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sche Spiele erfreuen die Jugend, und körperliches Geschick giebt
Ehre und Auszeichnung. Die starken Körper können viel ertragen,
Kälte besser als Hitze, Entbehrungen besser als Genuß. Heftig und
ungestüm sind sie beim Angriff, dach die Ausdauer ist nicht immer dem
Anfang gleich. Zwar wird ihre Klugheit und Verschlagenheit ge-
rühmt, doch im Ganzen ist der Sinn gerade und offen und ohne
Falsch. Der Germane ist gastfrei gegen den Genossen und Nach-
bar, auch gegen den Fremden, wenn er empfohlen und bekannt ist.
Hinterlist und Verrath sind selten und werden hart bestraft.
Die Germanen glaubten an etwas Heiliges und an die Gabe Priesterinnen
der Weissagung in den Frauen; sie verachteten deren Rath in den llgmten!
wichtigsten Dingen nicht und merkten streng auf deren Antwort, die
religiöse Scheu vor den Frauen und die prophetische Gabe, die man
ihnen zuschrieb, mußte sie vorzüglich zum priesterlichen Amte befä-
higen. Jeder freie Germane war der Priester seines Hauses. Ne-
den dem Hausvater konnte aber auch die Hausmutter priesterliche
Geschäfte vollziehen, neben den Priestern der Gemeinde werben
auch Priesterinnen der Gesammtheit erwähnt. Ob alle germanischen
Stämme die Frauen mit dem Priesterthum bekleideten, wissen wir
freilich nicht. Die Hauplthätigkeit der priesterlichen Frauen war die
Weissagung, durch welche sie zugleich auf die politischen Verhält-
nisse bedeutenden Einfluß übten. Im Frieden und im Kriege ward
die geheime Kunde dieser Frauen gesucht, und was sie aus dem
Loose, aus dem rinnende« Opferblute oder anderen Zeichen erschau-
ten, bestimmte oft mehr als der Rath erfahrener Männer die Un-
ternehmungen. Die Weissagung und das Gebet waren nicht die
einzigen gottesdienstlichen Pflichten der Priesterinnen. Auch Ge-
sang und Tanz gehörten zum Kultus. Dazu kam noch das Opfern.
Die Germanen brachten Menschen-, Thier- und Fruchtopfer. Bei
allen drei Arten waren die Priesterinnen beschäftigt. Neben den
Priesterinnen fand sich schon früh eine Menge Frauen, welche sich
vorzugsweise der Weissagung widmeten und weise oder kluge Frauen
genannt wurden. Sie wurden in alter Zeit hoch geachtet und fast
göttlich verehrt, aber später verspottet und verfolgt. Wir kennen
diese Frauen besonders aus den zahlreichen nordischen Quellen.
Diese Weiber ziehen im Lande umher, weissagend, mit Zauber-
sprüchen vertraut und im Zauberwerk geübt; sie werden von den
Gläubigen eingeladen, ihnen über das Leben, über das Gedeihen
der Feldfrüchte im nächsten Jahre und über anderes zu weissagen.
Nordische Erzählungen berichten von den Walen oder weisen Frauen,
welche, gewöhnlich von einem Gefolge umgeben, im Lande herum-
wandern, bei den Herbstgastereien willkommene Gäste sind^ in der
Nacht den Zauber sieden und vom vierbeinigen Schemel herab ihre
Weissagungen verkünden. Eine andere Thätigkeit der Frauen war
die Heilung der Krankheiten. Fast überall im Alterthume und im
Mittelalter war der Priester auch Arzt. Die Auffassung der Krank-
heit als eine Strafe der Gottheit mußte den Priester zur Heilung
derselben berufen, da er durch Gebet und Opfer die zürnende Macht
versöhnen konnte. Vorzüglich erschienen die Priesterinnen zur Heil-
kunst befähigt, da sie mit geheimen Sprüchen und Liedern und mit
3 *
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
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Flachsbau und das Spinnen war der Obhut der höchsten Göttin
anvertraut, und Nonnen wie Schwanjungfrauen und Riesinnen dreh-
ten feine Fäden aus köstlichem Flachs. Schon in ältester Zeit muß
also das Leinengespinnst in unserm Volke beliebt gewesen sein. Pli-
nius erzählt, daß die deutschen Weiber leinene Kleider für die
schönsten hielten und in der Kunst, sie zu weben, wohl erfahren wä-
ren. Der Flachsbau ist also zeitig in Deutschland sorgsam betrie-
den worden. Die Zubereitung des Flachses besorgten die Mägde;
am Rocken aber saß die Unfreie, die Bäuerin und die Fürstin.
Das Weben besorgten die Frauen. Auch die Wollenweberei war
früh bekannt, und auch hier waren die Weiber vom Beginne der
Zubereitung an thätig, so daß sie die Gewänder vom Anfang an
bis zur Vollendung unter der Hand hatten. Die Sorge des Hau-
ses und des Feldes lastete auf der Frau, die mit den Kindern,
kriegsuntüchtigen Männern und den Unfreien die Wirthschaft be-
stellte. Ein großes Lob der Frau war es, gutes Bier brauen zu
können. Gleichsam den Mittelpunkt der häuslichen Geschäfte des
Weibes bildete die Besorgung der Küche. Das Zeichen der Haus-
frau waren die Schlüssel.
