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1. Düsseldorf im Wandel der Zeiten - S. 48

1910 - Düsseldorf : Schwann
— 48 — Napoleon übertrug es als Großherzogtum Berg seinem Schwager Murat. Dieser wohnte gewöhnlich im Schlosse zu Benrath. An Sonn- und Festtagen ritt er in prunkvollem Gewände zur Stadt, um dem Gottesdienste in der Hofkirche beizuwohnen. Als tüchtiger Reüer legte er den Weg von Benrath bis Düsseldorf in einer Viertelstunde zurück, sein Gefolge weit hinter sich lassend. Unter seiner Regierung wurde eifrig an der weiteren Abtragung der Wälle und Mauern gearbeitet. Es entstanden die Breite und die Elberfelder Straße sowie die ersten Bauten an der Lindenallee, damals boule-vard Napoleon genannt. Berg unter Napoleonischer Verwaltung. Murat regierte nur bis zuin Jahre 1808 in Berg. Auch als Herrscher dieses Landes nahm er an den Kriegszügen fernes mächtigen Schwagers teil. Nachdem er im Jahre 1808 zum Könige von Neapel ernannt worden war, übernahm zunächst Napoleon selbst die Regierung des Großherzogtums, verlieh es jedoch wenige Monate später seinem fünfjährigen Neffen, einem älteren Bruder Napoleons Iii. Dieser neue Herrscher hat sein Land nie betreten. Statt seiner regierte in Düsseldorf der Statthalter Graf Be uguot. Mehr noch als unter Murat wurden nun die Geschicke des Laudes in Wirklichkeit von Napoleon selbst geleitet. Sein Wille wurde Gesetz im Bergischen Lande. Ein frischer Zug kam in die Verwaltung. Das ganze Gebiet wurde ucich französischem Vorbilde eingeteilt und verwaltet. Unsere noch jetzt bestehende rheinische Städteordnung mit der Bürgermeister-Verfassung (ohne Magistrat) stammt aus dieser Zeit. Unter dem Namen co<le Napoleon wurde das französische Recht bei uns eingeführt, für die damalige Rechtsprechung ein großer Fortschritt. Es blieb auch hier zu Lande in Kraft bis 1900, wo das Bürgerliche Gesetzbuch die deutschen Stämme auch aus dem Gebiete der Rechtsprechung einte. Mit der Einführung des französischen Gesetzbuches war eine Umgestaltung und Vermehrung der Gerichte verbunden. Jeder bedeutendere Ort erhielt ein Amtsgericht; Städte wie Elberfeld und Essen ein Landgericht, Dusteldors aber außer den genannten Gerichten ein Cberlcindesgericht, das 1815 nach Eöln verlegt nntrde. ^ Von der Hauptstadt Spaniens aus verfügte der mächtige Franzosenkaiser 1808 die Aufhebung der Leibeigenschaft im Großherzog-tum. Im nächsten Jahre erfolgte die Abschaffung des Lehnswesens und aller Standesvorrechte im Bürger- und Bauernstande. Dies war die Befreiung des Volkes aus drückenden Verhältnissen, wie sie in Preußen Napoleons größter Gegner, der Ministerpräsident Freiherr vomstein, durchführte und dadurch fein Volk für die Freiheitskämpfe erzog. Um den Handel zu fördern, wurde ein größerer Hafen nördlich der Kunstakademie angelegt. Zu den gewaltigen Erdarbeiten verwandte man französische Galeerensträflinge, die mit den ausgegrabenen Erdma^en den Napoleons- und den Änanasberg anschütteten.

