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1. Vom Westfälischen Frieden bis zum Ende der Französischen Revolution - S. 26

1905 - Hamburg : Boysen
— 26 — Reichstag, der das Schauspiel heftigster Parteikämpfe bot, nicht entschließen, kräftige Rüstungen zu unternehmen. Die Großen fürchteten, daß ein starkes Heer dem König die Mittel geben könne, sich unumschränkt zu machen. Es wurde freilich beschlossen, das Adelsheer aufzubieten; aber von einer umfassenden Anwerbung wollte man nichts wissen. Wie an Soldaten, mangelte es an Geld. Der König war reich, aber er hielt seine Schätze zurück, und Adel und Geistlichkeit waren auch nicht geneigt, für das Vaterland zu steuern. — In Polen herrschte ein ratloses, sich selbst verzehrendes Durcheinander. Sollte nun der Fürst des aufstrebenden brandenburgischen Staates in dem bevorstehenden Kriegsspiel auf diese Karten setzen, die verloren schienen, ehe noch das Spiel begann ? Sollte er sich der kampfbereiten Übermacht Schwedens entgegenstellen, auf die Gefahr hin, daß der polnische Hof im letzen Augenblick das preußische Königtum Karl Gustav preisgab und sich so einen billigen Frieden erkaufte? Der protestantische Deutsche gegen den protestantischen Schweden zugunsten Polens, das völlig unter dem Einfluß der Jesuiten stand? Wenn eine Eroberung oder Zerstückelung Polens im Werke war, war es nicht für Brandenburg eine politische Notwendigkeit, auch seinen Anteil dabei zu fordern ? Erwägungen solcher Art wurden im Kabinett des Kurfürsten angestellt und veranlaßten ihn, obgleich er im ersten Jahre seiner Regierung dem polnischen Könige den Lehnseid geleistet hatte, die Verbindung mit Karl Gustav zu suchen. Es gelang auch, ein Bündnis zwischen Brandenburg und Schweden abzuschließen. Durch dasselbe verpflichteten sich die beiden Herrscher, einander in dem Kriege gegen Polen beizustehen. Als Kriegsentschädigung sollte Friedrich Wilhelm große Gebietsteile in Polen erhalten; das Herzogtum Preußen wurde ihm jedoch zunächst noch nicht zugestanden. Preußen sollte in den Besitz Schwedens übergehen, und Friedrich Wilhelm sollte das Herzogtum nur als schwedisches Lehen empfangen. Brandenburger und Schweden rückten dann vereinigt in Polen ein, und der polnische König mußte flüchten. — Aber die Polen fanden Bundesgenossen; Russen, Niederländer und Österreicher traten auf ihre Seite, und so zahlreichen Feinden gegenüber konnte sich Schweden-Brandenburg nur mit Mühe behaupten. An kriegerische Eroberungen war nicht mehr zu denken; man hatte genug zu tun, sich gegen die Feinde zu verteidigen. Diese günstige Gelegenheit benutzte der Kurfürst, um dem Schwedenkönig das Zugeständnis abzuringen, daß das Herzogtum Preußen hinfort souverän sein solle. Als der Kurfürst im Anfang des Krieges die Forderung der Souveränität zum erstenmal erhoben, hatte Karl Gustav diese Forderung lachend als eine Vermessenheit behandelt. Es fiel dem Stolze des schwedischen Herrschers auch jetzt sehr schwer, den bisherigen Vasallen von seinen Lehnspflichten zu befreien. Aber der Brandenburger hatte seine Zeit richtig ersehen; es war für Karl Gustav unmöglich, ihn jetzt unbefriedigt von sich zu weisen und ihn den Bewerbungen der Gegner zu überlassen. Im Vertrage zu Labiau wurde die Souveränität des Kurfürsten über das Herzogtum Preußen von Schweden anerkannt, und gegen eine

