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für Kirchen gibt es in unserem Orte?) Synagogen gibt es in
Kattowitz, Beutheu, Gleiwitz, Myslowitz, Königshütte, Antonien-
Hütte und Zabrze. Die Angelegenheiten der katholischen Kirche
unterstehen mehreren Erzpriestern und die der evangelischen dem
Superintendenten, der in Tarnowitz wohnt. Die Prediger der
Juden heißen Rabbiner.
In jedem Orte des Judustriebezirks sind eine oder mehrere
Volksschulen vorhanden. (Wieviel in unserem Orte? An
welchen Straßen befinden sich diese Schulen?) Mehrere Volks-
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TM Hauptwörter (100): [T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch]]
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»s
hernach zu einem Hospitale für arme alte Leute eingerichtet
wurde, zu verlassen, verließen aberauch die Stadt (20. Juni),
und erst durch Vermittelung des Markgrafen Georg wurde
die Sache zu Gunsten der Breslauer entschieden.
§ Zi. Die damals in Sachsen begonnene Reformation
fand bald auch in Schlesien Eingang. Wie überall war auch
in Schlesien der Zustand der Kirche verderbt, und vergeblich
hatten die Bischöfe um ihre Verbesserung sich bemüht. Die
Schriften der Reformatoren verbreiteten sich bald auch in
Schlesien und machten Aufsehen, und Mönche und Nonnen
begannen ihre Klöster zu verlassen. Lutherisch gesinnte junge
Geistliche kamen ins Land und predigten nach der Weise der
Wittenberger. Dieser allgemeinen Stimmung gab beson-
ders zu Breslau der Magistrat nach. An die Pfarrkirche zu
Maria Magdalena, deren Pfarrer sein Amt vom Bischof nur
in Pacht hatte, berief der Magistrat zum wirklichen Pfarrer
einen ehemaligen breslauer Kanoniker, Johann Heß
(1523), und setzte selbst ihn in sein Amt ein, weil der
Bischof, Jakob von Salza, obgleichhessens Freund, dies
zu thun aus Furcht nicht wagte. Johann Heß predigte die
christliche Lehre nach den Grundsätzen Luthers, und nachdem er
1524 durchekneöffentliche Disputation in der Dorotheenkirche
seine Grundsätze vertheidiget hatte, befahl der Magistrat den
Predigern der Stadt, sich in ihrer Lehre nach Heß zu richten.
Der Bischof legte kein Hinderniß in den Weg, weil er selbst
heimlich ein Freund der wiedererwachten Wahrheit war. —
Im Jahre 1525 traten die Kreuzherrn das Patronatrecht
über die Kirche zu St. Elisabet an den Magistrat ab, und
dieser berief den Ambrosius Moiban zum evangelischen
Pfarrer an diese Kirche. Am zweiten Sonntage nach Ostern
wurden in diesen beiden Kirchen alle mit der evangelischen
Lehre nicht übereinstimmenden Gebrauche beim Gottesdienste
weggelassen. Heß wurde Jnspector der evangelischen Kirchen
und Schulen, und führte 1526 eine nach der sächsischen
gebildete Kirchenordnung ein, und die verlassene Kirche der
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Extrahierte Personennamen: Georg Maria_Magdalena Maria Johann_Heß Johann Jakob_von_Salza Johann_Heß Johann Elisabet Ambrosius_Moiban
§ 68. Ferdinand suchte auf alle Weise sich zu einem
unabhängigen Regenten zu machen. So benutzte er einen Auf-
ruhr in Böhmen, um dieses Reich in ein Erbreich zu ver-
wandeln 1547, setzte für Böhmen und die dazu gehörigen
Provinzen ein Ober - Appellations - Tribunal in Prag-ein,
errichtete 1558 zu Breslau eine königliche Kammer zur
Aufsicht über seine Erbfürstenthümer und Domänen, und
gab die Stelle des Oberlandeshauptmanns nur dem Bischöfe.
