260
hatte, stand nun nahe bevor. Mit Verlangen sah man
dem ersten Erscheinen russischer Krieger auf deutschem
Boden entgegen; mit der lebhaftesten Freude wurden sie
empfangen; man fühlte, ja man wusste, dass sie nicht
als Feinde, sondern als Freunde kamen. Doch nicht un-
thätig wollte man die Früchte fremden Sieges gemessen.
Immer noch stark, sehr stark war der allgemeine Feind.
Napoleon war bereits, als seine Heere noch in Russland
standen, nach Paris geeilt, hatte die in Frankreich befind-
lichen Truppen an sich gezogen und neue Aushebungen
junger Mannschaften sowohl dort, als in Italien und
Deutschland angeordnet, und erschien im Frühjahr schon
wieder in der Mitte von Deutschland mit einer trefflich
ausgerüsteten Armee von 300,000 Mann. Und noch wa-
ren nur erst einzelne Heeresabtheilungen der Russen aus
dem entfernten Norden herangezogen. Nur Preussen,
welchem der Ruhm gebührt, dass es sich zuerst erhob, hatte
zu offenem Kampfe seine Streitkräfte mit ihnen vereinigt;
die übrigen deutschen Fürsten mussten, so ungern sie es
auch thaten, noch ein Mal im Gefolge des Gewaltigen ihre
Freunde bekriegen. Aber der Geist des deutschen Volkes
war erwacht. Ohne Aufforderung von Seiten der Fürsten,
ihres Beifalls und ihrer Zustimmung jedoch gewiss, sam-
melten sich aus allen Gauen Freiwillige zu den verbünde-
ten Heeren; eigene Schaaren, die sich dem Tode fürs
Vaterland geweiht hatten , wurden gebildet. Jünglinge
aus allen Ständen verliessen ihren Beruf, und rüsteten
sich auf eigene Kosten; wer nicht mit seinen Kräften dem
Vaterlande dienen konnte , rüstete arme Jünglinge aus,
und half mit seinem Gelde. Vereine von deutschen Frauen
traten zusammen. theils um die begeisterte Stimmung ira
Volke noch mehr anzuregen, theils aber auch durch Geld-
unterstützung und Sorge für die Verwundeten werkthätig
zu helfen; ja man erzählt von einigen Jungfrauen, welche,
weil sie sonst nichts hatten, das sie auf dem Altare fürs
Vaterland niederlegen konnten, sich ihres Hauptschmucks,
ihrer Haare, beraubten, und das daraus gelöste Geld ihrer
Vaterlandsbegeisterung zum Opfer brachten. Begeisternde
Vaterlandsgesänge entflammten den wachsenden Muth und
Volksschriften riefen zur allgemeinen Bewaffnung auf. So
erhob sich das deutsche Volk, während seine Fürsten noch
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Extrahierte Personennamen: Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Russland Paris Frankreich Italien Deutschland Deutschland
258
angelegt hatte. Letzt sahe er erst, wie Welt sein Volk noch zurück war;
setzt wußte er aber auch, waö er thun, und wie ers angreifen Müsse,
um den Grund zu seiner Bildung zu legen. Und wenn es ihm auch
nicht gelang, Alles so herzustellen, wie es vor seiner Seele stand, vor-
züglich, da er die längste Zeit seiner segensreichen Regierung mit aus-
wärtigen Mächten Krieg zu führen hatte, so hat er doch den Ruhm
für sich, eben dadurch, daß er sich nicht schämte, noch als Mann und
Kaiser Lehrling zu sein, seinem Volke für alle Folgezeit unendlich
viel genützt zu haben.
2ü. Erhebung -es deutschen Volkes.