2. Lebensbilder, insbesondere aus der deutschen Geschichte - S. 111

1916 - Düsseldorf : Schwann
111 mit den Ministern die Gesetze des Landes, und diesen mu jeder Untertan gehorchen; alle Preußen sind vor dem Gesetze gleich". Auch die jhrlichen Ausgaben des Staates, fr die jeder seine Steuern zu bezahlen hat, werden von dem Landtage bestimmt. 2. Die Einrichtung des Reiches. Auer Preußen gibt es in Deutschland noch fnfundzwanzig andere Staaten. Alle zusammen bilden das Deutsche Reich. An seiner Spitze steht der König von Preußen als erb-licher Deutscher Kaiser. Er ver> tritt das Reich nach auen. Die einzelnen Staaten haben eine hnliche Einrichtung wie Preußen. Ihre Herrscher sind Könige, Groherzge, Herzge ober Fürsten. In einem Staate aber, nmlich Elsa-Loth-ringen, das wir von den Franzosen zurck-erobert haben, regiert ein Statthalter des Kaisers, und an der Spitze der drei freien Städte Hamburg, L-beck und Bremen stehen Brgermeister. Den starken Schutz des Reiches bilden sein Heer und seine Flotte, deren ober-ster Kriegsherr der Kaiser ist; jeder gesunde und krftige Deutsche mu nach dem Gesetze als Soldat dem Vaterlande Merten. Die einzelnen deutschen Staaten haben ihre Vertretung im Bundesrate. Den Vorsitz darin fhrt der vom Kaiser ernannte Reichskanzler, der oberste Beamte des Reiches. Der Bundes-rat macht in Berlin zusammen mit dem Reichstage, der aus den Abgeordneten des ganzen deutschen Volkes besteht, die Gesetze fr das Reich. Germania loom Nieerwals). Oeerg-Eckert-Instltl fr internationale Schui' Bra. ung -3 Schulbutiifaibliothek

3. Ausgewählte Abschnitte der Weltgeschichte, Einführung in die geschichtliche Lektüre - S. 168

1916 - Düsseldorf : Schwann
168 — Stein begann mit seiner Um- und Neugestaltung^ lba, wo er die Wurzel der besten Kraft des Staates erkannte. Das Gesetz vom 9. Oktober 1807 beseitigte die Leibeigenschaft, wo sich dieselbe erhalten hatte, und hob die Erbuntertänigkeit auf. Er befreite dadurch den Bauern st and von einer schweren auf ihm ruhenden Last und stellte ihn auf die gleiche Stufe mit den übrigen Ständen des Königreiches. Das Verhältnis desselben zu den bisherigen Gutsherrschaften wurde in ein vermögensrechtliches verwandelt, indem nur noch gewisse Leistungen an Geld und Naturalabgaben entrichtet wurden, aber auch deren Ablösung bereits ins Auge gefaßt ward. Auch andere Beschränkungen des ländlichen Grundbesitzes wurden aufgehoben. Die Güter waren fortan teilbar, und wie der Bürger und Bauer in Zukunft Rittergüter, konnte der Edelmann Bauerngüter erwerben; auch ward ihm, ohne daß er darum an seiner Standesehre Schaden litt, die Ausübung eines bürgerlichen Geschäftes gestattet. Damit war ein großer wirtschaftlicher Fortschritt angebahnt, durch welchen auch — in diesen schweren Zeiten besonders wichtig — der Kredit der Grundbesitzer sehr namhaft gehoben und verstärkt ward. Aber noch größer vielleicht als der materielle war der sittliche Gewinn, den dieses Gesetz dem Staate brachte. Indem die lästigen Schranken fielen, welche bis daher die Stände in schroffer Sonderung voneinander gehalten hatten, sollte jedem Staatsbürger klar werden, daß weit über den Interessen der einzelnen Stände das Interesse am Wohle des Staates stehe, daß der Staat ein Recht habe, die volle Kraft jedes seiner Bürger, die er nun entfesselt hatte, für sich in Anspruch zu nehmen. Wie für den Landmann vor allem Freiheit der Person, so war für den Bürger Freiheit der Bewegung in seinem Geschäfte eine Lebensfrage. Deshalb wurden jetzt der Zunftzwang und die Verkaufsmonopole [Alleinvertaufsredhte] aufgehoben, die Einfuhr aller Waren frei gegeben und für dieselben gleichmäßige niedrige Einfuhrzölle festgesetzt. Den Hauptgrund des großen Nationalen Unglücks von 1806 erblickte Stein in der Unselbständigkeit des Volkes, das, an die Bevormundung der Behörden gewöhnt, vollkommen hilflos war, wenn diese selbst ihrer Aufgabe sich nicht gewachsen zeigten. Darum schuf er in der Städteordnung vom 19. November 1808 Selbstverwaltungskörper, welchen die wichtigsten Zweige des öffentlichen Lebens zur Verwaltung anvertraut wurden. Den von der Bürgerschaft gewählten städtischen Behörden (Magistraten) lag die Verwaltung des Gemeindevermögens, die Leitung der Armenpflege, des Bauwesens, die Sorge für die öffentliche Gesundheit, die Beaufsichtigung von Kirche und Schule ihres Gemeinwesens ob, lediglich beschränkt durch die Rücksicht auf die staatliche Gesamtheit. Um aber die städtischen Behörden in stetem lebendigen Zusammenhange mit der ganzen Bürgerschaft zu erhalten, wurde ihnen das ebenfalls durch Wahl gebildete Kollegium der Stadtverordneten zur Seite gestellt, um ihre Tätigkeit zu beaufsichtigen und den jährlichen Wirtschaftsplan zu genehmigen. Nur die Ernennung des Bürgermeisters behielt sich die Regierung vor, aber auch hier wirkten die Vertreter der Stadtgemeinde mit, indem sie drei Vertrauensmänner in Vorschlag brachten. — 1 Nach seiner zweiten Berufung ins Ministerium, 5. Oktober 1807.

