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1. Vaterländische Geschichte für den Schul- und Selbstunterricht - S. 177

1895 - Neu-Ruppin : Petrenz
— 177 — Die letzten Lebensjahre der Königin Luise. In der Zeit der tiefsten Erniedrigung war die Königin Luise Preußens guter Engel. Wenn auch ihr Herz unter der Wucht der Schicksalsschläge tief gebeugt wurde, so richtete sich ihr erhabener Geist immer wieder auf, und während alle zu verzweifeln schienen, war es das ursprünglich so weiche Gemüt Luisens, welches fast allein den Mut und Den Glauben auf eine bessere Zukunft nicht verlor. Als der unglückliche Krieg mit Frankreich ausbrach, begleitete die Königin ihren Gemahl nach Thüringen, und erst am Tage vor der Schlacht bei Jena verließ sie auf Zureden des Königs, mit dem sie gern alle Gefahren geteilt hätte, das preußische Hauptquartier, um nach Berlin zurückzukehren. Noch vor den Thoren der Hauptstadt erreichte sie die Kunde von der verlorenen Schlacht. In aller Eile raffte sie die notwendigsten Sachen zusammen und floh mit ihren Kindern zunächst nach Stettin und dann nach Königsberg. In jenen Tagen des Verrats, wo eine Unglücksbotschaft die andere jagte, sprach sie zu ihren Kindern: „Ihr seht mich in Thränen; ich beweine den Untergang meines Hauses und den Verlust des Ruhmes, mit dem Eure Ahnen und ihre Generale den Stamm Hohenzollem gekrönt haben. Das Schicksal zerstört in einem Tage ein Gebäude, an dessen Erhöhung große Männer zwei Jahrhunderte hindurch gearbeitet haben. Ruft künftig, wenn Eure Mutter und Königin nicht mehr lebt, diese unglückliche Stunde in Euer Gedächtnis zurück, weint meinem Andenken Thränen, wie ich sie jetzt in diesem schrecklichen Augenblicke dem Umsturz meines Vaterlandes weine. Aber begnügt Euch nicht mit den Thränen, sondern handelt! Werdet Männer und geizet nach dem Ruhm großer Feldherren und Helden!" Auf der Flucht nach Preußen lernte die Königin das Elend und die Not in reichstem Maße kennen. Nicht nur die französischen Zeitungen und der Haß des übermütigen Siegers, sondern auch elende deutsche Lohnschreiber verfolgten die edle Frau mit den gemeinsten Schmähungen und Verleumdungen. Aber nicht genug damit; auf der in der rauhen Jahreszeit doppelt beschwerlichen Reise erkrankten ihre jüngsten Kinder, und sie selbst verfiel infolge der anstrengenden Reise und der Schicksalsschläge, die sie in rascher Folge trafen, in ein hitziges Nervenfieber, von dem sie jedoch in verhältnismäßig kurzer Zeit genas. Kaum wieder hergestellt, mußte sie in feuchter Winterkülte das von den Franzosen bedrohte Königsberg verlassen und nach Memel flüchten. In Betten gehüllt, wurde sie auf elenden Wagen fortgebracht und aus den Armen eines Dieners in ihre Wohnung getragen, da sie sich zum Gehen zu schwach fühlte und ein Epstein. 12

