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1. Lesestücke für die beiden oberen Abtheilungen der Volksschulen - S. 260

1843 - Darmstadt : Jonghaus
260 hatte, stand nun nahe bevor. Mit Verlangen sah man dem ersten Erscheinen russischer Krieger auf deutschem Boden entgegen; mit der lebhaftesten Freude wurden sie empfangen; man fühlte, ja man wusste, dass sie nicht als Feinde, sondern als Freunde kamen. Doch nicht un- thätig wollte man die Früchte fremden Sieges gemessen. Immer noch stark, sehr stark war der allgemeine Feind. Napoleon war bereits, als seine Heere noch in Russland standen, nach Paris geeilt, hatte die in Frankreich befind- lichen Truppen an sich gezogen und neue Aushebungen junger Mannschaften sowohl dort, als in Italien und Deutschland angeordnet, und erschien im Frühjahr schon wieder in der Mitte von Deutschland mit einer trefflich ausgerüsteten Armee von 300,000 Mann. Und noch wa- ren nur erst einzelne Heeresabtheilungen der Russen aus dem entfernten Norden herangezogen. Nur Preussen, welchem der Ruhm gebührt, dass es sich zuerst erhob, hatte zu offenem Kampfe seine Streitkräfte mit ihnen vereinigt; die übrigen deutschen Fürsten mussten, so ungern sie es auch thaten, noch ein Mal im Gefolge des Gewaltigen ihre Freunde bekriegen. Aber der Geist des deutschen Volkes war erwacht. Ohne Aufforderung von Seiten der Fürsten, ihres Beifalls und ihrer Zustimmung jedoch gewiss, sam- melten sich aus allen Gauen Freiwillige zu den verbünde- ten Heeren; eigene Schaaren, die sich dem Tode fürs Vaterland geweiht hatten , wurden gebildet. Jünglinge aus allen Ständen verliessen ihren Beruf, und rüsteten sich auf eigene Kosten; wer nicht mit seinen Kräften dem Vaterlande dienen konnte , rüstete arme Jünglinge aus, und half mit seinem Gelde. Vereine von deutschen Frauen traten zusammen. theils um die begeisterte Stimmung ira Volke noch mehr anzuregen, theils aber auch durch Geld- unterstützung und Sorge für die Verwundeten werkthätig zu helfen; ja man erzählt von einigen Jungfrauen, welche, weil sie sonst nichts hatten, das sie auf dem Altare fürs Vaterland niederlegen konnten, sich ihres Hauptschmucks, ihrer Haare, beraubten, und das daraus gelöste Geld ihrer Vaterlandsbegeisterung zum Opfer brachten. Begeisternde Vaterlandsgesänge entflammten den wachsenden Muth und Volksschriften riefen zur allgemeinen Bewaffnung auf. So erhob sich das deutsche Volk, während seine Fürsten noch

