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Schon ist er aus des Kirchhofs Pforte,
Als er der Handschuh erst gedenkt,
Er läßt sie nicht, zurück er lenkt,
Hat sie vom Stuhle weggenommen;
- Wohl Mancher wär' nicht wieder kommen.
102. Frühling.
Dom Eise befreit sind Strom und Bäche
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick;
Im Thale grünet Hoffnungsglück;
Der alte Winter in feiner Schwäche,
Zog sich in rauhe Berge zurück.
Bon dorther sendet er, fliehend, nur
Ohnmächtige Schauer körnigen Eises
In Streifen über die grünende Flur.
Aber die Soune duldet kein Weißes,
Ueberall regt sich Bildung und Streben,
Alles will sie mit Farben beleben;
Doch an Blumen fehlt'ö im Revier,
Sie nimmt geputzte Menschen dafür.
Kehre dich um von diesen Höhen, ,
Nach der Stadt zurück zu sehen.
Auö dem hohlen finstern Thor
Drängt ein buntes Gewimmel hervor.
Jeder sonnt sich heute so gern:
Sie feiern dir Auferstehung des Herrn;
Denn sie sind selber auferstanden;
Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,
Ans Handwerks, und Gewcrbes-Banden,
Auö dem Druck von Giebeln und Dächern,
Aus der Straßen quetschender Enge,
Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht
Sind sie alle an'ö Licht gebracht.
Sieh' nur steh', wie behend sich die Menge
Durch die Gärten der Felder zerschlägt,
Wie der Fluß in die Breit' und Länge
So manchen lnst'gen Nachen bewegt!
Und, bis zum Sinken überladen,
Entfernt sich dieser letzte Kahn.
Selbst von des Berges fernen Pfaden
Blinken uns farbige Kleider an.
Ich höre schon des Dorfs Getümmel,
Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
Zufrieden jauchzet Groß und Klein:
Hier bin ich Mensch, hier darf ich's fein.
103. Der Müller.
Der König kam einst durch Ditmarschen und bei eines Mül-
lers H«us vorbei, an dessen Thür stand geschrieben: «Ich lebe
ohne Sorgen." Der König ließ sogleich den Müller vor sich
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der reine, zuckerweiße Sand findet sich da und dort in Nestern,
einen oder wenige Schuh unter dem Rasen.
Ehe man aber anfing, diesen Sand in Glas zu verwandeln,
bestreuten oder fegten schon die Hausfrauen in der Umgegend ihre
Stubenböden, Tische, Bänke, hölzerne Geschirre u. s. w. damit
und kauften ihn von Weibern, die ihn bei Solenhofen gruben und
in kleinen Säckchen zum Verkauf in die umliegenden Oerter trugen.
In der ältesten Zeit befaßte sich eine Zeit lang nur ein ein-
ziges Weib mit diesem beschwerlichen Handel, bei welchem sie oft
über fünfzig Pfund auf dem Rücken aus- und nur ein paar Heller
in der Tasche dafür heimtrug. Es war eine Wittwe in mittlerem
Alter und hatte einen Knaben von zwölf Jahren, der im Sommer
die Ziegen des Orts hütete und im Winter mit seiner Mutter
in den unterirdischen Felsklüften Sandnester aufsuchte und aus-
beutete, wenn man vor Schnee, und Eis in den Boden kommen
konnte. Einmal, in einem besonders harten Winter, wollte es
den guten Leuten gar nicht gelingen. Lange war der Boden bald
so fest gefroren und bald so hoch mit Schnee bedeckt, daß sie gar
nicht zu ihrer unterirdischen Nahrungsquelle gelangen konnten.
