Ludwig der Baier und Friedrich von Oesterreich.
91
und die auch den vorigen König Heinrich hauptsächlich auf den Thron
gesetzt hatte, den Herzog Ludwig von Baiern.
5. Ludwig Iv. der Baier 1314—1347 und Friedrich von
Oesterreich 1314 — 1330.
Noch ehe es zum Kriege zwischen beiden Königen kam, wollte
Oesterreich Rache nehmen an den Waldstädten für ihren Aufstand
gegen Albrecht I. Aber der Herzog Leopold von Oesterreich, Friedrich's
Bruder, unterlag mit seiner unbeholfenen Reiterei im Kampfe bet
Morgarten 1315 den (1300) leicht beweglichen Schweizern, welche
darauf den ewigen Bund zu Brunnen schlossen, und Friedrich wurde
in dem Kampfe mit Ludwig dem Baier bei Mühldorf (am Inn)
und Ampfing 1322 von dem baierischen Feldhauptmann Seyfried
Schweppermann geschlagen und selbst gefangen. Da aber Friedrich's
Brüder den Krieg gegen Ludwig mit mehr Glück fortsetzten, so schloß
dieser mit seinem Gegner einen Vergleich, wonach er ihm gegen Ver-
zichtleistung auf den deutschen Thron die Freiheit wiedergab, und als
Friedrich, weil er die eingegangenen Bedingungen nicht erfüllen konnte,
sich dem Vertrage gemäß selbst wieder als Gefangenen stellte (?),
war Ludwig durch diese Treue so erschüttert, daß er sich nun mit
ihm zu einer gemeinschaftlichen Regierung vereinigte; jedoch blieb
Friedrich ohne Einfluß auf die Reichsgeschäfte.
Ludwig's Hauptgegner war der in Avignon restdirende Papst
Johann Xxii., welcher schon bei der Kaiserwahl für Friedrich von
Oesterreich Partei genommen hatte und nicht nur das Bestätigungs-
recht der Kaiserwahl geltend machte, sondern auch die Reichsverwal-
tung während einer Erledigung des Thrones in Anspruch nahm und
Unterhandlungen einleitete, um einen französischen Prinzen auf den
kaiserlichen Thron zu befördern. Als nun Ludwig nach der Schlacht
bei Mühldorf die Ghibellinen in Italien gegen die dem Papste er-
gebenen Welfen unterstützte, sprach Johann Xxii. in Avignon den
Bann über ihn aus und verhängte das Jnterdict über das Reich.
Ludwig aber kam, von den Ghibellinen aufgefordert, nach Italien
(1327), empfing die lombardische und zu Rom aus den Händen des
Adels (von Sciarra Colonna) die Kaiserkrone. Zugleich ließ er
einen Gegenpapst (Nicolaus V.) wählen. Da jedoch sehie Macht
nicht hinreichend war, um sich in Italien zu behaupten, so kehrte er
nach Friedrich's Tode (1330) nach Deutschland zurück und machte
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_der_Baier Ludwig Friedrich_von_Oesterreich Friedrich Heinrich Heinrich Ludwig_von_Baiern Ludwig Ludwig_Iv Ludwig Friedrich_von
Oesterreich Friedrich Oesterreich Albrecht_I. Leopold_von_Oesterreich Leopold Friedrich Friedrich Ludwig_dem_Baier Ludwig Feldhauptmann_Seyfried
Schweppermann Ludwig Ludwig Friedrich Friedrich Ludwig Ludwig Friedrich Friedrich Johann_Xxii Johann Friedrich_von
Oesterreich Friedrich Ludwig Ludwig Johann_Xxii Johann Ludwig Sciarra_Colonna Nicolaus_V.
Extrahierte Ortsnamen: Avignon Italien Avignon Italien Italien Deutschland
England unter dem Hause Tudor.
41
den Cardinal Richelieu, welcher durch seine einsichtsvolle Thätig-
keit dem sich bereits auflösenden Staate ein neues Leben einhauchte.