4. Ausgewählte Abschnitte der Weltgeschichte, Einführung in die geschichtliche Lektüre - S. 201

1916 - Düsseldorf : Schwann
— 201 — erblich ; der Kaiser ist das Haupt verbündeter Fürsten, die Grundlage seiner Macht das preußische Königtum. Der alte Reichstag, hervorgegangen aus den vom Könige nach Belieben einberufenen Beratungsversammlungen der Großen im Frankenland, gewann erst seit dem 15. Jahrhundert festere Formen. Seit der Mitte des 17. Jahrhunderts tagte er ständig (in Regensburg), der neue Reichstag dagegen tritt regelmäßig (in Berlin) zusammen nach verfassungsmäßiger Berufung. Jener war zusammengesetzt aus Vertretern von geistlichen und weltlichen Ständen unter dem dauernden Vorsitze des Kurfürsten von Mainz als Erzkanzlers, dieser besteht aus Vertretern des ganzen Volkes unter einem gewählten Präsidenten, jener setzte die Beratungsgegenstände selber fest, dieser beschließt über Vorlagen des Bundesrates. Während endlich der alte Reichstag nur in Kollegien (Kurfürsten, Fürsten und Herren, Reichsstädte) verhandelte, berät der neue in seiner Gesamtheit. Neben der politischen Einheit ist das neue Reich ferner eine Rechtseinheit, denn Reichsgesetze gehen über Landesgesetze ; eine Wehreinheil mit organischem Reichskriegs- und Marinewesen und endlich eine wirtschaftliche Einheit: es bildet ein zusammenhängendes Zoll- und Handelsgebiet mit einheitlichem Post-, Telegraphen- und Telephonwesen — nur Bayern und Württemberg behielten „Reservatrechte" — mit gleichem Münz-, Maß- und Gewichtigstem. Von diesem Rahmen umspannt, hat das Gefüge des Reiches in dem nun beginnenden neuen, nationalen Zeitalter unserer Geschichte sich trefflich bewährt. Machtvoll regte der deutsche Adler seine Schwingen, und mit hellem Auge, von dem „eisernen Kanzler" unterstützt, wachte Wilhelm I. über seinen Flug. 13. Friedenszeil. „Das Kaiserreich ist der Friede": Napoleons Iii. gleißende Worte wurden zur Wahrheit unter Wilhelm I. Noch 17 Jahre lang hat die Nation den greisen Fürsten besessen, der als Monarch des Friedens, als Held der Weisheit, als Vater seines Volkes verehrt dastand wie einst Theodorich der Große unter den Königen der Germanen. Er war der erste Fürst seiner Zeit, und mit Ehrfurcht schaute Europa zu ihm empor. Und wie mannigfach waren die Ereignisse und Vorgänge, die der Kaiser von hoher Marte erschaute, regelte, lenkte! Zu den wichtigsten gehört der Berliner Kongreß 1878, der nach einem russisch-türkischen Kriege die Gebietsverhältnisse des Balkan unter Bismarcks Vorsitz ordnete. Da Rußland seine Mißerfolge auf dem Kongreß der deutschen Politik zuschrieb und eine feindselige Haltung gegen das Reich einnahm, schloß Bismarck 1879