Grundsatz der Germanen war, daß nur derjenige ein selbstän-
diges und vollberechtigtes Glied des Volkes sein konnte, der alle
Pflichten der Gemeindemitglicdcr zu erfüllen vermochte. Damit ist
die Unselbständigkeit der Weiber ausgesprochen; denn das Waffen-
führen kam ihnen nicht zu, und damit ist zugleich bestimmt, daß sie
keinen Landbesitz haben konnten, da sich an ihn alles Recht und
alle Pflicht des Gemeindegliedes knüpfte. Die Germanen waren
aber zu billig, als daß sie das Weib rechtlos machen wollten; es
ward ihm daher eine rechtliche Vertretung und Vertheidigung sei-
ner Person gegeben, welches Verhältniß Mundschaft oder Vormund-
schaft heißt. Auch der Knabe stand so lange, bis er wehrhaft ge-
macht war und liegendes Eigenthum zu selbständiger Verwaltung
empfing, in der Mundschafl; das Weib aber entwuchs ihr nie und
nur ausnahmsweise trat es in ein freieres Verhältniß. Wir haben
zwei Stufen der Bevormundung zu scheiden; auf der ersten befand
sich das Weib, so lange es unerwachsen war; auf die zweite freiere
trat es, sobald es mannbar wurde. Der Vormund der Ehefrau
war ihr Mann; der Vormund des unverheiratheten Weibes war
der Vater. Nach dessen Tode folgte meistens der älteste Schwert-
magen des Mädchens, also sein ältester Bruder. Die Pflichten des
Vormundes bestanden in der Verwaltung des Vermögens oder der
Beaufsichtigung der Verwaltung; dann in der Wahrnehmung der
persönlichen Interessen; endlich in der rechtlichen Vertretung, ein-
mal also in der Pflicht Klage zu erheben, das andere Mal ihr zu
antworten.
Die Germanen bewiesen den Frauen und ganz besonders den
Jungfrauen hohe Achtung. Selbst im Kriege suchten sie die Hoch-
haltung der Frauen zu bewahren und bewiesen ihnen Schonung.
Auch im Kriege sollten die Weiber an ihrem Leibe und Gute Frie-
den genießen und nicht beschädigt werden. Als die festeste Bürg-
schaft des Friedens zweier Stämme wurden vornehme Jungfrauen
als Geiseln gegeben. Die Frauen standen mit den Kindern hinter
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wie Himmel, Licht und Tag leuchtende Herr. Er wohnte in weit-
schimmernder Wohnung, in welcher alles von Gold und Silber
glänzte; sein Sohn war Prant, der strahlende, seine Gattin
Nanna, die kühne. Dem Paltar waren besonders Brunnen, Auen
und Haine geweiht. In Thüringen und Baiern wurde Paltar un-
ter dem Namen Phol verehrt, und dieser Name lebt noch in ein-
zelnen Ortsnamen fort, z. B. Pholesbrunnen, jetzt Phulsborn in
Thüringen.
Paltars Sohn war Forasizo, der Vorsitzende, wie Paltar
ein Gott des Rechtes und der Gerechtigkeit, der Vorsteher der Ge-
richte, der alle Händel schlichtete. Er wurde auf der Insel Heili-
genland, dem heutigen Helgoland, hoch verehrt.— Aki, der Meer-
gott, wohnt in leuchtender Halle; Wol, der kampfesmuthige, war
ein Gott der Jagd. — Lohho, Loko, der Loki des Nordens,
war der einzige Gott, dessen Sinn dem Bösen stets zugewandt
war. Er ist das Verderben; sein boshafter Rath, seine List, sein
Trug stört die Harmonie der schaffenden Gewalten. Er war schuld
an dem Tode Paltars, floh, die Strafe fürchtend, die Wohnungen
der Himmlischen und verbarg sich in Fischgestalt in einem Wasser.
Aber das Böse gräbt sich selbst die Grube; Loko, der Erfinder des
Netzes, wurde von den Göttern mit einem Netze gefangen und über
die scharfen Kanten von drei Felsen gebunden.