2. Vaterländische Geschichte für den Schul- und Selbstunterricht - S. 178

1895 - Neu-Ruppin : Petrenz
— 178 — Sessel nicht vorhanden war. Trotzdem trug sie ihr hartes Geschick mit stiller Ergebung; keine Klage, kein Wort des Unwillens entschlüpfte ihren bleichen Lippen. Nach der Schlacht von Eylan schrieb die starke Dulderin mt ihren Vater, den Herzog von Mecklenburg-Strelitz: „Zwei Haupt- gründe habe ich, die mich über alles erheben, der erste ist der Gedanke: wir sind kein Spiel des blinden Zufalls, sondern wir stehen in Gottes Hand, und die Vorsehung leitet uns, — der zweite: wir gehen mit Ehren unter. Der Köuig hat bewiesen, daß er nicht Schande sondern Ehre will. Prenßen wollte nicht freiwillige Sklavenketten tragen. Auch nicht einen Schritt hat der König anders handeln können, ohne seinem Charakter ungetreu und an seinem Volke ein Verräter zu werden. Wie dieses stärkt, kann nur der fühlen, den wahres Ehrgefühl durchströmt." Als nach dem Ausgang der unglücklichen Schlacht bei Friedland Preußen genötigt war, mit Napoleon Frieden zu schließen, erschien Luise selbst, so schwer es ihr auch wurde, in Tilsit, um Napoleon zu billigeren Rücksichten zu bestimmen, leider ohne Erfolg. So wurde denn der schmach- volle Friede geschlossen, der den König fast der Hälfte seiner Länder beraubte. Das war ein Schicksalsschlag, der die edle Königin tief ins Herz traf. Aber wenn ihr auch das Herz blutete, so verlor sie doch nicht die Hoffnung auf eine gerechte Vergeltung. Mit ihrem klaren, scharfen Blicke erkannte sie den Grund von Preußens tiefem Fall. „Es wird mir immer klarer", schrieb sie an ihren Vater, „daß alles so kommen mußte, wie es gekommen ist. Die göttliche Vorsehung leitet unverkennbar neue Weltzustände ein, und es soll eine andere Ordnung der Dinge werden, da die alte sich überlebt hat und in sich als abgestorben zusammenstürzt. Wir sind eingeschlafen auf den Lorbeeren Friedrichs des Großen, welcher, der Herr seines Jahrhunderts, eine neue Zeit schuf. Wir sind mit derselben nicht fortgeschritten, deshalb überflügelt sie uns. Das sieht niemand klarer als der König. Noch eben hatte ich mit ihm darüber eine lange Unterredung, und er sagte in sich gekehrt wiederholentlich: »Das muß auch bei uns anders werden«". In der Zeit der tiefsten Erniedrigung Preußens zeigte sich die Königin in ihrer ganzen Heldengröße. Sie nahm den innigsten Anteil an der Wiedergeburt des Staates und der Erweckung des Volkes. Ihren Vorstellungen namentlich war es zu danken, daß der König den früher verabschiedeten Freiherrn von Stein zurückrief und an die Spitze feiner Regierung stellte, wodurch der preußische Staat vollständig neu gestaltet und befähigt wurde, einen erfolgreichen Kampf mit dem unersättlichen Eroberer aufzunehmen. Nachdem das Königspaar im Jahre 1808 einen Besuch in Petersburg gemacht hatte,

3. Vaterländische Geschichte für den Schul- und Selbstunterricht - S. 233

1895 - Neu-Ruppin : Petrenz
— 233 — überdrüssig sei, als gewaltsamer Vermittler auftreten und wichtige Eroberungen am Rhein und in Belgien machen könne. Aber er hatte sich gründlich getäuscht. Preußen, auf dessen Niederlage er wohl im stillen gerechnet hatte, war als Sieger aus dem Kampfe hervorgegangen und hatte durch seine glänzenden Waffenthaten sich einen kriegerischen Ruhm erworben, der selbst den des ersten Napoleon überstrahlte; Deutschland aber war einiger und stärker als je zuvor. Die Eitelkeit des französischen Volkes konnte es nun nicht ertragen, sich in der Waffenehre von einem anderen Volke überflügelt zu sehen; es verlangte daher „Rache für Sadowa" und forderte als Entschädigung für Preußens Erhebung den Besitz der linken Rheinfeite. Als diese Forderung von dem ritterlichen Könige Wilhelm natürlich abgelehnt wurde, sann Kaiser Napoleon, der durch einen glücklichen Krieg seinen wankenden Thron glaubte neu befestigen zu können, auf Mittel und Wege, den Kampf mit Preußen aufzunehmen, zu dem er bereits feit einigen Jahren bedeutende Vorbereitungen getroffen hatte. Endlich bot sich Gelegenheit, den lange gewünschten Krieg vom Zaune zu brechen. Im Jahre 1868 hatte das spanische Volk seine Königin Jsabella vom Throne gestoßen, und nachdem es sich vergebens um einen neuen König bemüht hatte, trug es dem Erbprinzen Leopolb vonhohenzollern, einem entfernten Verwanbten des preußischen Herrscherhauses, die Königskrone an. Hierüber war Frankreich, das eine Schäbigung feiner Ehre und eine Vergrößerung der preußischen Macht befürchtete, sehr entrüstet. Der Kaiser Napoleon sanbte seinen Botschafter, den Grafen Benedetti, zu dem preußischen König, der gerade in dem im waldigen, berg-umschlossenen Thäte der Lahn gelegenen Bade Ems weilte, und stellte an ihn die Forderung, dem Prinzen Leopold die Annahme der spanischen Königskrone zu verbieten. Natürlich wies König Wilhelm dies Ansinnen zurück, da er kein Recht habe, den freien Entschließungen des Prinzen irgend welchen Zwang anzuthun. Als nun Prinz Leopold, um nicht die Ursache eines Krieges zu werden, freiwillig auf den Königsthron ver- zichtete, schien die Angelegenheit beseitigt. Da verlangte der französische Botschafter plötzlich, König Wilhelm solle das Versprechen geben, „daß er die Kanbibatur des Prinzen für die spanische Krone in Zukunft niemals wieber zulassen werbe". Auch biefe schamlose Zumutung wies König Wilhelm mit Entrüstung zurück, inbem er dem Gesanbten durch seinen Begleiter die Antwort geben ließ, er habe ihm in biefer Angelegenheit nichts weiter mitzuteilen. Das französische Volk erblickte in biefer Ab- fertigung seines Gesanbten eine Verletzung der Ehre Frankreichs, die nur durch Blut gesühnt werben könne. „Krieg! jubelten des Kaisers Freunbe

