf und branä — Fackel), der seine Gattin mit einem unmündigen
Sohne in der Heimat zurückgelassen hat. Nach dreißig Jahren heimkehrend, stößt
er an der Grenze des Landes auf seinen ihm den Eingang wehrenden, ihn nicht
kennenden Sohn Hadubrand (üaäu — Krieg). Wider Willen muß er gegen seinen
Sohn den Kampf beginnen. Hiermit schließt das leider nur als Bruchstück vor-
handene Gedicht, dessen düsterer Ton keinen Zweifel an dem tragischen Ausgang des
Kampfes gestattet, wie auch die um 1250 bis 1300 in Norwegen geschriebene
Thidreksaga (— Theoderichsage) den Sohn vom Vater erschlagen werden läßt. Ein
denselben Gegenstand behandelndes Volkslied des 15. Jahrhunderts läßt freilich den
Sohn dem Vater unterliegen, dann aber Versöhnung zwischen den Helden eintreten,
nachdem sie sich als Vater und Sohn erkannt haben.
Die Form des Gedichtes ist die alliterierende Langzeile mit acht He-
bungen und unbestimmt vielen Senkungen, durch eine Zäsur in zwei Halbzeilen
geteilt, welche durch die A lli teration oder den Stabreim, d. h. den Eleichklang
der Anlaute (gleicher Konsonanten oder Vokale, die jedoch nicht die gleichen zu sein
brauchen) hochbetonter Silben, wiederum zu einem Ganzen vereinigt werden, indem
in der Regel zwei Wörter der ersten Halbzeile und ein Wort der zweiten unter-
einander alliterieren.
1 Dasselbe, von Möncheshand ausgeschrieben, ist auf den inneren Deckblättern
eines lateinischen Gebetbuches im Kloster zu Fulda gefunden worden und befindet
sich jetzt auf der Landesbibliothek in Kassel.
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44 Dritte Periode, von 1100 bis 1300, oder erste Blüteperiode.
Doch Siegfried, voll kühner Zuversicht, bittet um zwölf Recken zur Fahrt
nach Worms und gelangt, nachdem sein Wunsch schnell, aber unter bangen Sorgen
erfüllt ist, schon am siebten Tage mit seinen Mannen an den Hos Günthers, wo
alle erstaunt ihn mit den Seinen anschauen.
5. Nun waren auch die Mären dem König schon gesagt,
Daß auf dem Hofe wären Ritter unverzagt:
Sie führten lichte Panzer und herrlich Gewand;
Sie erkenne niemand in der Burgunden Land.
6. Den König nahm es wunder, woher gekonimen sei'n
Die herrlichen Recken im Kleid von lichtem Schein
Und mit so guten Schilden, so neu und so breit.
Daß ihm das niemand sagte, das war König Günthern leid.
7. Zur Antwort gab dem König von Metz Herr Ortewein;
Stark und kühnen Mutes möcht' er wohl sein,
„Da wir sie nicht erkennen, so heißt jemand gehn
Nach meinem Oheim Hagen: den sollt Ihr sie lassen sehn.
8. „Ihm sind wohl kund die Reiche und alles frenide Land:
Erkennt er die Herren, das macht er uns bekannt."
Der König ließ ihn holen und die in seinem Lehn;
Da sah man ihn herrlich mit Recken hin zu Hose gehn.
9. Warum nach ihm der König, fragt' Hagen da, geschickt?
„Es werden fremde Degen in meinem Haus erblickt,
Die niemand mag erkennen: habt Ihr in fernem Land
Sie wohl schon gesehen? das macht mir, Hagen, bekannt."
10. „Das will ich," sprach Hagen. Zum Fenster schritt er drauf:
Da ließ er nach den Gästen den Augen freien Lauf.
Wohl gefiel ihm ihr Geräte und all ihr Gewand;
Doch waren sie ihm fremde in der Burgunden Land.
11. Er sprach, woher die Recken auch kämen an den Rhein,
Es möchten selber Fürsten oder Fürstenboten sein.
„Schön sind ihre Rosse, und ihr Gewand ist gut:
Von wannen sie auch ritten, es sind Helden hochgemut."