Napoleon, Kaiser der Franzosen, halte seine Gewalt-
herrschaft über einen grossen Theil von Europa ausgebrei-
tet. Insbesondere seufzte auch Deutschland unter seinem
Scepter. Mehrere deutsche Fürsten halte er ihrer Länder
beraubt, andere genöthigt, mit ihm in einen für sie ver-
derblichen Hund zu treten; über alle übte er eine schmach-
volle Herrschaft aus. In allen deutschen Ländern zogen
seine Beauftragten und Bevollmächtigten umher, welche
bald Geld, bald Mannschaften, bald andere Zeichen der
Unterwürfigkeit forderten. Seine Kriegsheere lagerten
auf deutschem Boden, und erlaubten sich selbst mitten im
Frieden ungestraft jede Gewaltthätigkeit. Die deutsche .lu-
gend wurde für den französischen Kriegsdienst ausgeho-
den, und zur Fühlung französischer Kriege in ferne Län-
der geschleppt. und dennoch nur mit deutschem Gelde
besoldet. Der deutsche Landmann musste sein Korn und
sein Vieh, der deutsche Handwerker seine Arbeit in fran-
zösische Magazinen liefern, und als Gegenzahlung erhiel-
ten sie nichts, als Verachtung und Misshandlung, und
lernten nichts, als französische Leichtfertigkeit und fran-
zösische Laster. Ja. man ging sogar damit um, den Deut-
schen ihre Gesetze und ihre Sprache zu nehmen. Hier
und da war schon das französische Gesetzbuch eingeführt,
und wurden Rechtssachen in französischer Sprache ver-
handelt. Niemand durste es wagen, ein freies Wort zu
sprechen ; die deutschen Buchdruckereien waren unter
französische Aufsicht gestellt, und ohne Erlaubnis der
französischen Gewalthaber durfte nicht einmal eine Kinder-
schrift erscheinen. — Solche Schmach konnte das kräftige
deutsche Volk, dem es nur an einem tüchtigen Führer
fehlte , nicht lange ertragen. Lange schon kochte der
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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259
mühsam verhaltene Muth in «ler deutschen Brust, und war-
tete nur auf eine Gelegenheit, um in hellen Flammen em-
por zu schlagen.
Den höchsten Gipfel seiner Grösse und seines Ruhms
hatte Napoleon im Jahre 1812 erstiegen. Nur Einer auf
dem festen Lande von Europa, der Kaiser von Russland,
konnte es noch wagen, seinen Befehlen zu trotzen. Fm
auch diesen zur Unterwürfigkeit zu zwingen, ging er im
Frühjahr 1812 mit mehr als einer halben Million Streiter
aus fast allen Nationen Europas mit der Gewissheit eines
schnellen und leichten Sieges nach Russland. Unwider-
stehlich drang er vor, Siege folgten auf Siege, und nach
Verlauf weniger Monden stand er im Herzen Russlands,
und hatte Moskau erobert. Schon seufzte Europa und
Deutschland, und hielt Napoleons Zwingherrschaft für
unerschütterlich befestigt. Da erscholl die Kunde, dass
russische Vaterlandsliebe bald nach dem Einrücken der
Franzosen die ungeheure Hauptstadt angezündet hätte, und
diese dadurch der Winterquartiere, worauf sie sicher ge-
rechnet, beraubt worden wären. Bald nach diesem Er-
eignisse stellte sich schon zu Anfange des Novembers
furchtbare, anhaltende Kälte ein; die unübersehlichen Ge-
filde Russlands wurden mit tiefem Schnee bedeckt; die
russischen Heere, welche nur auf den Winter gewartet
zu haben schienen, um Verderben über die sogenannte
..grosse Armee“ zu bringen, rückten heran; die Franzo-
sen konnten sich nirgends mehr behaupten; in grösster
Eile begaben sie sich auf den Rückzug. Aber der Weg
war weit; wo sie hinkamen, fanden sie Brandstätten oder
verödete und verlassene Dörfer und Städte; die Zufuhr
von Lebensrnitteln war schon lange ausgeblieben; Mangel,
Frost und anhaltende Strapatzen rieben sie zu Tausenden
auf; die Kanonen wurden stehen gelassen; die Waffen
weggeworfen, die Pferde geschlachtet; wehrlos und ab-
gezehrt fielen sie den Feinden in die Hände. Von einer
halben Million erreichten kaum 40,000 die polnische Grenze,
und auch von diesen starben noch mehr als die Hälfte an
den Folgen des unglücklichen Feldzugs.
