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Schicksale unseres Wokes von 6er Reformation bis zur Gegenwart.
@rfler Abschnitt:
Die Jeit der Reformation (1517—1555).
Maximilian I. war im Januar 1519 gestorben. Es vergingen (15fi1q9tl1^56j fünf Monate, ehe sich die Kurfürsten für einen neuen Herrscher ^ti^m entschieden. Die gewaltigen Anstrengungen, die Franz I. von Frankreich machte, um die Krone des römischen Reiches deutscher ^wäruge Nation zu erwerben, blieben erfolglos. Die Kurfürsten wählten nach "“«g» Bis mancherlei Schwankungen und Verhandlungen den Enkel Maximilians,
Karl I. von Spanien, in dessen Hand sich eine ungeheure Macht vereinigte. Zum ersten Male wurde dem zukünftigen Kaiser von seinen Wählern eine schriftliche Wahlkapitulation *) vorgelegt, in welcher jener eine Reihe von Bedingungen über die Regierung des Reiches nach innen und nach außen sich gefallen lassen mußte. Nach der Krönung in Aachen 15202) begab sich Karl V. zum ersten Reichstage nach Worms. — Hier sollte sich Luther vor Kaiser und Reich wegen seiner Lehre verantworten. D. Martin Luther3)
J) Bgl. Abteilung 2, Satz 8 a, 20 und 21 a.
2) Vgl. Sz. 40 a.
3) Geboren am 10. November 1483 zu Eisleben, gestorben am 18. Februar 1546. Besucht die Schulen zu Mansfeld, Magdeburg, Eisenach (Frau Cotta). 1501 geht er auf die Universität zu Erfurt, treibt scholastische und humanistische Studien. 1505 Magister, tritt ins Augustinerkloster in Erfurt ein (Staupitz). 1507 Priester, 1508 ins Wittenberger Kloster, zugleich Universitätslehrer in Wittenberg. 1511 Reise nach Rom. 1512 Dr. theol., liest exegetische Kollegien und wirkt durch volkstümliche Predigten.
Arndt Ouellensätze. (Blume, Quellensätze Iv). 1
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nehmen; sie begann Verhandlungen mit Friedrich. In Teschen (1779) kam unter Vermittelung Frankreichs und Rußlands der Friede zustande. Österreich bekam das Jnnviertel und trat dafür an Bayern ein in Schwaben gelegenes österreichisches Gebiet ab (Mindelheim).
Preußen wurde die Erwerbung von Ansbach und Baireuth für den Fall verbürgt, daß die Hohenzollern in diesen Markgrafschaften ausstürben. Für Preußen hatte die ganze Sache noch den Erfolg, daß es sich Zutrauen in Deutschland verschaffte, als der Beschützer der deutschen Staaten gegen das Haus Habsburg. Freilich hatte man dem Auslande wieder einmal Gelegenheit "gegeben, in den deutschen Angelegenheiten zu vermitteln. —
Nach dem Tode Maria Theresias (1780) nahm Joseph Ii. Astenbund noch einmal die bayrischen Pläne auf. Er dachte an einen Aus- (1785i)
tausch Bayerns gegen die österreichischen Niederlande (1784).
Dieses Mal war Rußland, dem sich Joseph Ii. in dessen Balkan-planen nachgiebig erwiesen hatte, gewonnen worden. Der russische Gesandte verlangte von Karl von Psalz-Zweibrücken, in die Abtretung Bayerns an Österreich zu willigen. Doch dieser weigerte sich. Er wandte sich an Friedrich Ii. um Schutz. Da Joseph Frankreichs Zustimmung nicht erlangen konnte, gab er (Jan. 1785) seine Pläne auf. Um ähnlichen habsburgifchen Gelüsten für die Zukunft vorzubeugen, schloß Preußen mit Kursachsen und Hannover den „Deutschen Fürftenbund". Andere Fürsten traten bei, unter ihnen auch der Erzbischof von Mainz. Zweck dieses Bundes war, den Besitzstand gegen jeden Eingriff zu wahren. Es war der letzte große Erfolg der fridericianischen Politik; zugleich ein Vermächtnis des großen Königs an seine Nachfolger. —
Wie einstens fein Vater, so war auch Joseph Ii. von Maria Theresia zum Mitregenten in Österreich angenommen. Sie ließ g»««1 ihm jedoch nur eine beschränkte Teilnahme an der Regierung.
