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45. Der Pflug.
Das war gewiß ein großer Mann,
Viel größer, als man denket.
Der sich zuerst den Pflug ersann
Und uns damit beschenket.
Der war gewiß ein kluger Mann,
Der ihn zuerst bespannte,
Und der des Thieres Brauchbarkeit
Zu diesem Zweck erkannte.
Der war gewiß ein weiser Mann,
Der ihn zuerst regierte;
Der kreuz und quer durch sein Gebiet
Die schlanken Furchen führte.
Der war gewiß ein froher Mann,
Der sahe, daß es glückte;
Daß sich dies einfache Geräth
So gut zum Feldbau schickte.
Der ist gewiß ein Biedermann,
Der ihm recht froh begegnet,
Und den, der es erfunden hat,
Mit lautem Danke segnet.
46. Lohn kindlicher Liebe.
Am 30. Juni 1833 ertheilte ein deutscher Fürst den
Befehl, ihm einen in seinem Dienste als Korporal stehen-
den Soldaten vorzuführen. Dieß geschah am folgenden
Morgen durch einen Offizier. Niemand konnte sich seine
Veranlassung denken zu diesem Befehle, und mit gespannter
Erwartung näherten sich der Offizier und Korporal dem
Schlosse. In demselben angelangt, wurde der erstere zu
✓ dem Fürsten gerufen "und von demselben über die bisherige
Aufführung des Korporals gefragt. Das demselben der
Wahrheit gemäß ertheilte beste Zeugniß vernahm der edle Fürst
mit sichtbarer Freude und sagte: /,Es ist mir sehr lieb,
dieß zu hören, ich habe mir es aber wohl gedacht, daß
ein so guter Sohn, auch ein braver Soldat sein werde, und
als ein solcher Sohn, als ein rührendes Beispiel kindlicher
Liebe und Treue ist er mir bekannt geworden. Es über-
gab mir nämlich vor wenigen Tagen der siebenzigjährige
dieses Soldaten eine Bittschrift; in welcher er für sich
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend]]
TM Hauptwörter (200): [T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter], T180: [Erde Punkt Sonne Kreis Linie Ort Horizont Richtung Aequator Zone]]
79
in das Berzeichniß der Schätze des großen Abbas einge-
tragen war. Sogleich schöpfte Schach'sefi Verdacht, daß
der Schatzmeister ihn veruntreut habe. Dies war, was
seine'feinde wünschteil. Sie verdoppelten ihre Beschuldi-
gungen und malten ihn als den ärgsten Betrüger. Er
hat viele Häuser zur Bewirth ung der Fremden gebaut,
sagten sie, und andere öffentliche Gebäude mit großen
Kosten aufführen lassen. Er kam als ein nackter Knabe
an den Hof, und doch besitzt er letzt unermeßliche Neich-
chümer. Woher könnte er alle diese Kostbarkeiten, mir
denen sein Haus angefüllt ist, haben, wenn er den könig-
lichen Schatz nicht bestöhlev Ali Beg trat eben zum Könige
hinein, als ihn seine Feinde so verklagten, und mit zornigen
Blicken sprach der König: „Ali Beg, deine Untreue ist
kund geworden; du hast dein Autt verloren, und ich be-
fehle dir, in vierzehn Tagen Rechnung abzulegen." Ali
Beg erschrack nicht, denn sein Gewissen war rein. Aber
er bedachte, wie gefährlich es fein würde, seinen Feinden
vierzehn Tage Zeit zu lassen, ehe er seine Unschuld bewiese.
"Herr," sprach er deßwegen, „mein Leben ist in deiner
Hand. Ich bin bereit, die Schlüssel des königlichen Schatzes
und den Ehrenschmuck, den du mir gegeben hast, heute
oder morgen vor deinen Füßen nieder zu legen , wenn du
deinen Knecht mit deiner Gegenwart beehren willst."