In Deutschland betrachtete man die Auslösung der fran-
zösischen Armee als ein Gottesgericht. Die Befreiung des
Vaterlands, auf die man kaum mehr zu hoffen gewagt
17*
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleons
Extrahierte Ortsnamen: Europa Russland Europas Russland Russlands Moskau Europa Deutschland Russlands Deutschland
163
dieses die deutsche Kaiserwürde aufgeben und die deut-
schen Lande sich unter dem Titel des Rheinbundes an
Frankreich anschließen mussten. Diese schmachvolle
Unterwerfung wurde jedoch ganz vollendet, als I806
am 14. Octbr. in der grossen Schlacht bei Jena auch
Preussen, und 180q Oestreich abermals besiegt wurden.
Von jetzt an wurde Napoleons Tyrannei unerträglich.
Deutsche Länder vertheilte er an seine Brüder, andere
verband er mit Frankreich. Seine Feldherren wurden
mit deutschen Gütern und mit deutschem Gelde berei-
chert. Seine Befehle mussten wir in französischer Spra-
che vernehmen. Aller Verkehr mit andern Völkern
ward uns untersagt. Unsere Söhne, und alle Früchte
unseres Bodens und unseres Fleisses mussten seiner un-
ersättlichen Eroberungssucht dienen, und wir hatten
von allen seinen Siegen keinen Gewinn, als dass die
Kette, mit der er uns gefesselt hielt, nur noch vester
geschlungen wurde, und dass selbst der Laut der Klage
für strafbar galt. Mehrere deutsche Männer, die es
gewagt hatten, ein freimüthiges Wort zu reden, wur-
den als Verbrecher hingerichtet. — Dieß war Deutsch-
land in seiner tiefsten Erniedrigung! —
Diesem Zustande machte der 18. October 1813 ein
Ende. Napoleon hatte im Winter des Jahres 1812
durch die Vereinigung des russischen Schwertes mit der
furchtbaren Kälte eines ungewohnten Klima’s fein unge-
heures, wohlgeröstetes, krieggeübtes Heer in Russland
verloren; die Russen folgten, mit ihnen vereinigte sich
Preussen, Schweden, und späterhin Oestreich gegen
den Unterdrücker. Ganz Deutschland erwachte; Napo-
leons letzte Anstrengung war fruchtlos, die Schlacht
bei Leipzig, die am 18. Octbr. 1813 vorfiel, zerbrach
das Joch und warf den Dränger über Deutschlands Gren-
zen hinaus. Im Jahre 1814 wurde er auch in Frank-
reich besiegt und verlor seine Krone; ja, da er I8lfi ei-
nen neuen Versuch machte, sich vestzusetzen, so wurde
er, da er am 18. Juni I8lß bei Waterloo noch ein
Mal besiegt worden war, auf die einsame Insel He-
lena in Afrika verbannt, wo er unschädlich blieb
und im Jahre 1821 starb.
Die deutschen Fürsten vereinigten sich nun zu ei-
nem Staatenbunde, der durch Abgeordnete; welche ih-
L 2
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Extrahierte Personennamen: Oestreich Napoleons Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Jena Preussen Napoleons Frankreich Russland Schweden Deutschland Leipzig Deutschlands Frank- Afrika
162
meisten grossen Erfindungen gemacht. Ein Deutscher,
Wilhelm, Abt von Hirschau, erfand im Uten
Jahrhunderte die Räder-Ljhren; Berthold Schwarz
zu Freiburg in Breisgau war im 13. Jahrhunderte der
Erfinder des Schiesspulvers, Ein Deutscher baute 1312
die erste Orgel zu Venedig, Guttenberg erfand
1435 zu Mainz die Buchdruckerkunst, Faust und Pe-
ter Schösser vervollkommneten sie 1430 und 1422.
