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1. Lese-, Lehr- und Hilfsbuch für Gewerbeschulen - S. 9

1905 - Schwerin i. M. : Bärensprung
l. Zum Tagewerke. ^Eehe hin in Gottes Namen, * greif dein Werk mit Freuden an: frühe säe deinen Samen; mas getan ist, ist getan. Sieh nicht aus nach dem Entfernten, was dir nah' liegt, mußt du tun; säen muht du, willst du ernten; nur die steiß'ge Hand wird ruh'n. Müstigstehen ist gesthrtich, heilsam mrverdrost'ner Fleiß, und es steht dir abends ehrlich an der Stirn des Tages Schweiß. Weißt du auch nicht, was geraten oder was mißlingen mag, folgt doch allen guten Taten Gottes Segen für dich nach. Geh denn hin in Gottes Namen, greif dein Werk mit Freuden an; frühe säe deinen Samen; was getan ist, ist getan. Spitts

2. Lese-, Lehr- und Hilfsbuch für Gewerbeschulen - S. 10

1905 - Schwerin i. M. : Bärensprung
10 Der beste Empfehlungsbrief. 2. Der beste Empfehlungsbrief. Auf die Anzeige eines Kaufmannes, wodurch ein Kontor- knabe gesucht wurde, meldeten sich 50 Knaben. Der Kaufmann wählte sehr rasch einen unter ihnen und verabschiedete die andern. „Ich möchte wohl wissen,“ sagte ein Freund, „warum du gerade diesen Knaben, der doch keinen einzigen Empfehlungsbrief hatte, bevorzugtest?“ „Du irrst,“ lautete die Antwort; „dieser Knabe hat viele Empfehlungen. Er putzte seine Füße ab, ehe er ins Zimmer trat, und machte die Tür zu; er ist daher sorgfältig. Er gab ohne Besinnen seinen Stuhl jenem alten, lahmen Manne, was seine Herzensgüte und Aufmerksamkeit zeigt. Er nahm seine Mütze ab, als er hereinkam, und antwortete auf meine Frage schnell und sicher; er ist also höflich und hat Manieren. Er hob das Buch auf, das ich absichtlich auf den Boden gelegt hatte, während alle übrigen es zur Seite stießen oder darüber stolperten. Er wartete ruhig und drängte sich nicht heran — ein gutes Zeugnis für sein anständiges Benehmen. Ich bemerkte ferner, daß seine Kleider gut ausgebürstet und Hände und Gesicht rein waren. Nennst du dies alles keine Empfehlungen? Ich gebe mehr darauf, was ich von einem Menschen weiß, nachdem ich ihn zehn Minuten lang gesehen habe, als auf das, was in schön klingenden Empfehlungsbriefen geschrieben steht.“ Magdeburger Zeitung. 5. Die letzte flacht Lw Mernbause. Das griff ans £?erj, und ich vergess' es nimmer: Es war die letzte Nacht im Vaterhaus; zieh'n sollt' ich mit dem ersten Frührotschimmer, vielleicht aus ewig, in die Welt hinaus. 2. Noch lag ich schlaflos auf dem weichen Pfühle; denn viel bewegte mir die junge Brust: des Heimwehs Vorgefühl, des Scheidens Schwüle und Hoffnung doch und rege Wanderlust. 5. Da s<Aug es zwölf. Die Lampe brannte trübe, und leise schritt es durch die Rammertür — ein Geist erschien mir, doch ein Geist der Liebe; denn meiner Mutter gleich erschien er mir. Sie nahte still, als wollte ste nicht stören des Sohnes, wie sie meinte, tiefe Ruh'. Ich hört' sie, doch ich schien sie nicht zu hören; ich sah sie, doch ich schloß die Augen zu.

