bis zum Ende des Zwischenreiches.
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lichste und älteste Art des Raubens bestand in einem gewaltsamen Wegtreiben fremden Viehes, wobei die Hirten sehr oft erschlagen wurden. Solcher Raub war mit wenig Gefahr verbunden, und das platte Land bot ihn überall. Besser gerüstet und auf einen Kampf gefaßt mußten die Ritter dann sein, wenn sie aus einem Hinterhalte einzelne reisende Kaufleute oder ganze Züge solcher, die sich eben um der Räuber willen zusammen auf die Reise begeben hatten, ansprengten, wenn sie wegelagerten. Schien solchen Wegelagerern der rechte Augenblick gekommen zu sein, so suchten sie die Reisenden durch einen plötzlichen Überfall zu verwirren, sprengten sie mit gespannter Armbrust an, warfen sie nieder, schlugen ihnen die Wagen und Kisten auf, schwangen ihnen die Taschen aus, „daß man auch mit einer Pechfackel keinen Heller mehr darin hätte finden können." Wer Widerstand versuchte, wurde sofort erschossen, erstochen oder znsammenge-gehauen. Ließ sich erwarten, daß die Gefangenen sich „ranzionieren", d. H. durch Lösegeld loskaufen konnten, so wurden sie von den Räubern auf die Burg geschleppt und ihnen das Lösegeld abgequält.
Namentlich die Bauern hatten von den Raubrittern viel zu leiden. Man drang in das Dorf ein, raubte die Habe, verwüstete die Vorräte und schleppte die Männer mit sich fort. In unterirdischen Burgverließen, in Finsternis, Moder und Unrat, vor Kälte, Hunger und Krankheit fast vergehend, lagen die Armen da, bis die Ihrigen ein Löfegeld, das meist ihre Kräfte weit überstieg, herbeigeschafft hatten. Darüber verging nicht selten eine so lange Zeit, daß den Unglücklichen auf ihrem entsetzlichen Lager unterdes die Beine abfaulten. Niemand nahm daran Anstoß, niemand zog den zur Rechenschaft, der solch unchristliche Marter über einen bäuerlichen Gefangenen verhängte.
Aus dieser Zeit der Hinterhalte stammt die Redensart: „Mit etwas hinter dem Berge halten" und das Sprichwort: „Ich helfe den
Bauern auf die Beine, sagte der Edelmann, da nahm er ihnen die
Pferde." Man sagte damals auch: „Die Bauern bitten nichts so sehr zu Gott, als daß den Junkern die Pserde nicht sterben, sonst würden sie die Bauern mit Sporen reiten." Das Raubritterunwesen hielt sich trotz strenger Verbote und schärferer Handhabungen des Landfriedens bis ins 16. Jahrhundert hinein. Weit nachdrücklicher als kaiserliche Verordnungen und Strafen half die unter dem Schutze des
städtischen Gemeinlebens aufblühende Bildung dem Übel des Raub-
rittertums ab. Der Adel blieb der sich ausbreitenden Bildung nicht ganz fremd, begann sich allgemach der Räubereien zu schämen und
11*
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Das Zeitalter der Reformation 1517—1640.
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raschten die Sachsen bei Mühlberg an der Elbe, wo der Kurfürst geschlagen und gefangen genommen wurde. Er wollte dem Kaiser die Hand reichen, indem er anhob: „Allergnädigster Kaiser," aber Karl erwiderte: „So? bin ich nun Euer gnädigster Kaiser? So habt Ihr mich lange nicht geheißen." Dann sagte der Kurfürst: „Ich bitte um ein fürstlich Gefängnis." „Wohl," antwortete Karl, „Ihr sollt gehalten werden, wie Ihr es verdient."