Erst nach ihrem Tode ist er in den österreichischen Landen selbständig geworden. Das deutsche Kaisertum war schon längst zum leeren Namen geworden; Joseph Ii. griff als deutscher Kaiser noch einmal zu einer Reichsreform, zur Verbesserung des Reichskammergerichts; doch die 1767 eingesetzte Visitationsdeputation löste sich 1776 unverrichteter Dinge wieder auf. Das Ziel der österreichischen Politik Josephs Ii. war, fein Volk zu beglücken. Sein großes
Arndt, Quellensätze. (Blume, Quellensätze Iv). 6
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dem Eindruck die]"es Sieges würden die Friebensverhanblungen schnell zum Abschluß gebracht (Februar 1801). Der Luneviller Friebe würde vom Kaiser — ohne England und zugleich im Namen des Reiches, wogegen der Kaiser sich bisher gesträubt hatte — aus der Grunblage der Bestimmungen von Campo Formio abgeschlossen.
Rhein und Etsch würden jetzt die Grenze gegen Frankreich. Die Entschäbigung der erblichen Fürsten, die linksrheinische Besitzungen ober Rechte verloren, würde im siebenten Artikel des Luneviller Friebens offen gesorbert. Die Großherzoge von Mobena und Toskana sollten durch beutfche Gebiete schablos gehalten werden, womit Österreichs Einfluß in Italien wesentlich beschränkt würde.
Auch der Erbstatthalter von Hollanb, der Prinz von Dramen, sollte ein beutsches Land bekommen. Die Tochterrepubliken
Frankreichs, die ligurische, cisalpinische, helvetische und batavische,
erkannte Österreich an. —
Der Reichstag in Regensburg hatte nichts bagegen ein-Kr Rerchs-
zuwenden, daß der Kaiser den Luneviller Frieden zugleich im Namen hauptschlutz. des Reiches unterschrieben hatte. Das wichtigste aber war nunmehr die Entschäbigungssrage. Erst im November 1801 einigten sich Kaiser und Reich bahin, daß eine aus acht Mitgliebern bestehenbe Reichsbeputation die Beratungen in die Hand nehmen sollte; *) und erst im August 1802 trat bieselbe in Regensburg zusammen. Doch nicht hier, sondern in Paris wurde das Schicksal Deutschlands entschieden. Die Uneinigkeit der Deutschen — Preußen und Bayern wünschten im Gegensatz zu Österreich möglichst weitgehende Säkularisationen — ermöglichte es dem ersten Konsul in Frankreich, die Entschädiguugssragen in seinem Sinne zu entscheiden. Deutschlands Fürsten hielten es nicht unter ihrer Würde, durch allerlei Schleichwege in Paris einen reichen Beuteanteil sich zu sichern. Napoleon ließ auch Rußland an der Länderverteilung sich beteiligen; doch der Ausschlag bei diesem wüsten, für Deutschland so schmachvollen Länderschacher wurde in Paris gegeben. Als das Geschäft dort abgeschlossen war, als z. B. Preußen durch Svnderverträge mit Napoleon seine neuen Erwerbungen sich gesichert hatte, da wurde dann im August 1802 in Regensburg der fertige Plan durch die französischen und russischen Gesandten in herrischer Weise zur Be-
Vgl. Sz. 85.
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im Reiche. Die ganze Sache war ein ungeheurer Rechtsbruch, durch welchen die Reichsverfassung völlig untergraben wurde. So notwendig die Verminderung der Zahl der deutschen Kleinstaaten und die Aufhebung der geistlichen, nicht lebensfähigen Staatsgebilde war, so schmachvoll war es, daß Deutschland sich vom Auslande dazu nötigen liess und daß Deutschlands hoher Adel auv Gewinn-
sucht sich selbst erniedrigte. —
Schon im Jahre 1803 waren Napoleons Pläne wieder auf Der^ anen Krieg mit England gerichtet. Der Friede, den Frankreich mit England 1802 zu Amiens geschlossen hatte, war nur ent Waffenstillstand gewesen. Das mit England durch Personalunion verbundene Kurfürstentum Hannover wurde durch ein französisches Korps 1803 besetzt; die tapfere hannoversche Armee mußte kapitulieren.