Diese Bitte war dem Könige willkommen, er sagte sie
ihm zu und besichtigte gleich am andern Tage die Schatz-
kammer. Alles war in der vollkommensten Ordnung, und
Ali Beg überführte ibn, daß Schach Abbas den vermißten
Säbel selbst herausgenommen und mit den Diamanten ein
anderes.kleinod habe schmücken lassen, ohne daß er cs in
seinem Verzeichnisse bemerkt habe. Der König konnte m'cksts
dagegen einwenden, allein sein Mißtrauen hatte ihn noch
nicht verlassen. Er ersann einen Vorwand, um den Schatz-
meister in sein Haus zu begleiten, denn hier vermuthete er
die vielen Kostbarkeiten zu finden, von denen ihm seine
Höflinge gesagt hatten. Zu seiner großen Verwunderung
war auch hier alles anders. Gemeine Tapeten deckten
die Wände; die Zimmer waren mit nickt mehr als notb-
durstigem Hausrath versehen, und Sefi mußte selbst gestehen,
ein mittelmäßiger Bürger wohne köstlicher, als der Groß-
schatzmeister seines Reiches. Er schämte sich dieser zweiten
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit]]
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85
Böses widerfahren, du sollst das Gnadenbrod haben, so
lange du lebst." Dann sagte er zu seiner Frau: „Geh gleich
heim und koch dem alten Sultan einen Wectbrei, den
braucht er nicht zu beißen, und mein Kopfkissen schenke ich
ihm auch zu seinem Lager." Von nun au hatte es der
Sultan so gut, als er sich's nur wünschen konnte. Der
Wolf besuchte ihn und freute sich, daß es so wohl gelun-
gen war. „Hör, Landsmann," sprach er, „du wirst doch ein
Aug' zudrücken, wenn ich deinem H'rrn ein fettes Schaf
wegholen kann? Es wird einem heutzutage schwer-' sich
durchzuschlagen." — "Nein," antwortete der Hund, "meinem
Herrn bin ich treu, das kann ich s nicht zugeben." Der
Wolf indessen meinte, das wäre kein Ernst und kam in
der Nacht den guten Bissen abzuholen; aber der treue
Sultan hatte dem Herrn Alles angezeigt, so daß dieser in
der Scheuer aufpaßte und dem Wolf garstig die Haare
kämmte.
Begegnet uns Jemand, der uns Dank schuldig ist, gleich
fallt es Ms^ ein. Wie oft können wir Jemand begegnen,
dem wir Dank schuldig sind, ohne daran zu denken.
102. Kindliche Liebe.
Ein berühmter preußischer General war in seiner Ju-
gend Edelknabe an dem Hose Friedrichs des Großen. Er
hatte keinen Vater mehr, und seine Mutter nährte sich in
ihrem Wittwenstande kümmerlich. Als guter Sohn wünschte
er, sie unterstützen zu können; aber von seinem Gehalte
ließ sich Nichts entbehren.
Doch fand er ein Mittel, etwas für sie zu erwerben.
Jede Nacht mußte einer von den Edelknaben in dem Zim-
mer vor dem Schlafgemache des Königs wachen, um die-
sem auszuwarten, wenn er etwas verlangte. Manchem
war dieses zu beschwerlich, und sie übertrugen daher, wenn
die Reihe sie traf, ihre Wachen gern andern.
"Der arme Page (d. i. Edelknabe) fing an, diese Wachen
für Andere zu übernehmen; sie wurden ihm vergütet, und
das Geld, welches er dafür erhielt, schickte er dann seiner
Mutter.
Einst konnte der König des Nachts nicht schlafen und
wollte sich etwas vorlesen lassen. Er klingelte, er rief,
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TM Hauptwörter (200): [T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief], T114: [Fleisch Milch Brot Pferd Butter Käse Stück Wein Schwein Getreide]]
256
Eingeboruen selbst die Veranlassung gaben, ibiu zur Last ge-
legt. Endlich gelang es seinen Feinden, den Befehl zu seiner
Verhaftnehmung auszuwirken. Ein gewisser Bobadilla ward
in dieser Absicht nach Amerika, wo Kolumbus eben mit wohl-
thätigen Einrichtungen beschäftigt ward, gesendet. Ohne Ver-
hör wurde er seinem Wirkungskreise entrissen, und mit Ket-
ten belastet nach Europa geschafft. In der Nähe des festen Lan-
des wollte ihm der Schiffshauptmann, der nur zu tief empfand,
welches schwere Unrecht man dem grossen Manne that, die
Ketten abnehmen; allein Kolumbus wollte Europa zeigen, wie
sich der Entdecker eines neuen Welttheils in Fesseln aus-
nehme, und weigerte sich standhaft, dem menschenfreundli-
chen Anerbieten nachzugeben. Er erschien am Hofe vor dem
Könige und der Königin in diesem Schmucke, und wiewohl
man ihn alsbald der Ketten entledigte, und ihn von aller
Schuld frei sprach; so konnte er doch die ihm zugefügte
Schmach niemals vergessen, überall trug er seine Ketten mit
sich herum, und nahm sie selbst mit sich ins Grab. Er starb
im 59sten Jahre seines Alters, ohne dass irgend eine von den
glänzenden Versprechungen erfüllt worden war, die m^n ihm
beim Antritte seiner ersten Entdeckungsreise so verschwende-
risch mit auf den Weg gab. Ja, nicht einmal der von ihm ent-
deckte Erdtheil ward nach seinem Namen benannt! Diese Ehre
trug ein Anderer, ein gewisser Amerigo Vespuzi aus Florenz,*
davon, der auf der dritten Reise sich im Gefolge des Kolum-
bus befand, und die erstgedruckte Beschreibung von dem neu
entdeckten Lande herausgab.