Die Göttinnen werden hauptsächlich gedacht als umherziehende, Die Göttin
einkehrende Göttermütter, von denen die Menschen die Geschäfte ncn‘
des Haushalts wie des Ackerbaus erlernen: Spinnen, Weben, Säen
und Ernten. Diese Arbeiten führen Ruhe und Frieden im Lande
mit sich, und das Andenken daran haftet in lieblichen Ueberliefe-
rungen noch fester als an Kriegen und Schlachten, an denen die
meisten Göttinnen gleich den Frauen nicht Theil nehmen. Fast in
allen Sprachen wird die Erde weiblich und im Gegensatz zu dem
sie umfangenden väterlichen Himmel als gebärende, fruchtbringende
Mutter aufgefaßt. Ein Theil der Germanen verehrten sie unter
dem Namen Nerthus. Tacitus berichtet, wie auf einer Insel des
Oceans (vielleicht Rügen) ein heiliger Hain liege, in demselben stehe
ein mit Decken verhüllter Wagen. Nur ein Priester darf ihm na-
hen, er erkennt wann die Göttin ihn besteigt und folgt mit großer
Ehrfurcht dem von Kühen gezogenen Wagen. Dann sind frohe
Tage und Feste an allen Orten, welche die Göttin des Besuchs
und der Einkehr würdigt. Kein Krieg wird begonnen, die Waffen
ruhen, verschlossen liegt alles Eisen, bis derselbe Priester die des
Umgangs mit den Sterblichen gesättigte Göttin dem Tempel zu-
rückgiebt. Dann wird der Wagen und die Decken in einem ge-
heimnißvollen See gewaschen und, wenn man es glauben will, die
Göttin selbst darin gebadet. Sklaven dienen dabei, welche alsbald
derselbe See verschlingt. Diese Umfahrt der Mutter Erde hat Frie-
den und Fruchtbarkeit zur Folge. Aehnliche Umfahrten, das Fah-
ren eines Pflugs oder eines Schiffs durch die Landschaft, fanden
an anderen Orten statt; sie bezeichnen die Sichtbarwerdung einer
wohlthätigen, gütigen Gottheit unter den Menschen, die sich ihr
allenthalben mit Freudenbezeugungen nahten; sie fanden statt im
TM Hauptwörter (50): [T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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Wichte und
Elbe.
mit den Männern; das Geschäft und die Bestimmung der Halb-
göttinnen ist, daß sie den obern Göttern dienen und den Men-
schen deren Willen verkündigen. Das Amt der Halbgöttinnen ist
bedeutsamer und von tieferem Einfluß auf das Leben und Treiben
der Menschen als die Thaten der Helden; ihr Ansehen und ihr
Kultus ist größer als die Verehrung der Heroen. Von jeher wurde
bei den Deutschen die Frau mit Achtung und Ehrfurcht behandelt;
die Deutschen glaubten, daß den Frauen etwas Göttliches und Vor-
ahnendes inwohne, daß Zauber und Weissagung besonders ihre
Gaben seien. Dies galt nun in besonders hohem Grade von den
halbgöttlichen Frauen, welche daher kluge, weise Frauen hie-
ßen. Unter diesen stehen obenan die drei Schicksalsgöttinnen, die
Moiren der Griechen, die Parzen der Römer, unsere Norni:
Wurt, Werdandi und Skuld, das Gewordene, das Werdende,
das Werdensollende, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Wurt,
die Vergangenheit, war von Herzen gütig und durch ihr Alter ehr-
würdig ; sie wurde vorzugsweise verehrt und war gleichsam die
Vorsteherin der drei Nornen. Ganz das Gegentheil von ihr war
die jüngste, Skuld; jugendlich rasch naht sie heran und im Nahen
verschwindet sie schon wieder, ihrer zweiten Schwester Platz zu
machen. Ihrer ewigen Beweglichkeit ist die Ruhe der älteren Schwe-
ster verhaßt; was sie im Schilde führt, weiß Niemand.
Die Walküren, die göttlichen Botinnen Allvaters, waren
es, welche den Wal (die Erschlagenen auf dem Schlachtfelde) kü-
ren, kiesen, holen, in Empfang nehmen und die Helden in die
göttliche Wohnung Wuotans tragen. Von diesem Walten in der
Schlacht heißen sie auch Schlachtmädchen, und weil sie gerüstet mit
Schild und Helm ausziehen, Schildjungfrauen, Helmjungfrauen.
Sie sind die Schutzgeister der Helden. Wie die Nornen, so spin-
nen und weben auch die ihnen verwandten Walküren, und zwar
nicht nur die Geschicke der Schlacht, sondern sie spinnen auch am
Seestrande fitzend köstlichen Flachs. Dann ziehen sie Schwanhemden
an. Oft finden die Helden sie auch, wann sie sich in der kühlen
Fluth baden, nehmen das am Ufer liegende Schwangewand und
bringen dadurch die Jungfrauen in ihre Gewalt. Die Seen, an
welchen die Schwanjungfrauen erscheinen, liegen meist in
den tiefen, geheimen Schatten eines Waldes und deshalb heißen
die Jungfrauen auch Waldfrauen, Waldminnen, Meer-
minnen.