Der kleine Vorrath von Sand, den sie im Herbste gegraben hat-
ten, ging zu Ende, und mit ihm das Brot, das sie sich für die
erlösten Pfennige ans den benachbarten Oertern mitzunehmen
pflegten. An den Sommerseiten der Berge, wo die Febrnarsonne
die dünneren Schnecschichten hinweggeleckt hatte, fingen sie nun
an zu schürfen, aber überall vergebens und ohne Erfolg. Ihre
Werkzeuge zerbrachen und sie hatten noch kein weißes Sandkorn
gefunden. Da ging daö Futter für die Ziegen ans die Neige
und in der Hütte waren nun vier Geschöpfe, denen der Hunger
ans den Augen sah. Das einzige, was sie noch untereinander
theilen konnten, war eine Kufe mit eingestampften Rüben und
weißem Kohl, und auch diese stritten schon mit der Verwesung,
weil sie nur wenig gesalzen waren. Die Geißen erhielten ihren
Antheil roh, wie er aus der Kufe kam; die Portionen für sich
und ihren Knaben kochte die Wittwe und salzte sic oft mit ihren
bittern Kummerthränen. Denn es war damals unter ihrem Dache,
wie in der Hütte der Wittwe von Zarpath, als sic dem Propheten
antwortete: So wahr der Herr, dein Gott, lebet, ich habe nichts
Gebackenes, ohne eine Hand voll Mehl im Topf und ein wenig
Oel im Kruge. Und siehe, ich habe Holz aufgelesen, und gehe
hinein und will mir und meinem Sohne zurichten, daß wir essen
und sterben.
0
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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209
sie ungenießbar. Aber dazu hat der Vogel seine Flügel, das
Landthier seine Füße empfangen, daß es das aufsuchen kann, was
ihm fehlt; und in wenig Minuten ist die Schwalbe, die in den
Felsenritzen Arabiens nistet, wenn sic der Durst treibt, bei der
Lache angelangt, in der sich von der Regenzeit her noch einiges
Wasser verhalten hat; die Heerden der schnellfüßigen afrikanischen
Gazellen ziehen von einem Landstrich zum andern dem Regenge-
wölk nach, wenn dieses jetzt hier, dann dort seine Segensfülle er-
gießt, und jeden Morgen wie jeden Abend finden sie am Tränk-
platze sich ein.
Viel anders als bei den Thieren verhält es sich bei den
Gewächsen. Diese können nicht von ihrem Orte hinweg, um nach
dem Wasser zu suchen; sie müssen warten, bis es ihnen selber
entgegen kommt. Und dennoch bedürfen sie des Wassers noch viel
mehr, als die Thiere. Denn diese finden zum Theil schon in
ihrem Futter Säfte, die ihren Durst stillen: der Raubvogel im
frischen Fleisch und Blut der erbeuteten Thiere, der Stier und
die Gemse in den Stengeln und Blättern der Kräuter. Bei der
Pflanze dagegen ist das Wasser nicht bloß eine Zugabe zur Speise,
sondern es ist für sie daö Hanptnahrungsmittel selber.
Nicht nur das flüssige Wasser des Bodens dringt in ihre
feinen Wurzelfasern ein, sondern vielen Gewächsen genügt das
dampfförmige Wasser, das neben der andern luftförmigen Nah-
rung in der Atmosphäre schwebt. Das Wasser kommt aus der
Luft herab den Pflanzen entgegen; wo viel Wald und reiches
Grün ist, da giebt es Quellen und Bäche, und das Regengewölk
zieht sich am meisten nach der Pflanzenreichen Gegssnd. hin; wo
aber der Mensch im unbedachtsamen Eifer die Hügel und Thäler
ihrer Wälder und Gebüsche beraubt hat, da versiegen Quellen und
Bäche und daö Land wird zur Einöde.
So kann sich selbst an der Pflanze, welche, ohne Auge und
Ohr, für die Mutter, die sich ihr nahet, Nichts zu thun vermag,
als nur kräftig die Nahrung saugen, die sich ihr darbeut — so
kann sich selbst hier die Liebe dieser Mutter nicht verleugnen: jene
Fürsorge, die all ihrer Geschöpfe gedenkt. Wie der Adler seinen
Jungen, so lange sie noch unbefiedert und schwach im Neste lie-
gen, die Nahrung herbei trägt, die sie nicht in eigner Kraft er-
fassen können, so sendet Er, der Allen ihr Wesen gab, seinen hilf-
losesten Geschöpfen das, was ihnen noth thut, zu seiner Zeit.
14
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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sind noch in einem Infelbogen auf der einen Seite von Neuholland
wahrzunehmen.