Der Kaiser gedachte jetzt mit aller Strenge gegen Johann Friedrich vorzugehen, und sein Zorn wurde noch vermehrt, als die Gemahlin des Kurfürsten die Hauptstadt Wittenberg gegen das feindliche Heer verteidigte. Da ließ der Kaiser durch ein aus Spaniern gebildetes Kriegsgericht die Todesstrafe über den Kurfürsten aussprechen. Johann Friedrich saß gerade mit seinem Leidensgefährten Ernst von Braunschweig beim Schachspiel, als man ihm sein Todesurteil überbrachte und vorlas. Ruhig und gefaßt hörte er dasselbe an und erwiderte: er hoffe, Kaiserliche Majestät würde sich nicht übereilen, sollte es aber dennoch sein Ernst sein, so bäte er, daß man ihm es zeitig sagen möge, damit er das Nötige wegen seiner Gemahlin und seiner Kinder verfügen möge. Dann wandte er sich wieder dem unterbrochenen Spiele und seinem ganz bestürzten Gefährten mit den Worten zu: „Nun lasset uns fortspielen, Herr Herzog!"
Auch der Kurfürstin Sibylla*) sandte der Kaiser eine Abschrift des Todesurteils, das über ihren Gatten gefällt war, mit dem Bedeuten, daß man das Schafott, darauf der Kurfürst sterben sollte, auf freiem Felde im Angesicht der Festung errichten lassen werde.
Das ging zu weit, das war mehr als bloße Drohung! Gebrochen und niedergeschmettert sagte die Kurfürstin die Übergabe der Festung zu, wenn man ihr das Leben des Kurfürsten verbürge. Da im Lager des Kaisers gemäßigte Männer die Vollstreckung des Blut-urteils widerrieten, so ward der Kurfürstin gemeldet, wenn sie dem Kaiser die Festung sofort übergebe, so sei das Leben des Kurfürsten nicht weiter bedroht; zugleich wurde ihr eine Abschrift der Bedingungen zugestellt, in welche sie willigen müsse.
Sibylla kannte ihren Gemahl; sie wußte, daß die Annahme
*) Die Gemahlin des Kurfürsten war die Tochter Johann des Dritten, Herzogs von Kleve, geborenim Jahre 1510. *
Johann Friedrich von Sachsen war als Kurprinz mit einer Schwester Karls V. verlobt gewesen; der Kaiser aber löste dieses Verhältnis, als Sachsen sich zum Luthertum bekannte. Nun wurde sibylla zur Gemahlin des Kurprinzen auserkoren, die ihm tm Juni 1527 zu Torgau angetraut wurde.
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im Reformationszeitalter.
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in Ehren, die sich erst mit dem 15. Jahrhundert in ein Rad verwandelt hatte. Auch erschien die Fürstin mit ihrem Spinnrocken, woran ein silbernes Glockenspiel hing, wohl in der Arbeitsstube ihres Gemahls oder wußte mit ihren Frauenzimmern allerlei feine Arbeit zu bereiten, womit sie sich gegenseitig Geschenke machten. Sie verfertigten gestickte Hauben, Barette, sogenannte Kränze oder Kragen, Halsbinden, Armbänder, Stuhlkissen und Frauenkleider und sandten sich gerne besonders schöne Muster zu. Da man es damals liebte, die Hauben von Gold- und Silberstoff nebst deren Schlingen und Binden so geschmackvoll und reich wie möglich mit den kostbarsten Perlen zu schmücken, so hatte man stets einen sogenannten Perlenhefter zur Seite, der als fürstlicher Diener am Hofe angestellt war.
Auch die Gesundheitspflege nahm manche Stunde des Stilllebens der Fürstinnen in Anspruch. Ein tüchtiger Arzt an einem Fürstenhofe war damals bei weitem noch nicht allenthalben zu finden. Die Apothekerkunst war ebenfalls noch in ihren Anfängen. Man vertraute im ganzen mehr auf die wirkende Kraft gewisser Stoffe aus der Tier-und Pflanzenwelt oder aus dem Mineralreiche, als auf ärztliche Kunst. Fürstinnen teilten sich dergleichen Heilmittel gern gegenseitig mit. Zur Abwehr und Wegleitung böser Krankheitsstoffe trugen sie Bernsteinoder Elensklauen-Paternoster am Halse, oder dergleichen Ringe als Armbänder. Wie die Arzneien selbst, so schickten sich die Fürstinnen auch gern allerlei Rezepte gegenseitig zu.