4. Vaterländische Geschichte für den Schul- und Selbstunterricht - S. 241

1895 - Neu-Ruppin : Petrenz
— 241 — und als nun die preußischen Garden und die Bayern einen neuen kräftigen Vorstoß machten, flohen die Franzosen in wilder Hast der Festung Sedan zu, um hier Schutz zu suchen. An den Thoren der Stadt entstand ein fürchterliches Gedränge; ein panischer Schrecken hatte sich der Feinde bemächtigt; jeder war nur bestrebt, dem drohenden Verderben zu entrinnen. König Wilhelm glaubte nun, man würde in Sedan eine weiße Fahne ausziehen, um damit anzudeuten, daß man zur Übergabe bereit sei. Als dieses jedoch nicht geschah, eröffnete man gegen 47-2 Uhr ein furchtbares Bombardement. 540 Geschütze sandten Tod und Verderben in die ge-ängstigte Stadt, und bald loderten hier und dort gewaltige Feuergarben empor. Da ließ König Wilhelm das Feuer einstellen und sandte einen Parlamentär mit weißer Fahne nach Sedan, um die Armee und die Festung zur Kapitulation aufzufordern. Nach kurzer Zeit kehrte derselbe mit der unerwarteten Nachricht zurück, daß Kaiser Napoleon selbst sich in Sedan befinde und bereits einen Boten abgeschickt habe, der dem Könige ein eigenhändiges Schreiben überbringen solle. Gegen 7 Uhr erschien der Abgesandte des Kaisers und übergab dem König Wilhelm das kaiserliche Schreiben, das die denkwürdigen Worte enthielt: „Da es mir nicht vergönnt war, an der Spitze meiner Truppen zu sterben, übergebe ich Eurer Majestät meinen Degen". König Wilhelm nahm den Degen an und beauftragte mit der Leitung der Übergabeverhandlungen den General von Moltke, dem er zur Erledigung etwaiger politischer Fragen den Grasen Bismarck beigab. Bis spät in die Nacht dauerten die Kapitulatious-verhaudlungeu, ohne daß man eine Einigung erzielt hätte. Erst am 2. September unterzeichnete General Wimpsen schweren Herzens die Übergabebedingungen. Die Festung Sedan mußte sich ergeben; die in derselben eingeschlossene französische Armee, die immer noch 83000 Mann zählte, gab sich kriegsgefangen und lieferte ihre Waffen und ihre Vorräte an die Deutschen aus. Die Offiziere behielten wegen der bewiesenen Tapferkeit ihre Waffen und wurden auf Ehrenwort entlassen. Es war ein herr- licher Erfolg, den die Deutschen, allerdings mit großen Opfern, errungen hatten. Noch nie war ein so großes Heer zur Übergabe gezwungen worden. „Welch eine Wendung durch Gottes Fügung!" schrieb König Wilhelm an seine Gemahlin. Dem Kaiser Napoleon, dem er nach der Übergabe von Sedan eine Unterredung in dem Schlößchen Bellevue bei Donchery gewährt hatte, wies er das Schloß Wilhelmshöhe bei Kassel als Aufenthaltsort an. Schon am 4. September reiste Napoleon, der für seinen frevelnden Hochmut tief gedemütigt worden war, dorthin ab und verblieb hier bis zum Friedensschluß. In ganz Deutsch- Epstein. 16