3. Lese-, Lehr- und Hilfsbuch für Gewerbeschulen - S. 12

1905 - Schwerin i. M. : Bärensprung
12 Auch ein Denkmal. Augen fielen wieder gerade aus die Äpfel, und sie schienen ihm noch rotbäckiger als vorhin. Und nicht genug, es kam auch des Nach- bars Leuchen die Straße herabgetrippelt und füllte ihr Körbchen mit den schönsten Äpfeln, und Leuchen selbst hatte rote Bäcklein wie ein Borsdorser Apfel. Auch die Hökerin hatte rote Backen, das ent- deckte er jetzt erst, und wahrhaftig, auch seinem Nebengesellen, dem Heinrich, schimmerte es rot durch das von Ruß geschwärzte Gesicht. Äpfel, Menschen, alles hatte rote Backen, nur um ihn zu ärgern und zu quälen. Jetzt aber kam etwas, was dem Karl das Blut in das Gesicht trieb bis in die Schläfe hinauf. Der Schusterjunge Fritz stand nämlich bei den Äpselkörben. Karl und Fritz waren aber einander feind, weil Fritz behauptet hatte, ein Schlosser könne einem Schuster die Schuhriemen nicht lösen, eine Behauptung, die dem Fritz von Karl eine Tracht Prügel eingetragen hatte. Und nun stand dieser Fritz vor den Äpfelkörben, warf dem Hökerweibe einen blanken Zehner in den Schoß, als hätte er über Tausende zu verfügen, las sich drei der schönsten Äpfel aus, und mit einem triumphierenden Blicke nach dem Fenster, hinter dem sein Feind mit einem Kirchen- schlüssel sich abquälte, biß er in einen Apfel, daß dem Karl das Wasser im Munde zusammenlief. In diesem Augenblick rief Herr Martin: „Karls" „Meister!" „Hier, trage das Schloß zum Herrn Geheimrat! Eine Empfehlung, und in einer Stunde werde ich selbst kommen, es anzuschlagen." Das ließ sich Karl nicht zweimal sagen; eilig rieb er sich mit dem Schurze den Ruß im Gesichte herum und rannte zur Tür hinaus, um den Fritz noch zu erwischen. Die Wohnstube, durch die er geheu mußte, war leer; die Meisterin war auf dem Markte, und eben wollte er die Stube verlassen, da fiel sein Blick aus etwas, das seinen Lauf hemmte. Das Wandschränkchen des Meisters stand offen, das Wandschränkchen, in dem der Meister seine Geschäftsbücher und die Meisterin ihr Haushaltungsgeld aufzubewahren pflegten. Dem Knaben war's, als würge ihn einer an der Kehle, und er zitterte am ganzen Leibe. Dort lag, er sah es ganz genau, ein kleines Häufchen Zehner. „Nimm eins!" flüsterte ihm die Versuchung zu, „die Meisterin mcrkt's nicht, und die Äpfel sind so saftig und so schön rot." Karl warf einen Blick hinter sich, dann einen durchs Fenster — der Fritz biß eben seinen zweiten Apfel an — und da war es geschehen! Mit einem Zehner in der Hand stürzte er auf die Straße hinaus, und die Jagd auf Fritz, der schleunigst Fersengeld gab, begann. Nach einer Viertelstunde kam Karl wieder zurück. Scheu und vorsichtig öffnete er die Stubentüre, und erschrocken blieb er auf der Schwelle stehen, da er den Meister erblickte, der in seinem Lehn- stuhle am Fenster saß und mit den Fingern aus dem Fensterbrette trommelte. „Karl, komm herein! Was bleibst du unter der Türe stehen?" „Ich . , . ich . . . eine schöne Empfehlung vom Herrn Geheimrat