Einen andern Teil der Zeit, welche die Fürstinnen nicht auf ihre bisher erwähnten Beschäftigungen verwandten, nahm ihr Briefwechsel in Anspruch. Wie die Fürsten, so schrieben auch die Fürstinnen den größten Teil ihrer Briefe nicht eigenhändig. Die eigentlichen Geschäftsbriefe diktierten sie ihren Schreibern und unterschrieben nur Namen und Titel eigenhändig. Schrieben^sie ihre Briefe selbst, so waren Sprache und Stil in den meisten ungelenk, häufig voll Verstöße gegen Grammatik und Rechtschreibung. Im Briefstil der Fürstinnen herrschte, wie in dem der Fürsten, durchaus eine steife Förmlichkeit. Selbst in den Briefen zwischen nächstbefreundeten Verwandten, sogar zwischen Eheleuten, zwischen Eltern und Kindern durfte der steife Ton mit seinen feststehenden Formeln und Höflichkeitssätzen nicht außer acht gelassen werden. Des traulichen „Du" bedienten sich weder Eheleute noch Kinder. Schrieb eine Fürstin an ihren Gemahl oder dieser an jene, so nannten sie sich gegenseitig „Euer Liebden" oder „Euer Gnaden;" ebenso redeten Töchter ihren Vater mit der Höflichkeitsformel: „Gnädiger
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304
Das Zeitalter der Reformation 1517—1640.
Als Flugblatt gedruckt und in vielen Tausenden von Exemplaren verbreitet, machten die zwölf Artikel ihren Weg durch ganz Deutschland und wurden im Süden und Westen das Panier, um das sich nach und nach alles scharte.
Unterdessen hatte Luther, den die Masse des Volkes sich als Führer in ihrem Beginnen träumte, Herren und Knechte zum Frieden ermahnt. Die Hauptleute der „hellen" (d. h. ganzen) Haufen hatten ihm die 12 Artikel übersandt, und er antwortete in einer Zeit, wo er von dem eigentlichen Ausbruch des Kampfes noch nichts wußte und nichts wissen konnte, in einem offenen Schreiben, worin er Fürsten und Adel scharf ins Gewissen redete und sie ermahnte, ihren steifen Mut herabzulassen und ein wenig von ihrer Tyrannei zu lassen. Aber die Bauern mochten nicht ahnen, daß Luther jeden Aufruhr gegen die weltlichen Behörden aufs strengste verdammte. Er ermahnte die Bauern, sich nicht gegen die Obrigkeit aufzulehnen und schlug vor, Schiedsgerichte aus dem Adel und den städtischen Ratsherren zu wählen, die einen Ausgleich zwischen ihnen und ihren Herren versuchen möchten. Aber sein Rat war nach der Wendung, die inzwischen die Dinge genommen hatten, unausführbar geworden.
Es lag anfangs nicht in der Absicht der Bauern, mit Gewalt loszuschlagen ; sie dachten mehr durch Beschlüsse und große Versammlungen und Zusammenrottungen Zugeständnisse zu erzwingen und waren bereitwillig auf die Vermittelung des schwäbischen Bundes eingegangen; allein der Bund verfuhr nicht ehrlich; man versprach Abhülfe, wollte die Beschwerden untersuchen, hielt die Verhandlungen aber so lange hin, bis man vollständig gerüstet war. Schon im März 1525 schritt Truchseß von Waldburg zum plötzlichen Angriff. Trotz alledem ließen sich die Banern zu einem Vertrage bereit finden; aber der im April geschlossene Vertrag blieb auf dem Papier, da eben jetzt von allen Seiten her und selbst in weiter Ferne die Feuerzeichen aufleuchteten. Während die Oberschwaben sich anschickten, die Waffen niederzulegen, verbreitete sich der Aufstand nach dem Elsaß, nach Franken, nach Hessen und Kursachsen.