5. Vaterländische Geschichte für den Schul- und Selbstunterricht - S. 273

1895 - Neu-Ruppin : Petrenz
— 273 — bildungsschulen, lobte die fleißigen und strebsamen Schüler und suchte sie durch mancherlei Mittel zu weiterem Fleiße anzuspornen. Ganz besondere Fürsorge widmete er der Schule in Bornstedt, von deren Leistungen er sich gern persönlich überzeugte. Als er einst die 3. Klasse derselben besucht hatte und eben noch einen Blick in die 1. Klasse thun wollte, erschien der Briefträger und brachte dem Lehrer eine Depesche, durch welche derselbe an das Sterbebett seiner hochbetagten Mutter gerufen wurde. Da trat der menschenfreundliche Kronprinz selbst in die Klasse, um den Unterricht fortzusetzen; den Lehrer aber veranlaßte er, schleunigst abzureisen, um seine teure Mutter womöglich noch am Leben zu treffen. Wie seine erlauchte Mutter, so war auch der Kroupriuz Friedrich Wilhelm ein wahrer Freund der Armen und Notleidenden. Vor allem wandte er den Anstalten seine besondere Aufmerksamkeit zu, die dem edlen Bestreben, Not zu lindern und Thränen zu stillen, ihre Entstehung verdanken. Reiche Geldunterstützungen gewährte er dem Verein für häusliche Gesundheitspflege, den Ferienkolonieen, den Anstalten für Krankenpflege, und es galt ihm als die köstlichste Feier seiner silbernen Hochzeit, als ihm und seiner Gemahlin aus diesem Anlasse von dem deutschen Volke eine Festgabe von 800000 Mark zur Verwendung für wohlthätige Zwecke überwiesen wurde. Krankheit. Im rüstigsten Mannesalter wurde der Kronprinz, der Stolz und die Hoffnung des deutschen Volkes, von einer tückischen Krankheit heimgesucht. Schon auf der Reise, die er im Jahre 1883 nach Spanien unternahm, um dem dortigen Königshause einen Gegenbesuch abzustatten klagte er während seines Aufenthaltes in Madrid über Halsschmerzen, aber die eingetretene Heiserkeit verschwand wieder. Da stellte sich im Frühjahr 1887 von neuem eine heftige Heiserkeit ein, die trotz aller angewandten Mittel nicht weichen wollte. Der Kronprinz begab sich auf Anraten seiner Ärzte nach Bad Ems, von dessen Heilquellen er bezüglich seines Leidens die günstigste Wirkung erhoffte. Als er aber kurz nach Pfingsten in die deutsche Hauptstadt zurückkehrte, hatte sich die Heiserkeit zur völligen Tonlosigkeit der Stimme gesteigert. Er reiste daher auf den Rat des berühmten englischen Arztes Dr. Mackenzie in Begleitung der Kronprinzessin und seiner Töchter nach England, um hier ungestört der Wiederherstellung seiner Gesundheit leben zu können und zugleich den behandelnden Arzt, dem er und seine Gemahlin das größste Vertrauen schenkten, in unmittelbarer Nähe zu haben. Aber auch der Aufenthalt in England Epstein. 18