Ein anderes sind aber die Erdfesten, ein anderes die Erd-
theile. Erd festen gibt es nur drei, sie sind von der Natur
gebildet und aus dem Meer emporgehoben. Erd theile gibt es
fünf, sie wurden von den Menschen so getrennt und benannt.
Man kann sie als die fünf Glieder eines großen Körpers be-
trachten, den wir das Festland auf der Erde nennen.
3. Das Innere der Erde.
Wir wohnen nicht im Innern der Erde, sondern auf ihrer
äußern Rinde, auf ihrer Oberfläche herum. Diese Rinde kennen
wir in die Tiefe hinab sehr wenig; man ist nicht tiefer in die
Erde eingedrungen, als man beim Schälen in einen Apfel dringt.
Die tiefste Stelle, die man im Meere gefunden hat, beträgt über
27,000 Fuß, also nicht tiefer als der höchste Berg der Erde hoch
ist; die größte Tiefe auf dem Lande geht 2000 Fuß hinunter.
Demnach kann man sagen, daß wir den größten Theil unseres
Wohnplatzes nicht kennen. Aber die Gelehrten haben doch über
das Innere der Erde allerlei.vermuthungen, für welche sie Gründe
aufzuführen wissen. Das tiefste Innerste scheint eine glühende
Masse zu sein. Weiter herauf nach der Oberfläche zu ist die Erde
kälter, aber von ungeheuren Höhlen und Klüften durchlöchert, so
daß sie einem runden löcherigen Felsklumpen zu vergleichen ist,
oder einem großen Schwamm, welcher in Stein verwandelt worden/
Diese innern Höhlungen sind theils mit Wasser, theils mit Däm-
pfen erfüllt, theils sind sie ganz leer. Manche haben geglaubt, im
Innern sei die Erde hohl und es drehe sich in ihr wieder eine
kleine Erde um ihre Axe. Diese kleine Erde wäre aber eine Kugel
von Magneteisen. Im Jahr 1818 machte eine Gesellschaft von
Reiselustigen in England den Plan, an einem der Erdpole, wo man
eine Oeffnung vermuthete, hinab zu steigen und den innern Erd-
bewohnern einen Besuch zu machen. Im Finstern, meinte man,
brauchten die Leute nicht zu wohnen, denn die Magnetkugel, die
man Apollo nannte, erleuchte den inwendigen hohlen Raum mit
magnetischem Lichte. Die ganze Sache ist aber sehr unwahrscheinlich.
Die im Innern der Erde eingeschlossenen Gluten und Dämpfe
bringen das hervor, was man vulkanische Ausbrüche und
Erdbeben nennt.
Was die Feuerspeienden Berge oder Vulkane auswerfen, ist
Sand (sogenannte Asche), Feuer, Rauch, siedendes Wasser, Schlacken,
Felstrümmer und Lava oder geschmolzene Steinmassen. Letztere
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laufen aus der Oeffnüng des Vulcans zuletzt heraus und au den
Räubern herab, wie ein überkochender Topf mit Brei überläuft.
Manchmal werden auch kleine, fingerlange Fische in großen Massen
ausgeworfen. Wahrscheinlich packte sie ein unterirdischer Wirbel-
wind in einem See im Innern der Erde und riß sie mit empor.