4. Lese-, Lehr- und Hilfsbuch für Gewerbeschulen - S. 15

1905 - Schwerin i. M. : Bärensprung
Der treue Kamerad. 15 6. Der treue Kamerad. In einem Städtchen Belgiens war ein stattlicher Kirchbau fast bis zu Ende geführt. Nur eins fehlte noch: der Hahn, der auf die Spitze des Turmes zu setzen war; denn auf einem rechtschaffenen Kirchturme darf der Hahn nicht fehlen. Aber das schlanke Bau- gerüst, auf dem die Arbeiter, nur durch einen Schritt vom Ab- grunde getrennt, ihr Werk trieben, reichte nicht hoch genug, um das Anbringen des Hahnes zu ermöglichen, und seine Erhöhung ließ sich nicht ausführen. Also blieb kein anderer Nat, als daß ein Mann es übernähme, aus den Schultern eines anderen stehend, das Be- festigen und Anlöten des metallenen Hahnes zu besorgen. Es ist kein angenehmes Geschäft für die beiden, wozu der eine breite Schul- tern und Standhaftigkeit, der andere einen unerschrockenen Sinn und Geschick, und beide ein gut Vertrauen zueinander und zu dem gnädigen Gott brauchten, in dessen Hände sie ihr Leben gaben. Und so stiegen die zwei bis zum höchsten Brette des Gerüstes empor, nichts mit sich nehmend als den gewaltigen Turmhahn, das Gefäß mit geschmolzenem Blei und die nötigen Werkzeuge. Hierauf stellte sich der Breitschulterige fest auf seine Füße, und mit der einen Hand eine Stange des Gerüstes erfassend, ducüe er den Nacken; der andere aber stieg vorsichtig auf seines Kameraden Schultern, worauf dieser ihm die Kohlenpfanne mit geschmolzenem Blei und den Turmhahn zureichte. Also begann die Arbeit des Befestigens und Lötens, während unten vom Markte mrd aus allen Fenstern die Bewohner des Städtchens atemlos emporschauten. Und wie sie alle die Unerschrockenheit der beiden Männer bewunderten, so mag auch mancher ein stilles Gebet getan haben, daß Gott sie vor Un- glück gnädig behüte. Es währte lange; denn jede Minute dünkte den bange Zuschauenden fast eine Ewigkeit. Der Breitschulterige steht auf den: schmalen Brett regungslos wie ein Fels. Halte aus! Rühr dich nicht, sonst ist dein Kamerad verloren! Dieser, auf die Schultern des anderen gestellt, schafft und lötet mit Emsigkeit. Jetzt ist der Hahn fest; endlich! Vorsichtig steigt der Mann von den Schultern feiner Trägers hernieder; die Zuschauenden atmen auf, und ein „Gottlob!" kommt über ihre Lippen. Aber warum klammert sich der Breitschulterige so fest an die Stange des Gerüstes? Warum steigt er nach getanem schweren Werke nicht froh die Leiter herab? Verlassen ihn die Kräfte? Doch nein, jetzt kommt er hernieder; aber langsam und schwankend, und als er unten ist, bricht er zusammen. Die andern Arbeiter eilen hinzu; es drängt die Menge. Was ist geschehen? Der arme Mann ist an Schultern, Armen und Brust von schweren Brandwunden bedeckt! Während sein Kamerad, den er getragen hat, den Turmhahn anlötete, ist von dem siedenden Blei, mit dem die Arbeit geschah, Tropfen um Tropfen unablässig aus den standhaften Träger herab- geflossen. Von furchtbaren Schmerzen gemartert, hat er trotzdem kein Glied geregt; denn jede Bewegung hätte seinen Kameraden zum Wanken und zum Stürzen gebracht; standhaft hat er unter unsäg- lichen Qualen ausgeharrt. Ein Menschenleben war ihm anvertraut, und er hat Treue gehalten. — Der edle Mensch ward in ein Hospital