2. Vom Westfälischen Frieden bis zum Ende der Französischen Revolution - S. 5

1905 - Hamburg : Boysen
— 5 — fälischen Frieden selbst keine Veränderung seines Besitzstandes erfahren. Ein lang ersehnter Gewinn war ihm schon 13 Jahre früher zugefallen, als Kaiser Ferdinand Ii. seinem protestantischen Bundesgenossen im Prager Frieden die Ober- und die Niederlausitz abtrat. Noch immer stand Kursachsen dem öffentlichen Range nach an der Spitze des evangelischen Deutschland; aber sein Einfluß war mehr und mehr geschwunden. Besonders war die reformierte Bevölkerung Deutschlands tief verstimmt, weil der sächsische Hof seit langem ein engherziges Luthertum zur Schau getragen hatte. Der Prager Frieden, durch welchen der Kurfürst um den Preis der Lausitzen die Sache seiner Glaubensgenossen aufgab, erschütterte das Zutrauen zu der evangelischen Gesinnung der Albertiner auch in der ganzen protestantischen Welt. Brandenburg. Eine eigentümliche Stellung unter den deutschen Gebieten nahm Brandenburg ein. Den Kurfürsten von Brandenburg waren nämlich im Anfange des 17. Jahrhunderts durch Erbschaft zwei große Landgebiete zugefallen, welche dem Staate ein völlig verändertes Aussehen gaben. — Die eine Erbschaft hatte dem Hause Brandenburg Cleve, Mark und Ravensburg zugeführt. Freilich war dieses Gebiet zunächst ein Besitz von zweifelhaftem Werte; denn in den wichtigsten Festungen hatten sich während der Kriegszeit die Holländer eingenistet, und die Landstände besaßen hier eine solche Macht, daß sie das fürstliche Regiment in die engsten Grenzen drängten. Aber es stand doch die Tatsache fest, daß das Herrscherhaus der Marken nun auch in diesen westlichen Grenzgebieten des Reichs Fuß gefaßt hatte. Die Gegend am Niederrhein war ein Brennpunkt für das gesamte westeuropäische Staatsleben. Hier berührten sich die Wünsche von Spanien, Österreich, Frankreich, den Niederlanden und England. Indem das Haus Brandenburg hier Besitz ergriff, war es damit aus der Enge der märkischen Heimat auf die Bühne der Weltpolitik hinausgeführt. — Ebenso aussichtsvoll war die andere Erwerbung, die des Herzogtums Preußen. Indem das kurfürstliche Haus diesen einen Teil des alten Ordenslandes von der ausgestorbenen herzoglichen Linie erbte, stand Brandenburg fortan mit einem Drittel seiner Besitzungen außerhalb der Reichsgrenze. Denn das preußische Herzogtum war zwar deutsches Land, aber nicht ein Teil des deutschen Reiches, sondern Lehen der Krone Polen, Schon dadurch nahm der brandenburgische Kurfürst fortan eine Stellung ein, welche sich wesentlich von der Stellung aller übrigen Fürsten unterschied, da diese nur auf dem Boden des Reiches begütert waren. Aber der preußische Besitz brachte das brandenburgische Haus auch mitten in große europäische Verwicklungen hinein. Es handelte sich um die immer aufs neue auftauchende Frage, wer über das Gebiet der Ostsee Herr sein solle. Hier begegneten sich Polen und Schweden, Dänemark, England, die Niederlande und bald auch Rußland in ihren Wünschen und Ansprüchen, und der Besitzer des Herzogtums Preußen und der Hafenstädte Pillau, Königsberg und Memel war für die streitenden Parteien eine Macht, mit der sie rechnen mußten.