Zwei Jahre blieb das Land in den Händen der Franzosen.
Friedrich Wilhelm von Preußen hatte den Nachbarstaat nicht zu besetzen gewagt, da Rußlands Kaiser Alexander I. keine sichere Hilfe gegen Napoleon versprach, und da Hannovers Adel gegen Preußen gestimmt war. Im Mai 1804 wurde Bonaparte nach Entdeckung einer Verschwörung zum Kaiser gewählt und im Dezember vom Papste gesalbt; zwei Jahre vorher war er zum Konsul aus Lebenszeit ernannt worden. Im Jahre 1804 nahm der deutsche Kaiser Franz Ii. den Titel eines österreichischen Kaisers (als solcher Franz I.) an. Gelegentlich eines Besuchs des französischen Kaisers in den Rheinlanden wetteiferten deutsche Fürsten, ihm ihre Huldigung darzubringen. An jener gegen den Korsen gerichteten Verschwörung sollte auch der mit den Bourbonen verwandte Herzog von Enghien beteiligt gewesen sein; auf badischem Gebiete ließ ihn Napoleon ausheben, über die Grenze bringen und trotz seiner Unschuld erschießen, ein Bruch des Völkerrechts und zugleich ein Justizmord, wogegen nur die fremden Gesandten auf dem Regensburger Reichstage Protest erhoben. [ Durch diese und andere Gewaltsamkeiten entfremdete sich Napoleon den Kaiser von Rußland. Allerlei Neuerungen in Italien — Einverleibung der ligurischen Republik in den französischen Staat; Napoleon macht sich zum König von Italien — verstimmte auch Österreich von neuem gegen Frankreich. So begann wiederum eine Koalition sich zusammenzuziehen. England, wo der jüngere Pitt zum Kampfe trieb, Schweden, Rußland und Österreich schlossen die dritte
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mehr rekrutierte sich der Beamtenstand in Preußen und auch anderswo aus bürgerlichen Kreisen, nicht zum Unsegen des Staates. Das neue, arbeitsame Berufsbeamtentum ist die festeste Stütze der und Reichs- Rutschen Staaten geworden. — Die Macht der freien und Reichs-nabte" ^Eidte ging in dieser Periode immer mehr zurück. Die benachbarten Fürsten, geistliche und weltliche, suchten die Selbständigkeit derselben zu brechen; nur die Eifersucht anderer Territorialherren rettete einzelnen die Freiheit. Der Hansabund verfiel, der deutsche Handel erlahmte aus verschiedenen Ursachen. Vom Reiche hatte die Hansa keinen Schutz zu erhoffen, ja das Reich erließ immer wieder Gesetze gegen die großen Kaufmannsgesellschaften oder doch gegen gewisse Mißbrauche in denselben; die Territorialhoheit der Landesfürsten war dem Handel der freien Städte, als der Quelle ihrer Macht, noch weniger günstig. So verloren die freien Städte den Schutz, den sie bisher in der Hansa oder in anderen Städtebündnissen genossen hatten. In der Verfassung der Städte änderte sich nicht viel, solange sie ihre Freiheit noch behaupteten. Wie im Mittelalter begegnet uns ein zweifaches Ratskollegium; nur daß der westfälische Friede in Städten mit gemischter Bevölkerung eine paritätische Besetzung des Rates und aller übrigen Ämter forderte. Durch 5&a|l wurden die Stellen besetzt. In der einen Stadt herrschte ein mehr aristokratisches, in der anderen ein mehr demokratisches Regiment. Daß die freien und Reichsstädte Sitz und stimme auf den Reichstagen bekamen, daß sie wie die übrigen Reichsstände sich derselben politischen und religiösen Freiheiten erfreuten, daß sie wie die Territorialherren zur vollen Landeshoheit gelaugten, hat ihren