5. Lese-, Lehr- und Hilfsbuch für Gewerbeschulen - S. 61

1905 - Schwerin i. M. : Bärensprung
Drei Freunde. 61 die ersten Eintragungen Prüft! Wie stolz er das kleine Quittungsbuch in der Tasche verbirgt und heimeilt zu Weib und Kind! Wohl dir, mein Freund! Ich will dirs lohnen und treue Sorge tragen, daß aus wenigen Groschen ihrer viele werden." Schweigend hatte der Genius der Unternehmungslust zur Seite gestanden und gesehen, wie die beiden älteren Brüder frohe Zwiesprache hielten. Nun aber drängte er sich ungeduldig ins Wort und ries: „Ist denn meine Arbeit in euren Augen so ganz wertlos, daß ihrer mit keiner Silbe gedacht wird? Führt der Fleiß ohne die Sparsamkeit zum Leichtsinn, so die Sparsamkeit ohne mein Zutun zum Geiz. Wer Schätze sammelt, muß auch Schätze nützen können." „Nur daß das stürmische Wagen des Unternehmungsgeistes ge- zügelt werde durch das bedächtige Wägen des Sparsinns," warf dieser mahnend ein. „Ich sammle mit des Fleißes Hülse die zahllosen Grüben und Bächlein, die ohne meine Vermittlung im Sande verliefen, zu einem großen Strome, der Mühlen treiben und Lasten tragen kann, zu einem Strome, dessen Kräfte sich schließlich im weiten Meere mit denen andrer Ströme zu noch höheren Leistungen vereinigen, ja nun eigentlich erst befähigt sind, das Höchste zu erreichen und den größten Unternehmungen Mittel und Weg zu sein. Aber dazu bedarf ich fremder Hülfe und_____" „____die will ich dir bieten," fiel lebhaft die Unternehmungslust ein. „Was der Fleiß erworben, was der Sparsinn sorgfältig zusammen- getragen und gehütet hat, das will ich in großen Betrieben anlegen; und daraus einen Segen herleiten, der sich in weiten und immer weiteren Kreisen über die Völker ergieße und das Leben verschöne, wie auf dem höchsten Berg so in dem tiefsten Tal." Da leuchtete auch das Auge des Fleißes. Er wandte sich zu dem mutigen Bruder und sprach: „Du hast ein gutes Vertrauen zu dem Ge- lingen deiner weittragenden Gedanken. Wie viele und große Unter- nehmungen du immer zu schassen gedenkst, sie werden Heimstätten sein des Fleißes und des Sparsinns." Da wich auch der letzte Schatten ans dem Herzen des Unter- nehmungsgeistes. Träumend vor Glück reichte er den andern Brüdern seine beiden Hände: „So wollen wir denn nicht voneinander lassen und gemeinsam dem Wohle der Menschen dienen. Einer helfe dem andern, einer trage des andern Fehler; dann wird der Fleiß nicht leichtsinnig, der Sparsinn nicht geizig und die Unternehmungslust nicht übermütig werden." Als sie das gelobten, ging ein junger Mensch im eiligen Boten- schritt an ihnen vorüber. Einen Augenblick schaute er sinnend zu der goldenen Schrift über dem breiten Eingangsportal hinaus. „Arbeite, so lange es Tag ist," flüsterte ihm der Genius des Fleißes ins Ohr und erhob segnend seine Hände. „Spare, weil du noch jung bist," fügte der jüngere Bruder bedeut- sam hinzu. „Vertraue und zage nicht," ermunterte fröhlich die Unternehmungs- lust. —