Die Bauern eines Thales im Odenwald hatten den Wirt Georg Metzler zu ihrem obersten Hauptmann gewählt. Zu hellen Haufen versammelt, schwuren sie einander zu, weder geistlichen noch weltlichen Fürsten fernerhin Steuern oder Zins, Zoll oder Zehnten zu zahlen, wie einen Gott so auch nur einen Herrn in Zukunft anzuerkennen. Die Neckarthaler führte ein verwilderter Gesell, Jäcklein Rohrbach,
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Oberschwaben Hessen Odenwald Jäcklein_Rohrbach
Der dreißigjährige Krieg. 371
Zu den schwedischen Peinigern kamen später noch französische. Ehe wir von der Einmischung der Franzosen erzählen, wollen wir erst hören, was aus Wallen stein geworden ist.
Nach der Schlacht bei Lützen hatte er sich unter dem Vorwande, ein neues Heer ausrüsten zu müssen, nach Böhmen zurückgezogen und unthätig zugesehen, wie die Schweden Bayern verwüsteten, ja er knüpfte mit den Feinden des Kaisers, namentlich mit den Schweden und Sachsen, Friedensverhandlungen an. Seine Waffenruhe, sowie die Verhandlungen mit den Feinden bewirkten, daß man ihn in Wien beargwohnte. Als der Kaiser von der sogenannten Verschwörung zu Pilsen Kunde erhielt, — die meisten Offiziere hatten sich mündlich und schriftlich verpflichtet, Wallenstein als Oberfeldherrn nicht zu verlassen, so lange er nichts gegen den Kaiser und die katholische Kirche unternehmen wolle, — erklärte ihn der Kaiser wegen „meineidiger Treulosigkeit" nebst zwei anderen treuen Anhängern in die Acht. Da fiel das ganze Heer, dessen Wallenstein so sicher zu sein glaubte, von ihm ab. Auf diese Nachrichten hin, die er am 21. Februar 1634 erhielt, beschloß der General, sich mit den wenigen ihm treu gebliebenen Truppen, etwa 2000 Mann, nach Eger, der wichtigsten Festung Böhmens nächst Prag, zu werfen und die Hülfe der Schweden anzurufen. Am 22. Februar brach Wal-lenstein von Pilsen auf und langte am 24. nachmittags in der starken Festung an, leidend und niedergeschlagen; sein Quartier nahm er im Hause eines Ratsherrn. Er ahnte nicht, daß er selber seinen Henker mit sich führte. Das war der Oberst Butler, ein entschieden kaiserlich und katholisch gesinnter Offizier, den er erst unterwegs getroffen und zur Begleitung veranlaßt, der sich aber vorher in Pilsen schriftlich für Wallenstein verpflichtet hatte. Dieser Butler überredete die beiden in Eger kommandierenden Offiziere Gordon und Leslie, die Schuldigen zu ermorden. So wurden am Abend des 25. Februar 1634 zunächst Wallensteins Vertraute an Gordons Tafel auf der Burg von Butlerschen Dragonern überfallen und niedergestoßen; eine Stunde später, gegen 10 Uhr, fiel Wallenstein, als er sich eben zur Ruhe begeben wollte, unter der Hellebarde des Hauptmanns Deveroux, ohne einen Laut und ohne Gegenwehr.