12. Also sprach da Hagen: „Soviel ich mag verstehn,
Hab' ich gleich im Leben Siegfrieden nie gesehn,
So will ich doch wohl glauben, wie es damit auch steht,
Daß er es sei, der Degen, der so herrlich dorten geht.
13. „Er bringt neue Mären her in dieses Land:
Die kühnen Nibelungen schlug des Helden Hand,
Die reichen Königssöhne Schilbung und Nibelung;
Er wirkte große Wunder mit des starken Armes Schwung.
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12
Erste Periode, bis 800.
was so friuntlaos man:
er was Otachre
ummett irri,
degano dechisto
was er Deotrihhe;
60 solches at ente:
imo was 60 fehta ti leop;
chüd was er managem
cllönnem mannum.
ni wänju ih ju lib habbe“ *
„wettn irmingot
obana fona hevane,
dat du neo dana halt
dinc ni geleitös
mit sus sippan man“*
Want her dö ar arme
wuntane bougä,
cheisuringü gitän,
so imo se der chuning gap,
Hüneö truhtin:
„dat ih dir it nü bi huldi gibu.“
Hadubrant gimälta,
Hiltibrantes sunu:
„mit gerü scal man
geba infähan,
Ort widar Orte.
du bist dir, alter Hün,
ummet Späher:
spenis mih *
mit dinem wer tun, wili mih
dinü sperü werpan.
pist also gialtet man,
so du ewin inwit fuortös.
dat Sagetun mi
seolidante
westar ubar wentilseu,
dat inan Wie furnam:
tot ist Hiltibrant,
Heribrantes suno.“
Das war so freundloser * Mann:
Er war ans Otaker
unmäßig erbitterst
der Degen liebster
war er Dietrich;
stets an des Volkes Spitze;
ihm war stets zu fechten lieb;
kund war er manchen
kühnen Männern. Ichabe." *1 2
Nicht wähne ich, daß er noch das Leben
„Zum Zeugen ruf' ich Irmingot 3 4
oben vom Himmel,
daß du nie dann wahrlich
Streit nicht führtest
mit so verwandtem Manne"*
Da wand er vom Arme
gewundene Ringe,
aus Kaisermünzen gemacht,
wie ihm sie der König gab,
der Hunnen Herr: -
„Daß ich dir nun es ans Huld gebe."
Hadnbrand redete,
Hildebrands Sohn:
„Mit dem Ger soll der Mann
Gabe empfahn:
Spitze wider Spitze.
Du bist dir, alter Hunne,
unmäßig schlau:
lockest mich*
mit deinen Worten, willst mich
mit deinem Speere werfen.
Du bist ein so gealterter Mann,
wie du ewigen Trug führtest.
Das sagten mir
Seefahrende
westwärts über den Wendelsee st
daß ihn der Kampf dahinnahm:
Tot ist Hildebrand,
Heribrands Sohn."
1 Freundlos, weil getrennt von den Seinen.
2 Hier wird zu ergänzen sein: Hildebrand redete, Heribrands Sohn.
3 Irwin verallgemeinernd — groß, wie in V. 23.
4 wentilseu — die sich (um die Erde) windende See.
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§ 4. Heidnischer Volksgesang und Sagenbildung.
13
Hiltibrant gimahalta,
Heribrantes suno :
„wela gisihu ih
in dînêm hrustim,
dat dû liabês îlême
hêrron gôtan,
dat dû noh bi desemo riche
reccheo ni wurti***“
„welaga nû, waltant got!
wêwurt skihit.
ih wallôta sumaro
enti wintro sehstic,
dar man mih êo scerita
in foie sceotanterô:
sô man mir at bure ênîgeru
bannn ni gifasta :
nû Seal mi suâsat chind
suertû hauwan,
breton sînû billjû,
eddo ih imo ti banin werdan.
doh maht dû nu aodlîhho,
ibu dir dîn eilen taue,
in sus hêremo man
hrusti giwinnan,
rauba birahanen,
ibu dû dâr ênîc relit habês**
der si doh nu argôsto
ôstarliuto,
der dir nû wîges warne,
nû dih es sô wel lustit
gûdeâ gimeinûn.
niuse dê môtti,
lluerdar sih hiutû
dero hregilo hruomen muotti
erdo desero brunnôno
bêdero waltan.“
dô lêttun sê érist
askim scritan,
scarpên scûrim,
dat in dêm sciltim stônt.
dô stôptun ti samane,
staimbort chludun,
Hildebrand redete,
Heribrands Sohn:
„Wohl sehe ich
an deiner Rüstung,
daß du habest daheim
einen guten Herrn,
daß du noch bei diesem Fürsten
Verbannter nie wurdest***"
„Weh nun, waltender Gott!