Von den Halbgöttern unterscheidet sich eine ganze Reihe von
Wesen hauptsächlich dadurch, daß sie nicht wie jene von den Men-
schen ausgehen, sondern gleichsam ein Reich für sich bilden und nur
durch Zufall oder Drang der Umstände bewogen werden, mit Men-
schen zu verkehren. Sie besitzen die Kraft den Menschen zu schaden
und zu helfen, scheuen sich aber vor ihm, weil sie ihm leiblich nicht
gewachsen sind. Entweder find sie weit unter menschlicher Größe
oder ungestalt. Die weiblichen Wesen erscheinen edler und gleichen
den Göttinnen und weisen Frauen; die männlichen Geister scheiden
sich bestimmter ab von Göttern wie von Helden. Die Namen dieser
Wesen find Wichte, Elbe oder Elben, und es giebt weiße,
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64
Wassergeister
und Haus-
geister.
stens den Menschen, sie fühlen sich nicht mehr behaglich und zie-
hen fort.
Zu den elbischen Wesen gehören auch die Wassergeister, die
Wasserholden, welche jetzt Nix und Nixe genannt werden. Sie
erscheinen selten in Gesellschaft, meistens allein; sie haben oft mensch-
liche Größe, tragen einen grünen Hut und zeigen, wenn sie den
Mund blecken, grüne Zähne. Oft haben sie gleich den Wasservögeln
übergroße Füße. Die Gestalt der Nixe ist weniger schön, die der
Nixen hingegen von zauberischer Schönheit. Diese erscheinen oft
um Mittag auf den Wellen und wiegen und sonnen sich, während
sie mit goldnem Kamm ihre langen Haare strählen. Weniger die
Nixe, mehr die Nixen suchen den Umgang mit Menschen. Die letz-
teren gehen oft ans Land, nur an dem nassen Kleidersaum oder dem
Zipfel ihrer Schürze erkennbar, und mischen sich gern in die heite-
ren Tänze der Dorfjugend. Sie lieben überhaupt wie die Elben
Musik, Gesang und Tanz. Sie haben unter dem Wasser prächtige
Wohnungen, in welchen sie ganz nach menschlicher Weise wirth-
schaften. Auch die Wassergeister bedürfen wie die Elben bisweilen
menschlichen Beistand. Oft bezeigen sie sich gegen die Menschen
freundlich und hülfreich, bisweilen sind sie ihnen auch gefährlich.
Die Nixen locken durch ihren Gesang schöne Jünglinge in die Tiefe,
und der Nix stellt schönen Mädchen nach. Jedes Jahr fordert der
Nix sein Opfer, und zwar gewöhnlich ein Menschenopfer. Die alte
Opferzeit war um Johanni, und deshalb vermeidet man noch jetzt
an diesem und den folgenden Tagen das Baden. Auch die Wasier-
geister haben Kunde von den künftigen Dingen.
Die Hausgeister stehen dem Menschen am nächsten; sie ge-
sellen sich zu ihm und schlagen ihre Wohnung unter dessen Dach
oder in dessen Gehöfte auf. Sie verkehren freundlich mit den Men-
schen, sind ihnen hülfreich und haben Glück und Segen in ihrem
Geleit. Die Hausgeister find nur männlich oder vielmehr geschlecht-
los. Sie stehen in besonderer Beziehung zum Heerd, unter dem sie
öfters hervorkommen und wo auch die Thür zu ihrer unterirdischen
Wohnung zu sein scheint. Auch stellte man ihnen Gaben dahin,
und zwar in die kleinen Nischen, welche man noch in Bauernhäusern
und alten Häusern der Städte neben dem Heerde findet. Sie sind
Heerdgötter und find den Penaten, den Laren der Römer gleich,
wie auch ihre Namen in unserer alten Sprache beweisen: llüsinx
oder »totikot d. i. Geist der Stätte, ingoumo d. i. Hüter des inne-
ren Hauses, ingeside d. i. Ingesinde, Hausgesinde. Andere trau-
liche Namen sind: Gesell, Gutgesell, Nachbar, lieber Nachbar. Die
Hausgeister sind klein wie ein zwei- bis dreijähriges Kind; sie tra-
gen wie Zwerge und Nixen einen Hut, der aber bei ihnen spitz und
roth wie ihre Haare ist. Bei allen häuslichen Geschäften zeigen sich
die Hausgeister thätig und helfend, vorzüglich in Küche und Stall.
Sie kehren und scheuern Hof, Haus und Küche, putzen das Geschirr,
schüren das Feuer, besorgen das Vieh, melken und buttern, hacken
und tragen Holz u. s. w. Besonders thätig sind sie, wenn bald
Gäste kommen, was sie im voraus wissen, und richten alles auf den
Empfang und Bewirthung derselben ein. Als Dank für seine Ar-
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96
Friedfertig-
keit und Ta-
Pferkcik der
Slawen.
Ackerbau, Ge-
werbe und
Handel.