Seine Güter wurden größtenteils eingezogen und unter seine Gegner verteilt; nur verhältnismäßig wenige blieben seiner Tochter und seinem Neffen Max. Mehrere seiner vornehmsten Anhänger endeten auf dem Blutgerüst. Den Oberbefehl über das kaiserliche Heer übernahm des Kaisers Sohn Ferdinand, der die Protestanten bei
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Extrahierte Personennamen: Butler Gordon Leslie Gordons Max Max Ferdinand Ferdinand
Extrahierte Ortsnamen: Schweden Sachsen Wien Eger Schweden Pilsen Pilsen Eger
436
Zustände im deutschen Reich
Verse oder wenigstens in Reime gefaßt waren. Mochte der wandernde Handwerksmann jener Tage oft auch „den Pfennig nicht zum Gesellen haben," er war trotzdem noch nicht über seine Armut ergrimmt, sondern bezeichnete das notgedrungene Betteln als „Fechten" und stellte sich damit ganz auf den Standpunkt der armen Leute älterer Zeit, die noch nicht zähneknirschend bettelten.
2. Verbesserungen^ und Fortschritte in den Städten. Mit der Zeit tauchten in den Städten auch Verbesserungen und Fortschritte auf. Die Straßen von Berlin wurden seit 1682 durch Laternen beleuchtet, anderswo sing man mit Thranlampen an. In einzelnen Städten kamen Feuerspritzen allmählich in Anwendung, Zimmerleute, Schmiede und Schornsteinfeger dienten als Löschmannschaft; aber von größerer Verbreitung eigentlicher Feuerspritzen war in Deutschland noch lange nicht die Rede.
In den Straßen der größeren Städte unter weltlicher Herrschaft wurden Düngerhaufen und umherlaufendes Vieh nicht mehr geduldet. In Berlin wurden unter dem Großen Kurfürsten amtliche Straßenreinigungen eingerichtet. In den Städten der geistlichen Gebiete war man darin nachsichtiger; in Köln gab es auch eine Bettlerzunft von etwa 5 000 Mitgliedern, welche an den Kirchthüren lungerten und die Bürger brandschatzten.
3. Rang und Titelsucht der Bürger. Im 17. Jahrhundert stieg der Schwulst der Titulaturen ins ungeheuerliche. Die Ratsherren wurden „wohledel," „hochweise" und „hochwohlgeboren," großgünstige Herren und Obere genannt; den Bürgermeistern gebührten die Titel Excellenz und Magnificenz, die Professoren wurden mit „hochgelahrt," reiche Kaufleute mit „wohlehrenfest" angeredet. Die Bürger ohne Sitz im Rate der Stadt schieden sich ängstlich in Rangklassen. Die Frauen, Witwen und Kinder gehörten zur Rangklasse der Männer oder Väter. Steife Förmlichkeit gab dem Verkehr sein Gepräge.
Der geringerem Range Angehörende küßte dem Höherstehenden die Hand; er durfte sich nicht erlauben, vor dem Höheren oder dessen Kindern, oder nur an ihrer rechten Seite zu gehen. Der Tieferstehende dagegen hatte von dem Höheren kaum einen Gruß zu erwarten. Eine sehr gedrückte Stellung nahmen dienende Personen ein. Die Gehülfen der Kaufleute hießen „Bediente," ihre Diener „Burschen;" beide wurden nur mit „er" angeredet. In jener Zeit kam die Anrede mit „Sie" aus, sogar Kinder nannten die Eltern „Sie," und
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Vom Großen Kurfürsten
herangewachsen war, wurde aus dem Spiel Ernst, und er bildete sich eine Compagnie Soldaten, wobei er besonders die großen Leute bevorzugte. Wenn ihn sein Vater auf Reisen schickte, so sah er mit der größten Aufmerksamkeit den Paraden und militärischen Übungen zu.