Solch ein Vulkan kaun mit einer riesenhaften Erdblase verglichen
werden, welche durch die gährenden, kochenden Massen emporge-
trieben, an der Luft platzte. Hierdurch entstand eine Oeffnüng
und Vertiefung auf der Spitze des Berges, wie ein Trichter ge-
staltet. Solche Oeffuungen, welche in ungeheure Tiefen, bis zum
feuerflüssigen Erdkern hinab gehen, nennt man Krater. Ein Krater
ist manchmal eine halbe Stunde breit. Wenn mau nun oben auf
dem Rande steht und hinab sieht, so erblickt man in der dunkeln
Tiefe hüpfende Flammen, Erhöhungen und Schlünde, aus denen
der Rauch emporwirbelt. Die Glutströme der überquellenden Lava
fließen zuweilen ins Meer und geben dem Wasser aus weite Strecken
einen hohen Grad von Hitze, so daß die Fische sterben und halb-
gesotten auf der Fläche schwimmen. Die Rauchsäulen erheben sich
manchmal, man sollte es kaum glauben, Meilen hoch gerad in die
Luft; und die Flammensäulen gewähren bei Nacht einen prachtvollen,
aber schauerlichen Anblick. Die Ausbrüche der Vulkane haben
schon großes Unglück angerichtet. Ganze Städte wurden mit
Sandbergen, die aus den Kratern stiegen, überlagert. Daun kamen
große Wasserfluten dazu, ebenfalls aus dem Vulkan, wodurch
Alles im Schlamm erstickte und damit überdeckt wurde. So sind
ganze Städte völlig verschwunden. Ein andermal quoll die Lava
aus dem Berg, schoß nach einer Stadt hin, wuchs an den Mauern
empor und stürzte sich in Glutbächen über die Straßen, daß Alles
verschlungen und verbrannt ward. Ein Vulkan wirft nicht immer
Feuer aus. Entweder ruht er ganz und ist ausgebrannt, oder es
steigt Rauch auf, oder werden Flammen und Schlacken emporge-
schleudert. Einem solchen Feuerausbruch gehen immer unterirdi-
sche Donner und Erderschütterungen voraus. Man zählt etwa
200 noch thätige Vulkane auf der Erde. Sic scheinen in der
Tiefe mit -einander in Verbindung zu stehen.
Die Erdbeben sind Erderschütteruugen des Bodens, so daß
Alles unter den Füßen wankt und sich rasch hin und her bewegt,
wie aufgeregtes Wasser. Bei geringen Erschütterungen hats nicht
viel' zu bedeuten, bei argen Erdstößen stürzen die Häuser ein und
ganze Städte werden in Schutthaufen verwandelt in Zeit von we-
nigen Minuten. Diese unheimlichen Erscheinungen rühren wahr-
scheinlich vyn Dämpfen her, welche in den innern Erdhöhlen ein-
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stockende Nässe, so sehr sie sonst anch die Feuchtigkeit lieben.
Arn besten läßt sich dieselbe durch das Einlegen von Wasserab-
zugsröhren (Drainiren) entfernen, worüber dir dein Lehrer gern eine
genauere Erklärung geben wird. Es ist dabei gar nicht nothwen-
dig, daß das Wasser zum Abfließen kömmt. Im Gegentheil kann
man es an einer niedern Stelle in einer Grube sammeln und in
den heißen Tagen als Gießwasser benutzen.
Recht sehr muß die gärtnernde Hausfrau darauf bedacht sein,
daß sie eine möglichst tiefe Gartenerde bekömmt, 1v2 bis 2 Fuß
tief. Jedes Kind weiß, wie tief die gelben und weißen Rüben
in den Boden eindringen, und man kann leicht einsehen, daß sie
sich in dem festen, unfruchtbaren Untergründe nicht wohl befin-
den. Selbst aber anch die flacher wurzelnden Pflanzen wach-
sen und gedeihen auf tiefem Boden noch einmal so gut. Die
Vertiefung ist leicht zu bewirken. Im Herbste stellen sich zwei
Leute zum Graben an. Der eine gräbt eine Furche, der andere
sticht in diese nochmals fpatentief ein und legt die herausgebrachte
Erde oben auf. Die Gärtner nennen dies Verfahren Rajolcn.
Dabei ist aber zu merken, daß man das ganze Gartenland nicht
auf einmal, sondern immer nur so viel rajolt,.als man dieses
Jahr für die tiefwnrzelnden Gewächse bedarf. Denn die andern
würden in der aufgebrachten, schlechteren Erde das erste Jahr nicht
gedeihen wollen. Dnrch Luft, Regen, Frost, Hitze und Dünger
wird diese Erde auch gar baldan einer guten Gartenerde. Alle
5 bis 0 Jahre sollte dasselbe Stück immer aufs Neue so ver-
tieft werden. Die reichlicheren Ernten vergüten hinlänglich die auf-
gewendete Mühe.