Während seiner 18jährigen Verwaltung (1624— 1642) strebte er
a) nach Erhebung der königlichen Macht im Innern, in-
dem er die Hugenotten, denen er den Sicherheitsplatz la Rochelle
nach harter Belagerung entriß, nicht mehr als politische, sondern
nur als kirchliche Partei bestehen ließ, keine allgemeine Reichstage
berief u. s. w., b) nach Erweiterung des politischen Ein-
flusses Frankreichs im Auslande, den er in Schweden be-
gründete und in Italien, in den Niederlanden und in Deutschland
herftellte, indem er, um das Haus Habsburg (sowohl in Deutsch-
land als in Italien) zu schwächen, dessen Feinde (die Niederländer
und die Protestanten in Deutschland) unterstützte, auch den Abfall
der Catalonier und Portugiesen von Spanien begünstigte. Durch
ihn erhielt Frankreich die Leitung der europäischen Völkerinteressen,
welche im Mittelalter und selbst noch während der Reformation
durch den Papst vermittelt worden war. Zugleich war seine Alles
umfassende Thätigkeit auf Vermehrung der Seemacht, Erweiterung
des Handels, Vermehrung der Colonien, Anlage von Kanälen, Ver-
schönerung von Paris gerichtet, und ihm verdankt die àaàemie
française ihre Entstehung (1635). Wenige Monate nach Richelieu's
Tode starb auch Ludwig Xiii. und hinterließ das Reich seinem
5jährigen Sohne Ludwig Xiv.
8- 8.
England unter dem Hause Tudor H 1483—1603. Schottland
unter den Stuarts.
Nach Beendigung des 3ojahrigen Burgerkrieges der beiden Ro-
stn (s. Ii. Abth., §. 40) durch Heinrich Vii. Tudor, den letzten
L-prohling des lancaster'schen Hauses, welcher durch seiue Vermah-
0
Arthur 4 1502.
Heinrich Vii., f 1509.
Heinrich Viii. f 1547?
Maria Elisabeth Eduard Vi.
4 1558. 4 1603. 4 1553.
Margaretha
mit Jacob Iv. v. Schottland.
Jacob V. Margaretha.
Maria Stuart. Heinr. Darnley.
^Jacob V^lt
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Extrahierte Personennamen: Cardinal_Richelieu Ludwig_Xiii Ludwig Ludwig_Xiv Ludwig Heinrich_Vii Heinrich Tudor Arthur Heinrich_Vii Heinrich Heinrich_Viii Heinrich Maria_Elisabeth_Eduard_Vi Maria Eduard Margaretha Jacob_Iv Jacob_V._Margaretha Maria_Stuart Maria Darnley
Extrahierte Ortsnamen: England Frankreichs Schweden Italien Niederlanden Deutschland Haus_Habsburg Deutsch- Italien Deutschland Spanien Frankreich Paris England Schottland Schottland
Raubkrieg gegen Holland.
49
Sinken der Macht des Hauses Habsburg seit dem westphälischen
und pyrenäischen Frieden, 6) durch das Uebergewicht der französischen
Cultur, e) durch die einsichtsvolle Verwaltung seines Finanz-Ministers,
des großen Colbert, welcher trotz der kostspieligen Kriege und der
Verschwendung des Hofes die Einnahmen erhöhte, indem er den
Handel und Gewerbfleiß belebte und förderte, viele Mißbräuche im
Finanzwesen abstellte, eine ansehnliche Marine schuf, Rechtspflege und
Polizei verbesserte u. s. w., ä) durch das Glück der französischen
Waffen unter einer Reihe trefsticher Feldherren, wie Turenne, Conde,
Luxembourg, Catinat, Villars, Vendome, Vauban und unter der
Leitung eines so thätigen Kriegsministers, wie Louvois (ff 1691).
Herrschsucht und Ruhmbegierde reizten Ludwig Xiv. bald, diese
Ueberlegenheit Frankreichs über die andern Staaten des westlichen
Europa zu Eroberungen zu benutzen.
Erster Raubkrieg gegen die spanischen Niederlande
(1666—1668). Nach dem Tode seines Schwiegervaters, Philipp's Iv.
von Spanien, machte Ludwig Xiv., trotz der Verzichtleistung seiner
Gemahlin, auf ihr mütterliches Erbe in den Niederlanden Anspruch
und nahm mehrere belgische Festungen weg; allein die (durch den
holländischen Rathspensionär Joh. de Witt veranlaßte) Tripel-
allianz zwischen Holland, England und Schweden bewog ihn, den
Frieden zu Aachen (1668) einzugehen und sich mit den eroberten
Plätzen in Flandern zu begnügen.