Die Slawen waren sanft und still, liebten Ackerbau, Handel
' und Gewerbe, zagen ein ungestörtes und friedfertiges Leben Erobe-
. rungszügen vor; darum werden sie bei den griechischen und römischen
Geschichtschreibern weit weniger genannt als ihre Nachbarn, die wil-
den, kriegerischen Skythen, Sarmaten u. s. w. Als die Slawen nach
und nach theils durch das Beispiel der Hunnen, Awaren und Bul-
garen, theils durch die von ihren Nachbarn erlittene Unbill aufge-
reizt in Kämpfe mit den byzantinischen Griechen an der Donau und
mit den Germanen an der Elbe geriethen, wissen die Geschichtschrei-
der mehr von ihnen zu erzählen. Trotz ihrer Neigung zu einem
stillen häuslichen Leben waren die Slawen nicht ohne Geschick für
die Kriegskunst; man darf auch nicht annehmen, daß sie in ihrer
Hcimath jegliche Unbill ihrer Unterdrücker friedlich hingenommen ha-
den. Die Slawen verstanden da, wo es nothwendig war, die Waf-
fen so tapfer zu führen als ihre geübteren Widersacher; sie trieben
aber den Krieg nicht als Handwerk, als Mittel zum Lebenserwerb
wie die Sarmaten, Gothen, Vandalen und andere, sondern lediglich
zur Vertheidigung. Wir finden allerdings einige Stämme der Sar-
maten, Kelten, Germanen und später auch der uralischcn Finnen
in dem slawischen Urlande, zum Theil sogar als Beherrscher einzel-
ner slawischer Stämme, indeß ihre Herrschaft hatte keinen Bestand.
Wer kann aber glauben, daß die Sarmaten, Kelten, Gothen und
Vandalen die herrlichen Ebenen an der Weichsel und am Dniepr
freiwillig verlassen haben, wo sie sich von fremder Arbeit hätten
bequem nähren können? Schon Taeitus deutet auf die Tapferkeit
und Streitbarkeit der Weneden hin; spätere Nachrichten bezeugen,
daß die Slawen Tapferkeit, Uebung und Ausdauer im Kriege
besaßen.
Die Slawen waren nicht Nomaden, sondern hatten feste Wohn-
sitze. Eine natürliche Folge ihrer langen Ansässigkeit in den in Eu-
ropa zum Ackerbau vorzüglich geeigneten Ländern, in den Dniepr-
und Weichselebenen, war ihre Neigung zum Ackerbau. In dem Ur-
lande der Slawen blühte der Ackerbau und der Getraibehandel be-
reits zu Herodots Zeiten. Im Lande der Budiner gab es eine große
hölzerne Stadt, die von griechischen Kaufleuten bewohnt war. Die
Neigung zum Ackerbau wurde dadurch unterstützt, daß sich die Sla-
wen in viele kleine von einander abhängige Gemeinden theilten, die
sich selbst regierten. Förderlich war auch dem Ackerbau die Gewohn-
heit, die Häuser in gewissen Entfernungen von einander zu bauen,
so daß jede Familie inmitten ihrer Ländereien wohnte. Das mit
Ackerbau beschäftigte Volk, welches sich gegen Ausländer freundlich
und verträglich zeigte, konnte nicht lange die Gewerbe und den Han-
del entbehren. Neben der Neigung für den Ackerbau, die Bienen-
zucht, die Jagd und die Viehzucht war besonders der Handel eine
Lieblingsbeschäftigung der Slawen. Nach der Lage ihres Landes
war ein großer Theil des Handels zwischen Asien und Westeuropa
in ihren Händen oder hatte wenigstens den Zug durch ihr Land.
Viele slawische Wörter deuten auf einen ehemaligen regen Verkehr
zwischen dem Oriente und den Slawen. Zu Herodots Zeit blühte
der Handel an dem Borysthenes (dem Dniepr und der Beresina),
an dem Slawen angesessen waren. Im ersten Jahrhundert v. Ehr.
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T192: [Italien Reich Gallien Volk Land Römer Donau Hunnen Jahr König], T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung]]
Extrahierte Personennamen: Herodots Herodots
Extrahierte Ortsnamen: Donau Dniepr Asien Westeuropa
162
Hofe ein, mit dessen allgemeiner Ordnung sie es zunächst zu thun
zu haben scheinen. Sie sorgen für die Bedürfnisse der Hofhaltung,
haben über königliche Gelder und Einkünfte zu verfügen; durch
ihre Hand geht was der König den Armen spendet; und damit ver-
bindet sich dann ein bedeutender Einfluß auf die Geschäfte des Kö-
nigs überhaupt. Bei Berathungen und Gerichtshandlungen waren
sie zugegen. Ihr Rang war ein bedeutender, so daß es für den
Grafen als Beförderung galt, zu einer solchen Stelle erhoben zu
werden. Auch erscheinen die vome8tiei als Beamte des Königs in
den Provinzen.
Das Amt des Majordomus oder Hausmeier ist ursprünglich
dem des Domesticus verwandt gewesen, hat dasselbe aber allmä-
lig ganz verdrängt. Der Magordomus wie der Domesticus be-
sorgten die Geschäfte des königlichen Hauses, sie hatten die Aufsicht
über die Güter und Leute des Königs. Der Hausmeier war
ursprünglich ein Vorsteher des königlichen Hauses, ein Hofbeamter.