Sogar das Spinnrad erfand ein Deutscher, Jüngens
bei Braunschweig 1230. Und so ist keine Kunst und
keine Wissenschaft, in welcher die Deutschen sich nicht
ausgezeichnet hätten. Die vielen Residenzstädte, die
zahlreichen Hochschulen, die freien Handelsplätze tru-
gen hiezu auch das Ihrige bei. So hätte Deutschland
das glücklichste Land der Erde seyn können, wenn es
nicht durch fortwährende Kriege heimgesucht worden
wäre. Denn wenn irgendwo ein Krieg ausbrach, so
wurde Deutschland fast immer der Schauplatz, wo die
Sache ausgemacht wurde. Selbst der grosse nordi-
sche Krieg, den Schweden 1700 bis 1721 mit Polen
und Russland führte, so wie der Spanische Erbfolge-
krieg, den Oestreich und England mit Frankreich über
die Spanische Krone 1700 bis 1714 kämpfte, wurden auf
deutschen Boden verpflanzt; mehr noch traf der Oest-
reichische Erbfolgekrieg 1740 bis 1740, und
der siebenjährige Krieg 1736 bis 1763 unser armes
Vaterland; am aller Meisten jedoch die Reihe von Krie-
gen, die auf die im Jahre 17ly ausgebrochene franzö-
sische Revolution oder Staatsumwälzung folgten,
und die erst im Jahre 1813 beendigt wurden.
Deutschland war besonders unter der Regierung des
Kaisers Josephs Ii., eines trefflichen Fürsten, zu einem
hohen Grade von Bildung, Wohlstand und Macht em-
porgestiegen, als bald nach dessen Tode der unglückliche
Krieg mit Frankreich ausbrach, der es fast an den Rand
des Verderbens brachte. Nach vieljährigen Kämpfen,
die mit abwechselnden Erfolgen gekämpft wurden, war
nämlich ein französischer General, Namens Napoleon
Bonaparte, in seinen Unternehmungen so glücklich,
dass er sich selbst zum unumschränkten Beherrscher von
Frankreich machte und den Titel eines Kaisers annahm.
Als solcher besiegte er schon 1803 Oestreich so, dass
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Berthold_Schwarz Guttenberg Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Freiburg Breisgau Venedig Mainz Deutschland Deutschland Schweden Russland Spanische_Erbfolge- England Frankreich Deutschland Josephs Frankreich Frankreich
R. Hillebrand: Entwicklungsgeschichte der abendländ. Weltanschauung. 27
Die Reformation, obschon der Zeit nach die frühere, gewann
erst hundert Jahre später in England, zweihundert Jahre später in
Deutschland ihren dollen Einfluß aus das Gebiet des höherett Ge-
dankens. Die Gesellschaft Jesu wirkte sogleich, und es war Spanien,
das dieser Bewegung den Anstoß gab. Als zehn Jahre nach der
Gründung des Jesuitenordens durch den Spattier Ignatius Loyola
das Tridentiner Konzil tagte, wurde Loyolas Nachfolger, der Spanier
Lainez, sogleich der leitende Genius jener großen Versammlung,
welche den Katholizismus renovierte, indem sie ihm die Form gab,
in welcher er die letztett dreihmtdert Jahre hindurch gelebt und ge-
blüht hat. Ich finde unsere Zeit etwas geneigt, die Rolle Spaniens
in der Geschichte des europäischen Gedankens zu unterschätzen. Frei-
lich war die Wirkung Spattiens vor allem eine negative, aber es
nahm doch auch positiv an der Arbeit teil. Nicht nur, daß die
Reorganisation der Kirche gänzlich das Werk Spaniens war, die
absolute Monarchie des göttlichen Rechts, wie sie während des sieb-
zehnten Jahrhunderts in Blüte stand, war gleichfalls spanischen Ur-
sprungs. Man denke an den Unterschied zwischen der mittelalter-
lichen Auffassung der Souveränität und derjenigen, welche Lud-
wig Xiv. beseelte. Nun könnte man sagen, die Monarchie Lud-
wigs Xiv. sei einfach der Despotismus Philipps Ii., gemildert durch
den den Franzosen angeborenen Sinn für Maß und Geschmack, be-
lebt durch ihre natürliche Heiterkeit und Eleganz. Dies ist jedoch
nur eine Seite der Frage und für unsern Gegenstand nicht die
wichtigste.