Zweiter Raubkrieg gegen Holland (1672—1678). Um
an der holländischen Republik durch Demüthigung oder Vernichtung
derselben Rache zu nehmen für die Stiftung der Tripelallianz, zog
Ludwig ihre Bundesgenossen, England und Schweden, in sein In-
tereffe, fiel mit zwei Heeren in Holland ein, und nur die künstliche
Ueberschwemmung des Landes hinderte ihn an dessen gänzlicher Er-
oberung. Da trat der Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg
und bald auch der Kaiser und der König von Spanien für Holland
auf. So groß aber auch die Zahl der Feinde Frankreichs war, so
wurden doch ihre Unternehmungen durch Uneinigkeit, gegenseitige
Eifersucht und Langsamkeit so sehr gehemmt, daß Ludwig neue Er-
oberungen machen konnte, welche ein reichlicher Ersatz für die auf-
gegebenen holländischen Provinzen waren. Im Jahre 1674 stellte
er drei Heere in's Feld: das eine unter des Königs eigenem Ober-
befehle eroberte die Franche-Comte, das zweite (unter Condo) kämpfte
Pütz Geogr. u. Eesch. f. mtttt. Kl. Abth. in.** 4
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Extrahierte Personennamen: Conde Ludwig_Xiv Ludwig Ludwig_Xiv. Ludwig_Xiv. Ludwig Ludwig Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Ludwig Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Holland Hauses_Habsburg Luxembourg Frankreichs Europa Spanien Holland England Schweden Aachen Flandern Holland England Schweden Holland Brandenburg Spanien Holland Frankreichs
Der dritte Raubkrieg. Leopold I.
51
Während dieses Waffenstillstandes hob Lndwig das Edict
von Nantes auf 1685, untersagte den Resormirten alle Ausübung
ihrer Religion und befahl ihre Kirchen zu zerstören. Obgleich die
Auswanderung der Protestanten verboten und die Grenze besetzt war,
so entkamen doch viele nach protestantischen Ländern und verpflanzten
dorthin ihre Industrie.
Dritter Raubkrieg (1688—1697). Als die kaiserlichen
Feldherren die Türken aus Ungarn vertrieben hatten und selbst die
türkische Hauptfestung Belgrad genommen war, bewog Louvois, um
sich unentbehrlich zu machen, den König Ludwig Xiv. zum Bruche
des Waffenstillstandes. Der Krieg begann mit einer schrecklichen
Mordbrennerei in der Pfalz, welche, nachdem die Einwohner lauge
die übermüthigsten Forderungen der Franzosen befriedigt hatten, zur
völligen Wüste umgeschaffen wurde; die Reichsstädte Speier und
Worms und viele andere Orte sanken in Asche (1689); die Ein-
wohner wurden mit kaltblütiger Unmenschlichkeit ausgeplündert und
mißhandelt, nicht einmal die Flucht war gestattet, außer auf fran-
zösisches Gebiet. Da um dieselbe Zeit Wilhelm von Oranien den
englischen Thron bestiegen hatte, und der von ihm vertriebene Jacob Ii.
in Frankreich Schutz fand, so trat auch England und Holland zum
Bunde gegen Frankreich. Der Seekrieg endete mit der Niederlage
der Franzosen (beim Vorgebirge la Hogue); desto glorreicher war
der Landkrieg in den Niederlanden durch drei glänzende Siege Lu-
xembourg's. Aber die Erschöpfung der Finanzen und die Entwürfe
auf die spanische Monarchie bei dem nahen Tode des kinderlosen
Karl Ii. einerseits, das Mißtrauen unter den Verbündeten anderer-
seits beschleunigte den Frieden zu Ryswick, eiuem Dorfe bei
Haag (1697), worin Deutschland Straßburg und alles auf ähnliche
Weise im Elsaß Reunirte verlor; Spanien erhielt das Meiste zurück,
weil Ludwig in Kurzem die ganze Monarchie auf friedlichem Wege
zu gewinnen dachte.
Den spanischen Erbfolgekrieg s. §. 19.