Jede Hofhaltung, die des Königs, die der Königin und die der
Prinzen, hatte ihren Hausmeier. Vielleicht gab es in jeder Pfalz
des Königs einen eigenen Hausmeier. Die Macht des Majordomus
erlangte aber bald eine, solche Bedeutung, daß sie eine Theilung
unter mehrere nicht mehr zuließ. Nur jedes der drei Reiche, Au-
strasien, Neustrien und Burgund, hatte noch längere Zeit seinen ei-
genen Hausmeier, bis erst der neustrische sich über alle zu erheben
suchte, zuletzt aber ein austrasisches Geschlecht sich die Gewalt aus-
schließlich anzueignen wußte. Von dem königlichen Hause ist die
Gewalt des Hausmeiers ausgegangen, hat sich aber bald in weite-
ren Sphären geltend gemacht. Denn das Haus umfaßte nicht bloß
den Palast, in dem, der König wohnte, sondern auch den Hof mit
allem was dazu gehörte und die Gesammtheit der königlichen Be-
sitzungen. Dem Vorsteher des königlichen Hauses waren alle Per-
sonen und Verhältnisse am Hofe untergeordnet, so daß er der erste
und angesehenste unter den Hofbeamten war. Je mehr nun die
ganze Regierung des fränkischen Reiches den Charakter einer Hof-
regierung annahm, desto bedeutender und einflußreicher mußte die
Wirksamkeit der obersten Hofbeamten werden. Die Erziehung der
jungen Leute, die sich hier für den Staatsdienst ausbilden wollten,
stand zum Theil unter seiner Leitung; die Besetzung der Hofämter
geschah wahrscheinlich unter seiner Mitwirkung; wenn die Umge-
bung des Königs sich zur Berathung versammelte, nahm der Haus-
meier den nächsten Platz nach dem König ein, und vertrat den Kö-
nig, wenn dieser abwesend war; er führte für den König den Vor-
sitz und besorgte die Geschäfte. Unter minderjährigen Königen lei-
tete der Majordomus die Erziehung des Königs und die Rcichsver-
wesung. Der Hausmeier hatte die Aufsicht und Verwaltung des
königlichen Gutes. Er ist mit der Erhebung der königlichen Ein-
künfte beschäftigt, die Beitreibung der Steuern geht zum Theil
durch seine Hand. Der Majordomus ist mit einer Oberaufsicht über
das königliche Vermögen und mit einer Vertretung desselben gegen
fremde Ansprüche beauftragt. Auch die allmälig aufkommenden,
von dem König gemachten Verleihungen von Gut und Land, die
Beneficien, find unter die Aufficht des Hausmeiers gestellt. Bei
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit], T132: [König Karl Italien Otto Kaiser Papst Reich Sohn Rom Jahr], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung]]
19?
Karls Sorgfalt und Thätigkeit erstreckte sich auf alle Verhält-
nisse. Auch für seine ökonomischen Angelegenheiten war er ange-
legentlich besorgt. Wenn er auf seine Höfe kam, ließ er sich die
Rechnungen vorlegen, wo alles, bis auf die Anzahl der Eier, ein-
getragen sein mußte, überzählte Einnahme und Ausgabe, rechnete
seinen Verwaltern nach und machte Bauanschläge, als wäre er nichts
als ein Landmann. Seine Verordnungen und Anweisungen über
den Ackerbau und die Gartenkultur auf den königlichen Gü-
tern werden von Kennern als ein bewundernswürdiges Denkmal sei-
ner Einsicht in die Landwirthschaft gepriesen. Ferner ließ Karl
Dörfer und Klöster anlegen, Sümpfe austrocknen und Wälder ur-
bar machen. Seine Bauten waren zahlreich und sehr bedeutend.
Bei Mainz erbaute er eine hölzerne Brücke, deren Herstel-
lung zehn Jahre erforderte. Sie brannte im Jahr vor seinem Tode
ab, und Karl faßte den Entschluß, sie durch eine steinerne zu er-
setzen. Die Erbauung einer Brücke über die Donau kam nicht zu
Stande. An mehreren Orten ließ Karl prächtige Paläste auf-
führen, unter welchen die zu Aachen, Ingelheim und Nimwe-
gen die berühmtesten sind. Einen festen Wohnsitz hatte Karl nicht,
am liebsten wohnte er auf seinen Schlössern in den Rheinlanden
und vorzüglich zu Aachen, wo er, außer jener Pfalz, der Mutter
Gottes zu Ehren eine Kirche bauen ließ, welche Eginhard als ein
Gebäude von bewundernswürdiger Schönheit beschreibt. Auch anderen
ward das Bauen dringend empfohlen, und besonders den Bischöfen ans
Herz gelegt, die Kirchen ihres Sprengels in gutem Stand zu erhalten.
Für Gewerbe und Handel that Karl ebenfalls sehr viel.