6. Vaterländische Geschichte für den Schul- und Selbstunterricht - S. 274

1895 - Neu-Ruppin : Petrenz
— 274 — hatte nicht den gewünschten Erfolg; vielmehr war nach und nach eine Verschlimmerung des Leidens eingetreten. Deshalb ging der Kronprinz im Herbste na.ch Toblach in Tirol und siedelte dann nach San Remo an der Riviera über, um in der warmen Luft des Südens die erhoffte Genesung zu finden. Doch die bösartige Krankheit, die man schließlich als Kehlkopfkrebs erkannte, zehrte weiter an seinem Lebensmarke. Mit banger Erwartung sah das deutsche Volk jeder Nachricht über das Befinden seines Lieblings, für den die ganze gebildete Welt lebhafte Teilnahme und inniges Mitgefühl an den Tag legte, entgegen. Große Freude erfüllte aller Herzen, wenn man Anzeichen einer wieder auftretenden Hoffnung wahrzunehmen glaubte, und wiederum lastete ein schwerer Druck auf jeder deutschen Brust, wenn der Telegraph weniger tröstliche Nachrichten brachte. Endlich war die Krankheit so weit fortgeschritten, daß ein Luftröhrenschnitt und die Einführung einer silbernen Röhre nötig wurden, um dem hohen Kranken das Atmen zu erleichtern. Trotzdem nun der Kronprinz der Sprache beraubt war und nur noch durch Schreiben sich mit seiner Umgebung verständigen konnte, ertrug er mit einer wahren Heldengröße sein schweres Geschick. Seine Ärzte wußten nicht genug seine Geduld und Ausdauer zu rühmen. Thronbesteigung und kurze Regierungszeit. Am 9. März 1888 traf die erschütternde Kunde von dem Hinscheiden Kaiser Wilhelms I. in San Remo ein. Da hielt es den Schwerkranken, der nun deutscher Kaiser und König von Preußen geworden war, nicht länger auf fremdem Boden. Er raffte sich von seinem Krankenbette auf und trat trotz der gefahrdrohenden Kälte die Reise nach Deutschland an. Als ihn die Ärzte von der Ausführung dieser wegen seines schweren Leidens doppelt beschwerlichen Reise zurückzuhalten versuchten, entgegnete er: „Und wenn ich unterwegs sterben müßte, ich kehre doch zurück!" Aus dem Bahnhöfe zu Leipzig, wo der Sonderzug, der den kaiser- lichen Dulder in die Heimat bringen sollte, am 11. März abends anlangte, war das ganze preußische Staatsministerium versammelt. Ergreifend war das Wiedersehen mit dem Reichskanzler Fürsten Bismarck, der als erster den Salonwagen des Kaisers bestieg, um Seiner Majestät huldigenden Grnß zu entbieten und dann auf der Weiterfahrt Vortrag zu halten. Spät abends langte der kaiserliche Sonderzug auf dem Bahnhof Westend bei Charlottenburg an, wo trotz des heftigen Schneegestöbers eine zahllose Menge versammelt war, die den Kaiser ehrfurchtsvoll und freudig begrüßte. Der todkranke Herrscher nahm seine Residenz in dem