§• 15.
Deutschland bis zum spanischen Erbfolgckriege.
Auf Ferdinand Iii. folgte sein jüngster Sohn,
Leopold I. 1657 — 1705,
bisher König von Ungarn und Böhmen, welcher sich in einer Wahl-
capitulation mehrere neue Beschränkungen der kaiserlichen Gewalt ge-
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Extrahierte Personennamen: Leopold_I. Lndwig Ludwig_Xiv Ludwig Wilhelm Jacob_Ii Karl_Ii Karl Ludwig Ludwig Ferdinand_Iii Ferdinand Leopold_I.
Extrahierte Ortsnamen: Nantes Ungarn Belgrad Worms Frankreich England Holland Frankreich Deutschland_Straßburg Elsaß Spanien Deutschland Ungarn
52
Leopold I.
fallen lassen mußte. Der Reichstag, auf welchem damals 240 Stände
vertreten waren, erhielt (seit 1663) immerwährende Dauer und be-
stand aus einem Congresse von Abgeordneten zu Regensburg. Wäh-
rend seiner langen Regierung war Leopold mit einem dreifachen
Kampfe beschäftigt: a) gegen die Vergrößernngssucht Frankreichs,
6) gegen die abermals das christliche Europa bedrohenden Türken,
e) gegen die mißvergnügten ungarischen Magnaten.
Erster Türkenkrieg 1664. Der Großfürst von Sieben-
bürgen verband sich mit dem Kaiser, um sich gegen einen von den
Türken eingesetzten Nebenbuhler zu behaupten. Der Kaiser, der auch
das Wachsen des türkischen Einflusses in Siebenbürgen nicht wün-
schen konnte, eröffnete deshalb Unterhandlungen nüt der Pforte, die aber
zu keinem Ziele führten. Vielmehr rückten die Türken ans Nieder-
ungarn, welches ganz in ihrem Besitze war, gegen die Grenze Ober-
ungarns vor und gingen bei der Cisterzienser Abtei St. Gotthardt
über die Raab; aber der kaiserliche Feldherr Montecucnli erfocht hier
einen glänzenderen Sieg, als seit 3 Jahrhunderten christliche Truppen
in offener Feldschlacht gegen die Osmanen gewonnen hatten. Doch
der von den Türken eingesetzte Großfürst blieb, und der einzige Vor-
theil des Kaisers bestand darin, die Umwandlung Siebenbürgens in
ein türkisches Paschalik verhindert zu haben.
Erster Reichskrieg gegen Ludwig Xiv. 1674—78 s.
S. 50.
Zweiter Türkenkrieg 1683 — 1699. Während im W. Lud-
wig Xiv. Elsaß abriß, wurden im O. die Türken noch einmal furcht-
bar. Sowohl der ungünstige Friede nach dem vorigen Türkenkriege,
als das Zurückbleiben deutscher Truppen in Ungarn und die erneu-
erte Bedrückung der Protestanten veranlaßten eine Verschwörung
ungarischer Magnaten gegen die deutsche Herrschaft, welche jedoch
entdeckt und mit der Hinrichtung der (4) Häupter derselben bestraft
wurde. Die wichtigste Folge derselben war, daß der Kaiser eine
Abänderung mit der ungarischen Verfassung vornahm, indem er die
Würde des Palatinus aufhob und einen Deutschen zum Statthalter
ernannte. Dies rief einen neuen Aufstand hervor, an dessen Spitze
sich Graf Emmerich Tökely stellte. Zu spät suchte der Kaiser durch
Herstellung der alten Verfassung und der Religionsfreiheit die Ge-
müther zu beruhigen; Tökely wandte sich an den Sultan um Hülfe.
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Extrahierte Personennamen: Leopold_I. Leopold Leopold Gotthardt Montecucnli Ludwig_Xiv Ludwig Emmerich_Tökely
Extrahierte Ortsnamen: Frankreichs Europa Siebenbürgen Nieder- W._Lud- Ungarn
Die Julirevolution in Paris.
123
§. 53.
Die Pariser Julirevolution und ihre Nachahmungen in Belgien
und Polen 1830 und 1831.