2. Lesestücke für die beiden oberen Abtheilungen der Volksschulen - S. 258

1843 - Darmstadt : Jonghaus
258 angelegt hatte. Letzt sahe er erst, wie Welt sein Volk noch zurück war; setzt wußte er aber auch, waö er thun, und wie ers angreifen Müsse, um den Grund zu seiner Bildung zu legen. Und wenn es ihm auch nicht gelang, Alles so herzustellen, wie es vor seiner Seele stand, vor- züglich, da er die längste Zeit seiner segensreichen Regierung mit aus- wärtigen Mächten Krieg zu führen hatte, so hat er doch den Ruhm für sich, eben dadurch, daß er sich nicht schämte, noch als Mann und Kaiser Lehrling zu sein, seinem Volke für alle Folgezeit unendlich viel genützt zu haben. 2ü. Erhebung -es deutschen Volkes. Napoleon, Kaiser der Franzosen, halte seine Gewalt- herrschaft über einen grossen Theil von Europa ausgebrei- tet. Insbesondere seufzte auch Deutschland unter seinem Scepter. Mehrere deutsche Fürsten halte er ihrer Länder beraubt, andere genöthigt, mit ihm in einen für sie ver- derblichen Hund zu treten; über alle übte er eine schmach- volle Herrschaft aus. In allen deutschen Ländern zogen seine Beauftragten und Bevollmächtigten umher, welche bald Geld, bald Mannschaften, bald andere Zeichen der Unterwürfigkeit forderten. Seine Kriegsheere lagerten auf deutschem Boden, und erlaubten sich selbst mitten im Frieden ungestraft jede Gewaltthätigkeit. Die deutsche .lu- gend wurde für den französischen Kriegsdienst ausgeho- den, und zur Fühlung französischer Kriege in ferne Län- der geschleppt. und dennoch nur mit deutschem Gelde besoldet. Der deutsche Landmann musste sein Korn und sein Vieh, der deutsche Handwerker seine Arbeit in fran- zösische Magazinen liefern, und als Gegenzahlung erhiel- ten sie nichts, als Verachtung und Misshandlung, und lernten nichts, als französische Leichtfertigkeit und fran- zösische Laster. Ja. man ging sogar damit um, den Deut- schen ihre Gesetze und ihre Sprache zu nehmen. Hier und da war schon das französische Gesetzbuch eingeführt, und wurden Rechtssachen in französischer Sprache ver- handelt. Niemand durste es wagen, ein freies Wort zu sprechen ; die deutschen Buchdruckereien waren unter französische Aufsicht gestellt, und ohne Erlaubnis der französischen Gewalthaber durfte nicht einmal eine Kinder- schrift erscheinen. — Solche Schmach konnte das kräftige deutsche Volk, dem es nur an einem tüchtigen Führer fehlte , nicht lange ertragen. Lange schon kochte der

3. Lesestücke für die beiden oberen Abtheilungen der Volksschulen - S. 259

1843 - Darmstadt : Jonghaus
259 mühsam verhaltene Muth in «ler deutschen Brust, und war- tete nur auf eine Gelegenheit, um in hellen Flammen em- por zu schlagen. Den höchsten Gipfel seiner Grösse und seines Ruhms hatte Napoleon im Jahre 1812 erstiegen. Nur Einer auf dem festen Lande von Europa, der Kaiser von Russland, konnte es noch wagen, seinen Befehlen zu trotzen. Fm auch diesen zur Unterwürfigkeit zu zwingen, ging er im Frühjahr 1812 mit mehr als einer halben Million Streiter aus fast allen Nationen Europas mit der Gewissheit eines schnellen und leichten Sieges nach Russland. Unwider- stehlich drang er vor, Siege folgten auf Siege, und nach Verlauf weniger Monden stand er im Herzen Russlands, und hatte Moskau erobert. Schon seufzte Europa und Deutschland, und hielt Napoleons Zwingherrschaft für unerschütterlich befestigt. Da erscholl die Kunde, dass russische Vaterlandsliebe bald nach dem Einrücken der Franzosen die ungeheure Hauptstadt angezündet hätte, und diese dadurch der Winterquartiere, worauf sie sicher ge- rechnet, beraubt worden wären. Bald nach diesem Er- eignisse stellte sich schon zu Anfange des Novembers furchtbare, anhaltende Kälte ein; die unübersehlichen Ge- filde Russlands wurden mit tiefem Schnee bedeckt; die russischen Heere, welche nur auf den Winter gewartet zu haben schienen, um Verderben über die sogenannte ..grosse Armee“ zu bringen, rückten heran; die Franzo- sen konnten sich nirgends mehr behaupten; in grösster Eile begaben sie sich auf den Rückzug. Aber der Weg war weit; wo sie hinkamen, fanden sie Brandstätten oder verödete und verlassene Dörfer und Städte; die Zufuhr von Lebensrnitteln war schon lange ausgeblieben; Mangel, Frost und anhaltende Strapatzen rieben sie zu Tausenden auf; die Kanonen wurden stehen gelassen; die Waffen weggeworfen, die Pferde geschlachtet; wehrlos und ab- gezehrt fielen sie den Feinden in die Hände. Von einer halben Million erreichten kaum 40,000 die polnische Grenze, und auch von diesen starben noch mehr als die Hälfte an den Folgen des unglücklichen Feldzugs. In Deutschland betrachtete man die Auslösung der fran- zösischen Armee als ein Gottesgericht. Die Befreiung des Vaterlands, auf die man kaum mehr zu hoffen gewagt 17*