5. Ausgewählte Abschnitte der Weltgeschichte, Einführung in die geschichtliche Lektüre - S. 191

1916 - Düsseldorf : Schwann
— 191 — „Art. ). Zwischen Sr. Maj. dem König von Preußen und Sr. Maj. dem König von Bayern [usw.] wird hiermit ein Schutz - und Trutzbündnis abgeschlossen. Es garantieren sich die bohen Kontrahenten [93ertmgschtie{$er] gegenseitig die Integrität ^Unversehrtheit^ des Gebiets ihrer bezüglichen Länder und verpflichten sich, im Fall eines Krieges ihre volle Kriegsmacht zu diesem Zwecke einander zur Verfügung zu stellen. Art. 2. Se. Maj. der König von Bayern [usw.] überträgt für diesen Fall den Oberbefehl über seine Truppen Sr. Majestät dem König von Preußen. Art. 3. Die hohen Kontrahenten verpflichten sich, diesen Vertrag vorerst geheim zu halten." Die Herzogtümer Schleswig-Holstein, das Königreich Hannover, das Herzogtum Hessen-Nassau, Kurhessen und die Stadt Frankfurt am Main dagegen verfielen der Einverleibung in den preußischen Staat. Die betroffenen Fürsten nahmen die ihnen angebotenen Geldentschädigungen an. Nur der blinde König Georg V. von Hannover lehnte jede Verständigung ab; erst 1913 ist durch die Verbindung seines Enkels Ernst August mit der Kaisertochter Viktoria Luise eine Versöhnung des Welfenhauses mit den Hohenzollern erfolgt. Zunächst vollzog sich nun die staatliche Einigung des größten Teiles der deutschen Nation unter Preußens Führung in der Gründung des Norddeutschen Bundes. Er umfaßte die 22 Staaten, die nördlich der Mainlinie lagen, mit Einschluß der hessen-darm-städtischen Provinz Oberhessen; auch die preußischen Provinzen Preußen (Oft- und Westpreußen) sowie Posen, die früher nicht zum Reiche und zum Deutschen Bunde gehört hatten, wurden natürlich mit einbezogen. Das damals noch mit der Krone der Niederlande verbundene Großherzogtum Luxemburg, das dem Deutschen Bunde angehört hatte, blieb leider fern. Am 1. Juli 1867 trat die Bundesverfassung ins Leben; innerhalb zweier Tage hatte Bismarck sie entworfen. Das Präsidium des Bundes übernahm der König von Preußen; zum Bundeskanzler, d. H. obersten Leiter der Bundesgeschäfte, ernannte er Bismarck. Der Bundesrat, von dessen 43stimmen Preußen 17 führte, war die Vertretung der Regierungen, der R e i ch s t a g , der wie jener feinen Sitz in Berlin hatte, die Vertretung der Bevölkerung auf Grund allgemeinen Wahlrechtes. Die Einheit des Volkes bezeichneten allgemeines Bürgerrecht und allgemeine Wehrpflicht. Die Bundesgefetzgebung entzog dem Einzelstaate die wichtigsten Gegenstände; der Bund bildete ferner ein einheitliches Post-unb Telegraphen-, Zoll- und Handelsgebiet.