210. Der Kaiser als Lehrling.
Den Wahn Bieler, als ob sie zu alt, zu reich oder zu vornehm
wären, um etwas Nützliches zu lernen und das früher Versäumte
nachzuholen, theilte Peter der Große, Kaiser von Rußland, nicht;
indem er nicht nur rastlos bemüht war, seine äußerst vernachlässigte
Verstandesbildung durch Fleiß und Aufmerksamkeit zu vervollkomm-
nen, sondern auch sich nicht schämte, da alö Lehrling selbst die nie-
drigsten und beschwerlichsten Handreichungen zu thun, wo er irgend
etwas Nützliches lernen konnte.
Wiewohl er schon in seinem loten Lebensjahre zum Czaar (Kaiser)
erwählt worden war, so überließ er doch, weil er nur zu sehr fühlte,
wie viel ihm fehle, seiner Schwester uoch 7 volle Jahre die Regie-
rung. Unterdessen suchte er sich unter der Leitung eines Genfers,
Namcrs Le Fort, zu einem tüchtigen Soldaten zu bilden. Auf einem
Dorfe, wohin er sich zurückgezogen hatte, errichtete sich aus seinen
Altersgenossen ein Regiment, diente darin, um den Dienst ordentlich
zu erlernen, selbst vom Trommelschläger auf, lebte als gemeiner
Soldat von seinem Solde, zog mit auf die Wache, und stieg nach
und nach bis zum Ofstzier. Erst als er sich der Liebe seiner Sol-
daten, worunter er viele Ausländer aufnahm, versichert hielt und
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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21
Da antworteten die Kinder alle einmüthiglich und spra-
chen: Ach nein, laß und das Bäumchen! Blühet uns auch
nicht Freude auf ihm, sondern Thränen und Schmerz —
so sind es ja Thränen der Liebe und Schmerzen, dem
theueren Vater geweint. Ach nein, nimm uns das Bäum-
chen nicht! —
36. Weise Benutzung der Jugend.
Wer die kurzen Nosentage
Seiner Jugend froh durchlebt
Und, entfernt von Neid und Klage,
Gut zu werden sich bestrebt,
Der erfreut sich noch der Jugend,
Wenn des Lebens Winter naht,
Und Zufriedenheit und Tugend
Streuen Blumen seinem Pfad.
Ohne Furcht und ohne Grauen
Kann er vor- und rückwärts schauen.
37. Ein guter Sohn, der im Glücke sich nicht seiner
geringen Aeltern schämt.
In dem Regimente des berühmten Generals von Ziethen
stand ein Rittmeister mit Namen Kurzhagen. Er war klug,
tapfer und hatte ein kindliches Gemüth. Seine Aeltern wa-
ren arme Landleute im Meklenburgischen. Mit dem Ver-
dienstorden auf der Brust nickte er nach Beendigung des
siebenjährigen Krieges in Parchim ein.
Die Aeltern waren von ihrem Dörfchen nach der Stadt
gekommen, um ihren Sohn nach Jahren wieder zu sehen,
und erwarteten ihn auf dem Markt Wie er sie erkannte,
sprang er rasch vom Pferde und umarmte sie unter Freu-
denthränen. Bald darauf mußten sic zu ihm ziehen und
aßen alle Zeit mit an seinem Tische, auch wenn er vor-
nehme Gäste hatte. Einst spottete ein Offizier darüber,
daß Bauern bei einem Rittmeister zu Tische säßen. „Wie
sollte ich nicht die ersten Wohlthäter meines Lebens dankbar
achten?" war seine Antwort. „Ehe ich des Königs Ritt-
meister wurde, war ich ihr Kind."