In Frankreich war nach der Wiederherstellung der Bourbonen
oder während der sog. Restauration (1815—1830) von Neuem der
Parteikamps der Ultraroyalisten (welche die Wiederherstellung des
Zustandes vor 1789 wollten), Republikaner und Napoleonisten er-
wacht. Dem Könige Ludwig Xviii. (1815 — 1824) und noch
mehr seinem Bruder und Nachfolger Karl X. (1824-1830) fehlte
es an Kraft und Selbstständigkeit, um diese Parteien zu beherrschen.
Die zunehmende Spannung zwischen der Nation und dem Könige
mit seinen Ministerien war endlich durch die Wahl des Ministeriums
Polignac, dessen sämmtliche Mitglieder als entschiedene Gegner der
Constitution betrachtet wurden, aufs Höchste gesteigert worden. Die
Majorität der Deputirtenkammer von 1830 erklärte, daß die poli-
tischen Absichten der Regierung mit den Wünschen des Volkes nicht
übereinstimmten. Vergebens versuchte der König durch einen Feld-
zug gegen Algier, dessen Dei den französischen Consnl beleidigt
batte, die Aufmerksamkeit der Nation nach Außen zu lenken, ver-
gebens löste er die Kammern auf und ordnete neue Wahlen an; die
schnelle Eroberung Algiers (durch Bonrmont) wurde kalt aufge-
nommen und dieselben Deputirten wieder erwählt. Da erließ er
(25. Juli) die Ordonnanzen, durch welche die Freiheit der perio-
dischen Presse aufgehoben, die neu gewählte Kammer aufgelöst und
die Wahlform abgeändert wurde. Dies führte die sogenannte
Julirevolution 27. Juli — 7. August 1830
herbei. Als die Ausführung jener Ordonnanzen an dem bewaffne-
ten Widerstand der schnell wieder geschaffenen Natioualgarde unter
Lafayette scheiterte und die königlichen Truppen in einem dreitägigen
Kampfe (27.-29. Juli) theils zurückgeschlagen wurden, theils zum
Volke übergingen, so entsagte Karl X. zu Gunsten seines Sohnes,
des Herzogs von Angoulöme, und dieser wieder zu Gunsten seines
Neffen, des Herzogs von Bordeaux, dem Throne, worauf er mit
seiner Familie nach Schottland und später nach Oesterreich ging
(-j- 1836 in Görz an der Cholera). An seine Stelle ward der
Herzog von Orleans (Sohn des 1793 Hingerichteten Herzogs von
Orleans, abstammend von einem Bruder Ludwig's Xiv.) unter dem
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Xviii Ludwig Karl_X Karl August Karl_X Karl
Extrahierte Ortsnamen: Paris Belgien Polen Frankreich Algier Algiers Bordeaux Schottland Oesterreich
124
Trennung Belgiens von Holland. Aufstand der Polen.
Namen Ludwig Philipp von den Kammern zum erblichen Könige
der Franzosen erklärt (7. Aug.) und beschwor die von den Kammern
abgeänderte Verfassung.
Ludwig Philipp's (reg. 1830 — 48) nächste Sorge war,
seinen Thron durch Erhaltung der innern Ruhe und des äußern
Friedens zu befestigen. Im Innern hatte er und seine schnell wech-
selnden Ministerien einen fortwährenden Kampf zu bestehen sowohl
mit den Karlisten, welche den Herzog (Heinrich V.) von Bordeaux
als rechtmäßigen König ansahen, als mit den Republikanern, welche
auf verschiedene Weise Bewegungen zum Sturze des jedesmaligen
Ministeriums, wo nicht des Thrones, zu veranlassen suchten und
selbst wiederholte meuchelmörderische Attentate gegen das Leben des
Königs nicht scheuten. Die kräftige Bekämpfung der republikanischen
Propaganda, deren Wirkungskreis sich auch aufs Ausland erstreckte,
und die Erhaltung des äußern Friedens durch das mit geringen
Ausnahmen befolgte Princip der Nichtintervention befestigten den
„Bürgerthron" und erwarben ihm die Anerkennung der übrigen
europäischen Mächte. Das französische Gebiet von Algier ward
durch neue Eroberungen erweitert, aber auch fortwährend von den
benachbarten Stämmen der Beduinen und Kabylen beunruhigt.