— Auch in kirchlichen Angelegenheiten wollte er herrschen,
aber die Schlesier durfte er der Türkengefahr wegen nicht
reizen, und so behielt Schlesien unter ihm Freiheit, seine
kirchlichen Angelegenheiten selbst zwordnen; nur verordnete
er, daß jeder Pfarrer unverkürzt in seinen Einkünften blei»
den sollte, welches Verhältniß man den Nexus nannte.- Fast
ganz Schlesien hing der evangelischen Lehre an; nur in den
Erbfürstenthümetn fand man noch katholische Pfarrer. Durch
Caspar von Schwenkfeld, Herrn auf Ossig bei Lüben,
entstand die Partei der Schwenkfelder, die aber von
den andern Protestanten nicht gebilliget wurde. — Mit
der Reformation verbesserte man auch die bestehenden Schu-
len, und legte viele neue an. Freistadt, Löwenberg, Hirsch-
berg, Brieg erhielten neue Schulen; zu Breslau erhob man
die Schule zu Elisabet 1525 zum Gymnasium. Vorzüg-
lichen Ruhm erlangte die evangelische Schule zu Goldberg
durch ihren Rektor Valentin T r o tz e n d o r f.
§ 59. Als einzelne merkwürdige Ereignisse unter Fer-
dinands Regierung sind folgende zu merken: Am 23. Februar
1529 gegen Mitternacht wurde der Elisabetthurm zu Bres-
lau durch einen heftigen Sturm seiner schönen Spitze beraubt;
1540, 19. Juli, verlor die Domkirche daselbst ihren schö-
nen Thurm durch einen Brand; die hohen Spitzen der Thürme
dermagdalenenkirche mußten 1564 abgetragen werden; und
der Rathsthurm erhielt 1559 seine heutige Spitze. Die
Pfarrkirche zu Schweidnitz litt durch Brand 1532, und ihr
Thurm erhielt 1565 seine heutige Gestalt. — Breslau erhielt
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand Caspar_von_Schwenkfeld Valentin
26
S S^lbsthil/fe schlesischen Fürsten auf ihre Selbsthülfe bedacht sein. Sie
bedacht.' widersetzten sich daher gemeinschaftlich diesen Dieben, Räu-
bern und Mordbrennern, so gut sie es vermochten und
suchten ihre Festungen zu zerstören, was ihnen aber nicht
sobald gelang; indem dieö Unwesen schon zu lange herrschte,
was jedoch 'unter schwachen und sorglosen Fürsten immer
schlinnner, als unter mächtigen und ordnungsliebenden sich
zeigte. Manche der alten Fürsten hatten dieses Unwesen
geduldet, manche nicht, andere aber trieben es selbst,
nachbreslau^um £>cr lveist der Zwietracht veranlaßte in Breslau mch-
mit v?m Könige rere Tumulte. 1404 kam Wenzel nach Breslau, um mit
se°inen'°-Bruder dem Könige von Polen gegen seinen eigenen Bruder Sie-
schließen^^ äu gismund von Ungarn ein Büudniß zu schließen, weil
dieser die böhmischen Unruhen vorzüglich angeregt und
fortwährend unterhalten hatte, um dadurch seinen Stief-
bruder endlich vom Throne zu stürzen. Wenzels Gegen-
wart in Breslau stellte zwar die Ruhe wieder her, aber
sie ward auch gleich nach seiner Entfernung wieder unter-
muttc"?»h B?cs- brochen. Ein Tumult folgte dem andern und Wenzel
lau, ~ war nicht im Stande, die dabei verübten Verbrechen nach
wozu auch hussi- Verdienst zu strafen. Die hussitischen Religionsstrcitigkei-
strctti/citm°ka- ten hatten' sein ganzes Königreich in Flammen gesetzt, und
mm. er mußte Schlesien seinem Schicksale überlassen, welches
auch späterbin ein Raub dieser blutigen Unruhen wurde.
1347 stiftete Carl Iv. hatte 4347 zu Prag eine Universität ge-
^rmt'ru Prag! stiftet, die sehr stark von deutschen Studenten besucht
' wurde. Die vornehmsten Aemtcr und Lehrstellen waren
mit Deutschen besetzt, welches schon früher die Eifersucht
Per Böhmen erregt hatte, die aber unter Wenzels Regierung,
wo alles in Gährung war, erst zum völligen Ausbruche
an welcher Io- fant. Das Haupt der böhmischen Parthei war Johann
Professor stand, Huf;, Professor und Prediger zu Prag, welcher das An-
Pabst^lchtte. &ei1 sehen des Pabftes, so manche tadelnswerthe Sitte der
Geistlichkeit und den Gebrauch des Abendmahls unter ei-
nerlei Gestalt angegriffen hatte. Er fand großen Zulauf
und alte diejenigen, welche seine Lehre annahmen, wurden
»Hussiten genannt, die ihre Gegner mit Worten und
Waffen verfolgten. Huß sammt seinen Anhängern ward
in ganz Europa als Ketzer verschrieen und dadurch, fo#
wie durch Beschimpfungen und Gewaltthätigkeiten, die sich
seine Feinde gegen ihn erlaubten, sehr erbittert, zog er
' gegen den Pabft und -gegen den Ablaß *) mit der größten
Heftigkeit los.