3. Vom Westfälischen Frieden bis zum Ende der Französischen Revolution - S. 31

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— 31 — vor sich her. — Aber indem er so vieles gewonnen zu haben schien, war in Wirklichkeit schon alles verloren. Denn es war Ludwig Xiv. gelungen, den Kurfürsten von seinen Bundesgenossen zu trennen. Diese schlossen mit Ludwig allein Frieden und ließen den Kurfürsten im Stich, und so mußte sich Friedrich Wilhelm im Frieden von St. Germain (1679) dazu bequemen, den Schweden das ganze eroberte Land zurückzugeben. Ackerbau, Gewerbe, Handel. Seit den Anfängen seiner Regierung hatte sich Friedrich Wilhelm bemüht, dem entvölkerten Lande neue Arbeitskräfte zuzuführen. Noch in den letzten Jahren des Krieges — die Mark war schon des Friedens teilhaftig geworden — folgten seinem Rufe bäuerliche Kolonisten aus der Lausitz, aus Pommern und den Rheinlanden. Wüste Bauernhöfe gab es allerorten; sie wurden unter günstigen Bedingungen den Zugewanderten übergeben. Eine Zeitlang gewannen sie Abgabenfreiheit; auch überließ man ihnen wohl Ackergerät und Vieh. Besonders wertvoll war für das Land, daß auch Niederländer herbeikamen. Holländische Viehzucht, Milchwirtschaft und Gärtnerei waren unübertroffen; auch war niemand geschickter als die holländischen Bauern, wo es galt, die Sumpfgebiete der Mark trockenzulegen und fruchtbar zu machen. — Nicht minder verdienstlich waren die Versuche des Kurfürsten, dem Gewerbe, das gänzlich in Verfall geraten war, wieder aufzuhelfen. Fremde Handwerker wurden herbeigerufen. Man übergab ihnen wüste Hausstellen in den Städten; man gewährte ihnen das Bürgerrecht unentgeltlich und erließ ihnen auf ein paar Jahre die Steuern. Auf alle Weise wurden neue Unternehmungen ermutigt und gefördert, zum Teil sogar durch Zuschüsse. Der Kurfürst selbst trat als Unternehmer auf; er legte Eisenwerke, Blechhämmer und Glashütten an. Besonders suchte er die einheimische Industrie dadurch zu heben, daß er die Einführung fremder Gewerbserzeugnisse möglichst ausschloß. So war die Einfuhr fremden Tabaks in die Mark und in Preußen verboten oder wurde doch nur ausnahmsweise zugelassen, wenn es sich zeigte, daß das inländische Gewächs nicht die erforderliche „Gelindigkeit und Annehmlichkeit“ bot. — Gegen Ende seiner Regierungszeit gelang es dem Kurfürsten, eine besonders große Zahl tätiger Menschen in sein Land zu ziehen. In Frankreich wurden nämlich damals die Hugenotten durch Ludwig Xiv. aufs äußerste bedrückt, und viele flohen in die Nachbarländer. 1685 hob Ludwig sogar das Edikt von Nantes auf, durch welches den Hugenotten einst freie Religionsübung zugesagt war, und verbot die Auswanderung. Trotzdem fanden noch Tausende unter namenlosen Gefahren und Opfern den Weg ins Ausland. Man nimmt an, daß von 1680—1700 etwa 350000 Franzosen ihres reformierten Bekenntnisses wegen geflüchtet seien. Sie zogen nach den Niederlanden, nach der Schweiz und nach Deutschland, und der stärkste Strom ergoß sich in die Lande des Kurfürsten von Brandenburg. — Friedrich Wilhelm gehörte selber dem reformierten Bekenntnisse an; er war von einem starken Gefühl der Gemeinschaft mit den reformierten Glaubensgenossen in Frankreich beseelt und hatte sich oft, immer ver-

4. Vom Westfälischen Frieden bis zum Ende der Französischen Revolution - S. 39

1905 - Hamburg : Boysen
— Zy- klonen lassen, ohne daß alle jene Unterhandlungen vorher zum Abschluß gebracht seien. Königsmantel, Zepter und Krone waren seit Monaten fertig; der Plan für die prächtige Feier in Königsberg war bis ins einzelne hinein festgestellt. Am 18. Januar 1701 fand die Krönung dort statt. Um eine bischöfliche Salbung zu ermöglichen, hatte Friedrich einen reformierten und einen lutherischen Geistlichen zu Bischöfen ernannt. Aber er ließ sich nicht von diesen krönen, sondern setzte sich selber die Krone aufs Haupt, und zwar nicht in der Kirche, sondern in dem Audienzsaal des königlichen Schlosses inmitten der Würdenträger des Staates und der Abgesandten der Stände. Als gekrönter König, mit dem Zepter in der Hand, erschien er dann in feierlichem Krönungszuge in der Schloßkirche, und nun erst ließ er sich durch die beiden evangelischen Bischöfe salben. Es wurde also scharf zum Ausdruck gebracht, daß die neue weltliche Macht von der geistlichen unabhängig sei. — Das neue Königreich gründete sich auf das alte Herzogtum Preußen; aber Name und Würden wurden als gültig betrachtet für den ganzen Umfang des Staates. Der König war König ebenso in Minden und Cleve wie in Berlin und Königsberg. Die obersten Behörden der einzelnen Landesteile waren fortan königliche Regierungen; das Heer führte seit 1701 den Titel Königlich Preußische Armee. Nach Erdmannsdörffer.