6. Lese-, Lehr- und Hilfsbuch für Gewerbeschulen - S. 71

1905 - Schwerin i. M. : Bärensprung
71 Wie sorgt der Geschäftsmann für die Zukunft? herziger Himmel!" rief er aus, „und das bei solcher Dürre!" Alleft Bemühungen der herbeigeeilten Feuerwehr und der aufopfernden Hülfe der Nachbarn zum Trotz griff das Feuer so rasch um sich, daß nur wenig gerettet werden konnte, und die beiden hart betroffenen Meister konnten nur von Glück sagen, daß sie und ihre Angehörigen unversehrt davon- gekommen waren und Freund Zander ihnen für die nächste Zeit in seinem Hause Obdach gewährte. Meister Burkhard war der Verzweiflung nahe. War er doch, wie man zu sagen Pflegt, rein abgebrannt, lind, was das Schlimmste war, sein Handwerkszeug, sein Ledervorrat, sein Bestand an Schuhleisten, alles war dahin. Wollte er nicht mit den Seinen verhungern, so mußte er sich wohl oder übel als Arbeiter in der Schuhfabrik einschreiben lassen, die vor einiger Zeit in einem benachbarten Orte angelegt worden war. Dem Bäckermeister war freilich, da er im Erdgeschoß gewohnt hatte, ein Teil seines Hausrates verblieben; allein davon war nur weniges noch in brauchbarem Zustande. Sein Haus lag völlig in Trümmern, und an die Fortführung seines Gewerbes konnte er vorerst nicht denken. Trotz- dem durfte er mit geringerer Sorge in die Zukunft schauen; denn er hatte sein Haus und seine bewegliche Habe bei einer Feuerversicherungs- gesellschaft versichert, und schon wenige Tage nach dem Brandunglück erschienen zwei Beamte dieser Gesellschaft, um den Schaden festzustellen, den Meister Schulten erlitten hatte. Sie sahen bald ein, daß das Haus neu aufgeführt werden mußte; deshalb schätzten sie den Wert des in den Trümmern vorhandenen Baumaterials ab und rechneten diesen Be- trag auf die Entschädigungssumme an, die bald nachher dem Bäcker- meister ausgezahlt wurde. Alsbald ging dieser an den Wiederaufbau seines Hauses. Sein Baumeister redete ihm jedoch zu, einen größeren Bau aufzuführen, als der frühere gewesen war; denn bei dem Aufblühen der Stadt seien gute Wohnungen gesucht, und so werde ihm aus den Mieten eine hübsche Einnahme erwachsen. Dem Bauherrn leuchtete dies wohl ein; indessen rechnete er dem Baumeister vor, daß die Brandentschädigung die Bau- kosten nicht decken würde, selbst wenn er seine Sparkasseneinlage hinzu- nähme; zudem sei er für seinen und seiner Familie Unterhalt aus seine Ersparnisse so lange angewiesen, bis er fein Gewerbe wieder betreiben könne. Hiergegen konnte der Baumeister nichts einwenden, machte jedoch den Vorschlag, die fehlende Summe bei der städtischen Sparkasse als Hypothek aufzunehmen. Schulten sah den Baumeister ungläubig an: „Bei der Sparkasse leihen?" sagte er, „eher leihe ich doch der Sparkasse, wenn ich ihr meine Ersparnisse bringe." „Bedenken Sie doch, Meister," erwiderte der Baumeister, „woher soll denn die Sparkasse die Zinsen nehmen, die sie den Inhabern der Sparkassenbücher gewährt? Sie muß eben die ihr anvertrauten Gelder verleihen, aber gegen hohe Sicher- heit und gegen einen höheren Zinsfuß als den von ihr gewährten. Ihre Beamten wollen doch auch leben; ihre großen Geldschränke wollen be- zahlt sein, und einen für unvorhergesehene Fülle ausreichenden Reserve- fonds muß sie auch sammeln. Sie wird also für die Hypothek auf den Neubau 4 bis 4y2 Prozent Zinsen verlangen; dafür sind Sie aber auch ziemlich sicher, daß Ihnen das Gels nicht gekündigt wird, wofern Sie die Zinsen pünktlich bezahlen." Der Meister befolgte den Luten Rat;

7. Lese-, Lehr- und Hilfsbuch für Gewerbeschulen - S. 31

1905 - Schwerin i. M. : Bärensprung
Heimweh. 31 Bei aller mannigfachen, rastlosen Tätigkeit fand der Großherzog doch noch manche Stunde, die er im Kreise der Seinen zubrachte. Hier blühten ihm die schönsten Freuden, hier traf ihn aber auch das tiefste Leid. Zweimal wurde dem Großherzog eine treue, zärtlich geliebte Gattin durch den Tod entrissen. Es wurde ihm schwer, sich unter Gottes Willen zu fügen, und in ein- samen Spaziergängen versenkte er sich gerne in die Erinnerung an sein entschwundenes Glück. Für ein trauliches Familienleben überaus empfänglich, entschloß sich der schwer geprüfte Fürst zu einer dritten Ehe mit der Prinzessin Marie von Schwarzburg, der er am 4. Juli 1868 seine Hand reichte. Mit ihr verlebte er seine letzten 15 Jahre in ungetrübtem Eheglück, bis er am 15. April 1883 einer Lungen- entzündung erlag, die er sich auf nächtlichen Besichtigungsreisen zu- gezogen hatte. So war er noch in voller Lebenskraft ein Opfer feiner Pflichttreue geworden. Mit ihm schied ein Fürst, der mit so viel menschlichen wie fürst- lichen Tugenden geschmückt war wie wenige, ein Mann von seltener Herzensreinheit und Herzensgüte, der auf dem festen Grunde christ- licher Glaubensgewißheit eine wahrhaft unermüdliche Pflichttreue ent- wickelte, der mit hohen Gaben des Geistes die innigste Wärme des Gemüts, mit echt christlicher Demut das hochsinnigste Streben ver- band, seiner Gattin der zärtlichste, treuste Gatte, seinen Kindern der liebevollste Vater, seinen Untertanen der fürsorglichste Landesvater, dem deutschen Reiche eine seiner festesten Stützen, dem Kaiserhause der beste Freund und treuste Bundesgenosse. Wagner (gekürzt). (Bilder aus der mccklenb. Geschichte von Pros. Rudloff.) ]$. Heimweh. Du magst in weite Länder dringen und wohnen an dem fernsten Strand, — in tiefster Seele hörst du klingen das süße Tönen: Vaterland I Und wenn auch Zahre schon entschwunden, gelöst nlanch andres starkes Band, — dich hält doch immer noch gebunden das Sehnen nach dem Baterland! Und strahlet auch des Glückes Sonne auf deinen sstfad dir unverwandt, — es tönet selbst durch Edens lvonne das Sehnen nach dem Baterland. So halt uns Heimweh fest umschlungen mit seinem stillen Zauberband, bis endlich wir hindurch gedrungen zu unserm wahren Baterlaud. Thr. Dieffenbach.