Wehgeschick geschieht.
Ich wallte der Sommer
und Winter sechzig \
wohin man immer mich stellte
zu der Schießenden Volk:
so hat man doch bei keiner Burg
den Tod mir beigebracht;
nun soll mich das eigene Kind
mit dem Schwerte hauen,
niederstrecken mit seinem Beile,
oder ich ihm zum Mörder werden.
Doch magst du nun leicht,
wenn dir deine Kraft taugt,
an so hehrem Manne
Rüstung gewinnen,
Raub erbeuten,
wenn du da einiges Recht hast **
Der wäre nun der ärgste
der Ostleute2.
der dir nun den Kamps weigerte,
nun dich so wohl gelüstet
gemeinsamen Kampfes.
Versuche die Begegnung,
wer sich der Gewänder
heute rühmen dürfe
oder dieser Brünnen
beider walten."
Da ließen sie zuerst
die Eschen dreinfahren
in scharfen Schauern,
daß es in den Schilden stund.
Da rannten sie zusammen
mit den Kampfschildbuckeln,
1 60 Sommer und Winter — 80 Jahre.
2 — Ostgoten.
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14
Erste Periode, bis 800.
heuwun liarmlicco
liuitte sciiti,
unti im irò lintün
luttilö wurtun
sie hieben jämmerlich
die weißen Schilde,
bis ihnen ihre Linden(schilde)
klein wurden,
giwigan miti Wämbnum
zerstört mit den Waffen
So zeichnet uns der Dichter mit kurzen Strichen in formelhaftem
Stile den bedächtig zögernden und klugen alten Hildebrand
und den entschlossen k a m p f l u st i g e n, mißtrauischen jungen
Hadubrand. Jener erscheint als voller Held: entsetzt darüber, nach
langer Trennung von der Heimat mit dem lieben Sohne kämpfen zu sollen,
zerrissen von entsetzlicher Seelen quäl in dem Gedanken, als Vater sein
eigenes Kind mit dem Schwerte niederhauen zu müssen, folgt er dennoch
dem Gesetze der Ehre. Das Gedicht legt somit ein klares Zeugnis ab
„für den sittlichen Geist unseres alten Heldengesanges".
Außer dem Hildebrandsliede stammen noch aus der ältesten, rein
heidnischen Zeit die im Jahre 1840 in der Dombibliothek zu Merseburg
aufgefundenen und nach ihrem Fundorte benannten zwei Merseburger
Zaubersprüche. Die Form ist auch hier die des Stabreimes. Beide Ge-
dichte haben einen epischen Eingang zur Darstellung des Vorganges, bei
dem der Spruch sich als wirksam erwiesen. Diesem Eingänge folgt die
Beschwörungsformel, die erste zur Lösung der Fesseln eines Kriegsgefangenen
durch die Jdisi (Walküren, Schlachtjnngfrauen), die zweite zur Heilung
eines Pferdes von einer Beinverrenkung.
1. Spruch ;ur üefreiung eines Gefangenen.
Eiris säzun Idisi, säzun hera duoder.
einst saßen Schlachtmaide, saßen hieher, dorthin.
Suma liapt heptidun, suma heri lezidun,
die hefteten Hafte, die hemmten das Heer,
Suma clübödun umbi cuniowidi:
einige klaubten an Kniesesseln:
Insprinc haptbandun, invar vigandun! (Endreim.)
entspring den Banden, entfahr den Feinden!
2. Spruch ;nr Heilung einer Lcinverrenlmng.
Pbol ende Wodan vuorun zi holza.
Mol und Wodan fuhren zu Holze.
Dü wart demo Balderes volon sin vuoz birenkit.
Da ward dem Balders Johlen sein Iuß verrenkt.