6. Ausgewählte Abschnitte der Weltgeschichte, Einführung in die geschichtliche Lektüre - S. 200

1916 - Düsseldorf : Schwann
— 200 — alle drei in der Fremde und umgeben von kriegerischem Manze: die beiden ersten aber aus der Hand des Papstes, Wilhelm I. durch die Hand der verbündeten deutschen Fürsten und Völker. Und endlich: 1849, als die Frankfurter Nationalversammlung dem Könige Friedrich Wilhelm Iv. vergeblich die Kaiserkrone darbot, fehlte dem Willen des Volkes die Zustimmung der F ü r st e n ; jetzt waren Volk und Fürsten eins, und darum hatte das Kaisertum in Wahrheit eine nationale Grundlage. Wie waren doch die Zeiten anders geworden! 12. Kaiser und Reich. Mitte März 1871 hielt Wilhelm I. unter begeisterten Huldigungen des Volkes seinen Einzug in Berlin; als König war er ausgezogen, als Kaiser kehrte er heim1. Am 21. März, am Vorabende seines Geburtstages, eröffnete er den ersten deutschen Reichstag: „Wir haben erreicht," sprach er feierlich, „was seit der Zeit unserer Väter für Deutschland erstrebt wurde: die Einheit und deren organische Gestaltung!" Ja, die Einheit! Lassen wir unsern Blick vorübergehend auf dieser haften, wie sie durch die Reichsverfassung vom 14. April 1871 zum Ausdrucke gekommen ist, so sehen wir im Reiche in der Tat eine machtvoll geschlossene politische Einheit mit geschichtlich begründeter staatlicher Vielheit im Innern. Es bildet einen auf Verträgen beruhenden Bundesstaat von 26 Gliedern, einschließlich des Reichslandes Elsaß-Lothringen, mit 540 000 qkm und 65 000 000 Einwohnern. Der Kaiser als Erster unter den Bundesfürsten vertritt das Reich völkerrechtlich, erklärt mit Zustimmung jener Krieg und Frieden, schließt Bündnisse und führt den Oberbefehl über die gesamte Wehrmacht (bei Bayern nur im Kriege). Maßgebende Faktoren sind außer ihm der B u n d e s r a t als Vertretung der Regierungen (unter Vorsitz des Reichskanzlers), von dessen 61 Stimmen Preußen 17 führt, und der Reichstag, dessen 397 Abgeordnete als Vertretung des Volkes aus fünfjährigen allgemeinen und direkten Wahlen hervorgehen. Ein Vergleich mit den Verhältnissen des alten Reiches drängt sich unwillkürlich auf. Kaiser und Reichstag gab es auch damals: aber wie ganz anders war ihre Stellung! Das alte Kaisertum war universal, mit dem phantastischen Anspruch auf die Weltherrschaft, und Wahl Monarchie; seine Träger, vom Papste gekrönt, waren Lehnsherren fürstlicher Vasallen, und die Grundlage der Kaisermacht wardas deutsche Königtum: das neue Kaisertum ist durchaus national und 1 Geibel, Das Lied vom Deutschen Kaiser.