*) Unter Ablaß verstand man anfänglich eine Erlassung der Buß
übungen, Wallfahrten und Fasten, welche die Geistlichen den
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Extrahierte Personennamen: Carl_Iv Johann
Professor Johann
Extrahierte Ortsnamen: Breslau Breslau Polen Ungarn Wenzels Breslau Wenzels Europa
31
zu, in dessen Händen er bis 1452 blieb, in welchem
Jahre die Untcrthanen des
Ladislaus
mit Ungestüm auf dessen Ausbändigung drangen, nach de-
ren Erfolg er im I. 1453 die Regierung über Schlesien,
Oesterreich, Ungarn und Böhmen selbst antrat, welche
1457 schon wieder endete. Ehe er mündig wurde, war
unter der schwachen Regierung seiner Mutter* Schlesien
wieder voll Räuber und Fchdcr geworden. Auch erhob
in dieser hcrrscherlosen Zeit die zwar unterdrückte, aber
nicht ausgerottete Parthci der Taboriten oder strengen
Hussiten in Böhmen ihr Haupt, bemächtigte sich der festen
Oerter an der Grenze, aus welchen sie sowohl nach Böh-
men als nach Schlesien auf Plünderungen auszog. Un-
ter seiner Regierung schickte der Pabst Nikolaus V. einen
Mönch nach Schlesien, welcher das hussitische Wesen und
den Unglauben, der im Lande herrschte, dürch seine Pre-
digten ausrotten sollte. Dieser Mann hieß Capistrmr,
war zu Capistrano in Abruzzo gebürtig und stand im Rufe
der Heiligkeit. Er fand überall eine außerordentliche Auf-
nahme. Am 13. Februar 1453 kam er auch nach Bres-
lau, predigte in der Elisabetbkirche und hielt nachher alle
Tage dem Volke ans dem Fenster des Hauses zwischen
dem jetzigen Blücher- und Paradeplatzc eine Predigt in
lateinischer Sprache, welche ein anderer Mönch deutsch
wiederholen mußte, wobei aber gesagt wird, daß die zahl-
reich versammlete Menge sich bei dieser Wiederholung je-
desmal zerstreut habe. Am Sonntage Judica ließ er aus
der ganzen Stadt die Karten- und Brettspiele, wie auch
die Spiegel, Larven und den weibischen und eitlen Putz
auf einen Haufen zusammenwerfen und iin Angesicht des
ganzen Volks, welches um das Freudenfeuer im Kreise
herumstand, verbrennen. Auch veranstaltete Eapistran ein
blutiges Gericht über die Juden. Er bediente sich dazu
einer damals unter den Christen gewöhnlichen Sage, daß
die Juden gcweihete Hostien stöhlen und auf einem leine-
nen Tuche zur Verhöhnung des Christenthums mit Ruthen
zerpeitschtcn. Auf die Anzeige, daß breslanische Juden
eine solche, aus der Kirche zu Langenwiese von einem be-
stochenen Bauer entwendete Hostie, auf die angegebene
Art gemißhandelt hätten, wurden die sämmtlichen Juden
verhaftet, ihre Aeltesten gefoltert und vermöge des dadurch
erpreßten Geständnisses 41 derselben an einem Tage in
Breslau verbrannt; die übrigen mit Einziehung ihrer Gü-
ter aus der Stadt verwiesen und ihre Kinder unter 7
Jahren getaufte und zu Christen erzogen.
bleibt bis *452
bei seinem Vor-
mund Frie-
drich m. und
tritt 1453 die Re-
gierung au.
Es erheben sich
Räuber u. Fch-
der und die Ta-
boriten wieder.