Thu biguolen Sinthgunt, Sunna erä suister;
Da besprach ihn Sinthgunt, (und) Sunna ihre Schwester;
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TM Hauptwörter (100): [T22: [Gott Zeus Sohn Tempel Göttin König Held Mensch Opfer Erde], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat]]
TM Hauptwörter (200): [T41: [König Siegfried Held Hagen Mann Günther Frau Gudrun Kriemhild Tod], T120: [Gott Göttin Zeus Tempel Sohn Gottheit Priester Erde Mensch Opfer], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Dritte Periode, von 1100 bis 1300, oder erste Blüteperiode.
2. Wie es den Herrn gelungen wär' in des Königs Heer,
Man rief der Boten einen zu Kriemhilden her.
Das geschah verstohlen, sie durft' es wohl nicht laut,
Deun einer war darunter, dem sie längst ihr Herz vertraut.
3. Als sie in ihre Kammer den Boten kommen sah,
Kriemhild die schöne gar gütlich sprach sie da:
„Nun sag mir liebe Märe, so geb' ich dir mein Gold,
Und tust du's ohne Trügen, will ich dir immer bleiben hold.
4. „Wie schied aus dem Streite mein Bruder Gernot
Und meine andern Freunde? Blieb un§ nicht mancher tot?
Wer tat da das Beste? das sollst du mir sagen."
Da sprach der biedre Bote: „Wir hatten nirgend einen Zagen.
5. „Zuvorderst in dem Streite ritt niemand so wohl,
Hehre Königstochter, wenn ich es sagen soll,
Als der edle Fremdling aus dem Niederland:
Da wirkte große Wunder des kühnen Siegsriedes Hand.
6. „Was von den Recken allen im Streit da geschehn,
Dankwart und Hagen und des Königs ganzem Lehn,
Wie wehrlich sie auch stritten, das war doch wie ein Wind
Nur gegen Siegfrieden, König Siegmundens Kind.
7. „Sie haben in dem Sturme der Helden viel erschlagen;
Doch möcht' Euch dieser Wunder ein Ende niemand sagen,
Die da Siegfried wirkte, ritt er in den Streit;
Den Fraun an ihren Freunden tat er mächtiges Leid.
8. „Auch mußte vor ihm fallen der Friedel mancher Braut.
Seine Schläge schollen auf Helmen also laut,
Daß sie aus Wunden brachten das fließende Blut:
Er ist in allen Dingen ein Ritter kühn und auch gut.
9. „Kampf, den allerhöchsten, der irgend da geschah.
Vom ersten bis zum letzten, den jemand nur sah,
Hat Siegfried gefochten mit wehrlicher Hand:
Er bringt reiche Geisel her in König Günthers Land.
10. „Die zwang mit seinen Kräften der streitbare Held,
Wovon der König Lüdegast den Schaden nun behält
Und vom Sachsenlande sein Bruder Lüdeger.
Nun hört meine Märe, viel edle Königin hehr!
11. „Gefangen hat sie beide Siegfriedens Hand:
Nie so mancher Geisel kam in dieses Land,
Als nun seine Kühnheit bringt an den Rhein."
Ihr konnten diese Mären nicht willkommener sein.
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§11. Das Nibelungenlied.
49
12. „ Man führt der Gesunden fünfhundert oder mehr
Und der zum Sterben Wunden, wißt, Königin hehr,
Wohl achtzig blut'ge Bahren her in unser Land:
Die hat zumeist verhauen des kühnen Siegfriedes Hand.
13. „Die uns im Übermute widersagten hier am Rhein,
Die müssen nun Gefangene König Günthers sein;
Die bringt man mit Freuden her in dieses Land."
Ihre lichte Färb' erblühte, als ihr die Märe ward bekannt.
14. Ihr schönes Antlitz wurde vor Freuden rosenrot.
Da lebend war geschieden aus so großer Not
Der weidliche Necke, Siegfried, der junge Mann.
Sie war auch froh der Freunde und tat wohl weislich daran.
15. Die Schöne sprach: „Du machtest mir frohe Mär bekannt:
Ich lasse dir zum Lohne geben reich Gewand,
Und zehn Mark von Golde heiß' ich dir tragen."