7. Vaterländische Geschichte für den Schul- und Selbstunterricht - S. 7

1895 - Neu-Ruppin : Petrenz
— 7 — Mark, und gegen eine Geldsumme, sowie gegen einige Schlösser und ein Jahrgehalt trat der schwache, unwürdige Fürst die Regierung von Brandenburg an den Sohn Karls, den König Wenzel von Böhmen, ab und lebte seitdem, seinen Lüsten stöhnend, auf einem seiner Schlösser, wo er, 32 Jahre 1373 starb. Nunmehr war Brandenburg unter die Herrschaft der Luxemburger gekommen. Brandenburg unter den Luxemburgern (1373-1415). Karl Iv. (1373—1378). Kaiser Karl Iv. übernahm für seinen unmündigen Sohn Wenzel die Regierung in der Mark. Auf einem feierlichen Landtag zu Tangermünde ließ er unter allgemeiner Zustimmung den Beschluß faffen, daß die Mark Brandenburg „auf ewige Zeiten mit der Krone Böhmens" vereinigt werden sollte. Danach wandte er sich mit weiser Einsicht und großer Sorgfalt der Wiederherstellung der inneren Ordnung des Landes zu. Er schreckte die raubgierigen Nachbarn und unterdrückte mit starker Hand das unter der schwachen Regierung Ottos mächtig emporgeschossene Unwesen der Raubritter und des Faustrechts, indem er mit aller Strenge die räuberischen Ritter zur Warnung an Baumen aufhängen ließ und selbst den Vorsitz des in Tangermünde eingerichteten Gerichtshofes führte. Er förderte Handel und Verkehr, indem er Elbe und Oder schiffbar machte und ein freundschaftliches Verhältnis zum Hansabund anzubahnen suchte. Unter seiner weisen, landesväterlichen Regierung blühte Brandenburg sichtlich wieder auf. Schon 1378 starb er, zu früh für seine Pläne und Länder. Sigismund (1378—1415). Karl Iv. hatte vor seinem Tode seine Länder unter seine drei Söhne geteilt, wobei Sigismund die Mark Brandenburg erhielt. Er war noch jung, lebte meist am Hose seines künftigen Schwiegervaters, des Königs von Ungarn, und kümmerte sich wenig um die Regierung; nur einmal ist er selbst in seinem Lande gewesen, das er meist durch Statthalter verwalten ließ. Die Folge davon mar, daß wiederum trübe Zeiten über das kaum etwas zur Ruhe ge- kommene Land hereinbrachen. Die Nachbarn suchten sich wieder zu bereichern, und die Raubritter trieben von neuem ihr Unwesen. Dazu befand sich Sigismund fortwährend in Geldverlegenheiten, und da die ohnehin schweren Abgaben der märkischen Unterthanen nicht ausreichten, so verpfändete und verkaufte er, was er nur konnte. Zuletzt verpfändete $r sogar das ganze Land gegen 20000 Goldgulden an seine Vettern Jobst und Prokop von Mähren. Das machte das Maß des Unglücks im Lande voll; denn Jobst, der nach des letzteren baldigem Tode allein

8. Vaterländische Geschichte für den Schul- und Selbstunterricht - S. 50

1895 - Neu-Ruppin : Petrenz
— 50 — Eingang. Zwar durfte es niemand wagen, sich offen als Bekenner der neuen Lehre auszugeben; doch wurden die Schriften der Reformatoren — wenn auch im Verborgenen — mit allem Eifer gelesen. Die von Joachim gegründete Universität Frankfurt a. O., welche dem alten Glauben treu blieb, wurde immer weniger besucht; dafür wuchs aber die Zahl der Jünglinge, die sich nach der von Friedrich dem Weisen gestifteten Universität Wittenberg wandten, um dort von Luther selbst die neue Lehre verkünden zu hören. Inzwischen hatte die Reformation sogar in Joachims eigenem Hause Eingang gefunden. Seine Gemahlin Elisabeth, eine Tochter des Königs von Dänemark, allgemein bewundert wegen ihrer trefflichen Geistesgaben, ihrer Schönheit und Aumut, hatte, nachdem sich Joachim nach einigen Jahren ungetrübten Familienglückes immer mehr von ihr entfremdete, Trost uni) Erquickung in dem Evangelium gefunden, wie es durch Luther und seine Freunde verkündigt wurde. Wegen der Abneigung ihres Gemahls gegen die neue Lehre suchte sie ihre Zugehörigkeit zu derselben vorerst noch zu verheimlichen, nahm aber schließlich das Abendmahl in beiderlei Gestalt. Als der Kurfürst von diesem Schritte seiner Gemahlin Kenntnis erhielt, kannte sein Zorn keine Grenzen; er drohte mit Einsperrung und Einmauerung, wenn sie nicht von diesem Irrtum lasse. Da entfloh die Kurfürstin unter dem Schutze der Nacht und fand durch die Gastfreundschaft des Kurfürsten Johann des Beständigen von Sachsen Zuflucht auf dem Schlosse Sichtenburg bei Torgau. Hier lebte sie fortan in stiller Zurückgezogenheit, unbeläftigt von ihrem Gemahl, im freundschaftlichen Verkehr mit Luther, den sie oft in Wittenberg besuchte. Kurfürst Joachim I., der bis zu feinem Lebensabende ein entschiedener Gegner des „wittenbergischen Wesens" war, hatte es, trotzdem er noch auf seinem Sterbebette seine beiden Söhne beschwor, der „Ketzerei des Luthertums" mit aller Kraft entgegenzutreten und „dem alten christlichen Glauben" treu zu bleiben, nicht vermocht, daß feine Söhne der Verbreitung der neuen Lehre hinder-lich waren. Johann, ein fester und entschlossener Charakter, trat sofort nach seines Vaters Tode zum evangelischen Glauben über, während Joachim mit biefem wichtigen Schritte noch zögerte, bet er immer noch hoffte, es könne eine Besserung der kirchlichen Zustände zustanbe kommen, ohne daß man sich vom Papste vollstänbig lossage. Aus biefem Grnnbe ließ er vorläufig alle lutherischen Einrichtungen stillschweigenb zu, ohne sich indessen äußerlich von der katholischen Kirche zu trennen. Nachdem er sich aber überzeugt hatte, daß von der römischen Geistlichkeit und namentlich vom Papste eine Beseitigung der bestehenden Mißbrauche nicht