Verfall nicht aufhalten können. Ammer geringer wurde ihre Zahl; im Reichsdeputationshauptschluß blieben nur noch sechs übrig, von denen heute nur noch drei bestehen. Ein Zeichen ihres Verfalles ist namentlich auch der Umstand, daß sie in den letzten Jahrhunderten eine so geringe Rolle in militärischer Beziehung spielten; ihre Kriegsverfassung und Kriegstüchtigkeit waren dahin; im Jahre 1803 wurden sie gar für unmittelbare^^^l erklärt. Die Stellung und das Geschick der namentlich Ritterschaft, in Oberdeutschland zahlreichen reichsunmittelbaren Ritterschaft veränderte sich in dieser Periode ebenfalls. In den Reichsgesetzen werden sie neben den Reichsständen in der Regel besonders genannt: *Die unmittelbare freie Ritterschaft mit begriffen." Daß sie in der zweiten
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Hälfte des 17. Jahrhunderts die Teilnahme an den Reichstagen erstrebten, ohne dieselbe zu erlangen, ist schon zur Erwähnung gekommen. Pufeudors urteilt, daß ihnen an der Reichsstandschaft nicht so viel gelegen sei, offenbar um den Leistungen für das Reich sich leichter entziehen zu können. In Sachen der Reichsanschläge haben sie stets eine bevorzugte Stellung eingenommen; zu freiwilligen Leistungen haben sie sich zumeist verstanden. Um sich gegenseitig Zu stützen, schlossen sie sich zu Kreisen zusammen, zum fränkischen, schwäbischen und rheinischen Kreise; diese Kreise zerfielen wieder in Bezirke oder Viertel. Sie hielten Versammlungen, auf denen gemeinsame Angelegenheiten zur Sprache kamen, stellten eigene Gesetze und Gewohnheitsrechte auf und bildeten einen Staat für sich.
Sie erfreuten sich derselben Hoheitsrechte wie die übrigen Reichsstände, auch der Segnungen des Religionsfriedens. Die kirchlichen Pfründen wurden vielfach mit Angehörigen der Reichsritterschaft besetzt. Auf die Dauer haben sie den Fürsten so wenig wie die Städte widerstehen tonnen, trotzdem die Kaiser sich ihrer immer wieder annahmen. Bei den Umwälzungen der napoleonischen Zeit erlagen sie. Gewisse Standesvorrechte haben einige vom ehemaligen Reichsadel auch fernerhin gerettet.
Die Mannigfaltigkeit der Gerichte, die schon im vorigen Zeitraum zu beobachten war, findet sich auch in diesem. Von den Gerichten in den Dörfern und in den Städten, mögen dieselben in den Händen der Fürsten, des Adels oder der Kommunen Instanzen.
x • , , Jr Obere und
1etn, ergeht die Berufung an dte fürstlichen Hofgerichte, von diesen @njre.b«= an die Reichsgerichte, soweit nicht bestimmte Privilegien entgegen- ^ ^ Rüge-siehen (vgl. Landesherr und Gerichtshoheit). Die fürstlichen Hof-gerichte bekommen also immer mehr die Bedeutung von höheren oder Appellationsgerichten. Unter der oberen oder hohen Gerichtsbarkeit wird aber auch noch wie in dem Mittelalter die Gerichtsbarkeit zu Hals und Hand verstanden, im Gegensatz zur niedrigen oder Erbgerichtsbarkeit, die es mit geringeren Rechtsfällen zu tun hat. Das Centgericht wird auf bestimmte Fälle, auf Mord, Brand,
Notzucht und Diebstahl beschränkt; unter dem Namen der Centgerichte — ehemalig Landgerichte — versuchen die mächtigeren Reichsstände in die richterlichen Befugnisse der schwächeren einzugreifen. Auf dem Lande erhalten sich wenigstens in einzelnen Teilen Deutschlands bis in die Neuzeit die alten Rügegerichte, von den Landesherren oft absichtlich geschützt. Lehen-und Landfriedens-