5. Vom Westfälischen Frieden bis zum Ende der Französischen Revolution - S. 43

1905 - Hamburg : Boysen
— 43 — Land wurde mit einer wachsenden Bevölkerung und mit zunehmendem Wohlstände. Bei diesem „Retablissement von Ostpreußen“ bildete natürlich eine Hauptschwierigkeit, neue Menschenkräfte herbeizuschaffen. Fort und fort sorgte sich der König darum. „Aber“, verfügte er einmal, „bei Leib- und Lebensstrafe keine Polen, sondern lauter deutsche Leute!" Da trat ein Ereignis ein, welches, so traurig es an sich war, für den König und sein Retablissement von Ostpreußen die segensreichsten Folgen hatte. Im Erzbistum Salzburg hatte sich über alle Schicksale der österreichischen Gegenreformation hinweg bei den Bauern und Bergleuten in manchen Tälern das Luthertum erhalten. Freilich hatten diese Leute wiederholt schwere Anfechtungen dulden müssen; aber auf die Zeiten der Not waren dann auch wieder Zeiten stillschweigender Duldung gefolgt. Nun saß damals auf dem erz-bischöflichen Stuhle der Freiherr von Firmian, ein unduldsamer Mann. Derselbe schickte Jesuiten in die ketzerischen Täler, und die bedrängten Bauern schlossen einen „Salzbund“ untereinander, bis zum Tode treu bei dem Evangelium auszuharren. Als der Erzbischof schließlich einsah, daß er die Bauern nicht beugen könne, erließ er im Herbst 1731 ein Edikt, durch welches alle dem lutherischen und reformierten Bekenntnis angehörigen Untertanen aus dem Erzstift ausgewiesen wurden. In dieser Not wurde Friedrich Wilhelm den Bedrängten eine Hilfe. Ähnlich wie einst der große Kurfürst bei der Aufhebung des Ediktes von Nantes, erließ Friedrich Wilhelm I. ein feierliches Patent, wodurch er seinen Entschluß kundgab, den verfolgten Glaubensgenossen in seinen Landen Aufnahme zu gewähren. Denen, die sich nach Preußen wenden wollten, wurden Reise- und Tagegelder sowie alle Rechte und Vorteile zugesagt, die vorher anderen Kolonisten erteilt worden seien. Der König hatte die Freude, daß die Salzburger Emigranten seinem Rufe zum größten Teile folgten. Einige Scharen blieben freilich in Franken und Schwaben, andere zogen nach den Niederlanden, ein paar hundert Bergleute wandten sich nach Schweden, eine kleine Abteilung begab sich sogar nach Amerika. Die große Masse ging nach Preußen. Man hatte in Berlin anfänglich nur auf einige Tausend gerechnet; aber Woche auf Woche wurden neue Züge gemeldet. „Je mehr Menschen, je lieber,“ schrieb der König, „und sollten es 10000 sein.“ Es wurden jedoch 20000. Sobald die Emigranten auf preußisches Gebiet kamen, übernahm der König ihren Unterhalt. Ein Teil der Züge wanderte über Berlin; sie wurden von der gesamten Geistlichkeit Berlins eingeholt und von Friedrich Wilhelm I. persönlich begrüßt, der mit einigen ein scharfes theologisches Examen anstellte oder ein Kirchenlied anstimmte und sie mit einem kräftigen: „Reist mit Gott!“ entließ. Nur einige Tausend der aufgenommenen Salzburger blieben in den westlichen Provinzen. Die meisten wurden teils zur See über Stettin, teils zu Lande nach Ostpreußen gebracht. Im ganzen sind in dieser Provinz 15 500 Personen angesiedelt worden. Es ist begreiflich, daß das großartige Unternehmen mit unend-