4. Lese- und Lehrbuch für den Bedarf der Volksschulen - S. 163

1829 - Neustadt a.d.O. : Wagner
163 dieses die deutsche Kaiserwürde aufgeben und die deut- schen Lande sich unter dem Titel des Rheinbundes an Frankreich anschließen mussten. Diese schmachvolle Unterwerfung wurde jedoch ganz vollendet, als I806 am 14. Octbr. in der grossen Schlacht bei Jena auch Preussen, und 180q Oestreich abermals besiegt wurden. Von jetzt an wurde Napoleons Tyrannei unerträglich. Deutsche Länder vertheilte er an seine Brüder, andere verband er mit Frankreich. Seine Feldherren wurden mit deutschen Gütern und mit deutschem Gelde berei- chert. Seine Befehle mussten wir in französischer Spra- che vernehmen. Aller Verkehr mit andern Völkern ward uns untersagt. Unsere Söhne, und alle Früchte unseres Bodens und unseres Fleisses mussten seiner un- ersättlichen Eroberungssucht dienen, und wir hatten von allen seinen Siegen keinen Gewinn, als dass die Kette, mit der er uns gefesselt hielt, nur noch vester geschlungen wurde, und dass selbst der Laut der Klage für strafbar galt. Mehrere deutsche Männer, die es gewagt hatten, ein freimüthiges Wort zu reden, wur- den als Verbrecher hingerichtet. — Dieß war Deutsch- land in seiner tiefsten Erniedrigung! — Diesem Zustande machte der 18. October 1813 ein Ende. Napoleon hatte im Winter des Jahres 1812 durch die Vereinigung des russischen Schwertes mit der furchtbaren Kälte eines ungewohnten Klima’s fein unge- heures, wohlgeröstetes, krieggeübtes Heer in Russland verloren; die Russen folgten, mit ihnen vereinigte sich Preussen, Schweden, und späterhin Oestreich gegen den Unterdrücker. Ganz Deutschland erwachte; Napo- leons letzte Anstrengung war fruchtlos, die Schlacht bei Leipzig, die am 18. Octbr. 1813 vorfiel, zerbrach das Joch und warf den Dränger über Deutschlands Gren- zen hinaus. Im Jahre 1814 wurde er auch in Frank- reich besiegt und verlor seine Krone; ja, da er I8lfi ei- nen neuen Versuch machte, sich vestzusetzen, so wurde er, da er am 18. Juni I8lß bei Waterloo noch ein Mal besiegt worden war, auf die einsame Insel He- lena in Afrika verbannt, wo er unschädlich blieb und im Jahre 1821 starb. Die deutschen Fürsten vereinigten sich nun zu ei- nem Staatenbunde, der durch Abgeordnete; welche ih- L 2

5. Lese- und Lehrbuch für den Bedarf der Volksschulen - S. 162

1829 - Neustadt a.d.O. : Wagner
162 meisten grossen Erfindungen gemacht. Ein Deutscher, Wilhelm, Abt von Hirschau, erfand im Uten Jahrhunderte die Räder-Ljhren; Berthold Schwarz zu Freiburg in Breisgau war im 13. Jahrhunderte der Erfinder des Schiesspulvers, Ein Deutscher baute 1312 die erste Orgel zu Venedig, Guttenberg erfand 1435 zu Mainz die Buchdruckerkunst, Faust und Pe- ter Schösser vervollkommneten sie 1430 und 1422. Sogar das Spinnrad erfand ein Deutscher, Jüngens bei Braunschweig 1230. Und so ist keine Kunst und keine Wissenschaft, in welcher die Deutschen sich nicht ausgezeichnet hätten. Die vielen Residenzstädte, die zahlreichen Hochschulen, die freien Handelsplätze tru- gen hiezu auch das Ihrige bei. So hätte Deutschland das glücklichste Land der Erde seyn können, wenn es nicht durch fortwährende Kriege heimgesucht worden wäre. Denn wenn irgendwo ein Krieg ausbrach, so wurde Deutschland fast immer der Schauplatz, wo die Sache ausgemacht wurde. Selbst der grosse nordi- sche Krieg, den Schweden 1700 bis 1721 mit Polen und Russland führte, so wie der Spanische Erbfolge- krieg, den Oestreich und England mit Frankreich über die Spanische Krone 1700 bis 1714 kämpfte, wurden auf deutschen Boden verpflanzt; mehr noch traf der Oest- reichische Erbfolgekrieg 1740 bis 1740, und der siebenjährige Krieg 1736 bis 1763 unser armes Vaterland; am aller Meisten jedoch die Reihe von Krie- gen, die auf die im Jahre 17ly ausgebrochene franzö- sische Revolution oder Staatsumwälzung folgten, und die erst im Jahre 1813 beendigt wurden. Deutschland war besonders unter der Regierung des Kaisers Josephs Ii., eines trefflichen Fürsten, zu einem hohen Grade von Bildung, Wohlstand und Macht em- porgestiegen, als bald nach dessen Tode der unglückliche Krieg mit Frankreich ausbrach, der es fast an den Rand des Verderbens brachte. Nach vieljährigen Kämpfen, die mit abwechselnden Erfolgen gekämpft wurden, war nämlich ein französischer General, Namens Napoleon Bonaparte, in seinen Unternehmungen so glücklich, dass er sich selbst zum unumschränkten Beherrscher von Frankreich machte und den Titel eines Kaisers annahm. Als solcher besiegte er schon 1803 Oestreich so, dass