Eapiskran kommt
am 13. Februat'
1453 nach Bres-
lau.
welcher ein blu-
tiges Gericht
über die Juden
veranstaltet.
von denen 41
verbrannt wur-
den.
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43
tauischen Kirche wirksam zu werden. Er fand ihn in Jo- wirväspmrer »
hunn Heß aus Nürnberg, der zu Wittenberg ftudirt, dahin berufen.
Luthers Grundsätze angenommen und sich öffentlich für
Luthcrn erklärt hatte, weshalb er 1523 zum Pfarrer bei
Maria Magdalena berufen wurde. — Doch nicht blos
Breslau, sondern auch die meisten Städte, der größte
Theil des Adels und die angesehensten Fürsten beförderten d,c lästs. Fi.r-
dic Reformation. Herzog Friedrich Ii. von Licgnitz ließ ^siesormatio,^^
Schüler Lutbcrs in den Hauptkirchen zu Liegnitz predigen
und viele katholische Geistliche gingen zu der neuen Lehre
über. Der Bischof Jakob von Salza, der diesen Schritt
nicht thun wollte, veranlaßte eine Unterredung mehrerer
hohen Geistlichen mit den weltlichen Ständen, die auf ei-
nem Fürstentage versammelt waren, auf welchem auch er
erschien um darüber zu berathschlagen, wie man mit den
neuen Lutheranern einen Vergleich treffen könne. Die
Stande erklärten: daß sie das heilige Evangelium frei
und ungehindert predigen lassen, demselben frei nachlcben
und das heilige Abendmahl unter beiderlei Gestalten ge-
nießen würden, worauf der Bischof erklärte, daß es ihm
nie in den Sinn gekommen sei, zu verweigern, daß man
das Evangelium nach seinem rechten Verstände frei und
öffentlich predigen solle, doch könnte er nicht zugcben, daß
dies von einem Jeden geschehen dürfe, der nicht dazu be-
rufen worden wäre. Die weltlichen Stände blieben iu-
deß bei ihrem Sinne und versicherten, sie würden so lange
keinen Dezem und andere geistliche Renten abführen, bis
, man ihnen die Predigt des Evangeliums ohne fernere
Weitläufigkeit gestatten würde und der Bischof, der hier
keinen Ausweg sah, brach die Unterhandlung ab, ohne die
Sache ausgemacht'zu sehen oder sie zu wollen..
^Nach diesem vergeblichen Vereiuigungsversuche wagte
Heß einen kräftigen Angriff gegen das alte Kircheufystem
und trug den Sieg davon. Der Rath zu Breslau setzte
sich in den Besitz der Consistorialrechte über alle Kirchen
der Stadt und dem .zu Folge ward auch die St. Elisabcth-
kirche mit einem Schüler Luthers, Ambrosius Moi- ff
bcm, besetzt. Es wurden 1525 alle.dicieuigeu Cercmo- Pfarrer bei
men abgeschafft, die sich mit dem protestantischen Lehrbegriff fött,ab&. a"9c“
> nicht vertrugen, die deutsche Sprache beim Gottesdienste
eingeführt und den Geistlichen die Ehe erlaubt. Heß und
Moiban benutzten diese Erlaubniß sogleich, vcrhcirathe-
ten sich und trennten sich dadurch völlig von der Kirche,
der sie bisher augehört hatten.
Während sich nun das gesummte christliche Europa
um die alte und neue Glaubenslehre stritt, ward es 1526
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Extrahierte Personennamen: Maria_Magdalena Maria Friedrich_Ii Friedrich Schüler_Lutbcrs Jakob_von_Salza
Extrahierte Ortsnamen: Nürnberg Wittenberg Luthers Breslau Liegnitz Breslau Luthers Europa
58
den oft grausamer noch als die Gesunder! gemartert. Den
Wöchnerinnen nahm man ihre Kinder, legte sie in einen
Winkel und erlaubte ihnen oft Tage laug nicht, denselben
Nahrung zu geben. Die Männer wurden mit Flinten-
kolben in die Messe und zum Genuß des Abendmahls nach
katholischer Weise getrieben, selbst mit dem Heiligsten trieb
znan Spott und Hohn, indem der schauderhafte Dohna
sich einmal rülpnte: daß er mehr vermöge als der Apostel
Petrus, welcher an einem Tage 3000 Seelen durch eine
Predigt hekchrt hätte, während von ihm an manchen Ta-
gen weit mehr ohne eine Predigt bekehrt worden wären;
und indem zu Neustadt in Oberschlesicn ein schnurrbärti-
ger Dragoner-Rittmeister in der Kirche den Gewaltsam-
Bekehrten den Wein reichte, und da dieser nicht zulangte, zu
Hause einen Schluck Bier oder Milch nachzutrinken befahl.