6. Vom Westfälischen Frieden bis zum Ende der Französischen Revolution - S. 56

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— 56 — heit das heutige Westpreußen, jedoch ohne Danzig und Thorn, ein Gebiet von 644 Quadratmeilen mit etwa 600000 Seelen. Friedrich als S t a a t s w i r t. In seinen Denkwürdigkeiten schildert Friedrich Ii. selber, wie verwahrlost er beim Friedensschluß von 1763 sein Land wiedergefunden. Ganze Gegenden waren verheert, Städte lagen in Schutt und Trümmern, andere waren durch Feuersbrunst halb vernichtet, 3000 Häuser waren spurlos verschwunden. Die Äcker waren nicht bestellt; es war kein Getreide vorhanden, um die Bewohner zu ernähren. 60000 Pferde hatte das Land verloren, und während Preußen zu Anfang des Krieges 4 500 000 Seelen zählte, waren jetzt nur noch 4000000 Einwohner vorhanden. Edelleute und Bauern waren von so vielen Heeren geplündert, ge-brandschatzt und ausgezehrt worden, daß ihnen nur das nackte Leben geblieben war. Schlesien, Pommern und die Neumark befanden sich in einem ähnlichen hilflosen Zustande wie am Ende des Dreißigjährigen Krieges. Da entschloß sich Friedrich, nicht bloß der Not abzuhelfen, das bestehende Staatsgebäude auszubessern, sondern einen völligen Neubau aufzuführen. Zum Glück besaß er die nötigen Mittel. Während die Schuldenlast Frankreichs und Schwedens infolge des letzten Krieges ins Ungeheure angewachsen war, so daß die beiden Länder vor dem Bankrotte standen, besaß Friedrich trotz des langwierigen und opfervollen Krieges gefüllte Kassen. Er hatte in den sieben Kriegsjahren mehr als 140 Millionen Taler verbraucht; aber er begann die Friedenszeit trotzdem mit einem Kassenbestande von 30 Millionen. Daher konnte er die Städte und Dörfer jetzt wieder aufbauen lassen, dem verarmten Volke eine Zeitlang die Steuern erlassen, mit Getreide, Saatkorn und Vieh aushelfen. Und da kehrte den Armen, die schon an ihrem Schicksal hatten verzweifeln wollen, der Mut und die Hoffnung zurück; über die Leute kam ein neues Leben, ein frischer Eifer. Die Felder wurden wieder bebaut, die Manufakturen kamen wieder in Gang; überall wurden wieder geordnete Verhältnisse hergestellt. Eine ausgezeichnete Kraft für die Landeskultur hatte Friedrich in dem Oberfinanzrat von Brenckenhof gefunden. Derselbe hatte während des Siebenjährigen Krieges bei der Verpflegung des preußischen Heeres so ausgezeichnete Dienste getan, daß ihm Friedrich 1762 eine Anstellung anbot, und zwar sollte sich Brenckenhof ganz nach Belieben einen Posten, der ihm zusage, und sein Gehalt selber wählen. Brenckenhof entschied sich für die Stelle eines Oberfinanzrates und beanspruchte ein Gehalt von nur 2000 Talern. Das erste Arbeitsfeld Brenckenhofs war die grausige Brandstätte, welche die Russen in der Mark und in Hinterpommern zurückgelassen, wo die Bewohner des flachen Landes unfehlbar dem Hungertode verfallen wären, wenn nicht die Regierung sofort außerordentliche Hilfsleistungen gewährt hätte. Später half Brenckenhof in Westpreußen, um das Land, das unter der polnischen Lotterwirtschaft völlig verwahrlost war, deutscher Ordnung, Zucht und Gesittung zu erobern. Der König hatte sich auf die Friedensarbeit, die in Westpreußen