9. Vaterländische Geschichte für den Schul- und Selbstunterricht - S. 116

1895 - Neu-Ruppin : Petrenz
— 116 — Urteil in Todesstrafe um. Als der Unglückliche an Friedrichs Fenster vorbei zu Tode geführt wurde, rief dieser ihm weinend zu: „Mein lieber Katte, vergeben Sie mir, daß ich Sie in dieses Unglück gestürzt habe". „Dessen bedarfs nicht, gnädiger Herr!" antwortete Katte. „Wenn ich zehn Leben zu verlieren hätte, so wollte ich sie willig für Sie hingeben!" Der Kronprinz sank ohnmächtig zusammen, und wenige Minuten darauf fiel seines Freundes Haupt. Nie hat Friedrich diese Stunde vergessen. Über ihn selbst war immer noch kein Urteil gefällt. Die Generale, welche ihn kriegsgerichtlich aburteilen sollten, erklärten sich nicht für befugt, über den Kronprinzen zu Gericht zu sitzeu. Der König aber, der in Friedrich nur den Deserteur sah, wollte ihn hinrichten lassen, so daß Generalmajor von Buddenbrock, indem er seine Weste aufriß, unerschrocken ausrief: „Wenn Euer Majestät Blut verlangen, so nehmen Sie meins, jenes bekommen Sie nicht, so lange ich noch sprechen darf!" Da sich auch mehrere auswärtige Höfe für den Kronprinzen verwandten, so ließ der König „Gnade für Recht ergehen", und Friedrich wurde zur Festungshaft in Küstrin verurteilt. Hier änderte sich infolge täglichen Verkehrs mit dem Feldprediger Müller sein Gemüt. Er schrieb an den König, bekannte sein Unrecht und bat ihn um Verzeihung. Versöhnung mit seinem Vater. Als der Kronprinz in Gegenwart von Ministern und Generalen den vom Könige verlangten Eid, sich wegen dieses Vorfalles an niemand rächen und künftig ein gehorsamer Sohn sein zu wollen, ablegte, erhielt er Orden und Degen zurück und wurde aus der itreugen Gefangenschaft entlassen. Er bewohnte nun in Küstrin ein für ihn eingerichtetes Haus, arbeitete auf Befehl des Königs als jüngster Rat bei der dortigen Kriegs- und Domänenkammer und erwarb sich durch den regen Fleiß, womit er sich seiner Beschäftigung hingab, einen reichen Schatz von Verwaltungskenntnissen, der ihm bei seiner späteren Regierung trefflich zu statten kam. Mit Freuden empfing der König die Berichte über diese Sinnesänderung seines Sohnes, und als er erfuhr, daß derselbe auch für religiösen Zuspruch empfänglicher geworden sei, entschloß er sich, ihn wiederzusehen. Bei Gelegenheit einer Reise nach Preußen besuchte er den Kronprinzen in Küstrin, und als dieser ihm zu Füßen sank und thränenden Auges bleibende Besserung gelobte, wurde ihm verziehen; indessen erhielt er seine volle Freiheit noch nicht zurück. Während er jedoch bis dahin die Festung Küstrin ohne Erlaubnis des Kommandanten keine Nacht verlassen durfte, wurde ihm nun gestattet, in Begleitung erfahrener Männer die Domänen der Umgegend zu besuchen, um sich über Ackerbau, Viehzucht und Brauwesen genau zu