Zu gleicher Zeit, als das Prinzip der Autorität, der religiösen
wie der politischen, von Spanien einen neuen Anstoß empfing und
nach hartnäckigem Kampfe die größere Hälfte Europas sich unter-
warf, indem es den Protestantismus in Italien, Frankreich, Belgien,
Süddeutschland, Böhmen und Österreich ausrottete, unterlagen
Literatur und Philosophie dem gleichen Einfluß. Im selben Augen-
blick, wo Italien das Monopol der bildenden Künste verlor und hohe
Schulen der Malerei in Madrid, Sevilla und den spanischen Nieder-
landen entstanden, verbreitete sich eine neue Poesie und ein neuer
poetischer Stil von Spanien aus über ganz Europa: die italienischen
und deutschen Marinisten waren Nachahmer der spanischen Gongo-
risten. Und nicht nur Form und Stil, sondern auch der Geist und
die Stoffe der Literatur waren hauptsächlich spanisch. Denken wir
vtur an Corneilles „Cid", der 1636 entstand, an seinen „Polyeucte",
der unter Calderons autos sagramentales figurieren könnte.
Grimmelshausen führt in Deutschland, Scarron in Frankreich den
„roman picaresque“ der Spanier ein. Viel größer noch ist der
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
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Extrahierte Personennamen: Hillebrand Jesu Ignatius_Loyola Spanier
Lainez Philipps Grimmelshausen
Extrahierte Ortsnamen: England Deutschland Spanien Spaniens Spaniens Spanien Europas Italien Frankreich Belgien Italien Madrid Sevilla Spanien Europa Deutschland Frankreich
K. Hille brand: Entwicklungsgeschichte der abendländ. Weltanschauung. 31
sein sollten; oder von einem Naturrecht, das an Stelle der ererbten
Gesetzbücher und Gewohnheiten treten sollte, ebenso wie sie von einer
natürlichen oder vielmehr rationellen Religion träumten, die als ein
schüchterner Deismus begann und mit der Thronerhebung der Göttin
der Vernunft oder der völligen Verleugnung der Welt des Geistes
endigte.
Was auch immer die verhängnisvollen Folgen dieser Methode
für Frankreich gewesen sein mögen — obwohl sie durch ihre wohl-
tätigen Resultate reichlich ausgewogen sind — die Methode selbst
bewirkte die Befreiung Europas, des Menschengeschlechts. Es scheint,
daß es die historische Mission Frankreichs war, jedenfalls war es
Frankreichs Verdienst, das nie genug anerkannt werde:: kann, die
Axt schonungslos an dieses Dickicht intellektueller Konventionen ge-
legt und uns den Weg geebnet zu haben. Freilich konnte nicht mit
allem ausgeräumt werden — das war nicht einmal wünschenswert —-
und ein guter Teil des abgeholzten Reisigs ist wieder ins Laub ge-
schossen. Doch war es das erste Mal in der Geschichte, daß man die
Dinge im Lichte der Vernunft zu betrachten und zu ordnen wagte.