Von den Bürgern, welche sich bei der Wegnahme der Kir-
che wicdersetzt hatten, wurden zwei enthauptet, einer ge-
hängt, mehrere gestäupt und des Landes, verwiesen und
der Bürgermeister mußte 4000 Rthlr. Strafe erlegen
und seinen Garten einbüßen, weil er auf's Land in eine
evangelische Kirche gefahren war. Den Bürgern ward
angedeutet, daß diese Qualen aufhören und die Soldaten
sogleich das Haus verlassen würden, sobald sic einen
Beichtzettel vorzeigen könnten. Deshalb liefen die Leute
haufenweise und holten sich bei den katholischen Geistlichen,
die schon angewiesen waren Beichtzettel auszufertigen,
dergleichen Papiere, auf welchen eine Beichte stand, die
sie ablegen sollten. — Doch nicht alle waren sogleich wil-
lig Beichtzettel zu holen. Eine große Anzahl von ihnen
blieben lange standhaft und wurden erst durch harte Ge-
fängmßstrafen, durch lange Beraubung des Schlafes,
durch Hunger und andere Grausamkeiten, so wie durch an-
gedrohte Landesverweisung gezwungen, ihren Glauben zu
verläugnen. Die evangelischen Geistlichen in der Stadt
so wie auf dem Lande wurden verwiesen. Der eine, Ma-
gister Valentin Preibisch, wurde in's Gefängniß ge-
worfen, weil man ihn zwingen wollte katholisch zu werden.
Man legte ihm hier ein Schwert und cm Kruzifix vor,
mit dem Bedeuten eins von beiden zu wählen, den Tod
oder den Abfall vom evangelischen Glauben. Preibisch
wählte aus eigenem Antriebe sowohl, als auch auf Bitten
seiner Frau das Schwert, wurde aber nicht getödtet, son-
dern ans der Stadt verwiesen. — Die Bekehrung schloß
sich damit, daß man allen Bürgern einen Revers zur
Unterschrift vorlegte, worin sie bekannten, daß sie freiwil-
lig und ungezwungen zur katholischen Religion übergetrc-
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Extrahierte Personennamen: Apostel Petrus Valentin_Preibisch
109
war, ernannten sie einen Handwerksmann aus ihrer Mitte,
Namens Johann Fleidl zum Depntirten, der im
Namen der Evangelischgesinnten im Anslande um Hülfe
und Aufnahme sich Umsehen sollte. Dieser erschien in Ber-
lin und übergab unter dem 27. Mai 1837 Sr. Majestät
dem Könige eine Bittschrift, in welcher er im Namen sei-
ner Glaubensgenossen um huldvolle Aufnahme in den
Preußischen Staaten, um das Zusammenbleiben in einer
Gemeinde und um Versetzung in eine Gegend bat, deren
landwirtschaftliche Verhältnisse mit dem Tyroler Alpen-
lande einige Ähnlichkeit haben möchte. Der König erklärte
sich bereit diese Bitte in Erfüllung gehen zu lassen und
schon am 6. Juni trat Fleidl seinen Rückweg in sein Va-
terland an.
Der Oberconsistorialrath Dr. Strauß erhielt in
dieser Angelegenheit eine Sendung nach Wien, um das
Nähere dort zu verhandeln, und die österreichische Regie-
rung kam der Preußischen mit aller Bereitwilligkeit entge-
gen. Dr. Strauß sprach mehrere Abgeordnete der Evan-
gelischen Zillerthaler in dem Badeorte Kreuth, überzeugte
sich, daß ihr Glaube biblisch und kirchlich sei und daß sie
geneigt wären, dem evangelischen Kirchenverbande, so wie
allen in denselben getroffenen Einrichtungen sich anzuschlie-
ßen. Später wurde der Geheime Oberregierungsrath
Jacobi beauftragt, sie mit den Civilinstitutionen des
Staates bekannt zu machen, damit kein Verhältniß, na-
mentlich das der allgemeinen Militairpflicht, ihnen etwas
Unerwartetes bringen sollte.