6. Prosalesebuch für Prima - S. 27

1909 - Leipzig [u.a.] : Ehlermann
R. Hillebrand: Entwicklungsgeschichte der abendländ. Weltanschauung. 27 Die Reformation, obschon der Zeit nach die frühere, gewann erst hundert Jahre später in England, zweihundert Jahre später in Deutschland ihren dollen Einfluß aus das Gebiet des höherett Ge- dankens. Die Gesellschaft Jesu wirkte sogleich, und es war Spanien, das dieser Bewegung den Anstoß gab. Als zehn Jahre nach der Gründung des Jesuitenordens durch den Spattier Ignatius Loyola das Tridentiner Konzil tagte, wurde Loyolas Nachfolger, der Spanier Lainez, sogleich der leitende Genius jener großen Versammlung, welche den Katholizismus renovierte, indem sie ihm die Form gab, in welcher er die letztett dreihmtdert Jahre hindurch gelebt und ge- blüht hat. Ich finde unsere Zeit etwas geneigt, die Rolle Spaniens in der Geschichte des europäischen Gedankens zu unterschätzen. Frei- lich war die Wirkung Spattiens vor allem eine negative, aber es nahm doch auch positiv an der Arbeit teil. Nicht nur, daß die Reorganisation der Kirche gänzlich das Werk Spaniens war, die absolute Monarchie des göttlichen Rechts, wie sie während des sieb- zehnten Jahrhunderts in Blüte stand, war gleichfalls spanischen Ur- sprungs. Man denke an den Unterschied zwischen der mittelalter- lichen Auffassung der Souveränität und derjenigen, welche Lud- wig Xiv. beseelte. Nun könnte man sagen, die Monarchie Lud- wigs Xiv. sei einfach der Despotismus Philipps Ii., gemildert durch den den Franzosen angeborenen Sinn für Maß und Geschmack, be- lebt durch ihre natürliche Heiterkeit und Eleganz. Dies ist jedoch nur eine Seite der Frage und für unsern Gegenstand nicht die wichtigste. Zu gleicher Zeit, als das Prinzip der Autorität, der religiösen wie der politischen, von Spanien einen neuen Anstoß empfing und nach hartnäckigem Kampfe die größere Hälfte Europas sich unter- warf, indem es den Protestantismus in Italien, Frankreich, Belgien, Süddeutschland, Böhmen und Österreich ausrottete, unterlagen Literatur und Philosophie dem gleichen Einfluß. Im selben Augen- blick, wo Italien das Monopol der bildenden Künste verlor und hohe Schulen der Malerei in Madrid, Sevilla und den spanischen Nieder- landen entstanden, verbreitete sich eine neue Poesie und ein neuer poetischer Stil von Spanien aus über ganz Europa: die italienischen und deutschen Marinisten waren Nachahmer der spanischen Gongo- risten. Und nicht nur Form und Stil, sondern auch der Geist und die Stoffe der Literatur waren hauptsächlich spanisch. Denken wir vtur an Corneilles „Cid", der 1636 entstand, an seinen „Polyeucte", der unter Calderons autos sagramentales figurieren könnte. Grimmelshausen führt in Deutschland, Scarron in Frankreich den „roman picaresque“ der Spanier ein. Viel größer noch ist der