Der Garten wird bald mit einem todten, bald mit einem le-
bendigen Zaune umgeben. Todte Zäune wie Mauern, Planken
halten Hühner, Hasen lind selbst frevelnde Menschen leichter ab;
die lebendigen Zäune haben aber den Vorzug größerer Wohlfeil-
heit, und wenn sie ordentlich im Schnitt gehalten werden, auch
größerer Schönheit. Zu lebendigen Zäunen verwendet man mit
Vortheil die Hainbuche, besonders aber den Weißdorn, auf san-
digem Boden anch die Fichte und Tanne.
Die leergewordenen Beete sollten stets im Herbste gedüngt
und umgegraben werden. Dnrch die Herbstbearbeitung wird das
Land gleichsam aufgeschlossen und Luft und Frost können den Winter
über wohlthätig darauf einwirken. Dazu kömmt noch, daß sich
anch die Düngstoffe weit gleichmäßiger im Boden vertheilen,
als wenn die Bearbeitung erst im Frühjahre geschieht. Verkehrt
wäre es indeß gehandelt, den ganzen Garten jedes Jahr zu düngen.
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Corso. Sie geht eine halbe Stunde lang, fast in gerader Linie
fort und ist zu beiden Seiten mit Palästen eingefaßt. Auf dem
Corso ist eö am lebhaftesten in ganz Rom. Auf dem Corso
werden auch die Pferderennen gehalten; besonders lebhaft ist es
aber hier zur Faftnachtszcit.
17. Petersburg.
Petersburg, eine der schönsten Städte und wichtigsten Han-
delsplätze Europas, liegt am finnischen Meerbusen, auf beiden
Ufern der Newamündnng und ans mehreren Inseln. Die Stadt
bietet mit ihren breiten, geraden Straßen, Reihen von Palästen
und außerordentlich großen Plätzen einen herrlichen Anblick dar.
An dem linken Newa-Ufer liegt der schöne und neue, an dem
rechten der ältere Stadt-Theil. Fünf Inseln bilden den innern
Theil der Stadt, die hier von vielen Kanälen durchschnitten ist,
welche von der anschwellenden Newa überfüllt, zuweilen, wie im
Jahre 1824, große Ueberschwemmnngen veranlassen. Die bläu-
liche Newa hat sehr helles, klares Wasser, welches, da cs an
Brunnen fehlt, wie in Paris daö Seine-Wasser, trinkbar gemacht
wird. Die Straße am linken Flußufer ist fast eine Stunde lang,
hat ein hochliegendes gutes Pflaster und ist gegen den Fluß hin
mit einem steinernen Geländer versehen. Das Straßenpflaster
ist nicht in allen Stadttheilen lobcnswerth. Denn da der Bau
durch Peter den Großen mit außerordentlicher Schnelligkeit be-
trieben wurde, so nahm man sich nicht lang genug Zeit, den
Sumpfboden, auf welchem die Stadt steht, gehörig auszutrocknen.
Die Häuser stehen meist auf Pfählen, wie in Amsterdam. Sie
sind ans Ziegelsteinen erbaut; in den ältern Stadtthcilen aus
Holz. linier den vielen Palästen Petersburgs wollen wir nur den
Winterpalast des Kaisers erwähnen. Derselbe wurde durch
einen großen Brand zerstört; ist aber schöner wieder hergestellt.
Die Treppe am Hanpteingang ist von weißem Marmor. Der
Pctersaal ist mit rothem Sammet tapeziert, ans welchen viele
goldnc Adler gestickt sind. In diesem Saal steht ein Thron.des
Kaisers. Die Tische und Wandlenchter sind von Silber. T)er
Palast hat im Ganzen 100 Zimmer.
Ein großartiges Denkmal, welches dem Gründer der Stadt
errichtet wurde, ist die Reiterstatüe Peters des Großen,
der Jsaakskirche gegenüber. Das Untergestell ist ein ungeheurer
Felsblock von Granit, welcher auf metallnen Kugeln aus einem,
1 V-2 Stunde entfernten Sumpf hierher gerollt wurde.
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TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee]]
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Extrahierte Personennamen: Peter Peters
Extrahierte Ortsnamen: Rom Petersburg Petersburg Europas Paris Amsterdam Petersburgs
80
Flüsse, höhlen Thäler, füllen Seen und erquicken die Felder. Doch
wer durchdringt mit menschlicher Kraft, in Eines Lebens Lauf,
die unergründliche Gruft, wo in ewiger Nacht, oder bei dem Schim-
mer weltalter Flammen, die Grundfeste der Alpen der andern
Halbkugel begegnet, oder alternde Klüfte ihnen und uns Unter-
gang drohen?