Viele nationale Eigenschaften hatten gerade Frankreich zu dieser Aus-
gabe befähigt, viele Umstände halsen dazu, daß es seine Mission mit
sofortigem Erfolge erfüllte. Die Klarheit des französischen Geistes,
die sich in der französischen Sprache offenbart; die geographische
Lage des Landes zwischen England, Spanien und Deutschland; die
Politische Hegemonie iiber Europa, die es unter Ludwig Xiv. er-
langt; der weittragende Einfluß, den es bereits durch seine poetische
Literatur erworben; und last not least, die Einfachheit des neuen
Bekenntnisses, das auf das allgemeinste Charakteristikum des Men-
schen, den gesunden Menschenverstand, gegründet und durch das ver-
führerischste aller Instrumente, die Logik, durchgeführt war — das
alles trug dazu bei, Frankreich die Aufgabe zu erleichtern.
Es war Deutschland vorbehalten, gegen den allzu absoluten Ge-
danken Frankreichs zu protestieren und das Restaurationswerk auf
einer festeren Basis zu beginnen als die, welche Spanien zwei Jahr-
hunderte früher zu legen versucht hatte. Es wäre interessant, etwas
ausführlicher darzustellen, wie Deutschland sich auf diese Aufgabe
vorbereitete, wie es sie vollbrachte, welche Resultate erzielt wurden.
Um dies richtig darzustellen, müßte man indes nachweisen, wie es
einen Teil seiner intellektuellen Freiheit England verdankte, wie es
ohne Frage von dort her den Anstoß zu seinem eigenen Schaffen
empfing, wie es Philosophie und Geschichte erneuerte und verschiedene
neue Wissenschaften schuf, die seitdem ihren Platz unter den Errungen-
schaften des menschlichen Geistes eingenommen haben. Es genüge
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Extrahierte Personennamen: K._Hille Ludwig_Xiv Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Europas Frankreichs Frankreichs Frankreich England Spanien Deutschland Europa Frankreich Deutschland Frankreichs Deutschland England
Aus der Reichstagsrede des Fürsten Bismarck von: 6. Febr. 1888. 403
feit, im preußischen Landtage ungefähr dieselben Argumente und
Angriffe Zu hören, die die beiden fremden Botschafter am Morgen
auf mich gemacht hatten. Ich habe das ruhig ausgehalten, aber dem
Kaiser Alexander riß die Geduld, und er wollte den Degen ziehen
gegenüber den Schikanen von seiten der Westmächte. Sie werden sich
erinnern, daß die französische Kriegsmacht damals schon mit ameri-
kanischen Projekten und in Mexiko engagiert war, sodaß sie nicht
mit der vollen Macht auftreten konnte. Der Kaiser von Rußland
wollte sich die polnischen Intriguen von seiten der andern Mächte nicht
mehr gefallen lassen und war bereit, mit ilns im Bunde den Ereig-
nissen die Stirn zu bieten und zu schlagen. Sie werden sich erinnern,
daß damals Preußen in seinem Innern in einer schwierigen Lage
war, daß in Deutschland die Gemüter bereits gärten und der Frank-
furter Fürstentag sich in der Vorbereitung befand. Man kann also
zugeben, daß die Versuchung für meinen allergnädigsten Herrn, diese
schwierige innere Lage durch Eingehen auf eiu kriegerisches Unter-
nehmen im größten Stile abzuschneiden und zu sanieren, daß die wohl
vorhanden war, und es wäre damals ganz zweifellos zum Kriege
gekommen von Preußen und Rußland im Bunde gegen diejenigen,
welche den polnischen Ausstand uns gegenüber beschützten, wenn
Seine Majestät nicht zurückgeschreckt wäre vor dem Gedanken, innere
Schwierigkeiten, preußische wie deutsche, mit fremder Hilfe zu lösen,
und wir haben danials, ohne die Gründe unseres Verfahrens gegen-
über den uns feindlichen Projekten anderer deutscher Regierungen
geltend zu machen, stillschweigend abgelehnt. Der Tod des Königs
von Dänemark hat nachher alle Beteiligten auf andre Gedanken ge-
bracht. Aber es bedurfte nur eines Fa anstatt eines Nein aus Gastein
von Seiner Majestät dein König, und der große Krieg, der Koalitions-
krieg war 1863 schon vorhanden. Ein anderer als ein deutscher
Minister würde vielleicht zugeredet haben aus Utilitätsrücksichten, als
Opportunist, um unsere inneren Schwierigkeiten zu lösen; im eigenen
Volke wie im Auslande hat man eben kaum eine richtige Vorstellung
von dem Maß von nationalem Sinn und pflichttreuer Gewissen-
haftigkeit, welches Monarchen und Minister beim Negieren deutscher
Läuder leitet.