7. Vom Westfälischen Frieden bis zum Ende der Französischen Revolution - S. 25

1905 - Hamburg : Boysen
Friedrich Wilhelm, der große Kurfürst. Der Westfälische Friede. Im Jahre 1648 wurde der Westfälische Friede abgeschlossen. In anderem Zusammenhange ist bereits erzählt worden, wie die für Brandenburg wichtigste Streitfrage, die über den Besitz von Pommern, zu seinem Nachteil entschieden wurde. Die Kernstücke des Herzogtums, Vorpommern, Rügen und die Ufergelände der Odermündung, fielen an Schweden. Dem Kurfürsten wurde nur Hinterpommern zuteil, ohne Stettin. Freilich wußte sich der Kurfürst für das Verlorene ansehnliche Entschädigung zu erstreiten. Magdeburg ging als weltliches Herzogtum, Halberstadt, Minden und Camin gingen als weltliche Fürstentümer in den Besitz Brandenburgs über. In erwünschter Weise rundeten Halberstadt und Magdeburg die märkische Landesgruppe ab; Magdeburg war außerdem als Festung und als Handelsstadt von hoher Bedeutung; Minden bildete einen wichtigen Posten an der Weser. Aber ein gleichwertiger Ersatz für die verlorenen pommerschen Küstenländer waren sie doch nicht. Brandenburg blieb, mit der Hauptmasse seiner Besitzungen von der See hinweggedrängt, ein binnenländischer Staat; nur von seinen Hafenplätzen im Herzogtum Preußen aus konnte es am Seehandel teilnehmen. Oliva. Als 1655 der Krieg zwischen Karl Gustav von Schweden und Johann Casimir von Polen ausbrach, da hofften die deutschen Fürsten, daß dem Reiche der Frieden erhalten bleibe. Nur einer konnte nicht als müßiger Zuschauer zur Seite stehen, Friedrich Wilhelm von Brandenburg. Da er die Würde eines Herzogs von Preußen besaß, war er an allen Fragen, welche die Vorherrschaft in den Ostseegebieten betrafen, aufs unmittelbarste beteiligt. Sofort beim Anfang der großen nordischen Verwicklung erwachte in ihm der Gedanke, jetzt sei die Zeit gekommen, um das Herzogtum Preußen aus der lästigen Verbindung mit Polen zu lösen, für das Herzogtum die Landeshoheit zu erwerben. Das Ziel stand ihm also fest; es fragte sich nur, auf welchem Wege das Ziel zu erreichen sei. Alle Berichte, die aus Polen kamen, bewiesen, daß sich dieses Reich in dem Zustande größter Verwirrung befand. Mit Mühe erwehrte sich das polnische Heer des Angriffs der Russen, die von Norden her in Polen eingefallen waren. Dazu hatte man einen Einfall der Schweden zu gewärtigen. Dennoch konnte sich der polnische

8. Vom Westfälischen Frieden bis zum Ende der Französischen Revolution - S. 27

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— 27 — einmalige Entschädigung entsagte Schweden auch der Teilnahme an den Seezöllen in den preußischen Häfen. — So hatte der Kurfürst zunächst die Krone Schweden gezwungen, ihm die Souveränität über Preußen einzuräumen. Aber das schwedische Lehnsrecht auf Preußen war weder von Polen noch von einer anderen Macht anerkannt. Die neue Souveränität war also nur der Krone Schweden gegenüber ein Rechtstitel. Es galt jetzt noch, den Kampf auch gegen die polnischen Ansprüche siegreich zu behaupten. Im weiteren Verlauf des Krieges trat den Feinden Karl Gustavs auch Dänemark bei; der König von Dänemark gedachte, die Verluste früherer unglücklicher Kämpfe gegen Schweden jetzt wieder auszugleichen. Ein dänisches Heer fiel in das Herzogtum Bremen ein; ein anderes begann von Schonen aus, ein drittes von Norwegen her den Angriff auf Schweden. Das war die Veranlassung, daß Karl Gustav den Kriegsschauplatz in Polen verließ und sich zunächst gegen den dänischen König wandte. In Polen war die Lage schwierig; im Kampfe gegen Dänemark, glaubte Karl Gustav, werde er leicht Erfolge erringen. Hier im Norden konnte er jetzt möglicherweise langbegehrte Eroberungen machen. Denn noch waren die südlichen Küstenländer der schwedischen Halbinsel in der Hand der Dänen, und für die Ostseeherrschaft der Schweden waren die Küstenländer am Ostrande des Sundes doch vielleicht noch wichtiger als die preußischen. Karl Gustav zog also nach Dänemark, und damit war Friedrich Wilhelm eine günstige Gelegenheit geboten, sich von seinem bisherigen Verbündeten loszusagen und wieder zu Polen zurückzukehren, um den Preis, daß auch Polen sein Besitzrecht auf Preußen anerkenne. Der Kurfürst meinte, er sei genau ebenso berechtigt, seine Entschließungen den veränderten Umständen anzupassen, wie es Karl Gustav getan, als er aus Preußen fortzog, ohne den Kurfürsten zu befragen. Nach langen schwierigen Verhandlungen trat der Kurfürst dann im Vertrage zu Wehlau wieder auf die Seite Polens über. In dem Vertrage verzichtete er auf alle Eroberungen, welche er während des letzten Krieges in Polen gemacht hatte. Dagegen ward ihm das Herzogtum Preußen zu vollem, souveränem Besitz zugesprochen. Zwischen dem souveränen Herzog von Preußen und der Republik Polen sollte ein enges Freundschaftsbündnis bestehen, und beide Mächte wollten sich bei jedem künftigen Kriege mit einer bestimmten Truppenzahl unterstützen. Usw. Wir verfolgen den Krieg in seinen Einzelheiten nicht weiter. Beendet wurde er 1660 durch den Frieden von Oliva, nachdem Karl Gustav kurz vorher einer Krankheit erlegen war. Im Frieden wurden die Verträge von Labiau und Wehlau bestätigt, und es stand demnach jetzt unzweifelhaft fest, daß das preußische Herzogtum von jeder Lehnsherrschaft unabhängig sei. F e h r b e 11 i n. In den siebziger Jahren geriet Friedrich Wilhelm noch einmal in einen Krieg mit den Schweden. Damals kämpfte das Deutsche Reich in Gemeinschaft mit den Niederlanden gegen Ludwig Xiv., und der letztere forderte die Schweden auf, in die Mark Brandenburg einzufallen, damit Friedrich Wilhelm vom Kriegsschau-