8. Lese-, Lehr- und Hilfsbuch für Gewerbeschulen - S. 32

1905 - Schwerin i. M. : Bärensprung
c Wer soff Meister sein? — Wer was ersann. 19. Verlrauen. 1. Ein Vogel baut, sein kleines Haus auf höchstem Zweig der Linde. Gefährlich steht 's mitunter ans, so schwankt das Nest im Winde. 2. Der Vogel hat ein gut Vertrau'n, läht sroh sein Lied erschallen; der ihm dort riet sein Nest zu bau'n, läßt emch das Nest nicht fallen. j0i;. Tro^n. Älblöfläldlöldäälklslölölkälslllölllslslvls 20. Ratschläge für junge Handwerker. 1. Lerne, leiste, könne was, dann hast du was. 2. Halte haus mit deiner Zeit und vergeude sie nicht an zweck- lose Dinge. 3. Schmiede das Eisen, so lange es warm ist, d. h. halte die Augen offen und ergreife jede Gelegenheit, die sich deinem Vorwärtskommen bietet. 4. Tue nichts halb, jede Halbheit ist vom Übel. 5. Arbeite genau und halte auf gutes Werkzeug. Wie der Herr, so das Geschirr. 6. Hast du dein redlich Tagewerk getan, dann raste, aber roste nicht.

9. Lese-, Lehr- und Hilfsbuch für Gewerbeschulen - S. 34

1905 - Schwerin i. M. : Bärensprung
84 Eine wohlverdiente Lelire. 21. Eine wohlverdiente Lehre. Wie man übertrieben gefälligen Geschäftsleuten gegenüber zu verfahren hat, hat einmal der verewigte deutsche Kaiser Friedrich Iii. als Kronprinz aufs nachahmunge werteste gezeigt. 1867 hielt er sich mit seiner Gemahlin in dem Schlosse Erd- mannsdorf auf. Das kronprinzliche Paar besuchte häufig das nahe Warmbrunn und machte dort Einkäufe. So kam es einst auch in den Laden eines Spielwarenhändlers, um für Prinz Wilhelm, den jetzigen Kaiser, Kleinigkeiten auszuwählen. Der Kronprinz hatte sich Schaukelpferd, Säbel, Helm und Patronen- tasche ausgesucht; der hohe Herr verlangte nun die Rechnung. „Aber das hat ja Zeit, Königliche Hoheit,“ sagte, sich tief ver- neigend, der Kaufmann. „Nichts da, mein Bester, ich borge nicht,“ versetzte der Kronprinz, „was kosten die Sachen?“ Der Händler, der dem fürstlichen Besuche gegenüber fürstliche Preise machte, rechnete nun für die Gegenstände eine unverhältnismäßig hohe Summe aus. Da klopfte ihm der Kronprinz ans die Schulter und sagte: „Das ist für meine Verhältnisse zu viel; da wird mein Junge vorläufig noch auf die Spielsachen verzichten müssen.“ Sprach’s, bot der Kronprinzessin den Arm, ließ den Kaufmann verblüfft stehen und besorgte im Nebenladen seine Einkäufe. jjr. Schramm-M&cdonald. <8t 22. Meister Kämmerlein. Vor Jahren starb in einem preußischen Dorfe der Gemeinde- schmied Jakob Horn. Im gewöhnlichen Leben hieß er nicht anders als Meister Hämmerlein. „Meister Hämmerlein? Ei, warum denn Meister Hämmerlein?" Weil er die sonderbare Gewohnheit hatte, wo er ging und stand, sein Hämmerlein und ein paar Nägel in der Tasche zu führen und an allen Toren, Türen und Zäunen zu hämmern, wo er etwas los und ledig fand; vielleicht auch, weil er durch sein Hämmerlein Ge- meindeschmied des Dorfes geworden war. „Wie wäre denn das zugegangen?" Ganz natürlich, wie ihr sogleich hören sollt. Sein Vorgänger war gestorben. Vier wackere Burschen hatten sich um den Dienst gemeldet und dem und jenem allerlei versprochen. Meister Hämmer- lein hatte sich nicht gemeldet und nichts versprochen; er hämmerte bloß ein wenig an einer Gartentür und erhielt dafür den Dienst. „Und bloß für ein bißchen Hämmern?" Bloß für ein bißchen Hämmern! An einer Gartentür, nahe am Dorfe, hing schon wochenlang ein Brett herab. Meister Hämmerlein kam mit seinem Felleisen des Weges daher. Flugs langte er einen