Das Jahr 1864 — wir sprachen eben von 1863 — brachte neue
dringliche Kriegsgefahr. Von dem Augenblicke an, wo unsere
Truppen die Eider überschritten, bin ich in jeder Woche gefaßt ge-
wesen aus die Einmischung des europäischen Seniorenkonvents in
diese dänische Angelegenheit, und Sie werden mir zugeben, daß das
im höchsten Grade wahrscheinlich war. Schot: damals aber haben
wir wahritehmen können, daß Österreich und Preußen, wenn sie ge-
26*
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Alexander Alexander
Extrahierte Ortsnamen: Mexiko Ereig- Deutschland Frank- Dänemark
404
Iii. Zur deutschen Literaturgeschichte.
einigt sind, obschon der ihnen zur Seite stehende Deutsche Bund damals
bei weitem nicht die titilitärische Bedeutting hatte, wie dieselben Länder
heute, doch nicht so leicht von Europa angegriffen werden konnten.
Das hat sich schon damals gezeigt; die Kriegsgefahr blieb aber
dieselbe.
1865 wechselte sie die Front, und es fing schon damals die Vor-
bereitung zu dem Kriege von 1866 an. Ich erinnere nur an eine
Konseilsitzung Preußischer Minister, wie sie zur Beschaffung von
Geldern im Jahre 1865 in Regensburg stattfaitd, die durch den
Gasteiner Vertrag nachher erledigt wurde. Aber Anno 1866 kam ja
der Krieg im vollen zum Ausbruch, und es war die große Gefahr vor-
banden, welche wir nur durch vorsichtige Benutzung der Umstände
hintangehalten haben, daß aus diesem Duell zwischen Preußen und
Österreich nicht ein großer europäischer Koalitionskrieg wiedernnl
entbrannte, bei dem es sich um die Existenzfrage, um Kopf und
Kragen handelte.
Das war 1866, und schon 1867 folgte die Luxemburger Frage,
wo es doch auch nur einer etwas festeren Antwort von uns — wie wir
sie vielleicht gegeben haben wiirden, wenn wir damals so stark
gewesen wären, um mit Sicherheit einen guten Erfolg vorauszu-
sehen — bedurfte, um den großen französischen Krieg schon damals
herbeizuführen. Von da ab, 1868, 1869, sind wir bis 1870 un-
unterbrochen in der Befürchtung vor dem Krieg, vor den Verab-
redungen geblieben, die zur Zeit des Herrn von Beust in Salzburg
und andern Orten zwischen Frankreich, Italien und Österreich ge-
troffen wurden und von denen man besorgte, daß sie auf unsere Kosten
geschehen waren. Es war damals die Befürchtung vor dem Kriege
so groß, daß ich in dieser Zeit als Ministerpräsident den Besuch von
Kaufleuten und Industriellen erhalten habe, die mir sagten: „Diese
Unsicherheit ist ja ganz unerträglich; schlagen Sie doch lieber los!
Lieber Krieg, als länger in diesem Druck aus allen Geschäften zu ver-
harren!" Wir haben ruhig abgewartet, bis auf uns losgeschlagen
wurde, und ich glaube, wir haben wohl daran getan, uns so ein-
zurichten, daß wir die Angegriffenen blieben und nicht die An-
greifer waren.
Nun, nachdem dieser große Krieg von 1870 geschlagen war,
frage ich Sie: ist irgend ein Jahr ohne Kriegsgefahr gewesen?