9. Vom Westfälischen Frieden bis zum Ende der Französischen Revolution - S. 33

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— 33 — sariiten osteuropäischen Handel. Dort vereinigen sich die Handelswege aus Mähren, Galizien und Polen. Nach der anderen Seite hin gingen die Warenzüge zum Teil die Oder hinab in die Mark und nach Pommern; vorzugsweise aber schlugen sie den Weg durch die Lausitz nach Leipzig ein, von wo aus sie entweder die Elbe abwärts nach Hamburg, oder dureh Westdeutschland nach Amsterdam zogen. — Nun beschloß der Kurfürst, denjenigen Teil des Breslauer Handels, der sich über Leipzig nach Hamburg bewegte, auf den etwas kürzeren Weg durch die Mark zu leiten, indem er durch einen Kanal die Öder mit der Spree und somit Elbe und Oder miteinander verbinden wollte. Als Helfer stand ihm auch hierbei der Postdirektor Matthias zur Seite. 1662 wurde der Bau des Kanals, welcher den Namen Müllroser oder Friedrich Wilhelm-Kanal erhielt, begonnen. Er nimmt ein paar Meilen oberhalb Frankfurts seinen Anfang, da wo Oder und Spree sich am meisten nähern, und läuft in einer Ausdehnung von drei Meilen westlich bis zur Spree. Das Werk wurde in sechs Jahren zu Ende gebracht und erwies sich in der folgenden Zeit für Brandenburg von großem Nutzen. Es war schon ein wertvoller Gewinn, daß man nun aus dem brandenburgischen Odergebiete einen unmittelbaren Weg zur Nordsee hatte, ohne daß man die Odermündung zu berühren brauchte. Insofern war die Herstellung des Kanals ein empfindlicher Schlag für die schwedische Zollherrschaft in Stettin. Aber noch wichtiger war, daß die großen Breslauer Handelshäuser nun nicht mehr genötigt waren, ihre Güter von und nach Hamburg über Leipzig gehen zu lassen’ sondern daß sie die neue Wasserstraße durch die Mark benutzen k°nnt.en' Handelsbedeutung Berlins wuchs seit der Zeit be- ständig; zu Ende des Jahrhunderts galt Berlin schon als eine namhafte Handelsstadt. Freilich doch nur zweiten oder dritten Ranges. Denn noch lange blieb ein unüberwindliches Hindernis für das Empor-u en Berlins, daß die märkischen Gebiete zwischen zwei überlegene Handelsplätze eingekeilt waren, zwischen Breslau und Stettin, die sich beide m fremden Händen befanden. Es stand vielleicht mit dem Kanalbau in Verbindung, daß gerade damals der Kurfürst einen Aufsatz niederschrieb, worin er die Notwendigkeit erörterte, daß das Haus Brandenburg, wenn die deutschen Habsburger aussterben sollten, Schlesien erwerben müßte. Aber der große Kurfürst wollte nicht nur den brandenburgischen Innenhandel heben; seine Wünsche gingen viel weiter; er hat sich bemüht, eine brandenburgische Flotte zu gründen, überseeischen Handel zu treiben und Kolonien zu erwerben. Den Anfang dieser estre ungen bezeichnet das Jahr 1675. Als der Kurfürst damals die Schweden aus der Mark vertrieb, empfand er das Bedürfnis, den Schweden auch auf dem Meere entgegenzutreten. Leider besaß er eine Flotte und konnte auch unmöglich jetzt schnell mit eigenen u-,eme otte schaffen- Aber es trat damals mit ihm ein Mann in Verbindung, der zu helfen wußte, der holländische Reeder Benjamin Kaule, ein Großkaufmann, der durch den französisch-niederländischen Krieg von 1672 beträchtliche Verluste erlitten hatte und eben dem Stoll, Geschichtliches Lesebuch Ii. Teil