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gerichte verlieren sich; die stüher an diese Gerichte gezogenen Rechtssachen werden von den Landesherren den ordentlichen Gerichten
Reichs- ruaewiesen. — Das Reichskammergericht behauptet bis 1806 das
kammer- 0 # •
gericht. Ansehen des obersten Gerichts mit ständischem Cyarakter. Die Einsetzung der meisten Beisitzer war Sache der Reichsstände. Immer größer wurde die Zahl der Assessoren; im westfälischen Frieden wurde dieselbe auf fünfzig vermehrt, zugleich auch, wie schon im Jahre 1555, eine paritätische Besetzung dieses höchsten Gerichts bestimmt. Freilich ist die Zahl niemals vollständig vorhanden gewesen; Pufendorf berichtet, daß zu seiner Zeit nicht einmal die Hälfte der Assessoren zur Stelle gewesen sei. Auch sonst gibt das Reichskammergericht zu Klagen Vielsache Veranlassung, namentlich über Ungerechtigkeit und Langsamkeit in der Prozeßführung. Die geringe Zahl der Beisitzer, der schleppende Gang des ganzen Verfahrens, die große Anzahl der Prozesse erklären die Verzögerung zur Genüge. Um die Mißbräuche abzustellen, wurden ordentliche und außerordentliche Visitationen angeordnet, doch Visitationen und Revisionen kamen regelmäßig in Verfalls. Die Kosten zur Aufrechterhaltung des Kammergerichts nahmen seit der Mitte des 16. Jahrhunderts die Reichsstände allein auf sich; doch spärlich gingen die Kammerzieler ein. Der Sitz des Gerichts wurde nach
Reichshofrat öfterem Wechsel Speyer, dann Wetzlar. - Der Reichshofrat behielt das Gepräge eines kaiserlichen Gerichts. Die Besetzung desselben stand dem Kaiser allein zu (doch vgl. Sz. 72a); ihm vor allem waren die Reichshofräte eidlich verpflichtet. Sie mußten dem Reichsoberhaupte folgen, wohin immer dasselbe sich begab. Alle möglichen Reichssachen wurden vor dieses Gericht gebracht, besonders auch Lehnssachen, sodaß der Reichshofrat die Bedeutung^eines obersten Reichslehns-hoses bekam. In schwierigen Fällen bei Stimmengleichheit behielt sich der Kaiser die Entscheidung vor. Bei dem kaiserlichen Charakter des Gerichts ist es nicht zu verwundern, daß die Stände auch hier viel Anlaß zur Klage haben. Bald klagten die Reichsstände, daß der Reichshofrat mit fremden, nichtdeutfchen Räten besetzt würde, bald darüber, daß die am Reichskammergerichte anhängig gemachten Prozesse durch den Kaiser an den Reichshofrat abberufen wurden, bald wieder, daß der Kaiser Angelegenheiten, welche vor
i) Auch Josephs Ii. Bemühung war vergebens. (Vgl. S. 81).
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den Reichshofrat gehörten, durch seinen Geheimen Rat entscheiden ließ, wobei dann nicht rein rechtliche, sondern allerlei politische Gesichtspunkte maßgebend sein mochten. Der westfälische Friede suchte in diesen und anderen Beschwerden Abhilfe zu schaffen durch Einführung der Kammer-Gerichts-Ordnung auch im Reichshofrate, durch Anordnung von Visitationen und Zulassung von Revisionen, durch Forderung paritätischer Besetzung; durchschlagende Verbesserungen sind jedoch nur wenig angebracht. — Für die Zeit des h^Acht Interregnums, wenn die Reichsvikare ihres Amtes walteten, wurden auch Vikariatshofgerichte eingesetzt. — Die Reichslandgerichte bestehen mit merkwürdiger Zähigkeit bis in die letzten Zeiten des Reiches.