Der brave General v. Ziethen hörte von diesem Vorfall
und bat sich selbst nach einiger Zeit mit mehreren Vorneh-
men bei dem Rittmeister zu Gaste. Die Aeltern des Letz?
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TM Hauptwörter (100): [T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod]]
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Vi
jeder Lehrer mit dem Herausgeber einverstanden.
Entwickelung des Denkvermögens, Uebung des Ge-
dächtnisses, Erweckung des Gefühls für das Wahre
und Gute, Religiosität und Vaterlandsliebe möch-
ten wohl die anderweitigen Zwecke sein, welche bei
zweckmäßigem Gebrauche des Buches durch den um-
sichtigen Lehrer befördert wunden können.
Der Inhalt dieser Lesestücke ist nach den 'Ab-
schnitten des vom Herausgeber verfaßten und in
demselben Verlage erschienenen Handbuches der
R e a l k e n n t n i s s e und deutschen Sprach-
kunde eingerichtet; beide stehen daher mit einan-
der in Verbindung, so daß sie sich gegenseitig er-
gänzen und erläutern, und der Schüler im Hand-
buche auf die Erzählungen, und bei den Erzählungen
auf das Handbuch verwiesen werden kann.
Indem der Herausgeber nunmehr diese Samm-
lung von Lesestücken Den Lehrern freundlich empfiehlt,
bittet er um nachsichtsvolle Beurtheilung und güti-
gen Rath, und schließt mit dem Wunsche, daß sie
voit Allen als eine willkommene Gabe möge empfan-
gen werden.
R e i u h e i m im Monat August J 841.
« * -
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TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T66: [Geschichte Iii Vgl Nr. Aufl Gesch Lesebuch Bild fig deutsch]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T29: [Geschichte Geographie Nr. Erdkunde Lesebuch Bild Iii allgemein Lehrbuch deutsch], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief]]
22
tere« wünschten dieses Mal selbst, nicht am Tische zu er-
scheinen, weil sie sich verlegen fühlen würden. Als man
sich setzen wollte, fragte der General: „Aber Kurzhagen,
wo sind Ihre Aeltern 2 Ich denke, sie essen mit Ihnen an
einem Tische?" Der Rittmeister lächelte und wußte nicht
sogleich zu antworten. Da stand Ziethen auf und holte die
Aeltern selbst herbei; sie mußten sich rechts und links an
seine Seite setze», und er unterhielt sich mit ihnen aufs
freundlichste. Als man anfing, Gesundheiten auszubringen,
nahm er sein Glas, stand auf und sprach: „Meine Herren,
es gilt dem Woblergehen dieser braven Aeltern eines ver-
dienstvollen Sohnes, der es beweist, daß , cth dankbarer
Sohn mehr werth ist, als ein hochmüthiger Rittmeister!"
Später fand der General Gelegenheit, dem Könige von
der kindlichen Achtung zu erzählen, welche der Rittmeister
seinen Aeltern erwies, und Friedrich Ii. freute sich sehr
darüber. Als Kurzhagen einst nach Berlin kam, wurde er
zur königlichen Tafel gezogen. „Hör' Er, Rittmeister,"
fragte der König, um seine Gesinnung zu erforschen, „von
welchem Hause stammt Er denn eigentlich? wer sind seine
Aeltern?" — „Ew. Majestät," antwortete Kurzhagen, „ich
stamme aus einer Bauernhütte, und meine Aeltern sind
Bauersleute, mit denen ich das Glück theile, das ich Ew.
Majestät verdanke."
„So ist's recht," sagre der König erfreut, „wer seine
Aeltern achtet, der ist ein ehrenwerther Mann; wer sie
gering schätzt, verdient nicht geboren zu sein."
Ephes. 6, 2. Ehre Vater und Mutter, das ist das erste Gebot,
das Verheißung hat.
38. Der alte Landmann an seinen Sohn.
Ueb' immer Treu und Redlichkeit bis an dein kühles
Grab, und weiche keinen Fingerbreit von Gottes Wegen ab!
Dann wirst du wie auf grünen Au'n durch's Pilgerleben
gehn, dann kannst du ohne Furcht und Grau'n dem Tod
ms Auge sehn.
Dann wird die Sichel und der Pstug in deiner Hand so
leicht, dann singest du beim Wasserkrug als wär dir Wein
gereicht. Dem Bösewicht wird Alles schwer, er thue, was
er thu; das Laster treibt ihn hin und her, und läßt ihm
keine Ruh.