10. Lese-, Lehr- und Hilfsbuch für Gewerbeschulen - S. 117

1905 - Schwerin i. M. : Bärensprung
Die Arbeitergesetze. 117 arbeitet und entspricht in allen seinen Teilen genau der Zeichnung. Die Forderung ist durchaus angemessen und weicht nicht von den ortsüblichen Tagespreisen ab." Diese Erklärung empfand Horn um so lieber wie eine Genug- tuung, als der Widerspruch des Neumeier seine Handwerkerehre an ihrer"verwundbarsten Stelle angetastet hatte. Dieser wollte zwar noch weitere Einwendungen erheben, allein der Richter, der die ehrliche Gesinnung des einen und die unlautere Handlungsweise des andern längst erkannt hatte, entschied gegen den Schuldner und erklärte das Urteil für vorläufig vollstreckbar. Freudestrahlend ging Horn nach Hause und dankte cs seinem Weibe, das ihm den Weg gewiesen hatte zu guten Freunden. Alles weitere überließ er dem Gerichtsvollzieher, und dieser brachte ihm bald aus Heller und Pfennig das Geld ins Hans. Aug. Tamms 50. Die Aröeiiergesehe. a) Ans der kaiserlichen Botschaft vom 17. November 1881. Der große Kaiser Wilhelm I. hatte die Last der wirtschaftlich Bedrängten mit sicherem Blick erkannt. Den Borbildern seiner Väter getreu, die für den Schutz der Armen und Schwachen einzutreten stets für ihre vornehmste' Aufgabe gehalten haben, eröffnete er eine neue Gesetzgebung und krönte seine menschenfreundlichen Bestrebungen mit einem Friedenswerk, das man mit dem Namen „Soziale Reform" zusammenzufassen pflegt. Am 17. November 1881 ließ der Kaiser dem Reichstage durch den Reichskanzler eine Botschaft zugehen, in der es heißt: „Wir würden mit um so größerer Befriedigung auf alle Erfolge, mit denen Gott Unsere Regierung sichtlich gesegnet hat, zurückblicken, wenn es Uns gelänge, dereinst das Bewußtsein mitzunehmen, dem Vaterlandc neue und dauernde Bürgschaften feines innern Friedens und den Hülfsbedürftigen größere Sicherheit und Ergiebigkeit des Beistandes, auf den sie Anspruch haben, zu hinterlassen. In Unsern darauf gerichteten Bestrebungen sind Wir der Zustimmung aller ver- bündeten Regierungen gewiß und vertrauen auf die Unterstützung des Reichstags ohne Unterschied der Parteistellung. In diesem Sinne wird zunächst der . . . Entwurf eines Gesetzes über die der Arbeiter gegen Betriebsunfälle mit Rücksicht auf die im Reichs- tage stattgehabten Verhandlungen über denselben einer Umarbeitung unterzogen, um die erneute Beratung desselben vorzubereiten. Er- gänzend wird ihm eine Vorlage zur Seite treten, welche sich eine gleichmäßige Organisation des gewerblichen Krankenkassenwesens zur Aufgabe stellt. Aber auch diejenigen, welche durch Alter oder In- validität erwerbsunfähig werden, haben der Gesamtheit gegenüber einen begründeten Anspruch auf ein höheres Maß staatlicher Fürsorge,
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