1. Friedrich Wilhelms erste Regierungshandlungen. Als er König geworden war, schaffte er sofort die ganze Pracht des Hofhalts ab. Die Gehaltsbezüge der Hof- und Staatsbeamten wurden sogleich gekürzt, alle besoldeten Kammerherren bis auf einen dienstthueuden, alle Kammerjunker verabschiedet, das Pagencorps, die Schweizergarde, die Hofkapelle aufgehoben; ebenso wurden die kostbaren Weine im Schloß. Mer versteigert, die Luxuspferde aus dem Marstall, die Staatswagen und Sänften in großer Zahl verkauft. Aus den königlichen Lust- und Jagdschlössern wanderten die silbernen Service, Möbel, Kandelaber, Kronleuchter in die Münze; die ausgeräumten Gebäude, die Gärten und Parks wurden verpachtet, und die beim Hofstaat angestellten Tapetenwirker, Tapezierer, Maler, Baumeister verabschiedet.
Zugleich erfolgten scharfe Maßregeln gegen die Beamten, welche Kassen zu verwalten hatten. Ohne Rücksicht auf Rang, Stand und Dienstjahre traf der König die Schuldigen, ohne Erbarmen mußten vorgekommene Unterschlaguugeu ersetzt werden, und die Stelleninhaber verloren ihr Amt. Frühere verdienstvolle Beamte, welche der König Friedrich I. ungerechtfertigter Weise entlassen hatte, wurden jetzt wieder mit ehrenvollen Ämtern betraut, und dem ehemaligen Minister von Dunkelmann wurde die besondere Auszeichnung zu teil, daß ihn der König aus seinem Verbannungsorte Kottbns nach Berlin bringen ließ, um seinen Rat zu hören und ihn zum Wiedereintritt in sein Amt zu bewegen. Dankelmann hatte es aber abgelehnt, wieder in den Dienst zu treten, dagegen um die Gnade gebeten, nach dem stillen Kottbus zurückkehren zu dürfen. Der König schickte in den nächsten Wochen mehrfach reitende Boten an ihn, um sein Gutachten in wichtigen Fragen einzuholen.
Die Berichte der Gesandten aus den ersten Monaten der Regierung des neuen Königs waren voller Staunen über das, was hier geschah. Ähnliches hatte man nie gesehen, nie möglich geglaubt; dieser junge Herr von kaum fünfundzwanzig Jahren wagte es, so einzugreifen und durchzugreifen, ohne sich irgend darum zu kümmern, was die Menschen dazu sagen würden.
Nicht geringer war das Staunen über seine rastlose Thätigkeit; „alles steht er, um alles kümmert er sich." Kein Tag verging, daß er
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Extrahierte Personennamen: Ernst Friedrich_Wilhelms Friedrich Wilhelms Friedrich_I. Dankelmann
Die Zeit der unumschränkten Fürstengewalt.
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Rhodes bemächtigen, den er in lebenslänglicher Haft hielt, und die Königsberger zur Unterwerfung zwingen. Nachdem er dann den Ständen ihre alten Rechte bestätigt, empfing er am 18. Oktober 1663 ihre feierliche Huldigung.. Trotz seines Versprechens griff er indes immer wieder selbstherrlich ein. Die Umtriebe, die der Oberst von Kalkstein deshalb gegen ihn anspann, unterdrückte er mit Gewalt, indem er denselben durch seinen Gesandten in Warschau ergreifen und nach Preußen schaffen ließ, wo Kalkstein später als Hochverräter hingerichtet wurde.
Daß der Kampf gegen die Stände nicht aus persönlicher Willkür hervorging, erfahren wir aus der Äußerung des Kurfürsten: „Ich habe mein fürstlich Regiment so zu führen, daß ich mir dessen stets bewußt bin, wie dasselbe des Volkes und nicht meine eigene Sache ist."