Er munterte die Kaufleute auf, gewährte ihnen bedeutende Vor-
rechte, gab Handelsgesetze und sicherte durch strenge Gesetze die Rei-
sen der Kaufleute. Den Juden, welche sich ausschließlich mit dem
Handel beschäftigten, gab er trotz der Vorurtheile seiner Zeit so
viele Rechte, als die Menschlichkeit gebot und der Vortheil des
Staates verlangte. Mit den Slawen an der Ostsee und mit den
Griechen ward Verbindung angeknüpft. Jene lieferten Sklaven
und Pelze, diese Edelsteine, Zeuge und Südfrüchte. Es wurden
neue Marktplätze errichtet und fremde Kaufleute zugelassen. Die
Handwerke wurden damals meistens noch von Weibern und Knech-
ten betrieben. Karls eigene Töchter mußten weben und sticken und
das Hauswesen besorgen und allen Weibern des Landes zum Mu-
ster dienen. Was die Römer in Gewerben und Künsten geleistet,
das suchte Karl den Franken zu eigen zu machen. Die vielen Ar-
ten von Gewerken, vom Goldarbeiter bis zum Schuhmacher, zeigen
wie viel damals schon für die Bequemlichkeit und Schönheit des
Hauswesens gethan wurde. Schön gewirkte und gestickte Gewän-
der, bunte Röcke und Fahnen, zierliche Möbeln, goldene und sil-
berne Gefäße mit bildlichen Darstellungen, prächtige Waffen, Glas-
fenster und musikalische Instrumente machten das häusliche gesellige
Leben schon behaglich und prächtig. Unter anderen Kostbarkeiten
soll Karl einen goldenen und drei silberne Tische gehabt haben.
Auf den letzteren war Alt-Rom, Neu-Rom und der Erdkreis ab-
gebildet. In St. Gallen goß zu Karls des Großen Zeit der Mönch
Tancho die erste Glocke.
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T72: [Kloster Kirche Jahr Bischof Kaiser Karl Otto Dom Grab Leiche], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T168: [Holz Tisch Messer Stück Honig Stuhl Griffel Hand Narbe Papier], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung]]
Extrahierte Personennamen: Karls Karl
Dörfer Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karls Karl Karl Karl Karl Karls
Extrahierte Ortsnamen: Karls Mainz Donau Rheinlanden Aachen Ostsee Karls Neu-Rom
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an sie geknüpft waren, diejenigen aus, welche sie zu diesem Zwecke
in ihren besonderen Dienst nahmen, zeichneten sie durch Ehren und
Vortheile aus, unterschieden sie durch den Namen Ministerialen
von den übrigen Grundholden und schufen so eine neue auf die
Nachkommen übergehende Rechtsform, welche das Recht der Mini-
sterialen genannt wurde. Dieses Recht, anfangs nur durch das Her-
kommen fortgepflanzt, wurde von den Königen bestätigt. Auf diese
Weise wurde der Name Ministerialen, welcher früher in einem
sehr weiten Sinne gebraucht worden war, die Bezeichnung eines
von den Freien einerseits und von den gemeinen Unfreien an-
drerseits genau unterschiedenen Standes. Von ihrem Dienste wur-
den sie Dienstmannen genannt, aber von den freien Rittern un-
terschieden. Alles dieses entstand zuerst bei den Stiften und Ab-
teien , wurde aber von den weltlichen Großen nachgeahmt.
Je mehr die Ehre des Kriegsdienstes alles Andere zu überstrah-
len anfing, um desto mehr hob sich auch die Bedeutung dieser Die-
nerschaft. Bald traten auch Freie mit Aufgebung ihrer Freiheits-
rechte in die Ministerialität. Der tapfere, von seinem Herrn ge-
ehrte und in dessen Umgebung an feinere Sitten gewohnte Ministe-
rial wurde trotz seiner Unfreiheit nicht geringer angesehen, als der
freigeborne Rittersmann. Er war wie dieser waffenfähig, zum
Zweikampf und zur Fehde berechtigt; konnte Knappe sein und die
Ritterwürde erwerben; pflanzte Namen und Beschäftigung auf die
Nachkommen fort und gründete ebenfalls ein ritterliches Geschlecht.
So waren die Ministerialen in einer merkwürdigen Mischung zu-
gleich Unfreie und vornehme Leute.
Die Dienste der Ministerialen waren Hof- und Kriegs-
dienste. Erstere bestanden nur in Diensten höherer Art; sie wa-
ren genau geordnet und vertheilt. Die Bischöfe, Aebte und welt-
lichen Herrn bestellten sich zu ihrer nächsten Umgebung höhere Hof-
beamten, gewöhnlich den Marschall, Kämmerer, Truchseß
und Mundschenk; zuweilen auch Einen, der vorzugsweise der
Ministerial hieß, und Andere. Unter diese war das ganze Haus-
wesen vertheilt. Der Marschall hatte den Marstall, die Gestüte,
Fourage und Weiden unter sich und begleitete den-Herrn auf dessen
Zügen und Rundreisen. Der Kämmerer sorgte für die Bewahrung
der Kleinodien, für Kleidung, Feuerung und Beleuchtung und die
darauf bezüglichen Arbeiten und Lieferungen. Der Truchseß bestellte
die Tafel, der Mundschenk den Keller. Die Vornehmheit dieser Of-
ficialen stieg allmälig so, daß sie häufig mit Zustimmung ihrer
Herren Subofficialen annahmen. Mit jedem Hofamte waren Benefi-
cien und mancherlei Einkünfte verbunden. Ursprünglich wurden diese
Aemter nur auf Widerruf verliehen; später aber wurde angenom-
men, daß die vier oberen Hofämter durch den Tod des Herrn nicht
erledigt sein und beim Tode des Inhabers auf dessen ältesten Sohn
übergehen sollten. Auf diese Weise wurden sie zu Erbämtern und
die mit denselben verbundenen Güter zu Erblehen, und erhielten
sich so bis zu den letzten Zeiten des Reiches.