Sie bewahren den Charakter von kaiserlichen Gerichten, wie denn das Rottweiler Landgericht „Kaiserliches Hofgericht" heißt und der Richter „Kaiserlicher Hofrichter". Zahlreich sind die Privilegien, in denen die Kaiser einzelne Reichsstände von diesen Gerichten befreien. Die Rottweiler beklagen sich dann wohl über derartige Exemtionen und kehren sich nicht an dieselben. Daher dann wieder die Eximierten Grund zur Klage haben. Diese und andere Übelstände durch Visitationen oder anderswie abzustellen, verspricht der Kaiser; doch es bleibt alles beim alten. Die Reichsstände appellierten von diesen Gerichten an das Reichskammergericht oder an den Reichshofrat. — Auch die Vemegerichte fristeten ein kümmerliches Dasein weiter. Wiederholt nahmen Reichsgesetze gegen dieselben Partei, ja sie verboten sie gänzlich. Wirksamer waren die Maßregeln einzelner Landesherren, wie z. B. des Großen Kurfürsten, der das heimliche Gericht in Herford aufhob. — Die Austrägalgerichte erfreuten sich einer ^ufttägai. immer größeren Beliebtheit. Die Wahlfürsten machten es sich zur Pflicht, ihre Streitigkeiten unter einander stets in solchen Austrägen zur Entscheidung zu bringen. Die Kammer-Gerichts-Ordnung vom Jahre 1555 erweiterte die Austräge unter anderem auch durch die Bestimmung, daß jetzt die Fürsten und Fürstenmäßigen von jedem, wer auch immer der Kläger sei, in solchen Gerichten belangt werden sollten. Da die Räte der Fürsten diese Austrägalgerichte besetzten, und da infolgedessen leicht der Vorwurf der Parteilichkeit erhoben werden konnte, so wurde bestimmt, daß mit Bewilligung beider Parteien eine Universität um ihr Urteil angegangen werden durfte.
Auch der westfälische Friede sicherte die ganze Einrichtung der Austräge. Sogar in die Verfassung des Deutschen Bundes ist dieselbe
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übertragen worden. — Zu immer größerem Ansehen kamen, wie jokstl schon bemerkt, die fürstlichen Hofgerichte als Berufungsinstanzen, auch Land- oder Kammergerichte genannt. Wenn in der Anhaltischen Landesordnung die Appellation an die „Regierung" geschieht, so ist das ein Beweis dafür, daß in kleineren Ländern das Regierungskollegium vom Hofgerichte gar nicht getrennt war. Die Reichskammergerichtsordnung sollten sich die Hofgerichte zum Muster nehmen. Wo die Landesherren sich der Einmischung in ihre Hofgerichte begaben, wie in Preußen Friedrich der Große, da wurden diese Gerichte die sicherste Grundlage einer gerechten Rechtssprechung. Gericht — Während in den evangelischen Territorien die bischöfliche Gerichtsbarkeit auf die Landesherren überging, welche sie in ihren Konsistorien ausüben ließen, blieb sie in den geistlichen Ländern in den Händen des Klerus. Die Klagen über Übergriffe geistlicher Gerichtsbarkeit dauerten sort, namentlich auch über Abberufung der Prozesse durch päpstliche Gesandte oder gar an g«tcht£ ^ römische Kurie. — Das Söldnerwesen bildete ein eigentümliches Heergericht aus. Der Feldmarschall *) berief ein solches Gericht aus militärischen Personen. In altertümlichen Formen bewegte sich dasselbe. In der Not des dreißigjährigen Krieges drangen die Reichsstände darauf, daß unter gewissen Umständen ihnen die Verhaftung militärischer Verbrecher zustehen sollte und ebenso auch die Aburteilung, doch daß der nächste Kommandant zu dem Prozeß eingeladen werden sollte. In den Territorialstaaten ist dieses Kriegsgericht zugleich mit dem stehenden Heere immer mehr ausgebildet worden. — Seit dem 15. Jahrhundert vergrößerte »Sgjj* sich die Zahl der des römischen Rechts kundigen Männer von Jahr zu Jahr. Auch auf deutschen Hochschulen wurde jetzt das fremde Recht gelehrt. Luther nennt das weltliche Recht seiner Zeit eine Wildnis; den Leuten würden durch die Weitläufigkeiten desselben viel Beschwerungen gemacht. Auf der Reichshofratstafel mußte das römische Recht ausliegen, als Richtschnur für die Gesetzgebung. Überhaupt kam es zu immer größerem Ansehen, nicht nur in den obersten Gerichten. Das im 17. Jahrhundert in Deutschland gütige Recht ist nach dem Urteil Pusendorfs ein Gemisch von römischen und kanonischen Rechtssätzen und deutschem,
Vgl. Blume, Quellensätze, Bd. Iii, 2. Abt. S. 129. Sz. 217.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_der_Große Friedrich