7. Ausgewählte Abschnitte der Weltgeschichte, Einführung in die geschichtliche Lektüre - S. 169

1916 - Düsseldorf : Schwann
— 169 — Die großen Reformen, welche unter Steins kurzem Ministerium im Grundsätze genehmigt und nur durch seinen Abgangs in der Ausführung verzögert waren, wurden von Hardenberg (seit 1810) wieder in Angriff genommen. Für das im Augenblick besonders wichtige Gebiet der Finanzen schuf Hardenberg eine neue Grundlage durch das Finanzedikt vom 24. November 1810, welches das ganze Steuerwesen neu regelte und die gleichmäßige Heranziehung aller Staatsbürger zu den öffentlichen Lasten anstrebte, alle besonderen Befreiungen ebenso wie die einzelne besonders stark belastenden Abgaben aufhob. Im Zusammenhange damit stand die Einziehung der geistlichen Güter und die Einführung der vollen Gewerbefreiheit. Endlich wurde am 11. September 1811 ein Gesetz erlassen, welches alle auf dem bäuerlichen Grund und Boden ruhenden Lasten für ablösbar erklärte und das Maß bestimmte, nach welchem die Grundherrschaften für ihren Verlust entschädigt werden sollten. Es war die notwendige Ergänzung des Gesetzes über die Aufhebung der Erbuntertänigkeit. — Die Grundlage der Reform Scharnhorsts bildete die allgemeine Wehrpflicht. Ausnahmslos durchgeführt, unter Aushebung aller bisher bestandenen Befreiungen, die allerdings erst im Jahre 1814 vollständig verwirklicht wurde, ward die Pflicht, dem Staate mit den Waffen zu dienen, aus einer Last, der sich, wer nur immer konnte, entzog, zu einem hohen Ehrenrechte jedes jungen Staatsbürgers, der im Vollbesitze seiner Körperkräfte war. Damit war eine Fortdauer des Werbesystems nicht mehr vereinbar, das jetzt für immer aufgehoben wurde. Die durch ein neues Reglement wesentlich vereinfachten Übungen wurden mit rastlosem Eifer betrieben und führten dazu, daß nach verhältnismäßig kurzer Dienstzeit die Mannschaften entlassen und durch neue Rekruten ersetzt werden konnten. Dadurch wurde es möglich, trotz der durch Napoleons Machtwort auf 42 000 Mann beschränkten Stärke des preußischen Heeres, in wenigen Jahren bedeutende Streitkräfte heranzubilden. Durch Einberufung der Reserven wäre Preußen schon im Jahre 1809 imstande gewesen, 120 000 Mann ins Feld zu stellen. Dabei galt es nicht nur, unter Benutzung der durch den Feind zur Geltung gebrachten Grundsätze, das Heer auf die möglichste Höhe der technischen Ausbildung zu bringen, sondern ihm auch einen neuen Geist einzupflanzen. Indem nur Landeskinder im Heere dienten, die sich bewußt waren, daß sie berufen feien, den Staat, dem sie angehörten, mit dessen Wohl und Wehe auch ihre persönlichen Interessen auf das engste verknüpft waren, zu verteidigen, indem der Auswurf aus aller Herren Ländern, der ehedem der Werbetrommel gefolgt war, fortan feinen Platz mehr in der Armee fand, konnte auch die Behandlung der Soldaten eine wesentlich andere werden. Die entehrenden Strafen konnten wegfallen, der Stock des Profofeti (Straf» Vollstreckers) konnte beseitigt werden. Der Offizier stand seinen Mannschaften nicht mehr als der gefürchtete und gehaßte Zuchtmeister gegenüber, sondern 1 Ein Brief Steins an den Fürsten Wittgenstein, der seine Pläne gegen Napoleon enthielt, fiel den Franzosen in die Hände. Stein mußte entlassen werden, wurde am 24. November 1808 von Napoleon geächtet (@. 170) und begab sich über Österreich nach Rußland.