10. Vaterländische Geschichte für den Schul- und Selbstunterricht - S. 130

1895 - Neu-Ruppin : Petrenz
— 130 — ohne von mir den geringsten Vorwurf zu erleiden." Nach kurzer Pause, während welcher ihm aus allen Augen nur tiefe Rührung und feuriger Siegesmut entgegen» leuchteten, fuhr er mit freudiger Miene fort: „Schon im voraus hielt ich mich überzeugt, daß keiner von Ihnen mich verlassen werde; ich rechne also ganz auf Ihre treue Hilfe und den gewissen Sieg. Sollte ich bleiben und Sie für Ihre geleisteten Dienste nicht belohnen können, so muß es das Vaterland thun. Gehen Sie in das Lager und wiederholen Sie den Regimentern, was Sie jetzt von mir gehört. Das Kavallerieregiment, welches nicht sofort, wenn es befohlen wird, sich unaufhaltsam auf den Feind stürzt, lasse ich sogleich nach der Schlacht absitzen und mache es zu einem Garnisonregimente. Das Bataillon Infanterie, das, es treffe, worauf es wolle, zu stocken anfangt, verliert Fahnen, Säbel und Sorten der Waffenröcke. Nun leben Sie wohl, meine Herren, in kurzem haben wir den Feind geschlagen, ober wir sehen uns nie wieder!" Diese Worte wurden im ganzen Heere bekannt gemacht und entzünbeten überall eine laute Begeisterung. Kurz vor Beginn der Schlacht rief der König einen Offizier mit 50 Husaren zu sich und sagte zu demselben: „Ich werde mich heute bei der Schlacht mehr aussetzen müssen wie sonst. Er mit seinen 50 Mann soll mir zur Deckung dienen. Er verläßt mich nicht und giebt acht, daß ich der Canaille nicht in die Hände falle. Bleib' ich, so bedeckt Er den Körper gleich mit seinem Mantel und läßt einen Wagen holen. Er legt den Körper in den Wagen und sagt keinem ein Wort. Die Schlacht geht fort, und der Feind — der wird geschlagen." Am Morgen des 5. Dezember 1757 griff Friedrich mit seinem kleinen Häuflein, das die Feinde spottend die „Berliner Wachtparade" nannten, nnerschrocken die Österreicher an, die in langer Schlachtreihe in der Gegend von Leuthen, zwischen Breslau und Neumarkt, Aufstellung genommen hatten. Unter dem Gesänge frommer Lieder rückten die Preußen dem Feinde entgegen. Ein Kommandeur wollte ihnen Schweigen gebieten, Friedrich aber sagte: „Nein, laß Er das; mit solchen Leuten wird Gott mir heute gewiß den Sieg verleihen." Der König entfaltete an diesem Tage die ganze Größe seines Feldherrntalentes. Da die Österreicher eine sehr ausgedehnte Stellung einnahmen, beschloß er, sie hauptsächlich auf einem Flügel anzugreifen. Durch versteckte Bewegungen gegen den rechten feindlichen Flügel hielt er diesen in Unthätigfeit, während er den Hauptangriff gleich darauf auf den linken Flügel richtete. Dieser wurde durch das ungestüme Vordringen der preußischen Infanterie über den Haufen geworfen, und nach kurzer Zeit geriet das ganze feindliche Heer in Unordnung. Noch ehe die Sonne des kurzen Dezembertages sank, war die verhängnisvolle Schlacht entschieden; in wilder Flucht eilten die Österreicher davon. Sie hatten 116 Kanonen und 59 Fahnen verloren; außerdem waren 21000 Mann gefangen genommen worden. Als die Nacht ihren dunklen Schleier über das blutgetränkte Schlachtfeld ausbreitete, stimmte ein Grenadier das Lied an: „Nun danket alle Gott!" und bald fiel die ganze Armee mit Begleitung der gesamten Feldmusik in den schönen Lobgesang ein. Die Kunde von diesem herrlichen Siege
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