In dem durch den Wiener Congreß gestifteten Königreiche
der Niederlande hatte ein ähnlicher, in Brüssel (Aug. u. Sept.)
1830 ausgebrochener Aufstand der Belgier, welche sich von der
protestantischen Regierung (Wilhelm's I.) auf jede Weise den Hol-
ländern nachgesetzt glaubten, die Trennung Belgiens von Hol-
land zur Folge. Nach einem kurzen provisorischen Zustande ward
Prinz Leopold von Sachsen-Coburg zum Könige der Belgier er-
wählt. Erst 1839 brachte die zu London versammelte Conferenz
der Bevollmächtigten der fünf Hauptmächte (nebst dem niederländischen
Gesandten) einen destnitiven Frieden zwischen beiden Staaten zu
Stande, indem die zuletzt streitigen Gebiete Luxemburg und Limburg
zwischen beiden getheilt wurden.
Das durch den Wiener Congreß neu geschaffene Königreich
Polen hatte 1815 von Alexander I. eine repräsentative Verfassung
und eine eigene Verwaltung erhalten. Allein die vom Großfürsten
Constantin abhängige Regierung erregte die Unzufriedenheit der Polen,
daher verbreitete sich ein in Warschau (29. Nov.) 1830 unerwartet
begonnener Aufstand schnell über ganz Polen, später auch über
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Philipp Ludwig Philipp Ludwig_Philipp's Ludwig Heinrich_V.)_von_Bordeaux Heinrich_V. Leopold_von_Sachsen-Coburg Leopold Alexander_I. Alexander_I. Constantin
Napoleon's Rückkehr nach Frankreich.
119
S- 50.
Napoleon's Rückkehr und der letzte Kampf der Verbündeten
gegen ihn 1815 (die 1ov Tage).
In Frankreich hatte sich durch Fehlgriffe der Regierung, An-
maßungen der Prinzen und Uebermuth der vormals privilegirten
Stände bald ein sehr allgemeines Mißvergnügen des Volkes und
besonders der Armee entwickelt. Im Vertrauen darauf und nament-
lich auf die Stimmung des Heeres, nicht unbekannt mit den Span-
nungen auf dem Congresse zu Wien (vorzüglich wegen der polnischen
Angelegenheiten) und dringend von seinen Anhängern zur Rückkehr
aufgefordert, war Napoleon mit etwa 1000 M. am 1. März zu
Cannes gelandet, alle gegen ihn gesandte Truppen gingen zu ihm
über, und er zog am 20. März unter beispiellosem Jubel des Volkes
in die Tuilerien ein. Ludwig Xviii. war nach Gent geflüchtet.
Mit Oesterreich und Rußland suchte Napoleon vergeblich Unter-
handlungen anzuknüpfen. Ein Unglück für ihn war, daß der Con-
greß in Wien noch beisammen war; die versammelten Monarchen
erklärten ihn als Friedensstörer in die Acht (13. März), erneuerten
ihre Allianz zu Gunsten Ludwig's Xviii. und boten die äußersten
Kräfte (zuletzt gegen 900,000 M.) wider ihn auf, der die beabsich-
tigte Rüstung (von 560,000 M.) nicht vollenden konnte.
Murat's Ende. Die bourbonischen Höfe hatten sich auf dem Wiener Con-
gresse der Anerkennung Murat's als Königs von Neapel widersetzt — daher ergriff
dieser die Waffen zur Befestigung seines wankenden Thrones, forderte zugleich die
Völker Italiens auf, unter seinen Fahnen jeder fremden Herrschaft in Italien ein
Ende zu machen, und drang gegen den Po vor, ward aber von den Oesterreichern
in mehreren Gefechten (namentlich bei Tolentino) zurückgeschlagen, worauf er nach
Frankreich flüchtete. Als er im October einen neuen abenteuerlichen Versuch zur
Wiedererlangung seines Thrones machte, ward er bei einer Landung in Calabrien ge-
fangen und nach dem Urtheile eines Kriegsgerichtes erschossen.
Der letzte Kampf der Verbündeten 15.—18. Juni 1815.