7. Prosalesebuch für Prima - S. 31

1909 - Leipzig [u.a.] : Ehlermann
K. Hille brand: Entwicklungsgeschichte der abendländ. Weltanschauung. 31 sein sollten; oder von einem Naturrecht, das an Stelle der ererbten Gesetzbücher und Gewohnheiten treten sollte, ebenso wie sie von einer natürlichen oder vielmehr rationellen Religion träumten, die als ein schüchterner Deismus begann und mit der Thronerhebung der Göttin der Vernunft oder der völligen Verleugnung der Welt des Geistes endigte. Was auch immer die verhängnisvollen Folgen dieser Methode für Frankreich gewesen sein mögen — obwohl sie durch ihre wohl- tätigen Resultate reichlich ausgewogen sind — die Methode selbst bewirkte die Befreiung Europas, des Menschengeschlechts. Es scheint, daß es die historische Mission Frankreichs war, jedenfalls war es Frankreichs Verdienst, das nie genug anerkannt werde:: kann, die Axt schonungslos an dieses Dickicht intellektueller Konventionen ge- legt und uns den Weg geebnet zu haben. Freilich konnte nicht mit allem ausgeräumt werden — das war nicht einmal wünschenswert —- und ein guter Teil des abgeholzten Reisigs ist wieder ins Laub ge- schossen. Doch war es das erste Mal in der Geschichte, daß man die Dinge im Lichte der Vernunft zu betrachten und zu ordnen wagte. Viele nationale Eigenschaften hatten gerade Frankreich zu dieser Aus- gabe befähigt, viele Umstände halsen dazu, daß es seine Mission mit sofortigem Erfolge erfüllte. Die Klarheit des französischen Geistes, die sich in der französischen Sprache offenbart; die geographische Lage des Landes zwischen England, Spanien und Deutschland; die Politische Hegemonie iiber Europa, die es unter Ludwig Xiv. er- langt; der weittragende Einfluß, den es bereits durch seine poetische Literatur erworben; und last not least, die Einfachheit des neuen Bekenntnisses, das auf das allgemeinste Charakteristikum des Men- schen, den gesunden Menschenverstand, gegründet und durch das ver- führerischste aller Instrumente, die Logik, durchgeführt war — das alles trug dazu bei, Frankreich die Aufgabe zu erleichtern. Es war Deutschland vorbehalten, gegen den allzu absoluten Ge- danken Frankreichs zu protestieren und das Restaurationswerk auf einer festeren Basis zu beginnen als die, welche Spanien zwei Jahr- hunderte früher zu legen versucht hatte. Es wäre interessant, etwas ausführlicher darzustellen, wie Deutschland sich auf diese Aufgabe vorbereitete, wie es sie vollbrachte, welche Resultate erzielt wurden. Um dies richtig darzustellen, müßte man indes nachweisen, wie es einen Teil seiner intellektuellen Freiheit England verdankte, wie es ohne Frage von dort her den Anstoß zu seinem eigenen Schaffen empfing, wie es Philosophie und Geschichte erneuerte und verschiedene neue Wissenschaften schuf, die seitdem ihren Platz unter den Errungen- schaften des menschlichen Geistes eingenommen haben. Es genüge