5. Der Kurfürst als Beschützer des protestantischen Glaubens. Von Jugend auf war eine tiefe, aufrichtige Frömmigkeit und ernste Gottesfurcht der hervorragendste Zug seines Wesens. Von Gott hoffte er unmittelbaren Beistand, zu ihm wandte er sich im Gebet um Ge> lingen seiner Unternehmungen. Für seine Siege gab er Gott allein die Ehre. Offiziere und Soldaten hielt er zur Frömmigkeit an und hörte ihren Morgen- und Abendgottesdiensten andächtig zu. Sein Gebetbuch und das Reue Testament trug er beständig bei sich und hielt aufs strengste darauf, daß seine Soldaten den Gottesdienst besuchten. An Buß- und Bettagen enthielt er sich vor einbrechender Dunkelheit jeden Genusses von Speise und Trank. Mit unerschütterlicher Festigkeit war er dem reformierten Bekenntnis zugethan, aber dabei zugleich gegen fremde Überzeugungen duldsam. Darum waren ihm die Zwistigkeiten zwischen den Lutheranern und Reformierten innerlich zuwider. Da damals die Geistlichen der beiden Richtungen sich gegenseitig verketzerten, so befahl er den Predigern, sich jeder Schmähung Andersgläubiger auf der Kanzel zu enthalten, und als einige Geistliche sich weigerten, dem Befehle zu gehorchen, setzte er sie ab, darunter auch den frommen Liederdichter Paul Gerhardt (1665).
Seinen katholischen Unterthanen, deren Zahl sich namentlich durch die Erwerbung der Cleveschen Lande vermehrt hatte, gewährte Friedrich Wilhelm Duldung und Religionsfreiheit. Rur die Bedrückungen, welchen die Evangelischen trotz des westfälischen Friedens seitens katholischer Fürsten vielfach ausgesetzt waren, veranlaßten ihn hin und wieder zu Gegenmaßregeln, unter denen dann die Katholiken seiner Lande mit zu leiden hatten.
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478
Friedrich der Große 1740—1786.
ausbilden. Deshalb beschränkte sich der Lehrplan auf Schreiben, Lesen, Rechnen, Religionslehre, Französisch, neuere, besonders preußische Geschichte und Staatenkunde; eine Kadettencompagnie und ein kleines Zeughaus sollten daneben den militärischen Sinn des Knaben wecken. Aber die Lust am Lernen wurde dem Kronprinzen im Laufe der Zeit immer mehr verleidet, da der Vater ganz verkehrte Mittel anwandte, etwaigen Unfleiß zu bestrafen. So mußte Friedrich oft genug ganze Abschnitte aus dem Katechismus oder Psalmeu als Strafarbeit lernen, wenn er nach des Vaters Meinung nicht genügend unterrichtet war. Wohl hatte er die vom Vater vorgeschriebenen Gebete und Andachtsübungen gewissenhaft verrichtet, aber mehr und mehr mußte er sich dazu zwingen, und bald hielt er den Zwang nicht mehr aus. Das Soldatenspiel mit seinen Kadetten hatte ihm früher Freude gemacht, allmählich wurde es ihm zum Ekel. Das geistlose Einerlei am Hofe des Vaters dünkte ihm langweilig, den Jagden, dem Exerzierplatz entfloh er, um insgeheim über seinen Büchern zu träumen und sich am Flötenspiel zu ergötzen. Besonders war ihm der einfache Landaufenthalt auf dem Jagdschloß Wusterhausen sehr zuwider. Er liebte das Flötenspiel leidenschaftlich, das der König haßte, trug gern französische moderne Kleidung, die der König noch mehr verabscheute. Da wurde der Vater streng, aber das Herz des Sohnes erkaltete. Friedrich wollte sich den Anordnungen des Vaters immer weniger fügen, deshalb suchte dieser die größte Strenge anzuwenden, ja, selbst vor körperlichen Strafen scheute der Vater nicht zurück, um den Sohn zum Gehorsam zu bringen. Dazu kam, daß Friedrich leichtsinnig Schulden machte, was den Vater aufs äußerste erzürnte, auch sein Umgang mit den von ihm bevorzugten Lieutenants Katte und Keith erregte des Vaters Ärgernis, nicht minder, daß der Kronprinz sich selbst nicht für schuldig hielt.