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86
allein cs kam Niemand. Endlich stand er selbst auf, und
ging in das Nebenzimmer, um zu sehen, ob kein Page
da wäre? Hier fand er den guten Jüngling, der die Wache
übernommen hatte, am Tische sitzen. Vor ihm lag ein
Brief an seine Mutter, den er zu schreiben angefangen;
allein er war über dem Schreiben eingeschlafen. Der
König schlich herbei und las den Anfang des Briefes,
welcher so lautete: „Meine beste Mutter, geliebteste Mutter!
Jetzt ist es nun schon die dritte Nacht, daß ich für Geld
Wache habe. Beinahe kann ich es nicht mehr aushalten.
Indeß freue ich mich, daß ich nun wieder zehn Thaler für
Sie verdient habe, welches ich Ihnen hierbei schicke." Ge-
rührt über das gute Herz des Jünglings läßt der König
ihn schlafen, geht in sein Zimmer, holt zwei Nöllen Du-
katen, steckt ihm in jede Tasche eine und legt sich wieder
zu Bette. Als der Edelknabe erwachte und das Geld in
seinen Taschen fand, konnte er wohl denken, wo es herge-
kommen sei. Er freute sich zwar sehr darüber, weil er
nun seine Mutter noch besser unterstützen konnte; doch er-
schrack er auch zugleich, weil der König ihn schlafend gefun-
den hatte Am Morgen, sobald er zum König kam, bat
er demüthig um Vergebung wegen seines Dienstfehlers und
dankte ihm für das gnädige Geschenk. Der gute König lobte
seine kindliche Liebe, ernannte ihn sogleich zum Offizier
und schenkte ihm noch eine Summe Geldes, um sich Alles
anzuschaffen, was er zu seiner neuen Stelle brauchte.
Der treffliche Sohn stieg hernach immer höher und
diente den preußischen Königen als ein tapferer General
bis in sein hohes Alter.
Sir 3, 16. Der Wohltbat, den Aeltern erzeigt, wird nimmer-
mehr vergessen werden.
103. Treue Väterliche.
Ein junger verheirathetcr Bauer wurde wegen eines
großen Verbrechens verurtheilt, vier Jahre lang zu schan-
zen. Sein Vater, der noch ziemlich rüstig war, ging auf
das Gerichtshans und erbot sich, daß er die Strafe für
seinen Sohn übernehmen wollte.
„Ich habe noch Kräfte genug, sagte er, um vier Jahre
zu arbeiten. Sterbe ich dann so ist Alles vorbei. Mein
Sohn hingegen müßte die Schande noch viele Jahre lang
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124
ist. Es ist leichter arm, als reich zu sein; denn der
Reichthum kann zu Thorheiten und Lastern verleiten. Die
Sterne scheinen uns darum so klein, weil sie so weit
von uns entfernt sind.
131. Bei den bedingenden, einschränkenden, aus-
nehmenden und einräumenden Nebensätzen werden sehr
. verschiedene Bindewörter gebraucht. 1. Zur Bezeichnung
einer Bedingung dienen die Wörter: wenn — so, wo,
wo nicht, wofern, falls, sonst. Beispiele: Wenn du dein
Glück in der Welt machen willst, so lerne bei Zeit schwei-
gen und reden. Du bekommst Strafe, wofern du nicht folgst.
132. 2. Zur Bezeichnung einer Beschränkung: in
wiefern, in so sern, nur daß, je nachdem. Beispiele:
Kinder sind unschuldig zu nennen, in so fern sie noch
nicht wissen, was Recht oder Unrecht ist. Ich bin ziemlich
wieder hergestellt, nur daß ich noch etwas entkräftet bin.
133. 3. Zur Bezeichnung einerausnahme: als, außer
wenn, außer daß, wenn nicht, wofern nicht, es sei denn
daß, denn, ausgenommen. Beispiele: Keiner, als der
Gute, kann für wahrhaft glücklich gehalten werden. Ich
komme den Freitag, wofern ich nicht durch andere Ge-
schäfte abgehalten werde.