Die mitternächtliche Seite der Alpen senkt sich in viele hin-
tereinander liegende Reihen Berge: auf allen diesen haben die
Gewässer getobet, fünfzehnhundert Klaftern hoch über den Städten
und Flecken der schweizerischen Eidgenossen, achtzehnhundert über
der Fläche des Weltmeeres. Es mögen verborgene Ursachen und
Wirkungen Gewölbe, groß wie Welttheile, gebrochen, gesprengt,
die Wasser aber sich mit all ihrer Macht in die alten Finsternisse
hinuntergestürzt haben: das menschliche Geschlecht ist von gestern,
und öffnet kaum heute seine Augen der Betrachtung des Laufs
der Natur. Endlich beleuchtete die Sonne den Fuß dieses Gebir-
ges: unzählige Hügel von Schlamm und Sand waren voll See-
gewächse, Muscheln, Fische und faulender Baumstämme; im Süd
und Nord stand grundloser Sumpf. Nach diesem erfüllteu hohe
Bäume von ungeheurem Umfang die namenlose Wüste mit schwär
zem Wald; über den Wassern der dammlosen Ströme und hun-
dert morastigen Seen standen kalte, giftige Nebel, und (in unbe-
bautem Land gewöhnlich) in die Pflanzen stiegen ungesunde Säfte;
Gewürme sog aus ihnen sein Gift und wuchs in unglanblicher
Dicke und Größe; die Elemente kämpften um unbeständige Küsten.
Außer dem Schrei des Lämmergeiers in Fclseuklüften, anßcr dem
Gebrülle der Auerochsen und dem Gebrumme großer Bären war
viele hundert Jahre in dem leblosen Lande gegen Lnitternacht trau-
rige Stille.
70. Sprichwörter.
Kein Baum fallt auf den ersten Schlag.
Nachgeben stillt allen Krieg.
W'eß das Herz voll ist, deß gehet der Mund über.
Willst du stark sein, so überwinde dich selbst.
Es ist nichts so fein gesponnen, endlich tommt's aus Licht der
Sonnen.
Sanunt und Seide löschen das Feuer in der Küche ans.
Wer im Singen zu hoch anfängt, kommt nicht ans.
Wer in Nesseln greift/ bekommt Blasen an die Hand. •
Ans den Scherben erkennt man chiù Topf.
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26
Stiegen sangen die Katzen, in den Gängen dröhnte der Zugwind,
die Hunde heulten im Hofe, und die Thüren wurden fort mtb fort
zugeschlagen, daß cs lautete, wie ein Heckenfeuer vor der Schlacht.
Auf der hohen Rüster neben dem Schloß, hatten zwei Elstern ihr
Haushalten. Der Freiherr und seine Gesellen zechten bis Mitter-
nacht, die Leibjäger, wenn sie ihre Herren zu Bette geführt hat-
ten, noch ein paar Stunden länger. Waren sie dann endlich, wann
der Tag graute, zur Ruhe gegangen, so schliefen sie, bis das
Waldhorn sie wieder weckte. Ein Sonntag aber stunv in dem
Kalender des Freiherrn nicht; das Waidhaus hatte auch keine
Capelle, wie andere christliche Schlösser, keinen Altar und kein
Meßbuch, und der Caplan, den der Herr von Haldenstein jedes-
mal in seinem großen Gefolge hatte, hielt da seine Ferien und
nahm Theil an dem wilden Lergnügcn.