10. Vom Westfälischen Frieden bis zum Ende der Französischen Revolution - S. 16

1905 - Hamburg : Boysen
— 16 — das i,n Paris auftauchte, nachgeahmt. Da es üblich ward, daß die jungen Leute aus den höheren Ständen von jetzt ab Bildungsreisen nach Frankreich machten, strömte neue und neueste Kunde über die Wandlungen im französischen Geschmack ununterbrochen nach Deutschland. — Ein anderes Zeichen der Zeit waren die zunehmende Sprachmengerei: Man kann freilich für dieselbe nicht das Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges allein verantwortlich machen. Denn mit lateinischen Worten und Wendungen war die deutsche Sprache schon seit den ältesten Zeiten versetzt. Aber neben dem Lateinischen drängten nun mehr und mehr auch Wörter und Wendungen aus den modernen fremdländischen Sprachen in die deutsche Sprache ein, verhältnismäßig wenig spanische und italienische, um so mehr französische. Denn die höheren Stände Deutschlands bemühten sich seit dem Anfang des 17. Jahrhunderts, in schriftlichem und mündlichem Verkehr ausschließlich das Französische zu gebrauchen, und immer weitere Kreise suchten diese vornehme Gewohnheit nachzuahmen. Nun besaßen nicht alle die Fähigkeit, sich die völlige Herrschaft über das Französische anzueignen; dann putzte man wenigstens seine deutsche Sprache mit französischen Wörtern und Redewendungen auf, und es entstand ein Kauderwelsch, das jedem gebildeten Ohr unausstehlich erscheint. Französische Ausdrücke, die damals von Frankreich her zu uns kamen, waren z. B.: galant, nett, adrett, honett, kokett, charmant, brillant, nobel, Kabale, Schikane, Intrigue, Malice, Courtoisie, ferner Armee, Parade, Bataillon, Infanterie, Brigade, Batterie, Barrikade, Chef, Adjutant. — Mit der Annahme französischer Tracht und Sprache verband sich häufig die maßloseste Bewunderung alles französischen Wesens überhaupt, und bis ins kleinste hinein ahmte man die französischen Sitten nach. Wie natürlich, hatte man jedoch häufig für die französischen Formen kein rechtes Verständnis, und so entstanden lächerliche Zerrbilder, welche geradezu zum Spotte herausforderten. Nach Erdmannsdörffer. e) Beziehungen zu Schweden. Der Westfälische Friede. Auch Schweden konnte mit den westfälischen Abmachungen zufrieden sein. Zunächst bekam es Vorpommern und Rügen. Ferner wurde ihm Wismar, der wichtigste Hafenplatz Mecklenburgs, nebst dem angrenzenden Gebiete abgetreten. Ja, auch an die Ufer der Nordsee, in die Mündungsgebiete der Elbe und Weser, wurde die Herrschaft Schwedens vorgeschoben. Denn das Erzbistum Bremen und das Bistum Verden wurden zu Herzogtümern gemacht und der Krone Schweden als deutsche Reichslehen übertragen. Für diese neuerworbenen Besitzungen trat die Krone Schweden als Reichsstand in den deutschen Staatsverband ein, hatte also Sitz und Stimme auf dem deutschen Reichstage und vermochte natürlich dort ihren Einfluß zugunsten ihrer Reiche zu verwenden. Dazu kam, daß sich in beiden Provinzen, in Pommern und Bremen-Verden,
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