134. 4. Zur Bezeichnung, einer Einräumung: ob-
gleich, obschon, obwohl, ob zwar, wie wohl, wenngleich,
wenn schon, ungeachtet, auch. Beispiele: Obschon die
Zeiten so schlecht sind, so nimmt doch der Aufwand täg-
lich mehr überhand. Obgleich die Zeit so schnell verfließt,
so verschlafen doch manche Menschen einen großen Theil
derselben..— Hier kann ebenfalls der Nachsatz vor- und
der Vordersatz nachgesetzt werden.
135. Auch der Nebensatz kann in die Glieder des
Hauptsatzes eingeschoben werden, und heißt dann Zwischen-
satz. Beispiele: Ich werde, so bald cs nur sein kann,
Ihren B.'ief besorgen. Kinder sind, in sofern sie noch
nicht wissen, was Recht oder Unrecht ist, unschuldig zu
nennen. Ueber das ganze Thal verbreitete sich, ehe die
Sonne aufging, ein dicker Nebel.
136. Der Nebensatz kann eben so, wie der Beftim-
mungssatz, abgekürzt werden; z. B. der Strauß, obschon
mit Flügeln versehen, kann doch nicht fliegen.
Wtznn ein Hauptsatz durch mehrere Zwischensätze ge-
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode]]
TM Hauptwörter (100): [T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch]]
251
von der ihrigen gegeben. O das schmeckte so süß und zerschmilzt
einem im Munde. —
Nun, sagte der Vater, du hast zwar nicht sehr klug, aber
doch natürlich und nach kindlicher Weise gehandelt. .Für die Klug-
heit ist auch noch Raum genug im Leben.
Da begann der zweite Sohn: Ich habe den Stein, den der.
kleine Bruder sortwarf, gesammelt und ausgeklopft. Es war ein
Kern darin, der schmeckte so süß, wie ein Nuß. Aber meine
Pfirsich hab' ich verkauft, und so viel Geld dafür erhalten, daß
ich, wenn ich nach der Stadt komme, wohl zwölfe dafür kaufen kann.
Der Vater schüttelte den Kops und sagte: Klug ist das wohl,
aber — kindlich wenigstens und natürlich war es nicht. Bewahre
dich der Himmel, daß du kein Kaufmann werdest! —
Und du Edmund? fragte der Vater.— Unbefangen und offen
antwortete Edmund: Ich habe meine Pfirsich dem Sohn unsers
Nachbars, dem kranken Georg, der das Fieber hat, gebracht. Er
wollte sie nicht annehmen. Da hab' ich sie ihm aus das Bette
gelegt, und bin hinweggegangen. —
Nun! sagte der Vater, wer hat denn wohl den besten Ge-
brauch von seiner Pfirsich gemacht?
Da riefen sie alle drei: Das hat Bruder Edmund gethan! —
Edmund aber schwieg still. Und die Mutter umarmte ihn mit
einer Thräne im Auge.
278. Die Belohnung.
Ein König traf, als er einst auf der Jagd war, einen alten
Mann an, der einen Nußbaum pflanzte. „Welch' ein Thor ist
dieser Alte!" — sagte der König zu seinen Begleitern; — „er
thut, als ob er noch ein Jüngling wäre, und die Früchte von
diesem Baume genießen würde." — Da seine Gefährten gleichfalls
über diesen Alten lachten, so ging der König auf ihn zu und fragte,
wie alt er sey. „Ueber achtzig Jahre, Herr!" — war die Ant- -
wort; — „aber Gottlob! noch so gesund, wie einer von dreißig." —
„Wie lange gedenkst du denn noch zu leben," — sprach der König
weiter _— „daß du in einem solchen Alter noch junge Bäume
pflanzest, die so späte Früchte tragen? Warum machst du
dir so vergebliche Arbeit?" — „Herr!" — gab der Alte zur Ant-
wort — „ich bin zufrieden, wenn ich die Bäume gepflanzt habe,
ohne'mich darum zu bekümmern, ob ick) oder ein anderer die
Früchte derselben genießen werde. Es ist billig, daß mir thun,
wie unsre Väter thaten. Sie pflanzten Bäume, deren Früchte
wir aßen; da wir nun der Väter Arbeit genossen haben, warum
sollten wir nun gegen unsere Nachkommen neidischer sein, als jene
gegen uns — warum? „Ich denke, was der Vater nicht genießt,
das erndtet der Sohn." — Der freigebige König, dem diese Ant-
wort gefiel, schenkte dem Alten eine Ha)idvoll Goldstücke. „Wer
kann nun sagen," — fuhr der heitre Greis fort — „daß ich heute
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden]]
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