Der unselige Zwiespalt zwischen Vater und Sohn wurde noch dadurch vermehrt, daß die Königin, sowie Friedrichs Schwester Wilhelmine niemals einen Schritt gethan haben, eine Versöhnung zwischen beiden zu vermitteln.
Der König verbot dem Sohne alle seine Lieblingsbeschäftigungen, und wenn er ihn dabei ertappte, gab es heftige Auftritte.
Als der Prinz zu einem Jüngling herangewachsen war, machten seine Eltern Pläne, welche Gattin man für ihn wählen sollte. Seine Mutter war die Schwester des Königs von England, dem auch das Kurfürstentum Hannover gehörte. Sie wünschte, daß ihre Tochter
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Keith Friedrichs Friedrichs Wilhelmine
Extrahierte Ortsnamen: Wusterhausen England Hannover
480
Friedrich der Große 1740-1786.
Der König reiste einige Tage darauf nach Berlin, wohin der Prinz als Gefangener gebracht wurde. Ein Fluchtversuch desselben von Wesel aus war ebenfalls gescheitert.
In Berlin hielt der König ein schweres Strafgericht. Finkenstein und Kalkstein erfuhren seine Ungnade; Duhan, der seit 1727 Rat beim Kammergericht und beim französischen Konsistorium war, wurde nach Memel verbannt; die Bibliothek des Prinzen ließ er in Tonnen packen und zum Verkauf nach Hamburg schicken. Der Prinz selbst aber und der Lieutenant Katte hatten in Küstrin den Spruch des
Kriegsgerichtes zu erwarten, das in Köpenick bei Berlin am 25. Oktober
1730 zusammentrat.
Die Offiziere des Kriegsgerichtes lehnten ein Urteil über den Kronprinzen ab, da es ihnen als Unterthanen nicht zustehe, über Vorfälle in der königlichen Familie zu richten; der Lieutenant Katte wurde zu lebenslänglicher Festungshaft verurteilt. Gegen den Spruch des Kriegsgerichtes betreffs des Kronprinzen hatte der König nichts einzuwenden, das Urteil über Katte aber verwandelte er in Todesstrafe.
3. Kronprinz Friedrich in Küstrin. In Küstrin sperrte man den Kronprinzen zunächst in eine kleine Stube und erlaubte ihm nicht einmal Licht zu bekommen außer beim Essen. Man gab ihm nur
hölzerne Schemel, das Essen wurde ihm geschnitten gereicht, da er weder Messer noch Gabel bekam. Zum Lesen erhielt er eine Bibel
und einige Audachtsbücher. Das Härteste aber war, daß der König befahl, er solle der Hinrichtung seines Freundes zusehen. Das Urteil wurde am 6. November vollstreckt. Der Kronprinz mußte am Fenster stehen, als der Unglückliche vorübergesührt wurde, um unter seinen Augen zu sterben. „Verzeihung, Verzeihung tausendmal!" rief er ihm zu. „Keine Ursache!" rief der Verurteilte zurück. Dann fiel der Kronprinz in Ohnmacht, und als er wieder zu sich kam, war alles vorüber.
In seiner Haft kam Feldprediger Müller öfters zu dem Prinzen, um ihm Trost und Mut zuzusprechen. Den Bemühungen dieses Mannes war es gelungen, Friedrichs Gemüt zu beruhigen und ihn zu bewegen, daß er den Vater schriftlich um Verzeihung bat.
Nachdem dann Friedrich den Reueeid geleistet, den der König als Bedingung seiner Begnadigung gefordert hatte, trat er Tags darauf als Hülfsarbeiter in die Kriegs- und Domänenkammer zu Küstrin ein, durfte aber vorläufig nicht aus der Festung gehen, wenngleich er aus dem Gefängnisse entlassen war.
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