In der Hütte ani See war es anders. Wann im Winter
das Feuer auf dem Herde und im Sommer das Feuer an dem
Abendhimmel erloschen war, hörte man unter dem Strohdache
nichts mehr, als ein Abeudlied, ein Gebet und dann das leichte,
ruhige Athmen des Fischers und seines Sohnes im Schlafe. Zum
Morgenlied meckerten die Geißen hinten im Stall um ihr Futter,
und den ganzen Tag über wurden der Alte und sein Knabe nicht
lauter, als die Wellen im Sec, welche au die Seiten des Rachens
schlugen, weil sie nichts besseres zu thun hatten.
Auf das Schloß ging der Fischer nicht gerne. Denn er war
einer von den böhmischen Brüdern, ein frommer gottesfürchtiger
Mann, und die Flüche und Rarreutheidiuge, welche er im Waid-
hause hören mußte, waren ihm von ganzer Seele zuwider. Es
dänchte ihm zuweilen, als höre er durch den abscheulichen Lärm
hindurch die Töne der Hölle, die sich ihrer Opfer freute und sie
jubelnd dahin führte. Seinen Knaben, der ihln immer die Fische
im Läget den Schloßberg hinauftragen half, nahm er nie in daö
Waidhans mit, sondern ließ ihn draußen am Hofthore warten,
bis er die Karpfen und Forellen dein Koche vorgewogen und da-
für daö Seine empfangen hatte, „Mein Kopf und mein Herz,"
dachte der fromme Mann, „tanzen nicht mehr nach dieser Musik,
aber der Fuß meines Toni stehet noch nicht so fest."
Aber einmal — cs war am heiligen Christabend — rief die
gnädige Frau den Jungen, der, mit den Händen unter dem Ho-
senträger, am Hofthore lehnte lind pfiff, ju sich in ihr Zimmer,
legte ein schweres böhmisches Goldstück in seine Hand, und sprach
zu ihm: „Toni, geh' eilends hinunter nach Zwiesel zum Italiener
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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83
als sie die Erde betrat, sah sie die Lüge und Alle, die zu ihr ge-
halten, verloren und unglückselig, so viel sie auch von ihr gelernt
und ihre Weisheit geübt hatten.
72. Leben und Tod.
Es ging ein Mann von Syrerland,
Führt ein Kameel am Halfterband.
Das Thier mit grimmigen Geberden
Urplötzlich anfing scheu zu werden,
Und that so ganz entsetzlich schnanfen,
Der Führer vor ihm mußt' entlaufen.
Er lief und einen Brunnen sah
Er ungefähr am Wege da.
Das Thier hört er im Rücken schnauben,
Das mußt' ihm die Besinnung rauben.
Er in den Schacht des Brunnens kroch,
Er stürzte nicht, er schwebte noch.
Gewachsen war ein Brombeerstrauch
Aus des geborst'ncn Brunnens Bauch!
Daran der Mann sich fest that klammern
Und seinen Zustand drauf bejammern.
Er blickte in die Höh' und sah
Dort das Kameelhaupt furchtbar nah,
Das ihn wollt' oben fassen wieder.
Dann blickt er in den Brunnen nieder;
Da sah am Grund er einen Drachen
Anfgähnen mit entsperrtem Nachen,
Der drunten ihn verschlingen wollte,
Wenn er hinunterfallen sollte.
So schwebend in der Beiden Mitte,
Da sah der Arme noch das Dritte.
Wo in die Mauerspalte ging
Des Sträuchleins Wurzel, d'ran er hing,
Da sah er still ein Mäusepaar,
Schwarz eine, weiß die andre war.
Er sah die schwarze mit der weißen
Abwechselnd an der Wurzel beißen.
Sie nagten, zausten, gruben, wühlten,
Die Erd' ab von der Wurzel spülten;
Und wie sie rieselnd niederrann
Der Drach' im Grund ausblickte dann,
Zu sehn, wie bald mit seiner Bürde'
Der Strauch entwurzelt fallen würde.
Der Mann in Angst und Furcht und Noth,
Umstellt, umlagert und umdroht,
In Stand des jammerhasten Schwedens,
Sah sich nach Rettung um vergebens.
Und da er also um sich blickte,
Sah er ein Zweiglein, welches nickte
Vom Brombeerstrauch mit reifen Beeren:
Da konnt' er doch der Lust nicht wehren.
6 *
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