Die Kunde davon erregte bei den Evangelischen große
Freude. Sie schritten sehr bald zu den Vorbereitungen
für ihre Auswanderung und zum Verkauf ihrer Häuser
und Grundstücke. Am 20., 23. und 30. September 1837
kamen sie in abgesonderten Zügen in Schlesien an, wo
die am Fuße des Riesengebirges gelegene Stadt Schmie-
deberg ihnen zum vorläufigen Aufenthalte auserschen
wurde."
Nachdem der Königl. Hofprediger und Oberconsisto-
rialrath Dr. Strauß aus Berlin die Aechtheit und Auf-
richtigkeit ihres Glaubens erprüft und sich von ihrer Be-^
kanntschaft mit der heiligen Schrift, der Lehre des Evan-'
geliums und den Bekenntnißschriften unserer Kirche über-
zeugt hatte, wurden sie am 12. November mit dem erst-
maligen Genüsse des heiligen Abendmahls unter beiderlei
Gestalt in der evangelischen Landeskirche ausgenommen.
Se. Majestät der König ließ für die Eingewanderten
zwischen Schmiedeberg und Erdmannsdorf, unter dem Na-
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T18: [Donau Stadt Ungarn Böhmen Wien Hauptstadt Land Einw. Königreich Mulde]]
TM Hauptwörter (200): [T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land], T26: [Kaiser Luther Papst König Wort Gott Tag Sache Fürst Schrift], T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T58: [Kirche Lehre Luther Schrift Bibel Gott Christus Bischof Papst Wort]]
Extrahierte Personennamen: Johann_Fleidl Johann Kreuth
Extrahierte Ortsnamen: Ber- Wien Berlin Schmiedeberg Erdmannsdorf
27
Die Prager Geistlichkeit schickte einen Boten nach dem
andern nach Rom, um dem Pabste zu berichten, was Huß
-gegen ihn und die römische Kirche lehre. Huß ward des- 0$ujjierajj|c{teil*
halb 1414 vor die Kirchcnversammlung zu Kostnitz gela- ocrssimmlung zu
den, wo er über seine Lehre Rechenschaft geben oder die-
selbe widerrufen sollte. Voll Eifer für seine Sache begab rufen;
er sich, unbesorgt für sein Leben, nach dieser Reichsstadt,
denn ein Geleitsbrief des Kaisers Siegisünmd, des Erben
der böhmischen Krone, die sein Bruder Wenzel noch trug,
versprach ihm Sicherheit und Schutz bei kaiserlicher Ehre. roir& in efneit
Dennoch wurde er gleich uach seiner Ankunft in einen Ker- Kerker geworfen
kcr geworfen, aus dem er am 6. Juli 1415, weil er S “/@2!
durch nichts bewogen werden konnte, seine Schriften und «rhaufen geführt.
Meinungen zu widerrufen, zum Scheiterhaufen wandcrte.
Ein anderer böhmischer Theologe Hreronimus von Dasselbe Schia-
Prag, Hussens Freund und Anhänger, der eben dasselbe Snimk Prag
lehrte," hatte ein Jahr darauf, den 29. Mai 1416, dasselbe m29- Mai me.
Schicksal.
Die Nachricht von der Verbrennung der beiden Freunde Dies erregt Anf-
sctzte das ganze Königreich in Aufruhr. Die meisten Böh- n,f,t 111 S3°f’mcn'
men sahen dies Verfahren als eine Beschimpfung der Na-
tion an, der Adel und die Städte protestirten und wur-
den daher von der Versammlung ebenfalls als Ketzer ver-
dammte Sie grissen hierauf zu den Waffen, und cm u. 3of)atm
ausgezeichneter Mann, Johann Ziska, stellte sich an anverseder
ihre Spitze, um Hussens Asche zu rächen und seine Lehre w/a Hussens'
mit Feuer und Schwert auszubreiten. Der Anfang wurde da- 2i,ci,crachen-
mit gemacht, daß am 30. Julius 1419 das Prager Rath- zu^m^wi!d°am
haus, von dem ein Stein auf eine hussitische Prozession "19 ge*
gefallen war, gestürmt und 13 Rathsherreu aus den Fen- “m'
stern geworfen und darauf ermordet wurden. Wenzel ». Wenzel stirbt
starb wenige Tage nach diesem Vorgänge, am 16. August.^"9.16, 8iu9ufl
1419 und hinterließ sein Reich, das er blühend und ruhig'
vorgefunden hatte, zerrüttet und in allgemeiner Empörung.