Jeder Ministerial war sammt seinen Nachkommen einem der
oberen Hofämter zugetheilt. Er leistete seinem Herrn einen Hul-
digungseid, durch welchen er diesen in allen Lagen des Lebens
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den sich wo nicht völlig gleiche, doch ähnliche Einrichtungen. Die
Tüchtigkeit eines jeden zu seinem Geschäft, seine Meisterschaft, wurde
nur durch eine bestimmte Art von Erlernung und Bildung für mög-
lich gehalten, die nach einer vorgeschriebenen Abstufung geregelt
war, und auch das Ritterthum hatte eine solche. Auf den Kreuz-
züzen, wo sich Kämpfer aus allen Ländern Europa's zusammen-
fanden, wo sie Gefahren und Schlachten bestanden, durch das Ziel
des Krieges und durch das Vorbild der geistlichen Ritterorden bil-
dete sich der Gedanke einer höheren Ordnung und Verbindung der-
jenigen, welche das Waffenhandwerk kunstmäßig üben und den Vor-
schriften der Religion und der Kirche, der Ehre und der Lehng-
treue genügen wollten. Um sich der Aufnahme in die große Rit-
terverbindung fähig zu machen, wurde der Sohn des ritterbürtigen
Mannes schon als Knabe (Page, Bube) an den Hof eines an-
deren Ritters, gewöhnlich des Lehnsherrn, geschickt, um neben an-
gemessenen Leibesübungen im Dienst der edlen Frauen Anstand und
feine Sitte zu lernen. War er, in einem Alter von 15 bis 18
Jahren, hinlänglich erstarkt, so wurde er zur Wehrhaftmachung von
den Eltern zum Altar geführt und vom Priester mit dem einge-
segneten Schwerte umgürtet. Nun hieß er Knappe oder Jun-
ker, war der Waffenträger seines Herrn, sorgte für die Pferde,
die Waffen, die Tafel und begleitete seinen Herrn auf dessen Zü-
gen. Hatte sich der Knappe durch Tapferkeit, Frömmigkeit, ehrer-
bietigen Anstand gegen die Frauen hinlänglich bewährt, so wurde er
zum Ritter geschlagen. Diese Aufnahme in den Ritterstand ge-
schah mit großer Feierlichkeit in der Kirche oder bei großen Hof-
festen, in einer glänzenden Versammlung von Fürsten, Edelfrauen
und Geistlichen. Gewöhnlich fastete der Aufzunehmende Tages zu-
vor, brachte die Nacht in der Kirche in Andacht und unter Gebet
zu und nahm am folgenden Morgen ein Bad. Nachdem er dann
gelobt hatte, den Pflichten eines Ritters treu, das Schwert zum
Schutz der Kirche, der Frauen, der Bedrängten zu führen, erhielt
er von einem berühmten Ritter, oft von Königen und Fürsten, ei-
nen oder drei Schläge mit dem flachen Schwert auf den Nacken,
gewöhnlich mit den Worten: Im Namen Gottes, des heiligen Mi-
chael und des heiligen Georg mache ich dich zum Ritter. Ein
Schmaus und andere Festlichkeiten beschlossen die Feier. Oft wurde
der Ritterschlag nach einer gewonnenen Schlacht unmittelbar auf
der Walstatt einer Anzahl von tapferen Jünglingen ertheilt.
Ein Hauptmittel zur Erhaltung des ritterlichen Sinnes waren
die im 11. Jahrhundert entstehenden Turniere. Sie wurden ge-
wöhnlich zur Ehre eines festlichen Tages veranstaltet, und bei ihnen
fanden sich aus der Nähe und Ferne viele tapfere Ritter ein. Diese
waren geschmückt mit Sarpmet, Seide, Gold und feinem Pelzwcrk,
aber beim Kampfspiel trugen sie eiserne Rüstungen und auch die
Pferde waren mit glänzendem Eisenblech bedeckt. Jeder Ritter
mußte bei den Kampfrichtern seine Turnierfähigkeit erweisen. Der
Kampfplatz war mit Schranken umgeben; auf Balkönen und Ge-
rüsten saßen die Damen und vornehmen Zuschauer; rings umher
stand das Volk. Unter kriegerischer Musik ritten die Ritter paar-
weis in die Schranken. Ein Herold rief die Paare auf, wenn
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