8. Ausgewählte Abschnitte der Weltgeschichte, Einführung in die geschichtliche Lektüre - S. 206

1916 - Düsseldorf : Schwann
— 206 — Grundsätzen zu verbinden; es bildete sich die sogenannte Sozialdemokratie, die im Zeichen der roten, revolutionären Fahne der Monarchie und allen bürgerlichen Parteien den Krieg erklärte. Bis der erstrebte „Zukunftsstaat" ins Leben trete, forderten die Führer einen gesetzlichen Normalarbeitstag von acht Stunden, Abschaffung der indirekten, auf Gebrauch, Verzehr usw. ruhenden Steuern, Ersatz des stehenden Heeres durch eine Miliz, d. h. Volkswehr, die nur im Kriege zu den Waffen gerufen wird (wie in der Schweiz), unentgeltlichen Unterricht in allen Schulen, Frauenstimmrecht und bergt.; „Religion ist Privatsache", in Wirklichkeit aber verhaßt und verfolgt. Zur Erreichung dieser Ziele erklärte man den Zusammenschluß aller Arbeiter der Welt für notwendig, und es erklang der Marxsche Ruf: „Proletarier, vereinigt euch!" So erhob sich der Gedanke der das Vaterland verleugnenden internationalen, d. H. alle Nationen umschließenden Sozialdemokratie. Von den sozialistischen Lehren verwirrt und verblendet, richteten im Sommer 1878 kurz nacheinander zwei wahnwitzige Menschen in den Straßen von Berlin die Mordwaffe gegen den ehrwürdigen Kaiser Wilhelm I.; beim zweiten Male getroffen, sank der Monarch aufs Krankenlager. Der unerhörte Frevel führte zu einem Reichsgesetze gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie. Mehrfach verlängert, bot es der Obrigkeit zwar die Handhabe zu scharfen Abwehrmaßregeln gegen den Umsturz; den erhofften Erfolg hatte es aber nicht, und im Jahre 1890 ließ man das Ausnahmegesetz gänzlich fallen. Inzwischen setzte aber die soziale Gesetzgebung zum Wohle der Arbeiter kräftig ein. 3. Die soziale Gesetzgebung. Schon in der Zeit des Norddeutschen Bundes und in den ersten Jahren des Reiches regte sich die soziale Fürsorge des Staates. 1868 erfolgte die Aufhebung der Schuldhaft, und ein Gesetz über die Freizügigkeit gewährte jedem das Recht, ohne Beschränkung innerhalb des Norddeutschen Bundes (jetzt des Reiches) seinen Wohnsitz zu nehmen und zu ändern. 1870 wurde der gesetzliche Unterstützungswohnsitz festgesetzt: wer durch Gebrechlichkeit, Krankheit oder Unfall in eine so hilflose Lage gerät, daß er ohne Obdach, Nahrung und Kleidung ist, wird von der Gemeinde unterstützt, falls er in ihr nach vollendetem 24. Lebensjahre zwei Jahre lang, ohne in dieser Zeit aus öffentlichen Mitteln unterstützt worden zu sein, ununterbrochen seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hat. Gleichzeitig erließ das Reich das bedeutsame Haftpflicht-gesetz : für die beim Betriebe der Eisenbahnen, Bergwerke, Stein-