8. Prosalesebuch für Prima - S. 403

1909 - Leipzig [u.a.] : Ehlermann
Aus der Reichstagsrede des Fürsten Bismarck von: 6. Febr. 1888. 403 feit, im preußischen Landtage ungefähr dieselben Argumente und Angriffe Zu hören, die die beiden fremden Botschafter am Morgen auf mich gemacht hatten. Ich habe das ruhig ausgehalten, aber dem Kaiser Alexander riß die Geduld, und er wollte den Degen ziehen gegenüber den Schikanen von seiten der Westmächte. Sie werden sich erinnern, daß die französische Kriegsmacht damals schon mit ameri- kanischen Projekten und in Mexiko engagiert war, sodaß sie nicht mit der vollen Macht auftreten konnte. Der Kaiser von Rußland wollte sich die polnischen Intriguen von seiten der andern Mächte nicht mehr gefallen lassen und war bereit, mit ilns im Bunde den Ereig- nissen die Stirn zu bieten und zu schlagen. Sie werden sich erinnern, daß damals Preußen in seinem Innern in einer schwierigen Lage war, daß in Deutschland die Gemüter bereits gärten und der Frank- furter Fürstentag sich in der Vorbereitung befand. Man kann also zugeben, daß die Versuchung für meinen allergnädigsten Herrn, diese schwierige innere Lage durch Eingehen auf eiu kriegerisches Unter- nehmen im größten Stile abzuschneiden und zu sanieren, daß die wohl vorhanden war, und es wäre damals ganz zweifellos zum Kriege gekommen von Preußen und Rußland im Bunde gegen diejenigen, welche den polnischen Ausstand uns gegenüber beschützten, wenn Seine Majestät nicht zurückgeschreckt wäre vor dem Gedanken, innere Schwierigkeiten, preußische wie deutsche, mit fremder Hilfe zu lösen, und wir haben danials, ohne die Gründe unseres Verfahrens gegen- über den uns feindlichen Projekten anderer deutscher Regierungen geltend zu machen, stillschweigend abgelehnt. Der Tod des Königs von Dänemark hat nachher alle Beteiligten auf andre Gedanken ge- bracht. Aber es bedurfte nur eines Fa anstatt eines Nein aus Gastein von Seiner Majestät dein König, und der große Krieg, der Koalitions- krieg war 1863 schon vorhanden. Ein anderer als ein deutscher Minister würde vielleicht zugeredet haben aus Utilitätsrücksichten, als Opportunist, um unsere inneren Schwierigkeiten zu lösen; im eigenen Volke wie im Auslande hat man eben kaum eine richtige Vorstellung von dem Maß von nationalem Sinn und pflichttreuer Gewissen- haftigkeit, welches Monarchen und Minister beim Negieren deutscher Läuder leitet. Das Jahr 1864 — wir sprachen eben von 1863 — brachte neue dringliche Kriegsgefahr. Von dem Augenblicke an, wo unsere Truppen die Eider überschritten, bin ich in jeder Woche gefaßt ge- wesen aus die Einmischung des europäischen Seniorenkonvents in diese dänische Angelegenheit, und Sie werden mir zugeben, daß das im höchsten Grade wahrscheinlich war. Schot: damals aber haben wir wahritehmen können, daß Österreich und Preußen, wenn sie ge- 26*

9. Prosalesebuch für Prima - S. 404

1909 - Leipzig [u.a.] : Ehlermann
404 Iii. Zur deutschen Literaturgeschichte. einigt sind, obschon der ihnen zur Seite stehende Deutsche Bund damals bei weitem nicht die titilitärische Bedeutting hatte, wie dieselben Länder heute, doch nicht so leicht von Europa angegriffen werden konnten. Das hat sich schon damals gezeigt; die Kriegsgefahr blieb aber dieselbe. 1865 wechselte sie die Front, und es fing schon damals die Vor- bereitung zu dem Kriege von 1866 an. Ich erinnere nur an eine Konseilsitzung Preußischer Minister, wie sie zur Beschaffung von Geldern im Jahre 1865 in Regensburg stattfaitd, die durch den Gasteiner Vertrag nachher erledigt wurde. Aber Anno 1866 kam ja der Krieg im vollen zum Ausbruch, und es war die große Gefahr vor- banden, welche wir nur durch vorsichtige Benutzung der Umstände hintangehalten haben, daß aus diesem Duell zwischen Preußen und Österreich nicht ein großer europäischer Koalitionskrieg wiedernnl entbrannte, bei dem es sich um die Existenzfrage, um Kopf und Kragen handelte. Das war 1866, und schon 1867 folgte die Luxemburger Frage, wo es doch auch nur einer etwas festeren Antwort von uns — wie wir sie vielleicht gegeben haben wiirden, wenn wir damals so stark gewesen wären, um mit Sicherheit einen guten Erfolg vorauszu- sehen — bedurfte, um den großen französischen Krieg schon damals herbeizuführen. Von da ab, 1868, 1869, sind wir bis 1870 un- unterbrochen in der Befürchtung vor dem Krieg, vor den Verab- redungen geblieben, die zur Zeit des Herrn von Beust in Salzburg und andern Orten zwischen Frankreich, Italien und Österreich ge- troffen wurden und von denen man besorgte, daß sie auf unsere Kosten geschehen waren. Es war damals die Befürchtung vor dem Kriege so groß, daß ich in dieser Zeit als Ministerpräsident den Besuch von Kaufleuten und Industriellen erhalten habe, die mir sagten: „Diese Unsicherheit ist ja ganz unerträglich; schlagen Sie doch lieber los! Lieber Krieg, als länger in diesem Druck aus allen Geschäften zu ver- harren!" Wir haben ruhig abgewartet, bis auf uns losgeschlagen wurde, und ich glaube, wir haben wohl daran getan, uns so ein- zurichten, daß wir die Angegriffenen blieben und nicht die An- greifer waren. Nun, nachdem dieser große Krieg von 1870 geschlagen war, frage ich Sie: ist irgend ein Jahr ohne Kriegsgefahr gewesen? Anfangs der siebziger Jahre — schon gleich, wie wir nach Hause kamen, hieß es: Wann ist denn der nächste Krieg? wann wird die Revanche geschlagen werden? in fünf Jahren doch spätestens? Man sagte uns damals: Die Frage, ob wir den Krieg führen sollen und mit welchem'erfolg — es war das ein Abgeordneter des Zentrums,