Kaiser Siegisrrmrid, von i4i9 bis 1436. Äaifunfie'3i^
Wenzels Tod vermehrte die Verwirrung in Böhmen.
Die Hussiten rotteten sich zu Tausenden zusammen, über-
fielen Kirchen und Klöster und verbrannten alle Geistlichelk
und Mönche, deren sie nur habhaft werden konnten. Da-
gegen stürzten die Katholiken die gefangenen, Hussiten zu
Hunderten in die Schachten der Bergwerke und übergaben
Sündern zur Besserung auferlegt hatten,. nachher aber die
wirkliche Vergebung der Sünden selbst, welche durch soge-
nannte Ablaßhändler für Geld feil geboten wurde.
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T7: [König Kaiser Rudolf Friedrich Sohn Böhmen Haus Karl Ludwig Albrecht]]
TM Hauptwörter (200): [T26: [Kaiser Luther Papst König Wort Gott Tag Sache Fürst Schrift], T58: [Kirche Lehre Luther Schrift Bibel Gott Christus Bischof Papst Wort], T4: [Orden Ritter Peter Kreuzzug Land Jahr Jerusalem Johanniter Arnold Frankreich], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
Extrahierte Personennamen: Hreronimus_von_Dasselbe_Schia-
Prag Johann_Ziska Johann Julius August
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2. Luthers Austritt aus der Kirche.
Im Jahre 1517 schrieb Papst Leo X. einen vollkommenen Ablaß aus. Diesen konnte man gewinnen, wenn man die Sakramente der Buße und des Altars empfing und einen kleinen Geldbetrag zum Bau der Peterskirche in Rom spendete. Der Dominikanermönch Tetzel verkündete in Deutschland den Ablaß. Viele Leute glaubten, daß man sich mit Geld die Vergebung der Sünden erkaufen könne. Luther schlug am 31. Oktober 1511 eine Schrift mit 95 Sätzen über den Ablaß an die Tür der Schloßkirche zu Wittenberg. Dies erregte unter dem Volke großes Aufsehen. Der Papst forderte Luther zum Widerruf von 41 Sätzen auf. Dieser aber sagte sich von der katholischen Kirche los. Luther stellte auch noch andere neue Lehren auf. Seine Anhänger nennen sich evangelische Christen oder Protestanten. (Reichstag zu Worms, 1521. — Luther auf der Wartburg.) Luther starb 1546 zu Eisleben. ,(Augsburger Religionsfriede, 1555.)
15. Der Dreißigjährige Krieg. 1618—1648.
1. Veranlassung.
Die Veranlassung zum Dreißigjährigen Kriege war die Feindschaft zwischen den Katholiken und Protestanten. In Böhmen wurden zwei evangelische Kirchen von den katholischen Grund-herren geschlossen. Die Evangelischen beschwerten sich beim Deutschen Kaiser, der jedoch die Klage abwies. Da zog eine Anzahl böhmischer Protestanten nach dem Schlosse in Prag und warf zwei kaiserliche Räte und ihren Schreiber zum Fenster hinaus. Man glaubte nämlich, diese wären an der ungnädigen Antwort des Kaisers schuld. Die Gewalttat der böhmischen Protestanten gab den Anlaß zu einem furchtbaren Kriege.
2. I)er Krieg.
Die Böhmen sagten sich vom Kaiser los. Sie wählten den Kurfürsten Friedrich von der Pfalz zum Herrscher. Dieser wurde ober von dem kaiserlichen Feldherrn Tilly am Weißen Berge bei Prag geschlagen. („Winterkönig.") Der dänische König Christian Iv. kam den Evangelischen zu Hilfe. Sein Heer wurde von Tilly bei Lutter am Barenberge besiegt. Der
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