Drum mag man solche Botschaft reichen Frauen gerne sagen.
Frohlockend zieht bald das Heer ein, und Siegfried wäre nach Niederland
heimgekehrt, wenn nicht der Gedanke an die holde Maid ihn zurückgehalten hätte,
da er sie bei einem Hofgelage, welches Günther angekündigt hat, zu sehen hofft.
Künstes Abenteuer.
Wie Siegfried Kricmhildrn zuerst ersah.
Zur Feier des Hosgelages strömen von nah und fern die Gäste herbei.
1. An einem Pfingstmorgen sah man sie alle gehn,
Wonniglich gekleidet, viel Degen ansersehn,
Fünftausend oder drüber, dem Hofgelag entgegen.
Da hub um die Wette sich viel Kurzweil allerwegen.
2. Der Wirt hatt' im Sinne, was er schon längst erkannt,
Wie von ganzem Herzen der Held von Niederland
Seine Schwester liebe, sah er sie gleich noch nie.
Der man das Lob der Schönheit vor allen Jungfrauen lieh.
3. Er sprach: „Nun ratet alle, Freund oder Untertan,
Wie wir das Hofgelage am besten stellen an,
Daß man uns nicht schelte darum nach dieser Zeit:
Zuletzt doch an den Werken liegt das Lob, das man uns beut." 4
4. Da sprach zu dem Könige von Metz Herr Ortewein:
„Soll dies Hofgelage mit vollen Ehren sein,
So laßt Eure Gäste die schönen Kinder sehn,
Denen so viel Ehren in Burgundenland geschehn.
Hense, Lesebuch. I. 4. Aufl.
4
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
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50
Dritte Periode, von 1100 bis 1300, oder erste Blüteperiode.
5. „Was wäre Mannes Wonne, was freut'’ er sich zu schaun.
Wenn nicht schöne Mägdelein und herrliche Fraun?
Drum laßt Eure Schwester vor die Gäste gehn."
Der Rat war manchem Helden zu hoher Freude geschehn.
6. „Dem will ich gerne folgen", der König sprach da so.
Alle, die's erfuhren, waren darüber froh.
Er entbot es Frau Uten und ihrer Tochter schön.
Daß sie mit ihren Maiden hin zu Hofe sollten gehn.
7. Da ward aus den Schreinen gesucht gut Gewand,
Soviel man eingeschlagen der lichten Kleider fand,
Der Borten und der Spangen; des lag genug bereit.
Da zierte sich gar minniglich manche weibliche Maid.
8. Da ließ der reiche König mit seiner Schwester gehn
Hundert seiner Recken, zu ihrem Dienst ersehn
Und dem ihrer Mutter, die Schwerter in der Hand:
Das war das Hofgesinde in der Burgunden Land.
9. Ute, die reiche, sah man mit ihr kommen:
Die hatte schöner Frauen sich zum Geleit genommen
Hundert oder drüber, geschmückt mit reichem Kleid;
Auch folgte Kriemhilden manche weibliche Maid.
10. Aus einer Kemenate sah man sie alle gehn:
Da mußte heftig Drängen von Helden bald geschehn.
Die alle harrend standen, ob es möchte sein.
Daß sie da fröhlich sähen dieses edle Mägdelein.
11. Nu gie diu minnecliche also der morgenröt
tuot üz den trüeben wölken, da schiet von maneger not
der si da truog in herzen und lange het getan:
er sach die minneclichen nu vil herlichen stän.
12. Ja lullte ir von ir waete vil manec edel stein:
ir rösenrötiu varwe vil minneclichen schein.
ob iemen wünschen solde, der künde niht gesellen,
daz er ze dirre werlde hete iht schceners gesehen.
13. Sam der hellte mäne vor den Sternen stät,
des schin so lüterliche ab den wölken gät,
dem stuont si nu geliche vor maneger frouwen guot.
des wart da wol gehoehet den zieren heleden der muot.
11, 1 gie praet. zu gän, gehen, kommen. — 3 het getan = im Herzen getragen hatte.
12, 1 lullte praet. von bullten. — 3 was auch einer sich wünschen mochte; sehen,
gesellen — sagen, zugestehen.
13, 4 gehoehet — erhöht.
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