10. Prosalesebuch für Prima - S. 406

1909 - Leipzig [u.a.] : Ehlermann
406 Iii. Zur deutschen Literaturgeschichte. nutzten. Sollten wir unsere Wehrkraft nicht brauchen, so brauchen wir sie sa nicht zu rufen. Es handelt sich nur um die eine nicht sehr starke Geldfrage — nicht sehr starke, wem: ich beiläufig erwähne, daß Frankreich in den letzten Jahren 3 Milliarden auf die Verbesserung seiner Streitkräfte verwandt hat, wir kaum 1 y2 mit Einschluß dessen, was wir Ihnen jetzt zumuten. Indessen ich überlasse es dem Herrn Kriegsminister und den Vertretern der Finanzabteilung, das auszuführen. Wenn ich sage, tvir müssen dauernd bestrebt sein, allen Even- tualitäten gewachsen zu sein, so erhebe ich damit den Anspruch, daß wir noch größere Anstrengungen machen müssen als andere Mächte zu gleichem Zwecke, wegen unserer geographischen Lage. Wir liegen mitten in Europa. Wir haben mindestens drei Angriffssronten. Frankreich hat nur seine östliche Grenze, Rußland nur seine westliche Grenze, auf der es angegriffen werden kann. Wir sind außerdem der Gefahr der Koalition nach der ganzen Entwickelung der Weltgeschichte, nach unsrer geographischen Lage und nach dem vielleicht minderen Zusammenhang, den die deutsche Nation bisher in sich gehabt hat im Vergleich mit andern, mehr ausgesetzt als irgend ein anderes Volk. Gott hat uns in eine Situation gesetzt, in welcher wir durch unsere Nachbarn daran verhindert werden, irgendwie in Trägheit oder Ver- sumpfung zu geraten. Er hat uns die kriegerischste und unruhigste Nation, die Franzosen, an die Seite gesetzt, und er hat in Rußland kriegerische Neigungen groß werden lassen, die in früheren Jahr- hunderten nicht in dem Maße vorhanden waren. So bekommen wir gewissermaßen von beiden Seiten die Sporen und werden zu einer An- strengung gezwungen, die wir vielleicht sonst nicht machen würden. Die Hechte im europäischen Karpfenteich hindern uns Karpfen zu werden, indem sie uns ihre Stacheln in unsern beiden Flanken fühlen lassen; sie zwingen uns zu einer Anstrengung, die wir freiwillig vielleicht nicht leisten würden, sie zwingen uns auch zu einem Zusammenhalten unter uns Deutschen, das unserer innersten Natur widerstrebt; sonst streben wir lieber auseinander. Aber die französisch-russische Presse, zwischen die wir genommen werden, zwingt uns zum Zusammenhalten und wird unsere Kohäsionssühigkeit auch durch Zusammendrücken erheb- lich steigern, so daß wir in dieselbe Lage der Unzerreißbarkeit kommen, die fast allen andern Nationen eigentümlich ist und die uns bis jetzt noch fehlt. Wir müssen dieser Bestimmung der Vorsehung aber auch entsprechen, indem wir uns so stark machen, daß die Hechte uns nicht mehr tun, als uns ermuntern. Wir hatten ja früher in den Zeiten der heiligen Allianz — mir fällt ein altes amerikanisches Lied dabei ein, welches ich von meinem
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