9. Ausgewählte Abschnitte der Weltgeschichte, Einführung in die geschichtliche Lektüre - S. 185

1916 - Düsseldorf : Schwann
— 185 — Als langjähriger Vertreter Preußens am Bundestage in Frankfurt, dann als Gesandter am Zarenhofe hatte Bismarck (geb. 1815 zu Schönhausen in der Altmark) dem Staate bereits wertvolle Dienste geleistet. Ein Telegramm rief ihn jetzt aus dem -t oor> Pyrenäenbade Biarritz nach Berlin. Drei Tage darauf war er Ministerpräsident. So kam der größte Staatsmann des 19. Jahrhunderts an den rechten Platz. Kraft- und selbstbewußt, wie alle bedeutenden Männer, nahm Bismarck den Kampf um die Heeresreform mit dem Abgeordnetenhause auf. In der Budgetkommission, d. h. dem Ausschusse zur Vorberatung der Einnahmen und Ausgaben des Staates, war es, wo er das berühmte Wort sprach: „Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschieden, sondern durch Blut und Eisen." Den „Blut- und Eisenmann" nannte man ihn deshalb. Die Abgeordneten lehnten die Vermehrung der Regimenter hartnäckig ab; Soldaten im Frieden, meinte ein Weiser, seien überhaupt wie Ofen im Sommer. Es kam schließlich so weit, daß man der Regierung alle nötigen Staatsgelder verweigerte. Darauf erklärte Bismarck, da kein Budget [Staatshaushalt] zustande gekommen sei, die Verfassung aber diesen Fall nicht vorgesehen habe, so enthalte sie eine Lücke; die Regierungsmaschine könne jedoch nicht stillstehen, und er werde also bis auf ein weiteres die Steuern auch ohne Zustimmung der Volksvertretung verwenden. So geschah es. Der König litt unter dem „Konflikte" heftig; „ich schlafe keine Nacht", klagte er. Aber die Reform mußte sein und wurde trotz lärmenden Widerspruchs des Landtages zu Ende geführt. Wie notwendig sie war, sollte die Zeit bald lehren. 2. Der schleswig-holsteinsche Krieg, 1864» Schleswig-Holstein, meerumschlungen, Deutscher Sitte hohe Wacht, Wahre treu, was du errungen, Bis ein schönrer Morgen tagt! Schleswig-Holstein, stammverwandt, Wanke nicht, mein Vaterland! Wieder wurde das herrliche Sturmlied, das 1844 ein Advokat in Itzehoe gedichtet hat, in allen deutschen Gauen gesungen. Die beiden gut deutschen „Elbherzogtümer" Schleswig, von dem „Dorf an der Schlei" (der heutigen Stadt Schleswig) benannt, und Holstein, das Land der „Holzsassen" (d. h. Waldbewohner), waren seit 1460 „up ewig ungedeelt" mit Dänemark verbunden. Sie behielten aber ihre besondere Verfassung, die nach dem sogenannten „salischen Gesetze" die männliche Erbfolge vorschrieb.

10. Bilder aus der vaterländischen Geschichte - S. 67

1914 - Düsseldorf : Schwann
— 67 — um das öffentliche Wohl bemüht. Er tritt auf zahlreichen Reisen mit der Bevölkerung in Berührung und wirkt überall durch die Macht seiner Persönlichkeit. Eine erstaunliche Vielseitigkeit zeichnet ihn aus; seine Sorge umspannt alle Zweige des Staatslebens, und für Fragen wirtschaftlicher, künstlerischer, wissenschaftlicher Art zeigt er nicht minder großes Verständnis als für Heer und Flotte. Nichts Wichtiges entgeht des Kaisers Interesse. In vielen tiefempfundenen Ansprachen hat er Religion und Sitte als Grundlage aller Volkswohlfahrt gepriesen. Ein echt christlicher Sinn, von dem er in Wort und Tat immer wieder Zeugnis ablegt, verklärt seine Persönlichkeit und wirkt als leuchtendes Beispiel für das deutsche Volk. Und ein Vorbild zu sein, ist der höchste Ruhm eines Herrschers. Viel hat Wilhelm Ii. für Deutschland und Preußen getan. Seine besondere Sorge gilt den arbeitenden Ständen, und wichtige Gesetze sind unter ihm zu ihrem Wohle erlassen. Die größten Gesetzeswerke seiner Regierung überhaupt sind das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch vom Jahre 1900 und die Reichsversicherungsordnung, worin alle Arbeitergesetze zusammengefaßt sind, vom Jahre 1912. Des Volkes Wohlstand, des Reiches Macht ist groß geworden unter unserm Kaiser, und voll Bewunderung schauen die fremden Völker auf den Glanz seiner Regierung. Als Schirmherr des Friedens, als gerüsteter Wächter von Deutschlands Ehre und Wohlfahrt waltet Wilhelm Ii. über Preußen Kronprinzessin (Sectlie.
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