Napoleon entschied sich für den Angriffskrieg, um durch einen
großell Schlag Belgien zu gewinnen. Sein Plan war, die noch in
Belgien zerstreut stehenden Truppen der Alliirten (Engländer, Hol-
länder, Belgier, Hannoveraner, Braunschweiger, Nassauer) unter
Wellington und der Preußen unter Blücher zu überfallen und zu-
nächst die Vereinigung beider Heere zu verhindern. Mit seiner Haupt-
macht besiegte er Blücher bei Ligny, während Ney nördlich bis
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Ludwig_Xviii Ludwig Napoleon Napoleon Nassauer
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich Wien Cannes Gent Oesterreich Wien M. Neapel Italiens Italien Frankreich Calabrien Belgien Wellington
Die Schweiz. Die Staaten Amcrika's.
131
Halterschaft im nördlichen Deutschland vortheilhaft bekannt gewor-
denen) französischen Marschall Bernadotte, Prinzen von Pontecorvo,
zum Thronfolger bestimmten, der auch als König Karl Xiv.
Johann durch wesentliche Verbesserungen in allen Zweigen der
Staatsverwaltung das Vertrauen der Nation gerechtfertigt hat. Ihm
folgte (1844) sein Sohn Oscar I.
8- 59.
Die Schweiz.
Demokratische Bewegungen in den aristokratischen Cantoiten
nach der Pariser Julirevolution hatten die Umänderung mehrerer
aristokratischer Verfassungen in demokratischere und die Trennung
Basels in zwei Cantone, Stadt-Basel und Basel-Landschaft, zur
Folge.
Im Jahre 1848 ward die Bundesverfassung einer Revision
unterworfen und ein Zweikammersystem (Nationalrath und Stände-
rath) für die Gesetzgebung und für Bundesbeschlüsse eingeführt.
Die oberste vollziehende Gewalt ist der Bundesrath, bestehend aus
7 Mitgliedern (Ministern), welche von den vereinigten Räthen (auf
3 I.) gewählt werden, mit einem jährlich wechselnden, ebenfalls
von beiden Räthen gewählten, Bundespräsidenten. Diese Verfassung
wurde von 172/2 Cantonen genehmigt und als angenommen procla-
mirt. Bern ist Bundesstadt (Sitz des Bundesrathes).
8. 60.
Die Staaten Amerika's.
1. Die vereinigten Staaten Nordamerika's haben fort-
während theils durch freiwilligen Anschluß, theils durch Verträge
wie an äußerm Umfang und Bevölkerung so auch an innerer Kraft
zugenommen. Sie verbreiteten Anbau und Civilisation immer mehr
von O. nach W. und, besonders seit ihrer Ausdehnung bis zum
stillen Ocean, ihren Handel über alle Meere, so daß die Union nach
England der erste Handelsstaat der Welt ist. In den materiellen
Zweigen der Cultur, wie Dampfschifffahrt, Eisenbahnen, eilte sie
sogar Europa voran.
2. Haiti oder St. Domingo hat nach Vertreibung der Fran-
zosen und später der Spanier einen mannichfaltigen Wechsel der
9 *
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt]]
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Extrahierte Personennamen: Marschall_Bernadotte Pontecorvo Karl Johann Haiti
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Stadt-Basel Basel-Landschaft W. England Europa
1846 Krakau mit Oesterreich vereinigt.
1847 Lucca kommt an Toskana.
1848 Die Mexikanische Union tritt an die vereinigten Staaten
von Nordamerika Ober-Californien und Neu-Mexiko ab.
— Revolution in Paris. Flucht Ludwig Philipp's, Ab-
schaffung des Königthums, Provisorische Regierung. Pro-
clamation der französischen Republik.
— Abdankung Kaiser Ferdinand's I. zu Gunsten seines Neffen
Franz Joseph's I.
— Louis Napoleon zum Präsidenten der französi-
schen Republik gewählt.
1852 Louis Napoleon Iii., Kaiser der Franzosen.
1854 Krieg Rußlands mit der Türkei, Frankreich und England.
Druck von G. D. Bädeker in Essen.
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Philipp's Ludwig Franz Louis_Napoleon Napoleon Louis_Napoleon_Iii Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Oesterreich Lucca Toskana Nordamerika Neu-Mexiko Paris Provisorische französischen_Republik Frankreich England