Anfangs der siebziger Jahre — schon gleich, wie wir nach Hause
kamen, hieß es: Wann ist denn der nächste Krieg? wann wird die
Revanche geschlagen werden? in fünf Jahren doch spätestens? Man
sagte uns damals: Die Frage, ob wir den Krieg führen sollen und
mit welchem'erfolg — es war das ein Abgeordneter des Zentrums,
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TM Hauptwörter (100): [T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
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Extrahierte Ortsnamen: Europa Regensburg Salzburg Frankreich Italien
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Iii. Zur deutschen Literaturgeschichte.
nutzten. Sollten wir unsere Wehrkraft nicht brauchen, so brauchen
wir sie sa nicht zu rufen. Es handelt sich nur um die eine nicht sehr
starke Geldfrage — nicht sehr starke, wem: ich beiläufig erwähne,
daß Frankreich in den letzten Jahren 3 Milliarden auf die Verbesserung
seiner Streitkräfte verwandt hat, wir kaum 1 y2 mit Einschluß dessen,
was wir Ihnen jetzt zumuten. Indessen ich überlasse es dem Herrn
Kriegsminister und den Vertretern der Finanzabteilung, das
auszuführen.
Wenn ich sage, tvir müssen dauernd bestrebt sein, allen Even-
tualitäten gewachsen zu sein, so erhebe ich damit den Anspruch, daß
wir noch größere Anstrengungen machen müssen als andere Mächte
zu gleichem Zwecke, wegen unserer geographischen Lage. Wir liegen
mitten in Europa. Wir haben mindestens drei Angriffssronten.
Frankreich hat nur seine östliche Grenze, Rußland nur seine westliche
Grenze, auf der es angegriffen werden kann. Wir sind außerdem der
Gefahr der Koalition nach der ganzen Entwickelung der Weltgeschichte,
nach unsrer geographischen Lage und nach dem vielleicht minderen
Zusammenhang, den die deutsche Nation bisher in sich gehabt hat im
Vergleich mit andern, mehr ausgesetzt als irgend ein anderes Volk.
Gott hat uns in eine Situation gesetzt, in welcher wir durch unsere
Nachbarn daran verhindert werden, irgendwie in Trägheit oder Ver-
sumpfung zu geraten. Er hat uns die kriegerischste und unruhigste
Nation, die Franzosen, an die Seite gesetzt, und er hat in Rußland
kriegerische Neigungen groß werden lassen, die in früheren Jahr-
hunderten nicht in dem Maße vorhanden waren. So bekommen wir
gewissermaßen von beiden Seiten die Sporen und werden zu einer An-
strengung gezwungen, die wir vielleicht sonst nicht machen würden. Die
Hechte im europäischen Karpfenteich hindern uns Karpfen zu werden,
indem sie uns ihre Stacheln in unsern beiden Flanken fühlen lassen;
sie zwingen uns zu einer Anstrengung, die wir freiwillig vielleicht nicht
leisten würden, sie zwingen uns auch zu einem Zusammenhalten unter
uns Deutschen, das unserer innersten Natur widerstrebt; sonst streben
wir lieber auseinander. Aber die französisch-russische Presse, zwischen
die wir genommen werden, zwingt uns zum Zusammenhalten und
wird unsere Kohäsionssühigkeit auch durch Zusammendrücken erheb-
lich steigern, so daß wir in dieselbe Lage der Unzerreißbarkeit kommen,
die fast allen andern Nationen eigentümlich ist und die uns bis jetzt
noch fehlt. Wir müssen dieser Bestimmung der Vorsehung aber
auch entsprechen, indem wir uns so stark machen, daß die Hechte uns
nicht mehr tun, als uns ermuntern.
Wir hatten ja früher in den Zeiten der heiligen Allianz — mir
fällt ein altes amerikanisches Lied dabei ein, welches ich von meinem
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T71: [Deutschland Krieg Preußen Volk Napoleon Frankreich Macht Frieden Europa Land], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Europa Frankreich